Bundesgerichtshof Urteil, 23. Sept. 2009 - VIII ZR 300/08

bei uns veröffentlicht am23.09.2009
vorgehend
Amtsgericht Nürnberg, 27 C 8716/07, 02.04.2008
Landgericht Nürnberg-Fürth, 7 S 4016/08, 28.10.2008

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 300/08 Verkündet am:
23. September 2009
Ring,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Mietvertragliche Abreden zur Beschaffenheit der Mietsache können auch konkludent
in der Weise getroffen werden, dass der Mieter dem Vermieter bestimmte Anforderungen
an die Mietsache zur Kenntnis bringt und dieser zustimmt. Eine einseitig
gebliebene Vorstellung des Mieters genügt dafür jedoch selbst dann noch
nicht, wenn sie dem Vermieter bekannt ist. Erforderlich ist vielmehr, dass der
Vermieter darauf in irgendeiner Form zustimmend reagiert.

b) Ein Mieter kann nicht ohne Weiteres erwarten, dass der Vermieter Veränderungen
am Gebäude, die durch die Nutzungsbedürfnisse anderer Mieter erforderlich werden
, unterlässt, wenn dies zwar zu einer Steigerung der Geräuschimmissionen
führt, die Belastung aber auch nach der Veränderung noch den technischen Normen
genügt, deren Einhaltung der Vermieter schuldet.
BGH, Urteil vom 23. September 2009 - VIII ZR 300/08 - LG Nürnberg-Fürth
AG Nürnberg
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 23. September 2009 durch den Vorsitzenden Richter Ball, den Richter
Dr. Frellesen, die Richterin Dr. Hessel sowie die Richter Dr. Achilles und
Dr. Schneider

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 28. Oktober 2008 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist. Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Amtsgerichts Nürnberg vom 2. April 2008 wird zurückgewiesen. Die Kläger haben die Kosten der Rechtsmittelverfahren zu tragen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Kläger sind seit 1972 Mieter einer Wohnung der Beklagten, die sich im 4. Obergeschoss eines in der Innenstadt von Nürnberg gelegenen Wohnund Geschäftshauses befindet. In der Vertragsurkunde sind - unter Streichung der im Formular enthaltenen Eintragungen für Nebenräume und eine Mitbenutzung von Gemeinschaftseinrichtungen - folgende Wohnräume zur Benutzung als Wohnung vermietet eingetragen: "3 Zimmer, 1 Küche, 1 Flur, 1 Bad … 1 Kammer"
2
An der straßenabgewandten Seite der Wohnung befindet sich ein vier mal vier Meter großer, allseits umschlossener Lichthof, auf den die Flur-, Badund Küchenfenster der Wohnung hinausgehen. Vom Flur aus führt eine Tür auf eine in einer Grundrisszeichnung als Plattform bezeichnete Fläche ins Freie, die zum Lichthof ein Geländer aufweist.
3
Im Erdgeschoss des Hauses wurde seinerzeit eine Bankfiliale betrieben. Seit dem Frühjahr 2000 ist das Erdgeschoss an die N. GmbH & Co KG (im Folgenden: N. ) zum Betrieb eines Fischrestaurants vermietet. Zu diesem Zweck ließ N. eine Kühlungs- und Lüftungsanlage errichten, deren Zu- und Abluftkamine durch den Lichthof nach oben auf eine Höhe über Dach geführt wurden. Die Kläger, die durch die werktags in der Zeit von 7:30 Uhr bis nach 20:30 Uhr verursachten Abluftgeräusche die Gebrauchstauglichkeit ihrer Wohnung sowie insbesondere die Nutzung der Plattform als Dachterrasse als erheblich beeinträchtigt sehen, haben von der Beklagten verlangt, einen Betrieb der Abluftanlage an Werktagen vor 9:00 Uhr und nach 20:00 Uhr (samstags schon nach 16:00 Uhr) zu unterlassen sowie dafür Sorge zu tragen, dass N. dies unterlässt, und die Feststellung eines Rechts zur Mietminderung um 20% begehrt, wenn die Abluftanlagen mehrfach im Monat außerhalb der genannten Zeiten laufen. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat unter teilweiser Abänderung des amtsgerichtlichen Urteils und Zurückweisung der weitergehenden Berufung der Kläger die Beklagte verurteilt, dafür Sorge zu tragen, dass die Be- und Entlüftungsanlagen zu den genannten Zeiten nicht betrieben werden, und in eingeschränktem Umfang ein Minderungsrecht der Kläger festgestellt. Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision.

Entscheidungsgründe:

4
Die Revision der Beklagten hat Erfolg.

I.

5
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt :
6
Die Rechte und Pflichten von Mieter und Vermieter ergäben sich in erster Linie durch Auslegung des Mietvertrages. Sofern zu bestimmten Punkten keine ausdrücklichen Regelungen getroffen seien, ergebe sich dies aus dem mutmaßlichen Willen und durch ergänzende Auslegung des Vertragsinhalts. Dabei komme den Umständen, die bei Vertragsschluss vorgelegen hätten und für die Mietparteien erkennbar gewesen sein, maßgebliche Bedeutung zu. Insbesondere könne jede Partei erwarten, dass der Zustand, den sie bei Unterzeichnung des Mietvertrages vorgefunden habe, sich - auch über längere Zeiträume - nicht im Wesentlichen zu ihrem Nachteil verändern werde. Technische Regelwerke hätten jeweils nur insofern Bedeutung, als der Mieter bei Fehlen anderslautender Absprachen davon ausgehen könne, dass das hierin zum Zeitpunkt der Anmietung angegebene Maß eingehalten sei; spätere Änderungen hätten auf den Umfang der mietvertraglichen Rechte und Pflichten keinen Einfluss. Dementsprechend hätten die gegenwärtigen Lärmgrenzwerte für sich genommen keine Bedeutung für die Frage, ob die Beklagte ihre mietvertraglichen Pflichten gegenüber den Klägern gewahrt habe. Sie legten nur ein generelles Mindestniveau fest, dem die von den Vertragsparteien getroffenen Abreden dazu, was erlaubt sein sollte, vorgingen.
7
Vorliegend schulde die Beklagte den Klägern ein Lärmniveau, das nicht über gelegentlichen Störgeräuschen geringen Umfangs liege. Die Kläger hätten nach dem Bild, das sich ihnen bei Anmietung mit der seinerzeit im Erdgeschoss befindlichen Bankfiliale geboten hätte, nicht davon ausgehen können, dass nennenswerte Störgeräusche aus dem Lichthof über geöffnete Fenster in ihre Wohnung sowie auf die Plattform dringen würden. Hinsichtlich der Plattform müsse nach dem Inhalt der konkludenten mietvertraglichen Abreden eine Nutzung als Dachterrasse möglich sein. Auch wenn eine solche Nutzung im Mietvertrag nicht unmittelbar vorgesehen sei, habe sie sich nach Lage der Dinge für einen Mieter angeboten. Die Kläger hätten deshalb diese Nutzung aufnehmen dürfen und könnten nunmehr verlangen, dass ihnen diese Nutzungsmöglichkeit erhalten bleibe.
8
Von den Entlüftungsanlagen gehe ein Dauergeräusch aus, das mit einem ganz erheblichen Störungscharakter verbunden sei, da es sowohl beim Aufenthalt auf der Terrasse als auch in den unmittelbar angrenzenden Räumen bei geöffneten Fenstern wahrnehmbar sei. Auch wenn die Grenzwerte der TA Lärm für den Innenraum nicht überschritten würden, sei der bei geöffnetem Fenster gemessene Geräuschpegel, der der Lautstärke bei einer Unterhaltung entspreche , keinesfalls unerheblich und als Dauergeräusch nicht hinnehmbar. Dies gelte erst recht für den auf der Terrasse gemessenen Wert. Die Kläger könnten beanspruchen, dass zu den von ihnen genannten Zeiten keine Störgeräusche stattfinden. Auch wenn diese außerhalb der üblichen Hauptbetriebs- und -geschäftszeiten liegenden Zeiten nicht den "Ruhezeiten" zuzuordnen sein, ließen sie jedenfalls ein gewisses Schonungsbedürfnis erkennen. Allerdings schulde die Beklagte, die das Geschäft nicht selbst betreibe, den Klägern lediglich , auf ihre Mieterin N. einzuwirken, damit diese den Betrieb der störenden Anlagen unterlässt. Dass sie nach dem Inhalt des mit N. geschlossenen Mietvertrages rechtlich nicht in der Lage sei, die Einhaltung der genannten Zeiten durchzusetzen, führe noch nicht zur Unmöglichkeit. Selbst dann, wenn rechtliche Ansprüche nicht bestünden, sei der Beklagten eine Erreichung des geschuldeten Erfolgs durch Einwirkung auf N. , etwa durch Nachverhandlungen , entsprechende Geldleistungen oder sonstiges Entgegenkommen, möglich. Die Frage, welche Maßnahmen für die Beklagte zumutbar seien, stelle sich erst im Rahmen der Zwangsvollstreckung, wenn bei einer Zwangsgeldfestsetzung zu prüfen sei, ob sie alles Gebotene unternommen habe, um ihren Mieter N. zu einer Einstellung des störenden Anlagenbetriebs zu bewegen.
9
Aus dem in den störenden Geräuschen liegenden Mangel der Mietsache ergebe sich des Weiteren ein Recht der Kläger zur Minderung der Miete. Die Minderung sei jedoch geringer als verlangt anzusetzen, da der Lärm zwar störend sei, aber nicht jede Wohnnutzung vereitele und bei geschlossenen Fenstern oder in den zur Straßenseite gelegenen Räumen gar nicht oder nur ganz gering zu vernehmen sei. Allerdings sei eine um das Doppelte höhere Minderung anzusetzen, wenn die Ruhezeiten vom Lärm betroffen seien.

II.

10
Diese Beurteilung hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung im entscheidenden Punkt nicht stand. Das Berufungsgericht ist zu Unrecht von einer konkludenten mietvertraglichen Abrede der Parteien zur Nutzung der Plattform als Dachterrasse ausgegangen und hat dadurch das Maß an Geräuschimmissionen unzutreffend beurteilt, das die Kläger bei Benutzung dieser Plattform als noch vertragsgemäß hinzunehmen haben. Ebenso ist das Berufungsgericht von einem unzutreffenden Maßstab ausgegangen, soweit es angenommen hat, dass die vom Betrieb der Zu- und Abluftanlage ausgehenden Geräuschimmissionen bei den drei zum Lichthof gelegenen Räumen der vermieteten Wohnung (Küche, Flur und Bad) zu einem Mangel geführt hätten.
11
1. Ein Mangel, der die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt oder mindert und deshalb dem Mieter sowohl ein Recht zur Mietminderung (§ 536 Abs. 1 BGB) als auch einen Anspruch auf Mangelbeseitigung (§ 535 Abs. 1 Satz 2 BGB) gewährt, ist eine für den Mieter nachteilige Abweichung des tatsächlichen Zustandes der Mietsache vom vertraglich vorausgesetzten Zustand. Ob dies der Fall ist, bestimmt sich in erster Linie nach den Vereinbarungen der Mietvertragsparteien (Senatsurteile vom 6. Oktober 2004 - VIII ZR 355/03, NJW 2005, 218, unter II 1; vom 17. Juni 2009 - VIII ZR 131/08, NJW 2009, 2441, Tz. 9). Soweit Parteiabreden zur Beschaffenheit der Mietsache fehlen, wird der zum vertragsgemäßen Gebrauch geeignete Zustand durch den vereinbarten Nutzungszweck - hier die Nutzung als Wohnung - bestimmt. Der Mieter einer Wohnung kann nach der allgemeinen Verkehrsanschauung erwarten, dass die von ihm angemieteten Räume einen Wohnstandard aufweisen, der bei vergleichbaren Wohnungen üblich ist. Dabei sind insbesondere das Alter, die Ausstattung und die Art des Gebäudes, aber auch die Höhe der Miete und eine eventuelle Ortssitte zu berücksichtigen (Senatsurteil vom 26. Juli 2004 - VIII ZR 281/03, WuM 2004, 527, unter II A 1 b bb). Gibt es zu bestimmten Anforderungen technische Normen, ist jedenfalls deren Einhaltung geschuldet. Dabei ist nach der Verkehrsanschauung grundsätzlich der bei Errichtung des Gebäudes geltende Maßstab anzulegen (Senatsurteile vom 6. Oktober 2004, aaO; vom 17. Juni 2009, aaO, Tz. 10).
12
2. Das Berufungsgericht hat aus dem bei Anmietung der Wohnung vorgefundenen Zustand an Geräuschimmissionen im Bereich des Lichthofs sowie der Nutzbarkeit der Plattform als Dachterrasse, auch wenn eine solche Nutzung im Mietvertrag nicht unmittelbar vorgesehen gewesen sei, auf eine konkludente Beschaffenheitsvereinbarung dahin geschlossen, dass die Beklagte ein Lärmniveau schulde, das nicht über gelegentlichen Störgeräuschen geringen Umfangs liege. Dagegen wendet sich die Revision mit Erfolg. Zwar ist die tatrichterliche Auslegung einer - auch konkludenten - Individualerklärung revisionsrechtlich nur beschränkt darauf überprüfbar, ob gesetzliche Auslegungsregeln, aner- kannte Auslegungsgrundsätze, Denkgesetze oder Verfahrensvorschriften verletzt worden sind (Senatsurteile vom 6. Juli 2005 - VIII ZR 136/04, WM 2005, 1895, unter II 2 a; vom 4. Juni 2008 - VIII ZR 292/07, WuM 2008, 497, Tz. 10; vom 11. November 2008 - VIII ZR 265/07, WM 2009, 911, Tz. 10). Das ist hier indessen der Fall.
13
a) Die Mietvertragsurkunde trifft, worauf die Revision zutreffend hinweist, zu der im Bereich des Lichthofs gelegenen Plattform keine Aussage. Sie erwähnt sie noch nicht einmal als mitvermietete Räumlichkeit. Zwar gelten bei einer Raummiete die zu den Mieträumen gehörenden Nebengelasse grundsätzlich ohne zusätzliches Entgelt als mitvermietet (Erman/Jendrek, BGB, 12. Aufl., § 535 Rdnr. 28). Das gilt auch für Außenflächen, die (allein) von der vermieteten Wohnung aus betreten werden können und deshalb nur für eine alleinige Benutzung durch den Mieter in Betracht kommen (vgl. Palandt/Weidenkaff, BGB, 68. Aufl., § 535 Rdnr. 16; Schmidt-Futterer/Eisenschmid, Mietrecht, 9. Aufl., § 535 BGB Rdnr. 25; AG Eschweiler, WuM 1994, 427). Jedoch ist der außerhalb der Wohnung gelegenen Plattform kein bestimmter Nutzungszweck beigemessen worden. Er erschließt sich auch nicht von selbst. Abgesehen davon , dass ein Mieter nicht ohne Weiteres erwarten kann, eine bestimmte Wohnnutzung wie die Terrassennutzung auf eine nicht als (Außen-) Wohnfläche mitvermietete Nebenfläche dauerhaft ausweiten zu können, die auch eine andere sinnvolle Nutzung etwa als Trocken- oder Abstellfläche zulässt, ist hier zusätzlich die Lage der Plattform oberhalb eines im Inneren eines Wohn- und Geschäftshauses gelegenen Lichthofs zu berücksichtigen. Derartigen Lichthöfen kommt nicht selten die Funktion zu, straßenseitig unzulässige oder sonst aus nachvollziehbaren Gründen unerwünschte haustechnische Anlagen einschließlich ihrer lüftungstechnischen Ver- und Entsorgungsleitungen entsprechend den Nutzungserfordernissen der jeweiligen Mitmieter aufzunehmen, so dass dieser Zweck die Nutzungsmöglichkeiten etwaiger Nebenflächen anderer Mieter im Bereich des Lichthofs - vorbehaltlich abweichender Abreden - mitbestimmt.
14
b) Die Revision rügt mit Recht, dass die vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen eine konkludente Abrede der Parteien nicht tragen, nach der die Beklagte verpflichtet ist, den Klägern die Plattform als Dachterrasse zur Verfügung zu stellen und ihnen während der Mietzeit diese Nutzungsmöglichkeit zu erhalten. Zwar können mietvertragliche Abreden auch stillschweigend durch schlüssiges Verhalten getroffen werden (Senatsbeschluss vom 2. November 2005 - VIII ZR 52/05, WuM 2005, 774). Insbesondere kann eine solche Abrede dadurch getroffen werden, dass in einer Beschreibung des Mietobjekts zugleich eine Aussage über seinen Charakter und damit eine diesem Charakter entsprechende Beschaffenheit enthalten ist (Senatsbeschluss vom 28. November 2007 - VIII ZR 106/07, ZMR 2008, 116, Tz. 2). Hier enthält die Vertragsurkunde zur Plattform und ihrer Nutzung jedoch keine Aussage. Dass dahingehend mündliche Absprachen erfolgt sind, ist ebenfalls nicht festgestellt; hierzu ergibt sich auch aus dem Sachvortrag der Parteien kein Anhalt. Ebenso wenig reicht es zur Annahme einer konkludent getroffenen Beschaffenheitsvereinbarung aus, dass die Plattform zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses von der Wohnung aus betreten werden konnte und neben anderen Nutzungsmöglichkeiten auch Platz zum Sitzen, Liegen und Ruhen bot. Zwar kann die für eine Beschaffenheitsvereinbarung erforderliche Willensübereinstimmung auch konkludent in der Weise erzielt werden, dass der Mieter dem Vermieter bestimmte Anforderungen an die Mietsache zur Kenntnis bringt und dieser zustimmt. Eine einseitig gebliebene Vorstellung des Mieters genügt dafür jedoch selbst dann noch nicht, wenn sie dem Vermieter bekannt ist. Erforderlich ist vielmehr weiter, dass der Vermieter darauf in irgendeiner Form zustimmend reagiert (vgl. Senatsurteil vom 20. Mai 2009 - VIII ZR 191/07, NJW 2009, 2807, Tz. 9). Anhaltspunkte für eine solche Zustimmung ergeben sich weder aus den vom Beru- fungsgericht getroffenen Feststellungen noch aus den sonstigen Umständen. Insbesondere kommt dem vom Berufungsgericht ergänzend angesprochenen Umstand, dass ein Geländer mit stabiler Brüstung vorhanden ist, keine Bedeutung zu, weil dessen Fehlen bereits aus bauordnungsrechtlichen Gründen jedwedem Betreten der Plattform und damit zugleich jeder anderen Nutzungsmöglichkeit entgegen gestanden hätte.
15
3. Auch sonst führen die von den Zu- und Abluftleitungen ausgehenden Geräuschimmissionen nicht zu einem Mangel der Mietsache. Zwar schuldet die Beklagte trotz Fehlens einer Abrede der Parteien zum Maß einer Immissionsbelastung der zum Lichthof hin gelegenen Räumlichkeiten jedenfalls die Einhaltung der maßgeblichen technischen Normen. Die einschlägigen Immissionsrichtwerte gemäß Abschnitt 6 der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm vom 26. August 1998 (GMBl. Nr. 26, S. 503, im Folgenden: TA Lärm), die bei den hier maßgeblichen Richtwerten für Immissionsorte außerhalb von Gebäuden keine Änderung gegenüber den entsprechenden Werten der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm vom 16. Juli 1968 (Beil. BAnz. Nr. 137) erfahren haben, werden jedoch nach den Feststellungen des Berufungsgerichts in keinem Fall überschritten.
16
Soweit das Berufungsgericht der Auffassung ist, der gemessene Geräuschpegel sei wegen seiner Dauerhaftigkeit in den angrenzenden Zimmern bei geöffnetem Fenster und erst recht auf der Terrasse für den Mieter gleichwohl nicht hinnehmbar, ist diese tatrichterliche Würdigung von Rechtsfehlern beeinflusst. Eine Benutzung der Plattform als Dachterrasse hat wegen Fehlens einer dahingehenden Beschaffenheitsvereinbarung der Parteien (dazu vorstehend unter II 2 b) für die Annahme eines Mangels der Mietsache außer Betracht zu bleiben; dafür, dass sonst in Betracht kommende Nutzungsmöglichkeiten dieser Nebenfläche in einer ins Gewicht fallenden Weise beeinträchtigt sind, besteht kein Anhalt. Ebenso wenig berücksichtigt das Berufungsgericht, wenn es meint, die Kläger müssten sich nicht darauf verweisen lassen, die Fenster zum Innenhof aus Gründen des Schallschutzes permanent geschlossen zu halten , dass zum einen die gemessenen Werte die Grenzwerte der TA Lärm nicht überschreiten und schon deshalb kein Erfordernis besteht, die betreffenden Fenster ständig geschlossen zu halten, und dass es sich zum anderen bei den zum Lichthof gelegenen Räumlichkeiten mit Küche, Flur und Bad ausschließlich um Funktionsräume handelt, bei denen in Bezug auf die Hinnehmbarkeit von Geräuschimmissionen nicht so hohe Anforderungen zu stellen sind wie bei Wohn- und Schlafräumen.
17
Es kommt hinzu, dass ein Mieter bei Fehlen gegenteiliger Abreden nicht ohne Weiteres erwarten kann, dass der Vermieter Veränderungen, die durch die Nutzungsbedürfnisse anderer Mieter erforderlich werden, unterlässt, wenn dadurch die Geräuschimmissionen zwar steigen, die Belastung aber - wie hier - auch nach der Veränderung noch den technischen Normen genügt, deren Einhaltung vom Vermieter geschuldet ist. Weist das Gebäude im Zeitpunkt der Begründung des Mietverhältnisses tatsächlich einen Immissionsstandard auf, der besser ist als der, den der Mieter nach den maßgeblichen technischen Normen vom Vermieter verlangen kann, kann der Mieter im allgemeinen nicht davon ausgehen, dass der Vermieter ihm gegenüber dafür einstehen will, dass dieser Zustand während der gesamten Dauer des Mietverhältnisses erhalten bleibt. Mangels konkreter - auch hier nicht ersichtlicher - Anhaltspunkte für die Übernahme einer dahingehenden Verpflichtung durch den Vermieter kann der Mieter vielmehr sowohl zu Beginn des Mietverhältnisses als auch in seinem weiteren Verlauf nur erwarten, dass die für die Belastung mit Geräuschimmissionen einschlägigen Vorgaben der TA Lärm eingehalten werden (vgl. Senatsurteil vom 17. Juni 2009, aaO, Tz. 13).

III.

18
Nach alledem kann das Berufungsurteil, soweit der Klage stattgegeben worden ist, keinen Bestand haben; es ist daher insoweit aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da weitere tatrichterliche Feststellungen nicht zu treffen sind und der Rechtsstreit hiernach zur Endentscheidung reif ist, hat der Senat in der Sache selbst zu entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO). Dies führt zur Wiederherstellung des klageabweisenden amtsgerichtlichen Urteils durch Zurückweisung der Berufung. Ball Dr. Frellesen Dr. Hessel Dr. Achilles Dr. Schneider
Vorinstanzen:
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(1) Hat die Mietsache zur Zeit der Überlassung an den Mieter einen Mangel, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt, oder entsteht während der Mietzeit ein solcher Mangel, so ist der Mieter für die Zeit, in der die Tauglichkeit aufg

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(1) Durch den Mietvertrag wird der Vermieter verpflichtet, dem Mieter den Gebrauch der Mietsache während der Mietzeit zu gewähren. Der Vermieter hat die Mietsache dem Mieter in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und sie während der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten. Er hat die auf der Mietsache ruhenden Lasten zu tragen.

(2) Der Mieter ist verpflichtet, dem Vermieter die vereinbarte Miete zu entrichten.

(1) Hat die Mietsache zur Zeit der Überlassung an den Mieter einen Mangel, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt, oder entsteht während der Mietzeit ein solcher Mangel, so ist der Mieter für die Zeit, in der die Tauglichkeit aufgehoben ist, von der Entrichtung der Miete befreit. Für die Zeit, während der die Tauglichkeit gemindert ist, hat er nur eine angemessen herabgesetzte Miete zu entrichten. Eine unerhebliche Minderung der Tauglichkeit bleibt außer Betracht.

(1a) Für die Dauer von drei Monaten bleibt eine Minderung der Tauglichkeit außer Betracht, soweit diese auf Grund einer Maßnahme eintritt, die einer energetischen Modernisierung nach § 555b Nummer 1 dient.

(2) Absatz 1 Satz 1 und 2 gilt auch, wenn eine zugesicherte Eigenschaft fehlt oder später wegfällt.

(3) Wird dem Mieter der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache durch das Recht eines Dritten ganz oder zum Teil entzogen, so gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend.

(4) Bei einem Mietverhältnis über Wohnraum ist eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung unwirksam.

(1) Durch den Mietvertrag wird der Vermieter verpflichtet, dem Mieter den Gebrauch der Mietsache während der Mietzeit zu gewähren. Der Vermieter hat die Mietsache dem Mieter in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und sie während der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten. Er hat die auf der Mietsache ruhenden Lasten zu tragen.

(2) Der Mieter ist verpflichtet, dem Vermieter die vereinbarte Miete zu entrichten.

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BGHZ: nein
BGHR: ja
Eine Mietwohnung in einem älteren Gebäude weist, wenn nicht vertraglich etwas anderes
vereinbart ist, in schallschutztechnischer Hinsicht keinen Mangel auf, sofern
der Trittschallschutz den zur Zeit der Errichtung des Gebäudes geltenden DINNormen
entspricht. Das gilt auch dann, wenn während der Mietzeit in der Wohnung
darüber der Fußbodenbelag ausgetauscht wird und sich dadurch der Schallschutz
gegenüber dem Zustand bei Anmietung der Wohnung verschlechtert (Abgrenzung zu
Senatsurteil vom 6. Oktober 2004 - VIII ZR 355/03, NJW 2005, 218).
BGH, Urteil vom 17. Juni 2009 - VIII ZR 131/08 - LG Duisburg
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Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 22. April 2009 durch den Vorsitzenden Richter Ball, den Richter
Dr. Frellesen, die Richterinnen Hermanns und Dr. Hessel sowie den Richter
Dr. Achilles

für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil der 13. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg vom 15. April 2008 wird zurückgewiesen. Die Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Beklagte ist Mieterin einer Eigentumswohnung der Klägerin in einem um das Jahr 1970 errichteten Gebäude. Die Streithelfer der Klägerin sind Eigentümer der darüber gelegenen Wohnung. Nachdem sie in ihrer Wohnung den früher vorhandenen PVC-Belag durch Bodenfliesen ersetzt hatten, rügte die Beklagte das Vorhandensein von Schallbrücken. In einem von der Klägerin gegen die Streithelfer eingeleiteten selbständigen Beweisverfahren stellte ein Sachverständiger fest, dass mit 61 dB zwar die Trittschall-Anforderungen der im Zeitpunkt der Errichtung des Gebäudes geltenden DIN 4109 - Schallschutz im Hochbau - in der Fassung von 1962 (maximal 63 dB), nicht aber diejenigen der DIN 4109 in der Fassung von 1989 (maximal 53 dB) eingehalten und dass durch die Fliesen Schallbrücken entstanden waren. Die Beklagte minderte deshalb ab Juli 2002 die Miete um monatlich 30 % der Nettomiete (125,11 €) und behielt weitere 20 % (83,40 €) zurück.
2
Mit ihrer Klage hat die Klägerin Zahlung der rückständigen Beträge bis April 2005 (35 Monate x 208,51 €) in Höhe von 7.297,85 € und Ersatz der Kosten des selbständigen Beweisverfahrens von 2.769,21 €, jeweils nebst Zinsen, verlangt. Das Amtsgericht hat der Klage lediglich in Höhe von 1.459,50 € (10 % der Nettomiete) nebst Zinsen stattgegeben. Mit ihrer - auch von den Streithelfern geführten - Berufung hat die Klägerin ihren erstinstanzlich geltend gemachten Anspruch auf rückständige Miete in vollem Umfang weiterverfolgt und die Klage um rückständige Miete für die Zeit von Mai 2005 bis Dezember 2007 in Höhe von 5.337,60 € (32 Monate x 166,80 € = 40 % der Nettomiete) nebst Zinsen erweitert. Das Landgericht hat unter teilweiser Abänderung des Urteils des Amtsgerichts der Mietklage in vollem Umfang stattgegeben und die Beklagte zur Zahlung von weiteren 11.175,95 € nebst Zinsen verurteilt. Dagegen wendet sich die Beklagte mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision.

Entscheidungsgründe:

3
Die Revision hat keinen Erfolg.

I.

4
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit dies für das Revisionsverfahren noch von Interesse ist, ausgeführt:
5
Die Klägerin habe gemäß § 535 Abs. 2 BGB über die bereits erstinstanzlich zugesprochenen Beträge hinaus Anspruch auf Zahlung aller weiteren von der Beklagten im Zeitraum von Juli 2002 bis Dezember 2007 nicht gezahlten Restmieten in Höhe von 11.175,95 €. Die Beklagte könne sich weder nach § 536 Abs. 1 BGB auf eine Minderung des Mietzinses noch auf ein Zurückbehaltungsrecht berufen, weil die gemietete Wohnung nicht mängelbehaftet gewesen sei.
6
Trittschallfreiheit sei bei Anmietung der Wohnung nicht vereinbart worden. Es komme deshalb nur darauf an, ob die Mietsache den technischen Normen genüge, die zur Zeit ihrer Errichtung gegolten hätten. Das sei hinsichtlich der DIN 4109 in der Fassung von 1962 der Fall. Der darin festgelegte Trittschallschutzwert von 63 dB werde nach den Feststellungen des vom Berufungsgericht beauftragten Sachverständigen J. eingehalten.
7
Zwar könne ein Mieter nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erwarten, dass der Vermieter, der bauliche Änderungen vornehme, dabei den Lärmschutzanforderungen der zur Zeit des Umbaus geltenden DIN-Normen genüge. Eine reine Veränderung des Bodenbelags werde jedoch in der Rechtsprechung jedenfalls zum Wohnungseigentumsrecht nicht als bauliche Änderung angesehen. Gleiches müsse im Wohnraummietrecht gelten. Die Arbeiten der Streithelfer seien in diesem Rahmen geblieben. Nach dem Gutachten des Sachverständigen J. sei es nicht in einem solchen Ausmaß zu Eingriffen in die Zwischendecke gekommen, dass es gerechtfertigt sei, die Einhaltung neuerer Schallnutznormen zu fordern.

II.

8
Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung stand, so dass die Revision zurückzuweisen ist. Das Berufungsgericht hat der Klägerin zu Recht einen Anspruch auf Zahlung der rückständigen Miete für die Zeit von Juli 2002 bis Dezember 2007 zuerkannt, weil die vermietete Wohnung nicht mit einem Mangel behaftet ist, so dass weder die Miete gemäß § 536 Abs. 1 BGB gemindert ist noch der Beklagten ein Zurückbehaltungsrecht an der Miete zusteht.
9
1. Ein Mangel ist eine für den Mieter nachteilige Abweichung des tatsächlichen Zustandes der Mietsache vom vertraglich vorausgesetzten Zustand. Maßgeblich sind daher, wie das Berufungsgericht zutreffend gesehen hat, in erster Linie die Vereinbarungen der Parteien (Senatsurteil vom 6. Oktober 2004 - VIII ZR 355/03, NJW 2005, 218, unter II 1). Vertragliche Abreden über Art und Umfang des Trittschallschutzes der vermieteten Wohnung oder über deren Lärmfreiheit im Allgemeinen sind nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts hier jedoch nicht getroffen worden.
10
2. Fehlen ausdrückliche Parteiabreden zur Beschaffenheit der Mietsache , so ist jedenfalls die Einhaltung der maßgeblichen technischen Normen geschuldet. Dabei ist nach der Verkehrsanschauung grundsätzlich der bei der Errichtung des Gebäudes geltende Maßstab anzulegen (Senatsurteile vom 26. Juli 2004 - VIII ZR 281/03, WuM 2004, 527, unter II A 1 b bb, und vom 6. Oktober 2004, aaO). Danach genügt die Wohnung der Beklagten den gebotenen schallschutztechnischen Standards. Zur Zeit der Errichtung des Gebäudes galt für die Schalldämmung die DIN-Norm 4109 in der Fassung von 1962. Deren Werte werden nach den unbeanstandet gebliebenen Feststellungen des Berufungsgerichts auch nach dem Austausch des Bodenbelags in der Wohnung der Streithelfer eingehalten.
11
3. Nach der Rechtsprechung des Senats kann allerdings der Mieter erwarten , dass Lärmschutzmaßnahmen getroffen werden, die den Anforderungen der zur Zeit des Umbaus geltenden DIN-Normen genügen, wenn der Vermieter selbst bauliche Veränderungen vornimmt, die zu Lärmimmissionen führen können (Senatsurteil vom 6. Oktober 2004, aaO). Der Senat hat dies in einem Fall entschieden, in dem das über der Wohnung des Mieters gelegene Dachgeschoss zunächst nur als Abstellraum gedient hatte und während der Mietzeit von dem Vermieter erstmals als Wohnung ausgebaut und genutzt worden ist. Das Berufungsgericht hat jedoch zu Recht angenommen, dass der jetzt zu beurteilende Sachverhalt damit nicht vergleichbar ist. Die Maßnahmen, die die Beklagte beanstandet, sind schon nicht von der Klägerin als Vermieterin selbst, sondern von den Streithelfern vorgenommen worden, die Eigentümer der über der Wohnung der Beklagten gelegenen Wohnung sind. Vor allem aber sind diese Maßnahmen von der Intensität des Eingriffs in die Gebäudesubstanz her dem erstmaligen Ausbau eines Dachgeschosses für eine Wohnnutzung nicht gleichzustellen. Nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts haben die Streithelfer in ihrer Wohnung nur den Bodenbelag ausgetauscht; der darunter liegende Estrich und die Geschossdecke sind unverändert geblieben. Es handelt sich also ausschließlich um solche Arbeiten, die aufgrund der Abnutzung des Fußbodens zum Zwecke der Instandhaltung der Wohnungsausstattung von Zeit zu Zeit erforderlich sind, ohne dass damit eine Veränderung oder Modernisierung des Gebäudes als solchem einhergeht.
12
Bei einem bloßen Austausch des Fußbodenbelags in der Oberwohnung, sei es durch den Vermieter selbst, sei es durch einen anderen Sondereigentümer , kann der Mieter nicht erwarten, dass die Maßnahme so durchgeführt wird, dass der Trittschallschutz anschließend den höheren Anforderungen der zur Zeit des Austauschs geltenden DIN-Normen genügt. Die damit verbundenen Eingriffe in die Gebäudesubstanz sind - anders als der erstmalige Ausbau des Dachgeschosses zur Wohnnutzung - mit einem Neubau oder einer grundlegenden Veränderung des Gebäudes nicht vergleichbar. Der Mieter kann deshalb nicht verlangen, dass bei ihrer Durchführung höhere Lärmschutzwerte eingehalten werden, als sie bis dahin für das Gebäude galten.
13
4. Der Mieter kann, sofern nicht etwas anderes vereinbart ist, auch nicht erwarten, dass Veränderungen des Fußbodenbelags in der Wohnung über ihm, sei es durch den Vermieter selbst, sei es durch einen anderen Sondereigentümer , unterbleiben, wenn dadurch die schallschutztechnische Situation zwar verschlechtert wird, der Trittschallschutz aber - wie hier - auch nach der Veränderung den technischen Normen genügt, die bei Errichtung des Gebäudes galten und deren Einhaltung vom Vermieter geschuldet ist (siehe oben unter 2). Dafür kommt es entgegen der Auffassung der Revision nicht darauf an, ob der Vermieter selbst nach § 14 Nr. 1 WEG von dem handelnden Wohnungseigentümer Unterlassung der Maßnahme oder jedenfalls deren fachgerechte Ausführung zum Zwecke der Verringerung der Lärmimmissionen verlangen könnte. Weist das Gebäude im Zeitpunkt der Begründung des Mietverhältnisses tatsächlich einen schallschutztechnischen Standard auf, der höher ist, als der Mieter nach den maßgeblichen technischen Normen vom Vermieter verlangen kann, kann der Mieter im Allgemeinen nicht davon ausgehen, dass der Vermieter ihm gegenüber dafür einstehen will, dass dieser Zustand während der gesamten Dauer des Mietverhältnisses erhalten bleibt. Mangels konkreter - hier weder von der Revision angeführter noch sonst ersichtlicher - Anhaltspunkte für die Übernahme einer dahingehenden Verpflichtung durch den Vermieter kann der Mieter vielmehr sowohl zu Beginn des Mietverhältnisses als auch im weiteren Verlauf nur erwarten, dass die für den Schallschutz einschlägigen DIN-Normen ein- gehalten werden. Das ist in der Wohnung der Beklagten, wie ausgeführt, der Fall. Ball Dr. Frellesen Hermanns Dr. Hessel Dr. Achilles
Vorinstanzen:
AG Oberhausen, Entscheidung vom 28.03.2006 - 32 C 1298/05 -
LG Duisburg, Entscheidung vom 15.04.2008 - 13 S 128/06 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 292/07 Verkündet am:
4. Juni 2008
Ermel,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB § 242 Cd; § 573 Abs. 2 Nr. 2
Die Pflicht des wegen Eigenbedarfs kündigenden Vermieters, dem Mieter bis zum
Ablauf der Kündigungsfrist eine vergleichbare, im selben Haus oder in derselben
Wohnanlage liegende Wohnung, die vermietet werden soll, anzubieten, beschränkt
sich auf Wohnungen, die dem Vermieter zu diesem Zeitpunkt zur Verfügung stehen;
eine Wohnung, die zwar vor Ablauf der Kündigungsfrist für die wegen Eigenbedarfs
gekündigte Wohnung gekündigt worden ist, aber erst zu einem späteren Zeitpunkt
frei werden soll, wird von dieser Anbietpflicht nicht erfasst (im Anschluss an BGH,
Urteil vom 9. Juli 2003 - VIII ZR 311/02, WuM 2003, 463).
BGH, Urteil vom 4. Juni 2008 - VIII ZR 292/07 - LG München I
AG München
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 4. Juni 2008 durch den Richter Wiechers als Vorsitzenden, den Richter
Dr. Frellesen, die Richterinnen Dr. Milger und Dr. Hessel sowie den Richter
Dr. Achilles

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil der 14. Zivilkammer des Landgerichts München I vom 17. Oktober 2007 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 11. Dezember 2007 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger ist Testamentsvollstrecker über den Nachlass der verstorbenen P. , zu dem ein Wohnhaus in M. gehört, in dessen fünften Stock die Beklagte aufgrund eines Mietvertrags aus dem Jahr 1982 eine Wohnung bewohnt.
2
Der Kläger erklärte mit Schreiben vom 2. Juni 2005 wegen Eigenbedarfs der Alleinerbin die Kündigung des Mietverhältnisses zum 28. Februar 2006. Die Mieter einer im vierten Stock desselben Hauses belegenen Wohnung gleichen Zuschnitts kündigten mit Schreiben vom 30. Dezember 2005 zum 31. März 2006 das Mietverhältnis über ihre Wohnung.
3
Mit seiner Klage verlangt der Kläger Räumung und Herausgabe der Wohnung der Beklagten. Die Beklagte ist der Ansicht, die Kündigung sei vom Kläger nicht als Vermieter, sondern nur in Vertretung für die Erbin ausgesprochen worden und deswegen unwirksam. Weiter bestreitet sie den Eigenbedarf. Außerdem meint sie, der Kläger habe seine Anbietpflicht bezüglich der Wohnung im vierten Stock verletzt.
4
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die hiergegen eingelegte Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Räumungsanspruch weiter.

Entscheidungsgründe:

5
Die Revision hat Erfolg.

I.

6
Das Berufungsgericht hat ausgeführt:
7
Zwar sei die Kammer entgegen der Ansicht des Amtsgerichts der Auffassung , dass die Kündigung hinreichend deutlich zum Ausdruck bringe, dass sie von dem Kläger als Testamentsvollstrecker in eigenem Namen erklärt worden sei. Dieses Problem bedürfe jedoch keiner Vertiefung, weil die Kündigung deshalb unwirksam sei, weil der Kläger seine Anbietpflicht verletzt habe. Da die im vierten Stock gelegene Wohnung der Beklagten nicht zur Anmietung angeboten worden sei, sei die Kündigung gemäß § 242 BGB rechtsmissbräuchlich.
8
Das Gericht verkenne dabei nicht, dass nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 9. Juli 2003 (NJW 2003, 2604 f.) eine solche Anbietpflicht grundsätzlich nur bis zum Ablauf der Kündigungsfrist bestehe. Der vom Bundesgerichtshof herangezogene Gesichtspunkt, dass andernfalls derjenige Mieter privilegiert werde, der sich bei wirksamer Kündigung trotz Ablaufs der Kündigungsfrist zu Unrecht noch in der Wohnung aufhalte, vermöge im vorliegenden Fall aber nicht zu begründen, dass die Anbietpflicht auf den Ablauf der Kündigungsfrist der Beklagten begrenzt sei. Die Klage sei erst am 12. April 2006 rechtshängig geworden. Die Alternativwohnung sei mit Ablauf des Monats März 2006 frei gewesen. Außerdem habe der Mieter dieser Alternativwohnung die Wohnung selbst gekündigt. Der Vermieter habe also annehmen können, dass der Mieter zum Ablauf der Kündigungsfrist ausziehen werde. Auch bestehe die Anbietpflicht unabhängig davon, ob die Annahme eines Mietvertragsangebots seitens des Klägers durch die Beklagte wahrscheinlich gewesen wäre oder nicht.

II.

9
Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Nach den bisher getroffenen Feststellungen hat das Berufungsgericht den vom Kläger geltend gemachten Anspruch aus § 546 Abs. 1 BGB auf Räumung und Herausgabe der gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB wegen Eigenbedarfs der Eigentümerin gekündigten Wohnung der Beklagten zu Unrecht verneint.
10
1. Keinen durchgreifenden Bedenken begegnet allerdings - entgegen der Gegenrüge der Revisionserwiderung - die Auffassung des Berufungsgerichts, die Kündigung des Klägers vom 2. Juni 2005 bringe hinreichend deutlich zum Ausdruck, dass sie von ihm als Testamentsvollstrecker in eigenem Namen erklärt worden sei. Diese Annahme beruht auf der tatrichterlichen Auslegung einer Individualerklärung, die nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs revisionsrechtlich nur beschränkt darauf überprüfbar ist, ob gesetzliche Auslegungsregeln, anerkannte Auslegungsgrundsätze, Denkgesetze, Erfahrungssätze oder Verfahrensvorschriften verletzt worden sind (BGHZ 154, 132, 133; 168, 64, 69, jew. m.w.N.). Derartige Rechtsfehler zeigt die Revisionserwiderung nicht auf. Der von ihr angeführte Wortlaut des Kündigungsschreibens ist nicht so eindeutig, dass die Auslegung des Berufungsgerichts damit unvereinbar wäre.
11
2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts hat der Kläger jedoch keine Pflicht zur Anbietung einer Alternativwohnung verletzt (§ 242 BGB).
12
Wie auch das Berufungsgericht nicht verkannt hat, muss der wegen Eigenbedarfs gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB berechtigt kündigende Vermieter dem Mieter bis zum Ablauf der Kündigungsfrist eine vergleichbare, im selben Haus oder in derselben Wohnanlage ihm zu diesem Zeitpunkt zur Verfügung stehende Wohnung, die vermietet werden soll, zur Anmietung anbieten (Senatsurteil vom 9. Juli 2003 - VIII ZR 311/02, WuM 2003, 463 - noch zu § 564b Abs. 2 Nr. 2 BGB aF, nunmehr § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB). Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt.
13
Die Wohnung im vierten Obergeschoss ist erst zum Ablauf des Monats März 2006 und damit einen Monat nach Ende des Mietverhältnisses der Beklagten gekündigt worden. Zu diesem Zeitpunkt hätte die Beklagte - den geltend gemachten Eigenbedarf unterstellt - bei rechtmäßigem Verhalten ihre Wohnung bereits geräumt haben müssen. Deswegen ist auch unerheblich, ob der Kläger darauf vertrauen durfte, dass die Mieter der Wohnung im vierten Stock gemäß ihrer eigenen Kündigung am 31. März 2006 ausziehen würden. Unerheblich ist weiter, dass die - im März 2006 eingereichte - Klageschrift der Beklagten erst am 12. April 2006 zugestellt worden ist. Dieser Klage hätte es nicht bedurft, wenn die Beklagte sich rechtmäßig verhalten und ihre Wohnung Ende Februar 2006 geräumt hätte. Die gegenteilige Ansicht des Berufungsgerichts würde auf eine nachvertragliche Treuepflicht des Vermieters gegenüber dem Mieter hinauslaufen. Eine solche Pflicht mit dem Inhalt, dass noch eine Anbietpflicht für die Zeit nach Beendigung des Mietverhältnisses bestände, ist jedoch nicht anzuerkennen (Senatsurteile, aaO, unter II 2; BGHZ 165, 75, 82 f.; die gegen dieses Urteil eingelegte Verfassungsbeschwerde hat das BVerfG, NJW 2006, 2033, nicht zur Entscheidung angenommen). Eine über den Ablauf der Kündigungsfrist hinaus zeitlich weiter ausgedehnte Anbietpflicht würde den allgemeinen Prinzipien des Privatrechts von Rechtssicherheit und Rechtsklarheit zuwiderlaufen , die vornehmlich bei der Rechtswirkung einerseitiger Gestaltungserklärungen , wie hier der Wohnungskündigung, zu beachten sind (BGHZ, aaO, 79). Sie würde zu einer systemwidrigen Durchbrechung der Grundsätze über die rechtsgestaltende Wirkung von Kündigungserklärungen führen (BGHZ, aaO, 82 f.). Zugleich würde das berechtigte Interesse des Vermieters, auf die Rechtsfolgen einer wirksamen Kündigung vertrauen und seine Planung danach ausrichten zu können, erheblich eingeschränkt (BGHZ, aaO, 84).

III.

14
Auf die Revision des Klägers ist das Berufungsurteil daher aufzuheben. Da das Berufungsgericht offen gelassen hat, ob der von der Beklagten bestrittene Eigenbedarf besteht, ist die Sache noch nicht zur Endentscheidung reif.
Sie ist daher zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Wiechers Dr. Frellesen Dr. Milger Dr. Hessel Dr. Achilles
Vorinstanzen:
AG München, Entscheidung vom 07.06.2006 - 424 C 9195/06 -
LG München I, Entscheidung vom 17.10.2007 - 14 S 10935/06 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 265/07
Verkündet am:
11. November 2008
Vorusso
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Die vorbehaltlose Bezahlung einer Rechnung rechtfertigt für sich genommen weder
die Annahme eines deklaratorischen noch eines "tatsächlichen" Anerkenntnisses
der beglichenen Forderung (im Anschluss an BGH, Urteil vom 11. Januar
2007 - VII ZR 165/05, NJW-RR 2007, 530).

b) Die in § 476 BGB vorgesehene Beweislastumkehr findet bei allen Ansprüchen
zwischen einem Verbraucher und einem Unternehmer Anwendung, bei denen es
im Zusammenhang mit der Durchsetzung von Sachmängelgewährleistungsrechten
des Verbrauchers darauf ankommt, ob die verkaufte Sache bei Gefahrübergang
mangelhaft war. Das gilt auch dann, wenn das Bestehen eines Mangels bei
Gefahrübergang Vorfrage für andere Ansprüche ist.
BGH, Urteil vom 11. November 2008 - VIII ZR 265/07 - LG Bonn
AG Rheinbach
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 24. September 2008 durch den Vorsitzenden Richter Ball, die Richter Wiechers
und Dr. Frellesen, die Richterin Dr. Hessel und den Richter Dr. Achilles

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird unter deren Zurückweisung im Übrigen das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Bonn vom 5. September 2007 teilweise aufgehoben und wie folgt neu gefasst : Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Rheinbach vom 6. Oktober 2006 abgeändert, soweit die Beklagte verurteilt worden ist, an den Kläger 87,29 € vorgerichtliche Kosten nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 2. Dezember 2005 hierauf zu zahlen; insoweit wird die Klage abgewiesen. Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen. Die Beklagte hat die Kosten beider Rechtsmittelverfahren zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger kaufte am 14. April 2005 von der Beklagten zu einem Preis von 27.500 € einen gebrauchten Pkw M. des Baujahres 1998 mit einer Laufleistung von nahezu 60.000 Kilometern. Das Fahrzeug wurde ihm am 20. April 2005 übergeben. Nachdem er weitere 12.000 Kilometer gefahren war, trat Anfang Oktober 2005 ein Getriebeschaden auf, der in der Werkstatt der Beklagten repariert wurde. Hierfür stellte die Beklagte dem Kläger unter dem 6. Oktober 2005 für das eingebaute Material nach Maßgabe einer bei Vertragsschluss für das Fahrzeug abgegebenen Gebrauchtwagen-Garantie als "30 %iger Kundenanteil auf Material gemäß Garantiebestimmungen" insgesamt 1.071,38 € in Rechnung, die der Kläger bezahlte. Mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 13. Oktober 2005 forderte der Kläger diesen Betrag mit der Erklärung zurück, ihn in Unkenntnis der Rechtslage bezahlt zu haben, weil der Getriebeschaden von der Beklagten im Rahmen der gesetzlichen Gewährleistungspflicht kostenlos zu beseitigen gewesen sei und abweichende Gewährleistungs-/Garantiebedingungen wegen Vorliegens eines Verbrauchsgüterkaufs unwirksam seien.
2
Das Amtsgericht hat der auf Rückzahlung des Rechnungsbetrages zuzüglich vorprozessualer Rechtsanwaltskosten in Höhe von 87,29 € gerichteten Klage nach Beweiserhebung antragsgemäß stattgegeben. Das Berufungsgericht hat auf die Berufung der Beklagten die Klage nach ergänzender Beweiserhebung abgewiesen. Hiergegen wendet sich der Kläger, der seinen auf Zurückweisung der Berufung gerichteten Antrag weiter verfolgt, mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision.

Entscheidungsgründe:

3
Die Revision hat im Wesentlichen Erfolg.

I.

4
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt :
5
Es könne dahinstehen, ob die Beklagte, wenn sie dem Kläger zur Gewährleistung verpflichtet gewesen wäre, die entrichteten Reparaturkosten überhaupt hätte zurückzahlen müssen. Die in Betracht kommenden Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung oder wegen anfänglichen Fehlens der Geschäftsgrundlage setzten sämtlich voraus, dass dem Kläger ein Anspruch auf kostenlose Nachbesserung zugestanden habe. Das sei nicht feststellbar. Entgegen der Annahme des Amtsgerichts habe sich durch den erhobenen Sachverständigenbeweis nicht klären lassen, ob ein Getriebeschaden, und sei es auch nur ansatzweise in Form eines übermäßigen Verschleißes des Getriebes, bereits bei Übergabe des Fahrzeugs vorhanden gewesen sei. Diese Ungewissheit gehe zu Lasten des Klägers, zumal ihm auch die Vermutung des § 476 BGB, sofern dessen Voraussetzungen überhaupt erfüllt seien, nicht zugute kommen könne. Durch die vorbehaltlose Bezahlung der Reparaturrechnung habe er ein Tatsachenanerkenntnis im Sinne eines Zeugnisses gegen sich selbst abgegeben, welches diese Vermutung überlagere, so dass er schon aus diesem Grunde die Beweislast für das Nichtbestehen eines rechtlichen Grundes seiner Zahlung zu tragen habe. Auch wenn ihm die zwischenzeitliche Vernichtung des ausgetauschten Getriebes nicht als Beweisvereitelung angelastet werden könne, gehe deshalb allein schon wegen seines tatsächlichen und vorbehaltlosen Anerkenntnisses der Reparaturforderung die Unaufklärbarkeit der Schadensursache zu seinen Lasten. Das entspreche auch der Billigkeit, weil die Beklagte ebenso wenig wie der Kläger Veranlassung gehabt habe, durch Aufbewahrung des ausgetauschten Getriebes Beweise zu sichern, nachdem für sie aufgrund der Zahlung des Klägers der betreffende Geschäftsvorfall abgeschlossen gewesen sei.

II.

6
Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.
7
Zu Unrecht hat das Berufungsgericht den erhobenen Rückzahlungsanspruch verneint. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann der Kläger von der Beklagten gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB die Rückzahlung des auf die Reparaturkostenrechnung geleisteten Betrages von 1.071,38 € verlangen , weil die Beklagte für den eingetretenen Schaden am Fahrzeuggetriebe wegen eines hierin liegenden Sachmangels zur Gewährleistung verpflichtet gewesen ist und deshalb die Kosten der Mangelbeseitigung allein tragen muss (§ 437 Nr. 1, § 439 Abs. 2 BGB). Für die tatsächlichen Voraussetzungen seines Rückzahlungsanspruchs kommt dem Kläger die Beweislastumkehr des § 476 BGB zugute. Anders als das Berufungsgericht gemeint hat, wird die Vermutungswirkung des § 476 BGB nicht durch ein Tatsachenanerkenntnis des Klägers überlagert.
8
1. Die Revision rügt mit Recht, dass bereits die Voraussetzungen für ein solches Tatsachenanerkenntnis nicht festgestellt sind.
9
a) Das Berufungsgericht geht zwar zutreffend davon aus, dass es neben dem "abstrakten" Schuldanerkenntnis (§ 781 BGB) und dem im Bürgerlichen Gesetzbuch nicht geregelten bestätigenden (deklaratorischen) Schuldanerkenntnis noch ein drittes („tatsächliches“) Anerkenntnis gibt, das keinen besonderen rechtsgeschäftlichen Verpflichtungswillen des Schuldners verkörpert, sondern das der Schuldner zu dem Zweck abgibt, dem Gläubiger seine Erfüllungsbereitschaft mitzuteilen und ihn dadurch etwa von sofortigen Maßnahmen abzuhalten oder ihm den Beweis zu erleichtern. Solche „als Zeugnis des Anerkennenden gegen sich selbst" zu wertenden Bestätigungserklärungen können im Prozess eine Umkehr der Beweislast bewirken und stellen dabei ein Indiz dar, das der Richter - mit der gleichzeitigen Möglichkeit einer Entkräftung - bei seiner Beweiswürdigung verwerten kann (BGHZ 66, 250, 254 f.).
10
b) Das Berufungsgericht hat sich bei der Würdigung der geleisteten Zahlung des Klägers jedoch rechtsfehlerhaft von der Annahme leiten lassen, „die vorbehaltlose Erfüllung einer Forderung (sei) die stärkste Form eines tatsächlichen Anerkenntnisses einer Forderung“. Zwar ist die tatrichterliche Auslegung einer - auch konkludenten - Individualerklärung revisionsrechtlich nur beschränkt darauf überprüfbar, ob gesetzliche Auslegungsregeln, anerkannte Auslegungsgrundsätze, Denkgesetze, Erfahrungssätze oder Verfahrensvorschriften verletzt sind. Das ist hier indessen der Fall.
11
Das Berufungsgericht hat seine Annahme, die vorbehaltlose Erfüllung einer Forderung sei die stärkste Form eines tatsächlichen Anerkenntnisses einer Forderung, nicht weiter dahin vertieft, an welche Tatsachen dieses Anerkenntnis anknüpft und ob sie den Schluss tragen, dass der Kläger die Ursachen des Getriebeschadens als in seinem Verantwortungsbereich liegend angesehen hat. Es hat vielmehr nur den Umstand der Rechnungsstellung und die anschließende Bezahlung aus sich heraus ausgelegt und dem eine Bedeutung beigemessen , wie sie typischerweise einem bestätigenden (deklaratorischen) Schuldanerkenntnis zukommt, in dessen Zusammenhang die Bewertung der vorbehaltlosen Zahlung einer Rechnung als Anerkenntnis üblicherweise (allein) erörtert wird (vgl. BGH, Urteil vom 11. Juli 1995 - X ZR 42/93, WM 1995, 1886, unter II 1; Urteil vom 11. Januar 2007 - VII ZR 165/05, NJW-RR 2007, 530, Tz. 8). Hierbei hat das Berufungsgericht übersehen, dass es ohne Feststellung näherer Umstände keine Vermutung für die Abgabe eines Anerkenntnisses gibt. Die Wertung einer rechtsgeschäftlichen oder rechtsgeschäftsähnlichen Erklärung als Anerkenntnis setzt vielmehr in der Regel eine Interessenlage voraus, die zur Abgabe eines Anerkenntnisses Anlass gibt. Eine solche Interessenlage kann namentlich darin liegen, ein zwischen den Parteien bestehendes Schuldverhältnis einem Streit oder zumindest einer (subjektiven) Ungewissheit über den Bestand des Rechtsverhältnisses oder seine Rechtsfolgen insgesamt oder in einzelnen Beziehungen zu entziehen (BGHZ 66, 250, 255; BGH, Urteil vom 1. Dezember 1994 - VII ZR 215/93, WM 1995, 402, unter II 2 g; Urteil vom 11. Juli 1995, aaO; Urteil vom 11. Januar 2007, aaO). Dazu ist indessen nichts festgestellt.
12
Für die Bezahlung einer Rechnung ohne Erhebung von Einwendungen ist hiervon keine Ausnahme zu machen. Der Umstand, dass eine Rechnung vorbehaltlos beglichen wird, enthält über seinen Charakter als Erfüllungshandlung (§ 363 BGB) hinaus keine Aussage des Schuldners, zugleich den Bestand der erfüllten Forderungen insgesamt oder in einzelnen Beziehungen außer Streit stellen zu wollen. Das gilt auch für die tatsächlichen Grundlagen der einzelnen Anspruchsmerkmale. Zwar wird es in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht als ausgeschlossen angesehen, der vorbehaltlosen Begleichung einer Rechnung zugleich eine Anerkenntniswirkung hinsichtlich der zu Grunde liegenden Forderung beizumessen. Dies erfordert aber stets ein Vorliegen weiterer Umstände, die geeignet sind, eine derartige Wertung zu tragen. Solche Umstände sind hier nicht festgestellt. Für sich genommen rechtfertigt die Bezahlung der Rechnung nicht die Annahme eines Anerkenntnisses (BGH, Urteil vom 11. Januar 2007, aaO, Tz. 9).
13
2. Gemäß § 476 BGB wird bei einem Verbrauchsgüterkauf im Sinne des § 474 Abs. 1 BGB in Fällen, in denen sich innerhalb von sechs Monaten seit Gefahrübergang ein Sachmangel zeigt, vermutet, dass die Sache bereits bei Gefahrübergang mangelhaft war, es sei denn, diese Vermutung ist mit der Art der Sache oder des Mangels unvereinbar. Diese Vermutung greift hier zugunsten des Klägers ein.
14
a) Es steht zwischen den Parteien außer Frage, dass es sich bei dem Fahrzeugkauf um einen Verbrauchsgüterkauf gehandelt hat. Der Getriebeschaden am gekauften Fahrzeug hat sich innerhalb von sechs Monaten seit Übergabe gezeigt. Ein normaler Verschleiß hat angesichts der vom Berufungsgericht festgestellten üblicherweise zu erwartenden Fahrleistung eines solchen Getriebes von 259.000 Kilometern nicht bestanden. Eine ernstlich andere in Betracht kommende Ursache als einen vorzeitigen übermäßigen Getriebeverschleiß hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Es hat es lediglich als unaufklärbar angesehen , ob bereits bei Vertragsschluss ein Sachmangel in Form übermäßigen Getriebeverschleißes vorgelegen hat oder nicht, nachdem die beim Wechsel des Getriebes im Getriebeöl vorgefundenen Metallspäne wegen einer zwischenzeitlichen Verschrottung des ausgebauten Getriebes nicht mehr einer aussagekräftigen Ursachenbestimmung haben zugeführt werden können. Es ist deshalb allein die Frage ungeklärt geblieben, ob die für den vorzeitig eingetretenen Verschleißschaden maßgeblichen Anlagen bereits bei Übergabe des Fahrzeugs an den Kläger vorgelegen haben oder erst später entstanden sind. Für diese Fallgestaltung begründet § 476 BGB gerade die in zeitlicher Hinsicht wirkende Vermutung, dass die zu Tage getretenen Mängel bereits im Zeitpunkt des Gefahrübergangs vorgelegen haben (Senatsurteil vom 18. Juli 2007 - VIII ZR 259/06, WM 2007, 2126, Tz. 16).
15
b) Die in § 476 BGB vorgesehene Beweislastumkehr kommt auch bei einem Rückforderungsanspruch zur Anwendung, der darauf gestützt ist, dass ein Verkäufer die Kosten einer durchgeführten Fahrzeugreparatur allein hätte tragen müssen, weil er nach § 439 Abs. 2 BGB zur kostenfreien Nachbesserung verpflichtet war. Die von der Revisionserwiderung geforderte Einschränkung auf solche Fallgestaltungen, in denen der Käufer Gewährleistungsansprüche geltend macht, weil der Verkäufer nur dann zu einer Beweisführung über die Mangelursache in der Lage sei, findet bereits im Wortlaut des § 476 BGB keine Stütze. Der mit dieser Vorschrift verfolgte Regelungszweck, die im Vergleich zu den - typischerweise - ungleich besseren Erkenntnismöglichkeiten des Unternehmers schlechteren Beweismöglichkeiten des Verbrauchers zu kompensieren (BT-Drs. 14/6040, S. 245), spricht im Gegenteil dafür, die Beweislastumkehr auf alle Ansprüche zwischen Verbraucher und Unternehmer zu erstrecken, bei denen es im Zusammenhang mit der Durchsetzung von Sachmängelgewährleistungsrechten des Verbrauchers darauf ankommt, ob die verkaufte Sache bei Gefahrübergang mangelhaft war. Das gilt auch dann, wenn das Bestehen eines Mangels bei Gefahrübergang - wie hier für § 812 BGB - Vorfrage für andere Ansprüche ist. Den Bedenken der Revisionserwiderung ist bereits dadurch ausreichend Rechnung getragen, dass dem Verkäufer im Einzelfall Beweiserleichterungen bis hin zu einer Beweislastumkehr zugute kommen können, wenn dem Käufer der Vorwurf einer zumindest fahrlässigen Beweisvereitelung zu machen sein sollte (vgl. Senatsurteil vom 23. November 2005 - VIII ZR 43/05, NJW 2006, 434, Tz. 23 ff.; MünchKommBGB/Lorenz, 5. Aufl., § 476 Rdnr. 25).
16
c) Das Berufungsgericht hat eine Beweisvereitelung durch den Kläger verneint, weil er seinerzeit genauso wenig wie die Beklagte Anlass gehabt habe , das ausgetauschte Getriebe zu Beweiszwecken sicherzustellen. Dies ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Hiergegen wendet sich die Revisionserwiderung auch nicht. Soweit sie geltend macht, die Beklagte habe auf- grund der Zahlung des Klägers davon ausgehen können, dass der betreffende Geschäftsvorfall abgeschlossen gewesen sei, wird übersehen, dass dem Kläger allein aus der Rechnungsbegleichung noch kein Vorwurf gemacht werden kann, beweisrechtliche Obliegenheiten verletzt zu haben. Ob dies anders zu beurteilen wäre, wenn ein Käufer sich vorbehaltlos für die Bezahlung eines ihm aufgrund einer Garantievereinbarung in Rechnung gestellten Reparaturkostenanteils entscheidet, obgleich er darüber informiert ist, dass ein Anspruch auf kostenfreie Nachbesserung in Betracht kommt, braucht hier nicht entschieden zu werden. Es ist weder vom Berufungsgericht festgestellt noch sonst dem Parteivorbringen zu entnehmen, dass die fachlich überlegene Beklagte dem Kläger die in Betracht kommende Alternative eines Anspruchs auf kostenfreie Nachbesserung aufgezeigt hat oder dass der Kläger auch ohne eine solche Aufklärung das Bestehen eines derartigen Anspruchs von sich aus in Betracht gezogen und gleichwohl von der Geltendmachung eines Vorbehalts abgesehen hat.
17
Erst recht stellt sich bei dieser Sachlage deshalb auch nicht die von der Revisionserwiderung aufgeworfene Frage, ob ein Rückzahlungsanspruch des Klägers durch § 814 BGB ausgeschlossen ist. Denn diese Vorschrift schließt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine Kondiktion erst aus, wenn der Leistende nicht nur die Tatumstände kennt, aus denen sich ergibt, dass er nicht verpflichtet ist, sondern auch weiß, dass er nach der Rechtslage nichts schuldet (BGH, Urteil vom 7. Mai 1997 – IV ZR 35/96, NJW 1997, 2381, unter II 4 a m.w.N.). Für beides hat das Berufungsgericht nichts festgestellt.
18
3. Dagegen kann der Kläger nicht die geltend gemachten Kosten einer vorprozessualen Rechtsverfolgung in Höhe von 87,29 € beanspruchen, die ihm das Amtsgericht nach den im erstinstanzlichen Urteil zitierten Gesetzesvorschriften als Verzugsschaden zugesprochen hat. Zum Zeitpunkt der anwaltli- chen Rückzahlungsaufforderung vom 13. Oktober 2005, welche die Rechtsverfolgungskosten ausgelöst hat, hat sich die Beklagte noch nicht im Verzug (§ 286 BGB) befunden, so dass auch ein Schadensersatzanspruch nach § 280 Abs. 1, 2, § 286 BGB nicht in Betracht kommt.

III.

19
Nach alledem kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben und ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO), soweit das Berufungsgericht die Klage auf Rückgewähr der vom Kläger geleisteten Zahlung von 1.071,38 € abgewiesen hat. Da weitere tatsächliche Feststellungen weder zu treffen noch zu erwarten sind und die Sache deshalb nach dem festgestellten Sachverhältnis zur Endentscheidung reif ist, kann der Senat in der Sache selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO). Dies führt zur Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils hinsichtlich der Kostenentscheidung und insoweit, als der Kläger eine Rückzahlung des geleisteten Rechnungsbetrages beansprucht. Ball Wiechers Dr.Frellesen Dr.Achilles Dr.Hessel
Vorinstanzen:
AG Rheinbach, Entscheidung vom 06.10.2006 - 5 C 475/05 -
LG Bonn, Entscheidung vom 05.09.2007 - 5 S 193/06 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 191/07 Verkündet am:
20. Mai 2009
Ring,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Bei Gebrauchtfahrzeugen gehört es nicht ohne Weiteres zur üblichen Beschaffenheit im
Sinne von § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB, dass sich alle Fahrzeugteile noch im Originalzustand
befinden. Die übliche Beschaffenheit ist deshalb grundsätzlich nicht in Frage gestellt
, wenn einzelne (wesentliche) Fahrzeugteile in technisch einwandfreier Weise erneuert
wurden. Das gilt auch, wenn das Fahrzeug mit einer neuen Lackierung versehen worden
ist, um es technisch und optisch wieder in einen tadellosen Zustand zu versetzen.

b) Welche Beschaffenheit des Kaufgegenstandes ein Käufer anhand der Art der Sache im
Sinne von § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB erwarten kann, bestimmt sich nach dem Empfängerhorizont
eines Durchschnittskäufers und damit nach der objektiv berechtigten Käufererwartung.
Diese orientiert sich im Regelfall an der üblichen Beschaffenheit gleichartiger
Sachen. Dagegen ist nicht entscheidend, welche Beschaffenheit der Käufer tatsächlich
erwartet und wie er auf eine hiervon abweichende Beschaffenheit reagiert.
BGH, Urteil vom 20. Mai 2009 - VIII ZR 191/07 - OLG München
LG Landshut
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 18. Februar 2009 durch den Vorsitzenden Richter Ball, den Richter
Dr. Frellesen, die Richterinnen Hermanns und Dr. Milger und den Richter
Dr. Achilles

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 13. Juni 2007 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der damals noch als Verkäufer bei der Beklagten beschäftigte Kläger kaufte von dieser am 18. November 2004 einen gebrauchten Pkw Mercedes CLK Cabrio für 32.900 €. Dieses Fahrzeug hatte er zuvor seinerseits durch Vertrag vom 12. Februar 2004 zum gleichen Preis an die Beklagte verkauft und dabei die Verpflichtung übernommen, für den Fall, dass die Beklagte bei einem Verkauf des Fahrzeugs Verlust machen sollte, den entsprechenden Betrag nachzuzahlen. Auf den im Vertrag vom 18. November 2004 vereinbarten Kaufpreis leistete der Kläger eine Anzahlung von 5.000 €. Die Restzahlung sollte bis März 2005 erfolgen. Das verkaufte Fahrzeug verblieb auf dem Betriebsgelände der Beklagten und wurde dort am 25. Februar 2005 zusammen mit anderen Fahrzeugen zerkratzt. Der Kläger erklärte daraufhin ohne vorherige Fristsetzung mit Schreiben vom 30. März 2005 den Rücktritt vom Kaufvertrag und forderte die Beklagte zur Rückerstattung der geleisteten Anzahlung auf.
2
Mit seiner Klage hat der Kläger die Rückzahlung der Anzahlung in Höhe von 5.000 € nebst Zinsen und die Feststellung begehrt, dass der Beklagten kein Anspruch auf einen Verlustausgleich aus dem Vertrag vom 12. Februar 2004 zusteht. Die Beklagte hat widerklagend in erster Linie die Verurteilung des Klägers zur Zahlung des Restkaufpreises in Höhe von 27.900 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen Übergabe des Fahrzeugs sowie die Feststellung eines Annahmeverzugs des Klägers beantragt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und der Widerklage unter Abweisung im Übrigen hinsichtlich des Zahlungsantrags stattgegeben. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht der Klage insgesamt stattgegeben, die Anschlussberufung der Beklagten, mit der diese ihren Antrag auf Feststellung des Annahmeverzugs sowie hilfsweise auf Feststellung einer Verlustausgleichspflicht des Klägers weiterverfolgt hat, zurückgewiesen und die Widerklage vollständig abgewiesen. Hiergegen wendet sich die Beklagte mit der vom Senat zugelassenen Revision.

Entscheidungsgründe:

3
Die Revision hat Erfolg.

I.

4
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt :
5
Der Kläger, dem das Fahrzeug zum Zeitpunkt der Beschädigung noch nicht übereignet gewesen sei und der sich nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme mit der Abnahme nicht im Verzug befunden habe, sei auch ohne Fristsetzung wirksam vom Kaufvertrag zurückgetreten, weil der Beklagten infolge der Lackbeschädigung die Erfüllung des Kaufvertrages unmöglich geworden sei. Sie habe einen durch speziellen Gebrauch und spezielle Abnutzung individualisierten Gebrauchtwagen im damaligen, beiden Parteien bekannten, unbeschädigten und unfallfreien Zustand geschuldet, und dies bedeute mit Originallack , selbst wenn ausdrücklich im Kaufvertrag keine Originallackierung aufgeführt gewesen sei. Da die Originallackierung zerstört sei, sei das Fahrzeug in einem vertragsgemäßen Zustand nicht mehr lieferbar. Die grundsätzlich mögliche Nachlieferung eines gleichwertigen anderen Fahrzeugs scheide aus, weil der Kläger seine Kaufentscheidung nicht nur aufgrund objektiver Anforderungen getroffen, sondern ein ihm in seinen wertbegründenden Eigenschaften bekanntes Fahrzeug zurückgekauft habe, so dass es angesichts der konkreten Vorstellungen des Klägers zum Wiederverkaufswert für ihn erkennbar nicht austauschbar gewesen sei. Auch eine Nachlackierung des Fahrzeugs könne nicht zur Wiederherstellung der geschuldeten Kaufsache führen. Die mit einem Neulackierungsaufwand von 4.407,50 € zu beseitigende Zerstörung der geschuldeten Originallackierung durch Vandalismus sei vielmehr einem Unfallgeschehen gleichzusetzen und damit als erheblich einzustufen, so dass ein in dieser Weise repariertes Fahrzeug nicht mehr der geschuldeten Kaufsache entsprechen würde.
6
Da die Weiterverkaufsmöglichkeiten durch das von der Beklagten zu tragende Schadensrisiko wesentlich gemindert seien, sei auch der vom Kläger im Vertrag vom 12. Februar 2004 übernommene Verlustausgleich bei verständiger Würdigung der Interessen gegenstandslos geworden. Das dahingehende Feststellungsbegehren des Klägers sei deshalb begründet, während die mit der Wi- derklage verfolgten Ansprüche der Beklagten durch das Schadensereignis und den wirksam erklärten Vertragsrücktritt entfallen seien.

II.

7
Diese Beurteilung hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Zu Unrecht nimmt das Berufungsgericht an, dass der Beklagten die Erfüllung des Kaufvertrages wegen des Zerkratzens der Originallackierung unmöglich geworden ist und dem Kläger deshalb ein Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrages vom 18. November 2004 durch Rückerstattung der auf den Kaufpreis geleisteten Anzahlung (§ 346 Abs. 1, § 323, § 326 Abs. 5, § 275 Abs. 1 BGB) zusteht. Die Beschädigung der Originallackierung führt nicht zur Unmöglichkeit der Vertragserfüllung, sondern stellt lediglich einen Mangel der Kaufsache dar. Dieser Mangel kann aber behoben werden, weil das Fahrzeug durch eine fachgerechte Neulackierung wieder in einen vertragsgemäßen Zustand versetzt werden kann. Der Kläger konnte deshalb nicht gemäß § 326 Abs. 5, § 323 BGB vom Kaufvertrag zurücktreten, ohne zuvor der Beklagten die Möglichkeit zu geben, das verkaufte Fahrzeug in den geschuldeten Zustand zu versetzen (vgl. MünchKommBGB/Westermann, 5. Aufl., § 434 Rdnr. 45; Erman/ Grunewald, BGB, 12. Aufl., § 434 Rdnr. 67).
8
1. Die Beklagte schuldet (nur) eine mangelfreie Lackierung, sie ist aber entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht verpflichtet, das verkaufte Fahrzeug in originallackiertem Zustand zu liefern.
9
a) Eine dahingehende Beschaffenheitsvereinbarung im Sinne von § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB besteht nicht. Die Vertragsurkunde enthält hierzu keine Aussage. Dass dahingehend mündliche Absprachen erfolgt sind, ist nicht festgestellt ; hierzu ergibt sich auch aus dem Sachvortrag der Parteien kein Anhalt. Ebenso wenig reicht es zur Annahme einer konkludent getroffenen Beschaffen- heitsvereinbarung aus, dass das Fahrzeug sich zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses in einem den Parteien bekannten unbeschädigten und unfallfreien Zustand befunden hat. Daraus lässt sich entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht schlussfolgern, dass die Originallackierung als Beschaffenheit vereinbart ist. Zwar kann die für eine Beschaffenheitsvereinbarung erforderliche Willensübereinstimmung auch konkludent in der Weise erzielt werden, dass der Käufer dem Verkäufer bestimmte Anforderungen an den Kaufgegenstand zur Kenntnis bringt und dieser zustimmt (BT-Drs. 14/6040, S. 213). Eine einseitig gebliebene Vorstellung des Käufers genügt dafür jedoch selbst dann noch nicht, wenn sie dem Verkäufer bekannt ist. Erforderlich ist vielmehr weiter, dass der Verkäufer darauf in irgendeiner Form zustimmend reagiert (OLG Saarbrücken, OLGR 2007, 645; MünchKommBGB/Westermann, aaO, § 434 Rdnr. 12; Staudinger/Matusche-Beckmann, BGB (2004), § 434 Rdnr. 55; Bamberger /Roth/Faust, BGB, 2. Aufl., § 434 Rdnr. 40). Anhaltspunkte für eine solche Zustimmung ergeben sich weder aus den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen noch aus den sonstigen Umständen.
10
b) Dem verkauften Fahrzeug fehlt nach Beseitigung der Schäden an der Lackierung nicht die Eignung für eine vertraglich vorausgesetzte Verwendung im Sinne von § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BGB. Das Berufungsgericht hat sich mit dieser Frage nicht befasst. Der Kläger beabsichtigt nach seinem unwidersprochenen Sachvortrag, das Fahrzeug weiterzuveräußern. Es kann dahinstehen, ob allein schon aus dieser - der Beklagten bei Vertragsschluss bekannten - Absicht ein bestimmter, im Sinne von § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BGB vertraglich vorausgesetzter Verwendungszweck folgt (vgl. MünchKommBGB/Westermann, aaO, § 434 Rdnr. 15). Jedenfalls wird bei einem mehrere Jahre alten Gebrauchtfahrzeug dessen Eignung zur Weiterveräußerung durch das Fehlen der Originallackierung nicht in Frage gestellt, wenn - wie hier - durch eine Neula- ckierung ein technisch gleichwertiger Lackierungszustand hergestellt werden kann.
11
c) Das verkaufte Fahrzeug weist nach ordnungsgemäßer Neulackierung schließlich auch nach den Maßstäben des § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB keinen Mangel auf. Es eignet sich vielmehr für die gewöhnliche Verwendung und weist eine Beschaffenheit auf, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann.
12
(1) Die Eignung für die gewöhnliche Verwendung im Straßenverkehr wird durch die Neulackierung nicht berührt.
13
(2) Das Fahrzeug weist auch bei Ersetzung der Originallackierung durch eine ordnungsgemäß ausgeführte Neulackierung eine Beschaffenheit auf, die bei Gebrauchtwagen dieses Alters üblich ist. Bei derartigen Gebrauchtfahrzeugen gehört es nicht zur üblichen Beschaffenheit, dass sich alle Fahrzeugteile noch im Originalzustand befinden. Die übliche Beschaffenheit gleichartiger Sachen ist vielmehr auch dann noch gegeben, wenn einzelne (wesentliche) Fahrzeugteile in technisch einwandfreier Weise erneuert wurden. Das gilt in gleicher Weise, wenn das Fahrzeug mit einer neuen Lackierung versehen worden ist, um es technisch und optisch wieder in einen tadellosen Zustand zu versetzen. Zu Recht wird deshalb in der Instanzrechtsprechung angenommen, dass der Umstand einer technisch einwandfreien Neulackierung für sich allein keinen Mangel des Fahrzeugs begründet (OLG Düsseldorf, Urteil vom 17. Juli 2002 - 17 U 9/02, juris, Tz. 15; OLG Frankfurt/M., OLGR 2001, 109, 110; LG Oldenburg , MDR 2006, 444; LG Itzehoe, Urteil vom 25. August 2003 - 2 O 41/03, juris , Tz. 21).
14
(3) Der Kläger konnte nach der Art der Sache - eines rund vier Jahre alten Gebrauchtwagens - nicht erwarten, dass das Fahrzeug mit der ursprünglich vorhandenen Originallackierung versehen war. Dies bestimmt sich nach dem Empfängerhorizont eines Durchschnittskäufers, und zwar danach, welche Beschaffenheit er anhand der Art der Sache erwarten kann, wobei die berechtigten Erwartungen des Käufers bei einem Gebrauchtwagen namentlich durch dessen Alter und dessen Laufleistung bestimmt werden (BT-Drs. 14/6040, S. 214). Es kommt mithin auf die objektiv berechtigte Käufererwartung an, die sich in Ermangelung abweichender Anhaltspunkte jedenfalls im Regelfall an der üblichen Beschaffenheit gleichartiger Sachen orientiert. Dagegen ist nicht entscheidend , welche Beschaffenheit der Käufer tatsächlich erwartet und wie er auf eine hiervon abweichende Beschaffenheit reagiert (Senatsurteil vom 7. Februar 2007 - VIII ZR 266/06, NJW 2007, 1351, Tz. 21). Hat er deshalb in der Kaufsituation höhere Erwartungen, muss er eine entsprechende Beschaffenheit im Sinne von § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB individuell vereinbaren, damit sie die Sollbeschaffenheit mit bestimmen (Palandt/Weidenkaff, BGB, 68. Aufl., § 434 Rdnr. 30; jurisPK-BGB/Pammler, 4. Aufl., § 434 Rdnr. 67).
15
Bei einem mehrere Jahre alten Gebrauchtwagen kann ein durchschnittlicher Käufer nicht erwarten, dass das Fahrzeug noch die Originallackierung aufweist. Denn es ist nicht ungewöhnlich, dass es im Laufe des mehrjährigen Gebrauchs eines Kraftfahrzeugs zu Lackschäden kommt, die durch eine mehr oder weniger umfangreiche Neulackierung beseitigt werden. Bestimmte Äußerungen der Beklagten, die bei einem durchschnittlichen Käufer weitergehende Erwartungen hätten wecken können, sind nicht ersichtlich, so dass der Kläger nicht erwarten konnte, das Fahrzeug mit der ursprünglich vorhandenen Originallackierung ausgeliefert zu erhalten.
16
(4) Zu Unrecht will das Berufungsgericht das Fahrzeug wegen des eingetretenen Schadens an der Lackierung einem Unfallfahrzeug gleichsetzen. Bei einem Unfallfahrzeug kann auch dann, wenn der Unfallschaden vollständig und fachgerecht beseitigt wurde, wegen eines merkantilen Minderwerts noch ein Mangel bestehen bleiben, weil der Charakter eines Fahrzeugs als Unfallfahrzeug sich nicht durch Nachbesserung korrigieren lässt (BGHZ 168, 64, Tz. 17; Senatsurteil vom 12. März 2008 - VIII ZR 253/05, NJW 2008, 1517, Tz. 21). Dem liegt die Überlegung zugrunde, dass trotz völliger und ordnungsgemäßer Instandsetzung eines erheblich beschädigten Kraftfahrzeugs bei einem großen Teil des Publikums, vor allem wegen eines nicht auszuschließenden Verdachts verborgen gebliebener Schäden und des Risikos höherer Schadensanfälligkeit infolge nicht fachgerechter Reparatur, eine den Preis beeinflussende Abneigung gegen den Erwerb eines derart beschädigten Kraftfahrzeugs besteht (vgl. BGHZ 161, 151, 159 f.).
17
Eine solche Fallgestaltung ist indessen bei einer Neulackierung zur Beseitigung von Kratzschäden an der äußeren Hülle des Fahrzeugs nicht gegeben , weil dieser Schaden durch eine fachgerechte Neulackierung ohne verbleibende technische Risiken zuverlässig beseitigt werden kann. Anders als bei Unfallschäden steht hier nicht zu befürchten, dass verborgen gebliebene Schäden zurückbleiben oder sonst unkalkulierbare Risiken einer erhöhten Schadensanfälligkeit bestehen. Genauso wie der Austausch beschädigter Teile eines Kraftfahrzeugs für sich allein nicht die Zubilligung eines Anspruchs auf Ersatz eines merkantilen Minderwerts rechtfertigen kann (MünchKommBGB /Oetker, aaO, § 249 Rdnr. 54), bleibt auch unter den hier gegebenen Umständen nach einer fachgerecht durchgeführten Neulackierung kein ersatzfähiger merkantiler Minderwert zurück.
18
2. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht auch den weiteren Antrag des Klägers auf Feststellung, dass die Beklagte gegen ihn keinen Anspruch aus der Vereinbarung im Kaufvertrag vom 12. Februar 2004 wegen eines Verlusts bei dem Verkauf des streitgegenständlichen Fahrzeugs habe, für begründet erach- tet. Ob dies der Fall ist, lässt sich derzeit noch nicht abschließend beurteilen, sondern hängt ungeachtet der Unwirksamkeit des am 30. März 2005 erklärten Rücktritts entscheidend davon ab, ob dem Kläger das Fahrzeug in einem erfüllungstauglichen Zustand angeboten worden ist oder angeboten werden wird und er es deshalb selbst abzunehmen hat. Dazu bedarf es weiterer tatrichterlicher Feststellungen.
19
3. In Ermangelung eines wirksamen Rücktritts des Klägers vom Kaufvertrag vom 18. November 2004 durfte das Berufungsgericht ebenfalls nicht die auf Zahlung des Restkaufpreises gerichtete Widerklage der Beklagten abweisen. Die Beklagte kann vielmehr Zahlung des restlichen Kaufpreises in Höhe von 27.900 € Zug um Zug gegen Übergabe des Fahrzeugs in einwandfrei lackiertem Zustand von dem Kläger verlangen (§ 433 Abs. 2 BGB). Ob und ab welchem Zeitpunkt der Kläger zur Restkaufpreiszahlung verpflichtet ist und Zinsen hierauf schuldet, hängt davon ab, ob und zu welchem Zeitpunkt dem Kläger das Fahrzeug in einwandfrei lackiertem Zustand angeboten worden ist oder angeboten werden wird. Denn vorher ist die Restkaufpreisforderung mangels einer von § 320 Abs. 1 Satz 1 BGB abweichenden Vorleistungspflicht des Klägers nicht fällig (BGHZ 55, 198, 200; 61, 42, 46).
20
4. Das gilt in gleicher Weise für die von der Beklagten begehrte Feststellung , dass sich der Kläger mit der Annahme des Fahrzeugs im Annahmeverzug befunden hat. Nachdem der Kläger den Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt hatte, war die Beklagte zwar nur noch gehalten, ein wörtliches Angebot gemäß § 295 BGB abzugeben, da der Kläger mit seinem Rücktritt zum Ausdruck gebracht hatte, dass er die Leistung unter keinen Umständen mehr annehmen werde (Palandt/Grüneberg, aaO, § 295 Rdnr. 4 m.w.N.). Ein solches Angebot hat die Beklagte spätestens mit ihrer auf Leistung Zug-um-Zug gerichteten Widerklage abgegeben (vgl. BGH, Urteil vom 15. November 1996 - V ZR 292/95, NJW 1997, 581, unter II 1 c). Jedoch setzt der Eintritt eines Annahmeverzuges nach § 297 BGB weiter voraus, dass die Beklagte ihrerseits bei Abgabe des Angebots imstande war, das Fahrzeug in einem einwandfrei lackierten Zustand zu übergeben. Hierzu hat das Berufungsgericht - nach seinem Standpunkt folgerichtig - bislang keine Feststellungen getroffen.

III.

21
Nach alledem kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben; es ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da es weiterer tatrichterlicher Feststellungen zur Fälligkeit der Restkaufpreisforderung und zum Eintritt eines Annahmeverzugs des Klägers bedarf, ist die Sache zur neuen Verhandlung und Ent- scheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Ball Dr. Frellesen Hermanns Dr. Milger Dr. Achilles
Vorinstanzen:
LG Landshut, Entscheidung vom 07.12.2006 - 73 O 2481/05 -
OLG München, Entscheidung vom 13.06.2007 - 20 U 5646/06 -

(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen wird.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.