Bundesgerichtshof Urteil, 26. Apr. 2001 - III ZR 102/00
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Kläger waren Eigentümer des Hanggrundstücks L. 143 in Sch. Das mit einem Wohnhaus bebaute Grundstück liegt unterhalb der quer zum Hang verlaufenden Straße L. (Kreisstraße 146) im Bereich eines früheren Hohlwegs. Etwa gegenüber mündet von oben in die Kreisstraße ein im Eigentum der Ortsgemeinde stehender geteerter Wirtschaftsweg ein, neben dem im oberen Bereich bis ca. 85 m vor der Einmündung ein offener Graben verläuft. Von dort fließt das im Seitengraben gesammelte Niederschlagswasser unterirdisch durch Rohre und einen weiteren offenen Graben in die Schwalm. An die Verrohrung ist auch die Entwässerung der Straße L. angeschlossen.
Am 13. und 14. Juli 1997 kam es in Sch. zu starken Regenfällen, in deren Folge der Keller im Haus der Kläger überschwemmt wurde. Die Kläger haben den Schaden auf einen Rückstau innerhalb des Rohrnetzes zurückgeführt und behauptet, im Einmündungsbereich des Wirtschaftswegs seien infolge des Überdrucks die Kanaldeckel aus ihren Verankerungen gedrückt worden, so daß das aus den Gullys hochschießende Wasser über die Straße L. auf ihr Grundstück geflossen sei. Wegen ihres auf 78.427,78 DM bezifferten Schadens haben die Kläger die erstbeklagte Gemeinde als Betreiberin der Abwasserkanalisation und den für die Unterhaltung des Grabens unterhalb der Verrohrung verantwortlichen zweitbeklagten Wasserverband gesamtschuldnerisch auf Zahlung in Anspruch genommen. Das Landgericht hat die Klage insgesamt abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat nach Rücknahme der Klage gegen den Wasserverband die gegen die Beklagte zu 1 (künftig: die Beklagte) gerichtete Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt und zur Entscheidung
über die Höhe des Anspruchs den Rechtsstreit an das Landgericht zurückverwiesen. Hiergegen richtet sich die Revision der Beklagten.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils, soweit es zum Nachteil der Beklagten ergangen ist, und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht.
I.
Nach Ansicht des Berufungsgerichts haftet die Gemeinde den Klägern nach § 2 Abs. 1 Satz 1 HPflG. Das gemeindliche Kanalisationsnetz gehöre zu den unter § 2 HPflG fallenden Rohrleitungsanlagen. Der geltend gemachte Schaden sei nach dem unstreitigen Parteivortrag auch durch die Wirkungen des von der Rohrleitung ausgehenden Wassers entstanden. Dem Klagevorbringen über die Ursachen der Überschwemmung sei die Beklagte nämlich bis zur mündlichen Verhandlung vor dem Oberlandesgericht nicht, jedenfalls nicht hinreichend, entgegengetreten. Auf einen Hinweis des Berufungsgerichts, es sehe als unstreitig an, daß das Wasser aus der Kanalisation ausgetreten und von dort in den Keller der Kläger gelangt sei, habe die Beklagte die Darstellung der Kläger zwar im Verhandlungstermin erstmals bestritten. Dieses Vorbringen sei jedoch als verspätet zurückzuweisen. Ebensowenig könne sich die Be-
klagte auf höhere Gewalt im Sinne von § 2 Abs. 3 Nr. 3 HPflG berufen. Sie habe allerdings mehrfach von "der schlimmsten Flut seit 30 Jahren" und einem "Jahrhunderthochwasser" gesprochen. Konkrete Angaben über Niederschlagsmenge und -intensität und die statistische Wiederkehrzeit ließen sich diesem Vortrag jedoch nicht entnehmen. Erst auf einer solchen Grundlage wäre , meint das Berufungsgericht, eine Prüfung möglich, ob ein katastrophenartiges Unwetter hier "höherer Gewalt" gleichgestellt werden könnte.
II.
Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis nicht stand.
1. Zutreffend ist allerdings der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts. Zu den in § 2 Abs. 1 HPflG genannten Rohrleitungsanlagen rechnet der Senat in ständiger Rechtsprechung auch die gemeindliche Abwasserkanalisation (BGHZ 109, 8, 12; 115, 141, 142; jew. m.w.N.). Inhaberin der Anlage war im Streitfall zumindest auch die Beklagte, ungeachtet dessen, daß das Kanalsystem zugleich dem Abfluß des im Seitengraben des Wirtschaftswegs gesammelten Niederschlagswassers und damit möglicherweise eines Gewässers diente, für das das Berufungsgericht eine Verantwortlichkeit der Gemeinde nicht festgestellt hat (vgl. hierzu Senatsurteil vom 27. Januar 1983 - III ZR 70/81 - LM § 839 [Fe] BGB Nr. 74 = DVBl. 1983, 1055 f.). Soweit Regenwasser aus dem Kanalnetz ausgetreten und von dort auf das Grundstück der Kläger geflossen sein sollte, wäre der Schaden ferner auf die Wirkungen der transportierten Flüssigkeit zurückzuführen (s. Senatsurteile BGHZ 109, 8, 12 f.; 115,
141 f.; Urteil vom 14. Juli 1988 - III ZR 225/87 - NJW 1989, 104 f.). Anders läge es dagegen bei Niederschlagswasser, das ungefaßt schon nicht in die Kanalisation gelangt ist (BGHZ 114, 380, 381 ff.; 115, 141, 143; 140, 380, 390). Insoweit käme eine Ersatzpflicht der beklagten Gemeinde allenfalls nach Amtshaftungsgrundsätzen (§ 839 BGB, Art. 34 GG) oder wegen enteignungsgleichen Eingriffs in Betracht (vgl. etwa BGHZ 109, 8, 10; 115, 141,147 f.; 125, 19, 20 f.; 140, 380, 384 ff.).
2. Das Berufungsgericht hat das Vorbringen der Kläger, das Niederschlagswasser sei im Schadensfall fontänenartig aus den Gullys der Kanalisation herausgeschossen und habe anschließend ihr Grundstück überflutet, als bis zur mündlichen Verhandlung vor dem Berufungssenat unstreitig angesehen und das ausdrückliche Bestreiten eines solchen Verlaufs im Verhandlungstermin als verspätet zurückgewiesen. Das rügt die Revision mit Recht als verfahrensfehlerhaft.
a) Dem Berufungsgericht ist schon nicht darin zuzustimmen, daß die Beklagte den Klagevortrag über die Ursachen der Überschwemmung bis dahin unbestritten gelassen hat. Die Beklagte hatte die Behauptung, das Regenwasser sei aus den Kanalöffnungen wieder ausgetreten, zwar nicht ausdrücklich bestritten. Sie hatte ihr jedoch einen abweichenden, mit der Schilderung der Kläger unvereinbaren Sachverhalt entgegengesetzt, demzufolge der Niederschlag als Oberflächenwasser - d.h. entgegen dem Verständnis des Berufungsgerichts ungefaßt - höchstwahrscheinlich vom Hang her über den Wirtschaftsweg zunächst die Kreisstraße und sodann das Grundstück der Kläger überflutet habe. Nach § 138 ZPO genügt es, daß die Absicht, die vom Gegner vorgetragenen Tatsachen bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen
der Partei hervorgeht. Angesichts der beiderseitigen gegensätzlichen Sachdarstellungen kann daran hier kein vernünftiger Zweifel bestehen.
b) Selbst wenn aber etwa verbleibende Unklarheiten, inwieweit die Beklagte den Behauptungen der Kläger über die Schadensursachen entgegentreten wollte, dadurch nicht ausgeräumt gewesen sein sollten, hätte das Berufungsgericht die Klarstellung seitens der Beklagten in der mündlichen Verhandlung nicht als verspätet zurückweisen dürfen. Mit Recht hat das Oberlandesgericht dann einen Aufklärungsbedarf gesehen und deswegen einen richterlichen Hinweis gemäß § 139 ZPO für geboten erachtet. Ein solcher Hinweis erfüllt seinen Zweck jedoch nur dann, wenn der Partei anschließend die Möglichkeit eröffnet wird, ihren Sachvortrag unter Berücksichtigung des Hinweises zu ergänzen (BGHZ 127, 254, 260; 140, 365, 371; BGH, Urteil vom 8. Februar 1999 - II ZR 261/97 - NJW 1999, 2123, 2124). Die Verfahrensweise des Berufungsgerichts , die Präzisierung des Beklagtenvorbringens nunmehr wegen Verspätung unbeachtet zu lassen, verfehlt diesen Zweck und läßt seinen erst in der mündlichen Verhandlung gegebenen Hinweis sinnlos erscheinen; sie verstößt damit zugleich gegen das Verbot von Überraschungsentscheidungen (§ 278 Abs. 3 ZPO).
III.
Für eine Sachentscheidung des Senats fehlt es bislang an verfahrensfehlerfrei getroffenen Feststellungen. Aus diesem Grund ist das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an
das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgendes hin:
1. Sollte sich die Behauptung der Kläger, die auf ihr Grundstück geflossenen Wassermassen entstammten der Kanalisation der Beklagten, ganz oder zu wesentlichen Teilen als richtig erweisen, käme es insoweit auf die im angefochtenen Urteil verneinte Frage an, ob der von der Beklagten behauptete Katastrophenregen zum Ausschluß ihrer Haftung wegen höherer Gewalt im Sinne des § 2 Abs. 3 Nr. 3 HPflG führen kann. Der Senat hat bisher offengelassen, ob sich in derartigen Fällen die Annahme höherer Gewalt schon deshalb verbietet , weil die Schadensfolge nicht einem betriebsfremden "Drittereignis" zuzurechnen , sondern Ausfluß des mit dem Betrieb der Anlage verbundenen besonderen Risikos ist (BGHZ 109, 8, 14 f.; eine Berufung auf höhere Gewalt lassen dagegen bei katastrophenartigen Unwettern zu: OLG Düsseldorf ZMR 1994, 326, 328; OLG München OLG-Report 2000, 62; OLG Zweibrücken BADK-Inf. 1991, 53, 54; Filthaut, HPflG, 5. Aufl., § 2 Rn. 74; verneinend für Regenfälle mit einer Wiederkehrzeit von zehn Jahren OLG Karlsruhe NVwZRR 2001, 147, 148; die hiergegen eingelegte Revision hat der Senat mit Beschluß vom 19. Oktober 2000 - III ZR 322/99 - nicht angenommen). Beim gegenwärtigen Verfahrensstand ist dies auch hier nicht zu entscheiden. Voraussetzung wäre jedenfalls ein ganz ungewöhnlicher und seltener Starkregen (Katastrophenregen), auf den die Beklagte ihre Kanalisation auch unter dem Gesichtspunkt der durch den k onzentrierten Transport von Wasser erhöhten Gefährdung Dritter wirtschaftlich zumutbar nicht auslegen mußte und konnte (vgl. BGHZ 109, 8, 15).
Das Berufungsgericht wird unter Berücksichtigung dieser Mindestanforderungen gegebenenfalls erneut zu prüfen haben, ob der Hinweis der Beklagten auf einen Katastrophenregen insoweit erheblich ist. Mangelnde Substantiierung wird es deren Vorbringen dabei allerdings nicht entgegenhalten können, wie die Revision ebenfalls mit Recht rügt. Ein Parteivorbringen ist grundsätzlich schon dann schlüssig (oder - als Einwendung - erheblich), wenn die behauptete Tatsache das gesetzliche Tatbestandsmerkmal ausfüllt; zur Darstellung weiterer Einzelheiten ist die Partei grundsätzlich nicht verpflichtet, insbesondere dann nicht, wenn ihr dies mangels eigener Kenntnisse nicht möglich ist (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteile vom 25. November 1998 - VIII ZR 345/97 - NJW-RR 1999, 360; vom 11. September 2000 - II ZR 34/99 - NJW 2001, 144, 145 m.w.N.). Da die Beklagte in bezug auf Regenmenge und -intensität über keine erkennbar erhöhte Sachkunde verfügt, kann von ihr der vom Berufungsgericht geforderte Vortrag konkreter Meßergebnisse für das fragliche Gebiet oder die exakte Darlegung der statistischen Wiederkehrzeit nicht verlangt werden.
2. Stellt sich demgegenüber heraus, daß das Kanalnetz der Beklagten das wild abfließende Oberflächenwasser zumindest in wesentlichen Teilen schon nicht aufgenommen hat und diese Wassermassen sodann auf das Grundstück der Kläger gelangt sind, wird das Berufungsgericht den Behauptungen der Kläger nachzugehen haben, die gemeindliche Abwasserkanalisation sei unterdimensioniert und sei zudem jahrelang nicht gereinigt worden.
3. Haftet die Beklagte hiernach nur für einen Teil der schadensursächlichen Wassermengen, insbesondere nur für das aus der Kanalisation ausgetretene Wasser, sofern auch nicht gefaßtes Oberflächenwasser in erheblichem
Umfang auf das Grundstück geflossen ist und bei der Entstehung des Schadens mitgewirkt hat, wird das Berufungsgericht - gegebenenfalls mit sachverständiger Hilfe - den darauf entfallenden Haftungsanteil gemäß § 287 ZPO zu schätzen haben.
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(1) Wird durch die Wirkungen von Elektrizität, Gasen, Dämpfen oder Flüssigkeiten, die von einer Stromleitungs- oder Rohrleitungsanlage oder einer Anlage zur Abgabe der bezeichneten Energien oder Stoffe ausgehen, ein Mensch getötet, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Inhaber der Anlage verpflichtet, den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Das gleiche gilt, wenn der Schaden, ohne auf den Wirkungen der Elektrizität, der Gase, Dämpfe oder Flüssigkeiten zu beruhen, auf das Vorhandensein einer solchen Anlage zurückzuführen ist, es sei denn, daß sich diese zur Zeit der Schadensverursachung in ordnungsmäßigem Zustand befand. Ordnungsmäßig ist eine Anlage, solange sie den anerkannten Regeln der Technik entspricht und unversehrt ist.
(2) Absatz 1 gilt nicht für Anlagen, die lediglich der Übertragung von Zeichen oder Lauten dienen.
(3) Die Ersatzpflicht nach Absatz 1 ist ausgeschlossen,
- 1.
wenn der Schaden innerhalb eines Gebäudes entstanden und auf eine darin befindliche Anlage (Absatz 1) zurückzuführen oder wenn er innerhalb eines im Besitz des Inhabers der Anlage stehenden befriedeten Grundstücks entstanden ist; - 2.
wenn ein Energieverbrauchgerät oder eine sonstige Einrichtung zum Verbrauch oder zur Abnahme der in Absatz 1 bezeichneten Stoffe beschädigt oder durch eine solche Einrichtung ein Schaden verursacht worden ist; - 3.
wenn der Schaden durch höhere Gewalt verursacht worden ist, es sei denn, daß er auf das Herabfallen von Leitungsdrähten zurückzuführen ist.
(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.
(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.
(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.
Verletzt jemand in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so trifft die Verantwortlichkeit grundsätzlich den Staat oder die Körperschaft, in deren Dienst er steht. Bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit bleibt der Rückgriff vorbehalten. Für den Anspruch auf Schadensersatz und für den Rückgriff darf der ordentliche Rechtsweg nicht ausgeschlossen werden.
(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.
(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.
(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.
(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.
(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.
(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.
(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.
(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.
(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.
(1) Das Gericht soll in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Beilegung des Rechtsstreits oder einzelner Streitpunkte bedacht sein.
(2) Der mündlichen Verhandlung geht zum Zwecke der gütlichen Beilegung des Rechtsstreits eine Güteverhandlung voraus, es sei denn, es hat bereits ein Einigungsversuch vor einer außergerichtlichen Gütestelle stattgefunden oder die Güteverhandlung erscheint erkennbar aussichtslos. Das Gericht hat in der Güteverhandlung den Sach- und Streitstand mit den Parteien unter freier Würdigung aller Umstände zu erörtern und, soweit erforderlich, Fragen zu stellen. Die erschienenen Parteien sollen hierzu persönlich gehört werden. § 128a Absatz 1 und 3 gilt entsprechend.
(3) Für die Güteverhandlung sowie für weitere Güteversuche soll das persönliche Erscheinen der Parteien angeordnet werden. § 141 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 und 3 gilt entsprechend.
(4) Erscheinen beide Parteien in der Güteverhandlung nicht, ist das Ruhen des Verfahrens anzuordnen.
(5) Das Gericht kann die Parteien für die Güteverhandlung sowie für weitere Güteversuche vor einen hierfür bestimmten und nicht entscheidungsbefugten Richter (Güterichter) verweisen. Der Güterichter kann alle Methoden der Konfliktbeilegung einschließlich der Mediation einsetzen.
(6) Ein gerichtlicher Vergleich kann auch dadurch geschlossen werden, dass die Parteien dem Gericht einen schriftlichen Vergleichsvorschlag unterbreiten oder einen schriftlichen oder zu Protokoll der mündlichen Verhandlung erklärten Vergleichsvorschlag des Gerichts durch Schriftsatz oder durch Erklärung zu Protokoll der mündlichen Verhandlung gegenüber dem Gericht annehmen. Das Gericht stellt das Zustandekommen und den Inhalt eines nach Satz 1 geschlossenen Vergleichs durch Beschluss fest. § 164 gilt entsprechend.
(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.
(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.