Bundesgerichtshof Urteil, 24. Okt. 2006 - X ZR 124/03

bei uns veröffentlicht am24.10.2006
vorgehend
Landgericht Düsseldorf, 40 O 136/99, 23.11.2001
Oberlandesgericht Düsseldorf, 23 U 5/02, 25.07.2003

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 124/03 Verkündet am:
24. Oktober 2006
Wermes
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Welche Bedeutung dem Schweigen auf ein Schreiben, das kaufmännische Vereinbarungen
wiedergibt, beizumessen ist, wenn um Gegenbestätigung gebeten wurde,
lässt sich nicht allgemein entscheiden, sondern ist im Einzelfall zu prüfen (Bestätigung
von BGH, Urt. v. 18.03.1964 - VIII ZR 281/62, NJW 1964, 1269, 1270; RGZ
106, 414, 416; 104, 201, 202).
Ein Rahmenvertrag, der bestimmte Bedingungen für abzuschließende Einzelverträge
der Parteien festlegt, begründet nicht anders als ein Sukzessiv- oder Dauerlieferungsvertrag
Gegenseitigkeit zwischen den wechselseitigen Leistungspflichten aus
den verschiedenen Einzelverträgen.
BGH, Urt. v. 24. Oktober 2006 - X ZR 124/03 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 24. Oktober 2006 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, den
Richter Scharen, die Richterin Mühlens und die Richter Prof. Dr. Meier-Beck
und Dr. Kirchhoff

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 23. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 25. Juli 2003 im Kostenausspruch und insoweit aufgehoben, als mit ihm unter Zurückweisung der Berufung gegen das Urteil der 10. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf vom 23. November 2001 die Klage gegen die Beklagte zu 2 abgewiesen worden ist hinsichtlich ab dem 1. August 1995 entstandener Schadensersatzansprüche auf entgangenen Gewinn für Stahl, der von der Beklagten zu 2 ab Juli 1995 zu vergüten war, sowie auf Schadensersatz in Höhe von 118.003,47 € (= 230.794,72 DM) wegen des Verlustes von 221,918 t Stahl.
Im Übrigen wird die Revision zurückgewiesen.
Im Umfang der Aufhebung wird der Rechtsstreit zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin, eine inzwischen in Liquidation befindliche Gesellschaft belgischen Rechts, verlangt von der Beklagten zu 2 (im Folgenden: Beklagte) Schadensersatz wegen verzögerter und unterlassener Vergütung von Stahl durch Wärmebehandlung sowie wegen Verlustes von Stahl.
2
Mit Schreiben vom 19. Januar 1995 bot die Beklagte der Klägerin an, von März bis Dezember 1995 monatlich bestimmte Kapazitäten zu einem bestimmten Preis für die Vergütung von Stahl der Klägerin zu "reservieren". Der Bitte der Beklagten um kurzfristige Auftragserteilung kam die Klägerin mit Schreiben vom folgenden Tag nach, wobei sie die ersten Stahlmengen bis Anfang März 1995 ankündigte.
3
Erstmals am 22. April 1995 lieferte die Klägerin 45,75 t Stahl zur Vergütung. Weitere Lieferungen erfolgten zunächst nicht. Zwischen Anfang März und Ende Mai 1995 übernahm die Beklagte zur Auslastung ihrer Kapazitäten Aufträge von Drittunternehmen, die bis Ende 1995 auszuführen waren. Mit Schreiben vom 29. Mai 1995 kündigte die Klägerin für die folgenden Wochen Lieferungen von insgesamt 4.764 t Stahl an. Nachdem die Beklagte der Klägerin mitgeteilt hatte, dass in dieser Größenordnung eine Bearbeitung des Stahls nicht nach deren Terminvorgaben möglich sei, wurden für die restlichen Monate des Jahres 1995 die im Januar 1995 verabredeten Mengen in einem Gespräch der Parteien deutlich reduziert. Die Klägerin fasste das Verhandlungsergebnis in einem Schreiben an die Beklagte vom 8. Juni 1995 mit dem einleitenden Hinweis zusammen, der "nachstehend aufgeführte Vertrag" sei zwischen den Parteien ausgehandelt worden. Die von der Klägerin erbetene Gegenzeichnung des Vertrags blieb aus. Ob die in dem Schreiben genannten Vergütungsmengen bereits zuvor mündlich verbindlich vereinbart worden waren, ist zwischen den Parteien streitig.
4
In den Folgemonaten lieferte die Klägerin weiter Stahl, den die Beklagte jedoch nur in einer Menge bearbeitete, die hinter den im Schreiben vom 8. Juni 1995 genannten Größenordnungen zurückblieb. Ab Juni 1995 schickte die Klägerin deshalb Stahl zur Vergütung nach England.
5
Mit Schreiben vom 25. Oktober 1995 wies die Klägerin die Beklagte auf bei der Beklagten und in anderen Lagern zur Bearbeitung bereitstehende Stahlmengen hin und äußerte ihre Erwartung, dass die Beklagte ihre eingegangenen Verpflichtungen erfüllen werde.
6
Am 21. Dezember 1995 unterzeichneten die Parteien ein Protokoll über ihre weitere Zusammenarbeit und die zu vergütenden Mindestmengen für die Zeit vom 2. Januar bis 30. Juni 1996. Auch die dort genannten Mengen bearbeitete die Beklagte nicht in vollem Umfang. Mit Datum 2. Mai 1996 übersandte der belgische Anwalt der Klägerin ein mit "Inverzugsetzung" überschriebenes Schreiben an die Beklagte.
7
Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin Schadensersatz, der sich mit im Laufe des Rechtsstreits wechselnden Beträgen aus folgenden Positionen zusammensetzt : - entgangener Gewinn, weil der von der Beklagten tatsächlich bearbeitete und ausgelieferte Stahl wegen der Verzögerungen und infolge eines Preisverfalls auf dem Stahlmarkt im Jahre 1996 nur mit Gewinneinbußen habe verkauft werden können; - entgangener Gewinn, weil es wegen der unterbliebenen Bearbeitung von Stahl durch die Beklagte zu Auftragsstornierungen der Abnehmer der Klägerin gekommen sei; - Kosten für den Transport von Stahl nach England, der nach Auffassung der Klägerin eigentlich von der Beklagten hätte bearbeitet werden müssen, sowie entgangener Gewinn wegen verzögerter Veräußerung des ersatzweise in England vergüteten Stahls; - Schadensersatz für Stahl, der bei der Beklagten verloren gegangen sei.
8
Außerdem hat die Klägerin Schadensersatz für bei der Beklagten noch vorhandenen, bislang aber nicht zurückgegebenen Stahl verlangt. Dieser Klageantrag ist nach der vom Berufungsgericht ausgesprochenen und von der Beklagten hingenommenen Zug-um-Zug-Verurteilung zur Herausgabe jenes Stahls gegen Begleichung einer noch offenen Werklohnforderung der Beklagten nicht mehr Gegenstand des Revisionsverfahrens.
9
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung blieb, abgesehen von dem von der Beklagten anerkannten und erstmals in der Berufungsinstanz geltend gemachten Herausgabeanspruch, ohne Erfolg.
10
Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision, der die Beklagte entgegentritt , verfolgt die Klägerin ihre Schadensersatzforderungen weiter.

Entscheidungsgründe:


11
Die zulässige Revision ist teilweise begründet und führt im Umfang der Aufhebung zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht, dem auch die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens zu übertragen ist.
12
Zutreffend wendet das Berufungsgericht auf die Vereinbarung der Parteien das Bürgerliche Gesetzbuch in der vor dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung an. Dies greift die Revision auch nicht an.
13
I. Ansprüche wegen verzögerter Lieferung
14
Das Berufungsgericht hat Ansprüche der Klägerin auf Ersatz von Verzögerungsschäden nach § 286 Abs. 1 BGB a.F. insgesamt verneint. Dies hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nur teilweise stand.
15
1. März bis Mai 1995
16
a) Das Berufungsgericht hat angenommen, die Vereinbarung der Parteien vom 19./20. Januar 1995 begründe keine Leistungspflichten, mit denen die Beklagte in Verzug hätte geraten können. Leistungspflichten der Beklagten könnten sich lediglich im Rahmen der tatsächlichen Anlieferungen der Klägerin ergeben. Soweit in den Monaten April und Mai 1995 die geringfügigen Anlieferungen der Klägerin verzögert bearbeitet worden sein sollten, sei kein Verzug der Beklagten eingetreten. Eine Mahnung sei bis Anfang Juni 1995 weder erfolgt noch nach § 284 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F. entbehrlich gewesen. Für die Leistung sei keine Zeit nach dem Kalender bestimmt gewesen. Außer von dem Eintritt eines Kalendertages sei die Leistung noch von hiervon unabhängigen Umständen, nämlich dem Umfang der Lieferungen der Klägerin, abhängig gewesen. Mit der Reservierung von Kapazitäten sei lediglich die Größenordnung der künftigen Zusammenarbeit der Parteien und nicht die Erbringung einer bestimmten Leistung zu einer bestimmten Zeit festgelegt worden. Denn es könne kaum dem Willen der Parteien entsprochen haben, bei verzögerter Anlieferung erst in den letzten Tagen eines Monats eine Bearbeitung des gesamten Monatsolls in wenigen Tagen verbindlich vorzusehen.
17
b) Dies hält den Angriffen der Revision stand.
18
Entgegen der Ansicht der Revision lässt die Annahme des Berufungsgerichts , eine Bestimmung der Leistungszeit nach dem Kalender liege nicht vor und eine Mahnung sei infolgedessen nicht gemäß § 284 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F. entbehrlich gewesen, keinen Rechtsfehler erkennen. Es kommt daher nicht auf die von dem Berufungsgericht bejahte Frage an, ob auch das für den Verzugseintritt notwendige Verschulden (§ 285 BGB a.F.) der Beklagten fehlt, weil die Minderlieferungen der Klägerin in den Monaten März bis Mai 1995 vor dem Hintergrund der von der Beklagten der Klägerin speziell für ihren Auftrag angekündigten Neueinstellung von zehn Personen eine grobe Vertragsuntreue darstellten und die Beklagte berechtigten, sich um Ersatzaufträge zu bemühen.
19
Die Leistungszeit kann grundsätzlich auch dadurch nach dem Kalender bestimmt sein, dass Leistung bis zum Ablauf eines bestimmten Kalenderabschnitts (etwa Monat, Jahr) vereinbart wird (vgl. BGH, Urt. v. 19.09.1983 - VIII ZR 84/82, NJW 1984, 48, 49; Urt. v. 25.01.2001 - I ZR 287/98, NJW 2001, 2878, 2879). Ob nach dem Inhalt der vertraglichen Vereinbarung eine kalendermäßige Bestimmung in diesem Sinne vorliegt, ist im Wege der grundsätzlich dem Tatrichter vorbehaltenen Auslegung zu ermitteln (vgl. BGH, Urt. v. 11.02.1971 - VII ZR 170/69, WM 1971, 615, 618). Weil die Leistungsfähigkeit der Beklagten von Umfang und Zeitpunkt der Anlieferung des zu behandelnden Stahls abhing, stellt es eine mögliche tatrichterliche Auslegung der Vereinbarung vom 19. Januar 1995 dar, die monatlich aufgeschlüsselte Zusage der Reservierung von Kapazitäten nicht als Leistungszeitbestimmung für die Vergütung bestimmter Mengen anzusehen. Die Zusage von Vergütungskapazitäten durch die Beklagte ist auf Monate und damit jeweils auf Zeiträume bezogen, innerhalb derer sich die Beklagte in der Lage sah, Stahl in der angegebenen Menge zu vergüten. Dann waren aber Zeitpunkt und Umfang der Anlieferung von Stahl maßgeblich dafür, ob die Beklagte mit ihren Vergütungskapazitäten tatsächlich leistungsfähig sein konnte. Aus der Unbestimmtheit der Anlieferung darauf zu schließen, die Leistungszeit für die im Schreiben vom 19. Januar 1995 genannten Gesamtmengen sei nach dem Inhalt der Vereinbarung kalendermäßig nicht bestimmt, ist dann nicht zu beanstanden.
20
Fehl geht die Rechtsansicht der Revision, das Ausbleiben einer nach dem Vertrag erforderlichen Mitwirkungshandlung des Gläubigers könne lediglich das für den Verzugseintritt erforderliche Verschulden (§ 285 BGB a.F.), nicht jedoch eine Leistungszeitbestimmung ausschließen. Auch wenn eine ausbleibende Mitwirkungshandlung des Bestellers den Verzug des Schuldners ausschließt , bedeutet dies keineswegs, dass eine notwendige und insbesondere wie hier zeitlich nicht näher bestimmte Mitwirkungshandlung des Bestellers nicht auch schon bei der Frage relevant sein kann, ob überhaupt eine kalendermäßige Bestimmung vorliegt.
21
2. Juni bis Dezember 1995
22
a) Nach Auffassung des Berufungsgerichts bestand auch für die Monate Juni bis Dezember 1995 keine allgemeine vertragliche Verpflichtung der Beklagten zur monatlichen Bearbeitung bestimmter Mindestmengen. Die Parteien hätten sich Anfang Juni 1995 darüber geeinigt, dass die Vereinbarung vom Januar 1995 nicht mehr gelten solle, und die dort aufgeführten Mengen deutlich reduziert. Die Klägerin habe jedoch nicht schlüssig dargelegt, dass sich die Parteien über die in dem Schreiben vom 8. Juni 1995 aufgeführten Mengen als verbindlich zu vergütende Mindestmengen geeinigt hätten. Eine schriftliche Einigung liege nicht vor, da die Beklagte das Schreiben der Klägerin entgegen deren Aufforderung nicht gegengezeichnet habe. Auch nach den Grundsätzen des kaufmännischen Bestätigungsschreibens sei kein Vertrag zustande gekommen. Bitte der Absender eines Schreibens um eine Gegenbestätigung, liege regelmäßig kein Bestätigungsschreiben im Rechtssinne vor. Die Bitte um Gegenzeichnung ergebe keinen Sinn, wenn man eine bereits erzielte Einigung lediglich bestätigen und nicht erst den Vertragsschluss herbeiführen wolle. Von einer dem Schreiben der Klägerin vorausgegangenen mündlichen Einigung der Parteien könne ebenfalls nicht ausgegangen werden. Der Wortlaut des Schreibens , nach dem der "nachstehende Vertrag" "ausgehandelt" worden sei, sowie die Bitte um Gegenzeichnung zeigten, dass die Klägerin selbst nicht von einem bereits mündlich geschlossenen Vertrag ausgegangen sei.
23
Hinsichtlich der Stahlmengen, die die Beklagte entgegengenommen und deren Vergütung sie damit geschuldet habe, lägen die Voraussetzungen des Schuldnerverzugs ebenfalls nicht vor. Das allein als Mahnung in Betracht kommende Schreiben der Klägerin vom 25. Oktober 1995 habe keinen Verzug auslösen können, da der Beklagten zu diesem Zeitpunkt bereits ein Zurückbehaltungsrecht gemäß § 320 BGB zugestanden habe. Mit dem als "vierte Mahnung" bezeichneten Schreiben vom 10. Oktober 1995 habe die Beklagte einen ihr geschuldeten Werklohnsaldo von 206.027,-- DM festgestellt und der Klägerin eine Zahlungsfrist bis zum 24. Oktober 1995 gesetzt. Gezahlt habe die Klägerin erst am 21. November 1995. Jedenfalls die "vierte Mahnung" sei der Klägerin zugegangen. Denn weil sich aufgrund der fortlaufenden Lieferungen der Beklagten beinahe täglich der Saldo ihrer Forderungen geändert habe, sei ohne Zugang dieser Mahnung nicht zu erklären, warum die Klägerin im November 1995 der Beklagten genau den in jener Mahnung angegebenen Betrag gezahlt habe.
24
Schließlich fehle es auch hier an dem für Verzug erforderlichen Verschulden , da die Lieferengpässe der Beklagten noch durch die von ihr im Frühjahr 1995 angenommenen Ersatzaufträge verursacht worden seien.
25
b) Diese Ausführungen sind nicht frei von Rechtsfehlern.
26
aa) (1) Rechtsfehlerhaft ist zunächst die Annahme des Berufungsgerichts , die Beklagte müsse den Inhalt des von ihr unbeantwortet gelassenen Schreibens der Klägerin vom 8. Juni 1995 nicht gegen sich gelten lassen, weil ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben regelmäßig nicht vorliege, wenn der Absender um Gegenbestätigung bitte.
27
Welche Bedeutung dem Schweigen auf ein Schreiben, das kaufmännische Vereinbarungen wiedergibt, beizumessen ist, wenn um Gegenbestätigung gebeten wurde, lässt sich nicht allgemein entscheiden, sondern ist im Einzelfall zu prüfen (vgl. BGH, Urt. v. 18.03.1964 - VIII ZR 281/62, NJW 1964, 1269, 1270; RGZ 106, 414, 416; 104, 201, 202). Die Bitte um Gegenbestätigung bringt keineswegs zwangsläufig oder auch nur regelmäßig zum Ausdruck, dass der Inhalt des Schreibens einen Vertragsinhalt nur dann verbindlich festlegen soll, wenn die Gegenbestätigung erfolgt. Mit der Bitte um Gegenbestätigung kann auch lediglich das für den Empfänger erkennbare Anliegen des Absenders verbunden sein, einen urkundlichen Beweis für den Zugang seines Schreibens und den Vertragsschluss in die Hände zu bekommen (vgl. RGZ, aaO). Das Berufungsgericht durfte daher das Vorliegen eines kaufmännischen Bestätigungsschreibens nicht allein unter Hinweis auf die erbetene Gegenzeichnung verneinen. Denkgesetzlich falsch ist das Argument des Berufungsgerichts, die Eingangsformulierung des Schreibens spreche entscheidend dafür, dass die Klägerin selbst nicht von einem bereits erfolgten Vertragsschluss ausgegangen sei und deshalb die Gegenzeichnung verlangt habe. Die Mitteilung, ein Vertrag sei ausgehandelt worden, ist regelmäßig dahingehend zu verstehen, dass bereits ein Verhandlungsergebnis erzielt wurde, es also zu einem Vertragsschluss gekommen ist. Feststellungen, die ausnahmsweise ein abweichendes Verständnis nahelegen könnten, hat das Berufungsgericht nicht getroffen.
28
Im wiedereröffneten Berufungsrechtszug wird das Berufungsgericht auf Grundlage der vorstehenden rechtlichen Beurteilung erneut zu prüfen haben, ob das Schreiben der Klägerin vom 8. Juni 1995 als kaufmännisches Bestätigungsschreiben zu qualifizieren ist. Dabei wird das Berufungsgericht auch zu beachten haben, dass die Durchführung der Vergütung wegen der notwendigen Anlieferung und Lagerung von Stahl - für die Beklagte erkennbar - mit erheblichem Aufwand und Risiko auf Seiten der Klägerin verbunden war. Wollte die Beklagte sich nicht verbindlich zur Übernahme der genannten Vergütungsmengen verpflichten, durfte die Klägerin deshalb erwarten, dass die Beklagte dem Schreiben unverzüglich widersprach, um Streitigkeiten und Missverständnisse bei der weiteren Zusammenarbeit zu vermeiden. Dafür spricht auch, dass es bei der Umsetzung der Vereinbarung vom 19./20. Januar 1995 zu Schwierigkeiten gekommen war. Für die Klägerin bestand deshalb Anlass, sich mit der Bitte um Gegenzeichnung in beweiskräftiger Weise der Verpflichtung der Beklagten zu vergewissern und sie damit zusätzlich zur Durchführung des Vertrags anzuhalten. Dafür, dass der Inhalt des Bestätigungsschreibens mit der Gegenzeichnung stehen oder fallen sollte, ist nach den bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts hingegen nichts ersichtlich. Die Annahme des Berufungsgerichts, es sei jedenfalls eine Einigung dahingehend erfolgt, dass die Vergütungsmengen aus der Vereinbarung vom 19./20. Januar 1995 nicht mehr hätten gelten sollen, steht dazu in Widerspruch.
29
(2) Das Berufungsgericht hätte ferner den Vortrag der Klägerin, am Vortag sei zwischen den Parteien eine mit dem Schreiben vom 8. Juni 1995 inhaltsgleiche mündliche Einigung über verbindlich zu vergütende Mindestmengen getroffen worden, nicht als unschlüssig zurückweisen dürfen.
30
Wozu die Klägerin insoweit näher hätte vortragen müssen, wird vom Berufungsgericht nicht aufgezeigt. Es meint lediglich, der Eingangswortlaut des Schreibens und die Bitte um Gegenzeichnung sprächen entscheidend gegen eine vorhergehende mündliche Einigung. Damit wendet sich das Berufungsgericht allerdings nicht gegen die Schlüssigkeit der Behauptung der Klägerin, sondern sieht diese aufgrund des Inhalts des Schreibens nicht als erwiesen an. Diese tatrichterliche Würdigung ist unabhängig von ihrer bereits oben aufgezeigten denkgesetzlichen Fehlerhaftigkeit bereits deshalb für den Senat nicht bindend, weil das Berufungsgericht - wie die Revision mit Recht rügt - verfahrensfehlerhaft die zum Beweis der vorherigen mündlichen Einigung von der Klägerin benannten Zeugen L. und K. nicht vernommen hat.
31
Gelangt das Berufungsgericht bei seiner erneuten Prüfung zu dem Ergebnis , dass die Parteien nach den Grundsätzen des kaufmännischen Bestätigungsschreibens oder mündlich eine Vereinbarung mit dem im Schreiben vom 8. Juni 1995 wiedergegebenen Inhalt abgeschlossen haben, wird es weiter zu erwägen haben, ob darin monatliche Mengenvorgaben für die Werkleistung der Beklagten verbindlich vereinbart wurden und ob für diese Leistungen eine Zeit nach dem Kalender bestimmt war, so dass die Beklagte deshalb ohne Mahnung in Verzug mit ihrer monatlichen Vergütungsleistung gelangen konnte (§ 284 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F.). Dabei wird es zu berücksichtigen haben, dass die Klägerin zwar anders als bei der Vereinbarung vom 19./20. Januar 1995 in dem Schreiben vom 8. Juni 1995 Zeiträume angegeben hat, innerhalb derer sie der Beklagten bestimmte Mengen Stahl zur Vergütung bereit stellen wollte. Das muss indes nicht dazu führen, verbindlich vereinbarte Vergütungsmengen zu kalendermäßig bestimmten Leistungszeiten anzunehmen. Denn die Verpflichtung der Klägerin, künftig bestimmte Stahlmengen zu bestimmten Terminen bereitzustellen, konnte vor dem Hintergrund der Schwierigkeiten der Parteien mit der Abwicklung der Vereinbarung vom 19./20. Januar 1995 auch dann sinnvoll sein, wenn die Beklagte weiterhin nur zur Reservierung von Kapazitäten verpflichtet war, ohne verbindliche Vergütungspflichten zu bestimmten Terminen zu übernehmen.
32
bb) Das Berufungsgericht hat geprüft, ob die Beklagte unabhängig vom Abschluss einer Vereinbarung mit dem im Schreiben vom 8. Juni 1995 wiedergegebenen Inhalt mit ihrer Werkleistung in Verzug geraten konnte, weil sie tatsächlich Stahl zur Bearbeitung von der Klägerin entgegengenommen hatte. Es lässt offen, ob insoweit das Schreiben der Klägerin vom 25. Oktober 1995 als Mahnung anzusehen ist. Denn jedenfalls habe ein Lieferverzug der Beklagten auch hinsichtlich der zur Bearbeitung angenommenen Mengen nicht eintreten können, weil sich die Klägerin zum Zeitpunkt der möglichen Inverzugsetzung durch die Mahnung der Beklagten bereits in Zahlungsverzug befunden habe. Dies begründe ein Leistungsverweigerungsrecht der Beklagten, das ihren Lieferverzug ausschließe.
33
Sollte das Berufungsgericht nach erneuter Prüfung den Abschluss einer Vereinbarung mit dem Inhalt des Schreibens vom 8. Juni 1995 annehmen und darin eine kalendermäßige Leistungszeitbestimmung erkennen, könnte auch für die von dieser Vereinbarung erfassten Mengen ein Lieferverzug der Beklagten ausscheiden, falls für deren Bearbeitung vor Verzugseintritt ein Leistungsverweigerungsrecht bestanden haben sollte. Allerdings könnte die tatrichterliche Auslegung der Vereinbarung vom Juni 1995 ergeben, dass die Parteien damit ihre Geschäftsbeziehungen auf eine neue Grundlage stellen und deshalb im Hinblick auf ihre künftig geschuldeten Leistungen keine vor Abschluss dieser Vereinbarung entstandenen Leistungsverweigerungsrechte mehr geltend machen wollten.

34
(1) Bei im Gegenseitigkeitsverhältnis stehenden Leistungspflichten schließt allein das Bestehen eines Leistungsverweigerungsrechts nach § 320 Abs. 1 BGB den Verzug des Schuldners aus (vgl. BGHZ 84, 42, 44; BGH, Urt. v. 07.10.1998 - VIII ZR 100/97, NJW 1999, 53). Das Berufungsgericht hat dazu festgestellt, dass sich die Klägerin mit den in dem als "vierte Mahnung" bezeichneten Schreiben der Beklagten vom 10. Oktober 1995 aufgelisteten und ab August 1995 datierenden Rechnungsbeträgen in einem Zahlungsrückstand von insgesamt 206.027,35 DM befand, der von der Klägerin am 21. November 1995 ausgeglichen wurde. Dies greift die Revision nicht an. Sie beanstandet lediglich die Feststellung des Berufungsgerichts, dass das vorbezeichnete Mahnschreiben der Klägerin zugegangen sei und die Klägerin in Zahlungsverzug gesetzt habe. Hierauf kommt es indes, anders als auch das Berufungsgericht meint, nicht an, weil sich das Leistungsverweigerungsrecht nach § 320 Abs. 1 BGB bereits aus der Fälligkeit der Rechnungen ergibt. Solange der Beklagten aufgrund fälliger Zahlungsansprüche für erbrachte Vergütungsleistungen nach § 320 Abs. 1 BGB ein Leistungsverweigerungsrecht zustand, konnte sie also nicht mit ihren Werkleistungen in Verzug geraten. Die für das Leistungsverweigerungsrecht erforderliche Gegenseitigkeit von Zahlungsansprüchen der Beklagten und Leistungsansprüchen der Klägerin ist gegeben.
35
Haben die Parteien die im Schreiben vom 8. Juni 1995 genannten monatlichen Mengenvorgaben verbindlich vereinbart, so liegt ein Werkvertrag mit Sukzessivlieferungscharakter vor. Bei einem Sukzessivlieferungsvertrag besteht Gegenseitigkeit nicht nur hinsichtlich der zu der jeweiligen Teilleistung gehörigen Forderung, sondern auch hinsichtlich noch offener Forderungen aus anderen - vorliegend der bereits abgerechneten - Teilleistungen (vgl. BGH, Urt.
v. 15.02.1967 - VIII ZR 223/64, DB 1967, 1623; RGZ 68, 17, 22; 120, 193, 196; Emmerich in MünchKomm. BGB, 4. Aufl., § 320 Rdn. 7).
36
Soweit das Berufungsgericht dagegen nach erneuter Verhandlung wiederum eine Vereinbarung der Parteien über die verbindliche Vergütung bestimmter Stahlmengen vor oder mit dem Schreiben vom 8. Juni 1995 verneinen und lediglich eine deutliche Reduzierung der Mengen annehmen sollte, die einzuhalten die Beklagte nur versuchen wollte, würde für ein Leistungsverweigerungsrecht der Beklagten bezüglich der Gegenseitigkeit nichts anderes gelten. Das Berufungsgericht hält für diesen Fall zutreffend einen Verzug der Beklagten hinsichtlich der Mengen für denkbar, deren Bearbeitung die Beklagte schuldete, weil sie sie entgegengenommen hatte, wobei es als verzugsbegründende Mahnung insoweit das Schreiben der Klägerin vom 25. Oktober 1995 in Betracht zieht. Die Bearbeitung der angelieferten Mengen wäre dann jedenfalls weiterhin auf Grundlage der mit Ausnahme der Mengenkorrektur fortgeltenden Vereinbarung vom 19./20. Januar 1995 erfolgt, die als Rahmenvertrag wesentliche Bedingungen der Vergütungsaufträge regelte, insbesondere den Werklohn und die Abmessungen des zu vergütenden Stahls. Damit stünden auch hier die Zahlungs - und Vergütungsansprüche aus den einzelnen Anlieferungen, vermittelt über den bestimmte Bedingungen im Gegenseitigkeitsverhältnis der Parteien festlegenden Rahmenvertrag, untereinander ebenfalls im Gegenseitigkeitsverhältnis. Auch in einem solchen Fall besteht nicht anders als bei Sukzessiv- und Dauerlieferungsverträgen (vgl. dazu Emmerich, aaO; Otto in Staudinger, BGB, Bearb. 2001, § 320 Rdn. 34) Gegenseitigkeit zwischen den wechselseitigen Leistungspflichten der Parteien aus den verschiedenen Einzelverträgen und damit gegebenenfalls ein Leistungsverweigerungsrecht hinsichtlich noch ausstehender Teilleistungen.
37
(2) Auf Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen lässt sich jedoch nicht entscheiden, ob und inwieweit der Beklagten ein Leistungsverweigerungsrecht wegen noch offener Werklohnforderungen gegen die Klägerin zustehen könnte. Hatten die Parteien entsprechend dem Schreiben der Klägerin vom 8. Juni 1995 eine monatliche Mindestvergütung von 1.000 t ab Juli desselben Jahres vereinbart, konnte die vorleistungspflichtige Beklagte mit ihren daraus resultierenden Leistungspflichten ab 1. August 1995 in Verzug geraten. Befand sie sich im Schuldnerverzug, was das Berufungsgericht mit rechtsfehlerhaften Erwägungen verneint hat und daher zugunsten der Revision zu unterstellen ist, war die Klägerin gemäß § 320 Abs. 1 BGB dazu berechtigt, die Zahlung für Leistungen der Beklagten zu verweigern, bis die Beklagte ihren Verzug beseitigt hatte. Solange war ausgeschlossen, dass die Beklagte sich wegen Nichtzahlung nach dem 1. August 1995 fälliger Rechnungen auf ein Leistungsverweigerungsrecht nach § 320 Abs. 1 BGB berufen konnte. Denn der Schuldner, der sich in Leistungsverzug befindet, kann nicht zur Abwehr der Verzugsfolgen geltend machen, dass der Gläubiger seiner erst nach Eintritt des Leistungsverzuges entstehenden Zahlungspflicht nicht nachgekommen sei (vgl. Sen.Urt. v. 08.11.1994 - X ZR 104/91, NJW-RR 1995, 564, 565 m.w.N.). Das Berufungsgericht wird demgemäß aufzuklären haben, ob und wann die Beklagte mit welchen Mengen in Schuldnerverzug geraten konnte und ab wann und für welche Zeiträume für sie ein Leistungsverweigerungsrecht wegen Zahlungsverzugs der Klägerin gemäß den vorstehenden Grundsätzen in Betracht kommt. Dabei wird es auch Feststellungen zur Fälligkeit der Rechnungen der Beklagten nachzuholen haben.
38
cc) Schließlich durfte das Berufungsgericht einen Schuldnerverzug der Beklagten für die Monate Juni bis Dezember 1995 nicht mit der Erwägung verneinen , ein Verschulden liege nicht vor, da etwaige Minderlieferungen der Be- klagten auf die bis Mai 1995 wegen nur geringfügiger Anlieferungen der Klägerin angenommenen Ersatzaufträge zurückzuführen seien. Die Revision rügt insoweit mit Recht, dass solche Ersatzaufträge eine Verfehlung der Mengenvorgaben aus einer erst am 7./8. Juni 1995 abgeschlossenen Vereinbarung nicht entschuldigen können. Die eigenen Kapazitätsgrenzen hätte die Beklagte bei Abschluss der Vereinbarung berücksichtigen können und müssen.
39
dd) Das Schreiben der Klägerin vom 8. Juni 1995 sieht eine monatliche Mindestmenge von 1.000 t erst ab Juli 1995 vor, so dass die Beklagte erstmals ab dem 1. August 1995 in Verzug geraten konnte. Demgemäß hat das Berufungsurteil im Ergebnis insoweit Bestand, als es bis zu diesem Zeitpunkt Schadensersatzansprüche verneint hat.
40
3. Januar bis Juni 1996
41
Für die Zeit von Januar bis Juni 1996 ergeben sich die Leistungspflichten der Beklagten aus der Vereinbarung vom 21. Dezember 1995. Auf der Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen lassen sich insoweit die Voraussetzungen eines Schuldnerverzugs der Beklagten nicht verneinen.
42
a) Das Berufungsgericht wertet die in der Vereinbarung vom 21. Dezember 1995 unter den Ziffern 2 und 3 garantierte Fertigmeldung bestimmter Vergütungsmengen für die Monate Januar und Februar 1996 als Vergütungsverpflichtung mit kalendermäßiger Leistungszeitbestimmung nach § 284 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F.. Das ist eine tatrichterliche Würdigung, die einen Rechtsfehler nicht erkennen lässt. Dafür spricht zudem, dass unter Ziffer 1 der Vereinbarung Anliefertermine und Anliefermengen des zu vergütenden Stahls konkret vorgegeben sind. Ob die in Ziffer 5 der Vereinbarung für die Zeit von März bis Juni 1996 geregelte Reservierung einer Vergütungskapazität von 1.000 t Stahl je Monat entsprechend zu bewerten ist, so dass die Beklagte auch hier ohne Mahnung der Beklagten mit Ablauf des jeweiligen Monats in Leistungsverzug geraten konnte, hat das Berufungsgericht offen gelassen und ist daher im Rahmen der revisionsrechtlichen Prüfung zugunsten der Klägerin zu unterstellen.
43
b) Das Berufungsgericht hält sodann einen Zahlungsverzug der Klägerin, der den Lieferverzug der Beklagten ausschließen würde, zwar für wahrscheinlich , jedoch nicht sicher festzustellen. Aus den unstreitigen Zahlungen der Klägerin ergebe sich indes, dass sie nach Begleichung der bis Ende September 1995 erteilten Rechnungen (Zahlung am 21. November 1995) für weitere Leistungen der Beklagten in den Monaten Oktober 1995 bis Januar 1996 bis zum 12. Februar 1996 keine Zahlungen geleistet habe. Ein Zahlungsrückstand bestünde selbst dann, wenn entsprechend dem Vorbringen der Klägerin ein Zahlungsziel bis zum Ende des auf die Rechnungen folgenden Monats vereinbart gewesen sein sollte. Mit Schreiben vom 23. März 1996 habe die Klägerin den Rückstand überdies mittelbar eingeräumt, da der damit übersandte Scheck über 255.645,60 DM dem Ausgleich der bis Ende Februar 1996 fälligen Rechnungen gedient habe. Einzelheiten hierzu hat das Berufungsgericht jedoch offen gelassen, da die Klägerin trotz mehrfacher Hinweise einen Schaden auch nicht ansatzweise dargelegt habe.
44
Wie dargelegt, kann der Beklagten grundsätzlich wegen fälliger Rechnungen ein Leistungsverweigerungsrecht nach § 320 Abs. 1 BGB zustehen, ohne dass es dafür eines Zahlungsverzugs der Klägerin bedarf. Um festzustellen , ob und für welchen Zeitraum der Beklagten tatsächlich ein solches Leistungsverweigerungsrecht zustand, reicht es allerdings mit Rücksicht auf einen vom Berufungsgericht nicht ausgeschlossenen, zeitlich früheren Leistungsverzug der Beklagten (vgl. oben 2 b bb 2) nicht aus, dass der Beklagten Werklohnansprüche für seit Oktober 1995 erbrachte Vergütungsleistungen zustanden. Bezüglich Werklohnforderungen, die ihre Grundlage noch nicht in der Vereinbarung vom 21. Dezember 1995 haben, wird das Berufungsgericht zudem zu prüfen haben, ob diese ein Leistungsverweigerungsrecht für die nach dieser Vereinbarung geschuldeten Vergütungsleistungen begründen konnten. Einleitend heißt es in der Vereinbarung vom 21. Dezember 1995, die Beklagte habe zugesagt , in der Zeit von Juli bis Dezember 1995 9.000 t Stahl für die Klägerin zu vergüten und auszuliefern, tatsächlich seien aber nur ca. 2.800 t Stahl geliefert worden. Um "große Schwierigkeiten" zu vermeiden, seien daher die in der Vereinbarung niedergelegten Regelungen "ab sofort zu realisieren". Dies legt nahe, dass nach dem Willen der Parteien die früheren Probleme bei der Auftragsabwicklung , deren Beseitigung die Vereinbarung gerade diente, auf die Durchführung der Vereinbarung keinen Einfluss haben und früher entstandene Leistungsverweigerungsrechte insoweit ausgeschlossen sein sollten.
45
4. Verzugsschaden
46
a) Entgangener Gewinn
47
Mit Erfolg greift die Revision die Annahme des Berufungsgerichts an, die Klägerin habe einen auf Ersatz entgangenen Gewinns gerichteten Verzugsschaden nicht dargelegt, und zwar nicht einmal in einer Weise, die eine Schadensschätzung nach § 287 ZPO ermögliche.
48
aa) Das Berufungsgericht führt am Beispiel der Vergütungsverpflichtung der Beklagten für Januar 1996 aus, für die Schadensberechnung müsse be- kannt sein, welche Stornierungen oder Mindererlöse Folge dieser unzureichenden Monatslieferung gewesen seien. Nicht ausreichend sei die von der Klägerin statt dessen vorgenommene Berechnung, bei der sie die nach einem Preisverfall durchschnittlich von ihr erzielten Erlöse mit den nach ihrer ursprünglichen Planung und Verträgen mit ihren Abnehmern erwarteten Erlösen vergleiche. Die von der Klägerin der Durchschnittsberechnung zugrunde gelegten Stahlmengen seien überhöht. Folge man dem Vortrag der Klägerin zu den von der Beklagten geschuldeten Mindestmengen, ergebe sich ein Lieferausfall von etwa 11.000 t (geschuldete ca. 17.000 t abzüglich gelieferter 5.566,56 t). Ihrer Schadensberechnung lege die Klägerin dagegen mehr als die doppelte Menge zugrunde, nämlich 23.420,1 t (11.898 t aus Lieferungen nach England und 11.522,1 t aus Auftragsstornierungen). Das könne zu keiner zutreffenden Schadensermittlung führen. Da ein Schadensersatzanspruch der Klägerin nur für die 1996 fälligen Lieferungen in Betracht komme, dürften zudem nur in diesem Jahr entstandene Einbußen berücksichtigt werden. Dies gelte insbesondere, weil es gerade 1996 zu einem ausgeprägten Preisverfall auf dem Stahlmarkt gekommen sei. Es verbiete sich deshalb, für die Berechnung eines durchschnittlichen Schadens Gewinne zu berücksichtigen, die 1995 zu erzielen gewesen wären. Auftragsstornierungen ihrer Kunden hätten nach dem von der Klägerin vorgelegten Wirtschaftsprüfergutachten hauptsächlich das Jahr 1996 betroffen. In dem Gutachten beschriebene Einzelbeispiele deuteten überdies darauf hin, dass nicht allein ein Lieferverzug der Beklagten, sondern auch Verträge ohne feste Preisvereinbarungen ursächlich für Nachverhandlungen und Auftragsstornierungen gewesen seien.
49
bb) Mit diesen Ausführungen hat das Berufungsgericht die Anforderungen an die Darlegung und den Nachweis eines entgangenen Gewinns (§ 252 BGB) und die insoweit eröffnete Möglichkeit der Schadensschätzung (§ 287 ZPO) verkannt.
50
Nach § 252 Satz 2 BGB gilt derjenige Gewinn als entgangen, der nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen, insbesondere nach den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen, mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte. Ist danach ersichtlich, dass ein Gewinn mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte, wird vermutet, dass er erzielt worden wäre. Zweck der Bestimmung ist es, dem Geschädigten den Beweis zu erleichtern (vgl. BGHZ 74, 221, 224; 100, 36, 49; Sen.Urt. v. 26.07.2005 - X ZR 134/04, NJW 2005, 3348). Volle Gewissheit, dass der Gewinn gezogen worden wäre, ist nicht erforderlich (vgl. BGHZ 29, 392, 398; 100, 36, 50; Sen., aaO). Insoweit dürfen an das Vorbringen eines Unternehmens, ihm seien erwartete Gewinne entgangen, wegen der mit dem Schadensnachweis regelmäßig verbundenen Schwierigkeiten keine allzu strengen Anforderungen gestellt werden (BGH, Urt. v. 09.04.1992 - IX ZR 104/91, NJW-RR 1992, 997, 998 = BGHR ZPO § 287 Abs. 1 - Gewinnentgang 6).
51
Vorliegend hat die Klägerin im Einzelnen zu den ihr für Lieferungen im zweiten Quartal 1995 bis zum ersten Quartal 1996 erteilten Kundenbestellungen nach Auftragsnummer, Datum, Besteller, Tonnagen und Preisen vorgetragen und die Bestellungen in Kopie (Anl. K 25-89) vorgelegt. Sie hat außerdem unter Hinweis auf ihre Aufstellung "B. Lieferungen" (Anl. K 94) und die Vorlage von Rechnungen und Kreditnoten (Anl. K 95-100) sowie später ergänzend und korrigierend unter Bezugnahme auf ein von ihr vorgelegtes Wirtschaftsprüfergutachten nach Rechnungsdatum, Nummer, Tonnagen, Preisen, Gutschriften und Bestellern (vgl. die Auswertungen nach Anl. 1 und Anl. 3 zum Wirtschaftsprüfergutachten) dargelegt, zu welchen Preisen sie die Lieferungen der Beklagten (nach ihrem Vorbringen insgesamt 5.566,56 t) tatsächlich an ihre Besteller weiterveräußern konnte. Als Anlagen K 108 und K 109 hat die Klägerin ferner Aufstellungen vorgelegt, die nach ihrem Vorbringen die einzelnen Stornierungen von Kundenbestellungen beinhalten.Schließlich hat sie auch ihre Eigenkosten (1.040,-- DM/t unbehandelten Stahls) benannt.
52
Damit hat die Klägerin Ausgangs- und Anknüpfungstatsachen für eine Wahrscheinlichkeitsprognose nach § 252 BGB und eine daran anknüpfende Schadensschätzung nach § 287 ZPO dargelegt. Danach hätte das Berufungsgericht eine Schadensschätzung wegen eines Mindererlöses nicht zurückweisen dürfen, der nach dem Vorbringen der Klägerin daraus resultiert, dass sie den von der Beklagten gelieferten Stahl infolge des Vergütungsverzuges nur zu geringeren Preisen als ursprünglich vorgesehen veräußern konnte.
53
Allerdings muss das Berufungsgericht bei seiner Schadensschätzung unter Berücksichtigung der nachfolgenden Ausführungen die einzelnen vom Kläger geltend gemachten Schadenspositionen den vom Berufungsgericht festgestellten Verzugszeiten und -mengen der Beklagten zuordnen und den Schadensersatz entsprechend begrenzen.
54
(1) Mindererlöse wegen verzögerter Vergütung von Stahl
55
Die Angaben der Klägerin zu ihren Kundenbestellungen und den von ihr tatsächlich erzielten Veräußerungserlösen aus Lieferungen der Beklagten erlauben es, den durchschnittlichen Wert der Kundenbestellungen je Tonne (für sämtliche Bestellungen 1.234,-- DM) mit dem durchschnittlichen Erlös aus den Lieferungen der Beklagten (1.047,17 DM) zu vergleichen. Wenn keine anderen Ursachen ersichtlich sind, spricht dann eine erhebliche Wahrscheinlichkeit da- für, den beträchtlichen Mindererlös darauf zurückzuführen, dass die Klägerin - wie von ihr vorgetragen und für das Revisionsverfahren zu unterstellen - infolge des Verzugs der Beklagten ihren eigenen Lieferverpflichtungen nicht zuverlässig und rechtzeitig nachkommen und deshalb die im Bestellzeitpunkt vereinbarten Preise nicht mehr durchsetzen konnte. Der vom Berufungsgericht festgestellte Preisverfall auf dem Stahlmarkt 1996 kann dabei ein zusätzlicher Anhaltspunkt dafür sein, dass die Abnehmer der Klägerin nicht mehr bereit waren, für unzureichende und verzögerte Lieferungen, die in diesem Zeitraum erfolgten , die ursprünglichen Bestellpreise zu akzeptieren. Revisionsrechtlich bindende Feststellungen, nach denen die negative Abweichung des durchschnittlichen Bestellwertes vom durchschnittlichen Erlös nicht entscheidend auf dem Verzug der Beklagten beruhen kann, hat das Berufungsgericht nicht getroffen. Insbesondere hat es nicht festgestellt, dass die von der Klägerin vorgetragenen Bestellpreise insgesamt oder teilweise nicht verbindlich waren.
56
Steht der Ersatzanspruch dem Grunde nach fest, wovon mangels gegenteiliger tatsächlicher Feststellungen des Berufungsgerichts für die revisionsrechtliche Prüfung auszugehen ist, und besteht eine erhebliche, auf gesicherter Grundlage beruhende Wahrscheinlichkeit dafür, dass ein als entgangener Gewinn ersatzpflichtiger Schaden entstanden ist, lässt sich jedoch die genaue Schadenshöhe nicht sicher ermitteln, so darf die Klage grundsätzlich nicht vollständig abgewiesen werden. Vielmehr muss der Tatrichter im Rahmen des Möglichen den Schaden schätzen (vgl. BGH, Urt. v. 09.04.1992 - IX ZR 104/91, NJW-RR 1992, 997; Sen.Urt. v. 05.12.1995 - X ZR 121/93, NJW 1996, 775; Urt. v. 01.02.2000 - X ZR 222/98, NJW-RR 2000, 1340, 1341). Auch wenn die vom Geschädigten zur Schadenshöhe vorgetragenen Umstände Lücken oder Unklarheiten aufweisen, muss der Tatrichter nach pflichtgemäßem Ermessen beurteilen , ob nach § 287 ZPO nicht wenigstens die Schätzung eines Mindest- schadens möglich ist (vgl. Sen.Urt. v. 01.02.2000, aaO). Eine Schätzung darf erst dann unterlassen werden, wenn sie mangels greifbarer Anhaltspunkte völlig in der Luft hängen würde und daher willkürlich wäre (vgl. BGHZ 91, 243, 256/257).
57
Die aus den Bestellwerten und den tatsächlichen Verkaufswerten errechnete durchschnittliche Erlösdifferenz pro Tonne stellt grundsätzlich einen greifbaren , auf gesicherter Grundlage ermittelten Anhaltspunkt für die Schätzung der Schadenshöhe dar. Das folgt daraus, dass - wie revisionsrechtlich zugrunde zu legen ist - die Klägerin bei ordnungsgemäßer Vertragserfüllung der Beklagten ihre Abnehmer rechtzeitig zu den vereinbarten Preisen hätte beliefern können. Eine auf den relevanten Bestell- und Verzugszeitraum abstellende Durchschnittsberechnung erscheint bei der vorliegenden Fallgestaltung auch deshalb sachgerecht, weil die Parteien ein Mengengeschäft vereinbart hatten, bei dem es im Belieben der Klägerin stand, welche Aufträge ihrer Kunden sie mit den von der Beklagten vergüteten Stahlmengen jeweils erfüllte. Die von der Beklagten monatlich geschuldeten Mengen vergüteten Stahls lassen sich demgemäß nicht Kundenbestellungen bei der Klägerin derart zuordnen, dass es entsprechend der Forderung des Berufungsgerichts möglich wäre, z.B. die Verzögerung bei der für Januar 1996 geschuldeten Vergütungsleistung auf eine konkrete Kundenbestellung zu beziehen und so zu einem bestimmten Mindererlös zu gelangen, der mit entsprechend ermittelten Mindererlösen aus anderen Verzugsmonaten addiert werden müsste, um den Verzugsschaden zu ermitteln.
58
Das Berufungsgericht durfte von einer Schadensschätzung auch nicht mit der Begründung absehen, die Klägerin habe der Durchschnittsberechnung deutlich überhöhte Mengen zugrunde gelegt. Das Berufungsgericht hat für die Jahre 1995 und 1996 eine von der Beklagten geschuldete Mindestmenge von ca. 17.000 t angenommen. Die von der Klägerin für Liefermengen im zweiten Quartal 1995 bis zum ersten Quartal 1996 aufgelisteten Kundenbestellungen belaufen sich auf insgesamt 15.383 t. Diese Menge hat die Klägerin auch ihrer Berechnung des durchschnittlichen Bestellwertes zugrunde gelegt. Nach diesen Zahlen hätte die Klägerin mit der geschuldeten Mindestvergütungsmenge sämtliche von ihr aufgeführten Besteller beliefern können.
59
Ferner durfte das Berufungsgericht eine Schadensschätzung nicht mit dem Hinweis zurückweisen, Verzug komme allein für die im Jahr 1996 fälligen Vergütungsleistungen der Beklagten in Betracht, was es ausschließe, eine Berechnung (auch) nach den 1995 entstandenen Einbußen vorzunehmen. Da die Klägerin ihre Kundenbestellungen offen gelegt hat, wäre es dem Berufungsgericht möglich gewesen, nur die für Lieferungen im ersten Quartal 1996 vorhandenen Kundenbestellungen der Schadensschätzung zugrunde zu legen. Den danach maßgeblichen Bestellwert hätte das Berufungsgericht zum Zwecke der Schadensschätzung mit dem von der Klägerin errechneten tatsächlich erzielten Durchschnittserlös für alle ihre Lieferungen an Kunden vergleichen können. Denn im Hinblick auf den 1996 eingetretenen Preisverfall wird der für Lieferungen der Klägerin an ihre Kunden 1996 tatsächlich erzielte durchschnittliche Erlös jedenfalls nicht über dem von der Klägerin für sämtliche Lieferungen des von der Beklagten vergüteten Stahls berechneten Durchschnittserlös liegen. Der Klägerin würde auf dieser Grundlage also nicht mehr zugesprochen, als ihr zusteht.
60
(2) Stornierungsschaden
61
Die Klägerin hat ferner entgangenen Gewinn mit der Begründung verlangt , wegen der verzögerten und unterbliebenen Bearbeitung von Stahl hätten ihre Abnehmer in Höhe von 11.522,1 t Aufträge storniert. Dem Berufungsurteil ist nicht zu entnehmen, dass sich das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang mit den zur Substantiierung des Anspruchs von der Klägerin dargelegten Ausgangs- und Anknüpfungstatsachen (mit den Kunden der Klägerin vereinbarte Durchschnittspreise, Eigenkosten) auseinandergesetzt hat. Das wird nachzuholen sein.
62
b) Ersatzvergütung in England
63
Das Berufungsgericht nimmt an, die der Klägerin im Zusammenhang mit dem Transport von Stahl nach England entstandenen Mehrkosten (zuletzt von der Klägerin auf 728.303,43 DM beziffert) seien kein Verzugsschaden im Sinne von § 286 Abs. 1 BGB a.F., sondern ein Nichterfüllungsschaden, der nach § 326 Abs. 1 BGB a.F. zu beurteilen sei.
64
Hierbei übersieht das Berufungsgericht, dass die Mehrkosten für den Transport von ursprünglich zur Vergütung durch die Beklagte vorgesehenen Stahl nach England grundsätzlich kausal auf einem Leistungsverzug der Beklagten beruhen und dann jedenfalls auch als Verzugsschaden geltend gemacht werden können. Der Verzugsschaden umfasst den entgangenen Gewinn. Dieser berechnet sich aus dem von der Klägerin für eine vergütete Stahlmenge vereinbarten Verkaufspreis abzüglich ihrer Gestehungskosten inklusive des mit der Beklagten für die Wärmebehandlung vereinbarten Entgelts. Musste die Klägerin zusätzlichen Aufwand in Form eines Transports von Stahl nach England auf sich nehmen, um ihren Kunden die von der Beklagten geschuldete Leistung zu erbringen, mindert dies ihren Gewinn aus dem Kundengeschäft. Solche Transportkosten können deshalb grundsätzlich als Verzugsschaden berücksichtigungsfähig sein. Allerdings kann die Klägerin für eine bestimmte Stahlmenge nicht doppelten Verzugsschaden geltend machen. Eine solche Doppelberechnung könnte hinsichtlich der Mehrkosten für den Transport nach England vorliegen. Denn die von der Klägerin ihrer Schadensberechnung für Auftragsstornierungen und verzögerte Vergütung zugrunde gelegten Mengen (11.552,1 t einerseits und 5.566,46 t andererseits) erreichen die Mindestmenge an Stahl (ca. 17.000 t), deren Vergütung die Beklagte nach den von der Revision insoweit unbeanstandet gebliebenen Feststellungen des Berufungsgerichts maximal schuldete.
65
Es ist deshalb nicht ersichtlich, inwiefern weitere von der Beklagten zu behandelnde Stahlmengen nach England verbracht sein können. Insbesondere wurden stornierte Aufträge gerade überhaupt nicht, also auch nicht mit in England vergütetem Stahl, ausgeführt.
66
II. Ansprüche aus § 326 Abs. 1 BGB a.F.
67
1. Ansprüche der Klägerin auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung gemäß § 326 Abs. 1 BGB a.F. hat das Berufungsgericht insgesamt verneint. Hinsichtlich der im Jahr 1995 von der Beklagten geschuldeten Vergütungsleistungen fehle es am Schuldnerverzug. Für das Jahr 1996 mangele es zumindest an der erforderlichen Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung. Eine solche sei insbesondere dem Schreiben des anwaltlichen Vertreters der Klägerin vom 2. Mai 1996 nicht zu entnehmen. Fristsetzung und Ablehnungsandrohung seien nicht entbehrlich gewesen. Die Beklagte habe Vergütungsleistungen erbracht und die Erfüllung nicht endgültig verweigert. Dem Gesamtverhalten der Beklagten könne kein fehlender Wille zur ordnungsgemäßen Vertragserfüllung entnommen werden. Die Verzögerungen im Jahr 1995 seien durch die nur schleppend erfolgten Anlieferungen der Klägerin bedingt gewesen. Mangels Verzugs der Be- klagten im Jahre 1995 könnten Verzögerungen zu Beginn des Jahres 1996 keinesfalls zur Entbehrlichkeit der Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung führen.
68
2. Dies greift die Revision letztlich ohne Erfolg an.
69
Die Beurteilung des Berufungsgerichts, dem Anwaltsschreiben vom 2. Mai 1996 sei eine Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung nicht zu entnehmen , wird von der Revision nicht beanstandet und lässt keinen Rechtsfehler erkennen. Mangels anderweitiger Feststellungen des Berufungsgerichts ist revisionsrechtlich davon auszugehen, dass es für die Jahre 1995 und 1996 insgesamt an diesem Erfordernis fehlt.
70
Die Revision meint jedoch, nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen sei die Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung entbehrlich gewesen , weil angesichts der von ihr angenommenen Ersatzaufträge eine Leistung der Beklagten innerhalb einer angemessenen Nachfrist ausgeschlossen und eine Nachfristsetzung - jedenfalls während des Jahres 1995 - sinnlos gewesen sei. Dem kann nicht beigetreten werden. Die Nachfristsetzung mit Ablehnungsandrohung soll dem Schuldner die Folgen eines weiteren vertragswidrigen Verhaltens noch einmal nachdrücklich vor Augen führen und ihm eine letzte Möglichkeit zur Erfüllung des Vertrags eröffnen. Sinnlos und als bloße Formalie überflüssig ist sie erst dann, wenn ausgeschlossen erscheint, dass der Schuldner durch sie zur Erfüllung veranlasst wird (vgl. BGHZ 104, 6, 13; BGH, Urt. v. 19.9.1983 - VIII ZR 84/82, NJW 1984, 48, 49). Dies kann der Fall sein, wenn der Schuldner - etwa wegen eines Rechtsmangels - offenkundig zur Bewirkung der vertragsgemäßen Leistung außerstande ist oder durch sein Verhalten die endgültige Weigerung zur Leistungserbringung zum Ausdruck bringt (vgl. BGH, Urt. v. 18.12.1985 - VIII ZR 47/85, NJW 1986, 842, 843; Urt. v.
08.11.1991 - V ZR 139/90, NJW 1992, 905, 906; Urt. v. 24.10.1997 - V ZR 187/96, NJW 1998, 534, 535; Emmerich in MünchKomm., BGB, 4. Aufl., § 326 Rdn. 79 f.). Beides ist vorliegend nicht zu erkennen. Auch nach der Hereinnahme von Ersatzaufträgen hatte es die Beklagte selbst in der Hand, der Klägerin ihre Vergütungskapazitäten vorrangig zur Verfügung zu stellen oder sie etwa durch Einstellung weiterer Arbeitskräfte und zusätzliche Schichten zu erhöhen. Selbst wenn man einen Verzug der Beklagten mit ihren im Jahr 1995 geschuldeten Vergütungsleistungen unterstellt, erscheint es daher keineswegs ausgeschlossen, dass eine Nachfristsetzung mit Ablehnungsandrohung sie zur Vertragserfüllung veranlasst hätte.
71
III. Verlust von Stahl
72
Keinen Bestand haben kann das Berufungsurteil, soweit es Schadensersatzansprüche der Klägerin wegen Verlustes von Stahl verneint hat.
73
1. Das Berufungsgericht ist der Ansicht, die Klägerin habe die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs wegen des Verlustes von Stahl nicht schlüssig dargelegt. Es weist wegen der verlorenen Mengen auf den wechselnden Vortrag der Klägerin hin und führt aus, nicht nur das ursprüngliche Vorbringen der Klägerin sei unzureichend gewesen, sondern auch ihr korrigierter Vortrag , der zu einer Verlustmenge von 221,918 t führe. Die von der Klägerin vorgelegte Aufstellung "B. Lieferungen" (Anl. K 94), aus der sich die von der Beklagten ausgelieferte Menge vergüteten Stahls ergeben solle, sei nicht stimmig, weil eine Summierung der aufgelisteten Stahlmengen zu einer geringeren Menge führe als von der Klägerin selbst angegeben. Gleiches sei dem von der Klägerin eingereichten Wirtschaftsprüfergutachten zu entnehmen, in dem Vermutungen über die Ursache der Unstimmigkeit geäußert würden und in welchem es außerdem heiße, eine abschließende Prüfung der Vollständigkeit der Aufstellung sei mangels Einsichtsmöglichkeit in die Buchhaltung oder in die Jahresabschlüsse 1995 und 1996 der Klägerin nicht möglich gewesen. Es erscheine auch nicht ausgeschlossen, dass der Klägerin Auslieferungen von vergütetem Stahl an ihre Endabnehmer (zunächst) nicht mitgeteilt worden und die von der Klägerin ausgewerteten Rechnungen und Lieferscheine deshalb unvollständig seien. Angesichts der detaillierten Auflistung der Beklagten über Vergütungsleistungen , welche sie gegenüber der Klägerin unbeanstandet abgerechnet habe, sei der Sachvortrag der Klägerin zur Anspruchsbegründung nicht ausreichend.
74
2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
75
Zutreffend geht das Berufungsgericht allerdings davon aus, dass eine Schadensersatzpflicht der Beklagten nach § 280 Abs. 1 BGB a.F. in Betracht kommt, wenn Stahl, den die Klägerin der Beklagten zur Vergütung überlassen hat, verloren worden ist. Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung hatte das Berufungsgericht auch über diese Schadensposition zu entscheiden. Die Klägerin hatte sie gemäß dem Protokoll über die Berufungsverhandlung vom 13. Mai 2003 nicht fallen gelassen. Vielmehr wurde dort nur der Herausgabeantrag für bei der Beklagten noch vorhandenen Stahl der Klägerin anders gefasst, nachdem ihn die Beklagte für eine Stahlmenge von 546,73 t anerkannt hatte. Der Anspruch wegen verlorener 221,918 t Stahl wird davon unabhängig verfolgt.
76
Die Klägerin hat die Menge verlorenen Stahls auf der Grundlage der Differenz zwischen der von der Beklagten zur Vergütung angenommenen Stahlmenge und der Menge, die sie wieder ausgegeben hat, ermittelt. Die Mengen belaufen sich nach dem letzten Vortrag der Klägerin auf 6.335,208 t einerseits und 5.566,56 t andererseits. Die Differenz von 768,648 t hat sie um noch bei der Beklagten unstreitig vorhandene 546,73 t gekürzt und ist so zu einer verlorenen Menge von 221,918 t gelangt. Diese Schadensermittlung durfte das Berufungsgericht nur dann als unschlüssig ansehen, wenn der Vortrag der Klägerin zu den Eingangs- und Ausgabemengen bei der Beklagten für eine derartige Berechnung unzureichend war. Dies wäre der Fall, wenn die Angaben offenkundig aus der Luft gegriffen wären oder wenn erkennbar wäre, dass die Grundlage für die Mengenermittlung unzutreffend oder unvollständig ist. Dass die Eingangsmengen von der Klägerin auf zutreffender Grundlage ermittelt wurden, ist mangels abweichender Feststellungen des Berufungsgerichts zu unterstellen. Die von ihm getroffenen Feststellungen geben auch keine Grundlage für den Schluss, die Klägerin habe bei der Ermittlung der Ausgabemengen nicht sämtliche Auslieferungen berücksichtigt. In dem vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Wirtschaftsprüfergutachten der Klägerin wird ausgeführt, in die Auflistung der Ausgabemenge "B. Lieferungen" (Anl. K 94) seien noch zwei weitere nach Tonnen und Endabnehmer bezeichnete Liefermengen aufzunehmen, um - bis auf eine unbedeutende Rundungsdifferenz - zu der von der Klägerin angegebenen ausgelieferten Menge zu gelangen. Damit ist der von der Klägerin angegebene Wert schlüssig. Dass der Prüfer sich mangels Vorlage der Buchhaltung oder der Jahresabschlüsse 1995 und 1996 nicht in der Lage sah, die Vollständigkeit der Rechnungen zu überprüfen, macht das Vorbringen der Klägerin zu den Mengen nicht unschlüssig. Soweit das Berufungsgericht auf die Auflistung der Beklagten über abgerechnete Leistungen (vgl. Anl. B 101, 103) verweist, die von der Klägerin unbeanstandet geblieben seien, würde dies der Schlüssigkeit des Klagevorbringens nur dann entgegenstehen, wenn diese Auflistung tatsächlich erbrachte Leistungen aufwiese, die unstreitig in der Auflistung der Klägerin nicht enthalten sind. Feststellungen hierzu hat das Berufungsgericht jedoch nicht getroffen. Das Berufungsgericht wird danach noch aufzuklären haben, ob und inwieweit es bei der Beklagten zu einem Verlust von Stahl gekommen ist.
Melullis Scharen Mühlens
Meier-Beck Kirchhoff
Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 23.11.2001 - 40 O 136/99 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 25.07.2003 - 23 U 5/02 -

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 24. Okt. 2006 - X ZR 124/03

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 24. Okt. 2006 - X ZR 124/03

Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Urteil, 24. Okt. 2006 - X ZR 124/03 zitiert 12 §§.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 280 Schadensersatz wegen Pflichtverletzung


(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. (2) Schadensersatz weg

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 286 Verzug des Schuldners


#BJNR001950896BJNE027902377 (1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Z

Zivilprozessordnung - ZPO | § 287 Schadensermittlung; Höhe der Forderung


(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit e

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 326 Befreiung von der Gegenleistung und Rücktritt beim Ausschluss der Leistungspflicht


#BJNR001950896BJNE031902377 (1) Braucht der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten, entfällt der Anspruch auf die Gegenleistung; bei einer Teilleistung findet § 441 Abs. 3 entsprechende Anwendung. Satz 1 gilt nicht, wenn der Schuldner im

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 252 Entgangener Gewinn


Der zu ersetzende Schaden umfasst auch den entgangenen Gewinn. Als entgangen gilt der Gewinn, welcher nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen, insbesondere nach den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen, mit Wahrschei

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 320 Einrede des nicht erfüllten Vertrags


(1) Wer aus einem gegenseitigen Vertrag verpflichtet ist, kann die ihm obliegende Leistung bis zur Bewirkung der Gegenleistung verweigern, es sei denn, dass er vorzuleisten verpflichtet ist. Hat die Leistung an mehrere zu erfolgen, so kann dem einzel

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 284 Ersatz vergeblicher Aufwendungen


Anstelle des Schadensersatzes statt der Leistung kann der Gläubiger Ersatz der Aufwendungen verlangen, die er im Vertrauen auf den Erhalt der Leistung gemacht hat und billigerweise machen durfte, es sei denn, deren Zweck wäre auch ohne die Pflichtver

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 285 Herausgabe des Ersatzes


(1) Erlangt der Schuldner infolge des Umstands, auf Grund dessen er die Leistung nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu erbringen braucht, für den geschuldeten Gegenstand einen Ersatz oder einen Ersatzanspruch, so kann der Gläubiger Herausgabe des als Ersa

Handelsgesetzbuch - HGB | § 346


Unter Kaufleuten ist in Ansehung der Bedeutung und Wirkung von Handlungen und Unterlassungen auf die im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche Rücksicht zu nehmen.

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bundesgerichtshof Urteil, 24. Okt. 2006 - X ZR 124/03 zitiert oder wird zitiert von 9 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Urteil, 24. Okt. 2006 - X ZR 124/03 zitiert 3 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 26. Juli 2005 - X ZR 134/04

bei uns veröffentlicht am 26.07.2005

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 134/04 Verkündet am: 26. Juli 2005 Wermes Justizhauptsekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja BG

Bundesgerichtshof Urteil, 25. Jan. 2001 - I ZR 287/98

bei uns veröffentlicht am 25.01.2001

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 287/98 Verkündet am: 25. Januar 2001 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Bundesgerichtshof Urteil, 01. Feb. 2000 - X ZR 222/98

bei uns veröffentlicht am 01.02.2000

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES VERSÄ UMNISURTEIL X ZR 222/98 Verkündet am: 1. Februar 2000 Wermes Justizhauptsekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Der X. Zivilsenat des Bundesgericht
6 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 24. Okt. 2006 - X ZR 124/03.

Bundesgerichtshof Urteil, 11. Dez. 2009 - V ZR 217/08

bei uns veröffentlicht am 11.12.2009

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 217/08 Verkündet am: 11. Dezember 2009 Langendörfer-Kunz Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein B

Bundesgerichtshof Urteil, 12. Dez. 2006 - XI ZR 20/06

bei uns veröffentlicht am 12.12.2006

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XI ZR 20/06 Verkündet am: 12. Dezember 2006 Herrwerth, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes

Bundesgerichtshof Urteil, 12. Dez. 2006 - XI ZR 19/06

bei uns veröffentlicht am 12.12.2006

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XI ZR 19/06 Verkündet am: 12. Dezember 2006 Herrwerth, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes

Bundesgerichtshof Urteil, 12. Dez. 2006 - XI ZR 18/06

bei uns veröffentlicht am 12.12.2006

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XI ZR 18/06 Verkündet am: 12. Dezember 2006 Herrwerth, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes

Referenzen

Unter Kaufleuten ist in Ansehung der Bedeutung und Wirkung von Handlungen und Unterlassungen auf die im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche Rücksicht zu nehmen.

(1) Wer aus einem gegenseitigen Vertrag verpflichtet ist, kann die ihm obliegende Leistung bis zur Bewirkung der Gegenleistung verweigern, es sei denn, dass er vorzuleisten verpflichtet ist. Hat die Leistung an mehrere zu erfolgen, so kann dem einzelnen der ihm gebührende Teil bis zur Bewirkung der ganzen Gegenleistung verweigert werden. Die Vorschrift des § 273 Abs. 3 findet keine Anwendung.

(2) Ist von der einen Seite teilweise geleistet worden, so kann die Gegenleistung insoweit nicht verweigert werden, als die Verweigerung nach den Umständen, insbesondere wegen verhältnismäßiger Geringfügigkeit des rückständigen Teils, gegen Treu und Glauben verstoßen würde.

*

(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.

Anstelle des Schadensersatzes statt der Leistung kann der Gläubiger Ersatz der Aufwendungen verlangen, die er im Vertrauen auf den Erhalt der Leistung gemacht hat und billigerweise machen durfte, es sei denn, deren Zweck wäre auch ohne die Pflichtverletzung des Schuldners nicht erreicht worden.

(1) Erlangt der Schuldner infolge des Umstands, auf Grund dessen er die Leistung nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu erbringen braucht, für den geschuldeten Gegenstand einen Ersatz oder einen Ersatzanspruch, so kann der Gläubiger Herausgabe des als Ersatz Empfangenen oder Abtretung des Ersatzanspruchs verlangen.

(2) Kann der Gläubiger statt der Leistung Schadensersatz verlangen, so mindert sich dieser, wenn er von dem in Absatz 1 bestimmten Recht Gebrauch macht, um den Wert des erlangten Ersatzes oder Ersatzanspruchs.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 287/98 Verkündet am:
25. Januar 2001
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Musikproduktionsvertrag

a) Ein Musikproduktionsvertrag, durch den sich der Produzent verpflichtet, in
jedem Jahr der Vertragslaufzeit eine bestimmte Zahl von Titeln zu produzieren
, stellt kein absolutes Fixgeschäft dar.

b) Verpflichtet sich ein Musikproduzent, in jedem Kalenderjahr der Vertragslaufzeit
eine bestimmte Zahl von Titeln zu produzieren, ist für die Leistung
eine Zeit nach dem Kalender bestimmt.

c) Kann die Produktionsverpflichtung nicht mehr während der Laufzeit des
Musikproduktionsvertrags erfüllt werden, ist für den Künstler, der inzwischen
gegenüber einem anderen Produzenten eine Ausschließlichkeitsbindung
eingegangen ist, das Interesse an der Erfüllung entfallen. Der Künstler
kann in diesem Fall mit Eintritt des Verzuges Schadensersatz wegen
Nichterfüllung verlangen, ohne daß es einer Nachfristsetzung mit Ablehnungsandrohung
bedarf.
BGH, Urteil v. 25. Januar 2001 – I ZR 287/98 – Kammergericht
LG Berlin
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 25. Januar 2001 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Erdmann und die
Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Prof. Dr. Bornkamm, Pokrant und Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Kammergerichts vom 26. Mai 1998 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger ist Sänger, der Beklagte ist Musikproduzent. Die Parteien waren für die Jahre 1991 bis 1995 durch einen 1990 geschlossenen Musikproduktionsvertrag verbunden. Dieser Vertrag war zunächst auf drei Jahre (1991 bis 1993) geschlossen worden. Der Beklagte hatte jedoch die ihm eingeräumte Option ausgeübt , den Vertrag zweimal um jeweils ein Jahr zu verlängern. Der Vertrag verpflichtete den Kläger, in seiner Eigenschaft als Solosänger oder Mitglied eines Ensembles während der Vertragslaufzeit ausschließlich dem Beklagten zur Her-
stellung von Ton- oder Bildtonaufnahmen zur Verfügung zu stehen (“... the artist warrants to be exclusively at the company’s and not at any third party’s disposal, neither as solo-artist nor as member of a group ...”). Dem Beklagten waren hinsichtlich der Auswertung dieser Aufnahmen ausschließliche Nutzungsrechte eingeräumt. Im Gegenzug hatte sich der Beklagte verpflichtet, Titel mit Darbietungen des Klägers aufzunehmen und zu veröffentlichen, wobei in jedem Kalenderjahr eine ausreichende Zahl von Titeln für mindestens eine Langspielplatte produziert werden sollte (“The company commits to record or to have recorded and to release or to have released titles with performances of the artist, precisely: During the period of each calendar year a sufficient number of tracks for at least one album” ). Über die Auswahl der aufzunehmenden Titel sollte der Beklagte entscheiden , wobei dem Kläger ein Vorschlagsrecht zustand (“The company decides which titles will be recorded. While selecting the titles to be recorded, the artist is entitled to make proposals”). Für den Vertrag sollte deutsches Recht gelten. Als Gerichtsstand wurde der Sitz des Beklagten vereinbart.
In den ersten vier Jahren der Vertragslaufzeit, also in den Jahren 1991 bis 1994, produzierte der Beklagte mit dem Kläger vier Langspielplatten, die dem Kläger Einnahmen von über 600.000 DM einbrachten. Nachdem es zwischen den Parteien im Laufe des Jahres 1995 wiederholt zu Streitigkeiten gekommen war – u.a. über die Kosten einer Flugreise von Japan nach Deutschland und über die Abrechnung von Lizenzgebühren –, produzierte der Beklagte 1995 keine Titel mit dem Kläger. Der Kläger forderte den Beklagten deswegen im Februar 1996 zur Zahlung von Schadensersatz auf. Das Angebot des Beklagten, das Versäumte nachzuholen, lehnte der Kläger unter Hinweis auf die von ihm inzwischen eingegangene Exklusivverpflichtung gegenüber einem anderen Produzenten ab.
Der Kläger hat die Ansicht vertreten, dem Beklagten sei die Produktionsleistung , zu der er nach dem Vertrag verpflichtet gewesen sei, mit Ablauf des Jahres 1995 in von ihm zu vertretender Weise unmöglich geworden. Er hat behauptet, dadurch, daß 1995 kein Album auf den Markt gekommen sei, seien ihm Lizenzund GVL-Einnahmen in Höhe von 218.750 DM entgangen. Diesen Betrag (zuzüglich Zinsen) hat er mit der vorliegenden Klage geltend gemacht. Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat das Kammergericht die Klage abgewiesen (KG AfP 1999, 485 = ZUM-RD 1999, 98 = KG-Rep 1999, 117).
Hiergegen richtet sich die Revision des Klägers, mit der er seinen Klageantrag weiterverfolgt. Der Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat angenommen, dem Kläger stehe schon nach seinem eigenen Vorbringen kein Schadensersatz zu. Zur Begründung hat es ausgeführt :
Ein Schadensersatzanspruch des Klägers ergebe sich nicht aus § 325 BGB. Zwar handele es sich bei der vom Beklagten übernommenen Verpflichtung, jedes Jahr die für eine Langspielplatte erforderliche Zahl von Titeln zu produzieren, um eine vertragliche Hauptpflicht. Entgegen der Ansicht des Landgerichts sei aber dem Beklagten die Erfüllung dieser Verpflichtung nicht mit Ablauf des Jahres 1995 unmöglich geworden. Aus dem Parteivorbringen ergäben sich weder rechtli-
che noch tatsächliche Gründe, die den Kläger daran gehindert hätten, das für 1995 vorgesehene Album noch im Jahre 1996 zu produzieren. Allein die nach seinem Vorbringen eingegangene neue Exklusivbindung könne dem Vertragsverhältnis der Parteien nicht den Charakter eines absoluten Fixgeschäftes vermitteln. Denn dieser Hinderungsgrund beruhe nicht auf den Vertragsabsprachen der Parteien, sondern auf dem Entschluß des Klägers, unmittelbar im Anschluß an den Vertrag mit dem Beklagten eine neue Exklusivbindung einzugehen, ohne sich für die nachträgliche Produktion eines Albums durch den Beklagten eine Ausnahme vorzubehalten.
Ein Schadensersatzanspruch stehe dem Kläger auch aus § 326 BGB nicht zu. Denn der Kläger habe dem Beklagten – selbst wenn dieser mit Ablauf des Jahres 1995 in Verzug geraten sein sollte – keine Frist mit Ablehnungsandrohung gesetzt. Eine solche Nachfristsetzung sei nicht deswegen entbehrlich, weil beim Kläger das Interesse an der Vertragserfüllung im Jahre 1996 entfallen sei. Denn dies beruhe nicht auf dem Verzug des Beklagten, sondern allein darauf, daß der Kläger sich – nach seinem Vorbringen – bereits mit dem Beginn des Jahres 1996 exklusiv an einen anderen Vertragspartner gebunden habe. Für den Kläger habe im übrigen die Möglichkeit bestanden, ausnahmsweise schon vor Verzugseintritt eine Frist mit Ablehnungsandrohung zu setzen.
II. Diese Beurteilung hält den Angriffen der Revision nicht stand. Sie führen zur Aufhebung und Zurückverweisung.
1. Mit Recht hat allerdings das Berufungsgericht einen Schadensersatzanspruch des Klägers aus § 325 Abs. 1 Satz 1 BGB verneint. Die Musikproduktion, zu der sich der Beklagte verpflichtet hatte – also die Aufnahme und Veröffentlichung einer für eine Langspielplatte ausreichenden Zahl von Titeln in jedem Ka-
lenderjahr –, stellt keine Leistung dar, die dem Vertrag hinsichtlich dieser Verpflichtung den Charakter eines absoluten Fixgeschäftes gibt.
Absolute Fixgeschäfte sind Verträge, bei denen – über die Rechtswirkungen des § 361 BGB hinaus – die Leistungszeit so wesentlich ist, daß die Leistung nur zu einer bestimmten Zeit erbracht werden kann, die Verfehlung dieses Zeitpunktes die Leistung also dauernd unmöglich macht (BGHZ 60, 14, 16). Dabei erfordert ein Fixgeschäft nicht nur die Festlegung einer genauen Leistungszeit, sondern darüber hinaus Einigkeit der Parteien darüber, daß der Vertrag mit der Einhaltung oder Nichteinhaltung der Leistungszeit stehen oder fallen solle. Ob die Parteien der vereinbarten Leistungszeit eine so weitgehende Bedeutung beimessen wollten, ist – wenn der Vertragstext eine ausdrückliche Regelung nicht enthält – unter Berücksichtigung aller Umstände durch Auslegung zu ermitteln, wobei sich jeder Zweifel gegen die Annahme eines Fixgeschäftes auswirkt (vgl. BGH, Urt. v. 27.10.1982 – VIII ZR 190/81, WM 1982, 1384; Urt. v. 14.3.1984 – VIII ZR 287/82, WM 1984, 639, 641; Urt. v 18.4.1989 – X ZR 85/88, NJW-RR 1989, 1373, jeweils zu § 376 Abs. 1 HGB). Unter diesen Umständen ist es revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, daß das Berufungsgericht dem Vertragsverhältnis der Parteien keine solche Fixabrede entnommen hat. Denn es läßt sich nicht feststellen, daß die Parteien die jährlich zu erbringende Produktionsleistung des Beklagten derart streng an das jeweilige Kalenderjahr binden wollten, daß bereits eine geringfügig verzögerte Produktion den Leistungszweck unter keinen Umständen mehr hätte verwirklichen können.
Die Revision verweist demgegenüber darauf, daß es sich bei dem Musikproduktionsvertrag der Parteien um ein Dauerschuldverhältnis handele und Dauerverpflichtungen in der Regel Fixcharakter hätten, weil bei ihnen die einmal verzögerte Leistung nicht mehr nachgeholt werden könne (vgl. BGHZ 99, 182, 189;
BGH, Urt. v. 14.11.1990 – VIII ZR 13/90, NJW-RR 1991, 267, 268, jeweils für die Raummiete; BAG NJW 1986, 1831, 1832; NJW 1996, 1771, 1772, jeweils für Leistungspflichten im Rahmen eines Arbeitsvertrages; MünchKomm/Emmerich, 3. Aufl., § 275 BGB Rdn. 45 m.w.N.). Die vom Beklagten zu erbringende Produktionsleistung unterscheidet sich indessen von den insofern angesprochenen Dauerverpflichtungen in einem wesentlichen Punkt: Während bei diesen die geschuldete Leistung, etwa die Gebrauchsüberlassung bei der Raummiete oder die Unterlassung einer bestimmten Tätigkeit bei einem Wettbewerbsverbot, fortlaufend zu erbringen ist, geht es bei der Verpflichtung des Beklagten – ähnlich wie bei einem Sukzessivlieferungsvertrag – um wiederkehrende Einzelleistungen. Auch wenn für die jeweils zu erbringende Einzelleistung ein Termin nach dem Kalender bestimmt ist, ist hier ein Nachholen einer versäumten Leistung nicht von vornherein ausgeschlossen. Die in diesem Zusammenhang von der Revision angeführten Gesichtspunkte, die aus der Sicht des Klägers gegen ein Nachholen der 1995 versäumten Produktion sprechen, mögen dazu führen, daß das Interesse des Klägers an einer verspäteten Leistung entfallen ist (vgl. § 326 Abs. 2 BGB; dazu unten unter II.2.b). Eine mit Ablauf der vereinbarten Leistungszeit eintretende Unmöglichkeit können sie jedoch nicht begründen.
2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts steht dem Kläger jedoch nach dem – im Revisionsverfahren zugrundezulegenden – Klagevorbringen ein Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung nach § 326 BGB zu.

a) Der Beklagte ist mit Ablauf des Jahres 1995 in Verzug geraten, da für seine Leistung zumindest mittelbar eine Zeit nach dem Kalender bestimmt war (§ 284 Abs. 2 BGB). Im Vertrag ist festgehalten, daß der Beklagte während jedes Kalenderjahres (“during the period of each calendar year”) die notwendige Zahl von Titeln produziert. Nach dem Kalender ist die Leistungszeit auch dann be-
stimmt, wenn die Leistung innerhalb eines bestimmten Kalenderabschnitts vereinbart wird (vgl. BGH, Urt. v. 19.9.1983 – VIII ZR 84/82, NJW 1984, 48, 49). Um welche Kalenderjahre es sich dabei handelte, ergibt sich mittelbar daraus, daß der Vertrag für die Jahre 1991 bis 1993 mit einer (ausgeübten) Option für die Jahre 1994 und 1995 geschlossen wurde. Dies reicht für die Annahme einer kalendermäßigen Bestimmung der Leistungszeit aus (vgl. BGH, Urt. v. 19.11.1991 – X ZR 28/90, NJW 1992, 1628, 1629).

b) Allerdings hat der Kläger dem Beklagten – wie es § 326 Abs. 1 Satz 1 BGB an sich voraussetzt – keine Frist mit Ablehnungsandrohung gesetzt. Eine solche Fristsetzung war jedoch im Streitfall entbehrlich, weil das Interesse des Klägers an der Vertragserfüllung infolge des eingetretenen Verzuges entfallen war (§ 326 Abs. 2 BGB).
aa) Für die Prüfung im Revisionsverfahren ist von dem Vorbringen des Klägers auszugehen, wonach er für die Zeit ab 1. Januar 1996 exklusiv bei einem anderen Produzenten, der I. GmbH, unter Vertrag stand; aufgrund dessen sei er gehindert gewesen, die 1995 versäumte Produktion noch im Jahre 1996 nachzuholen.
bb) Zu Unrecht meint das Berufungsgericht, das Interesse des Klägers an der Vertragserfüllung sei nicht infolge des Verzugs, sondern aufgrund der neu eingegangenen Ausschließlichkeitsbindung entfallen.
Das Berufungsgericht hat nicht hinreichend berücksichtigt, daß der Verzug nicht die alleinige Ursache des Interessewegfalls sein muß, wenn der vertragstreue Teil für die anderen Ursachen nicht verantwortlich ist (Staudinger/Otto, Bearb. 1995, § 326 BGB Rdn. 125; MünchKomm/Emmerich aaO § 326 BGB
Rdn. 114 m.w.N.). Im Streitfall war der Verzug des Beklagten jedenfalls mitursächlich für den Wegfall des Interesses des Klägers; denn hätte der Beklagte die ihm obliegende Leistung erbracht, wäre das Interesse des Klägers an der Vertragserfüllung nicht entfallen. Der Umstand, daß das Nachholen der versäumten Leistung durch den neuen Exklusivvertrag unmöglich gemacht wurde, ist dem Kläger nicht anzulasten. Mit Recht weist die Revision darauf hin, daß der Kläger darauf angewiesen war, für die Zeit nach dem Auslaufen des Vertrages mit dem Beklagten einen neuen Produzenten zu finden. Ihm war es nicht zuzumuten, einen solchen anstehenden Vertragsschluß nur deswegen aufzuschieben, weil der Beklagte die ihm obliegende Produktion von Titeln im Jahre 1995 noch nicht erfüllt hatte. Ebenfalls geht es nicht zu Lasten des Klägers, daß er in dem Vertrag mit I. keinen Vorbehalt für die nachzuholende Produktion aus dem Jahre 1995 gemacht hat. Zum einen läßt sich den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht entnehmen , daß der Vertrag mit I. erst zu einem Zeitpunkt abgeschlossen worden ist, als für den Kläger bereits deutlich war, daß der Beklagte seiner Produktionsverpflichtung für 1995 nicht nachkommen würde. Zum anderen – und dies ist der entscheidende Gesichtspunkt – hätte das Bestehen auf einem derartigen Vorbehalt die Verhandlungsposition des Klägers gegenüber dem neuen Produzenten erheblich geschwächt, wenn überhaupt eine Bereitschaft bestanden hätte, den Kläger unter solchen Voraussetzungen unter Vertrag zu nehmen. Denn es konnte nicht im Interesse des neuen Produzenten liegen, daß 1996 neben den von ihm geplanten Titeln noch die an sich für 1995 geplante CD des Beklagten erscheint und die verschiedenen Neuerscheinungen sich im Absatz behindern.
cc) Auch das Berufungsgericht hat nicht verkannt, daß es dem Kläger nicht zuzumuten war, sich die Möglichkeit eines neuen Exklusivvertrages mit einem anderen Produzenten wegen der noch ausstehenden Vertragserfüllung durch den
Beklagten zu verstellen. Es meint jedoch, der Kläger hätte dem Beklagten in entsprechender Anwendung von § 326 Abs. 1 Satz 1 BGB schon vor Eintritt des Verzuges , also irgendwann im Jahre 1995, eine Frist mit Ablehnungsandrohung setzen können. Richtig ist zwar, daß ausnahmsweise schon vor Fälligkeit eine solche Frist gesetzt werden kann, wenn bereits frühzeitig ernsthafte Zweifel an der Leistungsfähigkeit oder -bereitschaft des Schuldners bestehen (vgl. BGH, Urt. v. 21.10.1982 – VII ZR 51/82, NJW 1983, 989, 990; MünchKomm/Emmerich aaO § 326 BGB Rdn. 64 m.w.N.). Eine Verpflichtung zu einer solchen frühzeitigen Nachfristsetzung besteht indessen nicht. Vielmehr steht es dem Gläubiger frei, zunächst Fälligkeit und Verzugseintritt abzuwarten, um nunmehr – wenn inzwischen sein Interesse an der Erfüllung infolge des Verzugs entfallen ist – Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu beanspruchen oder vom Vertrag zurückzutreten.
dd) Fehl geht schließlich der Hinweis des Berufungsgerichts auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 11. Februar 1971 (VII ZR 170/69, WM 1971, 615, 617). Dort ist ausgesprochen, daß sich ein Gläubiger nicht auf § 326 Abs. 2 BGB berufen kann, wenn der Wegfall des Interesses an einer Erfüllung darauf beruht, daß er bereits vorzeitig ein Deckungsgeschäft abgeschlossen hat, ohne das Ergebnis der Nachfristsetzung abzuwarten (vgl. auch RGZ 96, 126, 129). Der Streitfall ist mit einer solchen Fallkonstellation nicht vergleichbar. Denn der Vertrag, den der Kläger mit dem neuen Produzenten abgeschlossen hat, betrifft nicht die Laufzeit des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrages und stellt daher eindeutig nicht das Deckungsgeschäft für die vom Beklagten im Jahre 1995 versäumte Produktion dar.
III. Danach ist das angefochtene Urteil auf die Revision des Klägers aufzuheben. Die Sache ist zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Beru-
fungsgericht zurückzuverweisen. Das Berufungsgericht wird nunmehr zu klären haben, ob der Kläger – wie von ihm vorgetragen – tatsächlich im Februar 1996 bereits exklusiv bei einem anderen Produzenten unter Vertrag stand und deshalb gehindert war, die 1995 versäumte Produktion Anfang des Jahres 1996 noch nachzuholen.
Gelangt das Berufungsgericht dabei zu dem Ergebnis, daß dem Kläger dem Grunde nach ein Schadensersatzanspruch aus § 326 BGB zusteht, wird es die Frage eines Mitverschuldens des Klägers zu prüfen haben (vgl. zur Anwendung des § 254 im Rahmen des § 326 BGB MünchKomm/Emmerich aaO § 326 BGB Rdn. 129). Der Beklagte hat insofern vorgetragen, für das Jahr 1995 sei eine geänderte Vorgehensweise ins Auge gefaßt worden, wonach zunächst der Kläger geeignete Titel habe vorschlagen sollen. Dies sei nicht geschehen, weshalb er, der Beklagte, angenommen habe, daß auf seiten des Klägers kein Interesse an einer weiteren Produktion bestanden habe. Zwar könnte ein solcher Sachverhalt, wenn er sich bestätigen sollte, nichts daran ändern, daß die Produktion der Titel dem Beklagten oblag und er daher – ungeachtet der Mitwirkungspflichten des Klägers – die Initiative hätte ergreifen müssen. Den Kläger könnte aber in diesem Fall ein Mitverschulden an der Versäumung der Produktion treffen.
Unabhängig davon wird das Berufungsgericht der Frage nachzugehen haben , ob ein Mitverschulden des Klägers auch darin liegen kann, daß er im Laufe des Jahres 1995 gegenüber dem Beklagten niemals zum Ausdruck gebracht hat, daß er trotz der entstandenen Differenzen auf einer Vertragserfüllung durch den Beklagten besteht.
Schließlich wird das Berufungsgericht gegebenenfalls zu prüfen haben, ob für eine Schadensschätzung mit dem Landgericht auf den Durchschnitt der Einnahmen aus den Jahren 1991 bis 1994 abgestellt werden kann oder ob die rückläufige Tendenz der Einnahmen während dieser Zeit in die Schadensschätzung einfließen muß. Dem Kläger wäre es dann unbenommen, zu seinen Einnahmen aus den Produktionen der Folgejahre vorzutragen, um auf diese Weise darzulegen , daß keine Anhaltspunkte für generell rückläufige Einnahmen bestanden hätten.
Erdmann v. Ungern-Sternberg Bornkamm
Pokrant Schaffert

(1) Erlangt der Schuldner infolge des Umstands, auf Grund dessen er die Leistung nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu erbringen braucht, für den geschuldeten Gegenstand einen Ersatz oder einen Ersatzanspruch, so kann der Gläubiger Herausgabe des als Ersatz Empfangenen oder Abtretung des Ersatzanspruchs verlangen.

(2) Kann der Gläubiger statt der Leistung Schadensersatz verlangen, so mindert sich dieser, wenn er von dem in Absatz 1 bestimmten Recht Gebrauch macht, um den Wert des erlangten Ersatzes oder Ersatzanspruchs.

(1) Wer aus einem gegenseitigen Vertrag verpflichtet ist, kann die ihm obliegende Leistung bis zur Bewirkung der Gegenleistung verweigern, es sei denn, dass er vorzuleisten verpflichtet ist. Hat die Leistung an mehrere zu erfolgen, so kann dem einzelnen der ihm gebührende Teil bis zur Bewirkung der ganzen Gegenleistung verweigert werden. Die Vorschrift des § 273 Abs. 3 findet keine Anwendung.

(2) Ist von der einen Seite teilweise geleistet worden, so kann die Gegenleistung insoweit nicht verweigert werden, als die Verweigerung nach den Umständen, insbesondere wegen verhältnismäßiger Geringfügigkeit des rückständigen Teils, gegen Treu und Glauben verstoßen würde.

Anstelle des Schadensersatzes statt der Leistung kann der Gläubiger Ersatz der Aufwendungen verlangen, die er im Vertrauen auf den Erhalt der Leistung gemacht hat und billigerweise machen durfte, es sei denn, deren Zweck wäre auch ohne die Pflichtverletzung des Schuldners nicht erreicht worden.

(1) Wer aus einem gegenseitigen Vertrag verpflichtet ist, kann die ihm obliegende Leistung bis zur Bewirkung der Gegenleistung verweigern, es sei denn, dass er vorzuleisten verpflichtet ist. Hat die Leistung an mehrere zu erfolgen, so kann dem einzelnen der ihm gebührende Teil bis zur Bewirkung der ganzen Gegenleistung verweigert werden. Die Vorschrift des § 273 Abs. 3 findet keine Anwendung.

(2) Ist von der einen Seite teilweise geleistet worden, so kann die Gegenleistung insoweit nicht verweigert werden, als die Verweigerung nach den Umständen, insbesondere wegen verhältnismäßiger Geringfügigkeit des rückständigen Teils, gegen Treu und Glauben verstoßen würde.

Anstelle des Schadensersatzes statt der Leistung kann der Gläubiger Ersatz der Aufwendungen verlangen, die er im Vertrauen auf den Erhalt der Leistung gemacht hat und billigerweise machen durfte, es sei denn, deren Zweck wäre auch ohne die Pflichtverletzung des Schuldners nicht erreicht worden.

(1) Wer aus einem gegenseitigen Vertrag verpflichtet ist, kann die ihm obliegende Leistung bis zur Bewirkung der Gegenleistung verweigern, es sei denn, dass er vorzuleisten verpflichtet ist. Hat die Leistung an mehrere zu erfolgen, so kann dem einzelnen der ihm gebührende Teil bis zur Bewirkung der ganzen Gegenleistung verweigert werden. Die Vorschrift des § 273 Abs. 3 findet keine Anwendung.

(2) Ist von der einen Seite teilweise geleistet worden, so kann die Gegenleistung insoweit nicht verweigert werden, als die Verweigerung nach den Umständen, insbesondere wegen verhältnismäßiger Geringfügigkeit des rückständigen Teils, gegen Treu und Glauben verstoßen würde.

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

Der zu ersetzende Schaden umfasst auch den entgangenen Gewinn. Als entgangen gilt der Gewinn, welcher nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen, insbesondere nach den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen, mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte.

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

Der zu ersetzende Schaden umfasst auch den entgangenen Gewinn. Als entgangen gilt der Gewinn, welcher nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen, insbesondere nach den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen, mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 134/04 Verkündet am:
26. Juli 2005
Wermes
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Der Grundsatz, daß sich der Tatrichter seiner Aufgabe, eine Schadensermittlung
vorzunehmen, nicht vorschnell unter Hinweis auf die Unsicherheit möglicher
Prognosen entziehen darf (BGH, Urt. v. 17.2.1998 - VI ZR 342/96, NJW
1998, 1633), gilt auch im Bereich der Vertragshaftung.
BGH, Urt. v. 26.7.2005 - X ZR 134/04 - OLG München
LG München I
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 26. Juli 2005 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, die
Richter Scharen, Keukenschrijver, die Richterin Mühlens und den Richter
Dr. Kirchhoff

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das am 3. Februar 1999 verkündete Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Klage in Höhe von 1.150.000,- DM (entsprechend 587.985,66 EUR) nebst Zinsen abgewiesen worden ist.
In diesem Umfang wird die Sache zu anderweiter Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin und die während des Verfahrens insolvent gewordene M. A. GmbH (nachfolgend: Schuldnerin) schlossen im Jahr 1989 eine Vereinbarung über die Produktion, Nachentwicklung und den Vertrieb eines von der Klägerin entwickelten, als "Mi. " bezeichneten Analy-
segeräts, das in einer isokratischen und einer binären Version hergestellt werden sollte. In der Vereinbarung war festgelegt, daß die Schuldnerin, die zum B. gehörte, zunächst fünf Geräte einer Nullserie, und zwar drei in der isokratischen und zwei in der binären Version, herstellen sollte. Die Klägerin rief diese Geräte im Juli 1989 ab. Die Schuldnerin lieferte im Frühjahr 1990 die drei Geräte in der isokratischen Version aus, von denen die Klägerin eines bezahlte. Die Herstellung der binären Geräte bereitete der Schuldnerin Schwierigkeiten. Die Schuldnerin entschloß sich deshalb, die Zusammenarbeit zu beenden , und kündigte nach einem Gespräch mit dem Geschäftsführer der Klägerin den Vertrag fristgemäß zum 30. Juni 1991. Die Klägerin und die Schuldnerin einigten sich darauf, die noch nicht erledigten Bestellungen in eine solche über zwei isokratische Geräte abzuändern, die seitens der Schuldnerin auch bereitgestellt, aber von der Klägerin nicht mehr abgerufen wurden. Die Schuldnerin führte die Bemühungen wegen der binären Version nicht weiter; die Klägerin tätigte keine weiteren Bestellungen.
Die Klägerin machte gegen die Schuldnerin einen Schadensersatzanspruch in Höhe von 1.150.000,- DM nebst Zinsen mit der Behauptung geltend, ihr sei bis zum 30. Juni 1991 ein Gewinn aus der Vermarktung der Geräte in dieser Höhe entgangen. Außerdem stritten die Klägerin und die Schuldnerin über die Vergütung für die drei ausgelieferten Geräte; insoweit ist das Verfahren nach Ablehnung der Annahme der Revision der Klägerin abgeschlossen. Das Landgericht hat dem Schadensersatzanspruch zunächst durch Teil- und Grundurteil zur Hälfte stattgegeben. Nach Aufhebung und Zurückverweisung durch das Oberlandesgericht hat es der Klage wiederum teilweise entsprochen. Im Berufungsverfahren hat das Oberlandesgericht die Klage insgesamt abgewiesen und einer Widerklage der Schuldnerin im wesentlichen stattgegeben. Der Senat hat die Revision der Klägerin nur insoweit angenommen, als die Klage in Höhe von 1.150.000,- DM nebst Zinsen abgewiesen worden ist. In diesem Umfang hat die Klägerin ihr Begehren zunächst weiterverfolgt. Wäh-
rend des Revisionsverfahrens ist über das Vermögen der Schuldnerin das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Die Klägerin hat den Rechtsstreit gegen den Insolvenzverwalter aufgenommen und beantragt nunmehr, zur Insolvenztabelle festzustellen, daß der Klägerin eine Insolvenzforderung in Höhe von 587.985,66 EUR nebst bezifferter Zinsen zusteht. Der Beklagte tritt dem Rechtsmittel entgegen.

Entscheidungsgründe:


Die zulässige Revision führt im Umfang der Annahme zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht , dem auch die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens zu übertragen ist.
I. Das Berufungsgericht hat Schadensersatzansprüche der Klägerin wegen Pflichtverletzungen hinsichtlich der isokratischen Analysegeräte durch die Schuldnerin verneint. Die Revision rügt, daß das Berufungsgericht insoweit einen möglichen Interessewegfall bei der Klägerin auch im Hinblick auf diese Geräte nicht berücksichtigt habe. Das Berufungsgericht wird im wiedereröffneten Berufungsrechtszug die Möglichkeit haben, sich mit diesem Gesichtspunkt näher zu befassen.
II. Nicht beigetreten werden kann dem Berufungsgericht im Ergebnis in seiner Verneinung von Schadensersatzansprüchen auch hinsichtlich der binären Geräte.
1. Das Berufungsgericht hat insoweit eine schuldhafte Pflichtverletzung durch die Schuldnerin jedenfalls im Ergebnis zutreffend bejaht.

a) Insoweit ergibt sich aus den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen , daß die Schuldnerin dadurch in Verzug geraten ist, daß sie die für die Herstellung dieser Version erforderlichen Leistungen nicht erbracht hat. Allerdings fehlt es an einer nach § 326 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. grundsätzlich notwendigen Ablehnungsandrohung. Jedoch war diese dann nicht erforderlich, wenn bezüglich des binären Geräts eine ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung vorlag. Nach dem vom Berufungsgericht festgestellten Verhalten der Schuldnerin (Stornierung der Bestellung neuer Pumpen und Abbruch der Weiterentwicklung des binären Geräts sowie Schreiben vom 13. September 1990) ist jedenfalls für das Revisionsverfahren von einer endgültigen und ernsthaften Erfüllungsverweigerung auszugehen.

b) Die Klägerin kann, soweit sich nach erneuter Prüfung kein Interessewegfall hinsichtlich der isokratischen Geräte ergeben sollte, allerdings nur Schadensersatz wegen des nicht erfüllten Teils verlangen (§ 326 Abs. 1 Satz 3 BGB i.V.m. § 325 Abs. 1 Satz 2 BGB, jeweils in der vor dem 1.1.2002 geltenden Fassung - nachfolgend: a.F. -; Art. 229 Abs. 5 EGBGB).

c) Soweit das Berufungsgericht mangelnde Vertragstreue und Mitverschulden der Klägerin verneint hat, treten Rechtsfehler zum Nachteil der Klägerin nicht hervor.
2. Das Berufungsgericht hat gleichwohl Schadensersatzansprüche der Klägerin im Ergebnis daran scheitern lassen, daß diese einen Schaden nicht nachgewiesen habe. Dies begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

a) Das Berufungsgericht hat sich dabei darauf gestützt, daß es die hierzu gehörte Sachverständige für unmöglich gehalten habe, hierüber eine Aussage zu treffen. Nach ihren Bekundungen habe zwar ein Gewinn, aber glei-
chermaßen auch ein Verlust entstehen können, da derartige Geräte noch niemals gebaut worden seien.

b) Das Berufungsgericht hat es für möglich gehalten, daß das binäre Gerät bis zum 30. Juni 1996 habe fertiggestellt werden können. Hiervon ist auch im Revisionsverfahren zugunsten der Klägerin auszugehen. Damit kommt, nachdem die Schuldnerin hierzu auch verpflichtet war, ein Schaden, der einen Schadensersatzanspruch begründen konnte, grundsätzlich in Betracht.

c) Für die Schadensfeststellung gilt nach § 252 Satz 2 1. Alt. BGB derjenige Gewinn als entgangen, der nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte. Zweck der Bestimmung ist es, dem Geschädigten den Beweis zu erleichtern (vgl. BGHZ 74, 221, 224 m.w.N.; BGHZ 100, 36, 49). Ist ersichtlich, daß der Gewinn nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder den besonderen Umständen mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte, dann wird vermutet, daß er gemacht worden wäre. Volle Gewißheit, daß der Gewinn gezogen worden wäre, ist nicht erforderlich (vgl. BGHZ 29, 393, 398; BGHZ 100, 36, 50; BGH, Urt. v. 2.5.2002 - III ZR 100/01, NJW 2002, 2556 = BGHR BGB § 252 Kapitalanlage 1). Insoweit dürfen an das Vorbringen eines selbständigen Unternehmers, ihm seien erwartete Gewinne entgangen, wegen der damit regelmäßig verbundenen Schwierigkeiten keine allzu strengen Anforderungen gestellt werden (BGH, Urt. v. 9.4.1992 - IX ZR 104/91, NJW-RR 1992, 997, 998 = BGHR ZPO § 287 Abs. 1 Gewinnentgang

6).


Die Klägerin hat einen Gewinnentgang dahin substantiiert, daß sie nach einem von ihr mit der Schuldnerin erstellten Absatzplan 60 Geräte, und zwar je 30 beider Versionen, davon 17 Geräte fix, mit einem Gewinn von jeweils mindestens 26.800 DM hätte absetzen können. Damit hat sie Ausgangs- und Anknüpfungstatsachen für eine Wahrscheinlichkeitsprognose nach § 252 BGB
und eine daran anknüpfende Schadensschätzung nach § 287 ZPO dargelegt. Auf dieser Grundlage konnte - wie das Berufungsgericht dies auch versucht hat - Beweis erhoben werden. Die erstinstanzlich gehörte Sachverständige hat sich dazu dahin geäußert, daß sowohl ein höherer Gewinn als 30.000 DM in Betracht komme als auch ein Verlust.
Das Berufungsgericht durfte nach § 252 Satz 2 BGB einen Schadensersatzanspruch nur dann verneinen, wenn ein Schadenseintritt nicht mit Wahrscheinlichkeit zu erwarten war. Eine entsprechende Gewinnerwartung bestand jedenfalls hinsichtlich der isokratischen Geräte und führte insoweit jedenfalls dann zu einem Schaden, wenn sich, was noch zu klären ist, die Klägerin insoweit auf Interessewegfall berufen kann. Aber auch hinsichtlich der binären Geräte kann mit der Argumentation des Berufungsgerichts ein Schaden nicht verneint werden. Jedenfalls in einem Fall wie dem vorliegenden, in dem es um die Markteinführung eines neu entwickelten Geräts geht, ist die Wahrscheinlichkeitsprognose notwendig unsicher; eine Differenzierung zwischen "gewisser" oder "überwiegender" Wahrscheinlichkeit führt hier nicht ohne weiteres weiter. Dieser Schwierigkeit muß auch im Bereich der Vertragshaftung nach den gleichen Grundsätzen Rechnung getragen werden, wie sie der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs für Ansprüche aus unerlaubter Handlung entwickelt hat (BGH, Urt. v. 17.2.1998 - VI ZR 342/96, NJW 1998, 1633, 1634; vgl. BGH, Urt. v. 3.3.1998 - VI ZR 385/96, NJW 1998, 1634, 1636 = BGHR BGB § 842 Selbständige 1; v. 20.4.1999 - VI ZR 65/98, VersR 2000, 233; v. 6.2.2001 - VI ZR 339/99, NJW 2001, 1640, 1641 = BGHR BGB § 252 Satz 2 Verdienstausfall 8). Demnach darf sich der Tatrichter seiner Aufgabe, auf der Grundlage der §§ 252 BGB und 287 ZPO eine Schadensermittlung vorzunehmen , nicht vorschnell unter Hinweis auf die Unsicherheit möglicher Prognosen entziehen. Wird dem Geschädigten durch vertragswidriges Verhalten des Schädigers die Möglichkeit genommen oder beschränkt, sein neues Produkt auf den Markt zu bringen, darf der Wahrscheinlichkeitsnachweis nicht schon
deshalb als nicht geführt angesehen werden, weil sich eine überwiegende Wahrscheinlichkeit nicht feststellen läßt. Vielmehr liegt es im Bereich der Vertragshaftung in einem solchen Fall nahe, nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge von einem angemessenen Erfolg des Geschädigten beim Vertrieb auszugehen und auf dieser Grundlage die Prognose hinsichtlich des entgangenen Gewinns und des infolgedessen entstandenen Schadens anzustellen, wobei auch ein Risikoabschlag in Betracht kommen mag.

d) Den sich hieraus ergebenden Anforderungen an die zu treffende Prognoseentscheidung ist das Berufungsgericht nicht gerecht geworden. Es hat sich von Rechtsirrtum beeinflußt die Bekundung der Sachverständigen zu eigen gemacht, eine Voraussage des wirtschaftlichen Erfolgs sei letztlich nicht möglich. Es hat damit versäumt, aus den tatsächlichen Grundlagen, von denen es ausgegangen ist, die nach § 252 BGB erforderlichen Schlüsse zu ziehen und die demnach auf der Grundlage des § 287 ZPO zumindest gebotene Schätzung eines Mindestschadens (vgl. u.a. Sen.Urt. v. 1.2.2000 - X ZR 222/98, NJW-RR 2000, 1340, 1341) selbst vorzunehmen.
III. Bei der erneuten Verhandlung wird das Berufungsgericht zunächst zu prüfen haben, ob hinsichtlich der isokratischen Geräte ein Interessewegfall bei der Klägerin eingetreten ist. Es wird weiter unter Berücksichtigung der Beweiserleichterungen , die sich aus den §§ 252 BGB, 287 ZPO ergeben, die Höhe des entgangenen Gewinns festzustellen haben.
Melullis Scharen Keukenschrijver
Mühlens Kirchhoff

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

Der zu ersetzende Schaden umfasst auch den entgangenen Gewinn. Als entgangen gilt der Gewinn, welcher nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen, insbesondere nach den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen, mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte.

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
VERSÄ UMNISURTEIL
X ZR 222/98 Verkündet am:
1. Februar 2000
Wermes
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 1. Februar 2000 durch den Vorsitzenden Richter Rogge, die
Richter Dr. Melullis, Scharen, Keukenschrijver und die Richterin Mühlens

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 16. Dezember 1997 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als darin die Klage in Höhe von 194.212,94 DM nebst Zinsen abgewiesen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird der Rechtsstreit zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin bestellte Ende 1981 bei der Beklagten eine Laseranlage für die von ihr betriebene Diskothek. Nach der Installation jedenfalls eines Teils der Anlage haben die Parteien eine Reihe von Zusatzvereinbarungen getroffen , die Um- und Ausbauten der Anlage sowie den Austausch einzelner Teile
zum Gegenstand hatten. Zwischen ihnen ist streitig, ob es sich dabei ganz oder teilweise um Arbeiten zur Beseitigung von Fehlern der Anlage handelte oder ob die Absprachen auf Zusatzwünsche des damaligen Alleingesellschafters der Klägerin zurückgingen.
Hiervon abgeleitete wechselseitige Ansprüche haben die Parteien im vorliegenden Rechtsstreit mit Klage, Aufrechnung und Widerklage geltend gemacht. Darüber ist durch Urteil des Berufungsgerichts vom 16. Dezember 1997 entschieden worden. Dieses Urteil ist weitgehend rechtskräftig, nachdem die von der Klägerin eingelegte Revision durch Beschluß des erkennenden Senats teilweise nicht angenommen und die Revision der Beklagten in dem gleichen Beschluß als unzulässig verworfen worden ist.
In der Revisionsinstanz im Streit ist nur noch eine Teilforderung der Klägerin in Höhe von 194.212,94 DM, die unter dem rechtlichen Gesichtspunkt des Schadensersatzes daraus abgeleitet wird, daß die Beklagte ihre im Vertrag vom 23. Juli 1982 übernommene Verpflichtung nicht erfüllt habe, den gelieferten Laser ... gegen einen Laser ... auszutauschen und die beiden gelieferten Laser ... in einen der Type ... umzubauen. Bei der Besprechung ihres Ersatzanspruchs hat die Klägerin den in der Preisliste der Beklagten für ein Neugerät des Typs ... genannten Preis zugrundegelegt.
Das Landgericht hat die Beklagte insoweit antragsgemäß zur Zahlung des verlangten Betrages Zug um Zug gegen Herausgabe der tatsächlich gelieferten Laser verurteilt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht diesen Teil der Entscheidung abgeändert und die Klage insoweit abgewiesen. Dagegen richtet sich die Revision der Klägerin, die nunmehr beantragt,
die angefochtene Entscheidung im Umfang der Annahme der Revision aufzuheben und die Beklagte entsprechend der erstinstanzlichen Entscheidung zur Zahlung zu verurteilen.
Die Beklagte war im Termin zur mündlichen Verhandlung über die Revision nicht vertreten.

Entscheidungsgründe:


Da die Beklagte im Termin zur mündlichen Verhandlung über die Revision nicht vertreten war, ist über das Rechtsmittel antragsgemäß sachlich durch Versäumnisurteil, jedoch aufgrund einer umfassenden Sachprüfung zu entscheiden (BGHZ 37, 79, 81). Danach hat das Rechtsmittel in dem angenommenen Umfang Erfolg. Insoweit führt es zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
1. Nach Ansicht des Berufungsgerichts steht der Klägerin wegen der unterbliebenen Lieferung der zwei Laser, auf die sich ihr Verlangen nach Zahlung in Höhe von 194.212,94 DM stützt, zwar dem Grunde nach ein Ersatzanspruch zu. Die auf die Lieferung dieser Geräte gerichtete Vereinbarung hat der Tatrichter mit den Absprachen vom 23. Juli 1987 als zustande gekommen angesehen. Danach sei die Beklagte verpflichtet gewesen, den ursprünglich gelieferten Laser ..., den sie aus im einzelnen zwischen den Parteien streitigen Gründen zurückgenommen habe, gegen einen neuen Laser ... auszutauschen sowie zwei weitere, bereits vorhandene Laser auf diese Type umzurüsten. Diese Vereinbarung sei wirksam; sie sei insbesondere nicht auf eine anfänglich unmögliche Leistung gerichtet gewesen (§ 306 BGB). Zwar
habe die Beklagte weder den neuen Laser liefern noch die vorhandenen entsprechend umrüsten können. Geräte wie die geschuldeten seien jedoch anderweitig unter der Bezeichnung S. am Markt erhältlich gewesen. Die von ihr behauptete und von der Klägerin bestrittene spätere Aufhebung dieses Teils ihrer Absprachen habe die Beklagte nicht bewiesen.
Auch die weiteren Voraussetzungen des Ersatzanspruchs (Verzug, Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung) seien gegeben. Seine Durchsetzung scheitere jedoch daran, daß insoweit ein erstattungsfähiger Schaden in keiner Höhe festgestellt werden könne. Für seine Berechnung könnten die in der Preisliste der Beklagten für derartige Geräte enthaltenen Preise nicht herangezogen werden, weil die Beklagte diese in ihre Preisliste aufgenommen habe, als sie noch der - sich später als unzutreffend herausstellenden - Ansicht gewesen sei, entsprechende Geräte selbst herstellen zu können. Welchen Aufwand sie hätte treiben müssen, um anderweitig entsprechende Geräte zu erwerben , habe die Klägerin nicht dargetan. Hinzu komme, daß die Beklagte nur die Lieferung eines Neugerätes geschuldet habe, während das andere durch Umbau bereits vorhandener Laser habe hergestellt werden sollen. Insoweit beschränke sich der Anspruch der Klägerin daher auf die Umrüstkosten, die von ihr ebenfalls nicht beziffert worden seien. Schließlich könne in diesem Zusammenhang nicht unberücksichtigt bleiben, daß die Parteien bei der Umrüstung von einem Aufwand von 50.000,-- DM ausgegangen seien, der zudem neben dem Austausch und dem Umbau der Laser noch weitere Leistungen habe abdecken sollen. Auch das schließe einen Ersatzanspruch jedenfalls in der geltend gemachten Höhe aus und begründe die Notwendigkeit, dessen Höhe auf der gegebenen Grundlage eingehend darzulegen. Dem sei die Klägerin
trotz eines ausdrücklichen Hinweises durch das Gericht nicht ausreichend nachgekommen.
2. Diese Würdigung greift die Revision im Ergebnis mit Erfolg an.

a) Zutreffend und von dem Rechtsmittel - auch weil ihm günstig - nicht beanstandet ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, daß der Klägerin dem Grunde nach der auf den Ersatz des Nichterfüllungsschadens gerichtete Anspruch nach § 326 BGB zusteht. Nach den tatrichterlichen Feststellungen, denen gegenüber im Revisionsverfahren erhebliche Beanstandungen nicht erhoben und die daher in diesem Verfahren zugrunde zu legen sind, war die Beklagte aufgrund der Vereinbarung vom 23. Juli 1987 verpflichtet, den ursprünglich gelieferten Laser ..., den sie wieder an sich genommen hatte, durch ein Neugerät ... und ein weiteres entsprechendes Gerät, das aus zwei anderen hergestellt werden sollte, zu ersetzen. Dieser Verpflichtung ist sie trotz dringender Aufforderung durch die Klägerin nicht nachgekommen; sie hat darüber hinaus erklärt, sowohl zur Lieferung des Neugerätes als auch zum Umbau der vorhandenen Geräte außerstande zu sein, und damit die Erfüllung dieser Leistungen endgültig und ernsthaft verweigert. Somit liegen, auch ohne daß es einer ausdrücklichen Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung bedurfte, die Voraussetzungen des § 326 BGB vor.

b) Nicht frei von Rechtsfehlern ist jedoch die daran anschließende Würdigung des Berufungsgerichts, der Klägerin habe gleichwohl mangels hinreichender Anhaltspunkte zur Höhe des Schadens insoweit ein Ersatz nicht zugesprochen werden können.
Keinen durchgreifenden Bedenken begegnet allerdings der dieser Auffassung zugrundeliegende rechtliche Ansatz, daß die von der Beklagten in ihrer Preisliste genannten Preise nicht unmittelbar zur Berechnung dieses Anspruchs herangezogen werden können. Der Schadensersatz wegen Nichterfüllung soll den Geschädigten so stellen, wie er bei gehöriger Erbringung der geschuldeten Leistung gestanden hätte. Beruht der Schaden auf dem Ausbleiben einer Leistung, kann er unter anderem nach den Kosten berechnet werden , die der Rechtsinhaber bei der anderweitigen Deckung des in der Leistung verkörperten Bedarfs hätte aufwenden müssen oder sogar aufgewendet hat. Für die Berechnung dieses Schadens sind danach in erster Linie die auf dem Markt üblichen Preise zugrunde zu legen, nicht jedoch die, die der Leistungspflichtige als Vergütung für seine Leistung vorgesehen hatte. Bestätigt wird dies dadurch, daß er umgekehrt den Gläubiger, der anderweitig ein Deckungsgeschäft zu marktgerechten Preisen abgeschlossen hat, nicht darauf verweisen kann, er habe die Leistung zu einem geringeren Preis versprochen und erbringen wollen.
Mit Recht hat der Tatrichter auch weiter angenommen, daß der Eintritt des Schadens und seine Höhe im Streitfall durch den Gläubiger so substantiiert darzulegen sind, daß der Schuldner zu diesem Vorbringen sachlich Stellung nehmen kann. Nicht hinreichend beachtet hat das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang jedoch den Grundsatz, daß - wenn wie hier Haftungsgrund und mit dem Ausbleiben der geschuldeten Leistung auch der Eintritt eines Schadens als solcher feststehen - eine auf den Ausgleich dieses Schadens gerichtete Klage nicht schon deshalb abgewiesen werden kann, weil die Ausführungen der Klägerin zur Substantiierung der Forderung in der geltend gemachten Höhe nicht genügen (vgl. Sen.Urt. v. 12.10.1993 - X ZR 65/92,
MDR 1994, 250 = NJW 1994, 663; s.a. BGH, Urt. v. 28.2.1996 - XII ZR 186/94, NJW-RR 1996, 1077). In einem solchen Fall hat das Gericht vielmehr zu prüfen , ob und gegebenenfalls im welchem Umfang ein in jedem Fall entstandener Mindestschaden aufgrund des festgestellten Sachverhalts im Wege der Schätzung (§ 287 Abs. 1 ZPO) festgestellt werden kann, wobei es gegebenenfalls zur Klärung der Schätzungsgrundlagen auch konkret von seinem Fragerecht Gebrauch zu machen hat. Als Anhaltspunkt für eine solche Schätzung bot sich hier zum einen der Preis für das nach den Feststellungen des Berufungsgerichts auf dem Markt erhältliche Vergleichsgerät an, auf dessen Verfügbarkeit es seine Erwägungen zum Fehlen einer objektiven Unmöglichkeit der von der Beklagten versprochenen Leistung gestützt hat. Als eine mögliche Grundlage einer solchen Schätzung kam daneben mittelbar auch der von der Beklagten in ihrer Preisliste für solche Geräte ausgeworfene Preis in Betracht. Insoweit spricht zunächst eine tatsächliche Vermutung dafür, daß sich die Beklagte bei dieser Preisgestaltung zum einen an dem auf dem Markt üblichen Entgelt für solche Geräte orientiert hat, da sie nur unter diesen Voraussetzungen überhaupt mit Bestellungen rechnen konnte, andererseits aus ihrer Sicht aber auch kein Anlaß bestand, die dort genannten Preise wesentlich zu unterschreiten. Anhaltspunkte, die eine andere Beurteilung rechtfertigen könnten, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt; insoweit sind im Revisionsverfahren erhebliche Rügen auch nicht erhoben worden.
Daß der Beklagten tatsächlich überhaupt oder jedenfalls zu den in ihrer Preisliste genannten Vergütungen die Herstellung und Lieferung entsprechender Laser nicht möglich gewesen ist, berührt deren Eignung als Grundlage einer Schadensschätzung nicht. Aus einer solchen Unmöglichkeit läßt sich allenfalls herleiten, daß es auf seiten der Beklagten eines weitergehenden Auf-
wandes bedurft hätte, um die Geräte, deren Produktion und Vertrieb nach den Feststellungen des Berufungsgerichts jedenfalls objektiv möglich war, herzustellen und zu liefern. Das stellt eine hierauf gestützte Schätzung des in jedem Fall eingetretenen Mindestschadens nicht in Frage. Ein in diesem Sinne erhöhter Aufwand könnte allenfalls dazu führen, daß die von der Beklagten kalkulierte Vergütung nicht ausreicht und deshalb höher zu bemessen wäre, nicht jedoch, daß dieser von der Klägerin für die Ersatzbeschaffung zu treibende Aufwand hinter diesem Betrag zurückbleiben muß.
Soweit das Berufungsgericht sich an der Feststellung eines Schadens auf dieser Grundlage auch deshalb gehindert gesehen hat, weil die Parteien für die Leistung der Beklagten eine deutlich niedrigere Vergütung vereinbart hatten, mit der zudem noch weitere Leistungen abgegolten werden sollten, übersieht es zum einen, daß die Leistung der Klägerin sich nicht auf diese Vergütung beschränkte, sondern die Rückgabe eines - auch nach Darstellung der Beklagten - wertvollen Lasers einschloß, über dessen Zeit- und Nutzwert die Parteien unterschiedliche Angaben gemacht haben, der aber in jedem Fall bereits der Beklagten vorlag und von dieser nicht mehr herausgegeben werden sollte. Unbeschadet dessen könnte zudem die Beklagte dem auf Ersatz des Nichterfüllungsschadens gerichteten Anspruch der Klägerin nicht mit Erfolg entgegenhalten, daß die von ihr für ihre Leistung geforderte Vergütung zu niedrig bemessen war. Soweit sie - wie hier nach den Feststellungen des Berufungsgerichts - Schadensersatz wegen Nichterfüllung schuldet, hat sie die Klägerin unabhängig von der Höhe der von ihr geforderten Gegenleistung so zu stellen, daß der vertraglich vereinbarte Erfolg erreicht wird. Ob sich das mit den vom Unternehmer kalkulierten Mitteln und Kosten erreichen läßt, ist grundsätzlich eine Frage des vom Unternehmer zu tragenden Kalkulationsrisikos. Inso-
weit gilt nichts anderes als bei der Erbringung der geschuldeten Leistung selbst, die sie ebenfalls nicht unter Hinweis auf die Vereinbarung einer nur unzureichenden Vergütung hätte verweigern können.
Daß die Beklagte lediglich einen neuen Laser ... schuldete und der zweite aus vorhandenen Geräten durch Zusammenbau hergestellt werden sollte, schließt eine Schätzung auf der Grundlage der von der Beklagten in ihrer Preisliste ausgeworfenen Neupreise ebenfalls nicht schlechthin aus. Für den Ersatzanspruch der Klägerin ist entscheidend allein, daß diese im Ergebnis über zwei Laser dieser Kategorie verfügen sollte. Ihr Nichterfüllungsschaden besteht darin, daß sie nicht in deren Besitz gelangt ist. Um diesen auszugleichen , hätte sie sich entsprechende Geräte anderweitig beschaffen müssen; dieser Aufwand bestimmt die Höhe des Nichterfüllungsschadens. Bei dessen Ausgleich hätte es allenfalls darum gehen können, ob durch den Erwerb eines Neugerätes eine Verbesserung gegenüber dem geschuldeten Leistungsgegenstand eingetreten ist, die sie sich auf ihren Ersatzanspruch hätte anrechnen lassen müssen. Einen solchen Vorteil darzulegen, war jedoch allein Sache der Beklagten; er mußte von der Klägerin in ihrem Vorbringen nicht ausgeschlossen werden. Diese hat - im Hinblick auf die zu schätzende Schadenshöhe - ihrer Darlegungs- und Substantiierungslast dadurch genügt, daß sie das Ausbleiben der von der Beklagten geschuldeten Leistung und den von dieser in ihrer Preisliste geforderten Preis als einer möglichen Grundlage der gerichtlichen Schätzung vorgetragen hatte.
3. Eine abschließende Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits ist dem Senat nicht möglich. Abgesehen davon, daß die Schätzung des Schadens nach § 287 ZPO in erster Linie Gegenstand einer tatrichterlichen Würdigung
und dem Revisionsgericht daher grundsätzlich verwehrt ist, scheidet eine eigene Schätzung des Senats hier auch deshalb aus, weil es an hinreichend tatrichterlichen Feststellungen zu den tatsächlichen Grundlagen einer solchen Schätzung fehlt. Diese werden ebenso wie die darauf zu stützende Schätzung nachzuholen sein.
Rogge Melullis Scharen
Keukenschrijver Mühlens

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

*

(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.

*

(1) Braucht der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten, entfällt der Anspruch auf die Gegenleistung; bei einer Teilleistung findet § 441 Abs. 3 entsprechende Anwendung. Satz 1 gilt nicht, wenn der Schuldner im Falle der nicht vertragsgemäßen Leistung die Nacherfüllung nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu erbringen braucht.

(2) Ist der Gläubiger für den Umstand, auf Grund dessen der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten braucht, allein oder weit überwiegend verantwortlich oder tritt dieser vom Schuldner nicht zu vertretende Umstand zu einer Zeit ein, zu welcher der Gläubiger im Verzug der Annahme ist, so behält der Schuldner den Anspruch auf die Gegenleistung. Er muss sich jedoch dasjenige anrechnen lassen, was er infolge der Befreiung von der Leistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt.

(3) Verlangt der Gläubiger nach § 285 Herausgabe des für den geschuldeten Gegenstand erlangten Ersatzes oder Abtretung des Ersatzanspruchs, so bleibt er zur Gegenleistung verpflichtet. Diese mindert sich jedoch nach Maßgabe des § 441 Abs. 3 insoweit, als der Wert des Ersatzes oder des Ersatzanspruchs hinter dem Wert der geschuldeten Leistung zurückbleibt.

(4) Soweit die nach dieser Vorschrift nicht geschuldete Gegenleistung bewirkt ist, kann das Geleistete nach den §§ 346 bis 348 zurückgefordert werden.

(5) Braucht der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten, kann der Gläubiger zurücktreten; auf den Rücktritt findet § 323 mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass die Fristsetzung entbehrlich ist.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.