Bundesgerichtshof Urteil, 27. Feb. 2008 - IV ZR 219/06

bei uns veröffentlicht am27.02.2008
vorgehend
Landgericht Traunstein, 1 O 811/05, 22.09.2005
Oberlandesgericht München, 25 U 5070/05, 11.07.2006

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 219/06 Verkündetam:
27.Februar2008
Heinekamp
Justizhauptsekretär
alsUrkundsbeamter
derGeschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
MB/KT 94 § 15 Buchst. a

a) Wird in einer Krankentagegeldversicherung die Versicherungsfähigkeit eines Arbeitnehmers
und damit der Fortbestand des Versicherungsvertrages vom ununterbrochenen
Vorhandensein eines festen Arbeitsverhältnisses abhängig gemacht,
schränkt das wesentliche Rechte, die sich aus der Natur der Krankentagegeldversicherung
ergeben, so ein, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist

b) Eine ergänzende Vertragsauslegung ergibt, dass die Versicherungsfähigkeit zu
dem Zeitpunkt entfällt, für den feststeht, dass der Versicherungsnehmer eine neue
Tätigkeit als Arbeitnehmer nicht mehr aufnehmen will oder aufgrund objektiver
Umstände festgestellt werden kann, dass die Arbeitsuche trotz ernsthafter Bemühungen
ohne Erfolg bleiben wird.
BGH, Urteil vom 27. Februar 2008 - IV ZR 219/06 - OLG München
LG Traunstein
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Seiffert, die Richterin
Dr. Kessal-Wulf und den Richter Dr. Franke auf die mündliche Verhandlung
vom 30. Januar 2008

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 25. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 11. Juli 2006 aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Kläger Der fordert die Zahlung von Krankentagegeld sowie die Feststellung, dass er ohne zeitliche Höchstgrenze bis zum Ende vorübergehender Arbeitsunfähigkeit krankentagegeldversichert sei. Er unterhält bei der Beklagten eine private Krankheitskosten-Vollversicherung einschließlich Pflegegeldversicherung, Krankentagegeld- und Krankenhaustagegeldversicherung.
2
Krankentagegeldversicherung Der liegen Allgemeine Versicherungsbedingungen zugrunde, die in Teil I den Musterbedingungen 1994 (MB/KT 94) entsprechen (vgl. Prölss/Martin, VVG 27. Aufl. S. 1886 ff.). Teil II enthält die Tarifbedingungen der Beklagten, die jeweils einzelnen Vorschriften der MB/KT 94 zugeordnet sind. § 1 MB/KT 94 lautet auszugsweise : Gegenstand, Umfang und Geltungsbereich des Versicherungsschutzes (1) Der Versicherer bietet Versicherungsschutz gegen Verdienstausfall als Folge von Krankheiten oder Unfällen , soweit dadurch Arbeitsunfähigkeit verursacht wird. …
3
Dazu heißt es in den Tarifbedingungen u.a.: Nr. 2 Versicherungsfähigkeit (1) Versicherungsfähig sind aufnahmefähige Personen, die selbständig einen Beruf ausüben und deshalb Einkommensteuererklärungen abgeben. Personen, die in einem ständigen festen Dienst- oder Arbeitsverhältnis gegen Entgelt stehen (Arbeitnehmer), sind nur versicherungsfähig nach Tarifen mit mindestens 42 Karenztagen - leistungsfreie Tage - seit Beginn einer Arbeitsunfähigkeit. Personen in einem Zeitarbeitsverhältnis sind nicht versicherungsfähig. …
4
§ 15 MB/KT 94 sieht u.a. vor: Sonstige Beendigungsgründe Das Versicherungsverhältnis endet hinsichtlich der betroffenen versicherten Personen:
a) bei Wegfall einer im Tarif bestimmten Voraussetzung für die Versicherungsfähigkeit zum Ende des Monats, in dem die Voraussetzung weggefallen ist. Besteht jedoch zu diesem Zeitpunkt in einem bereits eingetretenen Versicherungsfall Arbeitsunfähigkeit, so endet das Versicherungsverhältnis nicht vor dem Zeitpunkt, bis zu dem der Versicherer seine im Tarif aufgeführten Leistungen für diese Arbeitsunfähigkeit zu erbringen hat, spätestens aber drei Monate nach Wegfall der Voraussetzung; …
5
Dazu ist in den Tarifbedingungen bestimmt: Nr. 29a Arbeitslosigkeit (1) Wird ein Arbeitnehmer nach Eintritt des Versicherungsfalles arbeitslos, so erhält er bei fortdauernder Arbeitsunfähigkeit über die Monate des § 15 a) MB/KT 94 hinaus Krankentagegeld. Dies insgesamt bis zu 12 Monaten seit Beginn der Arbeitslosigkeit. (2) Diese erweiterte Nachleistung gilt unter der Voraussetzung , daß der Versicherungsnehmer eine Bestätigung des Arbeitsamtes vorlegt, wonach er sich als Arbeitssuchender gemeldet hat und keine Leistungen erhält, und wenn eine Bestätigung des Arbeitgebers über das Ende des Dienstverhältnisses vorgelegt wird. …
6
III Teil der Bedingungen ist ein Krankentagegeld-Tarif für Selbständige und Arbeitnehmer, die nicht der gesetzlichen Krankenversicherungspflicht unterliegen. Insoweit ist für den Tarif TV 42 unter A bestimmt , dass der Anspruch auf Krankentagegeld erst nach Ablauf von 42 leistungsfreien Tagen beginnt, dann aber ohne zeitliche Höchstgrenze bis zum Ende vorübergehender Arbeitsunfähigkeit gezahlt wird. Weiter heißt es u.a.: B. Versicherungsfähigkeit (1) Versicherungsfähig sind Personen, die nicht der gesetzlichen Krankenversicherung angehören, soweit und solange sie gleichzeitig eine KrankheitskostenVollversicherung (Ersatz für ambulante, stationäre und Zahnbehandlungs-Kosten) bei unserer Gesellschaft unterhalten. (2) Fällt die Versicherungsfähigkeit fort, endet zum gleichen Zeitpunkt die Versicherung nach Tarif TV 42. …
7
Der Teil III der Bedingungen endet mit folgendem Hinweis: Gültig in Verbindung mit AVB Teil I Musterbedingungen 1994 des Verbandes der privaten Krankenversicherung (MB/KT 94) und Teil II Tarifbedingungen der [Beklagten] (TB).
8
Der am 19. September 1949 geborene Kläger wurde aufgrund einer Kündigung zum 28. Februar 2003 arbeitslos und bezog seither Arbeitslosengeld. Wegen des geringeren Einkommens wurde die Krankheitskosten -Vollversicherung durch Versicherungsschein vom 11. Dezember 2003 umgestellt; die Krankentagegeldversicherung blieb unverändert. Während weiter andauernder Arbeitslosigkeit erlitt der Kläger am 10. März 2004 einen Skiunfall. Dadurch wurde er arbeitsunfähig. Er behauptet , die Arbeitsunfähigkeit habe bis zum 13. November 2005 gedauert. Seit 20. Februar 2006 hat der Kläger wieder eine Arbeitsstelle.
9
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen; die Berufung des Klägers wurde zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt er seine Ansprüche weiter.

Entscheidungsgründe:


10
Die Revision hat Erfolg und führt zur Zurückverweisung der Sache.
11
I. Das Berufungsgericht hält die Auffassung des Landgerichts für zutreffend, der Kläger sei durch die mit Beendigung seines Arbeitsverhältnisses zum 28. Februar 2003 eingetretene Arbeitslosigkeit nicht mehr versicherungsfähig in der Krankentagegeldversicherung der Beklagten gewesen. Als Verdienstausfallversicherung ende die Krankentagegeldversicherung grundsätzlich, wenn der Versicherungsnehmer erwerbslos werde (§ 15 MB/KT 94, vgl. Wilmes in Bach/Moser, Private Krankenversicherung 3. Aufl. § 15 MB/KT Rdn. 10).
12
II. Gegen den Wegfall der Versicherungsfähigkeit mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses wendet sich die Revision im Ergebnis mit Recht.
13
Allerdings 1. geht das Berufungsgericht - legt man zunächst die zwischen den Parteien vereinbarten Bedingungen und Tarifbedingungen zugrunde - zutreffend davon aus, dass daraus ein Wegfall der Versicherungsfähigkeit des Klägers mit der durch Kündigung seines Arbeitgebers herbeigeführten Beendigung seines Arbeitsverhältnisses folgt. Das ergibt eine Auslegung der maßgeblichen Bedingungen.
14
a) Nach § 1 (1) Satz 1 MB/KT 94 bietet der Versicherer Versicherungsschutz gegen Verdienstausfall als Folge von Krankheiten oder Unfällen , soweit dadurch Arbeitsunfähigkeit verursacht wird. Der Umfang des versprochenen Versicherungsschutzes ergibt sich gemäß § 1 (4) Satz 1 MB/KT 94 unter anderem aus dem Versicherungsschein und den Allgemeinen Versicherungsbedingungen (Musterbedingungen mit Anhang , Tarif mit Tarifbedingungen); Höhe und Dauer der Versicherungsleistungen legt der Tarif mit Tarifbedingungen fest (§ 4 (1) MB/KT 94). Dieser Regelungszusammenhang macht dem Versicherungsnehmer erkennbar , dass für den Umfang des Versicherungsschutzes und der versprochenen Leistung unter anderem neben den Musterbedingungen auch die Tarifbedingungen maßgeblich sind; die Zuordnung von Tarifbedingungen zu einzelnen Klauseln der Musterbedingungen verdeutlicht das zusätzlich.
15
b) § 1 (1) MB/KT 94 trifft keine Regelung, wer in der Krankentagegeldversicherung versicherungsfähig ist; andererseits setzt § 15 a) MB/KT 94 die Versicherungsfähigkeit einer versicherten Person voraus, weil nach seinem Inhalt das Versicherungsverhältnis bei Wegfall "einer im Tarif bestimmten Voraussetzung für die Versicherungsfähigkeit" enden soll. Damit wird für die Voraussetzungen der Versicherungsfähigkeit auf den Tarif verwiesen und damit zugleich auf die Tarifbedingung, welche die Frage der Versicherungsfähigkeit allgemein regelt und deshalb § 1 (1) MB/KT 94 zugeordnet ist, nämlich auf Nr. 2 der Tarifbedingungen.
16
Nach dieser Regelung sind versicherungsfähig zum einen Personen , die selbständig einen Beruf ausüben und deshalb Einkommensteuererklärungen abgeben. Weiter sollen Personen, "die in einem ständigen festen Dienst- oder Arbeitsverhältnis gegen Entgelt stehen (Arbeitnehmer )" nur nach Tarifen mit mindestens 42 Karenztagen seit Beginn einer Arbeitsunfähigkeit versicherungsfähig sein, Personen in einem Zeitarbeitsverhältnis dagegen schlechthin nicht. Der verständige Versiche- rungsnehmer entnimmt dem, dass zwei Personengruppen versicherungsfähig sind, nämlich zum einen Selbständige, die Einkommensteuererklärungen abgeben, zum anderen Arbeitnehmer, die in einem ständigen festen Dienst- oder Arbeitsverhältnis gegen Entgelt stehen. Dass solche Arbeitnehmer nur in bestimmten Tarifen versichert werden können, schafft zwar eine Einschränkung, ändert aber erkennbar nichts daran, dass Voraussetzung der Versicherungsfähigkeit zunächst die Arbeitnehmereigenschaft in der hier konkret umschriebenen Ausgestaltung ist, also ein ständiges festes Dienst- oder Arbeitsverhältnis gegen Entgelt erfordert.
17
c) Die unter B Teil III - Tarif TV 42 getroffene Regelung, wonach versicherungsfähig Personen sind, die nicht der gesetzlichen Krankenversicherung angehören, solange und soweit sie eine KrankheitskostenVollversicherung bei der Beklagten unterhalten, ergänzt die in Teil II Nr. 2 der Tarifbedingungen geregelten Voraussetzungen der Versicherungsfähigkeit für diesen bestimmten Tarif, ohne die Voraussetzungen der Nr. 2 aufzugeben oder einzuschränken. Das folgt schon daraus, dass Nr. 2 der Tarifbedingungen die dort beschriebenen "Arbeitnehmer" auf Tarife wie den Tarif TV 42 verweist und im Tarif TV 42 seinerseits darauf hingewiesen wird, dass er nur in Verbindung mit Teil II der Tarifbedingungen gültig ist. Es ergibt sich im weiteren daraus, dass der Tarif TV 42 eine ergänzende Regelung zum Wegfall der Versicherungsfähigkeit enthält , die nur deshalb erforderlich ist, weil in TV 42 ergänzende Voraussetzungen für die Versicherungsfähigkeit enthalten sind, deren Wegfall schon für sich genommen zum Ende der Versicherungsfähigkeit nach TV 42 führen soll.
18
d) Daraus ergibt sich: Versicherungsfähigkeit nach Nr. 2 der Tarifbedingungen setzt - handelt es sich nicht um einen selbständig Tätigen - voraus, dass der zu Versichernde in einem ständigen festen Dienst- oder Arbeitsverhältnis gegen Entgelt steht. An einem ständigen festen Arbeitsverhältnis fehlt es, wenn dieses durch Kündigung - sei es seitens des Arbeitnehmers oder des Arbeitgebers - beendet wird. Ein anderes Verständnis dahin, dass die nur vorübergehende Aufgabe des Arbeitsverhältnisses die Voraussetzungen der Nr. 2 der Tarifbedingungen nicht wegfallen lässt, wird der Versicherungsnehmer zwar erwägen, nach dem klaren Wortlaut der Regelung ("ständig, fest") letztlich aber nicht ernsthaft in Betracht ziehen. Fällt aber mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine im Tarif bestimmte Voraussetzung für die Versicherungsfähigkeit weg, so endet gemäß § 15 a) Satz 1 MB/KT 94 das Versicherungsverhältnis des Versicherungsnehmers grundsätzlich zum Ende des Monats in dem die Voraussetzung weggefallen ist, hier mit dem 28. Februar 2003. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz gilt nur dann, wenn bei Wegfall der Voraussetzungen für die Versicherungsfähigkeit der Versicherungsfall Arbeitsunfähigkeit bereits eingetreten war (§ 15 a) Satz 2 MB/KT 94; Nr. 29a der Tarifbedingungen). Ein solcher Fall liegt hier nicht vor.
19
2. In dieser Auslegung hält jedoch Nr. 2 der Tarifbedingungen i.V. mit § 15 a) Satz 1 MB/KT 94 einer Inhaltskontrolle nicht stand, soweit sich daraus ergibt, dass ein Arbeitnehmer, dessen ständiges festes Arbeitsverhältnis durch Kündigung endet, die Versicherungsfähigkeit verliert und dies zur Beendigung des Versicherungsverhältnisses zum Ende des Monats führt, in dem das Arbeitsverhältnis beendet wird. Soweit die Versicherungsfähigkeit eines Arbeitnehmers und damit der Fortbestand des Versicherungsvertrages vom ununterbrochenen Vorhandensein eines festen Arbeitsverhältnisses abhängig gemacht werden, schränkt das wesentliche Rechte, die sich aus der Natur der Krankentagegeldversi- cherung ergeben, so ein, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist (§ 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB).
20
a) § 307 Abs. 3 BGB hindert eine Kontrolle der hier in Rede stehenden Klauseln nicht. Sie gestalten das in § 1 (1) MB/KT 94 gegebene Hauptleistungsversprechen durch nähere Konkretisierung der Versicherungsfähigkeit weiter aus und schränken es durch die in § 15 a) MB/KT 94 angeordnete Folge des Wegfalls der Versicherungsfähigkeit ein. Solche Klauseln sind kontrollfähig (vgl. BGHZ 152, 262, 265 und ständig).
21
b) Der Senat hat bereits in BGHZ 117, 92, 95 ff. entschieden, mit dem Vertragszweck der Krankentagegeldversicherung, die der sozialen Absicherung erwerbstätiger Personen dient, sei eine dem Versicherungsnehmer aufgezwungene, endgültige und ersatzlose Beendigung eines einmal begründeten Versicherungsverhältnisses nicht zu vereinbaren, weil er in Zukunft möglicherweise wieder auf den Schutz einer Krankentagegeldversicherung angewiesen sein, dann aber wegen seines fortgeschrittenen Alters nur zu wesentlich ungünstigeren Konditionen erneut Versicherungsschutz erhalten könne. Dem hat die Beklagte insoweit Rechnung getragen, als das Versicherungsverhältnis nach Nr. 31 des Teils II ihrer Tarifbedingungen zu § 15 b) MB/KT 94 im Rahmen einer Anwartschaftsversicherung fortgesetzt werden kann, wenn es "wegen Aufgabe einer Erwerbstätigkeit, wegen Eintritts der Berufsunfähigkeit oder wegen Bezugs einer Berufsunfähigkeits-Erwerbsminderungsrente" beendet wird. Das ursprüngliche Versicherungsverhältnis tritt dann auf Antrag des Versicherungsnehmers mit Wiedereintritt der Versicherungsfähigkeit wieder in Kraft.
22
Damit ist zwar den Erwägungen Rechnung getragen worden, mit denen in jener Entscheidung die Unwirksamkeit der endgültigen Vertragsbeendigung begründet worden ist. Das aber lässt die Frage unberührt , ob nicht schon die Anknüpfung der Versicherungsfähigkeit an das ununterbrochene Vorhandensein eines festen Arbeitsverhältnisses zu einer unangemessenen Benachteiligung i.S. des § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 BGB führt. Das ist der Fall.
23
Ist c) die Versicherungsfähigkeit vom ununterbrochenen Fortbestand eines festen Arbeitsverhältnisses abhängig, verliert der Versicherte mit dessen Beendigung - sei es durch Kündigung des Arbeitgebers oder durch eigene Kündigung - seinen Versicherungsschutz aus der Krankentagegeldversicherung mit dem Ende des Monats, in dem die Beendigung erfolgt (im vorliegenden Fall also sofort, da die Kündigung zum 28. Februar 2003 ausgesprochen worden ist). Das gilt unabhängig davon , ob der Versicherte alsbald ein neues festes Arbeitsverhältnis anstrebt oder nicht; selbst wenn er sein Arbeitsverhältnis nur beendet hat, um kurze Zeit darauf ein schon konkret in Aussicht stehendes neues festes Arbeitsverhältnis zu begründen, bleibt er für die Zwischenzeit ohne Versicherungsschutz. Der Verlust des Versicherungsschutzes trifft mithin gerade auch den Versicherten, der sich nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses sogleich und ernsthaft um die Begründung eines neuen bemüht, in dieser Zeit aber arbeitsunfähig wird. Dabei liegt auf der Hand, dass eine solche Arbeitsunfähigkeit die Aufnahme einer neuen Beschäftigung nicht nur erschweren, sondern in aller Regel verhindern wird. Soll der Vertragszweck, nämlich der im Hauptleistungsversprechen der Beklagten in § 1 (1) MB/KT 94 versprochene Schutz gegen Verdienstausfall als Folge von Krankheiten oder Unfällen, der von existentieller Bedeutung für den Versicherungsnehmer ist, nicht leerlaufen, muss ihm auch in solchen Fällen ein Anspruch auf Krankentagegeld zustehen. Auch Zeiten der Arbeitssuche nach Beendigung eines bestimmten Arbeitsverhältnisses sind Teil der auf die Erzielung von Arbeitsverdienst gerichteten Erwerbstätigkeit des Versicherungsnehmers. Auf diese und nicht nur auf ein bestimmtes Arbeitsverhältnis bezieht sich der in § 1 (1) MB/KT 94 versprochene Schutz gegen krankheitsbedingten Verdienstausfall.
24
Dem steht auch nicht entgegen, dass dem Versicherten in dieser Zeit sozialversicherungsrechtliche Ansprüche - etwa auf Arbeitslosengeld - oder auf andere staatliche Leistungen zustehen können. Sein erhebliches Interesse, auch in einer solchen Situation Verdienstausfall durch das vertraglich versprochene Krankentagegeld auszugleichen, bleibt davon regelmäßig unberührt. Abgesehen davon, dass hier nicht ein konkreter Verdienstausfall, sondern der abstrakte Bedarf versichert ist, von dem angenommen wird, dass er bei Arbeitsunfähigkeit entstehen könnte, wird durch das Arbeitslosengeld und ähnliche Leistungen ein Verdienstausfall, der durch Wegfall des Arbeitseinkommens entsteht, nicht annähernd in vollem Umfang ausgeglichen (vgl. OLG Saarbrücken VersR 2001, 318, 320).
25
EinedenVersicheru ngsnehmer in dieser Weise belastende Regelung erfordern auch berechtigte Belange des Krankentagegeldversicherers nicht. Seinen Interessen wäre schon dann ausreichend Rechnung getragen, wenn die Versicherungsfähigkeit des Versicherungsnehmers jedenfalls dann endet, wenn sich der Versicherungsnehmer nicht ernsthaft um die Aufnahme einer neuen Tätigkeit bemüht oder sich seine Bemühungen aus anderen Gründen als aussichtslos darstellen. Die hier getroffene Regelung geht darüber indessen - wie dargelegt - in einer die Erreichung des Vertragszwecks gefährdenden Weise hinaus (vgl. auch Tschersich in Beckmann/Matusche-Beckmann, VersicherungsrechtsHandbuch 2004 § 45 Rdn. 25, 30; Prölss in Prölss/Martin, VVG 27. Aufl. § 15 MBKT 94 Rdn. 9, 11, 15).
26
Deshalb d) treffen die Aussagen des Senatsurteils vom 15. Mai 2002 (IV ZR 100/01 - VersR 2002, 881 unter II 2), obwohl es nach dem Wortlaut der dort verwendeten Fassung des § 15 a) MB/KT 94 für den Wegfall einer im Tarif bestimmten Voraussetzung für die Versicherungsfähigkeit auf die Aufgabe der Erwerbstätigkeit (und nicht des Arbeitsverhältnisses ) ankam, auch auf den vorliegenden Fall zu: Die Versicherungsfähigkeit eines Arbeitnehmers endet nicht schon durch Kündigung seines Arbeitsverhältnisses, sei sie nun vom Arbeitgeber oder vom Versicherungsnehmer ausgesprochen. Jenem Urteil lag zwar ein Fall zugrunde, in dem der Versicherungsnehmer krankheitsbedingt gekündigt hatte, seine anschließende Arbeitslosigkeit mithin als Folge der schon vor Kündigung bestehenden Arbeitsunfähigkeit verstanden werden konnte. Anders als das Berufungsgericht meint, kann aber für den hier vorliegenden Fall, dass der Versicherungsnehmer erst nach Eintritt von Arbeitslosigkeit arbeitsunfähig wird, nichts anderes gelten.
27
Folge 3. der Unwirksamkeit der Tarifbedingung Nr. 2 i.V. mit § 15 a) Satz 1 MB/KT 94 ist, dass die Versicherungsfähigkeit eines Arbeitnehmers , dessen ständiges festes Arbeitsverhältnis beendet worden ist, nicht entfällt, demgemäß auch eine Beendigung des Versicherungsverhältnisses gemäß § 15 a) Satz 1 MB/KT 94 nicht eintritt.
28
a) Damit kann es indessen nicht sein Bewenden haben. Es widerspräche dem in § 1 (1) MB/KT 94 zum Ausdruck kommenden Zweck einer Krankentagegeldversicherung, ihren Schutz auch für den Versiche- rungsnehmer weiter aufrecht zu erhalten, der ein neues Arbeitsverhältnis nicht mehr eingehen will oder dessen - ernsthafte - Bemühungen um einen neuen Arbeitsplatz als gescheitert angesehen werden müssen. Denn in einem solchen Falle fehlt jede Anknüpfung an einen künftig durch Arbeitsunfähigkeit eintretenden Verdienstausfall. Die Bedingungen und Tarifbedingungen , die dem Vertrag zwischen den Parteien zugrunde liegen, regeln diesen Fall - sieht man von der unwirksamen Klausel in Nr. 2 der Tarifbedingungen ab - nicht. Die dadurch entstandene Lücke ist im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung (vgl. dazu im Einzelnen BGHZ 117, 92, 98 f.) zu schließen.
29
b) Dabei geht der Senat davon aus, dass die Parteien, wäre ihnen die Unwirksamkeit der hier vorgesehenen Vertragsbeendigung bewusst gewesen, bei sachgerechter Abwägung der beiderseitigen Interessen eine Regelung getroffen hätten, die dem oben dargestellten Konflikt Rechnung trägt: Sie besteht darin, dass die Versicherungsfähigkeit des Versicherungsnehmers zu dem Zeitpunkt entfällt, für den feststeht, dass der Versicherungsnehmer eine neue Tätigkeit als Arbeitnehmer nicht mehr aufnehmen will oder aufgrund objektiver Umstände festgestellt werden kann, dass die Arbeitssuche trotz ernsthafter Bemühungen ohne Erfolg bleiben wird (vgl. schon Senatsurteile vom 9. Juli 1997 - IV ZR 253/96 - VersR 1997, 1133 unter II 2 a und vom 15. Mai 2002 aaO, jeweils zur Frage der Beendigung der Erwerbstätigkeit). Besteht das Versicherungsverhältnis unter Anlegung dieses Maßstabes fort und tritt in der Zeit vorübergehender Arbeitslosigkeit Arbeitsunfähigkeit ein, gelangen auch die Sonderregelungen des § 15 a) Satz 2 MB/KT 94 bzw. der Nr. 29a der Tarifbedingungen nicht zur Anwendung. Das Versicherungsverhältnis endet vielmehr auch dann erst zu dem Zeitpunkt, in dem der Versicherungsnehmer auch bei einer Gesundung von einer neuen Tätigkeit Abstand genommen hätte oder seine Bemühungen um eine neue Arbeitsstelle als gescheitert anzusehen wären (Senatsurteil vom 15. Mai 2002 aaO).
30
weitergehende Eine ergänzende Vertragsauslegung, etwa - wie von der Beklagten insbesondere in der mündlichen Verhandlung angeregt - durch Bestimmung einer Frist, mit deren Ablauf das Versicherungsverhältnis auch bei fortdauernder Arbeitslosigkeit und selbst bei nachträglichem Eintritt von Arbeitsunfähigkeit endet, kommt nicht in Betracht. Dafür fehlen geeignete hinreichende Anhaltspunkte im Versicherungsvertrag und den insoweit maßgeblichen Interessen der Parteien.
31
c) aa) Die Beweislast dafür, dass das Versicherungsverhältnis unter diesen, im Wege ergänzender Vertragsauslegung ermittelten Voraussetzungen wegen Wegfalls der Versicherungsfähigkeit beendet ist, trägt der Versicherer. An den nachträglichen Wegfall der Versicherungsfähigkeit knüpft § 15 a) Satz 1 MB/KT 94 die Rechtsfolge der Beendigung des Versicherungsverhältnisses. Damit begründen die Umstände, aus denen sich der Wegfall der Versicherungsfähigkeit ergibt, einen Einwand des Versicherers gegen seine Leistungspflicht, für den er beweispflichtig ist (vgl. Senatsurteile vom 15. Mai 2002 aaO unter II 1; vom 9. Juli 1997 aaO; vom 19. Dezember 1975 - IV ZR 107/74 - VersR 1976, 431 unter III

).


32
bb) Der Versicherer besitzt indessen im Allgemeinen keine nähere Kenntnis darüber, ob und in welcher Weise sich der Versicherungsnehmer nach einer Beendigung seines Dienst- oder Arbeitsverhältnisses um eine andere Arbeitsstelle bemüht hat und ob für seine Arbeitssuche nach wie vor Aussicht auf Erfolg besteht. Deshalb ist es zunächst Sache des Versicherungsnehmers, die negative Tatsache eines Wegfalls seiner Versicherungsfähigkeit substantiiert zu bestreiten und näher darzulegen, was er seit dessen Ende unternommen hat, um eine neue Arbeitsstelle zu finden, und dass seine Arbeitssuche nach wie vor Aussicht auf Erfolg hat (sekundäre Darlegungslast, vgl. Senatsurteil vom 22. September 2004 - IV ZR 200/03 - VersR 2005, 676 unter II 3 m.w.N.). Dann erst kann der Versicherer, wenn er den Wegfall der Versicherungsfähigkeit geltend machen will, seinerseits dazu vortragen und Beweis antreten.
33
Die 4. Parteien haben nach Zurückverweisung der Sache Gelegenheit , ihren Vortrag zum Wegfall der Versicherungsfähigkeit zu ergänzen. Sollte sich herausstellen, dass beim Kläger trotz der nach seiner Kündigung zum 28. Februar 2003 bestehenden Arbeitslosigkeit die Versicherungsfähigkeit in der Krankentagegeldversicherung nicht entfallen war, wäre die Beklagte durch die infolge des Skiunfalls vom 10. März 2004 eingetretene Arbeitsunfähigkeit bedingungsgemäß leistungspflichtig geworden. Dann blieben Dauer und Höhe des geltend gemachten Anspruchs zu prüfen.
Terno Dr. Schlichting Seiffert
Dr. Kessal-Wulf Dr. Franke
Vorinstanzen:
LG Traunstein, Entscheidung vom 22.09.2005 - 1 O 811/05 -
OLG München, Entscheidung vom 11.07.2006 - 25 U 5070/05 -

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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 307 Inhaltskontrolle


(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben,

Gesetz über den Versicherungsvertrag


Versicherungsvertragsgesetz - VVG

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Referenzen

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 100/01 Verkündet am:
15. Mai 2002
Heinekamp
Justizobersekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
_____________________
MB/KT 94 § 15 lit. a
Sind nach den Bedingungen einer Krankentagegeldversicherung nur erwerbstätige
Personen versicherungsfähig, so erlischt die Versicherungsfähigkeit eines in
abhängiger Stellung tätigen Versicherten nicht schon mit der (Eigen- oder Fremd
)
Kündigung seines Arbeitsverhältnisses (Fortführung von BGH, Urteile vom
19. Dezember 1975 - IV ZR 107/74 - VersR 1976, 431 und vom 9. Juli 1997 - IV
ZR 253/96 - VersR 1997, 1133).
BGH, Urteil vom 15. Mai 2002 - IV ZR 100/01 - KG Berlin
LG Berlin
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Richter
Seiffert als Vorsitzenden, den Richter Dr. Schlichting, die Richterin Ambrosius
und die Richter Wendt und Felsch auf die mündliche Verhandlung
vom 15. Mai 2002

für Recht erkannt:
I. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Kammergerichts vom 9. März 2001 aufgehoben.
II. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der Zivilkammer 7 des Landgerichts Berlin vom 1. August 2000 wie folgt abgeändert: 1. Es wird festgestellt, daß die Krankentagegeldversicherung Nr. 31 (0) 244 23875 über den 31. Dezember 1999 hinaus unverändert fortbesteht und nicht in eine Anwartschaftsversicherung umgewandelt ist.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Zeitraum vom 1. Januar 2000 bis zum 31. Juli 2000 80.940 DM Krankentagegeld nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 1 des Diskont-Überleitungs -Gesetzes seit dem 1. August 2000 sowie für den Zeitraum vom 1. August 2000 bis zum 28. Februar 2001 weitere 80.560 DM Krankentagegeld nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 1 DÜG seit dem 1. März 2001 zu zahlen.
III. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger macht Ansprüche aus einer Krankentagegeldversicherung geltend.
Der Versicherungsvertrag sieht bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit die Leistung von 380 DM pro Kalendertag vor. Dem Vertrag liegen die Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Krankentagegeldversicherung (RB/KT 94) zugrunde. Deren § 19 (1) a, der inhaltsgleich mit § 15 lit. a MB/KT 94 ist, lautet:
"(1) Das Versicherungsverhältnis endet hinsichtlich der betroffenen versicherten Personen
a) bei Wegfall einer im Tarif bestimmten Voraussetzung für die Versicherungsfähigkeit (insbesondere Aufgabe der Erwerbstätigkeit ) zum Ende des Monats, in dem die Voraussetzung weggefallen ist. "

In dem vom Kläger gewählten Tarif TN heißt es unter "1. Versicherungsfähigkeit" :
"Versicherungsfähig nach Tarif TN sind erwerbstätige Personen."
Der Kläger war seit Juni 1996 als Leiter der B. Geschäftsstelle eines Versicherungsdienstes angestellt. Seit dem 28. Mai 1997 ist er u.a. wegen Hüftgelenkserkrankungen, chronischer Bronchitis, therapieresistenter Gastritis und reaktiver Depression arbeitsunfähig krank; ein Ende der Arbeitsunfähigkeit ist derzeit nicht abzusehen. Mitte 1998 wurde der Kläger als schwerbehindert anerkannt. Im Dezember 1998 stellte er bei der BfA einen Antrag auf Berufsunfähigkeitsrente, der bestandskräftig abgewiesen wurde. Im August 1999 beantragte die Arbeitgeberin des Klägers bei der zuständigen Hauptfürsorgestelle für Schwerbehinderte deren Zustimmung zur Kündigung wegen der Erkrankung und wegen der zum 30. September 1999 geplanten Schließung des Geschäftsbetriebes. Gleichzeitig bot die Arbeitgeberin dem Kläger vergleichsweise eine Einigung dahin an, ihm bei freiwilliger Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Abfindung entsprechend dem anläßlich der Geschäftsaufgabe aufgestellten Sozialplan zu zahlen, aus dem der Kläger im Falle einer wirksamen krankheitsbedingten Kündigung der Arbeitgeberin keinen Anspruch gehabt hätte. Der Kläger sprach daraufhin mit Schreiben vom 12. August 1999 selbst die Kündigung seines Anstellungsvertrages zum 30. September 1999 aus und machte seinen Abfindungsanspruch aus dem Sozialplan geltend.

Die Beklagte zahlte dem Kläger das vereinbarte Krankentagegeld bis zum Ende des Jahres 1999. Weitere Leistungen lehnte sie ab, weil die Versicherungsfähigkeit des Klägers weggefallen sei. Sie führt die Versicherung seit dem 1. Januar 2000 als Anwartschaftsversicherung weiter.
Der Kläger begehrt die Feststellung, daû seine bei der Beklagten unterhaltene Krankentagegeldversicherung über den 31. Dezember 1999 hinaus fortbesteht und nicht in eine Anwartschaftsversicherung umgewandelt ist, sowie die Zahlung rückständigen Krankentagegeldes für die Zeit vom 1. Januar 2000 bis 28. Februar 2001.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers ist vom Oberlandesgericht zurückgewiesen worden. Mit der Revision verfolgt der Kläger seine zuletzt gestellten Klageanträge weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision hat Erfolg. Das Berufungsgericht hat nicht beachtet, daû eine Krankentagegeldversicherung für Erwerbstätige durch die Kündigung des Arbeitsverhältnisses nicht ohne weiteres beendet wird, sondern daû dies nur unter zusätzlichen Voraussetzungen der Fall ist, an denen es hier fehlt.

I. Das Berufungsgericht meint, durch die Kündigung des Klägers sei seine Versicherungsfähigkeit weggefallen; denn versicherungsfähig seien nach den Versicherungsbedingungen nur erwerbstätige Personen. Ob die Kündigung des Klägers als "Aufgabe" seiner Erwerbstätigkeit anzusehen sei, habe keine rechtliche Bedeutung, weil in der Bedingungsklausel diese Wendung nur beispielhaft gebraucht werde. Die Regelung, wonach mit der Erwerbstätigkeit zugleich die Versicherungsfähigkeit ende , sei auch nicht unwirksam; sie sei weder überraschend im Sinne des § 3 AGBG noch führe sie zu einer unangemessenen Benachteiligung des Versicherungsnehmers im Sinne des § 9 AGBG. Schwerpunktmäûig hat das Berufungsgericht dann weiter ausgeführt, daû und weshalb der Kläger sich auch nicht darauf berufen könne, er habe lediglich gekündigt, um einer berechtigten Kündigung seiner Arbeitgeberin wegen Krankheit zuvorzukommen.
II. Der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, das Versicherungsverhältnis - bis auf die Anwartschaftsversicherung - sei durch die eigene Kündigung des Klägers beendet worden, hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Die Klausel des § 19 (1) a RB/KT 94 i.V. mit Ziff. 1 des Tarifs TN kann nicht dahin ausgelegt werden, daû eine Kündigung ohne weiteres die Erwerbstätigkeit des Versicherten beendet und damit den Wegfall seiner Versicherungsfähigkeit herbeiführt.
1. Für Bedingungsklauseln in der Krankentagegeldversicherung, nach denen eine selbständige Berufs- bzw. Erwerbstätigkeit Voraussetzung der Versicherungsfähigkeit war, hat der Bundesgerichtshof bereits

entschieden, wenn ein Versicherter aus irgendwelchen wirtschaftlichen Erwägungen eine bestimmte gewerbliche Tätigkeit aufgegeben habe, so bedeute dies noch nicht das Ende seiner selbständigen Erwerbstätigkeit im Sinne der Versicherungsbedingungen. In einem solchen Fall muû vielmehr, wenn nicht besondere Umstände auf das Gegenteil hindeuten, davon ausgegangen werden, daû der Versicherte ohne die Erkrankung alsbald wieder auf andere Weise eine selbständige Erwerbstätigkeit ausgeübt hätte und daû er daran nur durch seine Krankheit gehindert worden ist. Das Gegenteil kann nur angenommen werden, wenn der Versicherer konkrete Tatsachen vorträgt und gegebenenfalls beweist, aus denen sich ergibt, daû der Versicherte nicht mehr gewillt war, nach Wiederherstellung seiner Gesundheit eine selbständige Erwerbstätigkeit auf eine andere Weise auszuüben, oder daû ihm dieses nicht möglich gewesen wäre (Urteile vom 19.12.1975 - IV ZR 107/74 - VersR 1976, 431 unter III und vom 9. Juli 1997 - IV ZR 253/96 - VersR 1997, 1133 unter II 2 a; so auch Prölss in Prölss/Martin, VVG 26. Aufl. MB/KT 94 § 15 Rdn. 9 ff.).
2. Für unselbständig Beschäftigte kann nichts anderes gelten. Ebenso wie die Versicherungsfähigkeit eines Selbständigen nicht allein durch die Aufgabe seiner bisherigen Tätigkeit erlischt, endet bei einem Arbeitnehmer die Versicherungsfähigkeit nicht schon durch die Kündigung seines Arbeitsverhältnisses, sei sie nun vom Arbeitgeber oder vom Versicherungsnehmer ausgesprochen worden, sondern erst in dem Zeitpunkt , in dem der Versicherungsnehmer auch bei einer Gesundung von einer neuen Tätigkeit Abstand genommen hätte oder seine Bemühungen um die Aufnahme einer solchen Tätigkeit gescheitert wären.

3. Auf die vom Berufungsgericht schwerpunktmäûig behandelten Rechtsfragen, ob eine krankheitsbedingte Kündigung des Arbeitgebers die Erwerbstätigkeit des Versicherten und damit das Versicherungsverhältnis nicht beendet (so OLG Hamm VersR 1985, 1131; OLG Hamburg VersR 1990, 36; OLG Hamm VersR 1992, 225) und ob gegebenenfalls das Gleiche gilt, wenn der Versicherte einer solchen Kündigung durch Eigenkündigung zuvorkommt, kam es nach alledem nicht an. Der Grundsatz , daû eine Kündigung nicht ohne weiteres die Erwerbstätigkeit des Versicherten beendet, gilt unabhängig davon, ob es sich um eine Kündigung des Arbeitgebers oder um eine Eigenkündigung des Versicherten handelt.
III. Da die Überlegungen des Berufungsgerichts die Abweisung der Klage nicht zu tragen vermögen, war das Berufungsurteil aufzuheben. Der Senat konnte in der Sache selbst entscheiden, weil die Sache aufgrund des festgestellten Sachverhalts zur Endentscheidung reif war (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO a.F.; BGHZ 122, 308, 316). Es ist nämlich unstreitig , daû die oben genannten zusätzlichen Voraussetzungen, unter denen eine Kündigung im Einzelfall die Beendigung des Versicherungsverhältnisses herbeiführt, beim Kläger nicht vorliegen. Dieser hat in der Klageschrift den zutreffenden Rechtsstandpunkt eingenommen, daû seine Kündigung seine Erwerbstätigkeit nicht beendet habe, und hierzu vorgetragen, daû er den dringenden Wunsch nach Genesung und Wiedereinstieg in das Arbeitsleben hege, arbeitswillig sei und auf dem Arbeitsmarkt nur aufgrund seiner krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit derzeit nicht zur Verfügung stehe. Nach seinem Vortrag fehlt dem Kläger

demnach weder der Arbeitswille, noch gibt es für seine Aufnahme einer neuen Arbeit ein anderes Hindernis als seine Krankheit. Diesen Vortrag des Klägers hat die Beklagte in Kenntnis der Rechtsauffassung des Klägers und seiner Anträge auf Berufsunfähigkeitsrenten nicht bestritten, so daû er als zugestanden anzusehen ist (§ 138 Abs. 3 ZPO).
Der Klage war somit den Klageanträgen entsprechend stattzugeben. Da die Versicherungsfähigkeit des Klägers nicht beendet ist, besteht seine Krankentagegeldversicherung unverändert fort und muû die Beklagte ihm auch das rückständige Tagegeld nachzahlen. Dessen Höhe ist unstreitig. Die Zinsansprüche des Klägers sind nach §§ 284 Abs. 1 Satz 2, 288 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. begründet. Die Klage ist der Beklagten am 23. März 2000, die Klageerweiterung ist ihr am 12. Januar 2001 zugestellt worden.
Seiffert Dr. Schlichting Ambrosius
Wendt Felsch

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 200/03 Verkündet am:
22. September 2004
Heinekamp
Justizobersekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat dur ch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Seiffert und Wendt, die Richterin
Dr. Kessal-Wulf und den Richter Felsch auf die mündliche Verhandlung
vom 22. September 2004

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 15. Juli 2003 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an den 25. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger ist Versicherungsnehmer einer bei der B eklagten gehaltenen Lebensversicherung mit Berufsunfähigkeitszusatzversicherung. Versicherte Person ist seine Ehefrau. Die Parteien streiten darum, ob der Kläger von der Beklagten die vertraglich für den Fall einer Berufsunfähigkeit von mindestens 50% zugesagten Versicherungsleistungen (Berufsunfähigkeitsrente von jährlich 12.082 DM/6.174,43 € ab dem 1. Au-

gust 1996 und Beitragsfreistellung in der Lebensversicherung) beanspruchen kann.
Nach der Behauptung des Klägers leidet seine Ehefr au an Bronchialasthma und einer Allergie gegen Latex. Weil sie in ihrem zuletzt ausgeübten Beruf als Krankenschwester regelmäßig mit Latex in Kontakt gekommen sei (insbesondere durch das Tragen von Latex-Handschuhen ), habe sie bei der Arbeit unter ständigen Atembeschwerden gelitten und sei seit dem 15. Dezember 1995 zu jedenfalls 50% berufsunfähig.
Die Beklagte, die das bestreitet, hat den Rücktrit t vom Zusatzversicherungsvertrag erklärt und ihre auf den Vertragsschluß gerichteten Willenserklärungen wegen arglistiger Täuschung angefochten, weil der Kläger beim Vertragsschluß arglistig Vorerkrankungen seiner Ehefrau verschwiegen habe.
Das Landgericht hat die Anfechtung für wirksam era chtet und die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht zwar festgestellt, der Berufsunfähigkeitszusatzversicherungsvertrag sei weder durch die Anfechtung noch durch den Rücktritt der Beklagten aufgelöst worden, im übrigen hat es die Klagabweisung aber bestätigt. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I. Das Berufungsgericht nimmt an, der Kläger habe den Eintritt einer Berufsunfähigkeit seiner Ehefrau von mindestens 50% nicht bewiesen. Dabei sei es nicht entscheidungserheblich, ob die Ehefrau des Klägers an einer spezifischen Latex-Allergie oder aber an einer unspezifischen Hyperreagibilität leide, wie sie der gerichtlich bestellte Sachverständige Prof. Dr. Dr. K. angenommen habe. Denn obwohl der Sachverständige davon ausgegangen sei, daß eine durch unterschiedlichste Stoffe (unspezifisch) ausgelöste Atemwegsverengung für den Betroffenen zu einem sogar ungünstigeren Beschwerdebild führe und schwerer beherrschbar sei als eine allein durch den Stoff Latex ausgelöste (spezifische ) Hyperreagibilität, sei er zu dem Ergebnis gelangt, die von ihm diagnostizierte Lungenerkrankung schränke die Fähigkeit der Ehefrau des Klägers, als Krankenschwester zu arbeiten, um höchstens 30% ein. Der Sachverständige, an dessen Sachkompetenz nicht zu zweifeln sei, habe diese Einschätzung in seiner mündlichen Anhörung ergänzend damit begründet, daß es möglich sei, im Krankenhaus in einem Bereich mit weniger Reizstoffen zu arbeiten, etwa als Stationsschwester. Seine Feststellung zum Grad der Berufsunfähigkeit stehe im Einklang mit vom Kläger vorgelegten Äußerungen des Gutachters Prof. Dr. B. , der eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 20% angenommen habe.

Im übrigen habe der Kläger nicht ausreichend zu de r Frage vorgetragen , ob seine Ehefrau aufgrund ihrer Kenntnisse und Fähigkeiten nicht wenigstens zu 50% in der Lage sei, eine andere Tätigkeit auszuüben , die ihrer bisherigen Lebensstellung entspreche. Ihr Bemühen um eine Beschäftigung auf anderen Gebieten zeige, daß sie sich eine andere Tätigkeit zutraue.
II. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
1. Die vom Berufungsgericht als letztlich allein e ntscheidend angesehene Annahme des Sachverständigen Prof. Dr. Dr. K. , die Ehefrau des Klägers sei zu höchstens 30% in ihrer Fähigkeit eingeschränkt, als Krankenschwester zu arbeiten, beruht nicht auf einer tragfähigen Tatsachengrundlage.

a) Nach der Rechtsprechung des Senats (BGHZ 119, 2 63, 266; Urteil vom 29. November 1995 - IV ZR 233/94 - NJW-RR 1996, 345 unter 2 a) kommt es bei der Beurteilung, ob der Versicherte bedingungsgemäß berufsunfähig geworden ist, zunächst darauf an, wie sich seine gesundheitlichen Beeinträchtigungen in seiner konkreten Berufsausübung auswirken. Deshalb muß bekannt sein, wie das Arbeitsfeld des Versicherten tatsächlich beschaffen ist und welche Anforderungen es an ihn stellt. Insoweit ist es Sache desjenigen, der den Eintritt von Berufsunfähigkeit geltend machen will, hierzu substantiiert vorzutragen und im Falle des Bestreitens Beweis für sein Vorbringen anzutreten. Als Sachvortrag genügt dazu nicht die Angabe des Berufstyps und der Arbeitszeit, vielmehr muß eine ganz konkrete Arbeitsbeschreibung verlangt werden, mit der

die anfallenden Tätigkeiten ihrer Art, ihres Umfangs wie ihrer Häufigkeit nach für einen Außenstehenden nachvollziehbar werden.
Sache des Gerichts ist es dann zu entscheiden, ob zunächst eine Beweisaufnahme zu dem vorgetragenen Beruf in seiner konkreten Ausgestaltung geboten ist, deren Ergebnis einem anschließend einzuschaltenden Sachverständigen vorzugeben ist - sei es in alternativer Form, sei es aufgrund von Feststellungen, die das Gericht bereits zu treffen vermag. Jedenfalls muß der Sachverständige wissen, welchen - für ihn unverrückbaren - Sachverhalt er zugrunde zu legen hat. Erst dann erscheint es unbedenklich, ihn auch zu Frage und Ausmaß einer gesundheitsbedingten Einschränkung der Fähigkeit des Versicherten, den vorgegebenen Anforderungen gerecht zu werden, Stellung nehmen zu lassen (BGHZ aaO).

b) Das Berufungsgericht hat hier vor der Beauftrag ung des gerichtlich bestellten Sachverständigen keine Feststellungen dazu getroffen oder Vorgaben dazu gemacht, wie sich die berufliche Tätigkeit der Ehefrau des Klägers zuletzt konkret gestaltete und welchen Anforderungen sie im einzelnen unterlag. Insoweit bleibt offen, an welchen tatsächlichen Vorgaben sich die Einschätzung des Sachverständigen orientiert hat, die Versicherte sei in ihrer Berufsausübung zu maximal 30% beeinträchtigt. Das Berufungsgericht hätte aufgrund der Behauptungen des Klägers insbesondere Feststellungen treffen und dem Sachverständigen Vorgaben dazu machen müssen, mit welcher Häufigkeit die Ehefrau des Klägers im Rahmen der zuletzt ausgeübten Tätigkeit notwendigerweise mit dem Stoff Latex in Berührung kommen mußte. Erst danach hätte weiter geprüft werden können, ob die vom Kläger behauptete spezifische Latex-

Allergie sich angesichts der konkreten Ausgestaltung der beruflichen Tätigkeit der Versicherten entscheidend auf den Grad der Berufsunfähigkeit hätte auswirken können und ob es hier offen bleiben konnte, ob eine solche spezifische Latex-Allergie bei der Ehefrau des Klägers vorliegt.

c) Soweit die Revisionserwiderung im Rahmen der vo n ihr erhobenen Gegenrüge geltend macht, der Kläger sei bislang seiner Vortragslast nur unvollständig nachgekommen und habe insbesondere bisher die Arbeitsabläufe im zuletzt von seiner Ehefrau ausgeübten Beruf nicht ausreichend beschrieben (vgl. dazu BGH, Urteil vom 12. Juni 1996 - IV ZR 118/95 - VersR 1996, 1090 unter II 2 a; Urteil vom 29. November 1995 aaO unter 2 a), kann der Senat die Klage nicht abweisen. Da das Berufungsgericht den Vortrag des Klägers für ausreichend erachtet und demgemäß auf dessen Unvollständigkeit auch nicht hingewiesen, sondern stattdessen Beweis erhoben hat, ist dem Kläger nunmehr Gelegenheit zur Ergänzung seines Vorbringens zu geben (vgl. dazu BGHZ 119, 263, 267; BGH, Urteile vom 29. November 1995 aaO unter 3 und vom 12. Juni 1996 aaO unter II 2 d). Schon deshalb bedarf die Sache neuer Verhandlung.
2. Die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts zur F rage des Grades der Berufsunfähigkeit ist auch aus weiteren Gründen rechtsfehlerhaft.

a) Das Berufungsgericht meint, das Ergebnis des Gu tachtens des gerichtlich bestellten Sachverständigen Prof. Dr. Dr. K. finde seine Bestätigung darin, daß die vom Kläger vorgelegten Privatgutachten des Sachverständigen Prof.Dr. B. sogar nur zur Annahme einer Min-

derung der Erwerbsfähigkeit von 20% gelangten. Es hat dabei nicht bedacht , daß es sich bei der hier maßgeblichen Berufsunfähigkeit im privatversicherungsrechtlichen Sinn um einen eigenständigen Rechtsbegriff handelt, der nicht mit der Berufsunfähigkeit oder gar der Erwerbsunfähigkeit im Sinne des gesetzlichen Rentenversicherungsrechts gleichgesetzt werden kann (vgl. dazu BGH, Urteil vom 12. Juni 1996 - IV ZR 116/95 - VersR 1996, 959 unter II 1 und 2 a).

b) Zu Recht beanstandet die Revision im übrigen, d aß das Berufungsurteil sich unzureichend mit weiteren ärztlichen Stellungnahmen auseinandersetzt, die dem Ergebnis des gerichtlich bestellten Sachverständigen zur Einschätzung des Grades der Berufsunfähigkeit widersprechen. Es verletzt damit jedenfalls das dem Tatrichter bei Erhebung des Sachverständigenbeweises eingeräumte Ermessen und den Grundsatz freier tatrichterlicher Beweiswürdigung (§§ 412, 286 ZPO). Daneben lässt das Berufungsurteil besorgen, der Tatrichter habe auch den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör verletzt.
aa) Legt eine Partei ein privat eingeholtes medizi nisches Gutachten vor, das im Gegensatz zu den Erkenntnissen des gerichtlich bestellten Sachverständigen steht, so ist vom Tatrichter besondere Sorgfalt gefordert (vgl. BGH, Urteile vom 15. Juni 1994 - IV ZR 126/93 - VersR 1994, 1054 unter 1; vom 11. Mai 1993 - VI ZR 243/92 - VersR 1993, 899 unter II 2 a, vom 19. Mai 1981 - VI ZR 220/79 - VersR 1981, 752 unter II 1 und vom 10. Dezember 1991 - VI ZR 234/90 - VersR 1992, 722 unter 2). Er darf in diesem Fall - wie auch im Fall sich widersprechender Gutachten zweier gerichtlich bestellter Sachverständiger - den Streit der Sachverständigen nicht dadurch entscheiden, daß er ohne einleuchtende

und logisch nachvollziehbare Begründung einem von ihnen den Vorzug gibt (BGH, Urteile vom 11. Mai 1993 aaO und vom 23. September 1986 - VI ZR 261/85 - VersR 1987, 179 unter II 2 a; vgl. auch BGH, Urteil vom 9. Juni 1992 - VI ZR 222/91 - VersR 1992, 1015 unter II 2 c).
bb) Der Kläger hat im vorliegenden Rechtsstreit me hrere ärztliche Stellungnahmen vorgelegt, mit denen sich das Berufungsurteil nach den vorgenannten Maßstäben nicht ausreichend auseinandersetzt. So hatte der Arzt für Lungen- und Bronchialheilkunde Dr. L. der Ehefrau des Klägers am 5. Juni 1998 bescheinigt, sie könne als Krankenschwester in einer neurologischen Station nur noch "2 Stunden bis unterhalbschichtig" arbeiten. Der Internist Dr. C. hatte am 21. Januar 2001 berichtet, die Patientin leide trotz intensiver medikamentöser Therapieversuche unter erheblichen rezidivierenden obstruktiven Beschwerden, welche eine systematische Corticoid-Therapie unumgänglich machten. Der Direktor der Medizinischen Hochschule H. , Prof. Dr. F. hatte , am 14. Februar 2001 im Rahmen einer kurzen gutachtlichen Stellungnahme ausgeführt, es lasse sich trotz maximaler Asthma-Therapie weiterhin eine deutliche Einschränkung der Lungenfunktion nachweisen. Aufgrund dessen und wegen der Vorgeschichte halte er die Ehefrau des Klägers für erwerbsunfähig in ihrem Beruf und in einem vergleichbaren Beruf.
Den Widerspruch der genannten ärztlichen Stellungn ahmen zu der Annahme des gerichtlich bestellten Gutachters Prof. Dr. Dr. K. , es liege eine gut therapierbare und nur mittelschwere, geringgradige Ventilationsstörung vor, hat das Berufungsgericht nicht ansatzweise aufgelöst. Das Berufungsurteil läßt nicht einmal erkennen, ob und inwieweit das

Berufungsgericht den betreffenden Klägervortrag überhaupt zur Kenntnis genommen und in seine Erwägungen einbezogen hat.
3. Für die neue Verhandlung weist der Senat darauf hin, daß die Auffassung des Berufungsgerichts, der Kläger allein trage die Darlegungslast dafür, daß seine Ehefrau auch nicht in einem der früheren beruflichen Tätigkeit vergleichbaren Beruf arbeiten könne, so nicht richtig ist.
Zwar trifft den Versicherungsnehmer grundsätzlich mit der Beweislast für den Eintritt von Berufsunfähigkeit auch die Beweislast dafür, daß keine andere Erwerbstätigkeit in einem die Berufsunfähigkeit ausschließenden Umfange ausgeübt werden kann. Diesen Negativbeweis kann der Versicherungsnehmer im Regelfall aber nur dann ordnungsgemäß antreten, wenn der Versicherer den von ihm beanspruchten Vergleichsberuf bezüglich der ihn prägenden Merkmale näher konkretisiert (Senatsurteile vom 29. Juni 1994 - IV ZR 120/93 - VersR 1994, 1095 unter 2 b und vom 12. Januar 2000 - IV ZR 85/99 - VersR 2000, 349 unter 3 a). Denn nur dann kann der Versicherungsnehmer das Bestreiten von Berufsunfähigkeit mit substantiierten Beweisangeboten bekämpfen. Der Umfang der Darlegungslast des Versicherers zu den prägenden Merkmalen des Vergleichsberufs hängt dabei jeweils davon ab, was der Versicherer beim Versicherungsnehmer insoweit an Kenntnissen voraussetzen darf.
Wenn der Versicherungsnehmer eine vom Versicherer als Vergleichsberuf in Anspruch genommene Tätigkeit schon tatsächlich ausübt, hat er - und nicht der Versicherer - Kenntnis davon, welche Anforderun-

gen diese im einzelnen an ihn stellt. Dann genügt es nicht mehr, wenn der Versicherungsnehmer die Vergleichbarkeit der anderen Tätigkeit nur summarisch bestreitet, vielmehr muß er in einem solchen Fall von Anfang an vortragen und erforderlichenfalls beweisen, daß und warum er diese Tätigkeit nicht ausüben kann oder warum sie sonst den bedingungsgemäßen Anforderungen an eine Vergleichstätigkeit nicht genügt (Senatsurteile vom 12. Januar 2000 aaO und vom 30. November 1994 - IV ZR 300/93 - VersR 1995, 159 unter 3). Der vorliegende Fall, in welchem sich die Ehefrau des Klägers unstreitig lediglich erfolglos um andere Beschäftigungen beworben hatte, ist damit jedoch nicht zu vergleichen. Die bloße Bewerbung um andere Tätigkeiten, deren Ausübung sich auch als überobligationsmäßig darstellen könnte, besagt über deren Vergleichbarkeit nichts, noch verschafft sie allein dem Versicherungsnehmer die erforderlichen Kenntnisse über die konkreten Anforderungen der angestrebten Tätigkeiten.
Terno Seiffert Wendt Dr. Kessal-Wulf Felsch