vorgehend
Amtsgericht Mitte, 11 C 238/06, 05.01.2007
Landgericht Berlin, 62 S 62/07, 21.05.2007

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 188/07 Verkündet am:
12. März 2008
Ermel,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Der Vermieter ist zu einer Umlage der Wasserkosten nach Verbrauch nicht verpflichtet
, solange nicht alle Mietwohnungen eines Gebäudes mit Wasserzählern
ausgestattet sind.

b) Legt der Vermieter von Wohnraum die Kosten der Wasserversorgung und Entwässerung
gemäß § 556a Abs. 1 Satz 1 BGB nach dem Anteil der Wohnfläche
um, genügen Zweifel des Mieters an der Billigkeit dieses Maßstabs nicht, um eine
Änderung des Umlageschlüssels zu rechtfertigen.
BGH, Urteil vom 12. März 2008 - VIII ZR 188/07 - LG Berlin
AG Berlin-Mitte
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 12. März 2008 durch den Vorsitzenden Richter Ball, den Richter Wiechers,
die Richterinnen Hermanns und Dr. Hessel sowie den Richter Dr. Achilles

für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil der Zivilkammer 62 des Landgerichts Berlin vom 21. Mai 2007 wird zurückgewiesen. Die Beklagten haben die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin ist Vermieterin, die Beklagten sind Mieter einer Wohnung in Berlin, Ortsteil Prenzlauer Berg. Das Mietverhältnis beruht auf einem Mietvertrag vom 28. Oktober 1969. Durch Schreiben vom 29. Juli 1991 teilte die Klägerin den Beklagten mit, dass sie die Miete nunmehr auf Grundmiete und Betriebskostenvorauszahlungen umstellen werde. In der Folgezeit rechnete die Klägerin die Betriebskosten, einschließlich der Kosten der Wasserversorgung und Entwässerung, flächenbezogen ab. Seit März 2003 sind - mit einer Ausnahme - alle Wohnungen des Gebäudes mit einem Kaltwasserzähler ausgestattet , auch die Wohnung der Beklagten. In der Betriebskostenabrechnung vom 14. November 2005 für den Abrechnungszeitraum 2004 legte die Klägerin die Wasserkosten nach wie vor nach dem Verhältnis der Wohnflächen um. Dabei ergab sich zu Lasten der Beklagten ein Betrag von 557,06 €. Die daraus resultierende Nachzahlung in Höhe von 99,60 € beglichen die Beklagten nicht. Sie machten geltend, dass die Klägerin verpflichtet sei, die Wasserkosten nach Verbrauch abzurechnen; unter Berücksichtigung der von der Wasseruhr abgelesenen Werte ergebe sich ein Betrag von nur 227,47 € und dem entsprechend zu ihren Gunsten ein Guthaben von 229,99 €. Diesen Betrag brachten sie von der Miete für Januar 2006 in Abzug.
2
Mit der Klage hat die Klägerin die von ihr errechnete Betriebskostennachforderung , restliche Miete für Januar 2006 sowie Erstattung vorprozessualer Anwaltskosten verlangt. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben, das Landgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgen die Beklagten ihr auf Klageabweisung gerichtetes Begehren weiter.

Entscheidungsgründe:

3
Die Revision hat keinen Erfolg, sodass das Rechtsmittel trotz der Säumnis der Klägerin durch kontradiktorisches Urteil zurückzuweisen ist (BGH, Urteil vom 14. Juli 1967 - V ZR 112/64, NJW 1967, 2162).

I.

4
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
5
Die Klägerin könne den Saldo aus der Betriebskostenabrechnung 2004 und restliche Miete für Januar 2006 gemäß § 535 Abs. 2 BGB beanspruchen. Sie habe die Kosten der Be- und Entwässerung nach dem Flächenmaßstab umlegen dürfen. Die Beklagten hätten es versäumt, von der Klägerin rechtzeitig vor Beginn des Abrechnungszeitraums 2004 Umstellung auf eine verbrauchsabhängige Umlage der Wasserkosten zu verlangen.
6
Der bisher von der Klägerin praktizierte Umlagemaßstab sei gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes zur Regelung der Miethöhe (MHG) als vereinbart anzusehen. Nach dieser Vorschrift seien Vermieter berechtigt gewesen, die Miete bei vor dem 3. Oktober 1990 in der ehemaligen DDR geschlossenen Mietverträgen bis zum 31. Dezember 1997 durch einseitige Erklärung auf Grundmiete und Betriebskostenvorauszahlungen umzustellen. Davon habe die Klägerin durch Schreiben vom 27. Juli 1991 Gebrauch gemacht. Dies habe die Wirkung einer vertraglichen Vereinbarung, die sich auch auf den vom Vermieter gewählten Abrechnungsmaßstab erstrecke.
7
An den - nicht schlechthin unbilligen - Flächenmaßstab blieben die Parteien grundsätzlich gebunden. Eine Vertragsänderung, die der Zustimmung beider Parteien bedürfe, sei nur für die Zukunft zulässig. Einwände nach Ablauf der Abrechnungsperiode seien den Beklagten verwehrt. Damit bleibe ihre Berufung auch dann erfolglos, wenn ihnen ein Anspruch auf Änderung des Verteilungsschlüssels für die Zukunft grundsätzlich zustehen sollte.

II.

8
Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.
9
Der geltend gemachte Anspruch auf restliche Miete für den Monat Januar 2006 (§ 535 Abs. 2 BGB) sowie Nachzahlung von Betriebskosten für den Abrechnungszeitraum 2004 steht der Klägerin zu. Sie war berechtigt, an der Wohnfläche als Umlageschlüssel für die Kosten der Wasserversorgung und Entwässerung festzuhalten.
10
1. Es bedarf keiner Entscheidung, ob - wie das Berufungsgericht gemeint hat - ein vom Vermieter gewählter Umlageschlüssel im Anwendungsbereich von § 14 Abs. 1 Satz 2 MHG, der durch das Mietüberleitungsgesetz vom 6. Juni 1995 (BGBl. I S. 748) als Ersatz der bis dahin in den neuen Ländern geltenden Betriebskostenumlageverordnung vom 17. Juni 1991 (BGBl. I S. 1270) eingeführt wurde, als vereinbart gilt. Es kommt darüber hinaus auch nicht darauf an, ob die Parteien durch eine jahrelang einvernehmlich praktizierte Art und Weise der Abrechnung stillschweigend vereinbart haben, dass die Wasserkosten nach dem Anteil der Fläche der Mietwohnung an der Gesamtwohnfläche umzulegen sind (vgl. Senatsurteil vom 31. Mai 2006 - VIII ZR 159/05, NJW 2006, 2771, Tz. 7). Denn zugunsten der Beklagten kann unterstellt werden, dass die Parteien , wie die Revision geltend macht, einen solchen Abrechnungsmaßstab für die Wasserkosten nicht vereinbart haben. Haben die Vertragsparteien nichts anderes vereinbart, sind die Betriebskosten bereits nach dem gesetzlichen Abrechnungsmaßstab des § 556a Abs. 1 Satz 1 BGB - vorbehaltlich anderweitiger Vorschriften , die im vorliegenden Fall keine Bedeutung haben - nach dem Anteil der Wohnfläche umzulegen.
11
Entgegen der Ansicht der Revision haben die Parteien durch den Einbau eines Kaltwasserzählers in der Wohnung der Beklagten nicht stillschweigend vereinbart, dass die Wasserkosten nunmehr verbrauchsabhängig abzurechnen seien. Es mag sein, dass der Einbau eines Wasserzählers durch den Vermieter eine einseitige Erwartung des Mieters wecken kann, nunmehr für den tatsächlichen Wasserverbrauch in Anspruch genommen zu werden, auch wenn ein Wasserzähler nicht in allen anderen Wohnungen vorhanden ist (vgl. LG Berlin, GE 1999, 1052, 1053). Ein rechtsgeschäftlicher Erklärungswert im Sinne einer dahingehenden Verpflichtung des Vermieters kommt der bloßen Installation eines Wasserzählers jedoch nicht zu. Besondere Umstände, aus denen sich etwas anderes ergeben könnte, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt; übergangenen Sachvortrag zeigt die Revision nicht auf.
12
2. Aus § 556a Abs. 1 Satz 2 BGB folgt nicht, dass die Klägerin nach dem Einbau des Wasserzählers in der Wohnung der Beklagten für den Abrechnungszeitraum 2004 von dem Verhältnis der Wohnflächen als Abrechnungsmaßstab für die Wasser- und Abwasserkosten abgehen musste. Betriebskosten , die von einem erfassten Verbrauch oder einer erfassten Verursachung durch die Mieter abhängen, sind nach dieser Vorschrift nach einem Maßstab umzulegen, der dem unterschiedlichen Verbrauch oder der unterschiedlichen Verursachung Rechnung trägt. Wie auch die Revision nicht verkennt, setzt dies voraus, dass eine Verbrauchserfassung für alle Mieter stattfindet (Staudinger /Weitemeyer, BGB (2006), § 556a Rdnr. 15; MünchKommBGB/Schmid, 5. Aufl., § 556a Rdnr. 31; Palandt/Weidenkaff, BGB, 67. Aufl., § 556a Rdnr. 4; Langenberg, NZM 2001, 783, 790). Das ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift, wonach es auf "die Mieter" ankommt. Der Vermieter ist zu einer Umlage der Wasserkosten nach Verbrauch nicht verpflichtet, solange nicht alle Mietwohnungen eines Gebäudes mit Wasserzählern ausgestattet sind. Das ist entgegen der Auffassung der Revision auch dann nicht anders, wenn - wie hier im Abrechnungszeitraum 2004 - der Wasserverbrauch lediglich in einer Wohnung nicht erfasst werden kann, weil deren Mieter den Einbau einer Wasseruhr verweigert hat.
13
Der Umlage der Wasserkosten nach Wohnfläche steht auch nicht entgegen , dass die Klägerin zwar den (geringen) Wasserverbrauch eines OptikerGeschäfts zusammen mit den vermieteten Wohnungen abgerechnet hat, während sie den Wasserverbrauch des im Gebäude befindlichen ChinaRestaurants verbrauchsabhängig erfasst hat. Der Vermieter nimmt einen gebotenen , jedenfalls aber zulässigen Vorwegabzug der Kosten für Gewerbeflächen in gemischt genutzten Abrechnungseinheiten vor, wenn die auf die Gewerbeflächen entfallenden Kosten zu einer ins Gewicht fallenden Mehrbelastung der Wohnraummieter führen (vgl. Senatsurteile vom 8. März 2006 - VIII ZR 78/05, NJW 2006, 1419, Tz. 16, und vom 25. Oktober 2006 - VIII ZR 251/05, NJW 2007, 211, Tz. 12 ff.). So ist es hier. Die Klägerin bezweckt ersichtlich, eine Mehrbelastung der Wohnraummieter zu vermeiden, die ohne Vorwegabzug durch den nicht unbeträchtlichen Wasserverbrauch beim Betrieb des Restaurants entstünde.
14
3. Entgegen der Auffassung der Revision genügen bloße Zweifel an der Billigkeit des Umlagemaßstabs nicht, um ein auf Änderung des gesetzlichen Umlageschlüssels gerichtetes Verlangen des Mieters zu rechtfertigen. Lediglich für besondere Ausnahmefälle ist der Gesetzgeber davon ausgegangen, dass ein Anspruch des Mieters auf ein Abweichen von dem in § 556a Abs. 1 Satz 1 BGB vorgesehenen Flächenschlüssel entstehen kann. So soll der Mieter "auch zukünftig einen Anspruch auf Umstellung des Umlagemaßstabs" haben, "soweit es im Einzelfall zu einer krassen Unbilligkeit kommt" (BT-Drs. 14/4553, S. 51; vgl. Senatsurteile vom 31. Mai 2006 - aaO, Tz. 15, und vom 20. September 2006 - VIII ZR 103/06, NJW 2006, 3557, Tz. 21). Die so umschriebene Voraussetzung für einen Änderungsanspruch ist hier jedoch nicht erfüllt.
Ball Wiechers Hermanns Dr. Hessel Dr. Achilles

Vorinstanzen:
AG Berlin-Mitte, Entscheidung vom 05.01.2007 - 11 C 238/06 -
LG Berlin, Entscheidung vom 21.05.2007 - 62 S 62/07 -

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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 556a Abrechnungsmaßstab für Betriebskosten


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(1) Haben die Vertragsparteien nichts anderes vereinbart, sind die Betriebskosten vorbehaltlich anderweitiger Vorschriften nach dem Anteil der Wohnfläche umzulegen. Betriebskosten, die von einem erfassten Verbrauch oder einer erfassten Verursachung durch die Mieter abhängen, sind nach einem Maßstab umzulegen, der dem unterschiedlichen Verbrauch oder der unterschiedlichen Verursachung Rechnung trägt.

(2) Haben die Vertragsparteien etwas anderes vereinbart, kann der Vermieter durch Erklärung in Textform bestimmen, dass die Betriebskosten zukünftig abweichend von der getroffenen Vereinbarung ganz oder teilweise nach einem Maßstab umgelegt werden dürfen, der dem erfassten unterschiedlichen Verbrauch oder der erfassten unterschiedlichen Verursachung Rechnung trägt. Die Erklärung ist nur vor Beginn eines Abrechnungszeitraums zulässig. Sind die Kosten bislang in der Miete enthalten, so ist diese entsprechend herabzusetzen.

(3) Ist Wohnungseigentum vermietet und haben die Vertragsparteien nichts anderes vereinbart, sind die Betriebskosten abweichend von Absatz 1 nach dem für die Verteilung zwischen den Wohnungseigentümern jeweils geltenden Maßstab umzulegen. Widerspricht der Maßstab billigem Ermessen, ist nach Absatz 1 umzulegen.

(4) Eine zum Nachteil des Mieters von Absatz 2 abweichende Vereinbarung ist unwirksam.

(1) Durch den Mietvertrag wird der Vermieter verpflichtet, dem Mieter den Gebrauch der Mietsache während der Mietzeit zu gewähren. Der Vermieter hat die Mietsache dem Mieter in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und sie während der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten. Er hat die auf der Mietsache ruhenden Lasten zu tragen.

(2) Der Mieter ist verpflichtet, dem Vermieter die vereinbarte Miete zu entrichten.

(1) Haben die Vertragsparteien nichts anderes vereinbart, sind die Betriebskosten vorbehaltlich anderweitiger Vorschriften nach dem Anteil der Wohnfläche umzulegen. Betriebskosten, die von einem erfassten Verbrauch oder einer erfassten Verursachung durch die Mieter abhängen, sind nach einem Maßstab umzulegen, der dem unterschiedlichen Verbrauch oder der unterschiedlichen Verursachung Rechnung trägt.

(2) Haben die Vertragsparteien etwas anderes vereinbart, kann der Vermieter durch Erklärung in Textform bestimmen, dass die Betriebskosten zukünftig abweichend von der getroffenen Vereinbarung ganz oder teilweise nach einem Maßstab umgelegt werden dürfen, der dem erfassten unterschiedlichen Verbrauch oder der erfassten unterschiedlichen Verursachung Rechnung trägt. Die Erklärung ist nur vor Beginn eines Abrechnungszeitraums zulässig. Sind die Kosten bislang in der Miete enthalten, so ist diese entsprechend herabzusetzen.

(3) Ist Wohnungseigentum vermietet und haben die Vertragsparteien nichts anderes vereinbart, sind die Betriebskosten abweichend von Absatz 1 nach dem für die Verteilung zwischen den Wohnungseigentümern jeweils geltenden Maßstab umzulegen. Widerspricht der Maßstab billigem Ermessen, ist nach Absatz 1 umzulegen.

(4) Eine zum Nachteil des Mieters von Absatz 2 abweichende Vereinbarung ist unwirksam.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 251/05 Verkündet am:
25. Oktober 2006
E r m e l ,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Rechnet der Vermieter preisfreien Wohnraums über Betriebskosten in gemischt genutzten
Abrechnungseinheiten nach dem Flächenmaßstab ab, ohne einen Vorwegabzug
der auf Gewerbeflächen entfallenden Kosten vorzunehmen, so trägt der Mieter
die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass diese Kosten zu einer erheblichen
Mehrbelastung der Wohnraummieter führen und deshalb ein Vorwegabzug der auf
die Gewerbeflächen entfallenden Kosten geboten ist (im Anschluss an Senatsurteil
vom 8. März 2006 - VIII ZR 78/05, NJW 2006, 1419).
BGH, Urteil vom 25. Oktober 2006 - VIII ZR 251/05 - LG Berlin
AG Schöneberg
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 27. September 2006 durch den Vorsitzenden Richter Ball, die Richter Wiechers
und Dr. Frellesen sowie die Richterinnen Hermanns und Dr. Hessel

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil der Zivilkammer 63 des Landgerichts Berlin vom 19. August 2005 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Beklagten sind seit dem Jahr 1994 Mieter einer Wohnung in Berlin. Im Erdgeschoss des Anwesens sind Wohnräume mit einer Gesamtfläche von 473 m2 an einen Verein vermietet, der die Räume Behinderten zu Wohnzwecken überlässt (betreutes Wohnen). Der Kläger ist seit Dezember 2000 zum Zwangsverwalter des Grundstücks bestellt. Gemäß § 3 Nr. 1 des Mietvertrags haben die Beklagten neben der Miete monatliche Vorschusszahlungen auf die Betriebskosten sowie auf die Heiz- und Warmwasserkosten zu leisten. Nach § 4 Nr. 1 des Vertrags sind die Miete und die Nebenkosten monatlich im Voraus, spätestens am dritten Werktag des Monats, an den Vermieter zu zahlen. Bis Oktober 2002 betrug die Miete einschließlich Vorschusszahlungen 523,96 €.
2
Mit Schreiben vom 8. Oktober 2002 rechnete der Kläger über die Betriebskosten für das Jahr 2001 ab. Die anteilige Umlage der Gesamtkosten auf die Wohnung der Beklagten erfolgte nach dem Flächenmaßstab; einen Vorwegabzug für die Kosten, die auf das im Erdgeschoss des Hauses betriebene Wohnheim für Behinderte entfielen, nahm der Kläger nicht vor. Die Abrechnung ergab eine Nachforderung in Höhe von 762,80 €. In einem Schreiben vom 10. Oktober 2002 erklärte der Kläger eine Erhöhung des von den Beklagten zu zahlenden Betriebskostenvorschusses um 63,74 € ab November 2002. Die Beklagten zahlten weder den Nachforderungsbetrag aus der Betriebskostenabrechnung noch die Erhöhungsbeträge für den Betriebskostenvorschuss.
3
Mit seiner am 8. Oktober 2004 bei Gericht eingegangenen und am 19. November 2004 zugestellten Klage hat der Kläger von den Beklagten unter anderem Zahlung von 3.506,41 € nebst Zinsen begehrt. Dieser Betrag setzt sich aus der restlichen Betriebskostenforderung für das Jahr 2001 in Höhe von 758,28 € (762,80 € abzüglich eines vom Kläger verrechneten Guthabens), einer Betriebskostennachforderung für 2002 von 694,41 €, den Erhöhungsbeträgen für den Betriebskostenvorschuss für den Zeitraum November 2002 bis September 2004 - insgesamt 1.466,02 € - und der Miete einschließlich Vorauszahlungen für Oktober 2004 von 587,70 € zusammen. Am 18. Oktober 2004 zahlten die Beklagten 523,96 € Miete für den Monat Oktober 2004. In Höhe dieses Betrages hat der Kläger die Klage zurückgenommen und beantragt, den Beklagten insoweit die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen.
4
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Mit seiner Berufung hat der Kläger sein Zahlungsbegehren nur noch hinsichtlich der Betriebskostennachforderung für das Jahr 2001 und der Erhöhungsbeträge für den Betriebskostenvorschuss - insgesamt in Höhe von 2.288,04 € nebst Zinsen - weiterverfolgt. In der mündlichen Berufungsverhandlung haben die Parteien in Bezug auf die Be- triebskostenvorschüsse für die Monate Januar 2004 bis Oktober 2004 (637,40 €) den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt. Das Berufungsgericht hat unter teilweiser Abänderung des erstinstanzlichen Urteils der Klage in Höhe von 1.650,64 € nebst Zinsen stattgegeben und den Beklagten hinsichtlich des zurückgenommenen sowie des übereinstimmend für erledigt erklärten Teils der Klageforderung die Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehren die Beklagten die Wiederherstellung des erstinstanzlichen klageabweisenden Urteils.

Entscheidungsgründe:

5
Die Revision der Beklagten hat Erfolg.

I.

6
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner in GE 2005, 1553 veröffentlichten Entscheidung ausgeführt:
7
Die Beklagten schuldeten aufgrund der Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2001 eine Nachzahlung in Höhe von 758,28 €. Die Abrechnung sei nicht wegen eines fehlenden Vorwegabzugs für das im Haus befindliche Wohnheim für Behinderte unwirksam. Zwar sei das Mietverhältnis mit dem Verein, der das Wohnheim betreibe, als gewerbliches Mietverhältnis anzusehen. Jedoch sei es bei der Abrechnung von Betriebskosten nicht geboten, die auf gewerblich genutzte Flächen entfallenden Kosten stets vorweg von den Gesamtkosten abzuziehen und lediglich die verbleibenden Kosten auf die Wohnflächen zu verteilen. Im vorliegenden Fall habe es eines Vorwegabzugs der Gewerbefläche nicht bedurft, weil keine Anhaltspunkte dafür gegeben seien, dass das Wohnheim anteilig höhere Betriebskosten verursache. Der Verein überlasse den Bewohnern die Räume zu Wohnzwecken. Bei einer genutzten Fläche von 473 m2 durch - nach Angaben des Klägers - etwa 20 Bewohner sei nicht ersichtlich, dass sich die anteilige Belegung von einer sonstigen Nutzung zu Wohnzwecken erheblich unterscheide. Für eine Nutzung durch wesentlich mehr Bewohner lägen keine Hinweise vor; sie seien auch von den Beklagten nicht vorgetragen. Der Umstand, dass die Bewohner aufgrund ihrer Behinderungen in den Räumen betreut würden, gebe keinen Anlass zu einer anderen Beurteilung. Vor allem sei nicht ersichtlich, dass die Unterbringung in der Art eines Hotel- oder Krankenhausbetriebs erfolge.
8
Der Kläger könne für die Zeit von November 2002 bis Dezember 2003 den Erhöhungsbetrag der Vorschusszahlungen von insgesamt 892,36 € verlangen. Aufgrund der Mieterhöhungserklärung des Klägers vom 10. Oktober 2002 hätten sich die von den Beklagten geschuldeten Betriebskostenvorschüsse gemäß § 560 Abs. 4 BGB um monatlich 63,74 € ab November 2002 erhöht. Die Erhöhungserklärung sei den Beklagten gemeinsam mit der Betriebskostenabrechnung für 2001 zugegangen. Die Beklagten seien dem Vorbringen des Klägers , beide Erklärungen am 15. Oktober 2002 zugestellt zu haben, nicht hinreichend entgegengetreten. Da die Abrechnung den Beklagten nach dem Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils unstreitig zugegangen sei und sie diese auch in Ablichtung mit der Klageerwiderung eingereicht hätten, könnten sie den Erhalt der auf die Abrechnung Bezug nehmenden Erhöhungserklärung nicht mit Nichtwissen bestreiten.
9
Soweit der Kläger die Klage in Höhe des von den Beklagten gezahlten Teilbetrags von 523,96 € zurückgenommen habe, entspreche es billigem Ermessen , die Kosten den Beklagten aufzuerlegen, weil sie sich mit der Mietzahlung in Verzug befunden hätten (§ 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO). Allein aufgrund ständiger verspäteter Zahlungen in der Vergangenheit bestünden keine An- haltspunkte für eine einvernehmliche Abänderung der vertraglichen Fälligkeitsvereinbarung. Auch hinsichtlich der teilweisen Erledigung der Hauptsache in Bezug auf die Erhöhung der Betriebskostenvorschüsse für 2004 seien die Kosten gemäß § 91a ZPO den Beklagten aufzuerlegen, weil die Klage ohne die durch Zeitablauf eingetretene Abrechnungsreife begründet gewesen wäre.

II.

10
Die Ausführungen des Berufungsgerichts halten der rechtlichen Nachprüfung nicht in jeder Hinsicht stand.
11
1. Die Revision hat Erfolg, soweit das Berufungsgericht einen Anspruch des Klägers auf Zahlung der restlichen Nachforderung aus der Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2001 von 758,28 € bejaht hat. Die Annahme des Berufungsgerichts , es habe eines Vorwegabzugs der auf das im Erdgeschoss des Hauses betriebene Wohnheim für Behinderte entfallenden Betriebskosten nicht bedurft, beruht auf einer unzureichenden Tatsachenfeststellung.
12
a) Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass es sich bei dem Mietvertrag mit dem Betreiber des Wohnheims um ein gewerbliches Mietverhältnis handelt. Dies wird von den Parteien nicht beanstandet. Weiter hat das Berufungsgericht zutreffend angenommen, dass die auf gewerbliche Mietverhältnisse entfallenden Betriebskosten nicht stets vorweg von den anteilig auf die Mieter von Wohnraum umzulegenden Gesamtkosten abzuziehen sind. Wie der Senat nach Erlass des Berufungsurteils entschieden hat, ist bei der Abrechnung des Vermieters von preisfreiem Wohnraum über Betriebskosten in gemischt genutzten Abrechnungseinheiten - soweit die Parteien, wie hier, nichts anderes vereinbart haben - ein Vorwegabzug der auf Gewerbeflächen entfallenden Kosten für alle oder einzelne Betriebskostenarten jedenfalls dann nicht geboten, wenn diese Kosten nicht zu einer ins Gewicht fallenden Mehrbelastung der Wohnraummieter führen (Urteil vom 8. März 2006 - VIII ZR 78/05, NJW 2006, 1419, unter II A 1 a aa). Das gilt entgegen der Auffassung der Revision auch im Anwendungsbereich des - für den Abrechnungszeitraum 2001 bereits geltenden (vgl. Art. 229 § 3 Abs. 9 EGBGB) - § 556a Abs. 1 Satz 1 BGB, wonach die Betriebskosten grundsätzlich nach dem Flächenmaßstab umzulegen sind (Senat, aaO, unter II A 2 b). Hieran hält der Senat fest.
13
b) Die bisherigen Tatsachenfeststellungen tragen aber nicht die Annahme des Berufungsgerichts, ein Vorwegabzug der auf das Wohnheim entfallenden Betriebskosten sei nicht geboten gewesen, weil das Wohnheim keine erheblich höheren Kosten verursache. Das Revisionsgericht kann die Feststellung der Voraussetzungen eines unbestimmten Rechtsbegriffs - wie hier die Erheblichkeit einer Mehrbelastung - zwar nur beschränkt darauf überprüfen, ob der Tatrichter wesentliche Umstände übersehen oder nicht vollständig gewürdigt hat, Erfahrungssätze verletzt oder Verfahrensfehler begangen hat (Senat, aaO, unter II A 1 a aa (2) m.w.Nachw.). Ein solcher Rechtsverstoß liegt hier indessen vor.
14
aa) Nicht zu beanstanden ist es allerdings, dass das Berufungsgericht die Notwendigkeit eines Vorwegabzugs hinsichtlich verbrauchsabhängiger Betriebskosten verneint hat. Nach den unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts werden die von dem Betreiber des Wohnheims gemieteten Räume im Erdgeschoss Behinderten zu Wohnzwecken überlassen. Hinsichtlich der tatsächlichen Nutzungsart besteht somit im vorliegenden Fall kein Unterschied zwischen dem gewerblichen Mietverhältnis und den Wohnraummietverhältnissen. Unter diesen Umständen ist es entgegen der Auffassung der Revision unerheblich , wie viele Behinderte im Erdgeschoss wohnen und ob durch diese Bewohner verhältnismäßig höhere verbrauchsabhängige Betriebskosten verursacht werden als durch die übrigen Mieter. Da alle Bewohner zur Entstehung der verbrauchsabhängigen Gesamtkosten in unterschiedlichem Maße beitragen - etwa durch unterschiedlichen Wasser- und Energieverbrauch -, sind Ungenauigkeiten bei der Verteilung verbrauchsabhängiger Betriebskosten nach dem gesetzlich vorgeschriebenen Flächenmaßstab (§ 556a Abs. 1 Satz 1 BGB) auch bei Wohnraummietverhältnissen im Regelfall nicht zu vermeiden; solche Ungenauigkeiten müssen vom Mieter - im Interesse einer Vereinfachung der Abrechnung - grundsätzlich hingenommen werden (Senat, aaO). Dies gilt auch für den hier vorliegenden Fall, in dem die gewerblich vermieteten Räume ausschließlich zu Wohnzwecken genutzt werden. Das Berufungsgericht hat mit Recht darauf hingewiesen, dass es hinsichtlich des Vorwegabzugs von verbrauchsabhängigen Betriebskosten keinen Unterschied machen kann, ob ein Vermieter Mietverträge mit den einzelnen Bewohnern unmittelbar abschließt oder ob ein Zwischenmieter eingeschaltet ist.
15
bb) Zu Recht rügt die Revision jedoch, dass das Berufungsgericht unter Verstoß gegen § 286 ZPO das Vorbringen der Beklagten übergangen hat, dass ein Vorwegabzug jedenfalls hinsichtlich bestimmter verbrauchsunabhängiger Betriebskosten - Feuer- und Gebäudehaftpflichtversicherung sowie Grundsteuer - geboten sei, weil diese durch den Betrieb des Behindertenwohnheims wesentlich erhöht würden und deren Berücksichtigung in der Abrechnung deshalb zu einer erheblichen Mehrbelastung der übrigen Mieter führe. Das Berufungsgericht hat dazu keine Feststellungen getroffen. Sein Urteil lässt auch nicht erkennen , dass sich das Berufungsgericht mit diesem Vorbringen, auf das die Beklagten im zweiten Rechtszug Bezug genommen haben, auseinandergesetzt hat. Auf diesem Rechtsfehler beruht das Berufungsurteil (§ 545 Abs. 1 ZPO), weil nicht auszuschließen ist, dass das Berufungsgericht die Erforderlichkeit des Vorwegabzugs - hinsichtlich der vorgenannten Betriebskostenarten - anders beurteilt hätte, wenn es das Vorbringen der Beklagten berücksichtigt hätte.
16
Dies wird das Berufungsgericht nachzuholen haben. Dabei wird es davon auszugehen haben, dass die Beklagten die Darlegungs- und Beweislast für ihre Behauptung tragen, die gewerbliche Vermietung an den Betreiber des Behindertenwohnheims habe eine wesentliche Erhöhung der Versicherungskosten und der Grundsteuer verursacht und in der Betriebskostenabrechnung des Klägers zu einer erheblichen Mehrbelastung der Wohnungsmieter geführt. Da die Bestimmung des § 556a Abs. 1 Satz 1 BGB einen Vorwegabzug von Gewerbeflächen nicht generell fordert (Senat, aaO, unter II A 2 b), ist es Sache des Mieters , die Tatsachen vorzutragen und gegebenenfalls zu beweisen, welche einen Vorwegabzug - aus Gründen der Billigkeit (§§ 315, 316 BGB; Senat, aaO, unter II A 1 a aa (2)) - ausnahmsweise geboten erscheinen lassen (Blank, LMK 2006, 178495; Lützenkirchen, BGH-Report 2006, 631; Schach, GE 2006, 478, 479). Hinsichtlich der hierfür erforderlichen Informationen kann der Mieter Auskunft vom Vermieter und Einsicht in die der Abrechnung zugrunde liegenden Belege verlangen (Lützenkirchen, aaO); soweit danach der Mieter weiterhin nicht in der Lage sein sollte, die für einen Vorwegabzug der Gewerbeflächen maßgebenden Tatsachen vorzutragen, während der Vermieter über die entsprechende Kenntnis verfügt und ihm nähere Angaben zumutbar sind, kommt zu Gunsten des Mieters eine Modifizierung seiner Darlegungslast nach den Grundsätzen über die sekundäre Behauptungslast (hier: des Vermieters) in Betracht (zur sekundären Behauptungslast: BGHZ 86, 23, 29; Senatsurteil vom 18. Mai 2005 - VIII ZR 368/03, NJW 2005, 2395 unter II 3 b cc m.w.Nachw.; Zöller/Greger, ZPO, 25. Aufl., vor § 284 Rdnr. 34).
17
2. Das Berufungsurteil hält der rechtlichen Nachprüfung auch insoweit nicht stand, als die Beklagten verurteilt worden sind, an den Kläger die Erhöhungsbeträge des Betriebskostenvorschusses von 63,74 € für den Zeitraum von November 2002 bis Dezember 2003 - insgesamt 892,36 € - zu zahlen.
18
Gemäß § 560 Abs. 4 BGB kann jede Vertragspartei nach einer Abrechnung durch Erklärung in Textform eine Anpassung der vereinbarten Betriebskostenvorauszahlungen auf eine angemessene Höhe vornehmen. Zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, dass die vom Kläger mit Schreiben vom 10. Oktober 2002 erklärte Erhöhung des monatlich zu zahlenden Betriebskostenvorschusses nur wirksam geworden ist, wenn die Erklärung den Beklagten zugegangen ist (§ 130 Abs. 1 Satz 1 BGB). Zu Recht rügt die Revision jedoch , dass das Berufungsgericht den Zugang der Erhöhungserklärung nicht rechtsfehlerfrei festgestellt hat (§ 286 ZPO).
19
Der Kläger hat vorgetragen, das Erhöhungsschreiben sei am 15. Oktober 2002 durch einen Boten zusammen mit der Betriebskostenabrechnung für 2001 in den Briefkasten der Beklagten eingeworfen worden. Das Berufungsgericht ist zwar davon ausgegangen, dass die Beklagten den Zugang des Erhöhungsschreibens bestritten haben. Es hat jedoch gemeint, die Beklagten könnten, da ihnen die Betriebskostenabrechnung für 2001 unstreitig zugegangen sei, den Erhalt "der weiteren aufeinander Bezug nehmenden Erklärung nicht einfach mit Nichtwissen bestreiten".
20
Diese Begründung ist nicht tragfähig. Aus dem Umstand, dass die Beklagten die Betriebskostenabrechnung vom 8. Oktober 2002 erhalten haben, folgt nicht ohne weiteres, dass ihnen auch das nach dem bestrittenen Vortrag des Klägers ebenfalls am 15. Oktober 2002 in ihren Briefkasten eingeworfene Erhöhungsschreiben vom 10. Oktober 2002 zugegangen ist. Im Übrigen trifft es auch nicht zu, dass die den Beklagten zugegangene Betriebskostenabrechnung etwa auf das (weitere) Schreiben vom 10. Oktober 2002 Bezug nimmt. Die Beklagten waren deshalb entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht gehindert, den Zugang dieses Schreibens zu bestreiten. Das Berufungsgericht hätte daher den Zugang dieses Schreibens nicht bejahen dürfen, ohne den vom Kläger angebotenen Beweis für den Einwurf auch dieses Schreibens in den Briefkasten der Beklagten zu erheben.
21
3. Vergeblich rügt die Revision, dass das Berufungsgericht den Beklagten auf Antrag des Klägers wegen des am 18. Oktober 2004 - vor Eintritt der Rechtshängigkeit - gezahlten und daraufhin vom Kläger zurückgenommenen Teils der Klageforderung in Höhe von 523,96 € gemäß § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO - in der seit dem 1. September 2004 geltenden Fassung (BGBl. I S. 2198) - die Kosten des Rechtsstreits auferlegt hat. Es entspricht billigem Ermessen (§ 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO), den Beklagten insoweit die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen, weil die Beklagten dem Kläger Anlass zur Klage gegeben haben, der erst nach Klageeinreichung entfallen ist.
22
Der Anspruch des Klägers auf die Oktobermiete war im Zeitpunkt der Zahlung fällig. Gemäß § 4 Nr. 1 des Mietvertrags sind die Miete und die Nebenkosten monatlich im Voraus, spätestens am dritten Werktag des Monats, an den Vermieter zu zahlen. Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass der vertraglich vereinbarte Zeitpunkt der Fälligkeit nicht dadurch abgeändert worden ist, dass die Beklagten, wie sie vorgetragen haben, die Miete seit Vertragsbeginn jeweils in der Mitte des Monats gezahlt haben und der Vermieter dies hingenommen habe. Die Würdigung des Berufungsgerichts, die vom Revisionsgericht nur eingeschränkt auf das Vorliegen von Rechtsfehlern überprüfbar ist, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Soweit die Revision geltend macht, der Fälligkeitszeitpunkt sei infolge der vorgenannten Umstände geändert worden, setzt sie lediglich ihre eigene Auffassung gegen die Würdigung des Berufungsgerichts, ohne einen Rechtsfehler aufzuzeigen.
23
Zu Unrecht meint die Revision, die Klage auf Zahlung der Miete für Oktober 2004 sei rechtsmissbräuchlich (§ 242 BGB), weil der Kläger die Klage- schrift bereits am 8. Oktober 2004 bei Gericht eingereicht habe, ohne die Beklagten zuvor zu mahnen. Wie sich aus den von den Beklagten selbst vorgelegten Mahnschreiben des Klägers vom 4. Juni 2003 und vom 9. Oktober 2003 ergibt, hat der Kläger die Beklagten wiederholt aufgefordert, die weiteren laufenden Mietzahlungen bis zum dritten Werktag eines jeden Monats auf das Mietenkonto zu überweisen; zudem hat er in beiden Schreiben die Erhebung einer Klage wegen des eingetretenen Mietrückstandes angedroht. Bereits aus diesen Umständen folgt, dass die Beklagten nicht davon ausgehen durften, der Kläger gebe sich mit der ständig verspäteten Mietzahlung zufrieden, so dass sich die Klageerhebung nach Eintritt der Fälligkeit der Miete nicht als rechtsmissbräuchlich darstellt.
24
4. Mit Erfolg rügt die Revision dagegen, dass das Berufungsgericht den Beklagten gemäß § 91a Abs. 1 Satz 1 ZPO hinsichtlich des im Berufungsrechtszug übereinstimmend für erledigt erklärten Anspruchs des Klägers auf Zahlung der Erhöhungsbeträge für den Betriebskostenvorschuss von Januar 2004 bis Oktober 2004 (637,40 €) die Kosten des Rechtsstreits auferlegt hat. Das Berufungsgericht ist bei seiner Kostenentscheidung davon ausgegangen, dass die Vorschusserhöhung gerechtfertigt ist, weil es eines Vorwegabzugs von Betriebskosten nicht bedurfte (oben 1.), und dass den Beklagten das Erhöhungsschreiben des Klägers vom 10. Oktober 2002 zugegangen ist (oben 2.). Da das Berufungsurteil insoweit der Aufhebung unterliegt, kann auch die hierauf beruhende Kostenentscheidung nach § 91a Abs. 1 Satz 1 ZPO keinen Bestand haben.

III.

25
Auf die Revision der Beklagten ist das Berufungsurteil daher aufzuheben, und die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§§ 562 Abs. 1, 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Ball Wiechers Dr. Frellesen Hermanns Dr. Hessel
Vorinstanzen:
AG Berlin-Schöneberg, Entscheidung vom 16.03.2005 - 6 C 482/04 -
LG Berlin, Entscheidung vom 19.08.2005 - 63 S 118/05 -

(1) Haben die Vertragsparteien nichts anderes vereinbart, sind die Betriebskosten vorbehaltlich anderweitiger Vorschriften nach dem Anteil der Wohnfläche umzulegen. Betriebskosten, die von einem erfassten Verbrauch oder einer erfassten Verursachung durch die Mieter abhängen, sind nach einem Maßstab umzulegen, der dem unterschiedlichen Verbrauch oder der unterschiedlichen Verursachung Rechnung trägt.

(2) Haben die Vertragsparteien etwas anderes vereinbart, kann der Vermieter durch Erklärung in Textform bestimmen, dass die Betriebskosten zukünftig abweichend von der getroffenen Vereinbarung ganz oder teilweise nach einem Maßstab umgelegt werden dürfen, der dem erfassten unterschiedlichen Verbrauch oder der erfassten unterschiedlichen Verursachung Rechnung trägt. Die Erklärung ist nur vor Beginn eines Abrechnungszeitraums zulässig. Sind die Kosten bislang in der Miete enthalten, so ist diese entsprechend herabzusetzen.

(3) Ist Wohnungseigentum vermietet und haben die Vertragsparteien nichts anderes vereinbart, sind die Betriebskosten abweichend von Absatz 1 nach dem für die Verteilung zwischen den Wohnungseigentümern jeweils geltenden Maßstab umzulegen. Widerspricht der Maßstab billigem Ermessen, ist nach Absatz 1 umzulegen.

(4) Eine zum Nachteil des Mieters von Absatz 2 abweichende Vereinbarung ist unwirksam.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 103/06 Verkündet am:
20. September 2006
Kirchgeßner,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die formularvertragliche Beteiligung des Mieters einer Erdgeschosswohnung an
den Aufzugskosten benachteiligt diesen nicht unangemessen.
BGH, Urteil vom 20. September 2006 - VIII ZR 103/06 - LG Gießen
AG Gießen
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat im schriftlichen Verfahren mit
Schriftsatzfrist bis zum 9. August 2006 durch den Vorsitzenden Richter Ball,
den Richter Wiechers, die Richterinnen Hermanns und Dr. Milger sowie den
Richter Dr. Koch

für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Gießen - 1. Zivilkammer - vom 22. März 2006 wird zurückgewiesen. Die Beklagten tragen die Kosten des Revisionsverfahrens.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Beklagten waren aufgrund eines Mietvertrags vom 11. Juni 2002 mit der Rechtsvorgängerin des Klägers ab dem 1. September 2002 Mieter einer Eigentumswohnung im Erdgeschoss einer Seniorenanlage in A. . Das Haus ist mit einem Aufzug ausgestattet. Ein mit dem Aufzug erreichbarer Keller oder Dachboden gehörte nicht zum Mietobjekt der Beklagten.
2
Nr. 3.2 des Mietvertrags lautet: "Neben der Miete werden Betriebskosten im Sinne des § 27 der Zweiten Berechnungsverordnung umgelegt und in Form von monatlichen Vorauszahlungen mit jährlicher Abrechnung erhoben.
Die von dieser Vorauszahlung erfassten Betriebskosten sind in der Anlage 'Betriebskostenaufstellung' enthalten, welche wesentlicher Vertragsbestandteil ist. Die monatliche Vorauszahlung beträgt danach z.Zt. insgesamt EUR 75,-."
3
In der Anlage heißt es unter der Überschrift Betriebskostenaufstellung: "Die in Punkt 3.2 des Mietvertrags vom 11.06.02 ausgewiesene monatliche Betriebskostenvorauszahlung setzt sich zur Zeit aus folgenden Positionen zusammen: ... 4. Aufzug/Aufzüge ..."
4
Der Kläger hat von den Beklagten für das Jahr 2004 eine Nebenkostennachzahlung verlangt, in der ein anteiliger, nach dem Maßstab der Wohnfläche umgelegter Betrag von 141,37 € für Betriebskosten des Aufzugs enthalten ist. Das Amtsgericht hat die Klage insoweit abgewiesen. Auf die zugelassene Berufung hat das Landgericht die Beklagten auch zur Zahlung der Aufzugskosten verurteilt. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehren die Beklagten die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

I.

5
Das Berufungsgericht hat im Wesentlichen ausgeführt: Der Kläger könne Zahlung der Aufzugskosten verlangen. Diese seien gemäß Nr. 3.2 des Mietvertrags in Verbindung mit der II. Berechnungsverordnung umlagefähig.
6
Die formularmäßige Umlage der Aufzugskosten sei nicht wegen unangemessener Benachteiligung der Beklagten gemäß § 307 Abs. 1 und 2 BGB unwirksam. Das gelte für Mieter einer Erdgeschosswohnung auch dann, wenn sie keinen Nutzen von dem Aufzug hätten. Der Vermieter einer solchen Wohnung lege insoweit lediglich seine Preisgestaltung offen und verlagere das Risiko der Kostenveränderung auf den Mieter. Eine rechnerisch exakte Abrechnung sei ohnehin kaum möglich, denn bei mehrstöckigen Gebäuden müsste auch zwischen den Mietern im ersten Stock und jenen im obersten Stockwerk unterschieden werden, weil die Inanspruchnahme des Aufzugs unterschiedlich groß sei. Gegen eine unangemessene Benachteiligung der Beklagten spreche auch die Regelung in § 24 Abs. 2 der Neubaumietenverordnung. Danach seien grundsätzlich auch Wohnungsmieter im Erdgeschoss an den Aufzugskosten zu beteiligen; also sei die Regelung im Mietvertrag der Parteien mit den wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung vereinbar.
7
Die Klausel im Mietvertrag der Parteien sei auch nicht mit der Folge des § 305c BGB überraschend. Das Vorhandensein eines Aufzugs sei für die Beklagten offensichtlich gewesen. Es sei weit verbreitet, die durch einen Aufzug entstehenden Kosten auf die Mieter insgesamt umzulegen. Auch als Mieter einer Erdgeschosswohnung hätten die Beklagten damit rechnen müssen.

II.

8
Das Berufungsurteil hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand, so dass die Revision zurückzuweisen ist.
9
Der Kläger hat gemäß Nr. 3.2 des Mietvertrags gegen die Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von Betriebskosten für das Jahr 2004 auch im Hinblick auf die Aufzugskosten.
10
1. Im Mietvertrag ist in Nr. 3.2 in Verbindung mit der Anlage "Betriebskostenaufstellung" gemäß § 556 Abs. 1 Satz 1 BGB vereinbart, dass die Beklagten anteilige Aufzugskosten zu tragen haben. Kosten des Aufzugbetriebs sind umlagefähige Betriebskosten (früher § 27 Abs. 1 II. Berechnungsverordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. Oktober 1990, BGBl. I S. 2178, in Verbindung mit Anlage 3 Nr. 7; seit 1. Januar 2004 § 2 Nr. 7 der Betriebskostenverordnung vom 25. November 2003, BGBl. I S. 2346).
11
Entgegen der Auffassung der Revision hat das Berufungsgericht auch in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise angenommen, dass es sich bei der formularmäßig vereinbarten Beteiligung der Beklagten als Erdgeschossmieter an den Aufzugskosten nicht um eine überraschende Klausel im Sinne von § 305c Abs. 1 BGB handelt.
12
2. Die formularvertragliche Umlage der Aufzugskosten auf die Mieter einer Erdgeschosswohnung hält der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 1 Satz 1 BGB stand. Eine gegen die Gebote von Treu und Glauben verstoßende unangemessene Benachteiligung des Mieters liegt nicht vor, insbesondere weicht die Abrede nicht von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung ab. Dem steht nicht entgegen, dass der Kläger die Aufzugskosten nach der Wohnfläche umgelegt hat, ohne die Beklagten davon auszu- nehmen, obwohl ihnen das Vorhandensein eines Fahrstuhls keinen objektiven Gebrauchsvorteil gewährte.
13
a) Allerdings kommt eine Heranziehung des § 24 Abs. 2 der Neubaumietenverordnung 1970 (NMV) als wesentlicher Grundgedanke der gesetzlichen Regelung bei Wohnraum, der - wie die von den Beklagten gemietete Wohnung - nicht der Preisbindung unterliegt, entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht in Betracht. Für preisgebundenen Wohnraum bestimmt § 24 Abs. 2 Satz 1 NMV, dass die Kosten des Betriebs von Aufzügen nach dem Verhältnis der Wohnflächen umgelegt werden dürfen, sofern nicht im Einvernehmen mit allen Mietern ein anderer Umlagemaßstab vereinbart ist. Nach § 24 Abs. 2 Satz 2 NMV kann Wohnraum im Erdgeschoss von der Umlage ausgenommen werden.
14
aa) Die Wertung des § 24 Abs. 2 Satz 1 NMV wird vielfach auf preisfreien Wohnraum übertragen. Daraus folge, dass die anteilige Umlage der Aufzugskosten auf den Mieter einer im Erdgeschoss gelegenen Wohnung in der Regel möglich sei. Der Gesetz- und Verordnungsgeber sehe es regelmäßig nicht als unangemessene Benachteiligung an, wenn der Mieter einer solchen Wohnung unabhängig vom objektiven Nutzen mit der Umlage für einen Fahrstuhl belastet werde (LG Berlin, GE 1994, 765; LG Berlin, GE 1995, 567; LG Duisburg, WuM 1991, 597; Bub in Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl., Kap. II Rdnr. 437b; Weitemeyer in Emmerich /Sonnenschein, Miete, 8. Aufl., § 556a Rdnr. 22). Nach anderer Ansicht soll der dem Vermieter durch § 24 Abs. 2 Satz 2 NMV gewährte Ermessensspielraum stets dahingehend reduziert sein, dass der Mieter einer (preisgebundenen ) Wohnung im Erdgeschoss von der Umlage der Aufzugskosten ausgenommen werden müsse, wenn er aus dem Vorhandensein eines Fahrstuhls objektiv keinen Nutzen ziehen könne (LG Braunschweig, WuM 1990, 558; LG Kiel, NZM 2001, 92; LG Berlin, MM 2002, 333).
15
bb) Die Streitfrage bedarf hier keiner Entscheidung. § 24 Abs. 2 NMV ist eine Regelung des sozialen Wohnungsbaurechts, die nach dem Regelungsplan des Gesetzgebers bereits deshalb nicht für andere Sachverhalte herangezogen werden kann, weil es sich um eine auslaufende, nur noch auf den Altbestand im sozialen Wohnungsbau anzuwendende Regelung handelt. Der Gesetzgeber hat das Recht des sozialen Wohnungsbaus durch das Wohnraumförderungsgesetz vom 13. September 2001 (BGBl. I S. 2376 - WoFG) mit Wirkung ab dem 1. Januar 2002 auf eine neue gesetzliche Grundlage gestellt. Aufgrund dessen ist die Neubaumietenverordnung nur noch nach Maßgabe der Übergangsbestimmung des § 50 WoFG weiterhin anzuwenden. Soweit das Wohnraumförderungsgesetz keine Sonderregelung trifft, gelten im Verhältnis der Mietvertragsparteien untereinander die allgemeinen wohnraummietrechtlichen Bestimmungen (Begründung des Gesetzentwurfs, BT-Drucks. 14/5538 S. 33 f.; vgl. auch Senatsurteil vom 8. März 2006 - VIII ZR 78/05, NJW 2006, 1419 unter II A 1 a aa (1) zu § 20 Abs. 2 Satz 2 NMV).
16
b) Die formularmäßige Beteiligung auch des Mieters einer im Erdgeschoss gelegenen Wohnung an den Aufzugskosten nach dem Maßstab der Wohnfläche entspricht jedoch dem Grundgedanken des § 556a Abs. 1 Satz 1 BGB. Nach dieser Bestimmung sind Betriebskosten grundsätzlich - vorbehaltlich abweichender Vereinbarungen oder anderweitiger Vorschriften - nach dem Anteil der Wohnfläche umzulegen. Im Anwendungsbereich des § 556a Abs. 1 Satz 1 BGB ist dabei grundsätzlich auf die Gesamtwohnfläche abzustellen (Senatsurteil vom 31. Mai 2006 - VIII ZR 159/05, WuM 2006, 440 unter II 3 a aa). Nur für Betriebskosten, die von einem erfassten Verbrauch oder einer erfassten Verursachung durch die Mieter abhängen, gilt dies nicht (§ 556a Abs. 1 Satz 2 BGB). Diese Vorschrift greift jedoch nicht ein, weil es hier nicht um eine erfasste Verursachung geht. § 556a Abs. 1 Satz 2 BGB bietet auch keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Mieter einer Erdgeschosswohnung keinen Anteil an den Aufzugskosten zu tragen hat, wenn er ihn nicht sinnvoll nutzen kann (so aber wohl Langenberg, NZM 2001, 783, 790). Dass der Flächenschlüssel für den Fall einer - wie hier - fehlenden Vereinbarung des Umlageschlüssels und vorbehaltlich einer anderweitigen gesetzlichen Regelung vorgeschrieben ist, beruht auf der Wertung des Gesetzgebers, dass dieser Verteilungsschlüssel für alle Betriebskosten, für die kein anderer Abrechnungsmaßstab gilt, sachgerecht ist. Mit Rücksicht darauf stellt es keine Abweichung von der gesetzlichen Regelung dar, dass der Kläger die Beklagten nicht von der Umlage der Aufzugskosten ausgenommen hat.
17
c) Die anteilige Umlage dieser Kosten benachteiligt die Beklagten auch im Übrigen nicht unangemessen, selbst wenn sie den Aufzug nicht sinnvoll nutzen konnten (§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB).
18
Auch in Rechtsprechung und Schrifttum ist die Meinung verbreitet, dass die formularmäßige Vereinbarung, die im Erdgeschoss wohnenden Mieter unabhängig vom konkreten Nutzen an den Betriebskosten eines Fahrstuhls zu beteiligen, nicht gegen § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB verstößt (LG Hannover, WuM 1990, 228; LG Duisburg, WuM 1991, 597; Weitemeyer aaO, § 556a Rdnr. 22; Schmid, Handbuch der Mietnebenkosten, 9. Aufl., Rdnrn. 4164, 5156 f.; vgl. auch LG Augsburg, WuM 2003, 270). Nach anderer Ansicht scheidet eine Umlage von Aufzugskosten auf den Mieter einer im Erdgeschoss gelegenen Wohnung aus, wenn er den Aufzug nicht sinnvoll nutzen könne. Andernfalls werde dieser Mieter in unbilliger Weise mit der Subventionierung von Annehmlichkeiten für andere Mieter belastet (Langenberg in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 8. Aufl., § 556a Rdnr. 101; siehe auch Wall in Eisenschmid/Rips/Wall, Betriebskostenkommentar , 2004, § 2 Nr. 7 BetrKV Rdnr. 24).
19
Der Senat hält die erstgenannte Ansicht für richtig. Betriebskosten, die nicht von einem erfassten Verbrauch oder einer erfassten Verursachung abhängen , werden vielfach von den einzelnen Mietern in unterschiedlichem Umfang verursacht oder es werden die damit verbundenen Vorteile von ihnen in unterschiedlichem Maße genutzt. Das gilt ebenso wie für die Kosten eines Aufzugs etwa für die Kosten einer Gemeinschaftsantenne, die Kosten der Beleuchtung von Eingang und Treppenhaus, die Kosten der Reinigung dieser Bereiche oder die Kosten der Gartenpflege (vgl. zu letzteren Senatsurteil vom 26. Mai 2004 - VIII ZR 135/03, WuM 2004, 399). Eine nach der jeweiligen Verursachung oder tatsächlichen Nutzung differenzierende Umlage dieser Kosten auf die Mieter wäre vielfach nicht praktikabel und hätte eine erhebliche Unübersichtlichkeit und möglicherweise auch laufende Veränderungen in der Abrechnung zur Folge. Im Falle der Aufzugskosten etwa wäre für eine streng verursachungsgerechte und am Vorteilsprinzip ausgerichtete Zuordnung nicht nur eine Unterscheidung zwischen den Erdgeschossmietern und den Mietern der übrigen Stockwerke erforderlich, sondern müsste darüber hinaus eine Differenzierung nach der Stockwerkshöhe der einzelnen Wohnungen und möglicherweise auch nach der Zahl der Nutzer je Wohnung erfolgen.
20
Es sprechen deshalb auf Seiten des Vermieters Gründe der Praktikabilität und auf Seiten der Mieter Gründe der Nachvollziehbarkeit und besseren Überprüfbarkeit der Abrechnung für eine generalisierende Betrachtungsweise (Weitemeyer aaO, § 556a Rdnr. 22; Schmid aaO, Rdnr. 4004). Soweit die Mieter zur Entstehung der Gesamtkosten in unterschiedlichem Maße beitragen oder davon in unterschiedlichem Umfang profitieren, sind gewisse Ungenauigkeiten bei der Verteilung von Betriebskosten dann nicht zu vermeiden. Der Mie- ter muss die Abrechnung nach einem einheitlichen, generalisierenden Maßstab trotz gegebenenfalls unterschiedlicher Verursachungsanteile der Mietparteien grundsätzlich hinnehmen (Senatsurteil vom 8. März 2006, aaO, unter II A 1 a aa (2)). Denn die oben genannten Gründe lassen die damit für die Mieter bestimmter Wohnungen im Einzelfall möglicherweise verbundenen Nachteile nicht als eine - die Gebote von Treu und Glauben missachtende - unangemessene Benachteiligung erscheinen, zumal sich die Vor- und Nachteile bei den verschiedenen Betriebskostenarten insgesamt auch ausgleichen können. Diese Wertung entspricht zudem der Intention des Gesetzgebers, der mit der Regelung des § 556a Abs. 1 Satz 1 BGB, nach der vorbehaltlich anderweitiger Vereinbarungen und Vorschriften die Betriebskosten nach dem Anteil der Wohnfläche umzulegen sind, die Umlage von Betriebskosten leichter handhabbar machen wollte (Begründung des Gesetzentwurfs, BT-Drucks. 14/4553, S. 51).
21
3. Es liegt auch kein Fall krasser Unbilligkeit vor, welcher dem Mieter im Einzelfall einen Anspruch aus § 242 BGB auf eine Umstellung des Umlagemaßstabes eröffnen kann (vgl. BT-Drucks aaO; Senatsurteil vom 31. Mai 2006, aaO, unter II 3 a aa; Schmid aaO, Rdnr. 4119). Entgegen der Ansicht der Revi- sion können die Beklagten daher auch aus den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) nichts Weitergehendes zu ihren Gunsten herleiten. Ball Wiechers Hermanns Dr. Milger Dr. Koch
Vorinstanzen:
AG Gießen, Entscheidung vom 04.01.2006 - 45 MC 836/05 -
LG Gießen, Entscheidung vom 22.03.2006 - 1 S 45/06 -