Bundesgerichtshof Urteil, 09. Okt. 2019 - IV ZR 235/18

bei uns veröffentlicht am09.10.2019
vorgehend
Landgericht Darmstadt, 11 O 52/17, 29.11.2017
Oberlandesgericht Frankfurt am Main, 12 U 141/17, 12.09.2018

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 235/18 Verkündet am:
9. Oktober 2019
Heinekamp
Amtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
VVG § 173 Abs. 2; BB-BUZ § 8 Abs. 2 des beklagten Versicherers
Ein befristetes Anerkenntnis in der Berufsunfähigkeitsversicherung setzt sowohl
das Vorliegen eines sachlichen Grundes als auch eine Begründung der Befristung
durch den Versicherer gegenüber dem Versicherungsnehmer voraus.
BGH, Urteil vom 9. Oktober 2019 - IV ZR 235/18 - OLG Frankfurt am Main
LG Darmstadt
ECLI:DE:BGH:2019:091019UIVZR235.18.0

Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende Richterin Mayen, die Richter Prof. Dr. Karczewski, Lehmann, die Richterinnen Dr. Brockmöller und Dr. Bußmann auf die mündliche Verhandlung vom 9. Oktober 2019

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird der Beschluss des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main mit Sitz in Darmstadt vom 12. September 2018 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger verlangt von der Beklagten weitere Leistungen aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung.
2
Diese schloss der Kläger, der selbständig als Betreuer von PCNetzwerken arbeitete, mit der Beklagten im Jahr 2012 nach dem Tarif ʺASBV M-12 bei Berufsgruppe 1+ʺ ab. Die dem Versicherungsvertrag zugrundeliegenden Besonderen Versicherungsbedingungen der Beklagten (im Folgenden: AVB) enthalten folgende Bestimmungen: "§ 5 Wann liegt Berufsunfähigkeit für die Berufsgruppen 1+ bis 3 und K vor? (1) Berufsunfähigkeit […] liegt vor, wenn die versicherte Person infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfall , was ärztlich nachzuweisen ist, voraussichtlich sechs Monate ununterbrochen zu mindestens 50% außerstande ist, ihren vor Eintritt der gesundheitlichen Beeinträchtigung zuletzt ausgeübten Beruf […], so wie er ohne gesundheitliche Beeinträchtigung ausgestaltet war, nachzugehen. […] […] (3) Bei einer selbstständig oder freiberuflich tätigen versicherten Person setzt Berufsunfähigkeit zusätzlich voraus, dass sie außerstande ist, durch zumutbare Umorganisation ihres Arbeitsplatzes oder ihres Tätigkeitsbereichs sowie durch Zuweisung betrieblich anfallender Arbeitsabläufe an Mitarbeiter, sich ein Tätigkeitsfeld zu schaffen, das mindes- tens 50%ige Berufsunfähigkeit ausschließt. […] […] Wann liegt Berufsunfähigkeit vor, wenn eine Prognose nicht möglich ist? (7) Kann nicht festgestellt werden, dass ein Zustand gemäß den Absätzen 1 bis 5 voraussichtlich sechs Monate ununterbrochen andauern wird, gilt es als Berufsunfähigkeit von Beginn an, wenn der entsprechend beeinträchtigende Zustand tatsächlich länger als sechs Monate angedauert hat. […] § 8 Wann geben wir eine Erklärung über unsere Leistungspflicht ab? (1) Nach Vorliegen aller entscheidungserheblichen Unterlagen erklären wir innerhalb von höchstens vier Wochen in Textform, ob, in welchem Umfang und für welchen Zeitraum wir eine Leistungspflicht anerkennen. […] Für die Berufsgruppen 1+ bis 3 und K gilt: (2) Grundsätzlich sprechen wir keine zeitlich befristeten Anerkenntnisse aus. Wir können aber in begründeten Einzelfällen einmalig ein auf maximal 18 Monate zeitlich begrenztes Anerkenntnis aussprechen. Bis zum Ablauf der Frist ist das zeitlich begrenzte Anerkenntnis für uns bindend. Anschließend wird die Berufsunfähigkeit erneut beur- teilt.ʺ
3
Im Oktober 2013 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Zahlung einer Berufsunfähigkeitsrente. Im Februar 2014 erstellte ein Gutachter , der vom Krankentagegeldversicherer des Klägers beauftragt worden war, eine Stellungnahme, nach welcher der Kläger infolge einer schweren depressiven Episode voraussichtlich sechs Monate ununterbrochen zu mindestens 50% außerstande sei, seinem zuletzt ausgeübten Beruf nachzugehen; es handele sich um einen Dauerzustand, der eine Besserung unwahrscheinlich erscheinen lasse. Die Stellungnahme wurde der Beklagten übermittelt.
4
Mit Schreiben vom 19. März 2014 teilte die Beklagte dem Kläger Folgendes mit: "Sehr geehrter [Kläger], nach Prüfung aller vorliegenden Unterlagen erbringen wir die vertragsgemäßen Leistungen aus der Berufsunfähigkeitsversicherung für den Zeitraum vom 01.03.201401.06.2015 nach § 173 VVG. Ab diesem Termin entfällt die Beitragszahlung. […] Die künftig fälligen Renten überweisen wir jeweils im voraus auf das angegebene Konto. […]"
5
Im Mai 2015 beantragte der Kläger, die Versicherungsleistungen über den 1. Juni 2015 hinaus zu erhalten. Ein von der Beklagten daraufhin eingeholtes ärztliches Gutachten kam zu dem Ergebnis, dass beim Kläger eine leichtgradige depressive Episode mit Somatisierung vorliege und er noch zu mehr als 50% in seiner letzten beruflichen Tätigkeit leistungsfähig sei. Hierauf gestützt lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 18. April 2016 weitere Leistungen ab. Der Kläger meint, die Beklagte sei aufgrund ihres Anerkenntnisses im Schreiben vom 19. März 2014 über den 1. Juni 2015 hinaus verpflichtet, Versicherungsleistungen zu erbringen.
6
Das Landgericht hat die auf Zahlung von Berufsunfähigkeitsrente, Rückzahlung geleisteter Prämien, Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten sowie Zahlung von Zinsen gerichteten Leistungsanträge des Klägers ebenso abgewiesen wie sein Begehren, festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet sei, ihn von der Prämienzahlungspflicht freizustellen sowie vertraglich vereinbarte Überschüsse an ihn zu zahlen. Seine hiergegen gerichtete Berufung hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:


7
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
8
I. Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist die Beklagte nicht aufgrund ihres Schreibens vom 19. März 2014 über den 1. Juni 2015 hinaus leistungsverpflichtet, da sie mit dem Schreiben nur ein befristetes Anerkenntnis abgegeben habe. Der für die Befristung des Anerkenntnisses erforderliche sachliche Grund habe vorgelegen. Der Kläger habe unstreitig auf eine Leistung gedrängt und angegeben, bald wieder arbeiten zu wollen. Es sei nachvollziehbar, dass die Beklagte aufgrund der vom Krankentagegeldversicherer eingeholten Stellungnahme Zweifel an der Berufsunfähigkeit des Klägers gehabt habe. In der Stellungnahme sei nicht näher erläutert worden, weshalb von einem Dauerzustand ausgegangen werde, der eine Besserung unwahrscheinlich erscheinen lasse, obwohl der Gutachter die Therapie als adäquat und ausreichend angesehen habe. Gerade vor dem Hintergrund, dass der Kläger bald wieder habe arbeiten wollen, auch ihm also eine Heilung oder Besserung möglich erschienen sei, überzeuge die Stellungnahme an dieser Stelle nicht.
9
Einer schriftlichen Begründung der Befristung bedürfe es nicht. Aus dem Gesetzestext ergebe sich kein solches Erfordernis. Ein Versicherungsnehmer , der wissen wolle, warum ihm die Leistung nur befristet gewährt werde, könne ohne weiteres beim Versicherer nachfragen. Die Berufung der Beklagten auf die Befristung sei auch nicht treuwidrig. Zwar sei eine Befristung nicht mehr möglich, wenn eine unbefristete Leistungsverpflichtung des Versicherers bereits entstanden sei. Das sei hier aber nicht der Fall gewesen. Am 19. März 2014 seien bezüglich der medizinisch festgestellten Berufsunfähigkeit noch keine sechs Monate vergangen gewesen. Ferner seien Feststellungen dazu, ob dem Kläger eine Umorganisation seines Arbeitsplatzes oder Tätigkeitsbereichs möglich gewesen wäre, noch nicht getroffen worden. Es habe auch nicht nahegelegen , einen Versicherungsfall bereits als eingetreten zu betrachten. Da es kein unbefristetes Anerkenntnis gegeben habe, sei ein Nachprüfungs- verfahren nicht erforderlich. Nach Fristablauf würden die Grundsätze über die Erstprüfung gelten.
10
II. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Anders als das Berufungsgericht meint, ist es der Beklagten schon deswegen verwehrt, sich auf die Befristung ihres Anerkenntnisses zu berufen, weil sie die Befristung im Schreiben vom 19. März 2014 nicht begründet hat.
11
1. Das befristete Anerkenntnis setzt zunächst das Vorliegen eines sachlichen Grundes voraus.
12
a) Dies ergibt sich im Streitfall bereits unmittelbar aus den vereinbarten Versicherungsbedingungen. § 8 Abs. 2 AVB bestimmt für die hier maßgebliche Berufsgruppe 1+, dass die Beklagte grundsätzlich keine zeitlich befristeten Anerkenntnisse ausspricht, sondern allenfalls in begründeten Einzelfällen ein auf maximal 18 Monate befristetes zeitliches Anerkenntnis. Allgemeine Versicherungsbedingungen sind so auszulegen , wie ein durchschnittlicher, um Verständnis bemühter Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs versteht. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit - auch - auf seine Interessen an (vgl. nur Senatsurteile vom 3. Juli 2019 - IV ZR 111/18, WM 2019, 1389 Rn. 15, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt; vom 20. Juli 2016 - IV ZR 245/15, r+s 2016, 462 Rn. 22; vom 6. Juli 2016 - IV ZR 44/15, BGHZ 211, 51 Rn. 17 m.w.N.). Der durchschnittliche Versicherungsnehmer wird der hier maßgeblichen Bedingungslage auf dieser Grundlage entnehmen, dass nur bei Vorliegen eines sachlichen Grundes eine Befristung möglich ist, da nur dann ein begründeter Einzelfall vorliegen kann.

13
b) Diese vertragliche Regelung steht auch in Einklang mit § 173 Abs. 2 VVG. Aus dem Wortlaut der Norm ergibt sich zwar lediglich, dass das Anerkenntnis nur einmal zeitlich befristet werden darf. Der Gesetzgebungsgeschichte sowie dem Sinn und Zweck der Vorschrift lässt sich aber entnehmen, dass auch im Rahmen des § 173 Abs. 2 VVG ein grundloses Anerkenntnis nicht möglich ist. So besteht nach Auffassung des Gesetzgebers aus der Sicht beider Vertragsparteien ein Bedürfnis, in zweifelhaften Fällen bis zu einer abschließenden Klärung zunächst eine vorläufige Entscheidung zu ermöglichen (vgl. BT-Drucks. 16/3945 S. 106 li. Sp.). Die gesetzgeberische Entscheidung trifft einen angemessenen Ausgleich zwischen den Interessen des Versicherers und des Versicherungsnehmers , indem einerseits in zweifelhaften Fällen eine vorläufige Zusage und damit ein rascher Leistungsbeginn ermöglicht wird, andererseits sich der Versicherer nicht durch mehrere aufeinander folgende, jeweils zeitlich befristete Zusagen einem endgültigen Anerkenntnis entziehen kann (vgl. MünchKomm-VVG/Dörner, VVG 2. Aufl. § 173 Rn. 17, 19).
14
Der Versicherungsnehmer hat bei Vorliegen der Leistungsvoraussetzungen Anspruch auf ein Anerkenntnis (Senatsurteil vom 19. November 1997 - IV ZR 6/97, BGHZ 137, 178 unter 2 b aa [juris Rn. 15]; Senatsbeschluss vom 13. März 2019 - IV ZR 124/18, r+s 2019, 395 Rn. 19). Das Erfordernis eines sachlichen Grundes rechtfertigt sich auf dieser Grundlage daraus, dass ein nur befristetes Anerkenntnis für den Versicherungsnehmer in erheblichem Maße nachteilig ist, wenn der Berufsunfähigkeitsversicherer seine Leistungspflicht nach der gegebenen Sachlage zeitlich uneingeschränkt anzuerkennen hat. Denn während der Versicherungsnehmer bei einem befristeten Anerkenntnis nach Ablauf der Frist die Voraussetzungen für eine fortbestehende Leistungsverpflichtung des Versicherers nach den Grundsätzen der Erstprüfung beweisen muss (vgl. OLG Düsseldorf r+s 2011, 524 unter A 1 [juris Rn. 5]; OLG Karlsruhe VersR 2006, 59 unter 1 [juris Rn. 20]; BeckOK VVG/Mangen, [Stand: 28. Februar 2019] § 173 Rn. 16; HK-BU/Hoenicke, 2018 § 8 BUV Rn. 46 f.; HK-VVG/Mertens, 3. Aufl. § 173 Rn. 10; Rixecker in Langheid /Rixecker, 6. Aufl. § 173 Rn. 11; Klenk in Looschelders/Pohlmann, VVG 3. Aufl. § 173 Rn. 21; MünchKomm-VVG/Dörner, 2. Aufl. § 173 Rn. 26; PK-VersR/Neuhaus, 3. Aufl. § 173 Rn. 30), ist es im Fall eines unbefristeten Anerkenntnisses Sache des Versicherers, im Nachprüfungsverfahren zu beweisen, dass die Voraussetzungen seiner Leistungspflicht nicht mehr gegeben sind (vgl. Senatsurteil vom 24. Februar 2010 - IV ZR 119/09, VersR 2010, 619 Rn. 10 m.w.N.).
15
In Rechtsprechung und Schrifttum ist daher zu Recht überwiegend anerkannt, dass für die Befristung ein sachlicher Grund vorliegen muss (vgl. OLG Saarbrücken, Urteil vom 29. April 2015 - 5 U 67/14, BeckRS 2016, 11115 Rn. 75; BeckOK VVG/Mangen, [Stand: 28. Februar 2019] § 173 Rn. 14; HK-BU/Hoenicke, 2018, § 8 BUV Rn. 37; Rixecker in Langheid/Rixecker, VVG 6. Aufl. § 173 Rn. 7; Klenk in Looschelders /Pohlmann, VVG 3. Aufl. § 173 Rn. 15; MünchKomm-VVG/Dörner, 2. Aufl. § 173 Rn. 19; MAH VersR/Höra, 4. Aufl. § 26 Rn. 273; Gebert /Steinbeck in Veith/Gräfe/Gebert, Der Versicherungsprozess 3. Aufl. § 9 Rn. 148; Marlow in Marlow/Spuhl, Das Neue VVG kompakt 4. Aufl. Rn. 1213; anders HK-VVG/Mertens, 3. Aufl. § 173 Rn. 9; Römer VersR 2006, 865, 870; Büchner, Neue Entwicklungen und alte Probleme in der Berufsunfähigkeitsversicherung nach der VVG-Reform, 2015, S. 126 f., die einen sachlichen Grund nicht für erforderlich halten).
16
2. Bedarf das befristete Anerkenntnis eines sachlichen Grundes, so muss der Versicherer diese Befristung auch gegenüber dem Versicherungsnehmer begründen.

17
a) Ohne weiteres ergibt sich auf dieser Grundlage die Begründungspflicht bei der hier vereinbarten Bedingungslage, die ein befristetes Anerkenntnis nur in begründeten Einzelfällen erlaubt (§ 8 Abs. 2 AVB). Hier entspricht es der Sichtweise eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers , dass der sachliche Grund in Gestalt des begründeten Einzelfalles ihm auch mitgeteilt werden muss, da er nur so in der Lage ist, diesen auf seine Berechtigung zu überprüfen.
18
b) Nichts anderes gilt im unmittelbaren Anwendungsbereich von § 173 Abs. 2 VVG. Es ist nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber entschieden hätte, die Befristung des Anerkenntnisses sei nicht zu begründen. Der Gesetzesbegründung lässt sich hierzu nichts entnehmen. Vielmehr ergibt sich aus ihr im Gegenteil, dass die Vorschrift einen angemessenen Ausgleich zwischen den Interessen des Versicherers und denen des Versicherungsnehmers schaffen soll (vgl. BT-Drucks. 16/3945 S. 106 li. Sp.). Das spricht unter Berücksichtigung der langjährigen Rechtsprechung des Senats für eine Begründungspflicht. Hiernach ist ein Berufsunfähigkeitsversicherer wegen der speziellen Ausgestaltung der Berufsunfähigkeitsversicherung und ihrer häufig existentiellen Bedeutung für den Versicherungsnehmer nach Treu und Glauben in besonderer Weise gehalten, seine überlegene Sach- und Rechtskenntnis nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers auszunutzen; ein lauteres und vertrauensvolles Zusammenwirken der Vertragspartner, das auf Ergebnisse abzielt, die den Tatsachen und der Rechtslage entsprechen, ist in der Berufsunfähigkeitsversicherung unverzichtbar (vgl. Senatsbeschluss vom 15. Februar 2017 - IV ZR 280/15, VersR 2017, 868 Rn. 16; Senatsurteile vom 12. November 2003 - IV ZR 173/02, VersR 2004, 96 unter II 1 b [juris Rn. 28]; vom 17. Februar 1993 - IV ZR 206/91, BGHZ 121, 284 unter B III 2 [juris Rn. 43]).

19
Dazu gehört nach der Rechtsprechung des Senats, dass der Berufsunfähigkeitsversicherer dafür Sorge zu tragen hat, dass der Versicherungsnehmer seine Rechte aus dem Versicherungsverhältnis sachgerecht wahrnehmen kann; dies setzt die Nachvollziehbarkeit der Versichererentscheidung voraus (vgl. Senatsurteile vom 17. Februar 1993 - IV ZR 206/91, BGHZ 121, 284 unter B III 2 [juris Rn. 43]; vom 2. November 2005 - IV ZR 15/05, VersR 2006, 102 Rn. 22; vom 3. November 1999 - IV ZR 155/98, VersR 2000, 171 unter II 2 a [juris Rn. 27]; vom 12. Juni 1996 - IV ZR 106/95, VersR 1996, 958 unter 2 b [juris Rn. 12]).
20
Mit Rücksicht hierauf ist der Berufsunfähigkeitsversicherer verpflichtet , seine Entscheidung, nur ein befristetes Anerkenntnis abzugeben , zusammen mit der Erklärung des befristeten Anerkenntnisses zu begründen (so zu Recht MünchKomm-VVG/Dörner, 2. Aufl. § 173 Rn. 20; PK-VersR/Neuhaus, 3. Aufl. § 173 Rn. 29; MAH VersR/Höra, 4. Aufl. § 26 Rn. 273; a.A. BeckOK VVG/Mangen, [Stand: 28. Februar 2019] § 173 Rn. 15; HK-VersR/Mertens, 3. Aufl. § 173 Rn. 9; Römer, VersR 2006, 865, 870; Büchner, Neue Entwicklungen und alte Probleme in der Berufsunfähigkeitsversicherung nach der VVG-Reform, 2015, S. 126 f.). Bestehen für die Zulässigkeit der Befristung des Anerkenntnisses - wie ausgeführt - materielle Grenzen, muss der Versicherungsnehmer in der Lage sein, zu entscheiden, ob er sich gegen die Befristung gerichtlich zur Wehr setzt oder nicht. Das in materieller Hinsicht bestehende Prozessrisiko kann der Versicherungsnehmer nur dann tragfähig abschätzen , wenn ihm bekannt ist, weshalb der Berufsunfähigkeitsversicherer das Anerkenntnis befristet hat; wie bei der Einstellung der Versicherungsleistungen infolge eines Nachprüfungsverfahrens (vgl. Senatsurteile vom 2. November 2005 - IV ZR 15/05, VersR 2006, 102 Rn. 22; vom 17. Februar 1993 - IV ZR 206/91, BGHZ 121, 284 unter B III 2 [juris Rn. 43]; Senatsbeschluss vom 13. März 2019 - IV ZR 124/18, r+s 2019, 395 Rn. 17 f.) gilt auch bei der Befristung des Anerkenntnisses, dass die Nachvollziehbarkeit der Versichererentscheidung Voraussetzung für die Einschätzung der Notwendigkeit und des Risikos eines Prozesses ist (vgl. Höra, r+s 2008, 89, 94 Fn. 19).
21
Da die Erfolgschancen eines möglichen Prozesses mit zunehmendem Zeitablauf insbesondere infolge einer Verschlechterung der Beweislage nicht selten abnehmen, ist der Versicherungsnehmer - anders als die Revisionserwiderung meint - darauf angewiesen, die Gründe für die Befristung des Anerkenntnisses möglichst zeitnah zu erfahren. Dies ist nur gewährleistet, wenn der Versicherer die Befristungsgründe zusammen mit der Erklärung des befristeten Anerkenntnisses mitzuteilen hat, was für ihn mit keiner ins Gewicht fallenden Belastung verbunden ist. Dass der Versicherungsnehmer den Versicherer von sich aus nach den Gründen für die Befristung fragen könnte, steht der Annahme einer solchen Begründungspflicht nicht entgegen. Denn durch die Fragemöglichkeit ist die zeitnahe Kenntniserlangung von den Befristungsgründen nicht im gleichen Maße sichergestellt, da der Versicherungsnehmer die Bedeutung , die die Befristung des Anerkenntnisses für ihn hat, nicht ohne weiteres erkennen wird und daher nicht sichergestellt ist, dass erzeitnah die entsprechenden Fragen stellt.
22
Anders als die Revisionserwiderung meint, steht der Begründungspflicht des Versicherers auch nicht entgegen, dass das befristete Anerkenntnis eine "Mischform" aus einem unbefristeten Anerkenntnis und dessen Verweigerung wäre. Das befristete Anerkenntnis mit dem zeitlichen Aufschub einer abschließenden Erstprüfung hat - wie oben gezeigt - Rechtsfolgen, die sich sowohl von der Leistungsablehnung als auch vom unbefristeten Anerkenntnis unterscheiden.

23
3. Rechtsfolge der im Streitfall fehlenden Begründung der Befristung des Anerkenntnisses ist, dass sich die Beklagte nicht auf die Befristung berufen kann. Diese Konsequenz ergibt sich aus dem Zweck des Begründungserfordernisses, zu gewährleisten, dass der Versicherungsnehmer in die Lage versetzt wird, zeitnah die Notwendigkeit und das Risiko eines auf die materielle Überprüfung des Anerkenntnisses gerichteten Prozesses abschätzen zu können. Dieser Zweck wurde im Streitfall endgültig verfehlt, da die Beklagte die im Schreiben vom 19. März 2014 fehlende Begründung nach dem revisionsrechtlich maßgeblichen Sachverhalt auch nicht alsbald nachholte.
24
III. Die Sache ist nicht entscheidungsreif. Das Berufungsgericht hat - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - zu einem möglichen Entfallen der Leistungspflicht der Beklagten durch ein Nachprüfungsverfahren noch keine Feststellungen getroffen. Dabei weist der Senat für das weitere Verfahren darauf hin, dass eine Erklärung nach § 174 Abs. 1 VVG auch in einem während des Rechtsstreits übermittelten Schriftsatz des Versicherers zu sehen sein kann (vgl. Senatsbeschluss vom 13. März 2019 - IV ZR 124/18, r+s 2019, 395 Rn. 21 m.w.N.).
Mayen Prof. Dr. Karczewski Lehmann
Dr. Brockmöller Dr. Bußmann

Vorinstanzen:
LG Darmstadt, Entscheidung vom 29.11.2017- 11 O 52/17 -
OLG Frankfurt in Darmstadt, Entscheidung vom 12.09.2018- 12 U 141/17 -

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Gesetz über den Versicherungsvertrag


Versicherungsvertragsgesetz - VVG

Versicherungsvertragsgesetz - VVG 2008 | § 174 Leistungsfreiheit


(1) Stellt der Versicherer fest, dass die Voraussetzungen der Leistungspflicht entfallen sind, wird er nur leistungsfrei, wenn er dem Versicherungsnehmer diese Veränderung in Textform dargelegt hat. (2) Der Versicherer wird frühestens mit dem Ablauf

Versicherungsvertragsgesetz - VVG 2008 | § 173 Anerkenntnis


(1) Der Versicherer hat nach einem Leistungsantrag bei Fälligkeit in Textform zu erklären, ob er seine Leistungspflicht anerkennt. (2) Das Anerkenntnis darf nur einmal zeitlich begrenzt werden. Es ist bis zum Ablauf der Frist bindend.

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(1) Der Versicherer hat nach einem Leistungsantrag bei Fälligkeit in Textform zu erklären, ob er seine Leistungspflicht anerkennt.

(2) Das Anerkenntnis darf nur einmal zeitlich begrenzt werden. Es ist bis zum Ablauf der Frist bindend.

15

a) Allgemeine Versicherungsbedingungen sind so auszulegen, wie ein durchschnittlicher, um Verständnis bemühter Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs versteht. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit - auch - auf seine Interessen an. In erster Linie ist vom Wortlaut der jeweiligen Klausel auszugehen. Der mit dem Bedingungswerk verfolgte Zweck und der Sinnzusammenhang der Klauseln sind zusätzlich zu berücksichtigen, soweit sie für den Versicherungsnehmer erkennbar sind (vgl. nur Senatsurteil vom 6. Juli 2016 - IV ZR 44/15, BGHZ 211, 51 Rn. 17 m.w.N.; st. Rspr.).
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aa) Allgemeine Versicherungsbedingungen sind so auszulegen, wie ein durchschnittlicher, um Verständnis bemühter Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs versteht (Se- natsurteil vom 23. Juni 1993 - IV ZR 135/92, BGHZ 123, 83, 85; st. Rspr.). Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit - auch - auf seine Interessen an. Dieser Grundsatz erfährt jedoch eine Ausnahme, wenn die Rechtssprache mit dem verwendeten Ausdruck einen fest umrissenen Begriff verbindet. In diesen Fällen ist anzunehmen , dass auch die Allgemeinen Versicherungsbedingungen darunter nichts anderes verstehen wollen. Ein von der Rechtssprache abweichendes Verständnis kann allerdings dann in Betracht kommen, wenn das allgemeine Sprachverständnis von der Rechtssprache in einem Randbereich deutlich abweicht oder wenn der Sinnzusammenhang der Versicherungsbedingungen etwas anderes ergibt (Senatsurteile vom 21. Mai 2003 - IV ZR 327/02, r+s 2003, 362 unter 2 a; vom 8. Dezember 1999 - IV ZR 40/99, VersR 2000, 311 unter II 4 b aa).
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(1) Allgemeine Versicherungsbedingungen sind so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung , aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen kann. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit auch auf seine Interessen an. In erster Linie ist vom Wortlaut der jeweiligen Klausel auszugehen. Der mit dem Bedingungswerk verfolgte Zweck und der Sinnzusammenhang der Klauseln sind zusätzlich zu berücksichtigen, soweit sie für den Versicherungsnehmer erkennbar sind (Senatsurteile vom 22. April 2015 - IV ZR 419/13, VersR 2015, 706 Rn. 12; vom 11. März 2015 - IV ZR 54/14, VersR 2015, 570 Rn. 12; vom 10. Dezember 2014 - IV ZR 281/14, VersR 2015, 182 Rn. 12 f.; vom 23. Juni 1993 - IV ZR 135/92, BGHZ 123, 83 unter III 1 c; st. Rspr.).

(1) Der Versicherer hat nach einem Leistungsantrag bei Fälligkeit in Textform zu erklären, ob er seine Leistungspflicht anerkennt.

(2) Das Anerkenntnis darf nur einmal zeitlich begrenzt werden. Es ist bis zum Ablauf der Frist bindend.

19
(2) Dies gilt auch dann, wenn der Versicherer kein Anerkenntnis abgegeben hat. Auf der Grundlage ihrer Versicherungsbedingungen wäre die Beklagte gemäß § 7 Abs. 1 B-BUZ verpflichtet gewesen, ihre Leistungspflicht anzuerkennen, wenn die Voraussetzungen bedingungsgemäßer Berufsunfähigkeit vorliegen. Der Versicherungsnehmer hat An- spruch auf ein Anerkenntnis (vgl. Senatsurteil vom 19. November 1997 - IV ZR 6/97, BGHZ 137, 178 unter 2 b aa [juris Rn. 15]). Es kann den Versicherer daher nicht freistellen von den Regeln, die er selbst in seinen Versicherungsbedingungen für die Nachprüfung von Berufsunfähigkeit aufgestellt hat, dass er ein nach Sachlage gebotenes Anerkenntnis bislang nicht abgegeben hat (vgl. Senatsurteile vom 11. Dezember 1996 - IV ZR 238/95, VersR 1997, 436 unter II 1 a [juris Rn. 16]; vom 27. September 1989 - IVa ZR 132/88, VersR 1989, 1182 unter 4 [juris Rn.22]). Auch wenn der Versicherer kein Leistungsanerkenntnis abgegeben hat, ist er daher bei Wegfall der zunächst eingetretenen Berufsunfähigkeit an die eine Leistungseinstellung regelnden Versicherungsbedingungen gebunden (vgl. Senatsurteile vom 19. November 1997 aaO unter 2 b[juris Rn. 14]; vom 11. Dezember 1996 aaO). Der Versicherungsnehmer bedarf auch in derartigen Fällen des Schutzes, den ihm die in einem Nachprüfungsverfahren zu liefernde nachvollziehbare Begründung des Versicherers für das Entfallen seiner Leistungspflicht bietet (vgl. Senatsurteil vom 19. November 1997 aaO).
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2. Nachträglichen Änderungen im Gesundheitszustand der Klägerin , die eine bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit entfallen lassen, kann der Versicherer nur im Wege eines Nachprüfungsverfahrens nach § 9 Abs. 1 B-BUZ Rechnung tragen. Allein auf diese Weise kann er erreichen , dass seine bereits anerkannte Leistungspflicht wieder endet. Dabei ist es Sache des Versicherers, im Nachprüfungsverfahren zu beweisen, dass die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 B-BUZ nicht mehr gegeben sind. Maßgeblich dafür ist der Vergleich des Gesundheitszustandes, wie er dem Anerkenntnis zugrunde gelegen hat, mit dem Gesundheitszustand der versicherten Person zu einem späteren Zeitpunkt. Der Versicherer kann von seinem Leistungsanerkenntnis erst dann wieder abrücken , wenn er belegen kann, dass sich der Gesundheitszustand des Versicherten derart gebessert hat, dass dies zu bedingungsgemäß relevanten Auswirkungen auf seine beruflichen Betätigungsmöglichkeiten führt (Senat in BGHZ 121, 284, 292 f.; Senatsurteile vom 27. Mai 1987 - IVa ZR 56/86 - VersR 1987, 808 unter 3 a; vom 15. Oktober 1997 - IV ZR 216/96 - r+s 1998, 37 unter 2).

(1) Der Versicherer hat nach einem Leistungsantrag bei Fälligkeit in Textform zu erklären, ob er seine Leistungspflicht anerkennt.

(2) Das Anerkenntnis darf nur einmal zeitlich begrenzt werden. Es ist bis zum Ablauf der Frist bindend.

Tenor

Der Senat beabsichtigt, die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 5. Zivilsenats des Saarländischen Oberlandesgerichts vom 29. April 2015 durch Beschluss nach § 552a ZPO zurückzuweisen.

Die Parteien erhalten Gelegenheit, hierzu binnen

eines Monats

Stellung zu nehmen.

Gründe

1

I. Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte aus einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung zur Fortzahlung einer Berufsunfähigkeitsrente nach Ablauf der Dauer einer vereinbarten Leistung verpflichtet ist.

2

Die dem Vertrag zugrunde liegenden Bedingungen der Beklagten für die Berufsunfähigkeitszusatzversicherung (im Folgenden: BB-BUZ) lauten auszugsweise wie folgt:

"1.1 Wann liegt vollständige Berufsunfähigkeit im Sinne dieser Bedingungen vor?

1.1.1 Vollständige Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn die versicherte Person infolge Krankheit, Körperverletzung, Pflegebedürftigkeit oder mehr als altersentsprechenden Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen sind, 6 Monate ununterbrochen außerstande war oder voraussichtlich 6 Monate ununterbrochen außerstande ist, ihren zuletzt ausgeübten Beruf, so wie er ohne gesundheitliche Beeinträchtigung ausgestaltet war, auszuüben.

...

2.5 Wann geben wir eine Erklärung zu unserer Leistungspflicht ab?

...

Befristetes Anerkenntnis

2.5.3 Grundsätzlich sprechen wir kein befristetes Anerkenntnis aus. In begründeten Einzelfällen können wir einmalig ein zeitlich begrenztes Anerkenntnis bis zu 12 Monaten in Textform aussprechen.

2.5.4 Gründe für ein befristetes Anerkenntnis liegen z.B. vor, wenn für ein unbefristetes Leistungsanerkenntnis noch Erhebungen oder Untersuchungen oder deren Auswertung erforderlich sind oder aus medizinischen oder beruflichen bzw. betrieblichen Gründen ... ein Ende der Berufsunfähigkeit zu erwarten ist.

2.5.5 Die Prüfung der Fortdauer der Berufsunfähigkeit bei befristetem Anerkenntnis erfolgt nach Ablauf der Frist nach den Grundsätzen der Erstprüfung gemäß 1.1 dieser Bedingungen; die Regelungen für das Nachprüfungsverfahren gemäß 4.1 gelten insoweit nicht. ..."

3

Das Nachprüfungsverfahren ist in Nr. 4 BB-BUZ wie folgt geregelt:

"4.1 Was gilt für Sie und uns bei Nachprüfung der Berufsunfähigkeit?

4.1.1 Wir sind berechtigt, die Voraussetzungen für einen Leistungsanspruch und den Grad der Berufsunfähigkeit nachzuprüfen. ...

...

4.1.5 Ist die Berufsunfähigkeit weggefallen oder hat sich der Grad auf weniger als 50% ... vermindert, passen wir die Leistung entsprechend der gewählten Leistungsregelung ... an. In diesem Fall informieren wir den Anspruchsberechtigten schriftlich über die Veränderungen oder die Einstellung der Leistungen. ...

Die Einstellung unserer Leistungen wird mit dem Ablauf des 3. Monats nach Zugang unserer Erklärung bei Ihnen wirksam. ..."

4

Ausweislich des Versicherungsscheins besteht der Anspruch auf Leistungen aus der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung, wenn die versicherte Person während der Vertragsdauer zu mindestens 50% berufsunfähig wird.

5

Die Klägerin wurde ab dem 7. Januar 2011 wegen einer depressiven Erkrankung arbeitsunfähig geschrieben. Unter Berufung hierauf machte sie mit Schreiben vom 7. Juni 2011 Leistungen wegen Berufsunfähigkeit ab dem 6. Januar 2011 geltend. Im Rahmen der Leistungsprüfung erhielt die Beklagte auf ihre Anforderung verschiedene ärztliche Unterlagen, unter anderem ein für die Bundesagentur für Arbeit erstelltes Gutachten, das den zeitlichen Umfang der Leistungsfähigkeit der Klägerin auf unter drei Stunden täglich bezifferte und eine verminderte Leistungsfähigkeit für einen Zeitraum von voraussichtlich länger als sechs Monaten prognostizierte.

6

Nach Erhalt dieser Unterlagen teilte die Beklagte der Klägerin unter dem 17. Oktober 2011 mit, für den Zeitraum ab dem 6. Januar 2011 lägen zwar Bescheinigungen zur Arbeitsunfähigkeit vor, jedoch keine zweifelsfreie ärztliche Einschätzung zum Grad der Berufsunfähigkeit. Aus diesem Grunde wäre nun eine Begutachtung erforderlich, welche einen nicht unerheblichen Zeitraum in Anspruch nehmen würde. Sie habe daher geprüft, inwieweit sie der Klägerin entgegenkommen könne, da sie nicht verkenne, dass Arbeitsunfähigkeitszeiten vorlägen. Sie unterbreite daher die in der Anlage beigefügte Vergleichsvereinbarung, nach der sie sich bereit erklärte, "ohne Anerkennung einer Rechtspflicht und ohne Präjudiz für die Sach- und Rechtslage, Leistungen aus der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung (Rente und Beitragsbefreiung) in Höhe von 100% für die Dauer vom 01.02.2011 bis 31.12.2011 zu erbringen". In dem Entwurf dieser Vereinbarung heißt es weiterhin: "Zum Ablauf der vereinbarten Leistungszeit zum 01.01.2012 erfolgt eine Prüfung der Leistungsvoraussetzungen nach den Grundsätzen der Erstprüfung. Die bedingungsgemäßen Regelungen zum Nachprüfungsverfahren gelten hierfür nicht."

7

Die Klägerin unterschrieb diese Vereinbarung und erhielt für den Zeitraum von Februar 2011 bis einschließlich Dezember 2011 die versprochenen Leistungen aus der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung.

8

Die Beklagte stellte ab Januar 2012 ihre Leistungen ein und ließ die Klägerin fachärztlich begutachten. Dieses Gutachten kam zu dem Ergebnis, dass es durch ein Ende 2011 durchgeführtes psychosomatisches Heilverfahren zu einer Stabilisierung mit Abnahme der depressiven Symptomlast gekommen und für die bisherige Tätigkeit der Klägerin als Einzelhandelskauffrau eine aufgehobene Leistungsfähigkeit nicht mehr gegeben sei. Im Hinblick darauf teilte die Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 11. Juli 2012 unter Bezugnahme auf das beigefügte Gutachten mit, derzeit habe sich ihr Gesundheitszustand gebessert, insgesamt sei von einem Grad der Berufsunfähigkeit von noch maximal 20% auszugehen. Leistungen aus der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung könne sie daher über den 1. Januar 2012 aufgrund der ärztlichen Feststellungen nicht mehr zur Verfügung stellen.

9

Das Landgericht hat die auf Verurteilung der Beklagten zu Rentenzahlungen und Freistellung von der Beitragspflicht ab dem 1. Januar 2012 gerichtete Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat auf die Berufung der Klägerin die Beklagte zur Zahlung von 5.350 € (Renten für Januar bis Oktober 2012) und weiteren 456,68 € (Beitragsrückerstattungen für den genannten Zeitraum) nebst Zinsen verurteilt und das Rechtsmittel im Übrigen zurückgewiesen.

10

Mit der vom Oberlandesgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte auch im Übrigen Klageabweisung. Die Klägerin verfolgt mit der Anschlussrevision ihre über die zuerkannten Beträge hinausgehenden Leistungsansprüche weiter.

11

II. Das Berufungsgericht hat das Leistungsbegehren nur für den oben genannten Zeitraum als begründet erachtet. Nach den bindenden Feststellungen des Landgerichts sei die Klägerin ab dem 6. Januar 2011 bis zum 20. Dezember 2011 im Sinne von Nr. 1.1.1 BB-BUZ im maßgeblichen Beruf der Verkäuferin berufsunfähig gewesen.

12

Die Leistungspflicht der Beklagten habe durch ihre Mitteilung über die Einstellung der Versicherungsleistungen vom 11. Juli 2012 gemäß Nr. 4.1.5 Satz 4 BB-BUZ, § 174 Abs. 2 VVG mit Wirkung zum Ablauf des dritten Monats nach ihrem Zugang, mithin zum Ende Oktober 2012 geendet.

13

Ansprüche der Klägerin für den Zeitraum Januar bis Oktober 2012 entfielen nicht auf der Grundlage der Vereinbarung der Parteien. Darauf könne sich die Beklagte nach Treu und Glauben nicht berufen. Sie habe sich nur auf der Grundlage eines Nachprüfungsverfahrens von ihrer Leistungspflicht befreien können. Sie könne nicht geltend machen, dass sie gemäß Nr. 2.5.3 bis 2.5.5 BB-BUZ oder nach § 173 Abs. 2 VVG ein befristetes Anerkenntnis hätte aussprechen können.

14

III. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg (§ 552a Satz 1 ZPO).

15

1. Das Berufungsgericht hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen, "soweit der Klägerin ein Anspruch auf Leistungen aus der Berufsunfähigkeitsversicherung von Januar bis Oktober 2012 unter Versagung einer Befristungsbefugnis der Beklagten zugesprochen worden ist". Dieser Zulassungsgrund ist indes nicht gegeben. Es bedarf keiner grundsätzlichen Klärung mehr, ob und inwieweit Vereinbarungen über Leistungen aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung zeitlich befristet werden können.

16

a) Der Senat hat bereits mehrfach entschieden, dass es den Parteien einer Berufsunfähigkeitsversicherung nach dem Grundsatz der Vertragsfreiheit nicht verwehrt ist, die Leistungspflicht im Rahmen der Schranken des allgemeinen Zivilrechts einvernehmlich zu regeln. Darüber hinaus ist der Versicherer wegen der speziellen Ausgestaltung der Berufsunfähigkeitsversicherung nach Treu und Glauben in besonderer Weise gehalten, seine überlegene Sach- und Rechtskenntnis nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers auszunutzen. Die Berufsunfähigkeitsrente hat für diesen häufig existenzielle Bedeutung. Die dem Versicherer geläufigen Regelungen über die Erklärung eines Leistungsanerkenntnisses, dessen Reichweite und das Nachprüfungsverfahren sind für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer nur schwer und mitunter überhaupt nicht durchschaubar. Deshalb setzt eine beiderseits interessengerechte Vereinbarung über die Leistungspflicht ein lauteres und vertrauensvolles Zusammenwirken der Vertragspartner voraus, das auf Ergebnisse abzielt, die den Tatsachen und der Rechtslage entsprechen. Nur so ist der Versicherungsnehmer in der Lage, verantwortlich darüber zu entscheiden, ob er sich auf eine Beschränkung der nach den Versicherungsbedingungen berechtigten oder von ihm für berechtigt gehaltenen Ansprüche einlassen will. Wann einem Versicherer eine treuwidrige Ausnutzung seiner überlegenen Verhandlungsposition vorgeworfen werden kann, hängt von den Umständen des jeweiligen Falles ab (Senatsurteile vom 7. Februar 2007 - IV ZR 244/03, VersR 2007, 633 Rn. 13; vom 12. November 2003 - IV ZR 173/02, VersR 2004, 96 unter II 1 b).

17

b) Wie das Berufungsgericht richtig gesehen hat, sind individuelle Vereinbarungen zwischen den Parteien eines Berufsunfähigkeitsversicherungsvertrages über die sachliche oder zeitliche Ausgestaltung der Leistungspflicht des Versicherers auch nach neuem Recht grundsätzlich zulässig (HK-VVG/Mertens, VVG 3. Aufl. § 173 VVG Rn. 11; Rixecker in Langheid/Rixecker, VVG 5. Aufl. § 173 Rn. 11; ders. in Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechts-Handbuch § 46 Rn. 172; Klenk in Looschelders/Pohlmann, VVG 3. Aufl. § 173 VVG Rn. 18; Dörner in MünchKomm-VVG, 2. Aufl. § 173 Rn. 33; Lücke in Prölss/Martin, VVG 29. Aufl. § 173 VVG Rn. 16 ff.; Neuhaus, Berufsunfähigkeitsversicherung 3. Aufl. J. VII. Rn. 51, 53). Etwas anderes ergibt sich nicht daraus, dass nach § 175 VVG von den Regelungen des § 173 VVG nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers abgewichen werden darf. Das steht individuellen Vereinbarungen, welche die Leistungspflicht sachlich oder zeitlich näher regeln, nicht entgegen. Davon ist auch der Gesetzgeber ausgegangen. In der Gesetzesbegründung zu § 175 VVG heißt es, die Regelung schließe nicht aus, "dass die Vertragsparteien nach einem Versicherungsfall, also nach der Anzeige der Berufsunfähigkeit, Vereinbarungen darüber treffen, welche Leistungen der Versicherer zu erbringen hat". Deshalb bleibe es "z.B. möglich, dass die Vertragsparteien im Streitfall einen Vergleich über die Höhe und über die Dauer der Leistungen schließen" (BT-Drucks. 16/3945 S. 106 re. Sp. unten, S. 107 li. Sp. oben). Ebenso wie unter der Geltung des früheren Rechts stoßen solche Vereinbarungen auf Grenzen, die namentlich durch den Grundsatz von Treu und Glauben zu ziehen sind (vgl. Rixecker in Langheid/Rixecker aaO Rn. 13; ders. in Versicherungsrechts-Handbuch aaO Rn. 173; Klenk aaO; Dörner aaO Rn. 33 f.; Lücke aaO Rn. 17; Neuhaus aaO Rn. 73). Dass hierzu abweichende Auffassungen in Rechtsprechung und/oder Literatur vertreten werden, ist nicht ersichtlich. Mit Blick darauf erfordert entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts auch die Fortbildung des Rechts nicht allein wegen in der Rechtspraxis auftretender vergleichbarer Streitfälle eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

18

2. Die Revision hat keine Aussicht auf Erfolg. Die Auffassung des Berufungsgerichts, der Beklagten sei es nach Treu und Glauben verwehrt, sich auf die Befristung der Leistungszusage in der Vereinbarung vom Oktober 2011 zu berufen, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

19

a) Bei Vereinbarungen der in Rede stehenden Art ist ein starkes Indiz für einen Verstoß gegen Treu und Glauben regelmäßig anzunehmen, wenn die nach dem Vertrag bestehende Rechtslage durch die Vereinbarung zum Nachteil des Versicherungsnehmers geändert und seine Rechtsposition dadurch ins Gewicht fallend verschlechtert wird. Objektiv treuwidrig handelt der Versicherer, der bei naheliegender Berufsunfähigkeit die ernsthafte Prüfung seiner Leistungspflicht durch das Angebot einer befristeten Kulanzleistung hinausschiebt und so das nach Sachlage gebotene Anerkenntnis unterläuft. Vereinbarungen, die derartige oder gleichgewichtige, von der objektiven Rechtslage abweichende Nachteile für den Versicherungsnehmer zur Folge haben, sind danach, will sich der Versicherer nicht dem Vorwurf rechtsmissbräuchlichen Verhaltens aussetzen, nur in engen Grenzen möglich. Sie setzen eine - aus verständiger Sicht - noch unklare Sach- und Rechtslage voraus. Sie erfordern vor ihrem Abschluss klare, unmissverständliche und konkrete Hinweise des Versicherers darauf, wie sich die vertragliche Rechtsposition des Versicherungsnehmers darstellt und in welcher Weise diese durch den Abschluss der Vereinbarung verändert oder eingeschränkt wird (Senatsurteil vom 7. Februar 2007 aaO Rn. 14).

20

b) Davon ausgehend hat das Berufungsgericht im Rahmen der gebotenen Einzelfallprüfung ohne Rechtsfehler angenommen, dass die Beklagte nach Treu und Glauben weitere Leistungen für den Zeitraum Januar bis Oktober 2012 nicht auf der Grundlage der mit der Klägerin getroffenen Vereinbarung ablehnen darf. Es hat im Rahmen der gebotenen Einzelfallprüfung berücksichtigt, dass die Beklagte im Zeitpunkt der Vereinbarung auch aus der Sicht eines Versicherungsnehmers verständliche Gründe gehabt haben möge, der Klägerin eine für diese auch vorteilhafte Vereinbarung vorzuschlagen und ihr keineswegs ein arglistig übervorteilendes Verhalten vorzuwerfen sei. Damit ist, anders als die Revision meint, der Annahme, die Beklagte habe entgegen Treu und Glauben ihr überlegenes Wissen zum Nachteil der Klägerin ausgenutzt, nicht der Boden entzogen. Die Beklagte verweist ohne Erfolg darauf, die Durchführung der noch ausstehenden Begutachtung der Klägerin wäre praktisch sinnlos gewesen, weil ihr künftiger Zustand in Anbetracht der bevorstehenden, erfolgversprechenden Rehabilitationsmaßnahme nicht sicher abzuschätzen gewesen sei, und im Anschluss an die stationäre Behandlung sofort ein neues Gutachten hätte erstellt werden müssen. Wie das Berufungsgericht zutreffend gesehen hat, war es der Beklagten zum Zeitpunkt der Vereinbarung unbenommen, die Klägerin selbst durch einen Sachverständigen untersuchen zu lassen. Allerdings sprach zum Zeitpunkt des Vereinbarungsangebots viel für eine bereits gegebene Leistungspflicht der Beklagten. Sie hat im Versicherungsschein in Verbindung mit Nr. 1.1.1 BB-BUZ Leistungen aus der Berufsunfähigkeitsversicherung versprochen, wenn die versicherte Person sechs Monate ununterbrochen zu mindestens 50% berufsunfähig gewesen ist und auch schon dann, wenn sie voraussichtlich sechs Monate ununterbrochen außerstande sein wird, den in gesunden Tagen zuletzt ausgeübten Beruf in bedingungsgemäßem Maße auszuüben. Demnach muss der Versicherungsnehmer nur eine - auch nur voraussichtlich - ein halbes Jahr andauernde, den bedingungsgemäßen Grad erreichende Beeinträchtigung der beruflichen Leistungsfähigkeit belegen. Der Nachweis des so geregelten Versicherungsfalles lag nach den - rechtsfehlerfreien - Feststellungen des Berufungsgerichts auf der Grundlage des für die Bundesagentur für Arbeit erstellten, der Beklagten vorliegenden medizinischen Gutachtens nahe, zumal die Klägerin bereits seit Anfang des Jahres 2011 arbeitsunfähig krankgeschrieben war. Bei dieser Sachlage konnte das Berufungsgericht das Angebot einer nur bis zum Ende des Jahres 2011 befristeten Kulanzleistung als treuwidrig werten. In ihrem Schreiben vom 17. Oktober 2011 hat die Beklagte der Klägerin weder die nach den Bedingungen zu erfüllenden Voraussetzungen für den Eintritt des Versicherungsfalles im Einzelnen erläutert noch die mögliche Einschränkung der vertraglichen Rechtsposition durch den Abschluss der Vereinbarung - zum Beispiel die Verschiebung des Zeitpunkts der Erstprüfung mit ihren beweisrechtlichen Konsequenzen sowie den damit möglicherweise eintretenden Verlust des dreimonatigen Nachleistungsanspruchs - dargestellt.

21

Entgegen der Revision kommt es nicht darauf an, ob die Klägerin bei vollständiger Belehrung den Abschluss der Vereinbarung abgelehnt hätte. Wie die Revisionserwiderung richtig sieht, hat der Senat keine Belehrungspflicht des Versicherers und damit einhergehende Anforderungen an die Kausalität für das Zustandekommen einer Leistungsvereinbarung statuiert. Vielmehr ist es dem Versicherer nach der Senatsrechtsprechung versagt, sich auf eine dem Versicherungsnehmer nachteilige Beschränkung seiner Leistungspflicht zu berufen, wenn er den Versicherungsnehmer nicht auf die Veränderung der vertraglichen Rechtsposition hingewiesen hat.

22

c) Der Bewertung der Vereinbarung als treuwidrig hält die Revision ohne Erfolg entgegen, die Beklagte hätte mit gleichen Rechtsfolgen gemäß Nr. 2.5.3 bis Nr. 2.5.5 BB-BUZ oder nach § 173 Abs. 2 Satz 1 VVG ein befristetes Anerkenntnis abgeben können. Diese Vorgehensweise ist mit der gewählten Vereinbarung hinsichtlich der Erkennbarkeit von Rechtsnachteilen nicht vergleichbar.

23

3. Falls die Revision der Beklagten auf den Hinweis zurückgenommen oder durch Beschluss zurückgewiesen wird, verliert die Anschlussrevision der Klägerin ihre Wirkung (§ 554 Abs. 4 ZPO).

Mayen     

       

Felsch     

       

Harsdorf-Gebhardt

       

Dr. Karczewski     

       

Dr. Götz     

       

Hinweis: Das Revisionsverfahren ist durch Revisionsrücknahme erledigt worden.

22
Auch wenn aus § 7 BB-BUZ, der eine Begründung der Entscheidung des Versicherers nicht ausdrücklich vorsieht, nicht unmittelbar folgt, welchen Inhalt die Mitteilung des Versicherers im einzelnen haben muss, um die von ihm beanspruchte Rechtsfolge - das Enden seiner anerkannten Leistungspflicht - zu bewirken, so ergibt sich aus Sinn und Zweck wie aus der Ausgestaltung der Klausel, dass in der Mitteilung eine nachvollziehbare Begründung dafür gegeben werden muss, dass die Leistungspflicht des Versicherers enden soll. Sie soll dem obliegenheitstreuen Versicherten, der zuvor dem Versicherer für die Nachprüfung sachdienliche Auskünfte erteilt hat, die Informationen geben, die er benötigt , um sein Prozessrisiko abschätzen zu können. Voraussetzung dafür ist die Nachvollziehbarkeit der Entscheidung des Versicherers. Sie ist für den Versicherten deshalb so bedeutsam, weil er es ist, der sich mit einer Klage gegen die durch eine Mitteilung ausgelösten Rechtsfolgen zur Wehr setzen muss (BGHZ 121, 284, 294 f; Senatsurteile vom 17. Februar 1993 - IV ZR 264/91 - NJW-RR 1993, 721 unter 3 a; vom 17. Februar 1993 - IV ZR 228/91 - VersR 1993, 470 unter 2; vom 17. Februar 1993 - IV ZR 162/91 - aaO unter 4; vom 15. Oktober 1997 - IV ZR 216/96 - NJW-RR 1998, 238 unter 2).
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(2) Dies gilt auch dann, wenn der Versicherer kein Anerkenntnis abgegeben hat. Auf der Grundlage ihrer Versicherungsbedingungen wäre die Beklagte gemäß § 7 Abs. 1 B-BUZ verpflichtet gewesen, ihre Leistungspflicht anzuerkennen, wenn die Voraussetzungen bedingungsgemäßer Berufsunfähigkeit vorliegen. Der Versicherungsnehmer hat An- spruch auf ein Anerkenntnis (vgl. Senatsurteil vom 19. November 1997 - IV ZR 6/97, BGHZ 137, 178 unter 2 b aa [juris Rn. 15]). Es kann den Versicherer daher nicht freistellen von den Regeln, die er selbst in seinen Versicherungsbedingungen für die Nachprüfung von Berufsunfähigkeit aufgestellt hat, dass er ein nach Sachlage gebotenes Anerkenntnis bislang nicht abgegeben hat (vgl. Senatsurteile vom 11. Dezember 1996 - IV ZR 238/95, VersR 1997, 436 unter II 1 a [juris Rn. 16]; vom 27. September 1989 - IVa ZR 132/88, VersR 1989, 1182 unter 4 [juris Rn.22]). Auch wenn der Versicherer kein Leistungsanerkenntnis abgegeben hat, ist er daher bei Wegfall der zunächst eingetretenen Berufsunfähigkeit an die eine Leistungseinstellung regelnden Versicherungsbedingungen gebunden (vgl. Senatsurteile vom 19. November 1997 aaO unter 2 b[juris Rn. 14]; vom 11. Dezember 1996 aaO). Der Versicherungsnehmer bedarf auch in derartigen Fällen des Schutzes, den ihm die in einem Nachprüfungsverfahren zu liefernde nachvollziehbare Begründung des Versicherers für das Entfallen seiner Leistungspflicht bietet (vgl. Senatsurteil vom 19. November 1997 aaO).

(1) Stellt der Versicherer fest, dass die Voraussetzungen der Leistungspflicht entfallen sind, wird er nur leistungsfrei, wenn er dem Versicherungsnehmer diese Veränderung in Textform dargelegt hat.

(2) Der Versicherer wird frühestens mit dem Ablauf des dritten Monats nach Zugang der Erklärung nach Absatz 1 beim Versicherungsnehmer leistungsfrei.

19
(2) Dies gilt auch dann, wenn der Versicherer kein Anerkenntnis abgegeben hat. Auf der Grundlage ihrer Versicherungsbedingungen wäre die Beklagte gemäß § 7 Abs. 1 B-BUZ verpflichtet gewesen, ihre Leistungspflicht anzuerkennen, wenn die Voraussetzungen bedingungsgemäßer Berufsunfähigkeit vorliegen. Der Versicherungsnehmer hat An- spruch auf ein Anerkenntnis (vgl. Senatsurteil vom 19. November 1997 - IV ZR 6/97, BGHZ 137, 178 unter 2 b aa [juris Rn. 15]). Es kann den Versicherer daher nicht freistellen von den Regeln, die er selbst in seinen Versicherungsbedingungen für die Nachprüfung von Berufsunfähigkeit aufgestellt hat, dass er ein nach Sachlage gebotenes Anerkenntnis bislang nicht abgegeben hat (vgl. Senatsurteile vom 11. Dezember 1996 - IV ZR 238/95, VersR 1997, 436 unter II 1 a [juris Rn. 16]; vom 27. September 1989 - IVa ZR 132/88, VersR 1989, 1182 unter 4 [juris Rn.22]). Auch wenn der Versicherer kein Leistungsanerkenntnis abgegeben hat, ist er daher bei Wegfall der zunächst eingetretenen Berufsunfähigkeit an die eine Leistungseinstellung regelnden Versicherungsbedingungen gebunden (vgl. Senatsurteile vom 19. November 1997 aaO unter 2 b[juris Rn. 14]; vom 11. Dezember 1996 aaO). Der Versicherungsnehmer bedarf auch in derartigen Fällen des Schutzes, den ihm die in einem Nachprüfungsverfahren zu liefernde nachvollziehbare Begründung des Versicherers für das Entfallen seiner Leistungspflicht bietet (vgl. Senatsurteil vom 19. November 1997 aaO).