vorgehend
Amtsgericht Potsdam, 29 C 514/99, 08.10.2002
Landgericht Potsdam, 3 S 247/02, 20.01.2005

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 31/05
Verkündet am:
27. Oktober 2005
F r e i t a g
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Zur Anzahl von Gärten, die für das Bestehen einer Kleingartenanlage
nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 BKleingG erforderlich ist.

b) Ein schmaler und kurzer Stichweg, der eine geringe Zahl von kleingärtnerisch
genutzten Parzellen (hier: sieben) erschließt, ist keine gemeinschaftliche
Einrichtung, die allein geeignet ist, den Gärten den Charakter
einer Kleingartenanlage zu verleihen.
BGH, Urteil vom 27. Oktober 2005 - III ZR 31/05 - LG Potsdam
AG Potsdam
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 6. Oktober 2005 durch den Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter
Dr. Wurm, Streck, Dörr und Dr. Herrmann

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel des Beklagten werden das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam vom 20. Januar 2005 aufgehoben und das Urteil des Amtsgerichts Potsdam vom 8. Oktober 2002 abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits haben die Kläger zu 1 und 4 zu je einem Drittel sowie die Kläger zu 2 und 3 zu je einem Sechstel zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Die Kläger schlossen in den Jahren 1982 und 1985 mit de m Rat der GemeindeE. Verträge über die gärtnerische Nutzung von drei Parzellen. Diese befinden sich mit vier weiteren Gärten auf einem Grundstück, das im Eigentum des Beklagten steht. Diese Flächen sind von weiteren gärtnerisch be- wirtschafteten Parzellen, die nicht dem Beklagten gehören, umgeben. Die von den Klägern genutzten Flächen liegen mit den vier weiteren im Eigentum des Beklagten befindlichen an einem Stichweg, der vom Feldweg "L. " abgeht und an dessen Ende sich in einer Verbreiterung ein PKW-Stellplatz für zwei Fahrzeuge befindet.
2
Die Kläger zahlten dem Beklagten ab 1995 Pachtzins auf der Grundlage der Nutzungsentschädigungsverordnung unter dem Vorbehalt der Rückforderung. Sie sind der Auffassung, die Pachtverhältnisse unterlägen dem Bundeskleingartengesetz. Sie verlangen deshalb die Feststellung der Kleingarteneigenschaft der von ihnen genutzten Parzellen und die Rückzahlung der Differenz zwischen dem unter Anwendung des Bundeskleingartengesetzes geschuldeten Pachtzins und den tatsächlich entrichteten Beträgen.
3
Die Klage war in den Vorinstanzen erfolgreich. Mit sei ner von dem Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe


4
Die zulässige Revision ist begründet.

I.


5
Das Berufungsgericht hat im Wesentlichen ausgeführt: Auf grund der von ihm durchgeführten Beweisaufnahme stehe fest, dass es sich bei den von den Klägern genutzten Parzellen im Rechtssinn um Kleingärten handele. Die Flächen seien am 3. Oktober 1990 überwiegend kleingärtnerisch genutzt worden. Sie befänden sich auch in einer Anlage gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 2 BKleingG. Als Kleingartenanlage nach dieser Bestimmung sehe die Kammer jedoch nur die auf dem Grundstück des Beklagten befindlichen sieben Parzellen an. Diese wiesen nach ihrem Gesamteindruck den Charakter einer Kleingartenanlage auf. Die gemeinsame Erschließung durch einen Stichweg nebst dem am Ende dieses Weges vorhandenen überdachten PKW-Stellplatz vermittelten den Eindruck der Zusammengehörigkeit. Als gemeinschaftliche Anlage sei der Weg vorhanden. Eine die Einzelgärten zusammenfassende Einfriedung gebe es zwar nicht. Jedoch gingen die einzelnen Zäune im Außenbereich in einander über, so dass zumindest optisch der Eindruck einer gemeinsamen Einfriedung der auf dem Grundstück des Beklagten gelegenen Gartenparzellen entstehe.

II.


6
Dies hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
7
Der Rückzahlungsanspruch gegen den Beklagten (§ 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt. BGB), der in die mit dem Rat der Gemeinde E. begründeten Pachtverhältnisse eingetreten ist, setzt voraus, dass es sich bei den von den Klägern genutzten Parzellen um Kleingärten im Sinne des § 1 Abs. 1 BKleingG handelt. Gleiches gilt für das Feststellungsbegehren.
8
1. Zutreffend ist der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, wonach die Parzellen der Kläger nur dann als Kleingärten einzuordnen sind, wenn sie am 3. Oktober 1990 Bestandteil einer Kleingartenanlage waren (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 BKleingG). Bei der Feststellung, ob dies der Fall war, hat das Berufungsgericht der Tatsache, dass die Flächen in den 1982 und 1985 geschlossenen Pachtverträgen nicht ausdrücklich zur kleingärtnerischen Nutzung überlassen wurden , richtigerweise keine Bedeutung beigemessen. Wie der Senat in seinen Urteilen vom 24. Juli 2003 (BGHZ 156, 71, 73 ), vom 6. März 2003 (BGHZ 154, 132, 135) und vom 16. Dezember 1999 (III ZR 89/99 - WM 2000, 779, 782) bereits im einzelnen dargelegt hat, richtet sich die Anwendbarkeit des Bundeskleingartengesetzes unabhängig davon, welchen vertraglichen Bestimmungen das Pachtverhältnis unter Geltung des DDR-Rechts unterworfen war, nach den tatsächlichen Verhältnissen zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Beitritts der DDR zur Bundesrepublik Deutschland am 3. Oktober 1990 (siehe ferner Senatsurteile BGHZ 159, 343, 344 und vom 18. März 2004 - III ZR 180/03 - NZM 2004, 438, 439).
9
2. Die Feststellungen des Berufungsgerichts tragen jedoch seine Annahme nicht, die von den Klägern genutzten Parzellen gehörten zu einer Kleingartenanlage.
10
a) Das Berufungsgericht hat festgestellt, lediglich die auf dem Grundstück des Beklagten belegenen sieben Pachtflächen seien als Kleingartenanlage anzusehen. Das nehmen beide Parteien in der Revisionsinstanz hin, so dass der Senat dies seiner rechtlichen Beurteilung zugrunde zu legen hat.
11
b) Eine Kleingartenanlage setzt voraus, dass mehrere Ein zelgärten mit gemeinschaftlichen Einrichtungen zusammengefasst sind (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 BKleingG).
12
aa) Wie viele einzelne Kleingärten vorhanden sein müssen , um eine Anlage bilden zu können, ist im Gesetz nicht geregelt. Der Gesetzgeber hat auf die Bestimmung der Größe der Kleingartenanlage bewusst verzichtet und dies der Planung vor Ort überlassen, um die notwendige Flexibilität und die Anpassung an die örtlichen Verhältnisse zu gewährleisten (Begründung der Bundesregierung zum Entwurf des Bundeskleingartengesetzes BT-Drs. 9/1900, S. 13). Als optimale Größe von Kleingartenanlagen werden 50 bis 150 Parzellen angenommen (Mainczyk, Bundeskleingartengesetz, 8. Aufl., § 1 Rn. 10 m.w.N.), ohne dass mindestens 50 Gärten für das Vorliegen einer Anlage im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 2 BKleingG gefordert werden können. In der Literatur werden hierfür wenigstens fünf Pachtparzellen für erforderlich gehalten (Otte in Ernst/Zinkahn/ Bielenberg, BauGB, Teil H, § 1 BKleingG Rn. 10 [Stand: November 1997]; Stang, Bundeskleingartengesetz, 2. Aufl., § 1 Rn. 14). Dem tritt der Senat insofern bei, als dies die absolute Untergrenze darstellt.
13
Wenn nur eine geringe Anzahl von Kleingärten, etwa w eniger als 20, vorliegt, kann es im Einzelfall zu Abgrenzungsschwierigkeiten kommen (Mainczyk aaO). In diesen Fällen gewinnen die übrigen Gesichtspunkte, die zur Feststellung einer Anlage nach § 1 Abs.1 Nr. 2 BKleingG heranzuziehen sind, besondere Bedeutung.
14
bb) Zu diesen Kriterien gehört notwendig das Vorhand ensein von gemeinschaftlichen Einrichtungen.

15
(1) Das Berufungsgericht hat insoweit den Stichweg, der die auf dem Grundstück des Beklagten liegenden Gartenparzellen erschließt, als ausreichend erachtet. Dem ist nicht zu folgen. Zwar sind Wege - in der Regel unverzichtbare (Mainczyk aaO, § 1 Rn. 11; Otte aaO, § 1 BKleingG Rn. 11) - gemeinschaftliche Einrichtungen im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 2 BKleingG, sofern sie sich innerhalb des Areals befinden oder, wenn sie außerhalb der Anlage liegen, es sich um nichtöffentliche Wege handelt, die nur der Erschließung der Einzelgärten dienen (Mainczyk aaO; Stang aaO, § 1 Rn. 16). Ob es genügen kann, wenn in einem Gartengebiet als gemeinschaftliche Einrichtung nur Wege vorhanden sind, um eine Kleingartenanlage anzunehmen (vgl. Mainczyk aaO), braucht im vorliegenden Fall nicht abschließend entschieden zu werden. Dies gilt jedenfalls dann nicht, wenn, wie hier, lediglich eine einzige kurze und schmale Stichgasse vorhanden ist, die allein der Erschließung einer geringen Anzahl von Kleingärten und dem Abstellen von bis zu zwei Fahrzeugen dient.
16
In aller Regel sind Gärten nur nutzbar, wenn sie durch einen Weg erschlossen werden. Dies gilt für alle gärtnerisch bewirtschafteten Flächen gleichermaßen , und zwar unabhängig davon, ob sie dem Bundeskleingartengesetz unterliegen oder nicht. Ein Weg, dessen Funktion sich im Wesentlichen in der Ermöglichung des Zugangs zu einzelnen Parzellen erschöpft, ist daher kein spezifisches Merkmal einer Kleingartenanlage; er allein vermag deshalb nicht, einem Gartenareal den besonderen Charakter einer Kleingartenanlage zu verleihen (anders möglicherweise Beschlussempfehlung und Bericht des Bundestagsausschusses für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau zum Entwurf des Bundeskleingartengesetzes, BT-Drucks. 9/2232 S. 17, der aber wohl ein Wegenetz im Blick hatte).

17
(2) Eine andere gemeinschaftliche Einrichtung, die die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Nr. 2 BKleingG erfüllt, ist nach den insoweit zutreffenden und von der Revisionserwiderung nicht gerügten Feststellungen des Berufungsgericht nicht vorhanden.
18
Eine gemeinsame Wasserversorgung, die eine gemeinschaftli che Einrichtung darstellen kann (Mainczyk aaO, § 1 Rn. 14b und Stang aaO, § 1 Rn. 15; anderer Ansicht: Otte aaO, § 1 BKleingG Rn. 11), besteht nach dem Ergebnis der Inaugenscheinnahme nicht.
19
Die vorhandenen Einfriedungen hat das Berufungsgericht zutreffend nicht als gemeinschaftliche Einrichtung qualifiziert. Dies scheidet aus, weil die Gärten jeweils einzeln eingezäunt sind. Der nach außen vermittelte optische Eindruck einer gemeinsamen Einfriedung ist rechtlich nicht maßgebend, da hiermit allenfalls der Anschein einer gemeinschaftlichen Einrichtung erweckt wird, der überdies lediglich darauf zurückzuführen ist, dass sich jeder einzelne Pächter dazu entschlossen hat, seine eigene Einfriedung auf die seiner Nachbarparzelle abzustimmen.
20
Nicht zu beanstanden ist ferner, dass das Berufungsgericht den PKWStellplatz nicht als gemeinschaftliche Einrichtung angesehen hat. Es handelt sich dabei lediglich um eine geringfügige Verbreiterung des letzten Wegstücks, das, wie das Berufungsgericht - nahe liegend - angenommen hat, nur von den Pächtern der beiden am Ende des Grundstücks des Beklagten liegenden Parzellen als Parkmöglichkeit genutzt wird.
21
Auch die von den Klägern behauptete gemeinsame Elektri zitätsversorgung kann nicht als Einrichtung nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 BKleingG eingeordnet werden. Dies würde voraussetzen, dass die Anlage als solche, nicht aber die jeweiligen Einzelgärten mit Strom versorgt werden. Dies wäre etwa dann der Fall, wenn auf Wegen Anschlüsse hergestellt werden, die keiner Parzelle zugeordnet sind (vgl. Mainczyk aaO, Rn. 14d). Der Sachvortrag der Kläger bietet keinen Anhalt dafür, dass diese Voraussetzung hier erfüllt ist.
Schlick Wurm Streck
Dörr Herrmann

Vorinstanzen:
AG Potsdam, Entscheidung vom 08.10.2002 - 29 C 514/99 -
LG Potsdam, Entscheidung vom 20.01.2005 - 3 S 247/02 -

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 27. Okt. 2005 - III ZR 31/05

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 27. Okt. 2005 - III ZR 31/05

Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Urteil, 27. Okt. 2005 - III ZR 31/05 zitiert 5 §§.

Bundeskleingartengesetz - BKleingG | § 1 Begriffsbestimmungen


(1) Ein Kleingarten ist ein Garten, der 1. dem Nutzer (Kleingärtner) zur nichterwerbsmäßigen gärtnerischen Nutzung, insbesondere zur Gewinnung von Gartenbauerzeugnissen für den Eigenbedarf, und zur Erholung dient (kleingärtnerische Nutzung) und2. in

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bundesgerichtshof Urteil, 27. Okt. 2005 - III ZR 31/05 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Urteil, 27. Okt. 2005 - III ZR 31/05 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 18. März 2004 - III ZR 180/03

bei uns veröffentlicht am 18.03.2004

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL III ZR 180/03 Verkündet am: 18. März 2004 K i e f e r Justizangestellter als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja BKleingG § 1 Abs. 1
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 27. Okt. 2005 - III ZR 31/05.

Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 10. Feb. 2015 - 3 K 25/10

bei uns veröffentlicht am 10.02.2015

Tenor Der Bebauungsplan der Antragsgegnerin Nr. 36 „Ortsmitte Kühlungsborn Ost“ wird für unwirksam erklärt. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Antragsgegnerin kann die

Referenzen

(1) Ein Kleingarten ist ein Garten, der

1.
dem Nutzer (Kleingärtner) zur nichterwerbsmäßigen gärtnerischen Nutzung, insbesondere zur Gewinnung von Gartenbauerzeugnissen für den Eigenbedarf, und zur Erholung dient (kleingärtnerische Nutzung) und
2.
in einer Anlage liegt, in der mehrere Einzelgärten mit gemeinschaftlichen Einrichtungen, zum Beispiel Wegen, Spielflächen und Vereinshäusern, zusammengefaßt sind (Kleingartenanlage).

(2) Kein Kleingarten ist

1.
ein Garten, der zwar die Voraussetzungen des Absatzes 1 erfüllt, aber vom Eigentümer oder einem seiner Haushaltsangehörigen im Sinne des § 18 des Wohnraumförderungsgesetzes genutzt wird (Eigentümergarten);
2.
ein Garten, der einem zur Nutzung einer Wohnung Berechtigten im Zusammenhang mit der Wohnung überlassen ist (Wohnungsgarten);
3.
ein Garten, der einem Arbeitnehmer im Zusammenhang mit dem Arbeitsvertrag überlassen ist (Arbeitnehmergarten);
4.
ein Grundstück, auf dem vertraglich nur bestimmte Gartenbauerzeugnisse angebaut werden dürfen;
5.
ein Grundstück, das vertraglich nur mit einjährigen Pflanzen bestellt werden darf (Grabeland).

(3) Ein Dauerkleingarten ist ein Kleingarten auf einer Fläche, die im Bebauungsplan für Dauerkleingärten festgesetzt ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 180/03
Verkündet am:
18. März 2004
K i e f e r
Justizangestellter
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Der Kleingartencharakter einer Anlage kann auch dann zu verneinen sein,
wenn weniger als die Hälfte der Parzellen mit Eigenheimen oder ihnen
nahekommenden Baulichkeiten bebaut ist (Fortführung des Senatsurteils
vom 24. Juli 2003 - III ZR 203/02 - VIZ 2003, 538, für BGHZ vorgesehen).
BGH, Urteil vom 18. März 2004 - III ZR 180/03 - LG Berlin
AG Pankow/Weißensee
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 18. März 2004 durch den Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter
Streck, Dr. Kapsa, Galke und Dr. Herrmann

für Recht erkannt:
Die Revision des Klägers gegen das Urteil der Zivilkammer 65 des Landgerichts Berlin vom 21. März 2003 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsrechtszuges trägt der Kläger.
Von Rechts wegen

Tatbestand


Der Beklagte schloss mit Wirkung zum 1. November 1950 mit dem Bezirksverband Berlin-.......... des Verbandes der Kleingärtner, Siedler und Kleintierzüchter (VKSK) einen Unterpachtvertrag über eine Grundstücksparzelle der Anlage "E. " im früheren Ostteil Berlins. Nach dem Vertrag sollte die Parzelle zur kleingärtnerischen Nutzung überlassen werden.
Das Pachtgelände steht im Eigentum des klagenden Landes, das anstelle des VKSK auf Verpächterseite in den Vertrag mit dem Beklagten eingetreten ist.
Die Parzelle ist mit einem für Wohnzwecke geeigneten und genutzten Haus bebaut. Der Beklagte hat auf die Parzelle Ansprüche nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz gegen den Kläger erhoben. Die Forderung hat dieser 1996 anerkannt, jedoch zumindest bis einschließlich 1998 nicht erfüllt.
Der Kläger verlangt von dem Beklagten die Zahlung von sog. Wohnlaubenentgelt nach dem Bundeskleingartengesetz für die Jahre 1996 bis 1998.
Die Klage ist in erster und zweiter Instanz erfolglos geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Zahlungsanspruch weiter.

Entscheidungsgründe


Die zulässige Revision hat in der Sache keinen Erfolg.

I.


Nach Auffassung des Berufungsgerichts hat der Kläger keinen Anspruch auf Zahlung von Wohnlaubenentgelt gemäß § 20a Nr. 8 BKleingG, da es sich bei der Anlage "E. " am 3. Oktober 1990 nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme nicht um eine Kleingartenanlage gehandelt habe, so daß das Bundeskleingartengesetz unanwendbar sei.
Dies hält den Angriffen der Revision stand.

1. Zutreffend ist der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, wonach die Anlage "E. " nur dann als Kleingartenanlage und die darin belegene Parzelle des Beklagten als Kleingarten zu behandeln sind, wenn am 3. Oktober 1990 in der Gesamtanlage die kleingärtnerische Nutzung vorherrschend war.

a) Bei der Feststellung, ob dies der Fall war, hat das Berufungsgericht der Tatsache, daß nach dem 1950 geschlossenen Pachtvertrag die Parzelle zur kleingärtnerischen Nutzung überlassen wurde, richtigerweise keine entscheidende Bedeutung beigemessen. Wie der Senat in seinen Urteilen vom 24. Juli 2003 (III ZR 203/02 - VIZ 2003, 538 f, für BGHZ vorgesehen), vom 6. März 2003 (BGHZ 154, 132, 135) und vom 16. Dezember 1999 (III ZR 89/99 - WM 2000, 779, 782) bereits im einzelnen dargelegt hat, richtet sich die Anwendbarkeit des Bundeskleingartengesetzes unabhängig davon, welchen vertraglichen Bestimmungen das Pachtverhältnis unter Geltung des DDR-Rechts unterworfen war, nach der tatsächlich ausgeübten Nutzung zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Beitritts der DDR zur Bundesrepublik Deutschland am 3. Oktober 1990. Dies hat das Berufungsgericht erkannt. Zwar enthält das Berufungsurteil die mißverständliche Wendung, der Art der Nutzung im Oktober 1990, die sich heute ohnehin nicht mehr sicher feststellen lasse, komme keine durchgreifende Bedeutung mehr zu. Aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsausführungen und der Würdigung des Ergebnisses der Beweisaufnahme ergibt sich jedoch hinreichend deutlich, daß das Berufungsgericht bei der Rechtsanwendung zutreffend auf die tatsächlichen Verhältnisse am 3. Oktober 1990 abgestellt hat.

b) In Fällen, in denen, wie hier, der Pächter zu DDR-Zeiten sein Nut- zungsrecht nicht unmittelbar vom Eigentümer oder Rechtsträger des Grundstücks , sondern von einem Hauptnutzer - also zumeist, wie im vorliegenden Fall, von einem VKSK-Kreisverband - ableitete, ist auf den Charakter der gesamten Anlage und nicht auf den der einzelnen Parzellen abzustellen (Senatsurteile vom 24. Juli 2003, aaO, S. 539 und vom 16. Dezember 1999, aaO, S. 782 f). Dies gilt auch in Fällen, in denen - wie im hier zu beurteilenden Rechtsstreit - die pachtvertraglichen Beziehungen infolge des Wegfalls des VKSK-Kreisverbandes nur (noch) unmittelbar zwischen dem Kläger als Grundstückseigentümer und den einzelnen Nutzern bestehen (Senat, Urteil vom 24. Juli 2003, aaO).
2. Das Bundeskleingartengesetz ist nicht schon deshalb unanwendbar, weil die vom Beklagten genutzte Parzelle mit einem Gebäude, das Wohnzwekken dient, bebaut ist.

a) Wie der Senat mit Urteil vom 13. Februar 2003 (III ZR 176/02 - VIZ 2003, 391) entschieden hat, handelt es sich bei einer Parzelle wie der vom Beklagten genutzten nicht um einen Wohnungsgarten im Sinne von § 1 Abs. 2 Nr. 2 BKleingG, auf den die Bestimmungen dieses Gesetzes keine Anwendung finden.

b) Dem Berufungsgericht ist weiter darin beizupflichten, daß Ansprüche aus § 20a Nr. 8 BKleingG auch nicht deshalb ausgeschlossen sind, weil die von dem Beklagten genutzte Parzelle in den Anwendungsbereich des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes fällt (grundlegend Senatsurteil BGHZ 139, 235, 239 f). Dabei hat der Nutzer, der zum Zwecke der Bereinigung der an dem be-
treffenden Grundstück bestehenden Rechtsverhältnisse berechtigte Ansprüche auf Bestellung von Erbbaurechten oder auf Ankauf geltend macht (§ 3 Abs. 1 SachenRBerG), bis zur Durchsetzung dieser Ansprüche das Wohnlaubenentgelt nach § 20a Nr. 8 BKleingG in voller Höhe zu entrichten (Senatsurteil vom 13. Februar 2003, aaO, S. 393), sofern die Voraussetzungen dieser Anspruchsgrundlage erfüllt sind. Der Beklagte hat zwar - von dem Kläger anerkannte - Ansprüche nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz erhoben. Diese waren jedoch im Zeitraum, für den der Kläger das sog. Wohnlaubenentgelt verlangt, nicht erfüllt.
3. Das Berufungsgericht hat seine Auffassung, wonach es sich bei dem Grünanlagenkomplex "E. " am 3. Oktober 2003 nicht um eine Kleingartenanlage im Sinne des § 1 Abs. 1 BKleingG gehandelt habe, im wesentlichen damit begründet, daß nach dem Ergebnis der Inaugenscheinnahme des Geländes 29 v.H. der Parzellen mit Wohnhäusern bebaut seien und weitere 8 v.H. der Baulichkeiten zumindest schon deutlich einer Wohnbebauung nahe kämen. Zudem führe quer durch die Anlage eine große Straße, wodurch der Siedlungscharakter , insbesondere durch die an der Straße stehenden Baulichkeiten , verstärkt werde. Dieser Zustand habe, wie sich aus dem Alter der Bebauung ergebe, bereits 1990 vorgelegen.
Damit geht das Berufungsgericht bei seiner Qualifizierung der Anlage "E. " von den zutreffenden rechtlichen Kriterien aus. Der Senat hat bereits in seinem Urteil vom 24. Juli 2003 (aaO, S. 539 f) eingehend dazu Stellung genommen, in welcher Weise die tatsächliche Bebauung von im Beitrittsgebiet belegenen Gartenanlagen für die rechtliche Einordnung als Kleingartenanlage
im Sinne des Bundeskleingartengesetzes von Bedeutung ist (vgl. auch Urteil vom 5. Februar 2004 - III ZR 331/02). Danach gilt folgendes:

a) Nach § 20a Nr. 7 Satz 1 BKleingG können vor dem Beitritt der DDR zur Bundesrepublik Deutschland rechtmäßig errichtete Gartenlauben, deren Grundflächen entgegen § 3 Abs. 2 BKleingG 24 m² überschreiten, oder andere der kleingärtnerischen Nutzung dienende bauliche Anlagen weiterhin unverändert genutzt werden. § 20a Nr. 8 BKleingG bestimmt, daß eine vor dem Wirksamwerden des Beitritts bestehende Befugnis des Kleingärtners, seine Laube dauernd zu Wohnzwecken zu nutzen, fortbesteht, soweit nicht andere Vorschriften der Wohnraumnutzung entgegenstehen.
Diese der Sicherung des Bestandsschutzes dienenden Vorschriften zeigen , daß derartige Bauten in einer Anlage nicht grundsätzlich der Anwendung des Bundeskleingartengesetzes entgegenstehen. Selbst wenn das einzelne Gebäude überwiegend zu Wohnzwecken genutzt wird oder sogar ein von § 5 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 Buchst. e SachenRBerG erfaßtes Eigenheim darstellt, kann das Kleingartenrecht weiterhin maßgeblich bleiben (Senatsurteile vom 24. Juli 2003 aaO, S. 539 f, und vom 13. Februar 2003, aaO, S. 392 m.w.N.).

b) Dies bedeutet jedoch, wie auch das Berufungsgericht zutreffend sieht, nicht, daß für die rechtliche Einordnung einer Anlage die Beschaffenheit und die Art der Nutzung der auf den Parzellen befindlichen Baulichkeiten belanglos sind und nur das Maß der gartentechnischen Nutzung von Bedeutung ist. Vielmehr sind bei der Beurteilung einer Anlage die vorhandenen Baulichkeiten sowie Art und Umfang ihrer Nutzung in den Blick zu nehmen und bei der anzu-
stellenden Gesamtabwägung zu berücksichtigen (Senatsurteil vom 24. Juli 2003, aaO, S. 540).
Ein mit den notwendigen Versorgungseinrichtungen ausgestattetes, Wohnzwecken dienendes Eigenheim nach dem DDR-Recht - mag der Standard auch nicht dem in den alten Bundesländern für Ein- und Zweifamilienhäusern üblichen entsprechen - stellt in einer Kleingartenanlage einen Fremdkörper dar. Das Übergangsrecht gewährt solchen Baulichkeiten unter Berücksichtigung der Rechtswirklichkeit in der früheren DDR Bestandsschutz. Dementsprechend steht auch das Vorhandensein mehrerer solcher Eigenheime der Bewertung eines Gesamtareals als Kleingartenanlage nicht notwendig entgegen. Dies bedeutet aber nicht, daß die § 3 Abs. 2 BKleingG zugrundeliegenden Maßstäbe völlig zurücktreten (Senatsurteil vom 24. Juli 2003, aaO). Beherrschen die dem Charakter einer Kleingartenanlage widersprechenden Eigenheime den Gesamteindruck der Anlage so sehr, daß die ansonsten auf den Parzellen anzutreffende kleingärtnerische Nutzung (Erzeugung von Obst, Gemüse und anderen Früchten) nicht mehr anlageprägend in Erscheinung tritt, besteht keine Anlage im Sinne des Bundeskleingartengesetzes (mehr) (Senatsurteil vom 24. Juli 2003, aaO, vgl. auch BGHZ 139, 235, 240).

c) Die unter diesen Gesichtspunkten erforderliche Würdigung des Gesamtcharakters der Anlage ist in erster Linie Sache des Tatrichters, dessen Beurteilung nur eingeschränkt der revisionsgerichtlichen Nachprüfung unterliegt. Insbesondere ist es dem Revisionsgericht verwehrt, feste Bewertungsmaßstäbe zur Berücksichtigung einzelner Nutzungselemente vorzugeben, anhand deren sich eine gewissermaßen rechnerisch exakte Qualifizierung der Anlage vornehmen läßt. Wie der Senat bereits in seinem Urteil vom 24. Juli 2003
(aaO, S. 540) ausgeführt hat, sind ungeachtet dessen diejenigen Parzellen, die mit zum Dauerwohnen geeigneten, der Sachenrechtsbereinigung unterliegenden Eigenheimen im Sinne des DDR-Rechts bebaut sind, bei der Bewertung der Anlage nicht als kleingärtnerisch genutzte Flächen zu veranschlagen. Dies gilt selbst dann, wenn auf diesen Parzellen noch Obst, Gemüse oder sonstige Früchte gezogen werden. Die Art der Bebauung widerspricht bei derart gemischt verwendeten Flächen in so gravierender Weise einer kleingärtnerischen Nutzung, daß die verbliebene Fruchtziehung vollständig in den Hintergrund tritt. Bei der Beurteilung des Gesamtcharakters der Anlage sind, wie das Berufungsgericht zu Recht annimmt, in gleicher Weise diejenigen Grundstücke zu berücksichtigen, auf denen ein mit allen Versorgungseinrichtungen versehenes und auch im übrigen nach den Maßstäben der DDR die bautechnischen Anforderungen für eine Wohnnutzung erfüllendes Gebäude errichtet ist, das nur deshalb nicht zur Benutzung in der Winterzeit geeignet ist, weil es nicht geheizt werden kann (Senatsurteil vom 24. Juli 2003, aaO; vgl. auch BGH, Urteil vom 30. April 2003 - V ZR 361/02 - VIZ 2003, 445). Grundstücke, die in dieser Weise genutzt werden, widersprechen in fast ebenso gravierender Weise dem Leitbild der kleingärtnerischen Nutzung wie ein Eigenheim, auch wenn sie nur den geringeren Bestandsschutz nach § 20a Nr. 7 BKleingG genießen sollten.
4. Das Berufungsgericht hat die für die Beurteilung der Anlage "E. " erforderlichen tatsächlichen Feststellungen in revisionsgerichtlich nicht zu beanstandender Weise getroffen.

a) Es hat die Anlage besichtigt und wesentliche Teile hiervon näher in Augenschein genommen. Entgegen der Auffassung der Revision ist es rechtsfehlerfrei , daß das Berufungsgericht die Besichtigung nicht auf alle Parzellen
erstreckt hat, um den Charakter einer Gartenanlage festzustellen. Angesichts der Größe der Anlage, die mehr als 750 Parzellen umfaßt, durfte sich das Berufungsgericht auf die Besichtigung eines Teils der Parzellen beschränken, sofern die getroffene Auswahl repräsentativ war. Ob dies der Fall war, hatte in erster Linie der Tatrichter zu beurteilen, dessen Bewertung auch insoweit revisionsgerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar ist. Das Revisionsgericht hat nur nachzuprüfen, ob der Tatrichter die Wertungsgrenzen erkannt, die tatsächlichen Wertungsgrundlagen ausgeschöpft und die Denk- und Erfahrungsgesetze beachtet hat (Zöller/Gummer, ZPO, 24. Aufl., § 546 Rn. 13 f m.w.N.). Es gibt unter Berücksichtigung dieses Maßstabes keinen Anhaltspunkt dafür, daß das Verfahren des Berufungsgerichts bei der Inaugenscheinnahme der Anlage am 31. Januar 2003 rechtsfehlerhaft war. Das Berufungsgericht hat, wie sich aus dem das Sitzungsprotokoll ergänzenden Vermerk und dem dazugehörenden Lageplan ergibt, in allen Teilen der Anlage eine ausreichende Anzahl von Parzellen (294) und der durch sie führenden Wege besichtigt. Die Parteivertreter haben im Ortstermin trotz entsprechender Gelegenheit keine Vorschläge zur Besichtigung weiterer Parzellen unterbreitet. Es besteht deshalb kein Anlaß zu bezweifeln, daß sich das Berufungsgericht einen Überblick über die typische, das Gesamtbild der Anlage prägende Bebauung verschafft hat, der es ermöglichte , den Komplex rechtsfehlerfrei danach zu beurteilen, ob er den Charakter einer Kleingartenanlage trägt.

b) Im Ergebnis nicht zu beanstanden ist auch, daß sich das Berufungsgericht hinsichtlich der Bebauung von 8 v.H. der Parzellen, die es zu Lasten des Kleingartencharakters berücksichtigt hat, darauf beschränkt festzustellen, daß sie sich einer Wohnbebauung zumindest schon deutlich annähert. Im Hinblick auf den Beurteilungsspielraum des Tatsachengerichts ist diese Darstel-
lung im Urteil unter revisionsrechtlichen Gesichtspunkten noch als hinreichend anzusehen.
5. Die Würdigung der bei der Ortsbesichtigung gewonnenen Erkenntnisse läßt revisionsrechtlich bedeutsame Fehler gleichfalls nicht erkennen. Das Berufungsgericht hat den vorhandenen Tatsachenstoff vollständig und widerspruchsfrei gewürdigt und die Grenzen seines Wertungsspielraums nicht überschritten. Es hat seine Beurteilung, die Anlage "E. " sei keine Kleingartenanlage mehr, maßgeblich auf die Feststellung gestützt, daß 29 v.H. der Parzellen mit Wohnhäusern bebaut sind und weitere 8 v.H. mit Gebäuden, die sich einer Wohnbebauung schon deutlich annähern. Es hält sich innerhalb des tatrichterlichen Beurteilungsspielraums, daß das Berufungsgericht hier bei einer Bebauung von 37 v.H. der Parzellen mit Gebäuden, die dem Charakter von Kleingärten widerspricht, davon ausgeht, daß die kleingärtnerische Nutzung nicht mehr anlageprägend in Erscheinung tritt. Der Senat hat in seinem Urteil vom 24. Juli 2003 ausgeführt (aaO, S. 541), daß ein Gesamtkomplex jedenfalls dann nicht mehr als Kleingartenanlage angesehen werden kann, wenn mehr als die Hälfte der Parzellen mit Eigenheimen oder ihnen nahe kommenden Baulichkeiten bebaut ist. Dies schließt nicht aus, den Kleingartencharakter einer Anlage auch dann zu verneinen, wenn diese Art der Bebauung einen geringeren Anteil ausmacht. Dies gilt vor allem dann, wenn, wie es das Berufungsgericht hier festgestellt hat, weitere Umstände hinzutreten. Es hat rechtsfehlerfrei berücksichtigt, daß die Anlage von einer großen Straße durchquert wird, wodurch der Siedlungscharakter, insbesondere auch durch die an der Straße befindliche Bebauung, verstärkt werde. Das Berufungsgericht hat auch die Ballung von Lauben im Nordteil des Komplexes in den Abwägungsprozeß einbezogen und plausibel begründet, weshalb es sie nicht für anlageprägend
hält. Die Vertretbarkeit des Abwägungsergebnisses des Berufungsgerichts wird im Übrigen durch die entsprechende Einschätzung des Abgeordnetenhauses von Berlin (Drucksache 12/2933, S. 14) gestützt, die immerhin der Sphäre des Klägers entstammt.

II.


Das Landgericht hat die Berufung hinsichtlich der erstinstanzlich geprüften Ansprüche aus Art. 233 § 2a Abs. 1 Sätze 4 ff EGBGB zu Unrecht als unzulässig angesehen. Der Kläger hat mit der Äußerung seiner Ansicht, die geltend gemachte Forderung könne auch aus diesen Bestimmungen hergeleitet werden, keinen zusätzlichen Streitgegenstand in den Prozeß einführen wollen, da er einen weiteren Lebenssachverhalt als Klagegrund nicht vorgetragen hat.
Dessen ungeachtet bleiben die Rechtsmittel des Klägers insgesamt ohne Erfolg, da er keine Forderungen aus den genannten Vorschriften herleiten kann. Ansprüche nach den Sätzen 4 bis 7 dieser Vorschrift kommen nur für die Zeit bis zum 31. Dezember 1994 in Betracht. Ansprüche aus Satz 8 setzen ein Bodensonderungs-, ein sachenrechtsbereinigungsrechtliches Vermittlungsoder ein Bodenordnungsverfahren voraus, zu denen hier nichts vorgetragen ist.
Schlick Streck Kapsa Galke Herrmann

(1) Ein Kleingarten ist ein Garten, der

1.
dem Nutzer (Kleingärtner) zur nichterwerbsmäßigen gärtnerischen Nutzung, insbesondere zur Gewinnung von Gartenbauerzeugnissen für den Eigenbedarf, und zur Erholung dient (kleingärtnerische Nutzung) und
2.
in einer Anlage liegt, in der mehrere Einzelgärten mit gemeinschaftlichen Einrichtungen, zum Beispiel Wegen, Spielflächen und Vereinshäusern, zusammengefaßt sind (Kleingartenanlage).

(2) Kein Kleingarten ist

1.
ein Garten, der zwar die Voraussetzungen des Absatzes 1 erfüllt, aber vom Eigentümer oder einem seiner Haushaltsangehörigen im Sinne des § 18 des Wohnraumförderungsgesetzes genutzt wird (Eigentümergarten);
2.
ein Garten, der einem zur Nutzung einer Wohnung Berechtigten im Zusammenhang mit der Wohnung überlassen ist (Wohnungsgarten);
3.
ein Garten, der einem Arbeitnehmer im Zusammenhang mit dem Arbeitsvertrag überlassen ist (Arbeitnehmergarten);
4.
ein Grundstück, auf dem vertraglich nur bestimmte Gartenbauerzeugnisse angebaut werden dürfen;
5.
ein Grundstück, das vertraglich nur mit einjährigen Pflanzen bestellt werden darf (Grabeland).

(3) Ein Dauerkleingarten ist ein Kleingarten auf einer Fläche, die im Bebauungsplan für Dauerkleingärten festgesetzt ist.