Bundesgerichtshof Urteil, 12. Dez. 2006 - XI ZR 20/06

bei uns veröffentlicht am12.12.2006
vorgehend
Landgericht Erfurt, 9 O 825/04, 08.03.2005
Thüringer Oberlandesgericht, 5 U 297/05, 20.12.2005

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 20/06 Verkündet am:
12. Dezember 2006
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 12. Dezember 2006 durch den Vorsitzenden Richter
Nobbe, die Richter Dr. Müller, Dr. Joeres, die Richterin Mayen und den
Richter Dr. Grüneberg

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 5. Zivilsenats des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena vom 20. Dezember 2005 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die klagende Bank nimmt die Beklagten aus Bürgschaften in Anspruch.
2
Die Beklagten zu 1) bis 11) und zu 13) bis 15) sowie der Rechtsvorgänger der Beklagten zu 12) (im Folgenden: die Beklagten) beteiligten sich zum Zweck der Steuerersparnis als Kommanditisten an der U. GmbH & Co. Beteiligungs KG (im Folgenden : U. ). Nach § 7 Nr. 3 n des Gesellschaftsvertrages durften Bankkontokorrentkredite sowie mittel- und langfristige Darlehen, soweit sie insgesamt den Betrag von einer Million DM überschritten, nur mit Zustimmung der Gesellschafterversammlung aufgenommen werden. Die U. war Kommanditistin der F. GmbH & Co. Beteiligungs KG (im Folgenden: F. ) und bemühte sich um die Kapitalbeschaffung für ein von dieser produziertes Musical. Der Geschäftsführer der U. und der F. verhandelte 1998 mit der ... bank und der Klägerin als Hausbank über zinsgünstige Darlehen aus Förderprogrammen. Da eine endgültige Finanzierung zunächst nicht zustande kam, wurde eine Zwischenfinanzierung erörtert.
3
Die Klägerin teilte den Beklagten und den weiteren Kommanditisten der U. mit Schreiben vom 16. Juli 1998 mit, es sei angedacht, der U. einen Kreditrahmen von 5.000.000 DM zur Verfügung zu stellen, wenn dieser durch Bürgschaften der Kommanditisten gesichert werde. Die Höhe der Bürgschaften solle sich an dem jeweiligen Kommanditanteil orientieren. Sie bat um Unterzeichnung und Rücksendung eines beigefügten Bürgschaftsvordrucks sowie um Übersendung verschiedener Bonitätsunterlagen. Ferner wies sie darauf hin, dass der durch die Bürgschaften der Kommanditisten gesicherte Kredit ausgezahlt werden könne , obwohl die Gesamtfinanzierung des Musicals noch nicht gesichert sei. Ein Scheitern der Gesamtfinanzierung werde zur Inanspruchnahme aus den Bürgschaften führen. Die Beklagten unterzeichneten daraufhin in der Zeit von Juli bis Dezember 1998 die übersandten formularmäßigen Bürgschaften in Höhe von 25.000 DM bis 100.000 DM "zur Sicherung aller Forderungen" der Klägerin gegen die U. "aus noch zu gewährenden Kredit-/Darlehnsmitteln i.H.v. bis zu DM 5 Millionen" zur Finanzierung der Musicalproduktion. Die Beklagten zu 1) bis 7), 9), 10), 12), 13) und 15) erteilten der U. außerdem die Erlaubnis zur Aufnahme eines Zwischenkredits in Höhe von 4 bis 5 Millionen DM.
4
Geschäftsführer Der der U. und der F. unterschrieb am 11. November 1998 einen von der Klägerin vorbereiteten, noch undatierten Vordruck mit dem Auftrag, von einem bei ihr geführten Konto der U. 4.025.000 DM auf ein ebenfalls bei der Klägerin geführtes Konto der F. , das einen Sollsaldo von über 7.000.000 DM aufwies, umzubuchen. In Höhe des Überweisungsbetrages hatten die Kommanditisten bis zu diesem Zeitpunkt Bürgschaften übernommen. Die Klägerin führte diesen Auftrag am 13. November 1998 aus. In einem Schreiben vom 17. November 1998 bestätigte die Klägerin der U. die Einräumung eines Rahmenkredits in Höhe von 5.000.000 DM zur "Vorfinanzierung von noch nicht eingezahlten Kommanditeinlagen" und bat zum Zeichen des Einverständnisses um Unterzeichnung und Rücksendung einer beigefügten Zweitschrift. Mit Schreiben vom 16. Dezember 1998 an die Klägerin erklärte der Geschäftsführer der U. , der übersandte Darlehensvertrag entspreche nicht den geführten Finanzierungsgesprächen und verlangte Änderungen.
5
Nach der Musicalpremiere am 17. Dezember 1998 lehnte die ...bank am 21. Dezember 1998 die beantragten Förderdarlehen ab. Das Konto der U. wies am 31. Dezember 1998 einen Sollsaldo in Höhe von 4.026.580,51 DM auf. Am 6. Januar 1999 sandte die U. der Klägerin die Kreditbestätigung vom 17. November 1998 ohne Unterschrift mit der Begründung zurück, die Klägerin habe ihre Kreditzusagen am 30. Dezember 1998 zurückgezogen. Dem widersprach die Klägerin in einem Schreiben vom 12. Januar 1999 an die F. , dem die Kreditbestätigung vom 17. November 1998 wieder beigefügt war.
6
Die U. kam Zahlungsaufforderungen der Klägerin nicht nach.

7
Klage, Die mit der die Klägerin die Beklagten auf Zahlung von 12.782,30 €, 12.782,30 €, 12.782,30 €, 12.782,30 €, 12.782,30 €, 12.782,30 €, 25.564,59 €, 12.782,30 €, 51.129,19 €, 51.129,19 €, 25.564,59 €, 15.338,76 €, 12.782,30 €, 25.564,59 € bzw. 12.782,30 €, jeweils nebst Zinsen in Anspruch nimmt, ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Forderungen weiter.

Entscheidungsgründe:


8
Die Revision ist unbegründet.

I.


9
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
10
Die Klägerin habe gegen die Beklagten keinen Anspruch aus den übernommenen Bürgschaften.
11
Zwischen der Klägerin und der U. als Hauptschuldnerin sei kein Darlehensvertrag zustande gekommen. Die Klägerin habe der U. am 11. November 1998 zwar ein konkludentes Angebot zum Abschluss eines Darlehensvertrages gemacht, indem sie ihrem Geschäftsführer einen ausgefüllten Überweisungsträger zur Unterschrift vorgelegt habe. Dieses Angebot habe der Geschäftsführer der U. durch Unterzeichnung und Rückgabe des Überweisungsträgers an die Klägerin auch angenommen. Es sei aber davon auszugehen, dass der Vertragsschluss unter der - nicht eingetretenen - Bedingung erfolgt sei, dass die Gesellschafter der U. durch Beschluss mit der erforderlichen Mehrheit und der Treuhänder der Kommanditisten der Darlehensaufnahme zustimmten. Die Klägerin sei für ihre Behauptung, dass keine aufschiebende Bedingung vereinbart worden sei, beweisfällig geblieben. Sie habe sich mit der Verwertung der vom Landgericht B. in einem Rechtsstreit mit anderen Kommanditisten protokollierten Zeugenaussagen einverstanden erklärt. Aufgrund der gegensätzlichen Aussagen dieser Zeugen liege eine non-liquet-Situation vor. Der schriftliche Überweisungsträger begründe gemäß § 416 ZPO eine Vermutung der Richtigkeit und Vollständigkeit nur für einen entsprechenden Überweisungsauftrag, nicht aber für einen zugrunde liegenden Darlehensvertrag.
12
Darlehensvertrag Ein sei auch nicht durch die widerspruchslose Entgegennahme des Rechnungsabschlusses zum 31. Dezember 1998 zustande gekommen. Die U. habe mit ihrem Schreiben vom 6. Januar 1999 zum Ausdruck gebracht, dass kein Darlehensvertrag zustande kommen solle. Dies gelte unabhängig davon, ob der U. der Rechnungsabschluss am 6. Januar 1999 bereits vorgelegen habe und ob ihr Schreiben vom 6. Januar 1999 von einer vertretungsberechtigten Person unterzeichnet worden sei.
13
Ein etwaiger Bereicherungsanspruch der Klägerin werde durch die Bürgschaften nicht gesichert. Bei der Auslegung der Bürgschaftsvereinbarungen sei zu berücksichtigen, dass sich der Darlehensvertrag nicht nachträglich als unwirksam erwiesen habe, sondern dass es bereits an seinem Zustandekommen fehle. Es könne nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass die Bürgen auch für eine von vornherein rechtsgrundlose Zahlung haften wollten. Dass die Klägerin die Bürgen bereits am 16. Juli 1998 darauf hingewiesen habe, dass sie bei einem Scheitern der Gesamtfinanzierung in Anspruch genommen würden, ändere nichts, weil dabei die Gewährung eines Zwischenkredites vorausgesetzt worden sei, der gerade nicht zustande gekommen sei. Gegen die Erstreckung der Bürgschaft auf einen Bereicherungsanspruch spreche ferner, dass die Klägerin nicht an die U. gezahlt habe, sondern dass deren etwaige Verbindlichkeit gegenüber der Klägerin nur dadurch entstanden sei, dass diese einen Sollsaldo der F. über das Konto der U. ausgeglichen habe. Hinzu komme, dass kein Gesellschafterbeschluss über die Aufnahme von Darlehen herbeigeführt worden sei.

II.


14
Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung stand.
15
1. Die Begründung, mit der das Berufungsgericht den Abschluss eines Darlehensvertrages zwischen der Klägerin und der U. als Hauptschuldnerin verneint hat, ist rechtsfehlerfrei.
16
Ein a) Darlehensvertrag ist nicht dadurch zustande gekommen, dass die U. dem Angebot der Klägerin zum Abschluss eines Darlehensvertrages vom 17. November 1998 nicht unverzüglich, sondern erst am 16. Dezember 1998 widersprochen hat. Schweigen auf ein Vertrags- angebot ist, auch im Handelsverkehr, grundsätzlich nicht als Zustimmung anzusehen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn nach Treu und Glauben ein Widerspruch des Angebotsempfängers erforderlich gewesen wäre (Senat, Urteil vom 14. Februar 1995 - XI ZR 65/94, WM 1995, 695, 696 m.w.Nachw.). Ein solcher Ausnahmefall liegt hier nicht vor, da die Klägerin in ihrem Schreiben vom 17. November 1998 ausdrücklich eine Gegenbestätigung erbeten hatte. Welche Bedeutung dem Schweigen auf ein Schreiben, das kaufmännische Vereinbarungen wiedergibt, beizumessen ist, wenn um Gegenbestätigung gebeten wird, lässt sich nicht allgemein, sondern nur einzelfallbezogen entscheiden (vgl. BGH, Urteile vom 18. März 1964 - VIII ZR 281/62, NJW 1964, 1269, 1270 und vom 24. Oktober 2006 - X ZR 124/03, Umdruck S. 11). Die Klägerin wusste, dass die U. den Darlehensvertrag nur mit Zustimmung der Gesellschafterversammlung und des Treuhänders der Kommanditisten abschließen durfte, und dass diese Zustimmungen nicht vorlagen. Vor diesem Hintergrund kann ihre Bitte um Gegenbestätigung nicht lediglich als Wunsch nach einem urkundlichen Beweis für den Vertragsschluss verstanden werden. Sie bringt vielmehr zum Ausdruck, dass der Inhalt des Schreibens vom 17. November 1998 einen Vertragsinhalt nur dann verbindlich festlegen soll, wenn die Gegenbestätigung erfolgt. Dies ist nicht geschehen.
17
b) Die Auffassung des Berufungsgerichts, die Klägerin sei für den unbedingten Abschluss eines Darlehensvertrages am 11. November 1998 beweisfällig (vgl. zur Beweislast: BGH, Urteil vom 10. Juni 2002 - II ZR 68/00, WM 2003, 594) geblieben, beruht entgegen der Auffassung der Revision auf einer eigenen Beweiswürdigung des Berufungsgerichts. Dass diese mit der Würdigung des Oberlandesgerichts B. in dem in einem Rechtsstreit mit anderen Kommanditisten ergangenen Urteil vom 6. November 2002 - 3 U ... - übereinstimmt, ändert daran nichts. Das Berufungsgericht musste sich bei seiner Beweiswürdigung, anders als die Revision meint, nicht ausdrücklich mit Schreiben des Geschäftsführers der U. vom 2. und 12. Oktober 1998 auseinandersetzen , in denen dieser um Auszahlung der Darlehensvaluta bat. Dass das Berufungsgericht diese Schreiben in den Gründen seiner Entscheidung nicht ausdrücklich behandelt, ist angesichts der Zeugenaussagen über die Gespräche am 11. November 1998, die für seine Beweiswürdigung entscheidend waren, rechtlich nicht zu beanstanden.
18
c) Der Abschluss eines unbefristeten, ausweislich der Kreditzusage der Klägerin vom 17. November 1998 gar nicht gewollten Darlehensvertrages am 11. November 1998 ohne Festlegung der Kreditkonditionen lässt sich entgegen der Auffassung der Revision auch nicht mit dem an diesem Tag vom Geschäftsführer der U. unterschriebenen Überweisungsauftrag begründen. Da der Geschäftsführer bei der Unterzeichnung kein Datum eingesetzt hat, begründet der Überweisungsauftrag schon keine Vermutung dafür, dass bereits an diesem Tag ein unbedingter Umbuchungsauftrag erteilt werden sollte. Selbst ein unbedingter Auftrag ließe nicht auf den unbedingten Abschluss eines Darlehensvertrages schließen. Das gilt entgegen der Ansicht der Revision auch unter Berücksichtigung der Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit privatschriftlicher Urkunden. Der unterzeichnete Umbuchungs- bzw. Überweisungsträger diente nur der Dokumentation des Überweisungsauftrags, nicht eines zugrunde liegenden Geschäfts, etwa eines Darlehensvertrages. Außerdem hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei nicht feststellen können, dass die Unterzeichnung des Vordrucks die unbedingte Annah- me eines Angebots der Klägerin zum Abschluss eines Darlehensvertrages zum Ausdruck bringt. Dann kann aber in der Unterzeichnung, anders als die Revision meint, auch kein unbedingtes Angebot zum Abschluss eines Darlehensvertrages gesehen werden. Schließlich kann die Duldung einer Kontoüberziehung durch Ausführung eines Umbuchungs- bzw. Überweisungsauftrages auch ohne Abschluss eines Darlehensvertrages, etwa im Vorgriff auf einen solchen erfolgen (vgl. BGHZ 138, 40, 47; Lwowski, in: Schimanski/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch 2. Aufl. § 75 Rdn. 15). Sie ist deshalb mit der Auffassung des Berufungsgerichts, ein unbedingter Abschluss eines Darlehensvertrages sei nicht feststellbar , vereinbar.
19
d) Entgegen der Auffassung der Revision kann keine Rede davon sein, die Klägerin und die U. seien in der Zeit nach dem 11. November 1998 vom Abschluss eines Darlehensvertrages ausgegangen bzw. hätten einen solchen abgeschlossen. Dies ergibt sich insbesondere nicht aus dem Schreiben vom 16. Dezember 1998, auf das sich die Revision beruft. In diesem Schreiben hat der Geschäftsführer der F. und der U. ausgeführt, die von der Klägerin vorgeschlagenen Darlehensvereinbarungen entsprächen nicht den wesentlichen Inhalten der geführten Gespräche und müssten nachgebessert werden. Er führt hierfür mehrere Beispiele an und bezeichnet insbesondere den von der Klägerin geforderten Zinssatz als nicht akzeptabel. Vor diesem Hintergrund kann gemäß § 154 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht vom Abschluss eines Darlehensvertrages ausgegangen werden.
20
Die Revision wendet sich auch ohne Erfolg gegen die Auslegung des Schreibens der U. vom 6. Januar 1999 durch das Berufungsge- richt. Mit diesem Schreiben hat die U. der Klägerin den Darlehensvertrag ohne Unterschrift zurückgesandt, weil die Klägerin, nach dem Verständnis der U. , ihre Kreditzusage zurückgezogen habe. Die Auffassung des Berufungsgerichts, die U. habe damit zum Ausdruck gebracht , dass kein Darlehensvertrag zustande kommen solle, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Darauf, dass die U. die Richtigkeit des Rechnungsabschlusses zum 31. Dezember 1998 nicht in Zweifel gezogen hat, kommt es für das Zustandekommen eines Darlehensvertrages nicht an.
21
2. Auch die Auffassung des Berufungsgerichts, die Bürgschaften der Beklagten sicherten einen etwaigen Bereicherungsanspruch der Klägerin nicht, ist rechtlich nicht zu beanstanden.
22
Die a) Revision beruft sich ohne Erfolg auf die Rechtsprechung des früher für das Bürgschaftsrecht zuständigen IX. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 15. März 2001 - IX ZR 273/98, WM 2001, 950, 951), dass eine Erstreckung einer zur Darlehenssicherung bestellten Bürgschaft auf einen Bereicherungsanspruch des Darlehensgebers nahe liege, wenn die ausgezahlten Geldbeträge demselben Zweck dienten wie das in Aussicht genommene Darlehen, wenn sie zu denselben Bedingungen zur Verfügung gestellt würden und wenn das Risiko des Bürgen durch die Auszahlung ohne gesicherte Rechtsgrundlage nicht erhöht werde. Von Bedeutung ist nach dieser Rechtsprechung ferner, ob der Bürge ein eigenes wirtschaftliches Interesse verfolgt. Der vorliegende Fall weist Besonderheiten auf, die das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei zur Begründung eines anderen Auslegungsergebnisses herangezogen hat. Die Bürgschaften sind, anders als in dem vom IX. Zivilsenat entschiedenen Fall, nicht von einem Kreditinstitut, das die Bürgschafts- erklärung selbst verfasst hat, sondern von bürgschaftsunerfahrenen Privatpersonen auf einer von der Klägerin vorformulierten Urkunde übernommen worden. Der von der Klägerin entworfene Text der Bürgschaftsurkunde bezeichnet als Sicherungszweck alle Forderungen aus "noch zu gewährenden Kredit-/Darlehnsmitteln". Die Bürgschaften erstrecken sich demnach auf Ansprüche der Klägerin aus Darlehensverträgen mit der U. . Auf die Entstehung solcher Ansprüche und die Darlehenskonditionen konnten die Beklagten, wie der Klägerin bekannt war, auch nach Unterzeichnung der Bürgschaftserklärung noch Einfluss nehmen, weil der Abschluss von Darlehensverträgen in Höhe von insgesamt mehr als eine Million DM nach § 7 Nr. 3 n des Gesellschaftsvertrages der U. die Zustimmung der Gesellschafterversammlung voraussetzte. Dass das Berufungsgericht sofort fällige Bereicherungsansprüche, deren Entstehung nicht von einem Gesellschafterbeschluss abhing und somit dem Einfluss der Beklagten entzogen war, nicht als durch die Bürgschaft gesichert angesehen hat, ist auch unter Berücksichtigung einer nach beiden Seiten in teressengerechten Auslegung rechtlich nicht zu beanstanden.
23
Entgegen b) der Auffassung der Revision handeln auch die Beklagten , die der Geschäftsführung der U. die Erlaubnis erteilt haben, einen Zwischenkredit in Höhe von 4 bis 5 Millionen DM aufzunehmen, nicht treuwidrig, indem sie gegen ihre Inanspruchnahme als Bürgen das Fehlen eines Gesellschafterbeschlusses einwenden. Nach der erteilten Erlaubnis durfte der Kredit ausschließlich für die Musicalproduktion eingesetzt werden. Ein etwaiger Bereicherungsanspruch der Klägerin ist aber nicht durch die Auszahlung der Darlehensvaluta an die U. entstanden , die dieser bzw. der F. neue Investitionen in das Musicalprojekt ermöglicht hätte, sondern durch eine Umbuchung vom Konto der U. auf das der F. , die lediglich den Sollsaldo dieses Kontos zurückführte. Dass eine Kreditaufnahme auch zu diesem Zweck erfolgen durfte, bringt die Erlaubnis nicht hinreichend deutlich zum Ausdruck.

III.


24
Die Revision war demnach als unbegründet zurückzuweisen.
Nobbe Müller Joeres
Mayen Grüneberg
Vorinstanzen:
LG Erfurt, Entscheidung vom 08.03.2005 - 9 O 825/04 -
OLG Jena, Entscheidung vom 20.12.2005 - 5 U 297/05 -

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 416 Beweiskraft von Privaturkunden


Privaturkunden begründen, sofern sie von den Ausstellern unterschrieben oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet sind, vollen Beweis dafür, dass die in ihnen enthaltenen Erklärungen von den Ausstellern abgegeben sind.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 154 Offener Einigungsmangel; fehlende Beurkundung


(1) Solange nicht die Parteien sich über alle Punkte eines Vertrags geeinigt haben, über die nach der Erklärung auch nur einer Partei eine Vereinbarung getroffen werden soll, ist im Zweifel der Vertrag nicht geschlossen. Die Verständigung über einzel

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bei uns veröffentlicht am 24.10.2006

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 124/03 Verkündet am: 24. Oktober 2006 Wermes Justizhauptsekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

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Privaturkunden begründen, sofern sie von den Ausstellern unterschrieben oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet sind, vollen Beweis dafür, dass die in ihnen enthaltenen Erklärungen von den Ausstellern abgegeben sind.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 124/03 Verkündet am:
24. Oktober 2006
Wermes
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Welche Bedeutung dem Schweigen auf ein Schreiben, das kaufmännische Vereinbarungen
wiedergibt, beizumessen ist, wenn um Gegenbestätigung gebeten wurde,
lässt sich nicht allgemein entscheiden, sondern ist im Einzelfall zu prüfen (Bestätigung
von BGH, Urt. v. 18.03.1964 - VIII ZR 281/62, NJW 1964, 1269, 1270; RGZ
106, 414, 416; 104, 201, 202).
Ein Rahmenvertrag, der bestimmte Bedingungen für abzuschließende Einzelverträge
der Parteien festlegt, begründet nicht anders als ein Sukzessiv- oder Dauerlieferungsvertrag
Gegenseitigkeit zwischen den wechselseitigen Leistungspflichten aus
den verschiedenen Einzelverträgen.
BGH, Urt. v. 24. Oktober 2006 - X ZR 124/03 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 24. Oktober 2006 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, den
Richter Scharen, die Richterin Mühlens und die Richter Prof. Dr. Meier-Beck
und Dr. Kirchhoff

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 23. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 25. Juli 2003 im Kostenausspruch und insoweit aufgehoben, als mit ihm unter Zurückweisung der Berufung gegen das Urteil der 10. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf vom 23. November 2001 die Klage gegen die Beklagte zu 2 abgewiesen worden ist hinsichtlich ab dem 1. August 1995 entstandener Schadensersatzansprüche auf entgangenen Gewinn für Stahl, der von der Beklagten zu 2 ab Juli 1995 zu vergüten war, sowie auf Schadensersatz in Höhe von 118.003,47 € (= 230.794,72 DM) wegen des Verlustes von 221,918 t Stahl.
Im Übrigen wird die Revision zurückgewiesen.
Im Umfang der Aufhebung wird der Rechtsstreit zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin, eine inzwischen in Liquidation befindliche Gesellschaft belgischen Rechts, verlangt von der Beklagten zu 2 (im Folgenden: Beklagte) Schadensersatz wegen verzögerter und unterlassener Vergütung von Stahl durch Wärmebehandlung sowie wegen Verlustes von Stahl.
2
Mit Schreiben vom 19. Januar 1995 bot die Beklagte der Klägerin an, von März bis Dezember 1995 monatlich bestimmte Kapazitäten zu einem bestimmten Preis für die Vergütung von Stahl der Klägerin zu "reservieren". Der Bitte der Beklagten um kurzfristige Auftragserteilung kam die Klägerin mit Schreiben vom folgenden Tag nach, wobei sie die ersten Stahlmengen bis Anfang März 1995 ankündigte.
3
Erstmals am 22. April 1995 lieferte die Klägerin 45,75 t Stahl zur Vergütung. Weitere Lieferungen erfolgten zunächst nicht. Zwischen Anfang März und Ende Mai 1995 übernahm die Beklagte zur Auslastung ihrer Kapazitäten Aufträge von Drittunternehmen, die bis Ende 1995 auszuführen waren. Mit Schreiben vom 29. Mai 1995 kündigte die Klägerin für die folgenden Wochen Lieferungen von insgesamt 4.764 t Stahl an. Nachdem die Beklagte der Klägerin mitgeteilt hatte, dass in dieser Größenordnung eine Bearbeitung des Stahls nicht nach deren Terminvorgaben möglich sei, wurden für die restlichen Monate des Jahres 1995 die im Januar 1995 verabredeten Mengen in einem Gespräch der Parteien deutlich reduziert. Die Klägerin fasste das Verhandlungsergebnis in einem Schreiben an die Beklagte vom 8. Juni 1995 mit dem einleitenden Hinweis zusammen, der "nachstehend aufgeführte Vertrag" sei zwischen den Parteien ausgehandelt worden. Die von der Klägerin erbetene Gegenzeichnung des Vertrags blieb aus. Ob die in dem Schreiben genannten Vergütungsmengen bereits zuvor mündlich verbindlich vereinbart worden waren, ist zwischen den Parteien streitig.
4
In den Folgemonaten lieferte die Klägerin weiter Stahl, den die Beklagte jedoch nur in einer Menge bearbeitete, die hinter den im Schreiben vom 8. Juni 1995 genannten Größenordnungen zurückblieb. Ab Juni 1995 schickte die Klägerin deshalb Stahl zur Vergütung nach England.
5
Mit Schreiben vom 25. Oktober 1995 wies die Klägerin die Beklagte auf bei der Beklagten und in anderen Lagern zur Bearbeitung bereitstehende Stahlmengen hin und äußerte ihre Erwartung, dass die Beklagte ihre eingegangenen Verpflichtungen erfüllen werde.
6
Am 21. Dezember 1995 unterzeichneten die Parteien ein Protokoll über ihre weitere Zusammenarbeit und die zu vergütenden Mindestmengen für die Zeit vom 2. Januar bis 30. Juni 1996. Auch die dort genannten Mengen bearbeitete die Beklagte nicht in vollem Umfang. Mit Datum 2. Mai 1996 übersandte der belgische Anwalt der Klägerin ein mit "Inverzugsetzung" überschriebenes Schreiben an die Beklagte.
7
Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin Schadensersatz, der sich mit im Laufe des Rechtsstreits wechselnden Beträgen aus folgenden Positionen zusammensetzt : - entgangener Gewinn, weil der von der Beklagten tatsächlich bearbeitete und ausgelieferte Stahl wegen der Verzögerungen und infolge eines Preisverfalls auf dem Stahlmarkt im Jahre 1996 nur mit Gewinneinbußen habe verkauft werden können; - entgangener Gewinn, weil es wegen der unterbliebenen Bearbeitung von Stahl durch die Beklagte zu Auftragsstornierungen der Abnehmer der Klägerin gekommen sei; - Kosten für den Transport von Stahl nach England, der nach Auffassung der Klägerin eigentlich von der Beklagten hätte bearbeitet werden müssen, sowie entgangener Gewinn wegen verzögerter Veräußerung des ersatzweise in England vergüteten Stahls; - Schadensersatz für Stahl, der bei der Beklagten verloren gegangen sei.
8
Außerdem hat die Klägerin Schadensersatz für bei der Beklagten noch vorhandenen, bislang aber nicht zurückgegebenen Stahl verlangt. Dieser Klageantrag ist nach der vom Berufungsgericht ausgesprochenen und von der Beklagten hingenommenen Zug-um-Zug-Verurteilung zur Herausgabe jenes Stahls gegen Begleichung einer noch offenen Werklohnforderung der Beklagten nicht mehr Gegenstand des Revisionsverfahrens.
9
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung blieb, abgesehen von dem von der Beklagten anerkannten und erstmals in der Berufungsinstanz geltend gemachten Herausgabeanspruch, ohne Erfolg.
10
Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision, der die Beklagte entgegentritt , verfolgt die Klägerin ihre Schadensersatzforderungen weiter.

Entscheidungsgründe:


11
Die zulässige Revision ist teilweise begründet und führt im Umfang der Aufhebung zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht, dem auch die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens zu übertragen ist.
12
Zutreffend wendet das Berufungsgericht auf die Vereinbarung der Parteien das Bürgerliche Gesetzbuch in der vor dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung an. Dies greift die Revision auch nicht an.
13
I. Ansprüche wegen verzögerter Lieferung
14
Das Berufungsgericht hat Ansprüche der Klägerin auf Ersatz von Verzögerungsschäden nach § 286 Abs. 1 BGB a.F. insgesamt verneint. Dies hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nur teilweise stand.
15
1. März bis Mai 1995
16
a) Das Berufungsgericht hat angenommen, die Vereinbarung der Parteien vom 19./20. Januar 1995 begründe keine Leistungspflichten, mit denen die Beklagte in Verzug hätte geraten können. Leistungspflichten der Beklagten könnten sich lediglich im Rahmen der tatsächlichen Anlieferungen der Klägerin ergeben. Soweit in den Monaten April und Mai 1995 die geringfügigen Anlieferungen der Klägerin verzögert bearbeitet worden sein sollten, sei kein Verzug der Beklagten eingetreten. Eine Mahnung sei bis Anfang Juni 1995 weder erfolgt noch nach § 284 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F. entbehrlich gewesen. Für die Leistung sei keine Zeit nach dem Kalender bestimmt gewesen. Außer von dem Eintritt eines Kalendertages sei die Leistung noch von hiervon unabhängigen Umständen, nämlich dem Umfang der Lieferungen der Klägerin, abhängig gewesen. Mit der Reservierung von Kapazitäten sei lediglich die Größenordnung der künftigen Zusammenarbeit der Parteien und nicht die Erbringung einer bestimmten Leistung zu einer bestimmten Zeit festgelegt worden. Denn es könne kaum dem Willen der Parteien entsprochen haben, bei verzögerter Anlieferung erst in den letzten Tagen eines Monats eine Bearbeitung des gesamten Monatsolls in wenigen Tagen verbindlich vorzusehen.
17
b) Dies hält den Angriffen der Revision stand.
18
Entgegen der Ansicht der Revision lässt die Annahme des Berufungsgerichts , eine Bestimmung der Leistungszeit nach dem Kalender liege nicht vor und eine Mahnung sei infolgedessen nicht gemäß § 284 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F. entbehrlich gewesen, keinen Rechtsfehler erkennen. Es kommt daher nicht auf die von dem Berufungsgericht bejahte Frage an, ob auch das für den Verzugseintritt notwendige Verschulden (§ 285 BGB a.F.) der Beklagten fehlt, weil die Minderlieferungen der Klägerin in den Monaten März bis Mai 1995 vor dem Hintergrund der von der Beklagten der Klägerin speziell für ihren Auftrag angekündigten Neueinstellung von zehn Personen eine grobe Vertragsuntreue darstellten und die Beklagte berechtigten, sich um Ersatzaufträge zu bemühen.
19
Die Leistungszeit kann grundsätzlich auch dadurch nach dem Kalender bestimmt sein, dass Leistung bis zum Ablauf eines bestimmten Kalenderabschnitts (etwa Monat, Jahr) vereinbart wird (vgl. BGH, Urt. v. 19.09.1983 - VIII ZR 84/82, NJW 1984, 48, 49; Urt. v. 25.01.2001 - I ZR 287/98, NJW 2001, 2878, 2879). Ob nach dem Inhalt der vertraglichen Vereinbarung eine kalendermäßige Bestimmung in diesem Sinne vorliegt, ist im Wege der grundsätzlich dem Tatrichter vorbehaltenen Auslegung zu ermitteln (vgl. BGH, Urt. v. 11.02.1971 - VII ZR 170/69, WM 1971, 615, 618). Weil die Leistungsfähigkeit der Beklagten von Umfang und Zeitpunkt der Anlieferung des zu behandelnden Stahls abhing, stellt es eine mögliche tatrichterliche Auslegung der Vereinbarung vom 19. Januar 1995 dar, die monatlich aufgeschlüsselte Zusage der Reservierung von Kapazitäten nicht als Leistungszeitbestimmung für die Vergütung bestimmter Mengen anzusehen. Die Zusage von Vergütungskapazitäten durch die Beklagte ist auf Monate und damit jeweils auf Zeiträume bezogen, innerhalb derer sich die Beklagte in der Lage sah, Stahl in der angegebenen Menge zu vergüten. Dann waren aber Zeitpunkt und Umfang der Anlieferung von Stahl maßgeblich dafür, ob die Beklagte mit ihren Vergütungskapazitäten tatsächlich leistungsfähig sein konnte. Aus der Unbestimmtheit der Anlieferung darauf zu schließen, die Leistungszeit für die im Schreiben vom 19. Januar 1995 genannten Gesamtmengen sei nach dem Inhalt der Vereinbarung kalendermäßig nicht bestimmt, ist dann nicht zu beanstanden.
20
Fehl geht die Rechtsansicht der Revision, das Ausbleiben einer nach dem Vertrag erforderlichen Mitwirkungshandlung des Gläubigers könne lediglich das für den Verzugseintritt erforderliche Verschulden (§ 285 BGB a.F.), nicht jedoch eine Leistungszeitbestimmung ausschließen. Auch wenn eine ausbleibende Mitwirkungshandlung des Bestellers den Verzug des Schuldners ausschließt , bedeutet dies keineswegs, dass eine notwendige und insbesondere wie hier zeitlich nicht näher bestimmte Mitwirkungshandlung des Bestellers nicht auch schon bei der Frage relevant sein kann, ob überhaupt eine kalendermäßige Bestimmung vorliegt.
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2. Juni bis Dezember 1995
22
a) Nach Auffassung des Berufungsgerichts bestand auch für die Monate Juni bis Dezember 1995 keine allgemeine vertragliche Verpflichtung der Beklagten zur monatlichen Bearbeitung bestimmter Mindestmengen. Die Parteien hätten sich Anfang Juni 1995 darüber geeinigt, dass die Vereinbarung vom Januar 1995 nicht mehr gelten solle, und die dort aufgeführten Mengen deutlich reduziert. Die Klägerin habe jedoch nicht schlüssig dargelegt, dass sich die Parteien über die in dem Schreiben vom 8. Juni 1995 aufgeführten Mengen als verbindlich zu vergütende Mindestmengen geeinigt hätten. Eine schriftliche Einigung liege nicht vor, da die Beklagte das Schreiben der Klägerin entgegen deren Aufforderung nicht gegengezeichnet habe. Auch nach den Grundsätzen des kaufmännischen Bestätigungsschreibens sei kein Vertrag zustande gekommen. Bitte der Absender eines Schreibens um eine Gegenbestätigung, liege regelmäßig kein Bestätigungsschreiben im Rechtssinne vor. Die Bitte um Gegenzeichnung ergebe keinen Sinn, wenn man eine bereits erzielte Einigung lediglich bestätigen und nicht erst den Vertragsschluss herbeiführen wolle. Von einer dem Schreiben der Klägerin vorausgegangenen mündlichen Einigung der Parteien könne ebenfalls nicht ausgegangen werden. Der Wortlaut des Schreibens , nach dem der "nachstehende Vertrag" "ausgehandelt" worden sei, sowie die Bitte um Gegenzeichnung zeigten, dass die Klägerin selbst nicht von einem bereits mündlich geschlossenen Vertrag ausgegangen sei.
23
Hinsichtlich der Stahlmengen, die die Beklagte entgegengenommen und deren Vergütung sie damit geschuldet habe, lägen die Voraussetzungen des Schuldnerverzugs ebenfalls nicht vor. Das allein als Mahnung in Betracht kommende Schreiben der Klägerin vom 25. Oktober 1995 habe keinen Verzug auslösen können, da der Beklagten zu diesem Zeitpunkt bereits ein Zurückbehaltungsrecht gemäß § 320 BGB zugestanden habe. Mit dem als "vierte Mahnung" bezeichneten Schreiben vom 10. Oktober 1995 habe die Beklagte einen ihr geschuldeten Werklohnsaldo von 206.027,-- DM festgestellt und der Klägerin eine Zahlungsfrist bis zum 24. Oktober 1995 gesetzt. Gezahlt habe die Klägerin erst am 21. November 1995. Jedenfalls die "vierte Mahnung" sei der Klägerin zugegangen. Denn weil sich aufgrund der fortlaufenden Lieferungen der Beklagten beinahe täglich der Saldo ihrer Forderungen geändert habe, sei ohne Zugang dieser Mahnung nicht zu erklären, warum die Klägerin im November 1995 der Beklagten genau den in jener Mahnung angegebenen Betrag gezahlt habe.
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Schließlich fehle es auch hier an dem für Verzug erforderlichen Verschulden , da die Lieferengpässe der Beklagten noch durch die von ihr im Frühjahr 1995 angenommenen Ersatzaufträge verursacht worden seien.
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b) Diese Ausführungen sind nicht frei von Rechtsfehlern.
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aa) (1) Rechtsfehlerhaft ist zunächst die Annahme des Berufungsgerichts , die Beklagte müsse den Inhalt des von ihr unbeantwortet gelassenen Schreibens der Klägerin vom 8. Juni 1995 nicht gegen sich gelten lassen, weil ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben regelmäßig nicht vorliege, wenn der Absender um Gegenbestätigung bitte.
27
Welche Bedeutung dem Schweigen auf ein Schreiben, das kaufmännische Vereinbarungen wiedergibt, beizumessen ist, wenn um Gegenbestätigung gebeten wurde, lässt sich nicht allgemein entscheiden, sondern ist im Einzelfall zu prüfen (vgl. BGH, Urt. v. 18.03.1964 - VIII ZR 281/62, NJW 1964, 1269, 1270; RGZ 106, 414, 416; 104, 201, 202). Die Bitte um Gegenbestätigung bringt keineswegs zwangsläufig oder auch nur regelmäßig zum Ausdruck, dass der Inhalt des Schreibens einen Vertragsinhalt nur dann verbindlich festlegen soll, wenn die Gegenbestätigung erfolgt. Mit der Bitte um Gegenbestätigung kann auch lediglich das für den Empfänger erkennbare Anliegen des Absenders verbunden sein, einen urkundlichen Beweis für den Zugang seines Schreibens und den Vertragsschluss in die Hände zu bekommen (vgl. RGZ, aaO). Das Berufungsgericht durfte daher das Vorliegen eines kaufmännischen Bestätigungsschreibens nicht allein unter Hinweis auf die erbetene Gegenzeichnung verneinen. Denkgesetzlich falsch ist das Argument des Berufungsgerichts, die Eingangsformulierung des Schreibens spreche entscheidend dafür, dass die Klägerin selbst nicht von einem bereits erfolgten Vertragsschluss ausgegangen sei und deshalb die Gegenzeichnung verlangt habe. Die Mitteilung, ein Vertrag sei ausgehandelt worden, ist regelmäßig dahingehend zu verstehen, dass bereits ein Verhandlungsergebnis erzielt wurde, es also zu einem Vertragsschluss gekommen ist. Feststellungen, die ausnahmsweise ein abweichendes Verständnis nahelegen könnten, hat das Berufungsgericht nicht getroffen.
28
Im wiedereröffneten Berufungsrechtszug wird das Berufungsgericht auf Grundlage der vorstehenden rechtlichen Beurteilung erneut zu prüfen haben, ob das Schreiben der Klägerin vom 8. Juni 1995 als kaufmännisches Bestätigungsschreiben zu qualifizieren ist. Dabei wird das Berufungsgericht auch zu beachten haben, dass die Durchführung der Vergütung wegen der notwendigen Anlieferung und Lagerung von Stahl - für die Beklagte erkennbar - mit erheblichem Aufwand und Risiko auf Seiten der Klägerin verbunden war. Wollte die Beklagte sich nicht verbindlich zur Übernahme der genannten Vergütungsmengen verpflichten, durfte die Klägerin deshalb erwarten, dass die Beklagte dem Schreiben unverzüglich widersprach, um Streitigkeiten und Missverständnisse bei der weiteren Zusammenarbeit zu vermeiden. Dafür spricht auch, dass es bei der Umsetzung der Vereinbarung vom 19./20. Januar 1995 zu Schwierigkeiten gekommen war. Für die Klägerin bestand deshalb Anlass, sich mit der Bitte um Gegenzeichnung in beweiskräftiger Weise der Verpflichtung der Beklagten zu vergewissern und sie damit zusätzlich zur Durchführung des Vertrags anzuhalten. Dafür, dass der Inhalt des Bestätigungsschreibens mit der Gegenzeichnung stehen oder fallen sollte, ist nach den bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts hingegen nichts ersichtlich. Die Annahme des Berufungsgerichts, es sei jedenfalls eine Einigung dahingehend erfolgt, dass die Vergütungsmengen aus der Vereinbarung vom 19./20. Januar 1995 nicht mehr hätten gelten sollen, steht dazu in Widerspruch.
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(2) Das Berufungsgericht hätte ferner den Vortrag der Klägerin, am Vortag sei zwischen den Parteien eine mit dem Schreiben vom 8. Juni 1995 inhaltsgleiche mündliche Einigung über verbindlich zu vergütende Mindestmengen getroffen worden, nicht als unschlüssig zurückweisen dürfen.
30
Wozu die Klägerin insoweit näher hätte vortragen müssen, wird vom Berufungsgericht nicht aufgezeigt. Es meint lediglich, der Eingangswortlaut des Schreibens und die Bitte um Gegenzeichnung sprächen entscheidend gegen eine vorhergehende mündliche Einigung. Damit wendet sich das Berufungsgericht allerdings nicht gegen die Schlüssigkeit der Behauptung der Klägerin, sondern sieht diese aufgrund des Inhalts des Schreibens nicht als erwiesen an. Diese tatrichterliche Würdigung ist unabhängig von ihrer bereits oben aufgezeigten denkgesetzlichen Fehlerhaftigkeit bereits deshalb für den Senat nicht bindend, weil das Berufungsgericht - wie die Revision mit Recht rügt - verfahrensfehlerhaft die zum Beweis der vorherigen mündlichen Einigung von der Klägerin benannten Zeugen L. und K. nicht vernommen hat.
31
Gelangt das Berufungsgericht bei seiner erneuten Prüfung zu dem Ergebnis , dass die Parteien nach den Grundsätzen des kaufmännischen Bestätigungsschreibens oder mündlich eine Vereinbarung mit dem im Schreiben vom 8. Juni 1995 wiedergegebenen Inhalt abgeschlossen haben, wird es weiter zu erwägen haben, ob darin monatliche Mengenvorgaben für die Werkleistung der Beklagten verbindlich vereinbart wurden und ob für diese Leistungen eine Zeit nach dem Kalender bestimmt war, so dass die Beklagte deshalb ohne Mahnung in Verzug mit ihrer monatlichen Vergütungsleistung gelangen konnte (§ 284 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F.). Dabei wird es zu berücksichtigen haben, dass die Klägerin zwar anders als bei der Vereinbarung vom 19./20. Januar 1995 in dem Schreiben vom 8. Juni 1995 Zeiträume angegeben hat, innerhalb derer sie der Beklagten bestimmte Mengen Stahl zur Vergütung bereit stellen wollte. Das muss indes nicht dazu führen, verbindlich vereinbarte Vergütungsmengen zu kalendermäßig bestimmten Leistungszeiten anzunehmen. Denn die Verpflichtung der Klägerin, künftig bestimmte Stahlmengen zu bestimmten Terminen bereitzustellen, konnte vor dem Hintergrund der Schwierigkeiten der Parteien mit der Abwicklung der Vereinbarung vom 19./20. Januar 1995 auch dann sinnvoll sein, wenn die Beklagte weiterhin nur zur Reservierung von Kapazitäten verpflichtet war, ohne verbindliche Vergütungspflichten zu bestimmten Terminen zu übernehmen.
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bb) Das Berufungsgericht hat geprüft, ob die Beklagte unabhängig vom Abschluss einer Vereinbarung mit dem im Schreiben vom 8. Juni 1995 wiedergegebenen Inhalt mit ihrer Werkleistung in Verzug geraten konnte, weil sie tatsächlich Stahl zur Bearbeitung von der Klägerin entgegengenommen hatte. Es lässt offen, ob insoweit das Schreiben der Klägerin vom 25. Oktober 1995 als Mahnung anzusehen ist. Denn jedenfalls habe ein Lieferverzug der Beklagten auch hinsichtlich der zur Bearbeitung angenommenen Mengen nicht eintreten können, weil sich die Klägerin zum Zeitpunkt der möglichen Inverzugsetzung durch die Mahnung der Beklagten bereits in Zahlungsverzug befunden habe. Dies begründe ein Leistungsverweigerungsrecht der Beklagten, das ihren Lieferverzug ausschließe.
33
Sollte das Berufungsgericht nach erneuter Prüfung den Abschluss einer Vereinbarung mit dem Inhalt des Schreibens vom 8. Juni 1995 annehmen und darin eine kalendermäßige Leistungszeitbestimmung erkennen, könnte auch für die von dieser Vereinbarung erfassten Mengen ein Lieferverzug der Beklagten ausscheiden, falls für deren Bearbeitung vor Verzugseintritt ein Leistungsverweigerungsrecht bestanden haben sollte. Allerdings könnte die tatrichterliche Auslegung der Vereinbarung vom Juni 1995 ergeben, dass die Parteien damit ihre Geschäftsbeziehungen auf eine neue Grundlage stellen und deshalb im Hinblick auf ihre künftig geschuldeten Leistungen keine vor Abschluss dieser Vereinbarung entstandenen Leistungsverweigerungsrechte mehr geltend machen wollten.

34
(1) Bei im Gegenseitigkeitsverhältnis stehenden Leistungspflichten schließt allein das Bestehen eines Leistungsverweigerungsrechts nach § 320 Abs. 1 BGB den Verzug des Schuldners aus (vgl. BGHZ 84, 42, 44; BGH, Urt. v. 07.10.1998 - VIII ZR 100/97, NJW 1999, 53). Das Berufungsgericht hat dazu festgestellt, dass sich die Klägerin mit den in dem als "vierte Mahnung" bezeichneten Schreiben der Beklagten vom 10. Oktober 1995 aufgelisteten und ab August 1995 datierenden Rechnungsbeträgen in einem Zahlungsrückstand von insgesamt 206.027,35 DM befand, der von der Klägerin am 21. November 1995 ausgeglichen wurde. Dies greift die Revision nicht an. Sie beanstandet lediglich die Feststellung des Berufungsgerichts, dass das vorbezeichnete Mahnschreiben der Klägerin zugegangen sei und die Klägerin in Zahlungsverzug gesetzt habe. Hierauf kommt es indes, anders als auch das Berufungsgericht meint, nicht an, weil sich das Leistungsverweigerungsrecht nach § 320 Abs. 1 BGB bereits aus der Fälligkeit der Rechnungen ergibt. Solange der Beklagten aufgrund fälliger Zahlungsansprüche für erbrachte Vergütungsleistungen nach § 320 Abs. 1 BGB ein Leistungsverweigerungsrecht zustand, konnte sie also nicht mit ihren Werkleistungen in Verzug geraten. Die für das Leistungsverweigerungsrecht erforderliche Gegenseitigkeit von Zahlungsansprüchen der Beklagten und Leistungsansprüchen der Klägerin ist gegeben.
35
Haben die Parteien die im Schreiben vom 8. Juni 1995 genannten monatlichen Mengenvorgaben verbindlich vereinbart, so liegt ein Werkvertrag mit Sukzessivlieferungscharakter vor. Bei einem Sukzessivlieferungsvertrag besteht Gegenseitigkeit nicht nur hinsichtlich der zu der jeweiligen Teilleistung gehörigen Forderung, sondern auch hinsichtlich noch offener Forderungen aus anderen - vorliegend der bereits abgerechneten - Teilleistungen (vgl. BGH, Urt.
v. 15.02.1967 - VIII ZR 223/64, DB 1967, 1623; RGZ 68, 17, 22; 120, 193, 196; Emmerich in MünchKomm. BGB, 4. Aufl., § 320 Rdn. 7).
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Soweit das Berufungsgericht dagegen nach erneuter Verhandlung wiederum eine Vereinbarung der Parteien über die verbindliche Vergütung bestimmter Stahlmengen vor oder mit dem Schreiben vom 8. Juni 1995 verneinen und lediglich eine deutliche Reduzierung der Mengen annehmen sollte, die einzuhalten die Beklagte nur versuchen wollte, würde für ein Leistungsverweigerungsrecht der Beklagten bezüglich der Gegenseitigkeit nichts anderes gelten. Das Berufungsgericht hält für diesen Fall zutreffend einen Verzug der Beklagten hinsichtlich der Mengen für denkbar, deren Bearbeitung die Beklagte schuldete, weil sie sie entgegengenommen hatte, wobei es als verzugsbegründende Mahnung insoweit das Schreiben der Klägerin vom 25. Oktober 1995 in Betracht zieht. Die Bearbeitung der angelieferten Mengen wäre dann jedenfalls weiterhin auf Grundlage der mit Ausnahme der Mengenkorrektur fortgeltenden Vereinbarung vom 19./20. Januar 1995 erfolgt, die als Rahmenvertrag wesentliche Bedingungen der Vergütungsaufträge regelte, insbesondere den Werklohn und die Abmessungen des zu vergütenden Stahls. Damit stünden auch hier die Zahlungs - und Vergütungsansprüche aus den einzelnen Anlieferungen, vermittelt über den bestimmte Bedingungen im Gegenseitigkeitsverhältnis der Parteien festlegenden Rahmenvertrag, untereinander ebenfalls im Gegenseitigkeitsverhältnis. Auch in einem solchen Fall besteht nicht anders als bei Sukzessiv- und Dauerlieferungsverträgen (vgl. dazu Emmerich, aaO; Otto in Staudinger, BGB, Bearb. 2001, § 320 Rdn. 34) Gegenseitigkeit zwischen den wechselseitigen Leistungspflichten der Parteien aus den verschiedenen Einzelverträgen und damit gegebenenfalls ein Leistungsverweigerungsrecht hinsichtlich noch ausstehender Teilleistungen.
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(2) Auf Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen lässt sich jedoch nicht entscheiden, ob und inwieweit der Beklagten ein Leistungsverweigerungsrecht wegen noch offener Werklohnforderungen gegen die Klägerin zustehen könnte. Hatten die Parteien entsprechend dem Schreiben der Klägerin vom 8. Juni 1995 eine monatliche Mindestvergütung von 1.000 t ab Juli desselben Jahres vereinbart, konnte die vorleistungspflichtige Beklagte mit ihren daraus resultierenden Leistungspflichten ab 1. August 1995 in Verzug geraten. Befand sie sich im Schuldnerverzug, was das Berufungsgericht mit rechtsfehlerhaften Erwägungen verneint hat und daher zugunsten der Revision zu unterstellen ist, war die Klägerin gemäß § 320 Abs. 1 BGB dazu berechtigt, die Zahlung für Leistungen der Beklagten zu verweigern, bis die Beklagte ihren Verzug beseitigt hatte. Solange war ausgeschlossen, dass die Beklagte sich wegen Nichtzahlung nach dem 1. August 1995 fälliger Rechnungen auf ein Leistungsverweigerungsrecht nach § 320 Abs. 1 BGB berufen konnte. Denn der Schuldner, der sich in Leistungsverzug befindet, kann nicht zur Abwehr der Verzugsfolgen geltend machen, dass der Gläubiger seiner erst nach Eintritt des Leistungsverzuges entstehenden Zahlungspflicht nicht nachgekommen sei (vgl. Sen.Urt. v. 08.11.1994 - X ZR 104/91, NJW-RR 1995, 564, 565 m.w.N.). Das Berufungsgericht wird demgemäß aufzuklären haben, ob und wann die Beklagte mit welchen Mengen in Schuldnerverzug geraten konnte und ab wann und für welche Zeiträume für sie ein Leistungsverweigerungsrecht wegen Zahlungsverzugs der Klägerin gemäß den vorstehenden Grundsätzen in Betracht kommt. Dabei wird es auch Feststellungen zur Fälligkeit der Rechnungen der Beklagten nachzuholen haben.
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cc) Schließlich durfte das Berufungsgericht einen Schuldnerverzug der Beklagten für die Monate Juni bis Dezember 1995 nicht mit der Erwägung verneinen , ein Verschulden liege nicht vor, da etwaige Minderlieferungen der Be- klagten auf die bis Mai 1995 wegen nur geringfügiger Anlieferungen der Klägerin angenommenen Ersatzaufträge zurückzuführen seien. Die Revision rügt insoweit mit Recht, dass solche Ersatzaufträge eine Verfehlung der Mengenvorgaben aus einer erst am 7./8. Juni 1995 abgeschlossenen Vereinbarung nicht entschuldigen können. Die eigenen Kapazitätsgrenzen hätte die Beklagte bei Abschluss der Vereinbarung berücksichtigen können und müssen.
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dd) Das Schreiben der Klägerin vom 8. Juni 1995 sieht eine monatliche Mindestmenge von 1.000 t erst ab Juli 1995 vor, so dass die Beklagte erstmals ab dem 1. August 1995 in Verzug geraten konnte. Demgemäß hat das Berufungsurteil im Ergebnis insoweit Bestand, als es bis zu diesem Zeitpunkt Schadensersatzansprüche verneint hat.
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3. Januar bis Juni 1996
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Für die Zeit von Januar bis Juni 1996 ergeben sich die Leistungspflichten der Beklagten aus der Vereinbarung vom 21. Dezember 1995. Auf der Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen lassen sich insoweit die Voraussetzungen eines Schuldnerverzugs der Beklagten nicht verneinen.
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a) Das Berufungsgericht wertet die in der Vereinbarung vom 21. Dezember 1995 unter den Ziffern 2 und 3 garantierte Fertigmeldung bestimmter Vergütungsmengen für die Monate Januar und Februar 1996 als Vergütungsverpflichtung mit kalendermäßiger Leistungszeitbestimmung nach § 284 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F.. Das ist eine tatrichterliche Würdigung, die einen Rechtsfehler nicht erkennen lässt. Dafür spricht zudem, dass unter Ziffer 1 der Vereinbarung Anliefertermine und Anliefermengen des zu vergütenden Stahls konkret vorgegeben sind. Ob die in Ziffer 5 der Vereinbarung für die Zeit von März bis Juni 1996 geregelte Reservierung einer Vergütungskapazität von 1.000 t Stahl je Monat entsprechend zu bewerten ist, so dass die Beklagte auch hier ohne Mahnung der Beklagten mit Ablauf des jeweiligen Monats in Leistungsverzug geraten konnte, hat das Berufungsgericht offen gelassen und ist daher im Rahmen der revisionsrechtlichen Prüfung zugunsten der Klägerin zu unterstellen.
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b) Das Berufungsgericht hält sodann einen Zahlungsverzug der Klägerin, der den Lieferverzug der Beklagten ausschließen würde, zwar für wahrscheinlich , jedoch nicht sicher festzustellen. Aus den unstreitigen Zahlungen der Klägerin ergebe sich indes, dass sie nach Begleichung der bis Ende September 1995 erteilten Rechnungen (Zahlung am 21. November 1995) für weitere Leistungen der Beklagten in den Monaten Oktober 1995 bis Januar 1996 bis zum 12. Februar 1996 keine Zahlungen geleistet habe. Ein Zahlungsrückstand bestünde selbst dann, wenn entsprechend dem Vorbringen der Klägerin ein Zahlungsziel bis zum Ende des auf die Rechnungen folgenden Monats vereinbart gewesen sein sollte. Mit Schreiben vom 23. März 1996 habe die Klägerin den Rückstand überdies mittelbar eingeräumt, da der damit übersandte Scheck über 255.645,60 DM dem Ausgleich der bis Ende Februar 1996 fälligen Rechnungen gedient habe. Einzelheiten hierzu hat das Berufungsgericht jedoch offen gelassen, da die Klägerin trotz mehrfacher Hinweise einen Schaden auch nicht ansatzweise dargelegt habe.
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Wie dargelegt, kann der Beklagten grundsätzlich wegen fälliger Rechnungen ein Leistungsverweigerungsrecht nach § 320 Abs. 1 BGB zustehen, ohne dass es dafür eines Zahlungsverzugs der Klägerin bedarf. Um festzustellen , ob und für welchen Zeitraum der Beklagten tatsächlich ein solches Leistungsverweigerungsrecht zustand, reicht es allerdings mit Rücksicht auf einen vom Berufungsgericht nicht ausgeschlossenen, zeitlich früheren Leistungsverzug der Beklagten (vgl. oben 2 b bb 2) nicht aus, dass der Beklagten Werklohnansprüche für seit Oktober 1995 erbrachte Vergütungsleistungen zustanden. Bezüglich Werklohnforderungen, die ihre Grundlage noch nicht in der Vereinbarung vom 21. Dezember 1995 haben, wird das Berufungsgericht zudem zu prüfen haben, ob diese ein Leistungsverweigerungsrecht für die nach dieser Vereinbarung geschuldeten Vergütungsleistungen begründen konnten. Einleitend heißt es in der Vereinbarung vom 21. Dezember 1995, die Beklagte habe zugesagt , in der Zeit von Juli bis Dezember 1995 9.000 t Stahl für die Klägerin zu vergüten und auszuliefern, tatsächlich seien aber nur ca. 2.800 t Stahl geliefert worden. Um "große Schwierigkeiten" zu vermeiden, seien daher die in der Vereinbarung niedergelegten Regelungen "ab sofort zu realisieren". Dies legt nahe, dass nach dem Willen der Parteien die früheren Probleme bei der Auftragsabwicklung , deren Beseitigung die Vereinbarung gerade diente, auf die Durchführung der Vereinbarung keinen Einfluss haben und früher entstandene Leistungsverweigerungsrechte insoweit ausgeschlossen sein sollten.
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4. Verzugsschaden
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a) Entgangener Gewinn
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Mit Erfolg greift die Revision die Annahme des Berufungsgerichts an, die Klägerin habe einen auf Ersatz entgangenen Gewinns gerichteten Verzugsschaden nicht dargelegt, und zwar nicht einmal in einer Weise, die eine Schadensschätzung nach § 287 ZPO ermögliche.
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aa) Das Berufungsgericht führt am Beispiel der Vergütungsverpflichtung der Beklagten für Januar 1996 aus, für die Schadensberechnung müsse be- kannt sein, welche Stornierungen oder Mindererlöse Folge dieser unzureichenden Monatslieferung gewesen seien. Nicht ausreichend sei die von der Klägerin statt dessen vorgenommene Berechnung, bei der sie die nach einem Preisverfall durchschnittlich von ihr erzielten Erlöse mit den nach ihrer ursprünglichen Planung und Verträgen mit ihren Abnehmern erwarteten Erlösen vergleiche. Die von der Klägerin der Durchschnittsberechnung zugrunde gelegten Stahlmengen seien überhöht. Folge man dem Vortrag der Klägerin zu den von der Beklagten geschuldeten Mindestmengen, ergebe sich ein Lieferausfall von etwa 11.000 t (geschuldete ca. 17.000 t abzüglich gelieferter 5.566,56 t). Ihrer Schadensberechnung lege die Klägerin dagegen mehr als die doppelte Menge zugrunde, nämlich 23.420,1 t (11.898 t aus Lieferungen nach England und 11.522,1 t aus Auftragsstornierungen). Das könne zu keiner zutreffenden Schadensermittlung führen. Da ein Schadensersatzanspruch der Klägerin nur für die 1996 fälligen Lieferungen in Betracht komme, dürften zudem nur in diesem Jahr entstandene Einbußen berücksichtigt werden. Dies gelte insbesondere, weil es gerade 1996 zu einem ausgeprägten Preisverfall auf dem Stahlmarkt gekommen sei. Es verbiete sich deshalb, für die Berechnung eines durchschnittlichen Schadens Gewinne zu berücksichtigen, die 1995 zu erzielen gewesen wären. Auftragsstornierungen ihrer Kunden hätten nach dem von der Klägerin vorgelegten Wirtschaftsprüfergutachten hauptsächlich das Jahr 1996 betroffen. In dem Gutachten beschriebene Einzelbeispiele deuteten überdies darauf hin, dass nicht allein ein Lieferverzug der Beklagten, sondern auch Verträge ohne feste Preisvereinbarungen ursächlich für Nachverhandlungen und Auftragsstornierungen gewesen seien.
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bb) Mit diesen Ausführungen hat das Berufungsgericht die Anforderungen an die Darlegung und den Nachweis eines entgangenen Gewinns (§ 252 BGB) und die insoweit eröffnete Möglichkeit der Schadensschätzung (§ 287 ZPO) verkannt.
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Nach § 252 Satz 2 BGB gilt derjenige Gewinn als entgangen, der nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen, insbesondere nach den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen, mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte. Ist danach ersichtlich, dass ein Gewinn mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte, wird vermutet, dass er erzielt worden wäre. Zweck der Bestimmung ist es, dem Geschädigten den Beweis zu erleichtern (vgl. BGHZ 74, 221, 224; 100, 36, 49; Sen.Urt. v. 26.07.2005 - X ZR 134/04, NJW 2005, 3348). Volle Gewissheit, dass der Gewinn gezogen worden wäre, ist nicht erforderlich (vgl. BGHZ 29, 392, 398; 100, 36, 50; Sen., aaO). Insoweit dürfen an das Vorbringen eines Unternehmens, ihm seien erwartete Gewinne entgangen, wegen der mit dem Schadensnachweis regelmäßig verbundenen Schwierigkeiten keine allzu strengen Anforderungen gestellt werden (BGH, Urt. v. 09.04.1992 - IX ZR 104/91, NJW-RR 1992, 997, 998 = BGHR ZPO § 287 Abs. 1 - Gewinnentgang 6).
51
Vorliegend hat die Klägerin im Einzelnen zu den ihr für Lieferungen im zweiten Quartal 1995 bis zum ersten Quartal 1996 erteilten Kundenbestellungen nach Auftragsnummer, Datum, Besteller, Tonnagen und Preisen vorgetragen und die Bestellungen in Kopie (Anl. K 25-89) vorgelegt. Sie hat außerdem unter Hinweis auf ihre Aufstellung "B. Lieferungen" (Anl. K 94) und die Vorlage von Rechnungen und Kreditnoten (Anl. K 95-100) sowie später ergänzend und korrigierend unter Bezugnahme auf ein von ihr vorgelegtes Wirtschaftsprüfergutachten nach Rechnungsdatum, Nummer, Tonnagen, Preisen, Gutschriften und Bestellern (vgl. die Auswertungen nach Anl. 1 und Anl. 3 zum Wirtschaftsprüfergutachten) dargelegt, zu welchen Preisen sie die Lieferungen der Beklagten (nach ihrem Vorbringen insgesamt 5.566,56 t) tatsächlich an ihre Besteller weiterveräußern konnte. Als Anlagen K 108 und K 109 hat die Klägerin ferner Aufstellungen vorgelegt, die nach ihrem Vorbringen die einzelnen Stornierungen von Kundenbestellungen beinhalten.Schließlich hat sie auch ihre Eigenkosten (1.040,-- DM/t unbehandelten Stahls) benannt.
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Damit hat die Klägerin Ausgangs- und Anknüpfungstatsachen für eine Wahrscheinlichkeitsprognose nach § 252 BGB und eine daran anknüpfende Schadensschätzung nach § 287 ZPO dargelegt. Danach hätte das Berufungsgericht eine Schadensschätzung wegen eines Mindererlöses nicht zurückweisen dürfen, der nach dem Vorbringen der Klägerin daraus resultiert, dass sie den von der Beklagten gelieferten Stahl infolge des Vergütungsverzuges nur zu geringeren Preisen als ursprünglich vorgesehen veräußern konnte.
53
Allerdings muss das Berufungsgericht bei seiner Schadensschätzung unter Berücksichtigung der nachfolgenden Ausführungen die einzelnen vom Kläger geltend gemachten Schadenspositionen den vom Berufungsgericht festgestellten Verzugszeiten und -mengen der Beklagten zuordnen und den Schadensersatz entsprechend begrenzen.
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(1) Mindererlöse wegen verzögerter Vergütung von Stahl
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Die Angaben der Klägerin zu ihren Kundenbestellungen und den von ihr tatsächlich erzielten Veräußerungserlösen aus Lieferungen der Beklagten erlauben es, den durchschnittlichen Wert der Kundenbestellungen je Tonne (für sämtliche Bestellungen 1.234,-- DM) mit dem durchschnittlichen Erlös aus den Lieferungen der Beklagten (1.047,17 DM) zu vergleichen. Wenn keine anderen Ursachen ersichtlich sind, spricht dann eine erhebliche Wahrscheinlichkeit da- für, den beträchtlichen Mindererlös darauf zurückzuführen, dass die Klägerin - wie von ihr vorgetragen und für das Revisionsverfahren zu unterstellen - infolge des Verzugs der Beklagten ihren eigenen Lieferverpflichtungen nicht zuverlässig und rechtzeitig nachkommen und deshalb die im Bestellzeitpunkt vereinbarten Preise nicht mehr durchsetzen konnte. Der vom Berufungsgericht festgestellte Preisverfall auf dem Stahlmarkt 1996 kann dabei ein zusätzlicher Anhaltspunkt dafür sein, dass die Abnehmer der Klägerin nicht mehr bereit waren, für unzureichende und verzögerte Lieferungen, die in diesem Zeitraum erfolgten , die ursprünglichen Bestellpreise zu akzeptieren. Revisionsrechtlich bindende Feststellungen, nach denen die negative Abweichung des durchschnittlichen Bestellwertes vom durchschnittlichen Erlös nicht entscheidend auf dem Verzug der Beklagten beruhen kann, hat das Berufungsgericht nicht getroffen. Insbesondere hat es nicht festgestellt, dass die von der Klägerin vorgetragenen Bestellpreise insgesamt oder teilweise nicht verbindlich waren.
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Steht der Ersatzanspruch dem Grunde nach fest, wovon mangels gegenteiliger tatsächlicher Feststellungen des Berufungsgerichts für die revisionsrechtliche Prüfung auszugehen ist, und besteht eine erhebliche, auf gesicherter Grundlage beruhende Wahrscheinlichkeit dafür, dass ein als entgangener Gewinn ersatzpflichtiger Schaden entstanden ist, lässt sich jedoch die genaue Schadenshöhe nicht sicher ermitteln, so darf die Klage grundsätzlich nicht vollständig abgewiesen werden. Vielmehr muss der Tatrichter im Rahmen des Möglichen den Schaden schätzen (vgl. BGH, Urt. v. 09.04.1992 - IX ZR 104/91, NJW-RR 1992, 997; Sen.Urt. v. 05.12.1995 - X ZR 121/93, NJW 1996, 775; Urt. v. 01.02.2000 - X ZR 222/98, NJW-RR 2000, 1340, 1341). Auch wenn die vom Geschädigten zur Schadenshöhe vorgetragenen Umstände Lücken oder Unklarheiten aufweisen, muss der Tatrichter nach pflichtgemäßem Ermessen beurteilen , ob nach § 287 ZPO nicht wenigstens die Schätzung eines Mindest- schadens möglich ist (vgl. Sen.Urt. v. 01.02.2000, aaO). Eine Schätzung darf erst dann unterlassen werden, wenn sie mangels greifbarer Anhaltspunkte völlig in der Luft hängen würde und daher willkürlich wäre (vgl. BGHZ 91, 243, 256/257).
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Die aus den Bestellwerten und den tatsächlichen Verkaufswerten errechnete durchschnittliche Erlösdifferenz pro Tonne stellt grundsätzlich einen greifbaren , auf gesicherter Grundlage ermittelten Anhaltspunkt für die Schätzung der Schadenshöhe dar. Das folgt daraus, dass - wie revisionsrechtlich zugrunde zu legen ist - die Klägerin bei ordnungsgemäßer Vertragserfüllung der Beklagten ihre Abnehmer rechtzeitig zu den vereinbarten Preisen hätte beliefern können. Eine auf den relevanten Bestell- und Verzugszeitraum abstellende Durchschnittsberechnung erscheint bei der vorliegenden Fallgestaltung auch deshalb sachgerecht, weil die Parteien ein Mengengeschäft vereinbart hatten, bei dem es im Belieben der Klägerin stand, welche Aufträge ihrer Kunden sie mit den von der Beklagten vergüteten Stahlmengen jeweils erfüllte. Die von der Beklagten monatlich geschuldeten Mengen vergüteten Stahls lassen sich demgemäß nicht Kundenbestellungen bei der Klägerin derart zuordnen, dass es entsprechend der Forderung des Berufungsgerichts möglich wäre, z.B. die Verzögerung bei der für Januar 1996 geschuldeten Vergütungsleistung auf eine konkrete Kundenbestellung zu beziehen und so zu einem bestimmten Mindererlös zu gelangen, der mit entsprechend ermittelten Mindererlösen aus anderen Verzugsmonaten addiert werden müsste, um den Verzugsschaden zu ermitteln.
58
Das Berufungsgericht durfte von einer Schadensschätzung auch nicht mit der Begründung absehen, die Klägerin habe der Durchschnittsberechnung deutlich überhöhte Mengen zugrunde gelegt. Das Berufungsgericht hat für die Jahre 1995 und 1996 eine von der Beklagten geschuldete Mindestmenge von ca. 17.000 t angenommen. Die von der Klägerin für Liefermengen im zweiten Quartal 1995 bis zum ersten Quartal 1996 aufgelisteten Kundenbestellungen belaufen sich auf insgesamt 15.383 t. Diese Menge hat die Klägerin auch ihrer Berechnung des durchschnittlichen Bestellwertes zugrunde gelegt. Nach diesen Zahlen hätte die Klägerin mit der geschuldeten Mindestvergütungsmenge sämtliche von ihr aufgeführten Besteller beliefern können.
59
Ferner durfte das Berufungsgericht eine Schadensschätzung nicht mit dem Hinweis zurückweisen, Verzug komme allein für die im Jahr 1996 fälligen Vergütungsleistungen der Beklagten in Betracht, was es ausschließe, eine Berechnung (auch) nach den 1995 entstandenen Einbußen vorzunehmen. Da die Klägerin ihre Kundenbestellungen offen gelegt hat, wäre es dem Berufungsgericht möglich gewesen, nur die für Lieferungen im ersten Quartal 1996 vorhandenen Kundenbestellungen der Schadensschätzung zugrunde zu legen. Den danach maßgeblichen Bestellwert hätte das Berufungsgericht zum Zwecke der Schadensschätzung mit dem von der Klägerin errechneten tatsächlich erzielten Durchschnittserlös für alle ihre Lieferungen an Kunden vergleichen können. Denn im Hinblick auf den 1996 eingetretenen Preisverfall wird der für Lieferungen der Klägerin an ihre Kunden 1996 tatsächlich erzielte durchschnittliche Erlös jedenfalls nicht über dem von der Klägerin für sämtliche Lieferungen des von der Beklagten vergüteten Stahls berechneten Durchschnittserlös liegen. Der Klägerin würde auf dieser Grundlage also nicht mehr zugesprochen, als ihr zusteht.
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(2) Stornierungsschaden
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Die Klägerin hat ferner entgangenen Gewinn mit der Begründung verlangt , wegen der verzögerten und unterbliebenen Bearbeitung von Stahl hätten ihre Abnehmer in Höhe von 11.522,1 t Aufträge storniert. Dem Berufungsurteil ist nicht zu entnehmen, dass sich das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang mit den zur Substantiierung des Anspruchs von der Klägerin dargelegten Ausgangs- und Anknüpfungstatsachen (mit den Kunden der Klägerin vereinbarte Durchschnittspreise, Eigenkosten) auseinandergesetzt hat. Das wird nachzuholen sein.
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b) Ersatzvergütung in England
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Das Berufungsgericht nimmt an, die der Klägerin im Zusammenhang mit dem Transport von Stahl nach England entstandenen Mehrkosten (zuletzt von der Klägerin auf 728.303,43 DM beziffert) seien kein Verzugsschaden im Sinne von § 286 Abs. 1 BGB a.F., sondern ein Nichterfüllungsschaden, der nach § 326 Abs. 1 BGB a.F. zu beurteilen sei.
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Hierbei übersieht das Berufungsgericht, dass die Mehrkosten für den Transport von ursprünglich zur Vergütung durch die Beklagte vorgesehenen Stahl nach England grundsätzlich kausal auf einem Leistungsverzug der Beklagten beruhen und dann jedenfalls auch als Verzugsschaden geltend gemacht werden können. Der Verzugsschaden umfasst den entgangenen Gewinn. Dieser berechnet sich aus dem von der Klägerin für eine vergütete Stahlmenge vereinbarten Verkaufspreis abzüglich ihrer Gestehungskosten inklusive des mit der Beklagten für die Wärmebehandlung vereinbarten Entgelts. Musste die Klägerin zusätzlichen Aufwand in Form eines Transports von Stahl nach England auf sich nehmen, um ihren Kunden die von der Beklagten geschuldete Leistung zu erbringen, mindert dies ihren Gewinn aus dem Kundengeschäft. Solche Transportkosten können deshalb grundsätzlich als Verzugsschaden berücksichtigungsfähig sein. Allerdings kann die Klägerin für eine bestimmte Stahlmenge nicht doppelten Verzugsschaden geltend machen. Eine solche Doppelberechnung könnte hinsichtlich der Mehrkosten für den Transport nach England vorliegen. Denn die von der Klägerin ihrer Schadensberechnung für Auftragsstornierungen und verzögerte Vergütung zugrunde gelegten Mengen (11.552,1 t einerseits und 5.566,46 t andererseits) erreichen die Mindestmenge an Stahl (ca. 17.000 t), deren Vergütung die Beklagte nach den von der Revision insoweit unbeanstandet gebliebenen Feststellungen des Berufungsgerichts maximal schuldete.
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Es ist deshalb nicht ersichtlich, inwiefern weitere von der Beklagten zu behandelnde Stahlmengen nach England verbracht sein können. Insbesondere wurden stornierte Aufträge gerade überhaupt nicht, also auch nicht mit in England vergütetem Stahl, ausgeführt.
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II. Ansprüche aus § 326 Abs. 1 BGB a.F.
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1. Ansprüche der Klägerin auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung gemäß § 326 Abs. 1 BGB a.F. hat das Berufungsgericht insgesamt verneint. Hinsichtlich der im Jahr 1995 von der Beklagten geschuldeten Vergütungsleistungen fehle es am Schuldnerverzug. Für das Jahr 1996 mangele es zumindest an der erforderlichen Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung. Eine solche sei insbesondere dem Schreiben des anwaltlichen Vertreters der Klägerin vom 2. Mai 1996 nicht zu entnehmen. Fristsetzung und Ablehnungsandrohung seien nicht entbehrlich gewesen. Die Beklagte habe Vergütungsleistungen erbracht und die Erfüllung nicht endgültig verweigert. Dem Gesamtverhalten der Beklagten könne kein fehlender Wille zur ordnungsgemäßen Vertragserfüllung entnommen werden. Die Verzögerungen im Jahr 1995 seien durch die nur schleppend erfolgten Anlieferungen der Klägerin bedingt gewesen. Mangels Verzugs der Be- klagten im Jahre 1995 könnten Verzögerungen zu Beginn des Jahres 1996 keinesfalls zur Entbehrlichkeit der Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung führen.
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2. Dies greift die Revision letztlich ohne Erfolg an.
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Die Beurteilung des Berufungsgerichts, dem Anwaltsschreiben vom 2. Mai 1996 sei eine Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung nicht zu entnehmen , wird von der Revision nicht beanstandet und lässt keinen Rechtsfehler erkennen. Mangels anderweitiger Feststellungen des Berufungsgerichts ist revisionsrechtlich davon auszugehen, dass es für die Jahre 1995 und 1996 insgesamt an diesem Erfordernis fehlt.
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Die Revision meint jedoch, nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen sei die Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung entbehrlich gewesen , weil angesichts der von ihr angenommenen Ersatzaufträge eine Leistung der Beklagten innerhalb einer angemessenen Nachfrist ausgeschlossen und eine Nachfristsetzung - jedenfalls während des Jahres 1995 - sinnlos gewesen sei. Dem kann nicht beigetreten werden. Die Nachfristsetzung mit Ablehnungsandrohung soll dem Schuldner die Folgen eines weiteren vertragswidrigen Verhaltens noch einmal nachdrücklich vor Augen führen und ihm eine letzte Möglichkeit zur Erfüllung des Vertrags eröffnen. Sinnlos und als bloße Formalie überflüssig ist sie erst dann, wenn ausgeschlossen erscheint, dass der Schuldner durch sie zur Erfüllung veranlasst wird (vgl. BGHZ 104, 6, 13; BGH, Urt. v. 19.9.1983 - VIII ZR 84/82, NJW 1984, 48, 49). Dies kann der Fall sein, wenn der Schuldner - etwa wegen eines Rechtsmangels - offenkundig zur Bewirkung der vertragsgemäßen Leistung außerstande ist oder durch sein Verhalten die endgültige Weigerung zur Leistungserbringung zum Ausdruck bringt (vgl. BGH, Urt. v. 18.12.1985 - VIII ZR 47/85, NJW 1986, 842, 843; Urt. v.
08.11.1991 - V ZR 139/90, NJW 1992, 905, 906; Urt. v. 24.10.1997 - V ZR 187/96, NJW 1998, 534, 535; Emmerich in MünchKomm., BGB, 4. Aufl., § 326 Rdn. 79 f.). Beides ist vorliegend nicht zu erkennen. Auch nach der Hereinnahme von Ersatzaufträgen hatte es die Beklagte selbst in der Hand, der Klägerin ihre Vergütungskapazitäten vorrangig zur Verfügung zu stellen oder sie etwa durch Einstellung weiterer Arbeitskräfte und zusätzliche Schichten zu erhöhen. Selbst wenn man einen Verzug der Beklagten mit ihren im Jahr 1995 geschuldeten Vergütungsleistungen unterstellt, erscheint es daher keineswegs ausgeschlossen, dass eine Nachfristsetzung mit Ablehnungsandrohung sie zur Vertragserfüllung veranlasst hätte.
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III. Verlust von Stahl
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Keinen Bestand haben kann das Berufungsurteil, soweit es Schadensersatzansprüche der Klägerin wegen Verlustes von Stahl verneint hat.
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1. Das Berufungsgericht ist der Ansicht, die Klägerin habe die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs wegen des Verlustes von Stahl nicht schlüssig dargelegt. Es weist wegen der verlorenen Mengen auf den wechselnden Vortrag der Klägerin hin und führt aus, nicht nur das ursprüngliche Vorbringen der Klägerin sei unzureichend gewesen, sondern auch ihr korrigierter Vortrag , der zu einer Verlustmenge von 221,918 t führe. Die von der Klägerin vorgelegte Aufstellung "B. Lieferungen" (Anl. K 94), aus der sich die von der Beklagten ausgelieferte Menge vergüteten Stahls ergeben solle, sei nicht stimmig, weil eine Summierung der aufgelisteten Stahlmengen zu einer geringeren Menge führe als von der Klägerin selbst angegeben. Gleiches sei dem von der Klägerin eingereichten Wirtschaftsprüfergutachten zu entnehmen, in dem Vermutungen über die Ursache der Unstimmigkeit geäußert würden und in welchem es außerdem heiße, eine abschließende Prüfung der Vollständigkeit der Aufstellung sei mangels Einsichtsmöglichkeit in die Buchhaltung oder in die Jahresabschlüsse 1995 und 1996 der Klägerin nicht möglich gewesen. Es erscheine auch nicht ausgeschlossen, dass der Klägerin Auslieferungen von vergütetem Stahl an ihre Endabnehmer (zunächst) nicht mitgeteilt worden und die von der Klägerin ausgewerteten Rechnungen und Lieferscheine deshalb unvollständig seien. Angesichts der detaillierten Auflistung der Beklagten über Vergütungsleistungen , welche sie gegenüber der Klägerin unbeanstandet abgerechnet habe, sei der Sachvortrag der Klägerin zur Anspruchsbegründung nicht ausreichend.
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2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
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Zutreffend geht das Berufungsgericht allerdings davon aus, dass eine Schadensersatzpflicht der Beklagten nach § 280 Abs. 1 BGB a.F. in Betracht kommt, wenn Stahl, den die Klägerin der Beklagten zur Vergütung überlassen hat, verloren worden ist. Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung hatte das Berufungsgericht auch über diese Schadensposition zu entscheiden. Die Klägerin hatte sie gemäß dem Protokoll über die Berufungsverhandlung vom 13. Mai 2003 nicht fallen gelassen. Vielmehr wurde dort nur der Herausgabeantrag für bei der Beklagten noch vorhandenen Stahl der Klägerin anders gefasst, nachdem ihn die Beklagte für eine Stahlmenge von 546,73 t anerkannt hatte. Der Anspruch wegen verlorener 221,918 t Stahl wird davon unabhängig verfolgt.
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Die Klägerin hat die Menge verlorenen Stahls auf der Grundlage der Differenz zwischen der von der Beklagten zur Vergütung angenommenen Stahlmenge und der Menge, die sie wieder ausgegeben hat, ermittelt. Die Mengen belaufen sich nach dem letzten Vortrag der Klägerin auf 6.335,208 t einerseits und 5.566,56 t andererseits. Die Differenz von 768,648 t hat sie um noch bei der Beklagten unstreitig vorhandene 546,73 t gekürzt und ist so zu einer verlorenen Menge von 221,918 t gelangt. Diese Schadensermittlung durfte das Berufungsgericht nur dann als unschlüssig ansehen, wenn der Vortrag der Klägerin zu den Eingangs- und Ausgabemengen bei der Beklagten für eine derartige Berechnung unzureichend war. Dies wäre der Fall, wenn die Angaben offenkundig aus der Luft gegriffen wären oder wenn erkennbar wäre, dass die Grundlage für die Mengenermittlung unzutreffend oder unvollständig ist. Dass die Eingangsmengen von der Klägerin auf zutreffender Grundlage ermittelt wurden, ist mangels abweichender Feststellungen des Berufungsgerichts zu unterstellen. Die von ihm getroffenen Feststellungen geben auch keine Grundlage für den Schluss, die Klägerin habe bei der Ermittlung der Ausgabemengen nicht sämtliche Auslieferungen berücksichtigt. In dem vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Wirtschaftsprüfergutachten der Klägerin wird ausgeführt, in die Auflistung der Ausgabemenge "B. Lieferungen" (Anl. K 94) seien noch zwei weitere nach Tonnen und Endabnehmer bezeichnete Liefermengen aufzunehmen, um - bis auf eine unbedeutende Rundungsdifferenz - zu der von der Klägerin angegebenen ausgelieferten Menge zu gelangen. Damit ist der von der Klägerin angegebene Wert schlüssig. Dass der Prüfer sich mangels Vorlage der Buchhaltung oder der Jahresabschlüsse 1995 und 1996 nicht in der Lage sah, die Vollständigkeit der Rechnungen zu überprüfen, macht das Vorbringen der Klägerin zu den Mengen nicht unschlüssig. Soweit das Berufungsgericht auf die Auflistung der Beklagten über abgerechnete Leistungen (vgl. Anl. B 101, 103) verweist, die von der Klägerin unbeanstandet geblieben seien, würde dies der Schlüssigkeit des Klagevorbringens nur dann entgegenstehen, wenn diese Auflistung tatsächlich erbrachte Leistungen aufwiese, die unstreitig in der Auflistung der Klägerin nicht enthalten sind. Feststellungen hierzu hat das Berufungsgericht jedoch nicht getroffen. Das Berufungsgericht wird danach noch aufzuklären haben, ob und inwieweit es bei der Beklagten zu einem Verlust von Stahl gekommen ist.
Melullis Scharen Mühlens
Meier-Beck Kirchhoff
Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 23.11.2001 - 40 O 136/99 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 25.07.2003 - 23 U 5/02 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 68/00 Verkündet am:
10. Juni 2002
Boppel
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Ist streitig, ob ein Vertrag unbedingt oder unter einer aufschiebenden Bedingung
geschlossen worden ist, trägt die Partei, die aus dem Vertrag Rechte
herleiten will, die Beweislast für einen unbedingten Vertragsschluß.
BGH, Urteil vom 10. Juni 2002 - II ZR 68/00 - OLG Köln
LG Köln
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 10. Juni 2002 durch den Vorsitzenden Richter Dr. h.c. Röhricht
und die Richter Prof. Dr. Henze, Prof. Dr. Goette, Dr. Kurzwelly und die Richterin
Münke

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 4. Februar 2000 im Ausspruch über die Kosten des Berufungsverfahrens sowie insoweit aufgehoben , als die Beklagte zur Zahlung von 33.267,63 DM nebst Zinsen an die Klägerin verurteilt und ihre Widerklage abgewiesen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin verlangt von der Beklagten die hälftige Beteiligung am Erlös aus einer Versteigerung.
Die Beklagte, die sich u.a. mit der Versteigerung von kompletten Industrieanlagen befaßt, hatte auf einen Hinweis der Klägerin am 25. Februar 1997 die Betriebsausstattung einer in Konkurs gefallenen Herstellerin für Drehteile erworben. Die Parteien vereinbarten die hälftige Teilung des von der Beklagten aufgewendeten Kaufpreises sowie des Versteigerungserlöses. Die Beklagte stellte der Klägerin unter dem 3. März 1997 die Kaufpreishälfte mit 143.750,00 DM brutto in Rechnung. Die Klägerin beglich diese Rechnung nicht. Einen ihr von der Klägerin angebotenen Wechsel lehnte die Beklagte ab.
Nach der Versteigerung vom 15. April 1997, auf der sie selbst Gegenstände zum Preise von 33.988,25 DM brutto erworben, aber noch nicht bezahlt hatte, verlangte die Klägerin von der Beklagten Abrechnung und Auskehrung des hälftigen Erlöses. Das lehnte die Beklagte ab unter Hinweis darauf, daß die Klägerin sich an den Erwerbskosten für das Versteigerungsgut nicht beteiligt habe.
Die Klägerin hat die Beklagte (unter Berücksichtigung der von ihr der Beklagten geschuldeten 33.988,25 DM) auf Zahlung von 78.851,97 DM nebst Zinsen in Anspruch genommen und im Wege der Stufenklage Auskunft darüber, welche Erlöse die Beklagte aus dem nachträglichen Verkauf im einzelnen bezeichneter nicht versteigerter Gegenstände erzielt habe, sowie Auskehrung der Hälfte dieses Erlöses verlangt. Nachdem die Beklagte Auskunft erteilt hatte, hat die Klägerin den Auskunftsantrag für erledigt erklärt und beantragt, die Beklagte zur Versicherung der Richtigkeit und Vollständigkeit ihrer Auskunft an Eides Statt zu verurteilen. Die Beklagte ist der Klageforderung entgegengetreten und hat widerklagend die ihr unstreitig zustehenden 33.988,25 DM geltend gemacht. Das Landgericht hat durch Teilurteil dem Zahlungsbegehren der Klägerin in Höhe von 43.729,25 DM nebst 5 % Zinsen stattgegeben, die Erledigung des
Auskunftsbegehrens festgestellt und den auf Verurteilung zur Versicherung an Eides Statt gerichteten Antrag der Klägerin ebenso abgewiesen wie die Widerklage der Beklagten. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht den von ihr zu zahlenden Betrag auf 33.267,63 DM herabgesetzt, der Klägerin auf ihre Anschluûberufung jedoch eine höhere Verzinsung zuerkannt als das Landgericht und ihre weitergehende Zahlungsklage abgewiesen. Mit ihrer Revision erstrebt die Beklagte die volle Abweisung der Klage sowie die Verurteilung der Klägerin auf die Widerklage.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist zulässig und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Parteien hätten die Ausführung eines Meta-Geschäfts vereinbart, bei dem der Metist, hier die Beklagte, nach auûen allein handelt und der Gewinn im Innenverhältnis hälftig geteilt werde. Sie hätten zu diesem Zweck eine Innengesellschaft bürgerlichen Rechts begründet, deren Zustandekommen nicht von einer Bedingung abhängig gewesen sei. Von der Vereinbarung einer aufschiebenden Bedingung der vorherigen Entrichtung des Kaufpreisanteils durch die Klägerin könne der Senat nicht ausgehen. Soweit die Beklagte sich mit Blick auf eine angeblich konkludente Abrede erstmals im Berufungsverfahren auf die Existenz eines Handelsbrauchs berufe , demzufolge eine Meta-Vereinbarung erst verbindlich werde, wenn die Beteiligten ihre Beitragspflichten zur Aufbringung des Kaufpreises erfüllt hätten, sei dieses neue Vorbringen nicht schlüssig, weil es nicht hinreichend mit Tatsachenvortrag unterlegt sei. Auch eine einvernehmliche Bedingung der vorherigen anteiligen Kaufpreiszahlung an die Beklagte sei nicht erwiesen. Die Behauptung
der Beklagten, ihr Geschäftsführer habe den Abschluû eines gemeinsamen Geschäfts von der sofortigen Zahlung der auf die Klägerin entfallenden Kaufpreishälfte abhängig gemacht, sei ebenfalls unschlüssig, weil sie in Widerspruch zu früherem Sachvortrag stehe. Die Beklagte habe erstinstanzlich zugestanden , der Klägerin das Beteiligungsangebot ohne diese Einschränkung gemacht zu haben.
Das hält revisionsrechtlicher Prüfung nicht stand.
II. 1. Erfolglos rügt die Revision allerdings, der Erlaû eines Teilurteils begründe einen wesentlichen Mangel des erstinstanzlichen Verfahrens, der die Aufhebung des landgerichtlichen Urteils und die Zurückverweisung der Sache an das Landgericht erfordert hätte. Das Landgericht hat einen Anspruch der Klägerin auf hälftige Beteiligung am Verkaufserlös der Gegenstände, auf die sich ihr Auskunftsbegehren bezog, dem Grunde nach für gegeben erachtet. Das ergibt sich aus seiner Feststellung, daû der auf die Klägerin entfallende Erlösanteil sich durch Einbeziehung der Positionen, die Gegenstand der Stufenklage seien, nur erhöhen, nicht aber vermindern könne.
2. Die Revision hat jedoch Erfolg, soweit sie beanstandet, das Berufungsurteil beruhe auf einer Verkennung der Beweislast. Angesichts der Ausführungen des Berufungsgerichts, der Senat könne von einer aufschiebenden Bedingung der vorherigen Entrichtung des Kaufpreisanteils durch die Klägerin nicht ausgehen, eine einvernehmliche Bedingung dieses Inhalts sei nicht erwiesen , ist jedenfalls nicht auszuschlieûen, daû das Oberlandesgericht bei seiner Entscheidung nicht bedacht hat, daû die Beweislast für einen unbedingten Vertragsschluû bei der Partei - hier der Klägerin - liegt, die aus ihm Rechte herleiten will. Denn der Gegner, der sich auf eine aufschiebende Bedingung beruft,
macht keine Einwendung geltend, sondern leugnet bereits die Wirksamkeit des Vertragsschlusses (vgl. BGH, Urteil v. 17. Oktober 1984 - VIII ZR 181/83, NJW 1985, 497; Baumgärtel/Laumen, Handbuch der Beweislast im Privatrecht 2. Aufl. 1999 § 158 Rdn. 5, 7; Zöller/Greger, ZPO 23. Aufl. vor § 284 Rdn. 19).
3. Darüber hinaus übergeht das Berufungsgericht, wie die Revision ebenfalls zu Recht rügt, wesentliche von der Beklagten gegenbeweislich angebotene Beweise. Die Ansicht des Berufungsgerichts, diese Beweise seien nicht zu erheben gewesen, weil der zugrundeliegende Vortrag der Beklagten wegen mangelnder Substantiierung unschlüssig sei, beruht auf einem Verfahrensfehler.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Sachvortrag schlüssig, der in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet ist, das geltend gemachte Recht als entstanden erscheinen zu lassen (Sen.Urt. v. 6. November 2000 - II ZR 67/99, ZIP 2001, 28, 30). Dabei ist unerheblich, wie wahrscheinlich die Darstellung ist; der Substantiierungspflicht ist nur dann nicht genügt, wenn das Gericht auf Grund des Vorbringens nicht beurteilen kann, ob die gesetzlichen Voraussetzungen der an eine Behauptung geknüpften Rechtsfolge erfüllt sind (Sen.Urt. v. 16. März 1998 - II ZR 323/96, ZIP 1998, 956, 957). Da für die Beurteilung, ob ein Vortrag schlüssig ist, auf den Zeitpunkt der letzten Tatsachenverhandlung abzustellen ist, kann eine Partei ihr Vorbringen - sofern es nicht ein Geständnis i.S. von § 288 ZPO ist, das nur unter den Voraussetzungen des § 290 ZPO widerrufen werden kann - im Laufe des Rechtsstreits auch ändern, ergänzen oder berichtigen, ohne daû ihr Vortrag allein deshalb unschlüssig wäre (BGH, Urteil v. 13. August 1997 - VIII ZR 246/96, NJW-RR 1998, 712, 713 m.w.N.; Urteil v. 12. Dezember 2001 - X ZR 141/00, NJW 2002, 1276). Nach diesen Grundsätzen ist das zweitin-
stanzliche Vorbringen der Beklagten schlüssig. Etwaige Widersprüche im Vortrag der Partei sind ebenso wie ein Wechsel ihres Vorbringens im Laufe des Prozesses allein im Rahmen der Beweiswürdigung zu berücksichtigen.

a) Die Beklagte hat unter Beweisantritt vorgetragen, daû es üblich sei und einem Handelsbrauch im Versteigerungsgewerbe entspreche, daû eine Vereinbarung über ein Meta-Geschäft erst verbindlich zustande gekommen sei, wenn der Vertragspartner des Metisten diesem die Hälfte des verauslagten Kaufpreises und sonstiger Erwerbskosten für das Versteigerungsgut erstattet habe. Damit hat sie eine nach ihrer Ansicht zwischen den Parteien geltende konkrete Regelung ausreichend substantiiert dargelegt. Darauf, daû es bei den unterschiedlichsten Meta-Geschäften eine Vielzahl von Regelungsmöglichkeiten geben mag, kann deshalb entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht abgestellt werden.

b) Auch der weitere, ebenfalls unter Beweis gestellte Vortrag der Beklagten , ihr Geschäftsführer habe der Klägerin eine Beteiligung an dem Geschäft nur unter der Bedingung sofortiger hälftiger Kaufpreiszahlung angeboten, ist schlüssig. Die Beklagte durfte ihren erstinstanzlichen Vortrag, in dem nur von einer Einigung der Parteien, den Kaufpreis gemeinsam hälftig aufzubringen und den Versteigerungserlös entsprechend zu teilen, nicht aber von jener Bedingung die Rede war, ohne weiteres ergänzen oder ändern. Dieser Vortrag hatte bezüglich des Fehlens einer aufschiebenden Bedingung nicht die Qualität eines Geständnisses nach § 288 ZPO. Dies gilt um so mehr, als das Vorbringen der Beklagten im übrigen erkennen lieû, daû der Klägerin aus ihrer Sicht ein Zahlungsanspruch nur zugestanden hätte, wenn sie ihrer Pflicht zur hälftigen Kaufpreiszahlung vor der Versteigerung nachgekommen wäre.
III. Die Sache ist deshalb zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Röhricht Henze Goette
Kurzwelly Münke

(1) Solange nicht die Parteien sich über alle Punkte eines Vertrags geeinigt haben, über die nach der Erklärung auch nur einer Partei eine Vereinbarung getroffen werden soll, ist im Zweifel der Vertrag nicht geschlossen. Die Verständigung über einzelne Punkte ist auch dann nicht bindend, wenn eine Aufzeichnung stattgefunden hat.

(2) Ist eine Beurkundung des beabsichtigten Vertrags verabredet worden, so ist im Zweifel der Vertrag nicht geschlossen, bis die Beurkundung erfolgt ist.