Bundesgerichtshof Urteil, 20. Mai 2008 - X ZR 180/05

bei uns veröffentlicht am20.05.2008
vorgehend
Landgericht Düsseldorf, 4a O 63/02, 28.10.2003
Oberlandesgericht Düsseldorf, 2 U 104/03, 24.11.2005

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 180/05 Verkündet am:
20. Mai 2008
Wermes
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Tintenpatrone

a) Dem Patent- oder Gebrauchsmusterinhaber steht grundsätzlich auch dann ein
Unterlassungsanspruch gegen den Verletzer zu, wenn er an dem Schutzrecht eine
ausschließliche Lizenz vergeben hat.

b) Der Schutzrechtsinhaber, der an dem Schutzrecht eine ausschließliche Lizenz
vergeben hat, kann den Verletzer unabhängig von dem ausschließlichen Lizenznehmer
auf Schadensersatz in Anspruch nehmen; Schutzrechtsinhaber und Lizenznehmer
sind nicht Mitgläubiger.

c) Dem Schutzrechtsinhaber steht ein eigener Anspruch auf Auskunft und Rechnungslegung
zu, mit dem er sämtliche Angaben beanspruchen kann, die er benötigt
, um sich für eine der Schadensausgleichsmethoden zu entscheiden und seinen
Anspruch nach der gewählten Methode zu beziffern.
BGH, Urt. v. 20. Mai 2008 - X ZR 180/05 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 20. Mai 2008 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, die Richterin
Mühlens und die Richter Prof. Dr. Meier-Beck, Asendorf und Gröning

für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das am 24. November 2005 verkündete Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Unterlassungsanspruch in der Hauptsache erledigt ist und die Kosten des Rechtsstreits wie folgt verteilt werden: Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Klägerin tragen die Beklagte zu 1 zu 1/2, die Beklagten zu 2 bis 5 zu je 1/10 und die Beklagten zu 1 bis 5 als Gesamtschuldner zu einem weiteren 1/10. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten tragen diese selbst.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des unter anderem eine Tintenpatrone betreffenden deutschen Gebrauchsmusters 297 13 911 (Klagegebrauchsmusters ). Der Löschungsantrag der Beklagten zu 1 wurde insoweit zurückgewiesen, als das Klagegebrauchsmuster nicht über Schutzanspruch 1 in der nachstehenden Fassung und die auf ihn zurückbezogenen Unteransprüche 10 bis 12, 14 bis 17 und 19 bis 21 hinausgeht; die hiergegen beim Bundespatentgericht eingelegte Beschwerde ist ohne Erfolg geblieben.
"Tintenpatrone, enthaltend Farbtinten für einen Drucker, wobei mindestens drei Tintenkammern zur Aufbewahrung der Tinten durch Trennung des Innenraums der Tintenpatrone gebildet sind, wobei das Volumen einer Tintenkammer größer ist als das Volumen der übrigen, und Tintenzufuhrkanäle, welche auf kommunizierende Weise an den Tintenkammern mittels Tintendurchgängen angeschlossen sind, am Boden des Hauptkörpers der Tintenpatrone jeweils im Zusammenhang mit den Tintenkammern angeordnet sind, die Tintenzufuhrkanäle mit gleichem Abstand zueinander in Richtung des Transportes der Tintenpatrone angeordnet sind, die drei oder mehr Tintenkammern in der Richtung des Transportes der Tintenpatrone angeordnet sind, das größere Volumen der einen Tintenkammer gegenüber den übrigen durch eine größere Breite der einen Tintenkammer erzielt ist, und die Tintenkammer mit dem größeren Volumen gelbe Tinte enthält und sich am hinteren Ende der Tintenpatrone befindet, wenn die Betrachtung in der Patronentransportrichtung erfolgt, in der gedruckt wird."

2
Mit Wirkung zum 1. Januar 1993 traf die Klägerin mit ihrer deutschen Vertriebsgesellschaft, der E. GmbH, eine als "patent licence agreement" überschriebene Vereinbarung, die unter anderem bezogen auf die deutschen Patente und Gebrauchsmuster der Klägerin die Vergabe einer ausschließlichen Vertriebslizenz an die GmbH ohne das Recht zur Erteilung von Unterlizenzen zum Gegenstand hat. Nr. 3 der Vereinbarung regelt die von der Lizenznehmerin zu erbringende Gegenleistung ("consideration for licence") und lautet: "In consideration of this licence, Licensee shall purchase from Licensor and/or its affiliates substantial quantities of Products and shall use its best efforts to offer and market said Products throughout the Territory. Licensee acknowledges that substantial sales of the Products in the Territory are a material consideration to Licensor for entering this Agreement."
3
Die Beklagte zu 1 vertreibt unter den Bestellnummern 33 08 02 und 33 28 51 Farbtintenpatronen, von denen die Klägerin jeweils Exemplare zu den Gerichtsakten gereicht hat. Durch die zentrale Warenverteilung wirkt die Beklagte zu 4 an den Vertriebshandlungen mit.
4
Die Klägerin sieht hierin eine Verletzung ihrer Rechte aus dem Klagegebrauchsmuster und nimmt die Beklagten zu 1 und 4 sowie als deren jeweilige Geschäftsführer die Beklagten zu 2 und 3 und den Beklagten zu 5 auf Unterlassung , Rechnungslegung, Vernichtung und auf Feststellung ihrer Verpflichtung zum Schadensersatz in Anspruch.
5
Das Landgericht hat die Beklagten antragsgemäß verurteilt. Die Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision wenden sich die Beklagten gegen das Berufungsurteil und erstreben die Klageabweisung. Die Klägerin tritt dem Rechtsmittel entgegen. In der Revisionsinstanz hat sie den Unterlassungsanspruch für erledigt erklärt und - nachdem die Beklagte der Erledigungserklärung widersprochen hat - insoweit ihren Antrag auf Feststellung der Erledigung umgestellt.

Entscheidungsgründe:


6
Die zulässige Revision ist nicht begründet.
7
Der Klägerin stand bis zum Erlöschen des Gebrauchsmusters durch Zeitablauf gegen die Beklagten ein Unterlassungsanspruch zu. Insoweit ist daher auf ihren zulässigerweise mit Rücksicht auf den auch in der Revisionsinstanz zu berücksichtigenden Ablauf der Schutzdauer geänderten Klageantrag die Erledigung der Hauptsache festzustellen und das angefochtene Urteil entsprechend zu ändern.
8
Die Ansprüche auf Vernichtung und Rechnungslegung und Feststellung der Schadensersatzverpflichtung sind ebenfalls begründet.
9
I. Die angegriffenen Ausführungsformen machen von der technischen Lehre des Klagegebrauchsmusters Gebrauch.
10
Das Klagegebrauchsmuster betrifft unter anderem eine Tintenpatrone mit mehreren Tinten, wie sie in Druckern Verwendung findet.
11
Die Unterlagen des Klagegebrauchsmusters verweisen einleitend darauf, dass bei Druckern, die einen Farbausdruck ermöglichen, Tinten unterschiedlicher Farbe aus dem Druckkopf ausgestoßen werden und Verfahren bekannt sind, mit den Tinten der Farbe Cyan, Magenta und Gelb ein mehrfarbiges Bild zu drucken.
12
Werden die Tinten dem Druckkopf aus einer Mehrzahl separater Tintenbehälter zugeführt, sei eine individuelle Verwaltung der in den jeweiligen Behältern belassenen Tintenmengen erforderlich und gestalte sich die jeweilige Zuleitung von den Tintenbehältern zum Druckkopf kompliziert. Um diese Nachteile zu vermeiden, sei es bekannt, die Tinten in einer einzigen Tintenpatrone mit mehreren Tintenkammern zu lagern (S. 11 Z. 23-31). Da eine solche Patrone schon beim Verbrauch nur einer Tinte vollständig ausgetauscht werden müsse, könnten jedoch in unerwünschtem Umfang Reste der anderen Tinten übrig bleiben , wenn nicht von vornherein das Verhältnis der jeweiligen Mengen an Tinten heller und dunkler Farbe richtig festgelegt worden sei (S. 12 Z. 2-8). Unterschiedliche Mengen an Tinten in den Tintenkammern der Patrone vorzusehen, führe für gewöhnlich zu einer der jeweiligen Tintenmenge entsprechenden unterschiedlichen Volumengestaltung der einzelnen Tintenkammern. Unterschiedliche Volumina der Tintenkammern hätten erhebliche Schwierigkeiten bei der Bauweise des in der Regel unmittelbar unter den Tintenkammern angeordneten Druckkopfs sowie bei seiner Drucksteuerung zur Folge (S. 12 Z. 19-27). Ferner träten in verstärktem Maße Abdichtprobleme auf, wenn sich infolge der unterschiedlichen Größengestaltung der Tintenkammern auch unterschiedliche Abstände zwischen den einzelnen Tintenzufuhrkanälen ergäben (S. 13 Z. 23-28).

13
Dem Klagegebrauchsmuster liegt vor diesem Hintergrund das technische Problem zugrunde, die richtige Beziehung zwischen den Mengen der in den einzelnen Tintenkammern einer Patrone enthaltenen Tinten herzustellen und - als weiteren Aspekt - eine ausreichende Abdichtung an den Tintenzufuhrkanälen herbeizuführen (S. 12 Z. 8-11; S. 13 Z. 24 - S. 14 Z. 2). Gemäß Schutzanspruch 1 des Klagegebrauchsmusters soll dies durch eine Tintenpatrone mit folgenden Merkmalen erreicht werden: Die Tintenpatrone 1. enthält Farbtinten für einen Drucker; 2. umfasst mindestens drei Tintenkammern zur Aufbewahrung der Tinten.
3. Die Tintenkammern sind 3.1 durch Trennung des Innenraums der Tintenpatrone gebildet; 3.2 in der Richtung des Transports der Tintenpatrone angeordnet.
4. Eine der Tintenkammern weist ein größeres Volumen auf als das Volumen der übrigen; 4.1 der Unterschied des Volumens der einen Tintenkammer wird durch den Breitenunterschied der einen Tintenkammer erzielt; 4.2 diese Tintenkammer befindet sich am (hinteren) Ende der Tintenpatrone , wenn die Betrachtung in der Patronentransportrichtung erfolgt, in der gedruckt wird;
4.3 diese Tintenkammer enthält gelbe Tinte.
5. Die Tintenpatrone enthält Tintenzufuhrkanäle, die 5.1 am Boden des Hauptkörpers der Tintenpatrone jeweils im Zusammenhang mit den Tintenkammern angeordnet sind; 5.2 auf kommunizierende Weise an den Tintenkammern mittels Tintendurchgängen angeschlossen sind; 5.3 in gleichem Abstand zueinander in Richtung des Transports der Tintenpatrone angeordnet sind.
14
Bei dieser Anordnung ist es trotz verschiedener Volumina der Tintenkammern möglich, die Tintenzufuhrkanäle in gleichem Abstand anzuordnen. Dies ist nach den Gebrauchsmusterunterlagen für die Druckkopfsteuerung von Vorteil und trägt dazu bei, die zeitliche Steuerung des Tintenausstoßes zu vereinfachen (S. 14 Z. 28-35). Ferner bewerten die Gebrauchsmusterunterlagen die Anordnung der Tintenkammer mit größerem Volumen am in Druckrichtung hinteren Patronenende als platzsparend (S. 15 Z. 7-12) und weisen darauf hin, dass die in dieser Kammer befindliche gelbe Tinte aufgrund der Position der Kammer als letztes ausgestoßen werden kann, was im Hinblick auf die Körnungseigenschaften der Tinten beim Druck von Bedeutung ist (S. 15 Z. 34 - S. 16 Z. 14).
15
II. 1. Das Berufungsgericht hat den Sinngehalt des Merkmals 4.2 darin gesehen, dass die Tintenpatrone in räumlich-körperlicher Hinsicht die Eignung aufweisen müsse, derart in einem Drucker Verwendung zu finden, dass sich die im Volumen größere Tintenkammer am hinteren Ende der Tintenpatrone befinde und die dort gelagerte gelbe Tinte zuletzt ausgestoßen werde, wenn die Betrachtung in der Patronentransportrichtung erfolge, in der gedruckt werde. Da- bei sei auf einen unidirektionalen Betriebsmodus abzustellen, bei dem anders als beim bidirektionalen Druck nur während der Hinbewegung des Druckkopfs aus der Ruhestellung in die Endstellung und nicht auch während der Rückführung des Druckkopfs in die Ausgangsstellung gedruckt werde. Ausgehend hiervon verwirklichten die angegriffenen Ausführungsformen die technische Lehre des Klagegebrauchsmusters wortsinngemäß. Gemäß der Spezifikation der Beklagten seien die angegriffenen Tintenpatronen zum Einsatz in Druckern bestimmt , die auch - z.B. im Falle eines in hoher Qualität gewünschten Ausdrucks - im unidirektionalen Betrieb gefahren würden. In diesem Modus sei die im Volumen größere Tintenkammer mit der gelben Tinte in der vorgegebenen Weise angeordnet. Ohne Bedeutung sei, ob die angegriffenen Tintenpatronen auch in Druckern mit direktionalem Betriebsmodus eingesetzt werden könnten.
16
2. Die hiergegen gerichteten Rügen der Revision haben keinen Erfolg.
17
Die Frage, wie Schutzanspruch 1 des Klagegebrauchsmusters auszulegen ist, ist eine Rechtsfrage und kann vom Revisionsgericht in vollem Umfang nachgeprüft werden (vgl. BGHZ 142, 7, 15 - Räumschild; 160, 204, 212 - Bodenseitige Vereinzelungseinrichtung). Schutzanspruch 1 des Klagegebrauchsmusters geht, wie den Merkmalen 3.2 und 4.2 zu entnehmen ist, davon aus, dass die Patrone bei ihrer Verwendung in zwei Richtungen transportiert wird, von denen (jedenfalls) in einer der Druck stattfindet. Darauf aufbauend werden Anordnung und Lage der Tintenkammern innerhalb der Patrone in eine bestimmte geometrische Beziehung zur Transport- und Druckrichtung gesetzt. Der Richtungsbetrachtung kommt damit der Sinngehalt einer mittelbaren Umschreibung der räumlich-körperlichen Merkmale der beanspruchten Patrone zu. Dass sich die Transport- und Druckrichtung nicht unabhängig von einem Zusammenwirken der Patrone mit einem Drucker bestimmen lässt, führt nicht zu einer Beschränkung des Schutzbereichs auf die Kombination von Patrone und Drucker oder die Verwendung der Patrone in einem Drucker. Die Patrone ist als Erzeugnis beansprucht. Der Schutz eines Erzeugnisses beschränkt sich grundsätzlich nicht auf seine Verwendung zu einem bestimmten Zweck, mag sich dieser auch unmittelbar aus dem Anspruch ergeben. Sind Zweck-, Wirkungs - oder Funktionsangaben Bestandteil eines Schutzanspruchs, können sie vielmehr an dessen Aufgabe teilnehmen, den geschützten Gegenstand zu bestimmen und damit zugleich zu begrenzen, wenn sie das Vorrichtungselement , auf das sie sich beziehen, als ein solches definieren, das so ausgebildet sein muss, dass es die betreffende Funktion erfüllen kann (vgl. BGHZ 112, 140, 155 f. - Befestigungsvorrichtung II; Sen.Urt. v. 07.11.1978 - X ZR 58/77, GRUR 1979, 149, 151 - Schießbolzen; Sen.Urt. v. 07.6.2006 - X ZR 105/04, GRUR 2006, 923, 925 - Luftabscheider für Milchsammelanlage). Demgemäß ist es ausreichend, wenn die beanspruchte Patrone räumlich-körperlich so ausgebildet ist, dass sie gemäß den in den Merkmalen 3.2 und 4.2 enthaltenen Richtungsvorgaben in einem Drucker verwendet werden kann.
18
Legt man diese Auslegung zugrunde, hat das Berufungsgericht auch die Verwirklichung des Merkmals 4.2 durch die angegriffenen Ausführungsformen zu Recht bejaht. Ausreichend dafür ist bereits die vom Berufungsgericht getroffene Feststellung, dass die angegriffenen Tintenpatronen die Eignung aufweisen , in Druckern derart transportiert zu werden, dass die Tintenkammern in der Transportrichtung angeordnet sind und die Tintenkammer mit größerem Volumen und gelber Tinte in der Druckrichtung betrachtet am hinteren Patronenende liegt. Dabei ist es ohne Belang, ob der Drucker ausschließlich in dieser Richtung druckt (unidirektionaler Modus) oder ob ein Druck auch in der entgegengesetzten Richtung stattfindet (bidirektionaler Modus). Die räumlich-körperliche Gestaltung der beanspruchten Patrone, wie sie durch die in Merkmal 4.2 ange- stellte Betrachtung der Transport- und Druckrichtung mittelbar umschrieben ist, ändert sich nicht, wenn zusätzlich zu der in Merkmal 4.2 genannten Richtung auch in der entgegengesetzten Richtung gedruckt wird. Bei dieser - weiteren - Druckrichtung mögen die weiteren Vorteile nicht erreicht werden, die die patentgemäße Lehre mit dem Verlangen verbindet, die gelbe Tinte beim Drucken zuletzt auszustoßen. Das ändert jedoch nichts daran, dass sie bei der anderen Druckrichtung erzielt werden; insoweit ermöglicht die Ausführungsform lediglich eine weitere - verschlechterte - Alternative, die selbständig neben der Erzielung der patentgemäßen Vorteile steht. Eine den Schutz des beanspruchten Erzeugnisses beschränkende Wirkung kommt damit dieser Vorgabe zum Verwendungszweck nicht zu.
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III. Soweit das Berufungsgericht ausgeführt hat, die Beklagte zu 1 könne sich auf die mangelnde Schutzfähigkeit des Klagegebrauchsmusters nicht berufen , weil jedenfalls insoweit die Bindungswirkung gemäß § 19 Satz 3 GebrMG eingetreten sei und im Übrigen die Schutzfähigkeit des Klagegebrauchsmusters unter Bezugnahme auf die Ausführungen des Bundespatentgerichts im Beschluss vom 20. Juli 2005 im Löschungsverfahren (5 W (pat) 446/04) bejaht hat, wird dies von der Revision nicht angegriffen und lässt Rechtsfehler nicht erkennen.
20
IV. Das Berufungsgericht hat auch zu Recht die Klägerin aufgrund ihrer Stellung als eingetragene Inhaberin des Gebrauchsmusters als berechtigt angesehen , Ansprüche wegen der Verletzung des Schutzrechts geltend zu machen. Dass die Klägerin ihrer Vertriebsgesellschaft am Gegenstand des Klagegebrauchsmusters in form- und rechtswirksamer Weise eine ausschließliche Lizenz vergeben habe, könne unterstellt werden. Denn auch für diesen Fall sei ein schutzwürdiges Interesse der Klägerin an der Geltendmachung der Ansprü- che zu bejahen. Die Klägerin erziele eine laufende Vergütung aus der Verpflichtung der Lizenznehmerin, Lizenzprodukte von ihr zu beziehen. Als Folge der Verletzungshandlungen seien daher unmittelbar die Klägerin treffende Umsatzeinbußen höchstwahrscheinlich. Dies rechtfertige nicht nur den vom Landgericht zuerkannten Unterlassungsanspruch, sondern auch die Feststellung der Schadensersatzverpflichtung der Beklagten. Der Umfang der den Beklagten durch das Landgericht auferlegten Rechnungslegungspflichten sei nicht zu beanstanden. Die Klägerin sei nicht darauf beschränkt, ihren Schaden allein auf der Grundlage eines bei ihr konkret eingetretenen Schadens einschließlich des entgangenen Gewinns zu berechnen; vielmehr dürfe sie ihren Schaden auch (objektiv) nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie oder der Herausgabe des Verletzergewinns berechnen. Die Rechnungslegungspflicht der Beklagten erstrecke sich demgemäß auf die für diese Berechnungsarten notwendigen Auskünfte und umfasse daher auch die ausgeurteilten Angaben zu den Lieferund Angebotspreisen sowie den nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und dem erzielten Gewinn.
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Dies rügt die Revision als rechtsfehlerhaft. Habe der Inhaber eines Schutzrechts eine ausschließliche Lizenz vergeben, stehe ihm ein eigener Unterlassungsanspruch nur dann zu, wenn er - was im Streitfall nicht dargetan sei - durch die Verletzungshandlungen gleichwohl selbst nachteilig betroffen sei. Zudem könne er ausschließlich den ihm durch den Eingriff in das Schutzrecht konkret entstandenen Schaden ersetzt verlangen. Eine objektive Schadensberechnung nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie oder der Herausgabe des Verletzergewinns scheide aus. Da dem Vortrag der Klägerin nichts dafür zu entnehmen sei, dass die Verletzungshandlungen bei ihr zu Umsatzeinbußen oder Entgang von Gewinn geführt hätten, fehle es bereits an der für die Feststellung der Schadensersatzpflicht erforderlichen hinreichenden Wahrschein- lichkeit eines Schadenseintritts. Ein etwaiger Schaden der Klägerin sei zudem nicht ersatzfähig. Gewinne hätte die Klägerin nur durch Herstellung der Tintenpatronen im Ausland erzielen können. Solche Handlungen würden in territorialer Hinsicht nicht vom Schutzrecht des Klagegebrauchsmusters erfasst. Einfuhr und Vertrieb berührten aber allein das Recht der ausschließlichen Lizenznehmerin und könnten keine Schadensersatzansprüche der Klägerin begründen. Schließlich hätte eine Verurteilung der Beklagten zur Rechnungslegung nur in dem für eine konkrete und nicht auch für eine objektive Schadensberechnung notwendigen Umfang erfolgen dürfen. Die Verurteilung zu Auskünften über Angebots - und Lieferpreise sowie Gestehungskosten und erzielten Gewinn sei nicht gerechtfertigt.
22
Diese Rügen haben keinen Erfolg.
23
1. Das Berufungsgericht ist für seine Prüfung davon ausgegangen, dass die Klägerin ihrer deutschen Vertriebsgesellschaft aufgrund der zwischen ihnen getroffenen Vereinbarung in rechtswirksamer Weise eine ausschließliche Lizenz am Gegenstand des Klagegebrauchsmusters eingeräumt hat. Dies begegnet keinen Bedenken. Die in Nr. 3 der Vereinbarung enthaltene Warenbezugspflicht könnte unter kartellrechtlichen Gesichtspunkten nur dann bedenklich sein, wenn sie sich auf Gegenstände erstreckte, die nicht von den lizenzierten Schutzrechten erfasst werden (vgl. Bartenbach, Patentlizenz- und Know-how-Vertrag, 6. Aufl. Rdn. 1958 ff.). Hierfür ist im Entscheidungsfall jedoch nichts festgestellt oder sonst ersichtlich. Im Gegenteil verpflichtete sich die Lizenznehmerin zum Bezug von Tintenpatronenprodukten der Klägerin, wie sie das Klagegebrauchsmuster unter Schutz stellt.
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2. Als Inhaberin des Klagegebrauchsmusters steht der Klägerin ohne Weiteres der Unterlassungsanspruch nach § 24 Abs. 1 GebrMG zu. Die erteilte ausschließliche Vertriebslizenz ändert daran schon deshalb nichts, weil der Klägerin das ausschließliche Recht verblieben ist, den geschützten Gegenstand herzustellen, sie sich mithin nicht sämtlicher Rechte aus dem Klageschutzrecht begeben hat.
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3. Das Berufungsgericht hat auch nicht die materiellen Anforderungen verkannt, die im Fall der Vergabe einer ausschließlichen Lizenz an die Feststellung einer Schadensersatzpflicht gegenüber dem Rechtsinhaber zu stellen sind.
26
Die Begründetheit der auf Feststellung der Schadensersatzpflicht gerichteten Klage setzt voraus, dass eine gewisse Wahrscheinlichkeit für den Eintritt eines Schadens besteht (Sen.Urt. v. 23.04.1991 - X ZR 77/89, GRUR 1992, 559 - Mikrofilmanlage), die allerdings nicht hoch zu sein braucht (BGH, Urt. v. 06.07.1995 - I ZR 58/93, GRUR 1995, 744 - Feuer, Eis & Dynamit I; st. Rspr.). Ob und was für ein Schaden entstanden ist, bedarf keiner Klärung (BGH, Urt. v. 29.03.1960 - I ZR 109/58, GRUR 1960, 423, 426 - Kreuzbodenventilsäcke I; Sen.Urt. v. 11.07.1995 - X ZR 99/92, GRUR 1996, 109, 116 - Klinische Versuche I [insoweit nicht in BGHZ 130, 259]), wenn nach der Erfahrung des täglichen Lebens der Eintritt eines Schadens mit einiger Sicherheit zu erwarten ist (st. Rspr.; vgl. Sen.Urt. v. 11.07.1995, aaO - Klinische Versuche I; Busse/ Keukenschrijver, PatG, 6. Aufl., § 143 Rdn. 140 m.w.N.). Hierfür genügt es in der Regel, wenn zumindest eine rechtswidrig und schuldhaft begangene Verletzungshandlung vorliegt (Sen.Urt. v. 11.07.1995, aaO).
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Hiervon ist im Grundsatz auch nach der Vergabe einer ausschließlichen Lizenz auszugehen, wenn der Schutzrechtsinhaber an der Ausübung der Lizenz durch den Lizenznehmer wirtschaftlich partizipiert. Haben die Lizenzvertragsparteien eine Umsatz- oder Stücklizenz vereinbart, stellt es im Regelfall eine nicht nur entfernt liegende Möglichkeit dar, dass mit der Schädigung des Lizenznehmers auch eine Schädigung des Schutzrechtsinhabers verbunden ist, welche ihre Ursache darin hat, dass er vom Lizenznehmer höhere Lizenzeinnahmen erhalten hätte, wenn dieser dem Verletzer eine Unterlizenz erteilt oder wegen des Fehlens der schutzrechtsverletzenden Konkurrenztätigkeit höhere Umsätze gehabt hätte (vgl. Benkard/Rogge/Grabinski, PatG, 10. Aufl., § 139 Rdn. 58). Ein hierauf beruhender Rückgang der Lizenzeinnahmen stellt einen ersatzfähigen Schaden dar (Sen.Urt. v. 05.07.2005 - X ZR 167/03, GRUR 2005, 935, 936 - Vergleichsempfehlung II; Kraßer, Patentrecht, 5. Aufl., S. 895; Kühnen , Festschrift für Schilling, 2000, S. 319).
28
Das gilt in besonderem Maße, wenn - wie hier - als Gegenleistung für die Lizenzvergabe eine Warenbezugsverpflichtung vereinbart wurde. Hier wird sich ein in zurechenbarer Weise durch die Verletzungshandlungen verursachter Schaden aus dem Rückgang des Umsatzes mit dem Lizenznehmer ergeben. Dass mit dem Warenabsatz ein Vermögensvorteil für den Rechtsinhaber verbunden ist, insbesondere der Bezugspreis ein wirtschaftliches Äquivalent für Warenunkosten und Lizenzeinräumung beinhaltet, entspricht der Lebenserfahrung , so dass die Entstehung eines Schadens - in Form eines entgangenen Gewinns - durch verletzungsbedingt geringere Warenbezüge des Lizenznehmers auch hier regelmäßig nicht fernliegend ist. Soweit die Revision darauf abstellen will, dass die Lizenznehmerin nach dieser Vereinbarung frei sei, Tintenpatronen auch von anderen Zulieferern zu beziehen, ist dies zwar zutreffend, ändert aber weder etwas an der Wahrscheinlichkeit eines verletzungsbedingt geringeren Bezuges noch daran, dass die Patronen in jedem Fall von der Klägerin oder einem ihrer Lizenznehmer hergestellt sein müssen, um rechtmäßig ins Inland eingeführt werden zu können. Auch ein solcher Bezug hatte daher aufgrund der Lizenzvereinbarungen zu Einkünften der Klägerin geführt, die ihr infolge der Verletzungshandlungen aller Voraussicht nach entgangen sind.
29
Das Berufungsgericht ist damit rechtsfehlerfrei zu dem Ergebnis gelangt, aufgrund der festgestellten Verletzungshandlungen sei ein Schadenseintritt auf Seiten der Klägerin hinreichend wahrscheinlich. Das genügt für die begehrte Feststellung.
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4. Auch soweit das Berufungsgericht die Beklagten im Rahmen der Auskunftserteilung für verpflichtet gehalten hat, Angaben zu den Angebots- und Lieferpreisen sowie zu den Gestehungskosten und zu dem erzielten Gewinn zu machen, sind Rechtsfehler nicht zu erkennen.
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Als Hilfsanspruch zur Verwirklichung seines Schadensersatzanspruchs steht dem Patent- oder Gebrauchsmusterinhaber gegen den Verletzer ein nach Inhalt und Umfang dem Grundsatz von Treu und Glauben unterstehender Anspruch auf Rechnungslegung zu. Die Rechnungslegung hat dabei ihrem Zweck entsprechend sämtliche Angaben zu enthalten, die der Verletzte benötigt, um sich für eine der ihm offenstehenden Schadensausgleichsmethoden zu entscheiden , die Höhe der Ausgleichszahlung nach dieser Methode zu ermitteln und darüber hinaus die Richtigkeit der Rechnungslegung nachzuprüfen (st. Rspr.; vgl. RGZ 127, 243, 244; Sen.Urt. v. 02.04.1957 - I ZR 58/56, GRUR 1957, 336 - Rechnungslegung; Sen.Urt. v. 16.09.1982 - X ZR 54/81, GRUR 1982, 723, 725 - Dampffrisierstab I; BGHZ 92, 62, 64 - Dampffrisierstab II; BGHZ 126, 109, 113 - Copolyester I).

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a) Berechnet der Verletzte seinen Schaden in konkreter Weise und verlangter Ersatz entgangenen Gewinns, muss er Tatsachen darlegen, die die Feststellung erlauben, dass sich seine Umsätze oder die Umsätze seines Lizenznehmers ohne die Verletzungshandlungen nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit (§ 252 BGB) in einem gegebenenfalls nach § 287 ZPO zu schätzenden Umfang erhöht hätten. Dabei kann allerdings nicht unabhängig von den konkreten Verhältnissen des Einzelfalls davon ausgegangen werden, der Schutzrechtsinhaber oder sein Lizenznehmer hätten die Umsätze des Verletzers einfach übernommen (vgl. BGH, Urt. v. 13.07.1962 - I ZR 37/61, GRUR 1962, 580, 581 - Laux-Kupplung II; Urt. v. 22.04.1993 - I ZR 52/91, GRUR 1993, 757, 759 - Kollektion Holiday; Benkard/Rogge/Grabinski, aaO, § 139 Rdn. 62; Kraßer, aaO, S. 832). Um einen entsprechenden Zusammenhang darzulegen , bedarf der Verletzte deshalb im Regelfall nicht nur der Zeit- und Mengenangaben zu den Lieferungen und Angeboten des Verletzers, sondern auch der Angabe der Liefer- und Angebotspreise. Denn ohne Kenntnis dieser Preise lässt sich regelmäßig nicht beurteilen, ob und in welchem Umfang der Schutzrechtsinhaber oder sein Lizenznehmer zu ihren eigenen Preisen in der Lage gewesen wären, die Umsätze des Verletzers zu erzielen, oder ob der Verletzer eine zusätzliche Nachfrage erschlossen hat, die vom Berechtigten nicht erreicht worden wäre. Angaben zu den Gestehungskosten und zum erzielten Gewinn des Verletzers benötigt der Verletzte für eine konkrete Schadensberechnung hingegen nicht; denn für die Ermittlung des entgangenen Gewinns ist allein der Betrag zugrunde zu legen, den der Verletzte üblicherweise erzielt (BGH, Urt. v. 22.04.1993 aaO; Busse/Keukenschrijver, aaO, § 139 Rdn. 143).
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b) Grundsätzlich ist der Verletzte jedoch nicht auf eine konkrete, den entgangenen Gewinn einschließende Schadensberechnung (§§ 249, 252 BGB) beschränkt; vielmehr kann er den zu leistenden Ersatz auch objektiv nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie oder der Herausgabe des Verletzergewinns ermitteln (st. Rspr.; Sen.Urt. v. 13.03.1962 - I ZR 18/61, GRUR 1962, 401, 402 - Kreuzbodenventilsäcke III; BGHZ 57, 116, 117 f. - Wandsteckdose II; 77, 16, 25 - Tolbutamid). Angaben zu den Gestehungskosten und zum erzielten Gewinn des Verletzers benötigt der Verletzte bei der Lizenzanalogie zwar ebenfalls nicht (vgl. BGHZ 107, 161, 169 - Offenend-Spinnmaschine), sie sind jedoch für die Berechnung des herauszugebenden Verletzergewinns notwendig (vgl. Benkard /Rogge/Grabinski, PatG, § 139 Rdn. 89). Entfällt allerdings ausnahmsweise die Möglichkeit einer objektiven Ermittlung des Schadensersatzes der Höhe nach, so fehlt es für eine Pflicht zur Erteilung diesbezüglicher Auskünfte an einer rechtlichen Grundlage. Eine solche Ausnahme ist für die Herausgabe des Verletzergewinns unter der Voraussetzung angenommen worden, dass der Schaden von einer Art ist, die es im Hinblick auf den Zweck der objektiven Berechnung einen billigen und angemessenen Ausgleich des vom Verletzten erlittenen Vermögensnachteils zu ermöglichen, von vornherein ausschließt, dass der Schaden Ausdruck in dieser Berechnungsmethode finden kann (vgl. BGH, Urt. v. 02.02.1995 - I ZR 16/93, GRUR 1995, 349, 352 - Objektive Schadensberechnung , m.w.N.).
34
aa) Bei der Verletzung technischer Schutzrechte ist die Darlegung und der Nachweis eines konkret entgangenen Gewinns mit besonderen Schwierigkeiten verbunden, da sich der hypothetische Geschehensablauf ohne den Eingriff des Verletzers nicht ohne weiteres beurteilen lässt (BGHZ 57, 116, 118 f. - Wandsteckdose II; 145, 366, 371 - Gemeinkostenanteil, m.w.N.). Die objektiven Berechnungsmethoden tragen insoweit einem besonderen Schutzbedürfnis des Verletzten Rechnung. Auf der Grundlage einer normativen Schadensbetrachtung , die insbesondere den Ausschließlichkeitscharakter des geschützten Rechtsguts im Blick hat, ermöglichen sie dem Verletzten eine von seiner konkreten (Gewinn-)Situation unabhängige Schadensberechnung.
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bb) Wesen einer ausschließlichen Lizenz ist es, dass der Lizenzgeber dem Lizenznehmer das alleinige Recht zur Ausübung aller oder einzelner Benutzungsbefugnisse erteilt, die das Schutzrecht gewährt. Der Lizenznehmer erlangt damit zu Lasten des Rechtsinhabers ein selbständiges Benutzungs- und Verbietungsrecht mit der Folge, dass selbst der Rechtsinhaber nicht mehr zur Benutzung befugt ist (BGHZ 83, 251, 256 - Verankerungsteil; 128, 220, 223 - Kleiderbügel; BGH, Urt. v. 12.12.1991 - I ZR 165/89, GRUR 1992, 310, 311 - Taschenbuchlizenz). Demgemäß steht dem ausschließlichen Lizenznehmer auch ein eigener Schadensersatzanspruch zu (BGHZ 159, 76, 94 - Flügelradzähler

).


36
cc) In der Literatur wird die Ansicht vertreten, die Schadensberechnung auf der Grundlage des Verletzergewinns und der Lizenzanalogie stehe bei Vergabe einer ausschließlichen Lizenz nur dem Lizenznehmer zur Seite, wohingegen der die Lizenz vergebende Rechtsinhaber, dem die mit der Benutzungsbefugnis verbundenen Marktchancen nicht mehr zustünden, auf eine konkrete Schadensberechnung beschränkt sei (Kraßer, aaO, S. 859; Kühnen, aaO, S. 311, 324 f.).
37
Dem kann nicht beigetreten werden.
38
Bei den verschiedenen Berechnungsmethoden handelt es sich nicht um verschiedene Ansprüche mit unterschiedlichen Rechtsgrundlagen, sondern le- diglich um verschiedene Liquidationsformen eines einheitlichen Schadensersatzanspruchs (Sen.Urt. v. 25.09.2007 - X ZR 60/06, GRUR 2008, 93 - Zerkleinerungsvorrichtung [für BGHZ 173, 374 vorgesehen]). Dies hat einerseits zur Folge, dass der Verletzer insgesamt nicht mehr als den vollen Schadensausgleich zu leisten hat. Andererseits kann jedoch jeder Geschädigte den ihm entstandenen Schaden gesondert geltend machen. Der Rechtsinhaber und der ausschließliche Lizenznehmer sind nicht Mitgläubiger i.S. von § 432 BGB mit der Folge, dass der Verletzer nur an beide gemeinschaftlich leisten und jeder von ihnen nur Leistung an beide verlangen kann (anders LG Düsseldorf, Entscheidungen 1997, 104, 105 - Feuerfestmaterial [www.duesseldorferentscheidungen.de ], für den Fall dass Patentinhaber und ausschließlicher Lizenznehmer in Höhe der Lizenzgebühr gemeinsam ihren Schaden nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie berechnen; vgl. auch Busse/Keukenschrijver, aaO, § 139 Rdn. 122). Mitgläubigerschaft läge nur dann vor, wenn Rechtsinhaber und ausschließlicher Lizenznehmer als Gläubiger einer unteilbaren Leistung anzusehen wären. Eine unteilbare Leistung kann zwar auch bei einer im natürlichen Sinne teilbaren Leistung vorliegen, wenn sich aus dem Leistungszweck und der Eigenart der auf den Leistungsgegenstand gerichteten Forderung eine rechtliche Unteilbarkeit der Leistung ergibt. Das ist für die hier zu beurteilende Konstellation jedoch zu verneinen. Dem Rechtsinhaber, der eine ausschließliche Lizenz vergeben hat, kann, wie oben dargelegt, dadurch ein Schaden entstehen , dass der Lizenznehmer infolge der Verletzungshandlungen nur in geringerem Umfang Lizenzgebühren zahlt oder die vereinbarte Bezugspflicht ausübt. Dieser Schaden steht mit dem Schaden des Lizenznehmers nur insoweit in Zusammenhang, als bei der Berechnung des Schadens des Lizenznehmers der dem Rechtsinhaber entstandene Schaden zu berücksichtigen ist (vgl. auch Benkard/Rogge/Grabinski, aaO, § 139 Rdn. 58). Das lässt die rechtliche Teilbarkeit des jeweils geschuldeten Schadensersatzes jedoch unberührt und schafft keine Grundlage für eine gemeinsame Empfangszuständigkeit, die den Schaden des jeweils anderen einschließt. Daran ändert sich auch nichts durch die Möglichkeit der objektiven Schadensberechnung.
39
Im Ergebnis bedeutet dies für den Lizenzgeber und den Lizenznehmer, dass jeder von ihnen gesondert den Ersatz seines Schadens verlangen kann, wobei sie jedoch insgesamt nicht mehr als den vom Verletzer geschuldeten vollen Schadensausgleich - ermittelt nach einer der drei Berechnungsmethoden - beanspruchen können. Dies kann prozessual einmal in der Weise geschehen, dass Lizenznehmer und Lizenzgeber gemeinschaftlich gegen den Verletzer den Schadensausgleich - ermittelt nach einer der drei Methoden - geltend machen und sodann im Verhältnis zueinander aufteilen. Damit wird regelmäßig dem Zweck der objektiven Berechnungsmethoden, dem Verletzten einen Schadensausgleich ohne das Erfordernis zu ermöglichen, seine konkrete Gewinnsituation im Einzelnen zu offenbaren, am ehesten entsprochen. Ebenso besteht die Möglichkeit, dass einer der Geschädigten zugleich aus abgetretenem Recht des anderen den Schaden insgesamt - wiederum ermittelt nach einer der drei Methoden - geltend macht. Ausgeschlossen ist indessen nicht, dass jeder von mehreren Geschädigten gegebenenfalls den Ersatz seines Schadens beansprucht. Da der Verletzer nicht mehr als den vollen Schadensausgleich zu leisten hat, wird der Geschädigte in einem solchen Fall, auch wenn er Schadensausgleich nach der Lizenzanalogie oder Herausgabe des Verletzergewinns verlangt, zunächst darzulegen haben, welcher Anteil des (konkreten) Gesamtschadens auf ihn entfällt. In Höhe dieses Anteils kann er sodann auch auf die anderen Ausgleichsmethoden zurückgreifen.
40
Im Ergebnis bedeutet dies jedoch, dass der Auskunftsanspruch, der die Entscheidung vorbereitet, welcher Schadensausgleich geschuldet ist und wel- che Berechnungsmethode gewählt wird, sowohl dem Lizenzgeber als auch dem Lizenznehmer zusteht.
41
V. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97,100 ZPO (vgl. zur Kostenquotelung Sen.Beschl. v. 15.04.2008 - X ZB 12/06, zur Veröffentlichung bestimmt

).


Melullis Mühlens Meier-Beck
Asendorf Gröning
Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 28.10.2003 - 4a O 63/02 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 24.11.2005 - I-2 U 104/03 -

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(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit e

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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 432 Mehrere Gläubiger einer unteilbaren Leistung


(1) Haben mehrere eine unteilbare Leistung zu fordern, so kann, sofern sie nicht Gesamtgläubiger sind, der Schuldner nur an alle gemeinschaftlich leisten und jeder Gläubiger nur die Leistung an alle fordern. Jeder Gläubiger kann verlangen, dass der S

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Ist während des Löschungsverfahrens ein Rechtsstreit anhängig, dessen Entscheidung von dem Bestehen des Gebrauchsmusterschutzes abhängt, so kann das Gericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Löschungsverfahrens auszusetzen ist. Es

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(1) Wer entgegen den §§ 11 bis 14 ein Gebrauchsmuster benutzt, kann von dem Verletzten bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung erstmalig droht. Der Anspruch ist ausgeschlossen, soweit die Inanspruchnahme aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls und der Gebote von Treu und Glauben für den Verletzer oder Dritte zu einer unverhältnismäßigen, durch das Ausschließlichkeitsrecht nicht gerechtfertigten Härte führen würde. In diesem Fall ist dem Verletzten ein angemessener Ausgleich in Geld zu gewähren. Der Schadensersatzanspruch nach Absatz 2 bleibt hiervon unberührt.

(2) Wer die Handlung vorsätzlich oder fahrlässig vornimmt, ist dem Verletzten zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Bei der Bemessung des Schadensersatzes kann auch der Gewinn, den der Verletzer durch die Verletzung des Rechts erzielt hat, berücksichtigt werden. Der Schadensersatzanspruch kann auch auf der Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung der Erfindung eingeholt hätte.

(1) Wer entgegen den §§ 9 bis 13 eine patentierte Erfindung benutzt, kann von dem Verletzten bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung erstmalig droht. Der Anspruch ist ausgeschlossen, soweit die Inanspruchnahme aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls und der Gebote von Treu und Glauben für den Verletzer oder Dritte zu einer unverhältnismäßigen, durch das Ausschließlichkeitsrecht nicht gerechtfertigten Härte führen würde. In diesem Fall ist dem Verletzten ein angemessener Ausgleich in Geld zu gewähren. Der Schadensersatzanspruch nach Absatz 2 bleibt hiervon unberührt.

(2) Wer die Handlung vorsätzlich oder fahrlässig vornimmt, ist dem Verletzten zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Bei der Bemessung des Schadensersatzes kann auch der Gewinn, den der Verletzer durch die Verletzung des Rechts erzielt hat, berücksichtigt werden. Der Schadensersatzanspruch kann auch auf der Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Benutzung der Erfindung eingeholt hätte.

(3) Ist Gegenstand des Patents ein Verfahren zur Herstellung eines neuen Erzeugnisses, so gilt bis zum Beweis des Gegenteils das gleiche Erzeugnis, das von einem anderen hergestellt worden ist, als nach dem patentierten Verfahren hergestellt. Bei der Erhebung des Beweises des Gegenteils sind die berechtigten Interessen des Beklagten an der Wahrung seiner Herstellungs- und Betriebsgeheimnisse zu berücksichtigen.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Haben mehrere eine unteilbare Leistung zu fordern, so kann, sofern sie nicht Gesamtgläubiger sind, der Schuldner nur an alle gemeinschaftlich leisten und jeder Gläubiger nur die Leistung an alle fordern. Jeder Gläubiger kann verlangen, dass der Schuldner die geschuldete Sache für alle Gläubiger hinterlegt oder, wenn sie sich nicht zur Hinterlegung eignet, an einen gerichtlich zu bestellenden Verwahrer abliefert.

(2) Im Übrigen wirkt eine Tatsache, die nur in der Person eines der Gläubiger eintritt, nicht für und gegen die übrigen Gläubiger.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 105/04 Verkündet am:
7. Juni 2006
Potsch
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: nein
Luftabscheider für Milchsammelanlage
PatG (1981) § 9
Zweck-, Wirkungs- oder Funktionsangaben können als Bestandteile eines Patentanspruchs
an dessen Aufgabe teilnehmen, den geschützten Gegenstand gegenüber
dem Stand der Technik abzugrenzen, wenn sie das Vorrichtungselement, auf das sie
sich beziehen, als ein solches definieren, das so ausgebildet sein muss, dass es die
betreffende Funktion erfüllen kann. (Fortführung von BGHZ 112, 140, 155 f.
- Befestigungsvorrichtung II; Sen.Urt. v. 07.11.1978 - X ZR 58/77, GRUR 1979, 149,
151 - Schießbolzen).
PatG (1981) § 139; GebrMG § 24; BGB § 242 Cd
Im Verhältnis der an einem Verletzungsstreit beteiligten Parteien gelten die allgemeinen
Grundsätze des Verbots treuwidrigen Handelns. Erklärungen, die eine der Parteien
im patentrechtlichen Einspruchs- oder gebrauchsmusterrechtlichen Löschungsverfahren
gegenüber der anderen Partei abgibt, sind nicht nur dann unter dem Aspekt
von Treu und Glauben relevant, wenn sie in der Entscheidung im Einspruchsoder
Löschungsverfahren dokumentiert sind. Vielmehr ist die Feststellung des Erklärungstatbestands
in gleicher Weise auch durch andere Beweismittel möglich. (Fortführung
von Sen.Urt. v. 05.06.1997 - X ZR 73/95, NJW 1997, 3377
- Weichvorrichtung II u. Sen.Urt. v. 20.04.1993 - X ZR 6/91, GRUR 1993, 886
- Weichvorrichtung I)
BGH, Urt. v. 7. Juni 2006 - X ZR 105/04 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 7. Juni 2006 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, den
Richter Scharen, die Richterin Mühlens und die Richter Asendorf und
Dr. Kirchhoff

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 24. Juni 2004 aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin ist Inhaberin des deutschen Patents 196 20 510, das einen Luftabscheider für eine Milchsammelanlage betrifft, sowie des parallelen deutschen Gebrauchsmusters 296 23 713. Das Klagepatent ist in Kraft, das Klagegebrauchsmuster ist am 22. Mai 2006 abgelaufen. Aus dem Klagepatent nimmt die Klägerin die Beklagten auf Unterlassung, Rechnungslegung, Vernichtung der angegriffenen Erzeugnisse und Schadensersatz in Anspruch; außerdem begehrt sie von der Beklagten zu 1 eine angemessene Nutzungsentschädigung. Die Schadensersatz- und Rechnungslegungsansprüche stützt sie für die Zeit bis zum 22. Mai 2006 auch auf das Klagegebrauchsmuster.
2
Anspruch 1 des Klagepatents in der erteilten und Schutzanspruch 1 des Klagegebrauchsmusters in der ursprünglich eingetragenen und jeweils vor dem Landgericht geltend gemachten Fassung lauten übereinstimmend wie folgt: "Luftabscheider für eine einen Sammeltank aufweisende Milchsammelanlage , bestehend aus einem über eine Leitung (2 a, 2 b) von einer Vakuumpumpe (3) mit Unterdruck beaufschlagbaren Luftabscheidebehälter (1), in dessen oberen Bereich eine Saugleitung (4) für die von einem Lieferanten anzunehmende Milch einmündet und von dessen unterem Bereich eine eine gegen den Unterdruck der Vakuumpumpe (3) arbeitende Förderpumpe aufweisende Förderleitung (6) ausgeht, die in den Sammeltank mündet, d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t , dass in der Leitung (2 a, 2 b) zwischen dem Luftabscheidebehälter (1) und der Vakuumpumpe (3) ein Schaumsammelbehälter (7) angeordnet ist, von dessen un- terem Bereich eine zum Luftabscheidebehälter (1) führende, absperrbare Rücklaufleitung (8) ausgeht, und dass die vom Luftabscheidebehälter (1) ausgehende und zur Vakuumpumpe (3) führende Leitung (2 a, 2 b) mit ihrem ersten Leitungsabschnitt (2 a) in den oberen Bereich des Schaumsammelbehälters (7) einmündet, wobei an dem Schaumsammelbehälter (7) eine Belüftung (12) zum Abbau des im Schaumsammelbehälter (7) herrschenden Unterdrucks angeschlossen ist."
3
Im Löschungsverfahren wurde das Klagegebrauchsmuster in der Weise teilweise gelöscht, dass im kennzeichnenden Teil des Schutzanspruchs 1 zwischen den Worten "ein" und "Schaumsammelbehälter" das Wort "einziger" eingefügt wurde.
4
Durch rechtskräftiges Urteil des Bundespatentgerichts vom 5. März 2002 ist das Klagepatent für nichtig erklärt worden, soweit Patentanspruch 1 über eine Fassung hinausgeht, in welcher der kennzeichnende Teil bei unverändert gebliebenem Oberbegriff (ohne Bezugszeichen, Änderungen gegenüber der erteilten Fassung kursiv) lautet: "…, d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t , dass in der Leitung zwischen dem Luftabscheidebehälter und der Vakuumpumpe ein Schaumsammelbehälter angeordnet ist, von dessen unterem Bereich eine zum Luftabscheidebehälter führende, durch ein Ventil absperrbare Rücklaufleitung ausgeht, die den Leitungsabschnitt zwischen dem Luftabscheidebehälter und dem Schaumsammelbehälter überbrückt, und dass in dem Leitungsabschnitt zwischen dem Luftabscheidebehälter und dem Schaumsammelbehälter ein umgekehrt zum Ventil in der Rücklaufleitung wirkendes Ventil angeordnet ist, und dass die vom Luftabscheidebehälter ausgehende und zur Vakuumpumpe führende Leitung mit ihrem ersten Leitungsabschnitt in den oberen Bereich des Schaumsammelbehälters einmündet, wobei an dem Schaumsammelbehälter eine Belüftung zum Abbau des im Schaumsammelbehälter herrschenden Unterdrucks angeschlossen ist."
5
Die nachstehenden Fig. 1 und 2 zeigen ein Ausführungsbeispiel der Erfindung. Sie sind sowohl in der Klagegebrauchsmuster- als auch in der Klagepatentschrift enthalten. In Fig. 1 ist der erfindungsgemäße Luftabscheider bei der Milchannahme dargestellt, wie er Milchschaum aus dem Luftabscheidebehälter absaugt, in Fig. 2 dagegen während der Rückförderung des zur Milch rückverflüssigten Schaums aus dem Schaumsammel- in den Luftabscheidebehälter.
6
Die Beklagte zu 1, deren Geschäftsführer die Beklagten zu 2 und 3 sind, stellt her und vertreibt Luftabscheider für Milchsammelanlagen, deren Funktionsweise aus nachstehender Prinzipzeichnung ersichtlich ist.


7
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Diese Verurteilung hat das Berufungsgericht auf Antrag der Klägerin nach Maßgabe der im Nichtigkeits- bzw. im Löschungsverfahren aufrechterhaltenen Fassung der Klageschutzrechte bestätigt. Hiergegen wendet sich die vom Senat zugelassene Revision der Beklagten, der die Klägerin entgegentritt.

Entscheidungsgründe:


8
Die Revision erweist sich als begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht zu neuer Verhandlung und Entscheidung auch über die Kosten des Revisionsverfahrens.
9
I. 1. Das Berufungsgericht nimmt eine wortsinngemäße Verletzung des Klagepatents an. Dabei geht es von folgenden Erwägungen aus:
10
Mit Luftabscheidern ausgerüstete Lastkraftwagen holen Milch von verschiedenen Erzeugern ab und sammeln sie in einem Sammeltank, um sie zur Molkerei zu fahren. Luftabscheider sollen die Milch von der insbesondere gegen Ende des Annahmevorgangs beim Ansaugen zwangsläufig mit aufgenommenen und zu Schaumbildungen führenden Luft trennen. Zum Absaugen des Schaums wird über eine Vakuumpumpe Unterdruck erzeugt. Das Berufungsgericht erkennt die technische Aufgabe der Erfindung darin, den Luftabscheider so zu verbessern, dass der rückverflüssigte Milchschaum der volumetrischen Messung zugänglich gemacht und die Vakuumpumpe vor dem Ansaugen von Milchschaum geschützt werde. Patentanspruch 1 (in der Fassung des Nichtigkeitsurteils ) sehe zur Lösung dieser Aufgabe einen Luftabscheider mit folgenden Merkmalen vor: 1. Der Luftabscheider besteht aus einem über eine Leitung von einer Vakuumpumpe mit Unterdruck beaufschlagbaren Luftabscheidebehälter; 1.1 im oberen Bereich des Luftabscheidebehälters mündet eine Saugleitung für die von einem Lieferanten anzunehmende Milch ein; 1.2 vom unteren Bereich des Luftabscheidebehälters geht eine eine gegen den Unterdruck der Vakuumpumpe arbeitende Förderpumpe aufweisende Förderleitung aus; 1.2.1 die Förderleitung mündet in den Sammeltank; 2. in der Leitung zwischen dem Luftabscheidebehälter und der Vakuumpumpe ist ein einziger Schaumsammelbehälter angeordnet; 2.1 vom unteren Bereich des Schaumsammelbehälters geht eine zum Luftabscheidebehälter führende, absperrbare Rücklaufleitung aus; 2.1.1 die Rücklaufleitung ist durch ein Ventil absperrbar und 2.1.2 überbrückt den Leitungsabschnitt zwischen dem Luftabscheidebehälter und dem Schaumsammelbehälter; 2.2 in dem Leitungsabschnitt zwischen dem Luftabscheidebehälter und dem Schaumsammelbehälter ist ein umgekehrt zum Ventil in der Rücklaufleitung wirkendes Ventil angeordnet ; 2.3 die vom Luftabscheidebehälter ausgehende zur Vakuumpumpe führende Leitung mündet mit ihrem ersten Leitungsabschnitt in den oberen Bereich des Schaumsammelbehälters ein; 2.4 an dem Schaumsammelbehälter ist eine Belüftung zum Abbau des im Schaumsammelbehälter herrschenden Unterdrucks angeschlossen.
11
Das Berufungsgericht sieht den Kern der Erfindung in den Merkmalen 2.1.1, 2.1.2 und 2.2, und zwar in dem gegenläufigen Wirken der Ventile in der Vakuumleitung (9) und der Rücklaufleitung (10). Zur Vakuumbeaufschlagung (Absaugen von Schaum) werde die Vakuumleitung geöffnet und die Rücklaufleitung geschlossen, während zum Entleeren des Schaumsammelbehälters umgekehrt die Rücklaufleitung geöffnet und die Vakuumleitung geschlossen werde. Auf diese Weise werde beim Belüften des Schaumsammelbehälters mittels der Belüftung (12) (vgl. Merkmal 2.4) ein Druckgefälle erzeugt. Denn der Luftabscheidebehälter stehe weiterhin unter Unterdruck, der weder durch die abgesperrte Vakuumleitung noch durch die geöffnete Rücklaufleitung entweichen könne. Das Entweichen des Unterdrucks verhindere die vor der Einmündung der Rücklaufleitung im Schaumsammelbehälter anstehende Milch. Sie schließe aus, dass die in den Schaumsammelbehälter über die Belüftung (12) eingeströmte Luft in den Luftabscheidebehälter gelangen könne. Aufgrund der Druckdifferenz werde die wieder verflüssigte Milch durch die Rücklaufleitung vom Schaumsammelbehälter in den Luftabscheidebehälter gesaugt. Das Berufungsgericht bemerkt, dass man bei dieser Betriebsweise zur Milchrückführung keine Schwerkraftwirkung benötige und den Schaumsammelbehälter nicht gegenüber dem Luftabscheidebehälter höher anordnen müsse. Dies schließe jedoch nicht aus, dass die zurückgesaugte Milch auf dem Weg vom Schaumsammel - in den Luftabscheidebehälter gleichzeitig auch ein Höhengefälle zurücklege.
12
Nach Auffassung des Berufungsgerichts kommt es für das Merkmal 2.2 allein darauf an, ob in der Unterdruck- und in der Rücklaufleitung jeweils gegenläufig einstellbare Ventile vorhanden sind. Das Klagepatent stelle es in das Belieben des Fachmanns, welche Ventile er für dieses gegenläufige Öffnen und Schließen verwende; sie müssten lediglich die Eignung aufweisen, gegenläufig im Sinne des Merkmals 2.2 arbeiten zu können. Das Berufungsgericht hat festgestellt , dass die angegriffene Ausführungsform mit Ventilen ausgestattet ist, die im Sinne des Klagepatents mit Hilfe einer geeigneten Steuerung gegenläufig eingestellt werden könnten. Diese Möglichkeit der Einstellung hält das Berufungsgericht auch vor dem Hintergrund seiner Interpretation zur gegenläufigen Wirkung der Ventile für ausreichend, um eine Patentverletzung festzustellen. Keine Bedeutung misst es dabei dem Vortrag der Beklagten zu, die von ihnen beigestellte elektronische Steuerung der angegriffenen Anlage ermögliche die gegenläufige Arbeitsweise nicht und sei für sie und ihre Abnehmer unveränderbar so eingestellt, dass beim Belüften des Schaumsammelbehälters neben der Rücklaufleitung auch der zwischen Luftabscheide- und Schaumsammelbehälter verlaufende Abschnitt der Vakuumleitung geöffnet sei, so dass über diesen geöffneten Abschnitt der Unterdruck im Luftabscheidebehälter sofort zusammenbreche und die aus dem Schaum rückverflüssigte Milch ausschließlich schwer- kraftbedingt aus dem höher gelegenen Schaumsammel- in den tiefer liegenden Luftabscheidebehälter fließe. Hierauf komme es nicht an, weil für eine wortlautgemäße Benutzung die bloße Eignung der Ventile zu der beschriebenen gegenläufigen Wirkung ausreiche; dass diese tatsächlich verwirklicht werde, sei nicht erforderlich. Das Berufungsgericht hält es daher auch für unerheblich, dass nach Vortrag der Beklagten für die angegriffene Vorrichtung eine Steuerung, welche die Nutzung der erfindungsgemäßen Vorteile ermöglicht, weder angeboten noch hergestellt werde.
13
2. Diese Auslegung des Klagepatents durch das Berufungsgericht hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand. Wie ein Patent auszulegen ist, ist eine Rechtsfrage. Deshalb ist die Auslegung eines Patents vom Revisionsgericht in vollem Umfang überprüfbar (st. Rspr.; s. nur BGHZ 142, 7, 15 - Räumschild; BGHZ 160, 204, 213 - Bodenseitige Vereinzelungseinrichtung).
14
Für den Verletzungsprozess ist Patentanspruch 1 in der Fassung maßgeblich , die er im Nichtigkeitsverfahren vor dem Bundespatentgericht gefunden hat. Im Nichtigkeitsverfahren ist gegenüber der erteilten Fassung das Merkmal 2.2 "umgekehrt zum Ventil in der Rücklaufleitung wirkendes Ventil" im Kennzeichen hinzugefügt worden. Die vom Berufungsgericht vertretene Auslegung ist mit dem Wortlaut dieser maßgeblichen Fassung des Klagepatents und dem Funktionszusammenhang seiner Lehre, der bei der Auslegung des Klagepatents zu beachten ist, unvereinbar.
15
In der aufrechterhaltenen Fassung lehrt das Klagepatent in Merkmal 2.2 zwei Ventile, die in einem gegenläufigen Wirkungszusammenhang stehen, also gegenläufig funktional miteinander verbunden sind. Vom Patentanspruch nicht erfasst werden deshalb Vorrichtungen mit zwei Ventilen, denen eine solche funktionale Verbindung zur gegenläufigen Wirkung fehlt und erst durch Hinzufügen einer tatsächlich nicht vorhandenen Steuerung verliehen werden kann. Entgegen der Auffassung der Klägerin steht ein solches Verständnis nicht im Gegensatz zu früheren Entscheidungen des Senats. Zwar haben die Merkmale eines Sachanspruchs, wie ihn Patentanspruch 1 darstellt, die Funktion, die geschützte Sache als solche zu beschreiben, so dass der auf diese Weise - regelmäßig räumlich-körperlich - definierte Gegenstand unabhängig davon geschützt ist, wie er hergestellt worden ist und zu welchem Zweck er verwendet wird (Sen.Urt. v. 07.11.1978 - X ZR 58/77, GRUR 1979, 149, 151 - Schießbolzen; Sen.Urt. v. 22.11.2005 - X ZR 79/04, Umdr. S. 17 - extracoronales Geschiebe). Deswegen sind im Patentanspruch enthaltene Zweck-, Wirkungs- oder Funktionsangaben jedoch nicht schlechthin bedeutungslos. Sie können vielmehr als Bestandteile des Patentanspruchs an dessen Aufgabe teilnehmen, den geschützten Gegenstand zu bestimmen und damit zugleich zu begrenzen, wenn sie das Vorrichtungselement, auf das sie sich beziehen , als ein solches definieren, das so ausgebildet sein muss, dass es die betreffende Funktion erfüllen kann (BGHZ 112, 140, 155 f. - Befestigungsvorrichtung II; Sen.Urt. v. 07.11.1978 - X ZR 58/77, GRUR 1979, 149, 151 - Schießbolzen). Versteht man mit dem Berufungsgericht die gegenläufige Ventilwirkung als Angabe einer notwendigen Funktion oder Wirkung, so erfordert die patentgemäße Lehre daher eine Ventilanordnung, die entweder räumlich-körperlich oder durch eine entsprechende Steuerung so eingerichtet ist, dass die erfindungsgemäße gegenläufige Wirkung der beiden Ventile erzielt werden kann. Hingegen reicht es nicht aus, dass der Ventilanordnung diese Eignung erst durch weitere Maßnahmen wie eine Änderung der Steuerung verliehen werden kann.
16
Die Klägerin macht in diesem Zusammenhang geltend, bei der angegriffenen Ausführungsform müssten notwendig während der Anfangs- und Hauptphase der Milchannahme die Rücklaufleitung (8) durch das Ventil (10) geschlossen und die Vakuumleitung (2 a) durch das Ventil (9) geöffnet sein, weil anderenfalls ein Ansaugen der Milch nicht möglich sei; diese gegenläufige Stellung der Ventile sei daher für die Funktion der patentgemäßen Vorrichtung selbstverständlich. Mit dieser Bewertung verkennt die Klägerin die Bedeutung des Merkmals 2.2 im Gefüge des Patentanspruchs. Schon seine Aufnahme in den Kennzeichnungsteil des Anspruchs deutet darauf hin, dass ihm eine wesentliche Bedeutung im Hinblick auf das mit der Fassung des Anspruchs verfolgte Ziel der Abgrenzung der beanspruchten Lehre vom Stand der Technik zukommen soll. Bereits das spricht dagegen, dass mit ihm eine bloße Selbstverständlichkeit mitgeteilt werden soll. Das gilt um so mehr, als der gegenläufigen Wirkung der Ventile im Gesamtgefüge der beschriebenen Lehre durchaus Bedeutung bei Erzeugung, Aufrechterhaltung oder Abbau des jeweiligen Unterdrucks zukommt. Diese Wirkung der Ventile während der Entleerungsphase des Schaumsammelbehälters ermöglicht es, die dort gesammelte Milch patentgemäß unter Ausnutzung von Unterdruck in den Luftabscheider zurückzusaugen. Ein solches Verständnis des Fachmanns von der Bedeutung des Merkmals 2.2 wird auch dadurch bestätigt, dass das einzige in der Patentschrift erläuterte Ausführungsbeispiel eine solche gegenläufige Wirkung der Ventile beim Rücklauf der Milch aus dem Schaumsammelbehälter beschreibt (Klagepatent, Sp. 3 Z. 5-8). Dahinstehen kann in diesem Zusammenhang, ob auch andere Mittel für die Rückführung der Milch in Betracht kommen. Denn die Einfügung des Merkmals 2.2 im Nichtigkeitsverfahren lässt allein gegenläufig wirkende Ventile als Mittel für die Rückführung zu. Bestätigt wird diese Einschätzung dadurch , dass das Merkmal im Verlaufe des Nichtigkeitsverfahrens in den Anspruch aufgenommen wurde, um die beanspruchte Lehre vom Stand der Tech- nik weiter abzugrenzen und so Bedenken gegenüber der Schutzfähigkeit der erteilten Ansprüche zu begegnen. Diese durch die Entscheidung im Nichtigkeitsverfahren mit Gestaltungswirkung vorgenommene Abgrenzung ist durch Aufnahme eines Merkmals, das sich in Selbstverständlichkeiten erschöpft, nicht möglich. Vielmehr muss dem Merkmal ein den Patentanspruch kennzeichnender , unterscheidungskräftiger Sinn zukommen.
17
Das Berufungsgericht hat bisher nicht festgestellt, ob die angegriffene Ausführungsform über eine Ventilanordnung verfügt, die ohne weitere Maßnahmen wie etwa eine Änderung der Steuerung die erfindungsgemäße gegenläufige Wirkung der beiden Ventile auch beim Rücksaugen der Milch aus dem Schaumsammelbehälter erzielt. Die Verurteilung der Beklagten wegen wortsinngemäßer Patentverletzung kann deshalb keinen Bestand haben. Das Berufungsgericht wird nunmehr die erforderlichen Feststellungen zu dem beim Betrieb der angegriffenen Ausführungsform, insbesondere während der Rückführung von Milch aus dem Schaumsammel- in den Luftabscheidebehälter, anzutreffenden Ventilstellungen zu treffen haben. Sollte sich danach eine wortsinngemäße Benutzung nicht feststellen lassen, wird das Berufungsgericht gegebenenfalls auch eine Patentverletzung mit äquivalenten Mitteln zu prüfen haben, die bei dem der Revisionsentscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt nicht von vornherein ausgeschlossen erscheint.
18
II. Auch die Verurteilung der Beklagten wegen Verletzung des Klagegebrauchsmusters hält im Ergebnis revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
19
1. Der im Löschungsverfahren für schutzfähig erachtete Schutzanspruch 1 des Klagegebrauchsmusters kombiniert folgende Merkmale: 1. Der Luftabscheider besteht aus einem über eine Leitung von einer Vakuumpumpe mit Unterdruck beaufschlagbaren Luftabscheidebehälter; 1.1 im oberen Bereich des Luftabscheidebehälters mündet eine Saugleitung für die von einem Lieferanten anzunehmende Milch ein; 1.2 vom unteren Bereich des Luftabscheidebehälters geht eine eine gegen den Unterdruck der Vakuumpumpe arbeitende Förderpumpe aufweisende Förderleitung aus; 1.2.1 die Förderleitung mündet in den Sammeltank; 2. in der Leitung zwischen dem Luftabscheidebehälter und der Vakuumpumpe ist ein einziger Schaumsammelbehälter angeordnet; 2.1 vom unteren Bereich des Schaumsammelbehälters geht eine zum Luftabscheidebehälter führende, absperrbare Rücklaufleitung aus; 2.2 die vom Luftabscheidebehälter ausgehende zur Vakuumpumpe führende Leitung mündet mit ihrem ersten Leitungsabschnitt in den oberen Bereich des Schaumsammelbehälters ein; 2.3 an dem Schaumsammelbehälter ist eine Belüftung zum Abbau des im Schaumsammelbehälter herrschenden Unterdrucks angeschlossen.
20
Im Klagegebrauchsmuster fehlen daher die Merkmale 2.1.1, 2.1.2 und 2.2 des Klagepatents; die Merkmale 2.3 und 2.4 des Patents erscheinen im Gebrauchsmuster als Merkmale 2.2 und 2.3.
21
2. a) Schutzanspruch 1 des Klagegebrauchsmusters hat damit einen anderen Inhalt als Anspruch 1 des Klagepatents. Dem Gebrauchsmuster fehlt das Merkmal "umgekehrt wirkende Ventile". Entgegen dem Berufungsgericht ist dem Wortlaut des Gebrauchsmusters kein Anhaltspunkt dafür zu entnehmen, dass für den Rückfluss der im Schaumsammelbehälter angesammelten Milch in den Luftabscheidebehälter außer der Einwirkung der Schwerkraft zumindest auch die Erzeugung eines Druckgefälles erforderlich sein soll. Vielmehr ergibt sich aus den Merkmalen 2.1 und 2. 3 lediglich, dass während der Milchannahme zum Ansaugen der Milch ein Unterdruck besteht, der in der Rückflussphase der gesammelten Milch in den Luftabscheidebehälter mittels der Belüftung gemäß Merkmal 2.3 abgebaut wird, so dass die gesammelte Milch über die dann geöffnete Rücklaufleitung gemäß Merkmal 2.1 in den Luftabscheidebehälter zurückfließen kann. Das kann wegen des Abbaus des Unterdrucks bei entsprechenden , durch das Schutzrecht nicht ausgeschlossenen Gefällen auch durch die Schwerkraft bewirkt werden. Danach setzt Schutzanspruch 1 des Klagegebrauchsmusters nicht voraus, dass der Rückfluss der Milch durch Erzeugung eines Druckgefälles bewirkt wird.
22
b) Merkmal 2.3 des Gebrauchsmusters (identisch mit Merkmal 2.4 des Klagepatents) setzt nicht voraus, dass die Belüftung zum Abbau des im Schaumsammelbehälter herrschenden Unterdrucks unmittelbar und direkt an dem Schaumsammelbehälter angeschlossen ist. Entscheidend ist vielmehr, dass die mit der Belüftung angestrebte Wirkung, den Unterdruck abzubauen, erzielt wird. Dafür reicht es aus, wenn die Belüftung über zwischengeschaltete Leitungsabschnitte mit dem Schaumsammelbehälter verbunden ist, wie es im Übrigen auch die Fig. 1 und 2 darstellen, die sowohl in den Unterlagen der Gebrauchsmusteranmeldung als auch in der Klagepatentschrift enthalten sind.
23
Damit hat das Berufungsgericht im Ergebnis zutreffend angenommen, dass die angegriffene Ausführungsform wortsinngemäß von Schutzanspruch 1 des Gebrauchsmusters Gebrauch macht.
24
3. Auch die Verurteilung der Beklagten wegen Gebrauchsmusterverletzung kann jedoch keinen Bestand haben, weil das Berufungsgericht dem unter Beweis gestellten Vortrag der Beklagten nicht nachgegangen ist, die Klägerin habe ihnen gegenüber im Gebrauchsmusterlöschungsverfahren erklärt, sie beanspruche für Vorrichtungen mit schwerkraftbedingter Milchrückführung keinen Schutz.
25
Nach der Rechtsprechung des Senats können Erklärungen des Patentanmelders im Einspruchsverfahren unter bestimmten Umständen zugunsten eines an diesem Verfahren beteiligten Dritten einen Einwand aus Treu und Glauben gegen die Inanspruchnahme wegen einer Patentverletzung begründen (Sen.Urt. v. 05.06.1997 - X ZR 73/95, NJW 1997, 3377 - Weichvorrichtung II; Sen.Urt. v. 20.04.1993 - X ZR 6/91, GRUR 1993, 886 - Weichvorrichtung I). Lässt sich der Anmelder im Einspruchsverfahren angesichts des sich bereits anbahnenden Verletzungsstreits auf die Erörterung einer entgegengehaltenen konkreten Ausführungsform des Einsprechenden ein und gibt er dann ernsthaft, in einer Vertrauen begründenden Weise die Erklärung ab, diese Ausführungsform werde von dem begehrten Schutz nicht erfasst, um seine Chancen zu erhöhen , das Patent erfolgreich verteidigen zu können, so muss er sich nach der Senatsentscheidung "Weichvorrichtung II" an dieser Erklärung festhalten lassen. Für das gebrauchsmusterrechtliche Löschungsverfahren kann insoweit nichts anderes gelten.
26
Die Beklagten haben hinreichend substantiiert einen Vertrauenstatbestand vorgetragen, der ihnen im Hinblick auf die angegriffene Ausführungsform gegen eine Inanspruchnahme aus dem Gebrauchsmuster einen Einwand aus Treu und Glauben (§ 242 BGB) eröffnen würde. Sie haben geltend gemacht, dass der Vertreter der Klägerin anlässlich der mündlichen Verhandlung vor dem Bundespatentgericht im Löschungsverfahren am 16. Juli 2003 ausdrücklich erklärt habe, die Gebrauchsmusterinhaberin beanspruche keinen Schutz für solche Vorrichtungen, bei denen die Milch lediglich durch Höhengefälle vom Schaumsammelbehälter in den Luftabscheider zurücklaufe; sie werde aus dem Klagegebrauchsmuster keine Rechte gegen solche Ausführungsformen geltend machen, die nicht das Rücksaugprinzip, sondern nur das Schwerkraftprinzip verwirklichten. Zum Beleg für dieses Vorbringen haben die Beklagten Beweis durch Vernehmung des Vorsitzenden Richters am Bundespatentgericht G. sowie des Patentanwalts Dipl.-Ing. E. angeboten.
27
Entgegen der Auffassung der Klägerin ist in diesem Zusammenhang nicht entscheidend, dass sich aus dem Beschluss des Bundespatentgerichts im Löschungsverfahren nichts dafür ergibt, dass die behauptete einschränkende Erklärung der Klägerin Grundlage für die Aufrechterhaltung des Gebrauchsmusters war. Zwar wurde in der vom Senat gebilligten Auslegung des Berufungsgerichts in der Entscheidung "Weichvorrichtung II" die Feststellung des Erklä- rungstatbestands maßgeblich auf den Beschluss des Bundespatentgerichts im Löschungsverfahren gestützt. Bei der Prüfung des Einwands aus Treu und Glauben geht es aber nicht um den durch Auslegung des Patentanspruchs gemäß § 14 PatG zu bestimmenden (objektiven) Schutzbereich des Patents gegenüber jedermann, sondern ausschließlich um das Verhältnis der am Einspruchsverfahren und an dem Verletzungsstreit beteiligten Parteien zueinander (Sen.Urt, aaO, 3380 - Weichvorrichtung II). In diesem Verhältnis gelten die allgemeinen Grundsätze des Verbots treuwidrigen Handelns. Deshalb kann nicht verlangt werden, dass eine Erklärung im patentrechtlichen Einspruchs- oder gebrauchsmusterrechtlichen Löschungsverfahren nur dann unter dem Aspekt von Treu und Glauben relevant sein kann, wenn sie in der in einem solchen Verfahren ergehenden Entscheidung dokumentiert ist. Vielmehr ist die Feststellung des Erklärungstatbestands in gleicher Weise auch durch andere Beweismittel möglich, wie etwa den von der Beklagten angebotenen Zeugenbeweis.
28
Das Berufungsgericht wird in diesem Zusammenhang auch zu erwägen haben, ob die durch den Wortlaut des Gebrauchsmusters nicht veranlassten Ausführungen des Bundespatentgerichts in dem Beschluss vom 16. Juli 2003 im Löschungsverfahren zu Schwerkraftwirkung und Unterdruckdifferenz (s. dort S. 12) ihre Ursache in entsprechenden Erklärungen in der vorhergehenden mündlichen Verhandlung finden könnten.
29
Das Berufungsgericht hat sich mit Vortrag und Beweisantritt der Beklagten zu der Erklärung der Klägerin im Löschungsverfahren nicht in der gebotenen Weise befasst und deshalb den Prozessstoff entgegen § 286 ZPO nicht ausgeschöpft. Damit kann auch die Verurteilung der Beklagten wegen Verletzung des Gebrauchsmusters keinen Bestand haben. Das Berufungsgericht wird nunmehr zu prüfen haben, ob bei der angegriffenen Ausführungsform die ge- sammelte Milch durch Schwerkraft in den Luftabscheider zurückfließt oder ob dabei noch weitere Kräfte, etwa ein Druckgefälle, wirksam werden. Gegebenenfalls wird es sodann Beweis zu dem Vortrag der Beklagten über den ihnen gegenüber im Löschungsverfahren geschaffenen Vertrauenstatbestand erheben müssen.
Melullis Scharen Mühlens
Asendorf Kirchhoff
Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 28.11.2000 - 4 O 23/00 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 24.06.2004 - I-2 U 6/01 -

Ist während des Löschungsverfahrens ein Rechtsstreit anhängig, dessen Entscheidung von dem Bestehen des Gebrauchsmusterschutzes abhängt, so kann das Gericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Löschungsverfahrens auszusetzen ist. Es hat die Aussetzung anzuordnen, wenn es die Gebrauchsmustereintragung für unwirksam hält. Ist der Löschungsantrag zurückgewiesen worden, so ist das Gericht an diese Entscheidung nur dann gebunden, wenn sie zwischen denselben Parteien ergangen ist.

(1) Wer entgegen den §§ 11 bis 14 ein Gebrauchsmuster benutzt, kann von dem Verletzten bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung erstmalig droht. Der Anspruch ist ausgeschlossen, soweit die Inanspruchnahme aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls und der Gebote von Treu und Glauben für den Verletzer oder Dritte zu einer unverhältnismäßigen, durch das Ausschließlichkeitsrecht nicht gerechtfertigten Härte führen würde. In diesem Fall ist dem Verletzten ein angemessener Ausgleich in Geld zu gewähren. Der Schadensersatzanspruch nach Absatz 2 bleibt hiervon unberührt.

(2) Wer die Handlung vorsätzlich oder fahrlässig vornimmt, ist dem Verletzten zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Bei der Bemessung des Schadensersatzes kann auch der Gewinn, den der Verletzer durch die Verletzung des Rechts erzielt hat, berücksichtigt werden. Der Schadensersatzanspruch kann auch auf der Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung der Erfindung eingeholt hätte.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 167/03 Verkündet am:
21. Dezember 2005
Weschenfelder
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 21. Dezember 2005 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis,
den Richter Keukenschrijver, die Richterin Mühlens und die Richter Prof.
Dr. Meier-Beck und Asendorf

für Recht erkannt:
Das Versäumnisurteil des Senats vom 5. Juli 2005 wird aufrechterhalten.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Kläger war Inhaber des am 1. Dezember 1983 angemeldeten und mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 0 116 701 (Klagepatent), das eine elektronische Diebstahlsicherung betrifft und inzwischen durch Zeitablauf erloschen ist. Er hat das Klagepatent auf der Grundlage des Lizenzvertrages mit der O. Alarmsysteme GmbH (nachfolgend O. GmbH) verwertet. Die Beklagten betreiben als Gesellschafter bürgerlichen Rechts gemeinsam eine Patentanwaltskanzlei und werden vom Kläger mit der Begründung auf Schadensersatz in Anspruch genom- men, der Beklagte zu 1 habe dem Kläger zu einem ungünstigen Vergleichsabschluss in einem das Klagepatent betreffenden Verletzungsprozess und Patentnichtigkeitsverfahren geraten.
2
Das Landgericht hat dem Zahlungsbegehren des Klägers in Höhe von 127.145,-- DM nebst Zinsen stattgegeben, festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger den Schaden zu ersetzen, der ihm ab dem 1. Januar 1995 dadurch entstanden ist und künftig entstehen wird, dass die Beklagten den Kläger und die O. GmbH dazu bewogen haben, mit der S. AG (nachfolgend S. ), der Beklagten des Patentverletzungsprozesses (und Nichtigkeitsklägerin), den Vergleich vom 29. Juli 1992 abzuschließen, und die Klage im Übrigen abgewiesen. Gegen dieses Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt. Mit dem ersten Berufungsurteil hat das Berufungsgericht die Berufung des Klägers zurückgewiesen und die Klage auf die Berufung der Beklagten abgewiesen. Auf die erste Revision des Klägers hat der Senat das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen (Sen.Urt. v. 30.11.1999 - X ZR 129/96, GRUR 2000, 396 ff. - Vergleichsempfehlung I). Mit dem zweiten Berufungsurteil hat das Berufungsgericht erneut die Berufung des Klägers zurückgewiesen und auf die Berufung der Beklagten die Klage abgewiesen. Mit Versäumnisurteil vom 5. Juli 2005, auf das Bezug genommen wird, hat der Senat das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung auch über die Kosten der Revision an das Berufungsgericht zurückverwiesen (Sen.Urt. v. 05.07.2005 - X ZR 167/03, GRUR 2005, 935 ff. - Vergleichsempfehlung II).
3
Gegen dieses den Beklagten am 25. August 2005 zugestellte Urteil haben die Beklagten am 8. September 2005 Einspruch eingelegt, diesen in der Einspruchsschrift begründet und beantragt, das Versäumnisurteil aufzuheben und die Revision zurückzuweisen. Der Kläger beantragt, das Versäumnisurteil vom 5. Juli 2005 aufrechtzuhalten.

Entscheidungsgründe:


4
I. Der Einspruch ist form- und fristgerecht eingelegt und in der Einspruchsschrift begründet worden. Da das Vorbringen der Beklagten jedoch keine abweichende Entscheidung rechtfertigt, ist das Versäumnisurteil des Senats aufrechtzuerhalten (§§ 555, 343 ZPO).
5
II. 1. Die Beklagten haben mit der Einspruchsschrift geltend gemacht, nach Abschluss des Vergleichs mit S. sei es dieser gestattet gewesen, das gesamte Klagepatent zu benutzen, so dass S. die Möglichkeit gehabt habe, das ursprünglich von ihr hergestellte Gerät zu modifizieren. Nach Feststellung des Landgerichts Düsseldorf im Verletzungsprozess, der dem Vergleich vorausgegangen ist, habe das von S. hergestellte Gerät, das Gegenstand des Verletzungsprozesses gewesen sei, von Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung Gebrauch gemacht. Das Landgericht Düsseldorf habe nicht geprüft, ob es auch von Unteransprüchen oder von einem entsprechend dem Urteil des Senats im Patentnichtigkeitsverfahren X ZR 22/99 weiter eingeschränkten Patentanspruch 1 Gebrauch gemacht habe. Habe S. vor dem Vergleichsabschluss ein Gerät hergestellt, welches zwar von Patentanspruch 1 des Patents des Klägers in seiner erteilten Fassung Gebraucht gemacht habe, nicht aber von weiteren Merkmalen und insbesondere nicht von Anspruch 1 des Klagepatents in seiner beschränkten Fassung, so hätte S. ohne den Vergleich mit dem Kläger dieses Gerät weiterbauen können und nach aller Lebenserfahrung auch weiter gebaut. S. hätte damit letztlich das Klagepatent nicht verletzt, da dieses später mit Rückwirkung eingeschränkt worden sei. Auch ohne den Vergleich hätte der Kläger also keine Ansprüche gegen S. geltend machen können, solange S. bei der vor dem Vergleichsabschluss hergestellten Form des Geräts geblieben wäre. Die mögliche Feststellung, dass ein von S. nach Abschluss des Vergleichs hergestelltes Gerät auch unter die beschränkte Fassung des Klagepatents falle, könne somit nicht zu dem Ergebnis führen, dass dem Kläger durch den Vergleich ein Schaden entstanden sei.
6
2. Dieses Vorbringen der Beklagten rechtfertigt keine anderweite Entscheidung.
7
Entgegen der von den Beklagten in der Einspruchsschrift vorgetragenen Auffassung lässt sich im Revisionsverfahren eine Feststellung, dass dem Kläger durch den Vergleichsabschluss kein Schaden entstanden sein kann, nicht treffen.
8
Der Kläger hat behauptet, dass S. jedenfalls mit dem Gerät "D 60 IR" vom Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Klagepatents in der Fassung des Senatsurteils vom 9. Oktober 2002 (X ZR 22/99) Gebrauch gemacht habe; die Beklagte habe dies bestritten. Feststellungen zu der Frage, ob die umstrittenen Geräte vom Gegenstand des Patentanspruchs 1 in der Fassung des Senatsurteils vom 9. Oktober 2002 Gebrauch gemacht haben, hat das Berufungsgericht nicht getroffen. Diese Feststellungen waren entgegen der Auffassung der Beklagten nicht deshalb entbehrlich, weil im Verletzungsprozess vor dem Landgericht Düsseldorf festgestellt worden ist, dass die dort angegriffenen Gegenstände vom Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Klagepatents in der erteilten Fassung Gebrauch gemacht haben. Dem Verletzungsprozess vor dem Landge- richt Düsseldorf hat der Patentanspruch 1 des Klagepatents in der erteilten Fassung zu Grunde gelegen, nicht dagegen in der beschränkten Fassung des Senatsurteils vom 9. Oktober 2002. Aus dem Umstand, das ein angegriffener Gegenstand Gebrauch von der Lehre eines weiter gefassten Patentanspruchs macht, ergibt sich nicht notwendig, dass er nicht in den Schutzbereich des Patents in einer beschränkten Fassung dieses Patentanspruchs fällt. Deshalb lässt sich aus dem Urteil des Landgerichts Düsseldorf im Verletzungsprozess nicht herleiten, es sei ausgeschlossen, dass die angegriffene Ausführungsform in den Schutzbereich des Klagepatents in der durch das Senatsurteil vom 9. Oktober 2002 beschränkter Fassung des Patentanspruchs 1 fallen könne. Dies kann der Fall sein, bedarf aber der Prüfung. Ob dies der Fall ist, wird im erneuten Berufungsverfahren zu klären sein, wobei es aus den im Versäumnisurteil des Senats ausgeführten Gründen nicht darauf ankommt, ob die angegriffene Ausführungsform schon vor oder erst nach dem Vergleichsabschluss hergestellt worden ist, worauf das Berufungsurteil abgestellt hat. Selbst wenn sich nach Sachaufklärung nicht ausschließen ließe, dass S. erst nach Vergleichsschluss dazu übergegangen ist, vom Patentanspruch 1 des Klagepatents in der Fassung Gebrauch zu machen, die er durch das Senatsurteil vom 9. Oktober 2002 erhalten hat, wäre hierdurch ein Schaden des Klägers nicht ausgeschlossen. Denn ein solcher Gegenstand hätte ohne den Vergleich nur vom Kläger oder mit seiner Zustimmung von der O. GmbH hergestellt und vertrieben werden dürfen. Der Verlust dieses Ausschlussrechts gegenüber S. stellt einen Schaden dar. Welchen wirtschaftlichen Wert sein Fortbestand gehabt hätte, ist eine Frage der Schadenshöhe.
9
3. Eine anderweite Entscheidung ist auch nicht deshalb geboten, weil, wie die Beklagten in der mündlichen Verhandlung über den Einspruch geltend gemacht haben, ein Schaden des Klägers schon deshalb ausgeschlossen ist, weil S. - unterstellt, die erste Nichtigkeitsklage gegen das Patent des Klägers wäre abgewiesen und der Vergleich nicht geschlossen worden - andere Geräte entwickelt hätte, die vom Gegenstand des Patents des Klägers weder in der erteilten Fassung noch in der Fassung des Senatsurteils vom 9. Oktober 2002 (X ZR 22/99) Gebrauch gemacht hätten und dem Kläger unter dieser Voraussetzung infolge der Marktstärke von S. der geltend gemachte Schaden ebenfalls entstanden wäre, der geltend gemachte Schaden somit nicht kausal auf die behauptete fehlerhafte Beratung und den darauf beruhenden Abschluss des Vergleichs zurückzuführen ist.
10
Mit diesen Erwägungen wenden die Beklagten einen hypothetischen Sachverhalt ein. Aus den zu 2. genannten Gründen schließt auch er einen Schaden des Klägers nicht dem Grunde nach aus. Er betrifft wiederum die Schadenshöhe, nämlich die Frage, welcher Gewinn von dem Kläger - das schädigende Ereignis hinweggedacht - nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen des Falles mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte (§ 252 BGB). Diese Frage zu beantworten, ist Sache des Tatrichters.
Melullis Keukenschrijver Mühlens
Meier-Beck Asendorf
Vorinstanzen:
LG Mannheim, Entscheidung vom 15.09.1995 - 7 O 17/94 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 12.11.2003 - 6 U 165/02 -

Der zu ersetzende Schaden umfasst auch den entgangenen Gewinn. Als entgangen gilt der Gewinn, welcher nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen, insbesondere nach den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen, mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte.

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.

(2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.

Der zu ersetzende Schaden umfasst auch den entgangenen Gewinn. Als entgangen gilt der Gewinn, welcher nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen, insbesondere nach den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen, mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 60/06 Verkündet am:
25. September 2007
Wermes
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ ja
BGHR ja

a) Wird die Berufung nach Ablauf der Berufungsfrist zurückgenommen, tritt die
Rechtskraft des angefochtenen Urteils mit der Rücknahme ein.

b) Der Grundsatz, dass bei Verletzung eines immateriellen Schutzrechts bis
zur rechtskräftigen Entscheidung über den Schadensersatzanspruch zwischen
einer der drei möglichen Berechnungsarten gewählt werden kann, ist
dahin eingrenzend zu konkretisieren, dass der Verletzte dieses Wahlrecht
dann verliert, wenn über seinen Schadensersatzanspruch bereits für ihn
selbst unangreifbar nach einer Berechnungsart entschieden worden ist.
BGH, Urt. v. 25. September 2007 - X ZR 60/06 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 12. Juni 2007 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis und die
Richter Scharen, Prof. Dr. Meier-Beck, Asendorf und Gröning

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel der Beklagten werden das am 4. Mai 2006 verkündete Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf und das am 3. Mai 2005 verkündete Zwischenurteil der Zivilkammer 4b des Landgerichts Düsseldorf aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Parteien streiten um die Zulässigkeit einer Klage, mit der die Klägerin die Beklagte wegen Verletzung des europäischen Patents 529 221 und des deutschen Gebrauchsmusters 91 10 457 auf Zahlung weiteren Schadensersatzes in Anspruch nimmt. Die Schutzrechte betreffen Zerkleinerungsvorrichtun- gen. Solche Geräte produzierte und vertrieb auch die Beklagte. Die Klägerin sah darin eine Verletzung ihrer Klageschutzrechte und erstritt das - rechtskräftige - Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 7. April 1998 (4 O 29/97), durch welches die Beklagte antragsgemäß u. a. zur Rechnungslegung verurteilt und in dem ihre Verpflichtung festgestellt wurde, der Klägerin den Schaden zu ersetzen, der ihr bzw. den vormaligen Schutzrechtsinhabern durch die Verletzungshandlungen entstanden ist. Die Beklagte erteilte daraufhin Auskunft über die Verkäufe und Vermietungen der von ihr hergestellten Vorrichtungen und bezifferte ihren aus der Verletzung erzielten Gewinn unter Abzug näher spezifizierter Kosten auf 242.829,17 DM.
2
Nachdem die Parteien sich anschließend nicht außergerichtlich einigen konnten, nahm die Klägerin die Beklagte in dem Verfahren 4 O 288/99 LG Düsseldorf auf Zahlung von Schadensersatz in Anspruch, den sie zunächst nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie, auf der Grundlage eines umsatzbezogenen Lizenzsatzes von 6 %, auf 333.367,-- DM nebst Zinsen bezifferte. Durch Urteil vom 30. März 2000 verurteilte das Landgericht Düsseldorf die Beklagte unter Abweisung der weitergehenden Klage zur Zahlung von 280.473,60 DM. Gegen das Urteil legte die Beklagte Berufung ein (2 U 69/00 OLG Düsseldorf). Die Klägerin schloss sich dem Rechtsmittel nach Ablauf der Berufungsfrist an, wobei sie sich zunächst gegen die vom Landgericht ausgesprochene Teilabweisung wandte. Im weiteren Verlauf des Berufungsverfahrens erklärte die Klägerin , die mittlerweile die Gewinnrechnung der Beklagten anzweifelte, dass sie als Schaden nunmehr die Herausgabe des Verletzergewinns geltend mache und deshalb die ursprünglich erhobene Klage als Teilklage und das erstinstanzliche Urteil als Teilurteil verstanden wissen wolle. Auf der Grundlage der geänderten Berechnung bezifferte sie ihren Schaden unter entsprechender Erweiterung der Klage auf insgesamt 410.569,73 €. Daraufhin nahm die Beklagte ihre Berufung zurück und leistete nach Aufforderung eine Zahlung in Höhe von 119.419,-- €.
3
Im vorliegenden - weiteren - Rechtsstreit hat die Klägerin vor dem Landgericht unter Einbeziehung weiterer Schadenspositionen beantragt, die Beklagte über den im Vorprozess ausgeurteilten Betrag hinaus zur Zahlung von 405.235,51 € nebst Zinsen zu verurteilen. Sie schätzt den Gewinn der Beklagten aus der Schutzrechtsverletzung als deutlich höher ein, als aus den erteilten Auskünften ersichtlich, und sieht sich nicht gehindert, den auf der Basis des Verletzergewinns berechneten Schaden zu verlangen, weil sie den Übergang zu dieser Berechnungsmethode rechtzeitig im Vorprozess erklärt habe. Die Beklagte ist dem entgegengetreten. Durch Zwischenurteil vom 3. Mai 2005 hat das Landgericht Düsseldorf die Klage für zulässig erklärt. Die dagegen eingelegte Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, begehrt die Beklagte die Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe:


4
Die nach § 280 Abs. 2, § 542 Abs. 1 ZPO statthafte und auch sonst zulässige Revision hat in der Sache Erfolg und führt zur Abweisung der Klage als unzulässig.
5
I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt: Die Klage auf Zahlung weiteren, nach den Grundsätzen der Herausgabe des Verletzergewinns berechneten Schadensersatzes sei zu- lässig. Die im Vorprozess erhobene Klage stelle sich als Teilklage dar, die der Geltendmachung eines weitergehenden Schadensersatzanspruchs ebenso wenig entgegenstehe, wie die Rechtskraft des dortigen landgerichtlichen Urteils vom 30. März 2000. Die materielle Rechtskraft dieses Urteils, in dem das Landgericht allein über das Bestehen bzw. Nichtbestehen eines Anspruchs der Klägerin auf Schadensersatz nach der Berechnungsmethode der Lizenzanalogie entschieden habe, stehe der neuen Klage nicht entgegen, weil die Klägerin während der Rechtshängigkeit des Vorprozesses - und im Übrigen auch vor Erfüllung des ausgeurteilten Schadensersatzanspruchs - in zulässiger Weise von dessen Berechnung nach der Methode der Lizenzanalogie auf diejenige nach der Herausgabe des Verletzergewinns übergegangen sei.
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II. Dagegen wendet sich die Revision mit Recht.
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1. In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist seit langem anerkannt, dass für die Berechnung des aus der Verletzung eines immateriellen Schutzrechts entstandenen Schadens zwischen drei Berechnungsweisen gewählt werden kann: der konkreten, den entgangenen Gewinn einschließenden Schadensberechnung sowie den so genannten objektiven Berechnungsarten der Geltendmachung einer angemessenen Lizenzgebühr und der Herausgabe des Verletzergewinns (RGZ 156, 65 ff.; BGH, Urt. v. 13.3.1962 - I ZR 18/61, GRUR 1962, 401 ff. - Kreuzbodenventilsäcke III; Urt. v. 12.1.1966 - Ib ZR 5/64, GRUR 1966, 375, 379 - Meßmer-Tee II, insoweit nicht in BGHZ 44, 372 ff.; BGHZ 82, 299, 305 - Kunststoffhohlprofil II; BGHZ 119, 20, 22 ff. - Tchibo/Rolex II; Urt. v. 22.9.1999 - I ZR 48/97, GRUR 2000, 226 f. - Planungsmappe). Bei den drei Bemessungsarten handelt es sich lediglich um Variationen bei der Ermittlung des gleichen einheitlichen Schadens und nicht um verschiedene Ansprüche mit unterschiedlichen Rechtsgrundlagen, so dass kein Wahlschuldverhältnis vor- liegt (BGHZ 42, 372, 378 - Meßmer-Tee II; 119, 19, 23 - Tchibo/Rolex II; Gloy/ Loschelder/Melullis, Hdb. WettbewerbsR, 3. Aufl., § 23 Rdn. 51; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 9. Aufl., Kap. 34 Rdn. 25).
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Anerkannt ist in Rechtsprechung und Literatur des Weiteren, dass das Wahlrecht unter diesen Berechnungsformen noch während eines laufenden Zahlungsklageverfahrens ausgeübt werden kann. Dem Gläubiger soll ermöglicht werden, ggfs. auf Änderungen der Sach- und Beweislage zu reagieren, die sich oft überhaupt erst im Laufe eines Verfahrens, dort besonders aus dem Prozessvorbringen des Schuldners, ergeben (BGHZ 119, 20, 24 f. - Tchibo/ Rolex II). Dementsprechend erlischt die Auswahlmöglichkeit des Verletzten, wie in st. Rspr. des Bundesgerichtshofs formuliert, dann, wenn der nach einer bestimmten Berechnungsweise geltend gemachte Anspruch - abgesehen von dem hier nicht interessierenden Erlöschensgrund der Erfüllung - rechtskräftig zuerkannt worden ist (BGH, Urt. v. 13.7.1973 - I ZR 101/72, GRUR 1974, 53, 54 - Nebelscheinwerfer; BGHZ 82, 299, 305 - Kunststoffhohlprofil II, 119, 20, 23 f. - Tchibo/Rolex II; GRUR 2000, 226 f. - Planungsmappe).
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2. Diese Rechtsprechung geht, soweit es die prozessuale Durchsetzbarkeit des unterschiedlich berechneten Anspruchs betrifft, davon aus, dass es ohnehin um die Durchsetzung eines einheitlichen Begehrens geht, bei dem der Verletzte in erster Linie die der Hauptbegründung seines Begehrens zugrunde liegende Berechnungsart verfolgt, ohne auf die anderen völlig zu verzichten, die gedanklich etwa nach Art von Hilfsbegehren in den Rechtsstreit einbezogen sind (vgl. BGH GRUR 1966, 372, 379 - Meßmer-Tee II). Das impliziert, dass über das Begehren in ein- und demselben Zahlungsrechtsstreit entschieden wird. Dem entsprach, soweit ersichtlich, die bisherige Handhabung in der Praxis (vgl. RG, Urt. v. 13.5.1938 - I 217/37, GRUR 1938, 836, 839 - Rußbläser; BGH, Urt. v. 29.5.1962 - I ZR 132/60, GRUR 1962, 509, 512 - Diarähmchen II; BGHZ 77, 16 f. - Tolbutamid; 119, 20, 25 - Tchibo/Rolex II; im Falle BGH, Urt. v. 2.2.1995 - I ZR 16/93, GRUR 1995, 349 ff. - objektive Schadensberechnung gilt nichts anderes, weil das Landgericht dort zwar die bezifferte, eine bestimmte Schadensposition betreffende Schadensersatzklage rechtskräftig abgewiesen, daneben aber die uneingeschränkte Schadensersatzpflicht der Beklagten festgestellt hatte).
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3. Die prozessuale Vorgehensweise der Klägerin weicht von diesem Schema grundlegend ab. Entscheidend ist dabei zwar noch nicht, dass sie ihr Begehren im Vorprozess nicht im Wege eines Haupt- und Hilfsantrags verfolgt hat. Auch hat die Klägerin die Erklärung, für den Schadensersatzanspruch nunmehr auf den Verletzergewinn abzustellen, noch vor Eintritt der Rechtskraft des landgerichtlichen Urteils vom 30. März 2000 abgegeben. Diese wird durch rechtzeitige Einlegung des Rechtsmittels gehemmt (§ 705 Satz 2 ZPO) und tritt, wenn das Rechtsmittel nach Ablauf der Rechtsmittelfrist zurückgenommen wird, nicht rückwirkend ein, sondern mit dem Zeitpunkt der Rücknahme (vgl. Zöller/ Stöber, Komm. z. ZPO, 26. Aufl., § 705 Rdn. 10). Der wesentliche Unterschied zu den Fällen, in denen die Auswahl unter den Berechnungsmöglichkeiten im laufenden Verfahren zugelassen worden ist, liegt vorliegend jedoch darin, dass die Klägerin ihr derzeitiges weitergehendes Begehren nicht mehr in dem gleichen Rechtsstreit verfolgen kann, sondern darauf angewiesen ist, eine neue Klage zu erheben. Dies ist aber erst geschehen, nachdem - im Vorprozess - über den geltend gemachten Schadensersatzanspruch in dem Urteil des Landgerichts in einer für die Klägerin mit Rechtsmitteln nicht mehr angreifbaren Weise über den zuerkannten Betrag hinaus durch Abweisung der weitergehenden Klage entschieden worden war.
11
4. a) Infolge dieses Umstands ist die Klägerin daran gehindert, ihren Schadensersatzanspruch in einem weiteren Rechtsstreit, gestützt auf eine andere Berechnungsart, geltend zu machen. Sie hat selbst nicht gegen das im Vorprozess ergangene landgerichtliche Urteil Rechtsmittel eingelegt, obwohl sie durch die anteilige Abweisung ihres auf Lizenzanalogiebasis berechneten Schadensersatzanspruchs beschwert war. Die von ihr später eingelegte Anschlussberufung ist kein Rechtsmittel im eigentlichen Sinne, sondern ein im Rahmen des fremden Rechtsmittels angriffsweise wirkender Antrag (BGHZ 80, 146, 148; BGH, Urt. v. 10.11.1983 - VII ZR 72/83, MDR 1984, 569). Hätte nicht die Beklagte Berufung gegen das Urteil des Landgerichts eingelegt, wäre dieses mit Ablauf der Berufungsfrist rechtskräftig geworden und die Klägerin hätte von ihrem - tatsächlich erst geraume Zeit später ausgeübten - Wahlrecht keinen Gebrauch mehr machen können.
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b) Der Klägerin für die "Überbrückung" des Erfordernisses einer rechtzeitigen Ausübung des Wahlrechts die vorübergehende Hemmung der Rechtskraft durch die alleinige Rechtsmitteleinlegung seitens der Beklagten zugute kommen zu lassen, wäre schon mit dem den gesamten Zivilprozess beherrschenden Beschleunigungsgrundsatz (vgl. § 272 Abs. 1 und 3, §§ 282 und 296 ZPO) schwerlich zu vereinbaren. Die Wahlmöglichkeit setzte vor allem aber voraus, dass die Abwicklung seines Ersatzanspruchs aus der Sicht des Berechtigten noch offen ist, was sich schon daran zeigt, dass sie nicht nur nach einer rechtskräftigen Entscheidung, sondern auch dann entfällt, wenn der aufgrund der gewählten Methode ermittelte Schadensersatz geleistet ist. In diesem Sinne offen ist die Abwicklung dann nicht mehr, wenn über den Schadensersatzanspruch in einer von dem Verletzten nicht mehr angreifbaren Weise entschieden ist. Dabei mag es dem Verletzten zunächst noch zugute kommen, wenn sein Gegner eine Verurteilung mit Rechtsmitteln angreift und so die Sache seinerseits offenhält.
Endet die Rechtshängigkeit des Schadensersatzanspruchs jedoch mit der Rücknahme des Rechtsmittels und wird damit ein ergangenes Urteil für alle Seiten unangreifbar, wird mit dieser Entscheidung die abschließende Abwicklung festgelegt, neben der für den Übergang auf andere Berechnungsformen kein Raum mehr ist. Nur so werden im Übrigen die schützenswerten Interessen beider Parteien in angemessenem Umfang berücksichtigt. Auch wenn es dem Verletzten grundsätzlich unbenommen ist, bis zur abschließenden Abwicklung unter den verschiedenen Berechnungsformen die für ihn Günstigste herauszusuchen , müssen die Belange des Verletzers angemessene Berücksichtigung jedenfalls dann finden, wenn eine solche Abwicklung erfolgt ist. Nachdem - infolge einer Einigung unter den Beteiligten oder einer das prozessuale Begehren des Verletzten erledigenden und für ihn unangreifbaren gerichtlichen Entscheidung - für den Schuldner eine aus seiner Sicht abschließende Regelung getroffen worden ist, darf und muss er sich in seinem Unternehmen auf die auf ihn zukommende Schadensersatzforderung einstellen; spätestens jetzt hat er zudem wirtschaftlich entsprechend zu disponieren, zumal er dazu handelsrechtlich - durch Bildung von Rückstellungen - verpflichtet ist (§ 249 Abs. 1 HGB). Dies verdient umso mehr dann Berücksichtigung, wenn der Verletzte, wie im Streitfall , eine Teilabweisung des nach einer bestimmten Berechnungsart eingeklagten Schadensersatzanspruchs hinnimmt und damit zum Ausdruck bringt, sich mit der zugesprochenen Kompensation des Schadens zufrieden geben zu wollen. Infolge der vom Gesetz vorgesehenen Akzessorietät der Anschlussberufung (§ 522 Abs. 1 ZPO a. F., § 524 Abs. 4 ZPO n. F.) hat es fortan prozessual allein der Verletzer in der Hand, eine Ergebniskorrektur zu bewirken. Erwächst das von ihm zunächst angefochtene Urteil durch Rechtsmittelrücknahme in Rechtskraft, muss es dabei sein Bewenden haben und der nach Abstandsnahme des Verletzten von einem eigenen Rechtsmittel und Rücknahme der Beru-
fung des Verletzers beigelegte Streit darf nicht durch Erhebung einer weiteren Klage wiederaufleben können.
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c) Dagegen lässt sich nicht mit Erfolg einwenden, der Verletzte könne die Umstände, die ihn zur abweichenden Ausübung seines Wahlrechts bewogen haben, unter Umständen erst geraume Zeit nach Erlass des erstinstanzlichen Urteils in Erfahrung gebracht haben, wie es nach dem Vorbringen der Klägerin im Streitfall gewesen sein soll. Insoweit ist bereits zu bedenken, dass der Verletzte gerade auch dann an der Verwertung solcher später erlangten Kenntnisse im Rechtsmittelverfahren gehindert sein kann, wenn das erstinstanzliche Verfahren voll zu seinen Gunsten ausgegangen ist. Hat er nämlich voll obsiegt, ist ihm mangels Beschwer ohnehin grundsätzlich verwehrt, das Berufungsverfahren dazu zu nutzen, sich nachträglich in Erfahrung gebrachte Anknüpfungstatsachen für eine höhere Schadenskompensation nach einer anderen Berechnungsart zunutze zu machen, es sei denn, der voll unterlegene Verletzer greift das Urteil mit der Berufung an und hält diese aufrecht, auch wenn der Geschädigte noch rechtzeitig Anschlussberufung zum Zwecke der Erstreitung einer höheren Urteilssumme einlegt.
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d) Der Grundsatz, dass der Verletzte sein Wahlrecht so lange ausüben kann, bis darüber rechtskräftig entschieden ist, ist demzufolge dahin eingrenzend zu konkretisieren, dass der Verletzte dieses Wahlrecht dann verliert, wenn über seinen Schadensersatzanspruch bereits für ihn selbst unangreifbar nach einer Berechnungsart entschieden worden ist. Dagegen, so zu entscheiden, bestehen seitens des I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs, wie dieser Senat auf Anfrage mitgeteilt hat, keine Bedenken.
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5. Unabhängig von dem vorstehend Ausgeführten steht der Abweisung der Klage als unzulässig auch nicht der Einwand entgegen, bei dem rechtskräftig entschiedenen Vorprozess habe es sich lediglich um eine (verdeckte) Teilklage gehandelt. Es entspricht allerdings der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs , dass die eine neue Verhandlung und Entscheidung über denselben Anspruch ausschließende materielle Rechtskraft eines Urteils nur so weit reicht, wie über den durch die Klage erhobenen Anspruch entschieden worden ist (vgl. BGHZ 93, 330 ff.; 135, 178 ff.). Hat ein Kläger im vorangegangenen Prozess nur einen Teilanspruch geltend gemacht, so erfasst die Rechtskraft des Urteils nur diesen Teil des Anspruchs und erstreckt sich nicht auf den nicht eingeklagten restlichen Anspruch. Diese Grundsätze gelten unabhängig davon, ob der Kläger für das Gericht und den Beklagten erkennbar zum Ausdruck bringt, dass sein bezifferter Antrag nur einen Teil des Anspruchs erfasst, so dass Nachforderungen vorbehalten bleiben oder ob es sich um eine "verdeckte" Teilklage handelt (BGHZ 135, 178, 181). Nach dieser Entscheidung steht etwa die rechtskräftige Zuerkennung von Versicherungsleistungen zur Wiederherstellung eines durch Diebstahl von Fahrzeugteilen beschädigten wertvollen Pkw einer neuerlichen Klage, mit der Ersatz für zusätzliche, nach Abschluss des ersten Rechtsstreits fortgesetzte Restaurierungsarbeiten verlangt wurde, nicht entgegen. Um einen vergleichbaren Fall der Geltendmachung zusätzlicher, im Vorprozess nicht eingeklagter einzelner Schadenspositionen aus einem einheitlichen Schadensfall geht es vorliegend indes nicht; hier handelt es sich nicht um Teile eines Anspruchs in diesem Sinne. Gegenstand des Begehrens ist vielmehr immer der gleiche Anspruch, der lediglich in unterschiedlicher Weise berechnet wird.
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Macht der Kläger ferner mit beziffertem Zahlungsantrag einen Schadensersatzanspruch aus bestimmten Schadensposten geltend, so steht die Rechtskraft eines der Klage stattgebenden Urteils der Nachforderung weiterer Beträge aus denselben Positionen in einem späteren Prozess nicht entgegen (BGH, Urt. v. 15.7.1997 - VI ZR 142/95, NJW 1997, 3019 f.). Auch um eine solche Sachverhaltsgestaltung handelt es sich im Streitfall nicht, sondern darum, dass die Klägerin im Erstprozess ihren gesamten Schaden einheitlich zunächst auf der Berechnungsgrundlage der Lizenzanalogie eingeklagt hat, um den identischen vollen Schaden später nach einer anderen Berechnungsart zu verlangen. Geht der Verletzte in dieser Weise zu einer anderen Berechnungsweise über, erweist sich die ursprüngliche Klage nicht nachträglich als verdeckte Teilklage , auch wenn der Übergang zur neuen Bemessungsgrundlage - naturgemäß - mit einer Antragsänderung, nämlich einer Erhöhung der Klagesumme einhergeht. Der Verletzte schätzt nicht, wie in dem vom VI. Zivilsenat entschiedenen Fall, einzelne Schadenspositionen nachträglich wertmäßig anders ein und stellt deshalb diesbezügliche Nachforderungen, sondern er berechnet den gleichen Schaden jeweils in einer unterschiedlichen, der Sache nach aber gleichwertigen Weise. Verlangt wird in jedem Fall die volle Kompensation des identischen Schadens, der in der Verletzung des Rechtes besteht. In diesem von den Besonderheiten des Schadensausgleichs bei Immaterialgüterrechtsverletzungen geprägten Fall liegt in der vollen Geltendmachung des auf Lizenzanalogiebasis berechneten Gesamtschadens schon begrifflich keine Teilklage. Der Übergang zu einer anderen Berechnungsart ist dementsprechend wegen der Einheitlichkeit des Schadensersatzanspruchs keine Änderung des Klagegrundes (BGHZ 119, 20, 23 - Tchibo/Rolex II). Insoweit ist in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch außerhalb des Immaterialgüterrechts anerkannt, dass die verschiedenen Berechnungsgrundlagen innerhalb des identischen Schadens lediglich unselbstständige Faktoren eines einheitlichen Schadens und Ersatzanspruchs darstellen, die im Rahmen des geltend gemachten Gesamtbetrags austauschbar sind (BGH, Urt. v. 24.10.2005 - II ZR 339/03, ZIP 2006, 778 ff.). Handelt es sich aber bei der Geltendmachung desselben Schadens einmal auf der Grundlage der Lizenzanalogie und einmal auf der Basis des Verletzergewinns um einen einheitlichen Streitgegenstand, so kann dies nicht ohne Folgen auf die Reichweite der Rechtskraft des diesen Anspruch einheitlich bescheidenden, teilweise zusprechenden und zudem die Schadensersatzklage im Übrigen abweisenden landgerichtlichen Urteils vom 20. März 2000 bleiben.
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Die Klage ist daher auf die Revision der Beklagten als unzulässig abzuweisen. Der Senat kann dies selbst aussprechen, auch wenn das Rechtsmittelverfahren sich nur auf das Zwischenurteil des Landgerichts über die Zulässigkeitsfrage bezieht. Gelangt das erstinstanzliche Gericht im Zwischenstreit zu der Auffassung, dass die Klage unzulässig ist, ist diese durch Prozessurteil abzuweisen (Zöller/Greger, aaO, § 280 Rdn. 6). Schon aus Gründen der Prozessökonomie und unter Kostengesichtspunkten kann nichts anderes gelten, wenn das Rechtsmittelgericht zu diesem Ergebnis gelangt.
18
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
Melullis Scharen Meier-Beck
Asendorf Gröning
Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 03.05.2005 - 4b O 247/04 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 04.05.2006 - I-2 U 60/05 -

(1) Haben mehrere eine unteilbare Leistung zu fordern, so kann, sofern sie nicht Gesamtgläubiger sind, der Schuldner nur an alle gemeinschaftlich leisten und jeder Gläubiger nur die Leistung an alle fordern. Jeder Gläubiger kann verlangen, dass der Schuldner die geschuldete Sache für alle Gläubiger hinterlegt oder, wenn sie sich nicht zur Hinterlegung eignet, an einen gerichtlich zu bestellenden Verwahrer abliefert.

(2) Im Übrigen wirkt eine Tatsache, die nur in der Person eines der Gläubiger eintritt, nicht für und gegen die übrigen Gläubiger.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ZB 12/06
vom
15. April 2008
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BRAGO § 6 Abs. 1 Satz 1
Bei einem inhaltsgleichen gegen mehrere Beklagte gerichteten Unterlassungsbegehren
handelt es sich nicht um denselben Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit
; das gilt auch, wenn eine juristische Person und ihr Organ in Anspruch
genommen werden.
BGH, Beschl. v. 15. April 2008 - X ZB 12/06 - OLG Karlsruhe
LG Mannheim
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 15. April 2008 durch
den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, den Richter Scharen, die Richterin
Mühlens und die Richter Asendorf und Gröning

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerden der Klägerinnen und der Beklagten wird der Beschluss des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 19. Mai 2006 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren beträgt 29.692,80 €.

Gründe:


1
I. Die Klägerinnen haben die Beklagte zu 1, deren Geschäftsführer der der Beklagte zu 2 ist, und die Beklagte zu 3, deren Geschäftsführer der Beklagte zu 4 ist, wegen Patentverletzung auf Unterlassung, Rechnungslegung, Herausgabe und Feststellung der Schadensersatzpflicht in Anspruch genommen. In dem parallelen Nichtigkeitsverfahren haben sich die Parteien verglichen. Die Klägerinnen haben daraufhin im vorliegenden Verfahren ihre Klage zurückgenommen.
2
Das Landgericht Mannheim hat mit Beschluss vom 30. Dezember 2004 (GA 130) den Streitwert für das Verfahren auf insgesamt 5 Mio. € festgesetzt. Den Gesamtstreitwert hat es mit Beschluss vom 2. Juni 2005 in der Weise aufgeteilt , dass auf die Rechtsverfolgung gegen die Beklagten zu 1 und 2 2,5 Mio. € und gegen die Beklagten zu 3 und 4 ebenfalls 2,5 Mio. € entfielen. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der Klägerinnen hat das Oberlandesgericht Karlsruhe zurückgewiesen.
3
In dem hierauf ergangenen Kostenfestsetzungsbeschluss hat der Rechtspfleger bei dem Landgericht Mannheim die von den Klägerinnen an die Beklagten zu erstattenden Kosten antragsgemäß auf 30.192,20 € nebst Zinsen festgesetzt. Er hat hierbei eine dreifache Erhöhungsgebühr angesetzt, weil es sich auf Seiten der Beklagten um mehrere Auftraggeber handele. Auf die sofortige Beschwerde der Klägerinnen hat das Beschwerdegericht den von den Klägerinnen zu erstattenden Betrag auf 10.416,85 € nebst Zinsen herabgesetzt. Zur Begründung hat es ausgeführt, mit dem Unterlassungsanspruch gegen die Beklagten zu 1 und 2 einerseits und die Beklagten zu 3 und 4 andererseits hätten zwei Gegenstände i.S. von § 7 Abs. 2 BRAGO vorgelegen. Bezüglich jedes dieser beiden Gegenstände sei es zugleich um zwei Auftraggeber gegangen, so dass jeweils gemäß § 6 BRAGO eine Erhöhung der Prozessgebühr zu erfolgen habe. Es sei ferner zu berücksichtigen, dass im Streitfall mehrere Auftraggeber an verschiedenen Gegenständen eines Rechtsstreits beteiligt gewesen seien, so dass nach § 13 Abs. 3 BRAGO der Rechtsanwalt nicht mehr als die aus dem Gesamtbetrag der Wertteile nach dem höchsten Gebührensatz berechnete Gebühr erhalte.
4
Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde wollen die Klägerinnen die Absetzung der Erhöhungsgebühr erreichen. Die Beklagten, die mit ihrem Rechtsmittel die Festsetzung einer dreifachen Erhöhungsgebühr weiterverfolgen, begehren die Wiederherstellung der landgerichtlichen Entscheidung. Im Übrigen treten sie der Rechtsbeschwerde der Klägerinnen entgegen. Die Klägerinnen beantragen, die Rechtsbeschwerde der Beklagten zurückzuweisen.
5
II. Die Rechtsbeschwerden sind nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 1 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie führen zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens.
6
1. Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 BRAGO, der nach § 61 Abs. 1 Satz 1 RVG hier anzuwenden ist, weil die Verteidigungsanzeige der Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom 24. Mai 2004 datiert, erhält der Rechtsanwalt, der in derselben Angelegenheit für mehrere Auftraggeber tätig ist, die Gebühren nur einmal. Ist der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit derselbe, so erhöht sich nach § 6 Abs. 1 Satz 2 BRAGO die Prozessgebühr durch jeden weiteren Auftraggeber um 3/10. Liegen hinsichtlich der einzelnen Auftraggeber verschiedene Gegenstände vor, die in einem Verfahren geltend gemacht werden, werden die Gegenstandswerte zusammengerechnet (§ 7 Abs. 2 BRAGO).
7
Der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit ist dann derselbe i.S. des § 6 Abs. 1 Satz 2 BRAGO, wenn der Rechtsanwalt für mehrere Auftraggeber wegen desselben Rechts oder Rechtsverhältnisses tätig wird (BGH, Beschl. v. 5.10.2005 - VIII ZB 52/04, NJW 2005, 3786, 3787). Ob dasselbe Recht oder Rechtsverhältnis betroffen ist, bestimmt sich nach dem Klagebegehren. An der Gegenstandsgleichheit fehlt es daher, wenn es um ein gegen mehrere Perso- nen gerichtetes Begehren geht, das jeden Gegner selbständig, wenn auch mit inhaltsgleichen Leistungen betrifft, die jeder nur für sich erfüllen kann (Gerold Schmidt/v. Eicken/Madert, BRAGO, 15. Aufl., § 6 Rdn. 25). Selbständig nebeneinander bestehende Rechte, auch wenn sie jeweils den gleichen Inhalt haben und auf das gleiche Ziel gerichtet sind, erfüllen nicht den Begriff desselben Gegenstands (BVerfG JurBüro 1998, 78, 79).
8
Das Beschwerdegericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass es sich bei den gegenüber den Beklagten zu 1 und 3 als selbständigen juristischen Personen geltend gemachten Unterlassungsansprüchen um verschiedene Gegenstände handelt. Beide Gesellschaften mit ihren persönlich in Anspruch genommenen Organen hätten im Falle des Obsiegens der Klägerinnen nämlich jeweils selbständig und unabhängig voneinander, nur je für sich das gegen sie gerichtete Unterlassungsbegehren beachten können. Anders als in § 421 BGB für die gesamtschuldnerische Haftung vorgesehen, kann der Unterlassungsgläubiger die Leistung nicht nur einmal fordern, weil dem Unterlassen nicht die für die Gesamtschuld notwendige Gesamtwirkung der Erfüllung zukommt. Umgekehrt kann sich der Unterlassungsschuldner nicht, wie § 422 Abs. 1 Satz 1 BGB dies den Gesamtschuldnern ermöglicht, auf die Beachtung der Unterlassungspflicht durch den anderen Schuldner mit dem Ergebnis der Schuldbefreiung berufen. Dementsprechend wird - auch im Wettbewerbsrecht - überwiegend eine gesamtschuldnerische Haftung von Unterlassungsschuldnern abgelehnt (OLG Köln OLG-Rep. 2006, 134; JurBüro 1993, 671; OLG Frankfurt a.M. JurBüro 2002, 139; OLG Düsseldorf GRUR 2000, 825; OLG Zweibrücken AnwBl 2000, 695; Hanseatisches OLG JurBüro 1998, 541, 542; JurBüro 1989, 64, 65 mit zustimmender Anmerkung von Mümmler; OLG Stuttgart JurBüro 1998, 302, 303; OLG Düsseldorf JurBüro 1994, 544, 545; OLG Karlsruhe JurBüro 1992, 239; OLG Hamm JurBüro 1996, 312, 313; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, 9. Aufl., 14. Kap. Rdn. 29 f.; Hefermehl/Köhler/ Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 25. Aufl., § 8 UWG Rdn. 2.30; Ahrens/Jestaedt, Wettbewerbsprozess, 5. Aufl., 21. Kap. Rdn. 37; Köhler, AcP 1990 (1990), 496, 529 f.; Ullmann, jurisPK-UWG/Seichter, § 8 Rdn. 71; Palandt/Grüneberg, 67. Aufl., Überblick vor § 420 Rdn. 11; Erman/Ehmann, 11. Aufl., § 421 Rdn. 83; Staudinger/Noack, Neubearb. 2005, § 431 Rdn. 11). Handelt es sich aber um in diesem Sinne jeweils eigenständige, sich nicht überschneidende Rechte, die die Klägerinnen gegen die Beklagten verfolgt haben, ist auch insoweit der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit der Beklagten nicht derselbe.
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2. Rechtsfehlerhaft hat das Beschwerdegericht jedoch die Erhöhungsgebühr für die Unterlassungsansprüche gegen die Gesellschaft und deren Organe angesetzt. Der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit des Beklagtenvertreters war auch nicht derselbe, soweit die Klägerinnen jeweils sowohl den Geschäftsführer persönlich als auch die jeweilige Gesellschaft in Anspruch genommen haben. Insoweit lagen jeweils eigenständige Rechtsverhältnisse vor, auch wenn die Beklagten auf das gleiche Ziel in Anspruch genommen worden sind. Dass die Beklagten zu 2 und 4 gleichzeitig als Organe der Beklagten zu 1 und 3 im Rahmen der gesellschaftsrechtlichen Organisation verantwortlich dafür gewesen wären, dass die Gesellschaft einen etwaigen Unterlassungsanspruch künftig beachtet hätten, ändert nichts daran, dass die Beklagten zu 2 und 4 jeweils in eigener Person neben den juristischen Personen auf Unterlassung in Anspruch genommen worden sind.
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Soweit sich die Rechtsbeschwerde auf die Argumentation von Tilmann (GRUR 1986, 691, 694) beruft, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Dass gegebenenfalls ein Unterlassungsschuldner für das Verhalten des anderen einzustehen hat, führt nicht dazu, dass er nicht auch für seine eigene Person die Unterlassungspflicht zu beachten hat. Aus dieser Mitverantwortungsgemein- schaft folgt jedoch keine Gesamtschuldnerschaft im Hinblick auf die hier geltend gemachten Unterlassungsansprüche.
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Etwas Anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass, wie die Rechtsbeschwerde geltend macht, eine juristische Person zwangsläufig nur durch ihre Organe der Unterlassungsverpflichtung nachkommen kann, Ordnungshaft nur gegen das Organ verhängt und die juristische Person nur dann zu einem Ordnungsgeld herangezogen werden kann, wenn sich ihre Organe schuldhaft verhalten haben. Es bedarf nicht der gleichzeitigen persönlichen Inanspruchnahme des Organs, um Ansprüche gegenüber der juristischen Person im Wege der Zwangsvollstreckung durchzusetzen. Hierzu reicht ein Unterlassungstitel gegen die juristische Person. Wird darüber hinaus auch das Organ persönlich in Anspruch genommen, so ist dieses auch selbst verpflichtet. Das kann insbesondere dann Bedeutung erlangen, wenn sich der Geschäftsführer nach einem Ausscheiden aus der Gesellschaft anderweitig geschäftlich betätigt. Auch der Hinweis der Beklagten auf die gesamtschuldnerische Verhängung des Ordnungsgelds verfängt nicht. Der Umstand, dass bei einem jeweils eigenen Verstoß von Gesellschaft und Organ das Ordnungsmittel gesamtschuldnerisch verhängt wird, weil es sich tatsächlich nur um einen einzigen Verstoß gegen zwei gleich gerichtete Unterlassungstitel handelt (OLG Zweibrücken OLG-Rep. 1998, 68, 69; OLG Hamm WRP 1987, 42 f.; Melullis, Handbuch des Wettbewerbsprozesses , 3. Aufl. Rdn. 923), betrifft wiederum nur die Frage des Einstehens für die Folgen bei einem Verstoß gegen die Unterlassungspflicht, ändert aber nichts daran, dass jeder Schuldner primär die Unterlassungspflicht nur für sich allein beachten kann und damit nicht zugleich die Unterlassungsverpflichtung des anderen Schuldners erfüllen kann.
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Betreffen mithin die Unterlassungsanträge mehrere Gegenstände, so sind nach § 7 Abs. 2 BRAGO, § 12 GKG a.F., § 72 Nr. 1 GKG n.F., § 5 ZPO die Gebühren nach dem zusammengerechneten Wert der mehreren Gegenstände zu berechnen. Dieser Gesamtstreitwert beträgt hier 5 Mio. €, wie das Beschwerdegericht mit Beschluss vom 26. Juli 2005 entschieden hat.
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§ 13 Abs. 3 BRAGO ist nicht anwendbar. Es sind im vorliegenden Fall nicht für Teile des Gegenstands verschiedene Gebührensätze anzuwenden. Liegen mehrere Gegenstände vor, werden die Werte zusammengerechnet, also ein Gesamtwert gebildet (Riedel/Sußbauer-Frauenholz, BRAGO, 8. Aufl., § 13 Rdn. 27 f.).
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3. Der Senat kann nicht selbst über die entstandenen Gebühren entscheiden. Das Beschwerdegericht ist ausdrücklich davon ausgegangen, dass es in dem Rechtsstreit um zwei Unterlassungsansprüche gegangen sei. Aus dem vom Beschwerdegericht in Bezug genommenen Wertfestsetzungsbeschluss vom 26. Juli 2004 ergibt sich aber, dass die Klägerinnen die Beklagten auch auf Rechnungslegung, Herausgabe und Feststellung der Schadensersatzverpflichtung in Anspruch genommen haben. Die Unterlassungsansprüche machen dann zwar den überwiegenden, nicht aber den vollen Betrag des Gesamtstreitwerts aus. Die Gebühren können daher nicht ohne Weiteres aus dem alle Klageansprüche betreffenden Gesamtstreitwert berechnet werden. Sie sind gemäß § 7 Abs. 2 BRAGO nur insoweit nach dem Gesamtstreitwert zu berechnen , wie verschiedene Gegenstände vorliegen. Soweit dagegen die Beklagten gesamtschuldnerisch in Anspruch genommen worden sind, fällt aus dem auf diesen Anspruch entfallenen Wert die Erhöhungsgebühr nach § 6 Abs. 1 Satz 2 BRAGO an (vgl. OLG Düsseldorf GRUR 2000, 825).
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Soweit die Klägerinnen die Beklagten auf Rechnungslegung in Anspruch genommen haben, liegen ebenfalls verschiedene Gegenstände vor. Für den Anspruch auf Rechnungslegung gelten die gleichen Grundsätze (Hefermehl/ Köhler/Bornkamm, aaO, § 9 UWG Rdn. 4.6). Auch wenn gegen Streitgenossen inhaltsgleiche Auskunftsansprüche geltend gemacht werden, handelt es sich um verschiedene Gegenstände, da die Streitgenossen nicht gesamtschuldnerisch auf die Erteilung einer einzigen Auskunft in Anspruch genommen werden, sondern jeder Streitgenosse für sich die verlangte Auskunft erteilen muss (OLG Frankfurt JurBüro 2002, 139; OLG Düsseldorf GRUR 2000, 825, 826; vgl. auch BGH, Urt. v. 03.04.1981 - I ZR 72/79, GRUR 1981, 592, 595 - Championne du Monde). Das gilt auch dann, wenn für den Hauptanspruch eine gesamtschuldnerische Haftung besteht (Hefermehl/Köhler/Bornkamm, aaO, § 9 UWG Rdn. 4.30).
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Anders verhält es sich dagegen mit dem gegen die Beklagten als Gesamtschuldner geltend gemachten Schadensersatzanspruch in Gestalt des Feststellungsantrags. Insoweit ist der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit des von allen Beklagten beauftragten Rechtsanwalts derselbe im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 2 BRAGO (vgl. OLG Frankfurt JurBüro 2002, 139; OLG Düsseldorf GRUR 2000, 825). Die Erhöhungsgebühr ist daher aus dem auf den Feststellungsantrag entfallenden Teil des Streitwerts angefallen.
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Welche Grundsätze für die Berechnung der Gebühr mit Blick auf den Herausgabeantrag anzuwenden sind, hängt davon ab, ob und inwieweit die Klägerinnen die Beklagten gesamtschuldnerisch auf Herausgabe in Anspruch genommen haben.
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Vorinstanzen:
LG Mannheim, Entscheidung vom 07.12.2005 - 7 O 323/03 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 19.05.2006 - 6 W 37/06 -