Bundesgerichtshof Urteil, 03. Mai 2001 - IX ZR 134/00

bei uns veröffentlicht am03.05.2001

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 134/00 Verkündet am:
7. Juni 2001
Preuß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
GesO § 10 Abs. 2, KO § 41 Abs. 2
Mit einem Anfechtungsanspruch kann der Konkursverwalter nach Ablauf der Anfechtungsfrist
nicht gegen eine Forderung aufrechnen, die ihrerseits unanfechtbar
begründet worden ist.
BGH, Urteil vom 7. Juni 2001 - IX ZR 134/00 - OLG Köln
LG Köln
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 3. Mai 2001 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Kreft und die Richter
Stodolkowitz, Dr. Zugehör, Dr. Ganter und Raebel

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 17. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 1. März 2000 aufgehoben.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 29. April 1999 wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Rechtsmittelzüge fallen der Beklagten zur Last.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der klagende Verein führt nach dem Arbeitsförderungsgesetz geförderte Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen durch. Er stand in Geschäftsbeziehungen zu der S. Baugesellschaft mbH S. (im folgenden: Schuldnerin). Über deren Vermögen wurde auf Antrag vom 11. Dezember 1996 am 7. Januar 1997 die Gesamtvollstreckung eröffnet. Zur Verwalterin ist die Beklagte bestellt.
Am 12. Januar 1996 übernahm die Schuldnerin einen Auftrag der Stadt B. über Abbrucharbeiten zum Höchstpreis von 336.847,87 DM zuzüglich Mehrwertsteuer. Am selben Tage schloß die Schuldnerin mit dem Kläger einen
Subunternehmervertrag; ergänzend wurde die Geltung der VOB Teil B vereinbart. Für die Erbringung der Abbrucharbeiten versprach die Schuldnerin dem Kläger einen Werklohn von höchstens 324.491,35 DM zuzüglich Mehrwertsteuer. Das Management und die Koordinierung der Arbeiten sollten von der Schuldnerin wahrgenommen werden. Ebenfalls am 12. Januar 1996 trat die Schuldnerin alle Forderungen aus dem Bauvertrag mit der Stadt an den Kläger ab. Die Abtretung sollte die Ansprüche des Klägers aus dem Subunternehmervertrag sowie rückständige Vergütungsansprüche aus der Abwicklung eines anderen Projekts sichern, deren Höhe der Kläger auf ca. 5.000 DM beziffert. Mit Schreiben vom 8. März 1996 gab die Schuldnerin einen Nachtragsauftrag der Stadt wegen derselben Abbrucharbeiten an den Kläger weiter.
Nach Durchführung der Abbrucharbeiten erteilte der Kläger hierüber - unter Berücksichtigung erhaltener Abschlagszahlungen in Höhe von 272.000,01 DM - Rechnungen vom 31. Mai 1996 über 101.165,05 DM und vom 25. Oktober 1996 über 79.685,54 DM. Die zuletzt genannte Rechnung betraf die Arbeiten gemäß dem Nachtragsauftrag.
Der Kläger verlangte zunächst Zahlung von der Stadt. Diese leistete einen Betrag von 187.060,57 DM an die Beklagte, die ihrerseits eine Zahlung an den Kläger unter Berufung auf die Vorschriften der Insolvenzanfechtung ablehnte.
Der auf Zahlung von 180.850,58 DM gerichteten Klage hat das Landgericht stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat sie abgewiesen. Mit seiner Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückweisung der Berufung.

I.


Das Berufungsgericht hat sein Urteil wie folgt begründet:
Die Sicherungsabtretung vom 12. Januar 1996 erstrecke sich von vornherein nicht auf die Ansprüche aus dem Nachtragsauftrag, weil sie nicht mit der erforderlichen Bestimmtheit erkennen lasse, daß auch künftig zu treffende Vereinbarungen und daraus hervorgehende Forderungen hiervon hätten erfaßt sein sollen. Nach dem Klagevortrag fehle es an konkreten Anhaltspunkten dafür , daß die Parteien bei Abschluß des Bauvertrags die Erteilung von Nachtragsaufträgen in Erwägung gezogen hätten.
Soweit die Abtretung reiche, greife die seitens der Beklagten erklärte Anfechtung gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1 GesO durch. Die Benachteiligungsabsicht der Schuldnerin und die Kenntnis des Klägers hiervon ergäben sich daraus, daß ihm eine inkongruente Deckung gewährt worden sei. Auf eine Forderungsabtretung habe der Kläger aufgrund des Bauvertrages keinen Anspruch gehabt. Überdies sei die abgetretene Forderung der Schuldnerin höher gewesen
als die Auftragssumme im Verhältnis zwischen dem Kläger und der Schuldnerin. Der Umstand, daß diese sämtliche ihr gegen die Stadt zustehenden Ansprüche an den Kläger abgetreten habe und demgemäß auf die verkehrsübliche Gewinnmarge sowie auf eine Vergütung für die von ihr zu erbringenden Leistungen - Management und Koordination der Arbeiten - verzichtet habe, spreche dafür, daß der Kläger auf Kosten anderer Gläubiger habe bevorzugt werden sollen. Hinzu komme, daß er zugleich für Forderungen aus einem früheren Geschäft eine Sicherung erstrebt und erhalten habe. Selbst wenn sich die rückständige Forderung nur auf ca. 5.000 DM belaufen habe, sei das kein wirtschaftlich unerheblicher Betrag.
Darauf, daß die Schuldnerin den Auftrag der Stadt ohne die Einschaltung des Klägers als Subunternehmer und die Sicherungsabtretung nicht erhalten hätte, könne sich der Kläger nicht berufen. Die Schuldnerin habe sich mit der Abtretung einer ihrem Vermögen zuzurechnenden werthaltigen Forderung begeben. Das Klagebegehren ziele deckungsgleich auf eine Schmälerung des Vermögens der Schuldnerin ab.

II.


Diese Erwägungen tragen das Berufungsurteil nicht.
1. Die Ansicht des Berufungsgerichts, die Abtretung erfasse nicht die Forderung der Schuldnerin aus dem Nachtragsauftrag, greift die Revision mit Recht als verfahrensfehlerhaft an. Die Auslegung durch das Berufungsgericht
widerspricht anerkannten Auslegungsgrundsätzen (§§ 133, 157 BGB i.V.m. § 286 ZPO), weil sie den Wortlaut der Abtretungsvereinbarung sowie deren Sinn und Zweck nicht erkennbar berücksichtigt.
Nach dem Wortlaut der Abtretungsvereinbarung sind "alle Forderungen aus dem vorbezeichneten Bauvertrag" an den Kläger abgetreten. Das ist in einem umfassenden Sinne zu verstehen. Zu den abgetretenen Forderungen gehörten auch diejenigen aus dem Nachtragsauftrag. Das folgt bereits aus § 2 Nr. 8 Abs. 2 Satz 2 VOB/B. Danach hatte der Kläger einen auf dem ursprünglichen Bauvertrag beruhenden Vergütungsanspruch eigener Art (Nicklisch/ Weick, VOB Teil B 3. Aufl. § 2 Rn. 103). Dem Auftragnehmer steht eine vertragliche , über einen vereinbarten Pauschalpreis hinausgehende Vergütung zu, wenn er ohne Auftrag Leistungen erbringt, die für die Erfüllung des Vertrages notwendig sind, dem mutmaßlichen Willen des Auftraggebers entsprechen und ihm unverzüglich angezeigt werden. Im vorliegenden Fall hätte ohne die Leistungen , die Gegenstand des Nachtragsauftrags waren, der Vertrag vom 12. Januar 1996 nicht erfüllt werden können. Es hatte sich - wie zwischen den Parteien unstreitig ist - zwischenzeitlich herausgestellt, daß ein Teil des Abbruchmaterials kontaminiert war; deshalb gestaltete sich die von dem Kläger übernommene Entsorgung wesentlich aufwendiger und teurer, als er und die Schuldnerin veranschlagt hatten. Die ordnungsgemäße Entsorgung entsprach dem mutmaßlichen Willen der Schuldnerin. In der Einreichung des Nachtragsangebotes bei ihr lag zugleich die Anzeige gemäß § 2 Nr. 8 Abs. 2 Satz 2 VOB/B (vgl. Keldungs, in: Ingenstau/Korbion, VOB 14. Aufl. B § 2 Nr. 8 Rn. 344). Daß die in dem Nachtragsauftrag vereinbarte Vergütung höher war als diejenige, die der Kläger nach § 2 Nr. 8 Abs. 2 Satz 2 VOB/B hätte verlangen können, ist nicht vorgetragen.

Es kann danach offen bleiben, ob die Behauptung des Klägers, er und die Schuldnerin seien bei Abschluß des Nachtragsvertrages davon ausgegangen , daß auch die sich daraus ergebenden Forderungen von der Abtretung erfaßt seien und somit als abgetreten gelten sollten, hinreichend substantiiert war und für das Berufungsgericht Anlaß zur Beweiserhebung hätte sein müssen.
2. Die Annahme des Berufungsgerichts, die Abtretung sei gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1 GesO anfechtbar, ist nicht haltbar. Das Berufungsgericht hat keine ausreichenden Feststellungen dazu getroffen, ob die Schuldnerin bei Abschluß der Abtretungsvereinbarung in der Absicht gehandelt hat, ihre Gläubiger zu benachteiligen, und ob der Kläger diese Absicht gekannt hat. Es hat sich im wesentlichen auf das Beweisanzeichen gestützt, das sich im allgemeinen aus der Gewährung einer inkongruenten Deckung ergibt (vgl. BGHZ 123, 320, 326; 137, 267, 283). Die Voraussetzungen für dieses Beweisanzeichen sind jedoch im vorliegenden Fall nicht gegeben.

a) Eine Sicherung ist inkongruent, wenn der Sicherungsnehmer sie nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte (§ 30 Nr. 2 KO; vgl. ferner § 131 Abs. 1 InsO). Das Berufungsgericht hat gemeint, der Kläger habe "im Rahmen der werkvertraglichen Rechtsbeziehungen" zur Schuldnerin keinen Anspruch auf die Abtretung gehabt. Dabei hat es übersehen, daß die Abtretung von Anfang an als Bestandteil des Werkvertrages verabredet wurde. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist es unerheblich, daß die abgetretene Forderung (geringfügig) höher war als die Auftragssumme im Verhältnis zwischen dem Kläger und der Schuldnerin. Da es sich um eine Siche-
rungsabtretung handelte, gebührte die "freie Spitze" der Schuldnerin. Falls der Kläger die abgetretene Forderung eingezogen hätte, wäre der zur Deckung des Subunternehmerwerklohns nicht erforderliche Mehrbetrag deshalb an die Schuldnerin auszukehren gewesen (vgl. Ganter, in: Schimansky/Bunte/ Lwowski, Bankrechtshandbuch 2. Aufl. § 90 Rn. 567). Diese hat also weder auf die verkehrsübliche Gewinnmarge noch auf eine Vergütung für das von ihr zu besorgende Management und die Koordinierung der Arbeiten verzichtet. Damit entbehren die vom Berufungsgericht an den Verzicht geknüpften Folgerungen für die Gläubigerbenachteiligungsabsicht der Grundlage.
Inkongruent war nur die - zusätzlich erfolgte - Absicherung von Forderungen , die dem Kläger noch aus einem früheren Projekt zustanden. Auf eine derartige nachträgliche Besicherung hatte der Kläger keinen Anspruch (vgl. BGH, Urt. v. 12. November 1992 - IX ZR 236/91, ZIP 1993, 276, 278).
Die Frage der Teilbarkeit eines Sicherstellungsgeschäfts in einen kongruenten und einen inkongruenten Teil (vgl. hierzu Jaeger/Henckel, KO 9. Aufl. § 29 Rn. 188) stellt sich hier nicht, weil der Kläger eine Forderung lediglich in Höhe der Ansprüche aus dem Subunternehmervertrag geltend macht.
3. Die Revisionserwiderung macht geltend, da die Stadt die Leistung der Schuldnerin erst am 11. April 1997 abgenommen habe, sei die abgetretene Forderung erst durch Handlungen der Schuldnerin nach der Zahlungseinstellung "werthaltig und fällig" geworden. Das sei dem Fall einer Entstehung der abgetretenen Forderung erst nach der Zahlungseinstellung gleich zu achten. In diesem Falle wäre die Abtretung gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 4 GesO anfechtbar (vgl. BGHZ 30, 238 ff; 64, 312, 313).

Die von der Revisionserwiderung befürwortete Analogie ist jedoch nicht gerechtfertigt. Im vorliegenden Fall ist mangels anderweitiger Feststellungen davon auszugehen, daß die abgetretene Forderung vor Eintritt der Krise entstanden und die Gegenleistung erbracht, allerdings bis dahin noch nicht abgenommen war. Dann ist der Erwerb des Abtretungsempfängers anfechtungsrechtlich unbedenklich, zumal die Abnahme nicht durch eine Rechtshandlung des Zedenten, sondern durch eine solche seines Vertragspartners bewirkt wird.
4. Die Abtretung ist - entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung - nicht nach § 134 BGB i.V.m. § 91a Abs. 1 Satz 1 AFG unwirksam. Danach setzt die Förderung von Arbeiten im gewerblichen Bereich grundsätzlich deren Vergabe an ein Wirtschaftsunternehmen voraus. Diese Vorschrift ist auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar, weil sie erst durch Art. 11 Nr. 11 des Gesetzes zur Reform der Arbeitsförderung vom 24. März 1997 (BGBl. I S. 594, 699) in das Arbeitsförderungsgesetz eingefügt worden ist. Im Zeitpunkt der Abtretung waren §§ 91 Abs. 2, 92 Abs. 2 AFG i.d.F. des 5. AFG-Ä nderungsgesetzes vom 23. Juli 1979 (BGBl. I S. 1189) einschlägig. Nach § 91 Abs. 2 AFG können Arbeiten , die im öffentlichen Interesse liegen, durch die Gewährung von Zuschüssen an die Träger der Maßnahmen gefördert werden. Gemäß § 92 Abs. 2 AFG kommen als Träger in Betracht Unternehmen oder Einrichtungen des privaten Rechts, die gemeinnützige Zwecke verfolgen (Nr. 2), oder sonstige Unternehmen oder Einrichtungen des privaten Rechts, wenn zu erwarten ist, daß die Förderung den Arbeitsmarkt in wirtschafts- oder sozialpolitisch erwünschter Weise belebt (Nr. 3). Daß der Kläger diese Voraussetzungen nicht erfüllte, hat die Beklagte nicht dargetan.
5. Die Revisionserwiderung sieht den Schwerpunkt des Falles nicht im Anfechtungsrecht, sondern bei § 17 KO (richtig: § 9 Abs. 1 GesO). Im Zeitpunkt der Konkurseröffnung sei - so macht sie geltend - der Bauvertrag beiderseits noch nicht vollständig erfüllt gewesen. Mit der Konkurseröffnung sei der Werklohnanspruch der Schuldnerin gegen die Stadt weggefallen. Anschließend habe die Beklagte die Erfüllung gewählt. Dadurch sei der Werklohnanspruch neu entstanden. Daran habe der Kläger aber entsprechend § 15 Satz 1 KO keine gegenüber den Konkursgläubigern wirksamen Rechte erwerben können.
Dieser Auffassung ist nicht zu folgen. § 9 Abs. 1 GesO ist nicht anwendbar , weil der Kläger den Subunternehmervertrag mit der Schuldnerin bis zur Eröffnung der Gesamtvollstreckung vollständig erfüllt hatte. Er hat unwidersprochen vorgetragen, daß seine Leistungen von der Schuldnerin am 31. Mai 1996 - also lange vor Eröffnung der Gesamtvollstreckung - abgenommen worden seien, und diesen Vortrag durch Vorlage der Abnahmebescheinigung belegt.
Der Bauvertrag zwischen der Schuldnerin und der Stadt war bei Eröffnung der Gesamtvollstreckung bis auf die noch ausstehende Abnahme, die erst am 11. April 1997 erfolgte, ebenfalls abgewickelt. Die fehlende Abnahme (§ 12 VOB/B) ändert nichts daran, daß auch die Schuldnerin ihre Leistungspflichten voll erfüllt hatte. Die Abnahme ist eine Pflicht des Bestellers (vgl. § 640 BGB) - hier also der Stadt - und nicht des Werkunternehmers. Dieser ist nur zur Ablieferung verpflichtet (vgl. § 634 Abs. 1 Satz 2 BGB). Daß das Werk bei Eröffnung der Gesamtvollstreckung noch nicht abgeliefert gewesen sei, ist nicht vorgetragen.

III.


Das Berufungsurteil ist deshalb aufzuheben (§ 564 Abs. 1 ZPO).
Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden, weil sie entscheidungsreif ist (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO).
1. Es ist auszuschließen, daß das Berufungsgericht zu den subjektiven Anfechtungsvoraussetzungen gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1 GesO noch Feststellungen treffen kann. Der Vortrag der Beklagten reicht hierzu nicht aus. Aus ihm ergibt sich nicht, daß die Schuldnerin bei Abschluß der Abtretungsvereinbarung in der – dem Kläger bekannten – Absicht der Gläubigerbenachteiligung gehandelt hat. Angeblich wurde das Unvermögen der Schuldnerin, einen wesentlichen Teil ihrer Verbindlichkeiten decken zu können, "spätestens Ende September 1996" offensichtlich. Für den Zeitpunkt der Abtretung - 12. Januar 1996 - folgt daraus nichts. Außerdem fehlt ein Beweisantritt.
Der Kläger hat danach - je nachdem, ob der von der Beklagten vereinnahmte Betrag in der Masse noch unterscheidbar vorhanden ist - entweder einen Anspruch auf Ersatzabsonderung oder einen als Masseforderung anzusehenden Bereicherungsanspruch (§ 816 Abs. 2 BGB).
2. Dieser Anspruch ist nicht durch die von der Beklagten hilfsweise erklärte Aufrechnung erloschen.

a) Zum einen hat die Beklagte hilfsweise mit einem Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung aufgerechnet. Dazu hat sie behauptet, ein dem Kläger von der Schuldnerin am 23. Oktober 1996 überlassener und von ihm Ende November/Anfang Dezember 1996 eingelöster Scheck über 200.000 DM habe nicht der Rückzahlung eines der Schuldnerin gewährten Darlehens gedient ; er sei vielmehr ohne Rechtsgrund hingegeben worden, weil die Schuldnerin von dem Kläger einen Betrag von 200.000 DM nicht erhalten habe. Dieser Vortrag ist nicht erheblich. Die Beklagte hat ihn nicht unter Beweis gestellt, obwohl der Kläger Bankauszüge eingereicht hat, die seine Behauptung belegen.

b) Die hilfsweise erklärte Aufrechnung mit einem Rückgewähranspruch nach insolvenzrechtlicher Anfechtung der Scheckhingabe und -einlösung (§ 37 Abs. 1 KO analog) greift aus Rechtsgründen nicht durch. Ein Anfechtungsanspruch ist erstmals in der Berufungsbegründungsschrift vom 30. August 1999 geltend gemacht worden. Zu diesem Zeitpunkt war die Zwei-Jahres-Frist des § 10 Abs. 2 GesO bereits verstrichen. Eine analoge Anwendung des § 41 Abs. 2 KO (vgl. dazu Kilger/K. Schmidt, Insolvenzgesetze 17. Aufl. § 10 GesO Anm. 3; Gottwald/Huber, Nachtrag "Gesamtvollstreckungsordnung" zum Insolvenzrechts -Handbuch 1993 Kap. III Abschn. 7 E Rn. 16) kommt hier nicht in Betracht. Auch unter der Geltung der Konkursordnung kann der Konkursverwalter einen gegen ihn gerichteten - unanfechtbaren - Anspruch nach Ablauf der Anfechtungsfrist des § 41 Abs. 1 KO nicht abwehren, indem er dagegen mit einem Anfechtungsanspruch aufrechnet. Die Vorschrift des § 41 Abs. 2 KO gibt dem Konkursverwalter das Recht, sich gegenüber einem unmittelbar oder mittelbar auf einer anfechtbaren Handlung beruhenden Anspruch des Anfechtungsgegners auf die Anfechtbarkeit auch dann noch zu berufen, wenn er das
Anfechtungsrecht wegen Fristablaufs verloren hat (BGHZ 30, 248, 254; 83, 158, 159; 106, 127, 130 f; 118, 374, 382; Jaeger/Henckel, § 41 KO Rn. 44). Gegebenenfalls verteidigt er die Masse mit dem Einwand der Anfechtbarkeit. Das ist zeitlich unbegrenzt möglich. Im vorliegenden Fall hingegen verteidigt sich die Beklagte nicht gegen einen anfechtbar begründeten Anspruch, sondern gegen einen unanfechtbaren Anspruch. Hat der Anspruch des Anfechtungsgegners , wie hier, eine selbständige Rechtsgrundlage, ist § 41 Abs. 2 KO auch unter dem Gesichtspunkt der Billigkeit nicht anzuwenden (BGHZ 30, 248, 254 f). Der Bundesgerichtshof hat aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift gefolgert, daß es für ihre Anwendbarkeit insbesondere darauf ankommt, ob der Konkursverwalter angriffsweise vorgeht, um eine aufgrund einer anfechtbaren Rechtshandlung erfolgte Leistung wieder der Konkursmasse zuzuführen , oder ob er verteidigungsweise die Rechtsstellung der Konkursmasse wahrt (BGHZ 59, 353, 354; 83, 158, 160; 106, 127, 130 f; BGH, Urt. v. 28. November 1983 - II ZR 94/83 -, ZIP 1984, 171, 172 f). Ließe man die Aufrechnung mit einem Anfechtungsanspruch auch noch nach Ablauf der Anfechtungsfrist zu, wäre das - bezogen auf den Anfechtungsanspruch - keine Verteidigung mehr, sondern ein grundsätzlich nur innerhalb der Frist des § 41 Abs. 1 KO möglicher Angriff. Das folgt einmal aus dem Umstand, daß es bezüglich der von der Beklagten zu Unrecht eingezogenen Forderung keine Rechte der Konkursmasse gibt, die es zu wahren gilt; zum anderen ergibt sich das Vorliegen eines Angriffs aus der doppelten Funktion der Aufrechnung, die Hauptforderung zu tilgen und zugleich es dem Schuldner zu ermöglichen, seine Gegenforderung im Wege der Selbsthilfe durchzusetzen (vgl. BGH, Urt. v. 28. April 1987 - VI ZR 1, 43/86, NJW 1987, 2997, 2998).
Wie die Rechtsfrage unter der Geltung der Insolvenzordnung zu entscheiden wäre, ob insbesondere eine Aufrechnung gemäß § 390 Satz 2 BGB auch noch nach Fristablauf möglich wäre, braucht der Senat nicht zu entschei-
den. Denn die Anfechtungsfrist ist gemäß § 146 InsO als Verjährungsfrist ausgestaltet. Demgegenüber handelt es sich bei der Frist des § 41 KO um eine Ausschlußfrist (BGHZ 122, 23, 24 f). Jedenfalls insoweit ist § 390 Satz 2 BGB nicht anwendbar.
Kreft Stodolkowitz Zugehör Ganter Raebel

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Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Urteil, 03. Mai 2001 - IX ZR 134/00 zitiert 18 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 133 Auslegung einer Willenserklärung


Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 157 Auslegung von Verträgen


Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 286 Freie Beweiswürdigung


(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 134 Gesetzliches Verbot


Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

Insolvenzordnung - InsO | § 131 Inkongruente Deckung


(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, die er nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte, 1. wenn die Handlung im letzten Monat

Zivilprozessordnung - ZPO | § 564 Keine Begründung der Entscheidung bei Rügen von Verfahrensmängeln


Die Entscheidung braucht nicht begründet zu werden, soweit das Revisionsgericht Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Dies gilt nicht für Rügen nach § 547.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 634 Rechte des Bestellers bei Mängeln


Ist das Werk mangelhaft, kann der Besteller, wenn die Voraussetzungen der folgenden Vorschriften vorliegen und soweit nicht ein anderes bestimmt ist,1.nach § 635 Nacherfüllung verlangen,2.nach § 637 den Mangel selbst beseitigen und Ersatz der erforde

Zivilprozessordnung - ZPO | § 565 Anzuwendende Vorschriften des Berufungsverfahrens


Die für die Berufung geltenden Vorschriften über die Anfechtbarkeit der Versäumnisurteile, über die Verzichtsleistung auf das Rechtsmittel und seine Zurücknahme, über die Rügen der Unzulässigkeit der Klage und über die Einforderung, Übersendung und Z

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 640 Abnahme


(1) Der Besteller ist verpflichtet, das vertragsmäßig hergestellte Werk abzunehmen, sofern nicht nach der Beschaffenheit des Werkes die Abnahme ausgeschlossen ist. Wegen unwesentlicher Mängel kann die Abnahme nicht verweigert werden. (2) Als abge

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 816 Verfügung eines Nichtberechtigten


(1) Trifft ein Nichtberechtigter über einen Gegenstand eine Verfügung, die dem Berechtigten gegenüber wirksam ist, so ist er dem Berechtigten zur Herausgabe des durch die Verfügung Erlangten verpflichtet. Erfolgt die Verfügung unentgeltlich, so triff

Insolvenzordnung - InsO | § 146 Verjährung des Anfechtungsanspruchs


(1) Die Verjährung des Anfechtungsanspruchs richtet sich nach den Regelungen über die regelmäßige Verjährung nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch. (2) Auch wenn der Anfechtungsanspruch verjährt ist, kann der Insolvenzverwalter die Erfüllung einer Lei

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 390 Keine Aufrechnung mit einredebehafteter Forderung


Eine Forderung, der eine Einrede entgegensteht, kann nicht aufgerechnet werden.

Gesetz zur Reform der Arbeitsförderung


Arbeitsförderungs-Reformgesetz - AFRG

Referenzen

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, die er nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte,

1.
wenn die Handlung im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorgenommen worden ist,
2.
wenn die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und der Schuldner zur Zeit der Handlung zahlungsunfähig war oder
3.
wenn die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und dem Gläubiger zur Zeit der Handlung bekannt war, daß sie die Insolvenzgläubiger benachteiligte.

(2) Für die Anwendung des Absatzes 1 Nr. 3 steht der Kenntnis der Benachteiligung der Insolvenzgläubiger die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Benachteiligung schließen lassen. Gegenüber einer Person, die dem Schuldner zur Zeit der Handlung nahestand (§ 138), wird vermutet, daß sie die Benachteiligung der Insolvenzgläubiger kannte.

Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

(1) Der Besteller ist verpflichtet, das vertragsmäßig hergestellte Werk abzunehmen, sofern nicht nach der Beschaffenheit des Werkes die Abnahme ausgeschlossen ist. Wegen unwesentlicher Mängel kann die Abnahme nicht verweigert werden.

(2) Als abgenommen gilt ein Werk auch, wenn der Unternehmer dem Besteller nach Fertigstellung des Werks eine angemessene Frist zur Abnahme gesetzt hat und der Besteller die Abnahme nicht innerhalb dieser Frist unter Angabe mindestens eines Mangels verweigert hat. Ist der Besteller ein Verbraucher, so treten die Rechtsfolgen des Satzes 1 nur dann ein, wenn der Unternehmer den Besteller zusammen mit der Aufforderung zur Abnahme auf die Folgen einer nicht erklärten oder ohne Angabe von Mängeln verweigerten Abnahme hingewiesen hat; der Hinweis muss in Textform erfolgen.

(3) Nimmt der Besteller ein mangelhaftes Werk gemäß Absatz 1 Satz 1 ab, obschon er den Mangel kennt, so stehen ihm die in § 634 Nr. 1 bis 3 bezeichneten Rechte nur zu, wenn er sich seine Rechte wegen des Mangels bei der Abnahme vorbehält.

Ist das Werk mangelhaft, kann der Besteller, wenn die Voraussetzungen der folgenden Vorschriften vorliegen und soweit nicht ein anderes bestimmt ist,

1.
nach § 635 Nacherfüllung verlangen,
2.
nach § 637 den Mangel selbst beseitigen und Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen,
3.
nach den §§ 636, 323 und 326 Abs. 5 von dem Vertrag zurücktreten oder nach § 638 die Vergütung mindern und
4.
nach den §§ 636, 280, 281, 283 und 311a Schadensersatz oder nach § 284 Ersatz vergeblicher Aufwendungen verlangen.

Die Entscheidung braucht nicht begründet zu werden, soweit das Revisionsgericht Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Dies gilt nicht für Rügen nach § 547.

Die für die Berufung geltenden Vorschriften über die Anfechtbarkeit der Versäumnisurteile, über die Verzichtsleistung auf das Rechtsmittel und seine Zurücknahme, über die Rügen der Unzulässigkeit der Klage und über die Einforderung, Übersendung und Zurücksendung der Prozessakten sind auf die Revision entsprechend anzuwenden. Die Revision kann ohne Einwilligung des Revisionsbeklagten nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung des Revisionsbeklagten zur Hauptsache zurückgenommen werden.

(1) Trifft ein Nichtberechtigter über einen Gegenstand eine Verfügung, die dem Berechtigten gegenüber wirksam ist, so ist er dem Berechtigten zur Herausgabe des durch die Verfügung Erlangten verpflichtet. Erfolgt die Verfügung unentgeltlich, so trifft die gleiche Verpflichtung denjenigen, welcher auf Grund der Verfügung unmittelbar einen rechtlichen Vorteil erlangt.

(2) Wird an einen Nichtberechtigten eine Leistung bewirkt, die dem Berechtigten gegenüber wirksam ist, so ist der Nichtberechtigte dem Berechtigten zur Herausgabe des Geleisteten verpflichtet.

Eine Forderung, der eine Einrede entgegensteht, kann nicht aufgerechnet werden.

(1) Die Verjährung des Anfechtungsanspruchs richtet sich nach den Regelungen über die regelmäßige Verjährung nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch.

(2) Auch wenn der Anfechtungsanspruch verjährt ist, kann der Insolvenzverwalter die Erfüllung einer Leistungspflicht verweigern, die auf einer anfechtbaren Handlung beruht.

Eine Forderung, der eine Einrede entgegensteht, kann nicht aufgerechnet werden.