Bundesgerichtshof Urteil, 26. Juni 2000 - II ZR 370/98

bei uns veröffentlicht am26.06.2000

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 370/98 Verkündet am:
26. Juni 2000
Boppel
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
GmbHG §§ 30, 31, 32 a und 32 b
Die Umqualifizierung eines Miet- oder Pachtverhältnisses über ein Grundstück in
funktionales Eigenkapital erstreckt sich grundsätzlich auf alle in dem Gebrauchsüberlassungsvertrag
eingegangenen Verpflichtungen des Gesellschafters.
Soweit der Gesellschafter nach diesem Vertrag auch die Versorgung des
Grundstücks - etwa mit Wärme, Wasser oder Strom - schuldet, ist er verpflichtet,
die während der Krise der Gesellschaft dafür entstehenden Kosten zu tragen, und
kann einen etwa aufgrund einer vertragsgemäß jährlich vorzunehmenden Abrechnung
entstehenden Erstattungsanspruch nicht durchsetzen.
BGH, Urteil vom 25. Juni 2000 - II ZR 370/98 - OLG Dresden
LG Dresden
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 26. Juni 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. h.c. Röhricht und die
Richter Dr. Hesselberger, Prof. Dr. Goette, Dr. Kurzwelly und Kraemer

für Recht erkannt:
Auf die Revisionen der Kläger wird das Urteil des 19. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 26. November 1998 hinsichtlich der Kostenentscheidung und insoweit aufgehoben, als die Kläger auf die Widerklage hin verurteilt worden sind, an den Beklagten 30.170,80 DM (Kläger zu 1 und zu 2 als Gesamtschuldner ) sowie 3.835,45 DM (Kläger zu 2), jeweils zuzüglich Zinsen, zu zahlen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Kläger sind Eigentümer zweier betrieblich genutzter Grundstücke mit einer Fläche von 14.810 m², von denen Teile an die G. GmbH ab 1. April 1995 vermietet worden sind. Über das Vermögen dieser mit einem
Stammkapital von 50.000,-- DM ausgestatteten Gesellschaft ist am 6. Juni 1996 das Gesamtvollstreckungsverfahren eröffnet, der Beklagte ist zum Verwalter bestellt worden. Die Stammeinlagen halten mit je 20.000,-- DM der Kläger zu 1 und seine Ehefrau, mit 10.000,-- DM der Kläger zu 2.
Seit November 1995 ist die Gemeinschuldnerin, die bis Mitte des Jahres 1995 mit einem Forschungsprojekt betreffend die galvanische Vernickelung und Verchromung von Gegenständen beschäftigt gewesen war, die Miete von monatlich knapp 18.000,-- DM schuldig geblieben. Nach Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens haben die Kläger das Mietverhältnis fristlos gekündigt und mit der Klage Räumung und Herausgabe der Mietgegenstände verlangt. Das Landgericht hat diesem Begehren entsprochen. Hiergegen hat der Beklagte Berufung eingelegt und Widerklage gerichtet auf Zahlung von 153.846,48 DM durch beide Kläger sowie auf Zahlung weiterer 18.500,-- DM durch den Kläger zu 2, jeweils zuzüglich Zinsen, erhoben. Dabei geht es um Ansprüche auf Rückzahlung der für die Monate April bis Oktober 1995 seitens der Gemeinschuldnerin gezahlten Mieten, um die Bezahlung offener Rechnungen in Höhe von insgesamt 28.204,73 DM sowie um die Entrichtung des Kaufpreises von 18.500,-- DM für einen von dem Kläger zu 2 von der Gemeinschuldnerin übernommenen Pkw. Die Kläger haben sich gegenüber dieser Widerklage u.a. hilfsweise mit der Aufrechnung mit einer Reihe von Gegenforderungen verteidigt.
Das Oberlandesgericht hat die Klage - rechtskräftig - abgewiesen und der Widerklage gegen beide Kläger i.H.v. 30.170,80 DM und gegen den Kläger zu 2 i.H.v. 3.835,45 DM nebst Zinsen stattgegeben. Dabei hat es angenommen , daß die Widerklageforderung gegen beide Kläger i.H.v. 78.276,55 DM
gerechtfertigt sei, durch die erklärte Hilfsaufrechnung aber i.H.v. 48.105,75 DM erloschen sei; in gleicher Weise sei die von dem Kläger zu 2 erklärte Hilfsaufrechnung i.H.v. 14.664,55 DM begründet. Mit ihren Revisionen wenden sich die Kläger gegen diese Verurteilung und machen geltend, die von ihnen in der Vorinstanz abgegebenen Aufrechnungserklärungen müßten zur vollständigen Aufzehrung der Widerklageforderung führen, soweit das Berufungsgericht sie für begründet erachtet habe. Das Gesuch des Beklagten um Bewilligung von Prozeßkostenhilfe zur Durchführung der Anschlußrevision mit dem Ziel einer vollständigen Stattgabe des Widerklagebegehrens, ist mangels Erfolgsaussicht abgelehnt worden.

Entscheidungsgründe:


Die Revisionen sind begründet und führen, soweit die Kläger auf die Widerklage hin verurteilt worden sind, zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I. 1. Im Revisionsrechtszug stellen die Kläger nicht mehr in Abrede, daß es sich bei der Vermietung von Räumen und Grundstücksflächen an die Gemeinschuldnerin um eine eigenkapitalersetzende Gesellschafterleistung gehandelt hat und sie als vermietende Gesellschafter ab Eintritt der Krise den Anspruch auf Zahlung des Mietzinses nicht durchsetzen können, sondern dem Beklagten den Gebrauch auf Zeit unentgeltlich belassen müssen (st. Rspr., vgl. BGHZ 127, 1 ff. und 17 ff.; BGHZ 140, 147 ff.; Sen.Urt. v. 31. Januar 2000 - II ZR 309/98, ZIP 2000, 455).
Aufgrund des teilweise rechtskräftig gewordenen Berufungsurteils steht ferner fest, daß der Beklagte mit Rücksicht auf die i.H.v. 48.105,75 DM bzw. 14.664,55 DM durchgreifenden Aufrechnungserklärungen der Kläger von diesen als Gesamtschuldnern nicht mehr als 30.171,80 DM und von dem Kläger zu 2 nicht mehr als weitere 3.835,45 DM nebst Zinsen fordern kann.
2. Soweit das Berufungsgericht angenommen hat, die übrigen gestaffelt zur Aufrechnung gestellten Gegenansprüche der Kläger bestünden sämtlich nicht, hält dies nur teilweise der revisionsrechtlichen Prüfung stand, vielmehr ist zugunsten der Kläger für das Revisionsverfahren zu unterstellen, daß der gesamte auf die Widerklage hin ausgeurteilte Betrag von 34.006,25 DM (30.170,80 DM + 3.835,45 DM) durch die Aufrechnung erloschen ist.

a) Keinen Erfolg hat die Revision allerdings, soweit sie beanstandet, daß das Berufungsgericht die Aufrechnung der Kläger mit ihren auf §§ 812 ff. BGB gestützten Ansprüchen auf Rückzahlung zu Unrecht erstatteter Personalkosten - 30.808,87 DM - nicht hat durchgreifen lassen. Bei diesem Betrag handelt es sich um Zahlungen, welche die Kläger aufgrund des mit der Gemeinschuldnerin neben dem Mietvertrag geschlossenen Geschäftsbesorgungsvertrages über die Verwaltung der gesamten Liegenschaft in den Monaten April bis Oktober 1995 erbracht haben. Auch wenn zugunsten der Kläger unterstellt wird, daß die Gemeinschuldnerin keinen Anspruch auf jene Zahlungen hatte, ist ihnen die Geltendmachung dieses lange vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstandenen Rückforderungsanspruchs verwehrt, weil es sich um eine durch Stehenlassen in funktionales Eigenkapital umqualifizierte Gesellschafterleistung handelt. Nach der gefestigten Rechtsprechung des Senats ist - von besonderen , hier nicht vorliegenden Ausnahmefällen abgesehen (vgl. BGHZ 127, 336,
346 m.w.N.; Sen.Urt. v. 28. November 1994 - II ZR 77/93, ZIP 1995, 23) - anzunehmen , daß der Gesellschafter die wirtschaftlichen Umstände, welche die Umqualifizierung seiner Hilfe in funktionales Eigenkapital begründen, gekannt hat oder jedenfalls hat kennen können (BGHZ 127, 336; Sen.Urt. v. 28. November 1994 aaO; Sen.Urt. v. 19. Dezember 1994 - II ZR 10/94, ZIP 1995, 280; Sen.Urt. v. 15. Juni 1998 - II ZR 17/97, ZIP 1998, 1352). Wenn die Kläger diese Rückforderungsansprüche gleichwohl nicht geltend gemacht haben, müssen sie sich im Verhältnis zum Beklagten so behandeln lassen, als hätten sie sie der Gesellschaft gestundet.

b) Auf der Grundlage des von dem Berufungsgericht nicht in der gebotenen Weise geprüften, sondern zu Unrecht als "nicht nachvollziehbar" bezeichneten Vorbringens der Kläger ist dagegen zu deren Gunsten zu unterstellen, daß der nicht berücksichtigte Anspruch auf Kostenerstattung von 782,34 DM besteht. Dieser Betrag ist nämlich von den Klägern mit der Berufungserwiderung unter Vorlage der Anlage B 19 in den Rechtsstreit eingeführt worden; aus dieser Anlage war ohne weiteres zu ersehen, daß von einem unstreitig bestehenden Kostenerstattungsanspruch ein Restbetrag von 782,34 DM von der im übrigen vorprozessual rechtswirksam erklärten Aufrechnung nicht erfaßt war und deswegen nunmehr als gegen die Widerklageforderung aufrechenbare Gegenforderung zur Verfügung stand.

c) Ebenso hat das Berufungsgericht, das bei etwaigen Zweifeln seiner Fragepflicht hätte nachkommen müssen, die von den Klägern erklärte Aufrechnung mit einer Kostenerstattungsforderung von 5.210,10 DM - anders als bei den unter II 2 b des angefochtenen Urteils behandelten Gegenansprüchen geschehen - zu Unrecht nicht durchgreifen lassen.


d) Verfahrensfehlerhaft ist ferner die Behandlung der Ersatzforderung wegen der von den Klägern aufgewandten Zwangsvollstreckungskosten von zusammen 549,12 DM. Nachdem der Beklagte zu diesem Gegenanspruch nicht ausdrücklich Stellung genommen hatte, hätte das Berufungsgericht, wenn es diese Position nicht schon als unstreitig bestehend behandeln wollte, seiner Hinweis- und Fragepflicht nachkommen und den Klägern Gelegenheit geben müssen, dazu Stellung zu nehmen, warum diese Kosten trotz der fehlenden Unterschrift der Gerichtsvollzieherin entstanden sind.

e) Mit Recht rügen die Revisionen weiter, daß das Berufungsgericht auch die Aufrechnung mit der Ersatzforderung gegen den Beklagten i.H.v. 21.801,93 DM nicht hat durchgreifen, sondern den Vortrag als nicht hinreichend bezeichnet hat.
Nach dem - mangels der gebotenen Feststellungen durch das Berufungsgericht als richtig zu unterstellenden - Vortrag der Kläger sind bei der Gemeinschuldnerin im Zuge ihrer Forschungstätigkeit auf dem Gebiet der Galvanisierung und Eloxierung bis Mitte 1995 große Mengen giftiger Lösungen entstanden, die in bestimmten Behältern oder Becken im Innern des gemieteten Gebäudes aufbewahrt wurden. Der Beklagte, der das Mietobjekt anderweitig vermieten wollte und ein zehnjähriges Nutzungsrecht nach Eigenkapitalersatzgrundsätzen beanspruchte, hat diese Flüssigkeiten in frostgefährdete Außenbecken abpumpen lassen, ohne gleichzeitig die Lösungen zu neutralisieren. Wegen der dadurch heraufbeschworenen Umweltgefahren hat die zuständige Behörde ihn als Handlungs- und die Eigentümer der Liegenschaft, die Kläger, als Zustandsstörer in Anspruch genommen. Zur Vermeidung der ange-
drohten Ersatzvornahme haben daraufhin die Kläger für 21.801,93 DM die Chemikalien beschafft, die erforderlich waren, um die giftigen Lösungen unschädlich zu machen.
Wie die Kläger mit Recht geltend machen, haben sie aus diesem für die Masse besorgten Geschäft einen Erstattungsanspruch erworben, mit dem sie gegenüber der Widerklageforderung die Aufrechnung erklären können, ohne daß sich der Beklagte mit Erfolg auf die erst rund ein Jahr später öffentlich bekannt gemachte Masseunzulänglichkeit berufen kann (BGHZ 130, 38, 47).

f) Entgegen der Ansicht der Kläger ist ihnen die Aufrechnung mit den für das Jahr 1996 und die Folgezeit entstandenen Ansprüchen auf Erstattung der Mietnebenkosten in einer Gesamthöhe von 25.301,73 DM verwehrt. Zwar sind für diesen Zeitraum - anders als für das Jahr 1995, für das die Kläger entsprechende Forderungen nicht erheben - die Grundsätze über die Umqualifizierung einer Gesellschafterhilfe in funktionales Eigenkapital durch Stehenlassen nicht anwendbar. Gleichwohl können sie von dem Beklagten Ausgleich dieser Kosten nicht verlangen. Der mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung in Einklang stehende Einwand der Kläger, Rechtsfolge einer eigenkapitalersetzenden Gebrauchsüberlassung sei allein ein Abzugsverbot der gewährten Hilfe, während sie als Gesellschafter zu darüber hinausgehenden Leistungen ("Zuführungspflicht" ) nicht verpflichtet seien (vgl. BGHZ 127, 17, 23), verhilft ihnen hinsichtlich der genannten Mietnebenkosten nicht zum Erfolg. Der Gemeinschuldnerin ist ein Teil des bebauten Grundstücks mitsamt der für den Betrieb des Oberflächenveredelungsunternehmens erforderlichen Versorgung - ausgenommen diejenige mit elektrischer Energie - vermietet worden. Gegenstand der in funktionales Eigenkapital umqualifizierten Gesellschafterhilfe war
deswegen nicht allein ein Grundstücksteil, für den die GmbH selbst die notwendigen Ver- und Entsorgungsverträge für Wasser, Entwässerung und Heizung schließen mußte, vielmehr hatten die Kläger als Vermieter für die Gewährung dieser Einrichtungen zu sorgen. Daß die im Laufe des Jahres tatsächlich angefallenen Verbrauchs- und Betriebskosten und die dafür erhobenen Abschlagszahlungen nachträglich abgerechnet werden mußten, beschränkte die Leistungspflicht der Kläger nicht, wie sie meinen, auf die Gebrauchsüberlassung allein des Grundstücks ohne die zugehörige Versorgung. Die Umqualifizierung dieser mietvertraglichen Pflichten in funktionales Eigenkapital erstreckte sich deswegen zwangsläufig auch auf die von den Klägern vertragsgemäß zur Verfügung gestellte Versorgung, für die sie während der Dauer der Krise ebensowenig wie für die "Grundmiete" Zahlung verlangen können.

g) Dagegen gilt anderes für die Erstattungsansprüche wegen der Stromkosten für das II. - IV. Quartal 1997 und das I. Quartal 1998 in einer Gesamthöhe von 11.300,60 DM, die von den Klägern ebenfalls vergeblich zur Aufrechnung gestellt worden sind. Aufgrund der zugunsten der Kläger gebotenen revisionsrechtlichen Unterstellung ist davon auszugehen, daß die Gemeinschuldnerin selbst für den Abschluß der notwendigen Versorgungsverträge zu sorgen hatte und daß sie auch dementsprechend verfahren ist. Die Kläger sind zur Bezahlung der Stromkosten erst herangezogen worden, nachdem der Beklagte den mit dem Energieversorger geschlossenen Vertrag gekündigt hatte. Da insofern - anders als bei den vorstehend unter f) behandelten anderen Kosten - nicht die Gebrauchsüberlassung einschließlich Stromversorgung geschuldet war, handelt es sich bei diesen Energiekosten um Aufwendungen, die im Sinne der Senatsrechtsprechung als eine nach dem Eigenkapitalersatzrecht nicht geschuldete Zuführung von weiteren Gesellschafterleistungen einzustu-
fen sind.

h) Gegenüber der dem Beklagten zugesprochenen Gesamtforderung gegen beide Kläger von 34.006,25 DM können diese, wie danach zu ihren Gunsten revisionsrechtlich zu unterstellen ist, mit folgenden Gegenansprüchen aufrechnen:
782,34 DM (Kostenerstattung, Restbetrag lit b) 5.210,10 DM (Kostenerstattung, lit c) 549,12 DM (Vollstreckungskosten, lit. d) 21,801,93 DM (Chemikalienbeschaffung, lit. e) 11.300,60 DM (Stromkosten, lit. g) 39.644,09 DM
Dieser Betrag übersteigt die zuerkannte Widerklageforderung, ohne daß bezüglich der Verurteilung der beiden Kläger unterschieden werden müßte, weil das prozessuale Verhalten der Kläger dahin zu verstehen ist, daß sie damit einverstanden sind, daß der Kläger zu 2 auch insoweit die Aufrechnung erklärt, als die Gegenforderung der Gesamthand zusteht.
II. Damit das Berufungsgericht die notwendigen tatsächlichen Feststellungen treffen kann, ist die Sache an die Vorinstanz zurückzuverweisen.
Röhricht Hesselberger Goette
Kurzwelly Kraemer

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Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung - GmbHG | § 30 Kapitalerhaltung


(1) Das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen der Gesellschaft darf an die Gesellschafter nicht ausgezahlt werden. Satz 1 gilt nicht bei Leistungen, die bei Bestehen eines Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrags (§ 291 des Aktie

Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung - GmbHG | § 31 Erstattung verbotener Rückzahlungen


(1) Zahlungen, welche den Vorschriften des § 30 zuwider geleistet sind, müssen der Gesellschaft erstattet werden. (2) War der Empfänger in gutem Glauben, so kann die Erstattung nur insoweit verlangt werden, als sie zur Befriedigung der Gesellschafts

Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung - GmbHG | § 32 Rückzahlung von Gewinn


Liegt die in § 31 Abs. 1 bezeichnete Voraussetzung nicht vor, so sind die Gesellschafter in keinem Fall verpflichtet, Beträge, welche sie in gutem Glauben als Gewinnanteile bezogen haben, zurückzuzahlen.

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Landgericht Aachen Teilurteil, 03. März 2015 - 10 O 193/08

bei uns veröffentlicht am 03.03.2015

Tenor Die Widersprüche des Beklagten zu 1) in dem Insolvenzverfahren der T (Az. 92 IN 296/06 des Amtsgerichts Aachen) hinsichtlich der in der vollstreckbaren Ausfertigung der Urkunde des Notars Dr. C (Urkundennummer #/2002) vom 28.06.2002 titulierte

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(1) Das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen der Gesellschaft darf an die Gesellschafter nicht ausgezahlt werden. Satz 1 gilt nicht bei Leistungen, die bei Bestehen eines Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrags (§ 291 des Aktiengesetzes) erfolgen oder durch einen vollwertigen Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruch gegen den Gesellschafter gedeckt sind. Satz 1 ist zudem nicht anzuwenden auf die Rückgewähr eines Gesellschafterdarlehens und Leistungen auf Forderungen aus Rechtshandlungen, die einem Gesellschafterdarlehen wirtschaftlich entsprechen.

(2) Eingezahlte Nachschüsse können, soweit sie nicht zur Deckung eines Verlustes am Stammkapital erforderlich sind, an die Gesellschafter zurückgezahlt werden. Die Zurückzahlung darf nicht vor Ablauf von drei Monaten erfolgen, nachdem der Rückzahlungsbeschluß nach § 12 bekanntgemacht ist. Im Fall des § 28 Abs. 2 ist die Zurückzahlung von Nachschüssen vor der Volleinzahlung des Stammkapitals unzulässig. Zurückgezahlte Nachschüsse gelten als nicht eingezogen.

(1) Zahlungen, welche den Vorschriften des § 30 zuwider geleistet sind, müssen der Gesellschaft erstattet werden.

(2) War der Empfänger in gutem Glauben, so kann die Erstattung nur insoweit verlangt werden, als sie zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger erforderlich ist.

(3) Ist die Erstattung von dem Empfänger nicht zu erlangen, so haften für den zu erstattenden Betrag, soweit er zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger erforderlich ist, die übrigen Gesellschafter nach Verhältnis ihrer Geschäftsanteile. Beiträge, welche von einzelnen Gesellschaftern nicht zu erlangen sind, werden nach dem bezeichneten Verhältnis auf die übrigen verteilt.

(4) Zahlungen, welche auf Grund der vorstehenden Bestimmungen zu leisten sind, können den Verpflichteten nicht erlassen werden.

(5) Die Ansprüche der Gesellschaft verjähren in den Fällen des Absatzes 1 in zehn Jahren sowie in den Fällen des Absatzes 3 in fünf Jahren. Die Verjährung beginnt mit dem Ablauf des Tages, an welchem die Zahlung, deren Erstattung beansprucht wird, geleistet ist. In den Fällen des Absatzes 1 findet § 19 Abs. 6 Satz 2 entsprechende Anwendung.

(6) Für die in den Fällen des Absatzes 3 geleistete Erstattung einer Zahlung sind den Gesellschaftern die Geschäftsführer, welchen in betreff der geleisteten Zahlung ein Verschulden zur Last fällt, solidarisch zum Ersatz verpflichtet. Die Bestimmungen in § 43 Abs. 1 und 4 finden entsprechende Anwendung.

Liegt die in § 31 Abs. 1 bezeichnete Voraussetzung nicht vor, so sind die Gesellschafter in keinem Fall verpflichtet, Beträge, welche sie in gutem Glauben als Gewinnanteile bezogen haben, zurückzuzahlen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
VERSÄ UMNISURTEIL
II ZR 309/98
Verkündet am:
31. Januar 2000
Boppel
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Beendigung der Wirkung einer eigenkapitalersetzenden Gebrauchsüberlassung
an einem mit einem Grundpfandrecht belasteten Grundstück, sobald der im Wege
der Zwangsverwaltung erlassene Beschlagnahmebeschluß wirksam geworden ist.
BGH, Urteil vom 31. Januar 2000 - II ZR 309/98 - OLG Düsseldorf
LG Wuppertal
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 31. Januar 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. h.c. Röhricht und die
Richter Dr. Hesselberger, Prof. Dr. Henze, Kraemer und die Richterin Münke

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 24. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 29. September 1998 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Klage in Höhe von 155.392,60 DM nebst Zinsforderung abgewiesen worden ist. Unter teilweiser Abänderung des Urteils des Landgerichts Wuppertal vom 11. August 1997 wird der Beklagte verurteilt, an den Kläger 155.392,60 DM nebst 4 % Zinsen von 38.848,15 DM seit dem 3. Juni 1997 sowie 4 % Zinsen von weiteren 116.544,45 DM seit dem 14. August 1997 zu zahlen. Die in den Verfahren vor dem Landgericht und dem Berufungsgericht entstandenen Kosten tragen der Kläger zu 8 % und der Beklagte zu 92 %, die Kosten des Revisionsverfahrens der Kläger zu 19 % und der Beklagte zu 81 %.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger, Zwangsverwalter über die im Grundbuch von L. , Blatt unter laufender Nummer 1-3 eingetragenen Grundstücke, verlangt von dem Beklagten, der am 20. Januar 1997 zum Konkursverwalter über das Vermögen der H. GmbH V. bestellt worden ist, Mietzins aufgrund folgenden Sachverhalts: Durch Vertrag vom 27. April 1992 mietete die H. GmbH & Co. KG, deren persönlich haftende Gesellschafterin die Gemeinschuldnerin war, ein Gebäude und eine Freifläche auf den genannten Grundstücken an. Die Gesellschafter der Gemeinschuldnerin, die nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ihre Anteile an der H. GmbH & Co. KG im Oktober 1992 in die Gemeinschuldnerin eingebracht hatten, erwarben im Jahre 1993 das Eigentum an den Grundstücken. Die Mietzinsforderungen, die ab 1. Januar 1994 monatlich einschließlich 15 % Mehrwertsteuer 38.848,15 DM betrugen, sind ab November 1996 nicht mehr bezahlt worden. Die Sparkasse Ve. , die seit dem 29. April 1994 Inhaberin einer auf den Grundstücken lastenden Grundschuld von 2 Mio. DM ist, erwirkte am 29. Januar 1997 einen Beschlagnahmebeschluß , der den Eigentümern am 1./3. Februar 1997 zugestellt und dem Konkursverwalter mit Schreiben vom 11. Februar 1997 bekanntgegeben worden ist. Der Kläger macht u.a. aus dem o.g. nicht gekündigten Vertrag den Mietzins für die Monate März bis Juni 1997 (insgesamt: 155.392,60 DM) geltend. Der Beklagte verweigert die Zahlung unter Berufung auf den eigenkapitalersetzenden Charakter der Gebrauchsüberlassung.
Landgericht und Berufungsgericht haben die Klage abgewiesen. Der Kläger verfolgt sein Klagebegehren mit der Revision im Rahmen ihrer auf den o.g. Betrag beschränkten Annahme weiter.

Entscheidungsgründe:

I. Da der Beklagte im Verhandlungstermin trotz dessen ordnungsgemäßer Bekanntgabe nicht vertreten war, ist über die Revision des Klägers durch Versäumnisurteil zu entscheiden (§§ 557, 331 ZPO). Das Urteil beruht inhaltlich nicht auf der Säumnis, sondern auf einer Sachprüfung (BGHZ 37, 79, 82). II. Die Revision des Klägers ist im Umfang ihrer Annahme begründet. Dem Kläger steht der für die Monate März bis Juni 1997 in Höhe von 155.392,60 DM geltend gemachte Mietzins zu. 1. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß der Kläger eine Masseforderung im Sinne des § 59 Abs. 1 Nr. 2 KO geltend macht. Ferner hat es zu Recht die Einziehungsberechtigung des Klägers aufgrund des den Eigentümern am 1./3. Februar 1997 zugestellten und dem Beklagten mit Schreiben vom 11. Februar 1997 bekanntgegebenen Beschlagnahmebeschlusses des Amtsgerichts Ve. v om 29. Januar 1997 bejaht (§ 1124 Abs. 2 BGB, §§ 148, 152 Abs. 2, 22 ZVG). Zutreffend hat es weiter ausgeführt, daß die Gemeinschuldnerin den von dem Kläger aus dem Vertrag vom 27. April 1992 geltend gemachten Mietzins schuldet, weil ihr die Kommanditanteile der H. GmbH & Co. KG im Oktober 1992 übertragen worden sind, so daß die Rechte und Pflichten aus dem Mietvertrag entsprechend § 142 HGB a.F. im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf sie übergegangen sind.
2. Dem Berufungsgericht kann jedoch nicht gefolgt werden, soweit es zu dem Ergebnis gekommen ist, einer Inanspruchnahme der Gemeinschuldnerin stünden die Grundsätze über die eigenkapitalersetzende Nutzungsüberlassung entgegen.
a) Das Berufungsgericht hat unangefochten festgestellt, daß die Gemeinschuldnerin spätestens Ende September 1996 mit negativer Fortbestehensprognose (dazu BGHZ 119, 201) überschuldet war, ihr zumindest aber von dritter Seite weder ein Investitionsdarlehen, mit dem sie die Grundstücke einschließlich der angemieteten Objekte und Flächen hätte erwerben können, gewährt noch das Mietobjekt zu den Konditionen überlassen worden wäre, die für sie und ihre Gesellschafter nach dem Vertrag vom 27. April 1992 maßgebend waren (vgl. BGHZ 109, 55, 58 ff.; 121, 31). Da die Gesellschafter der Gemeinschuldnerin den Mietvertrag weder gekündigt noch einverständlich aufgehoben haben, obwohl ihnen das möglich war, und da die Gesellschaft von ihnen fortgeführt worden ist, hat das zur Folge, daß sie einen Mietzinsanspruch solange nicht durchsetzen können, wie dieser nicht aus dem ungebundenen Vermögen der Gesellschaft befriedigt werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 7. Dezember 1998 - II ZR 382/96, ZIP 1999, 65, 66 = WM 1999, 20 m.w.N.).
b) Wie der Senat in dem Grundsatzurteil vom 7. Dezember 1998 entschieden hat, erfahren diese Grundsätze für das zwischen den das Grundstück vermietenden Gesellschaftern und der Gesellschaft bestehende Rechtsverhältnis dann eine Einschränkung, wenn an den vermieteten Grundstücken Grundpfandrechte bestellt worden sind. Auf diesen Fall, so hat er u.a. ausgeführt , sei der Rechtsgedanke der Vorschriften der §§ 1123 Abs. 2 Satz 2, 1124 Abs. 2 BGB anzuwenden, in denen das Gesetz die Interessen des Grundstückseigentümers und des Grundpfandrechtsgläubigers angemessen ausglei-
che. Für den Fall der Beschlagnahme brauche der Grundpfandrechtsgläubiger Vorausverfügungen über den Mietzins nur in den durch § 1124 Abs. 2 BGB gezogenen Grenzen gegen sich gelten zu lassen. Die infolge Anwendung der Eigenkapitalersatzregeln eintretende Undurchsetzbarkeit der Mietzinsforderung komme - ähnlich wie eine Stundungsabrede - einer Vorausverfügung über die Mietzinsforderung gleich. Die Vorschrift führe daher auch im Rahmen der Grundsätze des Eigenkapitalersatzrechts zu einem sachgerechten Ausgleich der beteiligten Interessen (aaO S. 67 f.).
c) Das Berufungsgericht konnte diese Grundsätze nicht berücksichtigen, weil sein Urteil vor der oben genannten Senatsentscheidung ergangen ist. Da der Kläger die Voraussetzungen der Beschlagnahme entsprechend §§ 152 Abs. 2, 148 und 22 ZVG herbeigeführt hat, steht ihm der Mietzins in entsprechender Anwendung des § 1124 Abs. 2 BGB - wie von ihm geltend gemacht - für die Monate März bis Juni 1997 zu. Der Klage auf Zahlung des Betrages von 155.392,60 DM war somit stattzugeben.
Röhricht Hesselberger Henze Kraemer Münke