Bundesgerichtshof Urteil, 20. Sept. 2012 - I ZR 90/09

bei uns veröffentlicht am20.09.2012
vorgehend
Landgericht München I, 21 O 21832/04, 09.01.2008
Oberlandesgericht München, 29 U 1930/08, 28.05.2009

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 90/09 Verkündet am:
20. September 2012
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
UniBasic-IDOS
Einem Anspruch auf Herausgabe des Quellcodes eines Computerprogramms
nach § 809 BGB zum Zwecke des Nachweises einer Urheberrechtsverletzung
steht nicht entgegen, dass unstreitig nicht das gesamte
Computerprogramm übernommen wurde, sondern lediglich einzelne Komponenten
und es deswegen nicht von vornherein ausgeschlossen werden kann,
dass gerade die übernommenen Komponenten nicht auf einem individuellen
Programmierschaffen desjenigen beruhen, von dem der Kläger seine Ansprüche
ableitet.
BGH, Urteil vom 20. September 2012 - I ZR 90/09 - OLG München
LG München I
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 20. September 2012 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm
und die Richter Pokrant, Prof. Dr. Schaffert, Dr. Koch und Dr. Löffler

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 29. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 28. Mai 2009 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin nimmt die Beklagten zu 1 bis 3 wegen behaupteter Urheberrechtsverletzungen an dem Softwareprogramm „UniBasic-IDOS“ in Anspruch.
2
Die Klägerin ist eine 50%ige Tochtergesellschaft der US-amerikanischen (DCI). Die DCI hat die Klägerin mit der Wahrnehmung ihrer Ansprüche aufgrund von Verletzungen des Urheberrechts an dem Programm „UniBasic-IDOS“ in Europa betraut.
3
Die Software „UniBasic-IDOS“ ist ein sogenanntes „Migrationsprogramm“ , das dazu dient, Anwendungen, die auf dem Betriebssystem IDOS des Herstellers Sisco ausgeführt werden können, auf moderne Unix- und WindowsSysteme zu übertragen. Dabei übersetzt es die Befehle des (veralteten) Anwen- dungsprogramms in die Befehle des (zeitgemäßen) Betriebssystems. Es gibt eine „UniBasic“-Programmfamilie, die auf verschiedene Betriebssysteme zugeschnitten ist.
4
Die DCI übergab den Quellcode des Programms „UniBasic-IDOS“ im Juni 1991 an die U. Entwicklungsgesellschaft mbH (U. Hamburg). Dem lagen ein Lizenzvertrag der U. Hamburg mit der (TLC) vom 27. März 1991 sowie ein Lizenzvertrag der TLC mit der DCI vom 9. April 1991 zugrunde. Die U. Hamburg bezahlte für die Übertragung 600.000 US-Dollar.
5
Für die U. Hamburg entwickelte der Beklagte zu 3 in der Folgezeit das Programm „CX-Basic“. Dabei verwendete er zumindest Teile von „UniBasic -IDOS“. Die Parteien sind sich darüber einig, dass der Beklagte zu 3 und die U. Hamburg hierzu aufgrund des Lizenzvertrages vom März 1991 berechtigt waren. Im November 1993 veräußerte U. Hamburg die Rechte an „CX-Basics“ an die S. GmbH (S. ) gegen ein Entgelt von 5,85 Mio. DM. Im Auftrag der SAI entwickelte sodann die Beklagte zu 2 „CX-Basic“ fort. Die Beklagte zu 2 beauftragte damit wiederum den Beklagten zu 3. 1997 wurde „CX-Basic“ in „NT-Basic“ umbenannt. In der Folgezeit übertrug die S. die Rechte an dem Programm „NTBasic“ und dessen Quellcode auf den (vormaligen) Beklagten zu 4. Am 23. Juli 1998 schließlich veräußerte der (vormalige) Beklagte zu 4 die Software „NTBasic“ nebst Quellcode an die Beklagte zu 1. Diese ließ von der Beklagten zu 2 die Software „NT-Basic“ unter Bearbeitung des Quellcodes für Updates weiterentwickeln.
6
Die Beklagte zu 1 ist Vertriebspartnerin der V. AG und stellt den V.- und A. -Autohäusern Software-Produkte für das betriebliche Rech- nungswesen zur Verfügung, unter anderem auch die von der Beklagten zu 2 weiterentwickelten Updates für „NT-Basic“. Die Beklagte zu 2 ihrerseits vertreibt „NT-Basic“ an Dritte außerhalb der Automobilindustrie.
7
Die DCI behauptete im Dezember 2002, in den von den Beklagten vertriebenen Programmen „NT-Basic“ seien schutzfähige Teile der Software „UniBasic -IDOS“ enthalten. Die Beklagte zu 1 bot an, die Vorwürfe durch einen Quellcode-Vergleich von „UniBasic-IDOS“ und „NT-Basic“ überprüfen zu lassen , sofern DCI die behauptete Verletzung vorab substantiiert darlegt.
8
Zu einem Quellcodevergleich kam es nicht. Die Klägerin hat vielmehr im November 2004 Klage erhoben, mit der sie die Beklagten auf Besichtigung des Quellcodes im Sinne von § 809 BGB, Auskunft, Schadensersatz, Unterlassung sowie Vernichtung von Programmen in Anspruch nimmt.
9
Das Landgericht hat die Beklagten zu 1, 2 und 3 gemäß dem Klageantrag zu I im Wege des Teilurteils verurteilt, 1. ein Verzeichnis aller in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz befindlichen Quellcodes der Programme CX-Basic und NT-Basic vorzulegen, 2. die nach dem von ihnen vorgelegten Verzeichnis in ihrem Besitz befindlichen Versionen des Quellcodes von CX-Basic und NT-Basic einschließlich der entsprechenden Kompilate dieser Programme an den Sachverständigen P. … herauszugeben, damit dieser die Feststellung nach Maßgabe eines vom erkennenden Gericht noch zu fassenden Beweisbeschlusses - in dem auch die Umstände der Geheimhaltung zu bestimmen sind - treffen kann.
10
Das Berufungsgericht hat die Klage insgesamt abgewiesen. Dagegen richtet sich die vom Senat zugelassene Revision der Klägerin, die ihr Klagebegehren in vollem Umfang weiterverfolgt. Die Beklagten beantragen, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


11
I. Das Berufungsgericht hat angenommen, dass die Klägerin keine Unterlassungs - oder Schadensersatzansprüche aus § 97 UrhG aF und damit auch keinen Besichtigungsanspruch aus § 809 BGB gegen die Beklagte habe. Die Klägerin habe nicht hinreichend substantiiert dargelegt, ob und in welchem Umfang der DCI Urheberrechte an dem Programm „UniBasic-IDOS“ zustünden. Dazu hat es ausgeführt:
12
Die geltend gemachten Ansprüche auf Besichtigung sowie Auskunft, Unterlassung , Schadensersatz und Vernichtung bestünden nicht, weil die Klägerin sich nicht auf vertragliche Ansprüche berufen könne und auch die Voraussetzungen gesetzlicher Anspruchsgrundlagen gemäß § 809 BGB und §§ 97, 98 UrhG nicht erfüllt seien. Die Klägerin habe nicht hinreichend dargelegt, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang dem Inhaber der DCI, C. , Urheberrechte an dem Softwareprogramm „UniBasic-IDOS“ zustünden. Dieses Programm bestehe unstreitig aus mehreren Komponenten, so dass die Klägerin hätte darlegen und gegebenenfalls beweisen müssen, welche Werkteile schöpferisch sind und welche nicht. Außerdem sei zwischen den Parteien streitig, wer Urheber welcher Programme oder Programmteile sei. Ein entsprechender Vortrag der Klägerin sei erforderlich, weil es im vorliegenden Rechtsstreit unstreitig nicht um die komplette Übernahme von „UniBasic-IDOS“ insgesamt , sondern möglicherweise nur von Komponenten gehe.
13
Dem Klägervortrag sei nicht zu entnehmen, für welche Einzelteile - neben den vorbekannten Elementen - eine schöpferische Eigenleistung durch C. erbracht worden sei. Nur insoweit könnten aber die Beklagten von der Klägerin geltend gemachte Urheberrechte verletzt haben. Die Übernahme vorbekannter Elemente könne urheberrechtliche Ansprüche nicht begründen.
14
Auf dieser Grundlage könne offenbleiben, ob dem Inhaber und Hauptprogrammierer der DCI, C. , Urheberrechte an dem Softwareprogramm „UniBasic-IDOS“ zustünden, ob die Klägerin ausreichend dargelegt habe, dass sie im Wege einer Rechtekette mit der Wahrnehmung der der DCI zustehenden Nutzungsrechte an diesem Programm legitimiert sei und ob Verjährung eingetreten sei.
15
II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision der Klägerin hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
16
Die Erwägungen, mit denen das Berufungsgericht angenommen hat, die Klägerin habe nicht hinreichend dargelegt, dass und in welchem Umfang das Computerprogramm „UniBasic-IDOS“ nach § 2 Abs. 1 Nr. 1, § 69a Abs. 1, 3 UrhG als individuelle geistige Werkschöpfung des C. oder seiner Mitarbeiter Urheberrechtsschutz genieße, halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
17
1. Allerdings hat das Berufungsgericht mit Recht und von der Revision unbeanstandet § 809 BGB als mögliche Anspruchsgrundlage für die Besichtigung des Quellcodes herangezogen.
18
Gemäß § 809 BGB kann vom Besitzer die Gestattung der Besichtigung einer Sache verlangt werden, wenn der Anspruchsteller gegen den Besitzer einen Anspruch in Ansehung der Sache hat oder sich Gewissheit verschaffen will, ob ihm ein solcher Anspruch zusteht, sofern die Besichtigung der Sache aus diesem Grund für den Anspruchsteller von Interesse ist. Der Anspruch aus § 809 BGB steht grundsätzlich auch dem Urheber oder dem aus Urheberrecht Berechtigten zu, wenn er sich vergewissern möchte, ob eine bestimmte Sache unter Verletzung - beispielsweise durch Vervielfältigung - des geschützten Werkes hergestellt worden ist. Dabei betrifft der Besichtigungsanspruch gerade auch den hinter der Software stehenden Quellcode, ohne den eine Werkverletzung in der Regel nicht nachgewiesen werden kann (BGH, Urteil vom 2. Mai 2002 - I ZR 45/01, BGHZ 150, 377, 382, 384 - Faxkarte).
19
2. Zutreffend ist das Berufungsgericht ferner davon ausgegangen, dass ein Besichtigungsanspruch nicht gegeben ist, wenn eine Verletzung von Urheberrechten ausgeschlossen werden kann.
20
Für den Besichtigungsanspruch nach § 809 BGB ist das Bestehen eines Anspruchs in Ansehung der Sache nicht Voraussetzung. Ausreichend ist es vielmehr, dass sich der Anspruchsteller erst Gewissheit über das Bestehen eines solchen Anspruchs verschaffen will. Freilich kann der Anspruch nicht wahllos gegenüber dem Besitzer einer Sache geltend gemacht werden, hinsichtlich deren nur eine entfernte Möglichkeit einer Rechtsverletzung besteht. Vielmehr muss bereits ein gewisser Grad an Wahrscheinlichkeit vorliegen (BGH, Urteil vom 8. Januar 1985 - X ZR 18/84, BGHZ 93, 191, 205 - Druckbalken; BGHZ 150, 377, 385 f. - Faxkarte). Insbesondere müssen die nicht von der Besichtigung betroffenen Voraussetzungen des Anspruchs, der mit Hilfe der Besichtigung durchgesetzt werden soll, bereits geklärt sein. Ist etwa noch offen, ob der Kläger überhaupt über ein ausschließliches Nutzungsrecht an der fraglichen Software verfügt, kann der Beklagte (noch) nicht zur Vorlage des Quellcodes verurteilt werden (vgl. BGHZ 93, 191, 205 f. - Druckbalken; Habersack in MünchKomm.BGB, 5. Aufl., § 809 Rn. 6; Staudinger/Marburger, Bearb. 2009, § 809 Rn. 7).
21
3. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann eine Verletzung von Urheberrechten als Voraussetzung eines Besichtigungsanspruchs nach § 809 BGB jedoch nicht verneint werden. Das Berufungsgericht hat insoweit die Darlegungslast der Klägerin überspannt.
22
a) Die Beurteilung der Frage, wer als Urheber und damit als Inhaber des Urheberrechts an dem Computerprogramm anzusehen ist, ist ebenso nach dem Recht des Schutzlandes zu beurteilen, wie die Frage, ob urheberrechtliche Befugnisse übertragbar sind (vgl. BGH, Urteil vom 2. Oktober 1997 - I ZR 88/95, BGHZ 136, 380, 385 ff. - Spielbankaffaire), so dass - wovon auch das Berufungsgericht zutreffend ausgegangen ist - deutsches Urheberrecht Anwendung findet.
23
b) Da das Berufungsgericht keine abweichenden Feststellungen getroffen hat, ist für das Revisionsverfahren davon auszugehen, dass das in Rede stehende Computerprogramm insgesamt nach § 2 Abs. 1 Nr. 1, § 69a Abs. 1 und 3 UrhG als individuelle geistige Schöpfung der an seiner Entwicklung und Erstellung beteiligten Personen Urheberrechtsschutz genießt.
24
Das Gesetz setzt für die Schutzfähigkeit eines Computerprogramms keine besondere schöpferische Gestaltungshöhe voraus, sondern stellt in erster Linie darauf ab, dass es sich um eine individuelle geistige Schöpfung des Programmierers handelt. Damit unterstellt es auch die kleine Münze des Programmschaffens dem urheberrechtlichen Schutz und lässt lediglich die einfache , routinemäßige Programmierleistung, die jeder Programmierer auf dieselbe oder ähnliche Weise erbringen würde, schutzlos (vgl. BGH, Urteil vom 3. März 2005 - I ZR 111/02, GRUR 2005, 860, 861 = WRP 2005, 1263 - Fash 2000, mwN). Dies bedeutet, dass bei komplexen Computerprogrammen eine tatsächliche Vermutung für eine hinreichende Individualität der Programmgestaltung spricht. Es ist daher in derartigen Fällen Sache des Beklagten darzutun, dass das Programm, für das Schutz beansprucht wird, nur eine gänzlich banale Programmierleistung ist oder lediglich das Programmschaffen eines anderen Programmierers übernimmt (vgl. BGH, GRUR 2005, 860, 861 - Fash 2000). Daran fehlt es im Streitfall.
25
Aus den tatrichterlichen Feststellungen ergibt sich, dass der Quellcode und Rechte an der Software im Jahr 1991 zu einem Preis von 600.000 USDollar veräußert worden sind. Ferner steht fest, dass mit Hilfe des Programms „UniBasic-IDOS“ Software, die für die Anwendung unter einem bestimmten ver- alteten Betriebssystem konzipiert ist, so umgeschrieben werden kann, dass die unter den modernen Betriebssystemen Unix und Windows eingesetzt werden kann. Diese Umstände rechtfertigen bereits die Vermutung, dass die Software insgesamt gemäß § 69a UrhG geschützt ist. Dem sind die Beklagten nicht mit substantiiertem Vortrag entgegengetreten. Der Umstand, dass das Computerprogramm jedenfalls teilweise vor Einführung des § 69a UrhG geschaffen wurde , führt zu keinem anderen Ergebnis. Die Vorschrift des § 69a UrhG gilt gemäß § 137d Abs. 1 UrhG auch für Programme, die vor der Einführung des § 69a UrhG geschaffen wurden.
26
c) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts gilt grundsätzlich nichts Abweichendes, wenn - wie im Streitfall - auf der einen Seite das Computerprogramm des Berechtigten aus mehreren Komponenten besteht, die nicht von dem oder den angeblichen Programmierern stammen, und auf der anderen Seite nicht das gesamte Computerprogramm, sondern lediglich einzelne Komponenten übernommen wurden.
27
aa) Der Gesetzgeber ist bei der Einführung des § 69a UrhG durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Urheberrechtsgesetzes vom 9. Juni 1993 (BGBl. I 1993 S. 910), das die Richtlinie 91/250/EWG vom 14. Mai 1991 über den Rechtsschutz von Computerprogrammen umgesetzt hat, von der unbestrittenen Notwendigkeit ausgegangen, Computerprogrammen effektiven Rechtsschutz zu gewähren (vgl. den Regierungsentwurf, BT-Drucks. 12/4022, S. 9). Danach ist es Aufgabe der Rechtsprechung, in praxisgerechter Weise bei der Bestimmung der Anforderungen an die Darlegungslast des Klägers dem Umstand Rechnung zu tragen, dass der Urheberrechtsschutz für Computerprogramme nunmehr die Regel ist. Der Berechtigte hat grundsätzlich nur dazulegen , dass sein Programm nicht lediglich das Werk eines anderen nachahmt (vgl. BT-Drucks. 12/4022, S. 10).
28
bb) Nach dem Wortlaut des § 69a Abs. 1 und 3 UrhG sowie gemäß Art. 1 Abs. 1 und 3 der in Verbindung mit dem 8. Erwägungsgrund der Richtlinie 91/250/EWG werden dabei individuelle Werke geschützt, die das Ergebnis einer eigenen geistigen Schöpfung darstellen, ohne dass es auf qualitative oder ästhetische Vorzüge des Computerprogramms ankommt. Es ist grundsätzlich Sache des Beklagten darzutun, dass das Programm, für das Schutz beansprucht wird, nur eine gänzlich banale Programmierleistung ist oder lediglich das Programmschaffen eines anderen Programmierers übernimmt (vgl. BGH, GRUR 2005, 860, 861 - Fash 2000; Dreier in Dreier/Schulze, Urheberrechtsgesetz , 3. Aufl., § 69a Rn. 29; Erdmann/Bornkamm, GRUR 1991, 877, 879; differenzierend Grützmacher in Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, 3. Aufl. § 69a UrhG Rn. 36 ff.). Dies gilt auch dann, wenn unstreitig vorbekannte Komponenten in der Programmgestaltung übernommen wurden. Gegenstand des Schutzes können gemäß § 69a Abs. 2 UrhG auch die Be-, Um- und Einarbeitung vorbekannter Elemente und Formen sein (vgl. BGH, Urteil vom 9. Mai 1985 - I ZR 52/83, BGHZ 94, 276, 287 - Inkasso-Programm).
29
cc) Der Umstand, dass im Streitfall unstreitig nicht das gesamte Computerprogramm übernommen wurde, sondern lediglich einzelne Komponenten, rechtfertigt keine abweichende Beurteilung. Zwar ist es denkbar, dass die übernommenen Komponenten nicht oder nicht zugunsten der Klägerin urheberrechtlichen Schutz genießen und eine urheberrechtlich relevante Verletzungshandlung deshalb abzulehnen wäre. Diese Möglichkeit reicht aber nicht aus, um einen Besichtigungsanspruch gemäß § 809 BGB zu verneinen. Anderenfalls würde der vom Gesetzgeber in Umsetzung der Richtlinie gewollte Schutz eines Computerprogramms insgesamt unzumutbar erschwert.
30
Das Berufungsgericht hat nicht hinreichend berücksichtigt, dass sich Computerprogramme in der Regel aus verschiedenen Komponenten zusammensetzen , die nicht sämtlich auf eine individuelle Schöpfung des Programmierers zurückgehen müssen. So mag ein Computerprogramm in Teilen aus nicht geschützten oder aus Bestandteilen bestehen, die der Programmierer „hinzu- gekauft“ und für die er eine einfache Lizenz erworben hat. Auch die behauptete Verletzung liegt häufig nicht in einer 1-zu1-Übernahme des Programms, für das der Schutz beansprucht wird. Vielmehr ist es durchaus nicht untypisch, dass die behauptete Verletzung darin besteht, dass lediglich Komponenten dieses Programms übernommen worden sein sollen, weil etwa die angegriffene Ausführungsform das übernommene Programm fortentwickelt und in einen neuen Anwendungsrahmen stellt. Wäre der Kläger in einem solchen Fall schon für den Besichtigungsanspruch gehalten, im Einzelnen darzulegen, worin seine individuelle Leistung liegt und dass es gerade diese Leistung ist, die sich in der angegriffenen Ausführungsform wiederfindet, wäre er praktisch schutzlos gestellt: Zum einen käme ihm die tatsächliche Vermutung nicht zugute, die zugunsten des Schöpfers eines komplexen Programms streitet (BGH, GRUR 2005, 860, 861 - Fash 2000), und es bliebe unberücksichtigt, dass der Quellcode in der Regel ein Betriebsgeheimnis darstellt (vgl. Loewenheim in Schricker/Loewen- heim, Urheberrecht, 4. Aufl., § 69a UrhG Rn. 22; Czychowski in Fromm/Nordemann , Urheberrecht, 10. Aufl., § 69a UrhG Rn. 37; Dreier in Dreier/Schulze aaO § 69a UrhG Rn. 29). Zum anderen wäre es dem Kläger, auch wenn er seinen Quellcode offenbart und die einzelnen auf das individuelle Programmierschaffen zurückgehenden Programmierschritte dargelegt hätte, ohne Kenntnis des Quellcodes des angegriffenen Programms in der Regel nicht möglich, eine Urheberrechtsverletzung darzulegen.
31
Im Streitfall, der dadurch gekennzeichnet ist, dass für das als urheberrechtsverletzend beanstandete Programm unstreitig Komponenten des Klageprogramms übernommen worden sind, kann die Wahrscheinlichkeit einer Verletzung , wie sie für den Besichtigungsanspruch erforderlich ist, nicht verneint werden. Es sind keine Anhaltspunkte dafür festgestellt oder ersichtlich, dass lediglich eine entfernte Möglichkeit besteht, dass bei der Entwicklung von CXBasic und NT-Basic Programmteile von UniBasic-IDOS übernommen worden sind. Vielmehr lässt der Umstand, dass die U. Hamburg für die Übergabe des Quellcodes von UniBasic-IDOS seinerzeit 600.000 US-Dollar gezahlt hat, nach der Lebenserfahrung den Schluss zu, dass es der U. Hamburg zumindest auch auf den Erwerb der individuell von der DCI erstellten, nicht von Dritten oder frei auf dem Markt erhältlichen Softwarekomponenten von UniBasic -IDOS ankam. Gegenteilige Feststellungen hat das Berufungsgericht nicht getroffen.
32
Die von der Klägerin begehrte Besichtigung des Quellcodes durch einen zur Gemeinhaltung verpflichteten Sachverständigen soll gerade dazu dienen, eventuelle Übereinstimmungen in Programmteilen zu ermitteln. Ist dies geschehen , mögen die Beklagten darlegen, dass die übernommenen Programmteile nicht auf ein individuelles Programmierschaffen desjenigen zurückgehen, von dem die Klägerin ihre Rechte herleitet.
33
d) Das Berufungsurteil, das sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig erweist (§ 561 ZPO), kann danach keinen Bestand haben.
34
4. Soweit das Berufungsgericht die weiteren von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche auf Auskunft, Schadensersatz, Unterlassung sowie Vernichtung ebenfalls abgewiesen hat, kann das Urteil aus den vorgenannten Gründen gleichfalls keinen Bestand haben. Es ist nicht auszuschließen, dass die mit dem Antrag zu I 1 und I 2 begehrte Besichtigung des Quellcodes von CX-Basic und NT-Basic eine Übereinstimmung in den von den Programmierern der DCI geschaffenen Programmbestandteilen ergibt und diese Teile gemäß § 69a UrhG schutzfähig sind.
35
III. Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Auf der Grundlage der bislang getroffenen Feststellungen lässt sich nicht abschließend beurteilen, ob ein Besichtigungsanspruch und die im Wege der Stufenklage geltend gemachten Folgeansprüche bestehen. Das Berufungsgericht hat - aus seiner Sicht folgerichtig - nicht geprüft, ob dem Inhaber und Hauptprogrammierer der DCI, C. , oder anderen Programmierern der DCI Urheberrechte oder ausschließliche Nutzungsrechte an dem Softwareprogramm „UniBasic-IDOS“ zustehen, ob die Klägerin ausreichend dargelegt hat, dass sie im Wege einer Rechtekette mit der Wahrnehmung der der DCI zustehenden Nutzungsrechte an diesem Programm legitimiert ist und ob Verjährung eingetreten ist. Ebenfalls keine Feststellungen getroffen hat das Berufungsgericht zu der Frage, ob sich die Beklagten darauf berufen können, dass die U. Hamburg vertraglich durch TLC die Rechte zu der Weiterübertragung der Rechte an der Bearbeitung der Software „UniBasic-IDOS“ und zu der Weitergabe der entsprechenden Bearbeitungsquellcodes erworben haben.
Bornkamm Pokrant Schaffert
Koch Löffler
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 09.01.2008 - 21 O 21832/04 -
OLG München, Entscheidung vom 28.05.2009 - 29 U 1930/08 -

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 561 Revisionszurückweisung


Ergibt die Begründung des Berufungsurteils zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.

Urheberrechtsgesetz - UrhG | § 97 Anspruch auf Unterlassung und Schadensersatz


(1) Wer das Urheberrecht oder ein anderes nach diesem Gesetz geschütztes Recht widerrechtlich verletzt, kann von dem Verletzten auf Beseitigung der Beeinträchtigung, bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch a

Urheberrechtsgesetz - UrhG | § 2 Geschützte Werke


(1) Zu den geschützten Werken der Literatur, Wissenschaft und Kunst gehören insbesondere: 1. Sprachwerke, wie Schriftwerke, Reden und Computerprogramme;2. Werke der Musik;3. pantomimische Werke einschließlich der Werke der Tanzkunst;4. Werke der bild

Urheberrechtsgesetz - UrhG | § 69a Gegenstand des Schutzes


(1) Computerprogramme im Sinne dieses Gesetzes sind Programme in jeder Gestalt, einschließlich des Entwurfsmaterials. (2) Der gewährte Schutz gilt für alle Ausdrucksformen eines Computerprogramms. Ideen und Grundsätze, die einem Element eines Com

Urheberrechtsgesetz - UrhG | § 98 Anspruch auf Vernichtung, Rückruf und Überlassung


(1) Wer das Urheberrecht oder ein anderes nach diesem Gesetz geschütztes Recht widerrechtlich verletzt, kann von dem Verletzten auf Vernichtung der im Besitz oder Eigentum des Verletzers befindlichen rechtswidrig hergestellten, verbreiteten oder zur

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 809 Besichtigung einer Sache


Wer gegen den Besitzer einer Sache einen Anspruch in Ansehung der Sache hat oder sich Gewissheit verschaffen will, ob ihm ein solcher Anspruch zusteht, kann, wenn die Besichtigung der Sache aus diesem Grunde für ihn von Interesse ist, verlangen, dass

Urheberrechtsgesetz - UrhG | § 137d Computerprogramme


(1) Die Vorschriften des Abschnitts 8 des Teils 1 sind auch auf Computerprogramme anzuwenden, die vor dem 24. Juni 1993 geschaffen worden sind. Jedoch erstreckt sich das ausschließliche Vermietrecht (§ 69c Nr. 3) nicht auf Vervielfältigungsstücke ein

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Bundesgerichtshof Urteil, 20. Juli 2018 - V ZR 130/17

bei uns veröffentlicht am 20.07.2018

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 130/17 Verkündet am: 20. Juli 2018 Weschenfelder Amtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit ECLI:DE:BGH:2018:200718UVZR130.17.0 Der V.

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Wer gegen den Besitzer einer Sache einen Anspruch in Ansehung der Sache hat oder sich Gewissheit verschaffen will, ob ihm ein solcher Anspruch zusteht, kann, wenn die Besichtigung der Sache aus diesem Grunde für ihn von Interesse ist, verlangen, dass der Besitzer ihm die Sache zur Besichtigung vorlegt oder die Besichtigung gestattet.

(1) Wer das Urheberrecht oder ein anderes nach diesem Gesetz geschütztes Recht widerrechtlich verletzt, kann von dem Verletzten auf Beseitigung der Beeinträchtigung, bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch auf Unterlassung besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung erstmalig droht.

(2) Wer die Handlung vorsätzlich oder fahrlässig vornimmt, ist dem Verletzten zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Bei der Bemessung des Schadensersatzes kann auch der Gewinn, den der Verletzer durch die Verletzung des Rechts erzielt hat, berücksichtigt werden. Der Schadensersatzanspruch kann auch auf der Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung des verletzten Rechts eingeholt hätte. Urheber, Verfasser wissenschaftlicher Ausgaben (§ 70), Lichtbildner (§ 72) und ausübende Künstler (§ 73) können auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine Entschädigung in Geld verlangen, wenn und soweit dies der Billigkeit entspricht.

Wer gegen den Besitzer einer Sache einen Anspruch in Ansehung der Sache hat oder sich Gewissheit verschaffen will, ob ihm ein solcher Anspruch zusteht, kann, wenn die Besichtigung der Sache aus diesem Grunde für ihn von Interesse ist, verlangen, dass der Besitzer ihm die Sache zur Besichtigung vorlegt oder die Besichtigung gestattet.

(1) Wer das Urheberrecht oder ein anderes nach diesem Gesetz geschütztes Recht widerrechtlich verletzt, kann von dem Verletzten auf Beseitigung der Beeinträchtigung, bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch auf Unterlassung besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung erstmalig droht.

(2) Wer die Handlung vorsätzlich oder fahrlässig vornimmt, ist dem Verletzten zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Bei der Bemessung des Schadensersatzes kann auch der Gewinn, den der Verletzer durch die Verletzung des Rechts erzielt hat, berücksichtigt werden. Der Schadensersatzanspruch kann auch auf der Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung des verletzten Rechts eingeholt hätte. Urheber, Verfasser wissenschaftlicher Ausgaben (§ 70), Lichtbildner (§ 72) und ausübende Künstler (§ 73) können auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine Entschädigung in Geld verlangen, wenn und soweit dies der Billigkeit entspricht.

(1) Wer das Urheberrecht oder ein anderes nach diesem Gesetz geschütztes Recht widerrechtlich verletzt, kann von dem Verletzten auf Vernichtung der im Besitz oder Eigentum des Verletzers befindlichen rechtswidrig hergestellten, verbreiteten oder zur rechtswidrigen Verbreitung bestimmten Vervielfältigungsstücke in Anspruch genommen werden. Satz 1 ist entsprechend auf die im Eigentum des Verletzers stehenden Vorrichtungen anzuwenden, die vorwiegend zur Herstellung dieser Vervielfältigungsstücke gedient haben.

(2) Wer das Urheberrecht oder ein anderes nach diesem Gesetz geschütztes Recht widerrechtlich verletzt, kann von dem Verletzten auf Rückruf von rechtswidrig hergestellten, verbreiteten oder zur rechtswidrigen Verbreitung bestimmten Vervielfältigungsstücken oder auf deren endgültiges Entfernen aus den Vertriebswegen in Anspruch genommen werden.

(3) Statt der in Absatz 1 vorgesehenen Maßnahmen kann der Verletzte verlangen, dass ihm die Vervielfältigungsstücke, die im Eigentum des Verletzers stehen, gegen eine angemessene Vergütung, welche die Herstellungskosten nicht übersteigen darf, überlassen werden.

(4) Die Ansprüche nach den Absätzen 1 bis 3 sind ausgeschlossen, wenn die Maßnahme im Einzelfall unverhältnismäßig ist. Bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit sind auch die berechtigten Interessen Dritter zu berücksichtigen.

(5) Bauwerke sowie ausscheidbare Teile von Vervielfältigungsstücken und Vorrichtungen, deren Herstellung und Verbreitung nicht rechtswidrig ist, unterliegen nicht den in den Absätzen 1 bis 3 vorgesehenen Maßnahmen.

(1) Zu den geschützten Werken der Literatur, Wissenschaft und Kunst gehören insbesondere:

1.
Sprachwerke, wie Schriftwerke, Reden und Computerprogramme;
2.
Werke der Musik;
3.
pantomimische Werke einschließlich der Werke der Tanzkunst;
4.
Werke der bildenden Künste einschließlich der Werke der Baukunst und der angewandten Kunst und Entwürfe solcher Werke;
5.
Lichtbildwerke einschließlich der Werke, die ähnlich wie Lichtbildwerke geschaffen werden;
6.
Filmwerke einschließlich der Werke, die ähnlich wie Filmwerke geschaffen werden;
7.
Darstellungen wissenschaftlicher oder technischer Art, wie Zeichnungen, Pläne, Karten, Skizzen, Tabellen und plastische Darstellungen.

(2) Werke im Sinne dieses Gesetzes sind nur persönliche geistige Schöpfungen.

(1) Computerprogramme im Sinne dieses Gesetzes sind Programme in jeder Gestalt, einschließlich des Entwurfsmaterials.

(2) Der gewährte Schutz gilt für alle Ausdrucksformen eines Computerprogramms. Ideen und Grundsätze, die einem Element eines Computerprogramms zugrunde liegen, einschließlich der den Schnittstellen zugrundeliegenden Ideen und Grundsätze, sind nicht geschützt.

(3) Computerprogramme werden geschützt, wenn sie individuelle Werke in dem Sinne darstellen, daß sie das Ergebnis der eigenen geistigen Schöpfung ihres Urhebers sind. Zur Bestimmung ihrer Schutzfähigkeit sind keine anderen Kriterien, insbesondere nicht qualitative oder ästhetische, anzuwenden.

(4) Auf Computerprogramme finden die für Sprachwerke geltenden Bestimmungen Anwendung, soweit in diesem Abschnitt nichts anderes bestimmt ist.

(5) Die §§ 32 bis 32g, 36 bis 36d, 40a und 41 sind auf Computerprogramme nicht anzuwenden.

Wer gegen den Besitzer einer Sache einen Anspruch in Ansehung der Sache hat oder sich Gewissheit verschaffen will, ob ihm ein solcher Anspruch zusteht, kann, wenn die Besichtigung der Sache aus diesem Grunde für ihn von Interesse ist, verlangen, dass der Besitzer ihm die Sache zur Besichtigung vorlegt oder die Besichtigung gestattet.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 45/01 Verkündet am:
2. Mai 2002
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : ja
BGHR : ja
Faxkarte
Ist im Schadensersatzprozeß eine Schutzrechtsverletzung rechtskräftig bejaht
worden, geht davon keine Feststellungswirkung für den Unterlassungsprozeß aus
und umgekehrt (im Anschluß an BGHZ 42, 340, 353 f. – Gliedermaßstäbe).

a) Der Besichtigungsanspruch aus § 809 BGB kann auch dem Urheber zustehen
, der sich vergewissern möchte, ob eine bestimmte Sache unter Verletzung
des geschützten Werks hergestellt worden ist. Voraussetzung ist dabei stets,
daß für die Verletzung bereits eine gewisse Wahrscheinlichkeit besteht.

b) Das berechtigte Geheimhaltungsinteresse des Besitzers der zu besichtigenden
Sache ist im Rahmen einer umfassenden Interessenabwägung zu berücksichtigen
, führt jedoch nicht dazu, daß generell gesteigerte Anforderungen an
die Wahrscheinlichkeit der Rechtsverletzung zu stellen wären (im Anschluß an
BGHZ 93, 191 – Druckbalken). Im Rahmen der Abwägung ist insbesondere zu
prüfen, ob dem schützenswerten Geheimhaltungsinteresse auch bei grundsätzlicher
Gewährung des Anspruchs ± etwa durch Einschaltung eines zur Verschwiegenheit
verpflichteten Dritten ± genügt werden kann.
BGH, Urt. v. 2. Mai 2002 ± I ZR 45/01 ± OLG Hamburg
LG Hamburg
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 2. Mai 2002 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Erdmann und die
Richter Prof. Starck, Prof. Dr. Bornkamm, Dr. Büscher und Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, 3. Zivilsenat, vom 11. Januar 2001 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Klage auch mit dem Hilfsantrag abgewiesen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin geht gegen die Beklagte wegen des behaupteten Nachbaus einer besonderen Faxkarte vor, die mit einem sogenannten Fax-Analyser-System ausgerüstet ist und dem „Abhören“ und Überwachen von Faxsendungen dient.
Die Rechtsvorgängerin der Klägerin brachte 1992 ein solches von ihren Mitarbeitern entwickeltes, unter MS-DOS laufendes System unter der Bezeichnung
„PK 1115“ auf den Markt. Seit 1994 vertrieb die Beklagte die dem gleichen Zweck dienende Faxkarte „TCM 2001“, die auf dem Betriebssystem „Windows 3.11“ basiert. Beide Faxkarten verwenden einen Rockwell-Modembaustein. Auf seiten der Beklagten war bei der Entwicklung der Faxkarte ein früherer Mitarbeiter der Klägerin beteiligt.
Die Klägerin hat behauptet und im einzelnen dargelegt, daû die Beklagte für ihre Faxkarte sowohl die Hardwarekonfiguration als auch Teile der Software des Systems der Klägerin übernommen habe. Was die Software angehe, seien die Datenstrukturen beim Verzeichnis der Faxeingänge (Journal) ebenso identisch wie die Darstellung der Daten auf dem Bildschirm. Die beiden Ausführungsdateien „WSR.EXE“ und „TCMWATCH.EXE“ ± die erste aus dem Produkt der Klägerin, die zweite aus dem der Beklagten ± wiesen erhebliche Übereinstimmungen auf; viele Programmblöcke ± 13 davon mit einer Gröûe von mehr als 100 Byte ± seien gleich lang bzw. gleich groû. Die in beiden Programmen verwendeten Dateien mit der Bezeichnung „EQUALIZE.IN“ seien identisch. Die in dieser Datei enthaltenen Werte, die durch Aufnahme verschiedener Faxsendungen im Labor der Klägerin empirisch ermittelt worden seien, seien nicht reproduzierbar.
Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, die Übernahme der Hardwarekonfiguration sowie die Übernahme eines Teils der Software stelle eine Urheberrechtsverletzung dar und sei im übrigen unter dem Gesichtspunkt des ergänzenden Leistungsschutzes auch wettbewerbswidrig. Sie hat die Beklagte mit einer Stufenklage auf Auskunft, Rechnungslegung und Zahlung von Schadensersatz in Anspruch genommen und zunächst den auf Erteilung einer Auskunft gerichteten Antrag gestellt.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat den Umfang der behaupteten Übereinstimmungen bestritten und behauptet, Übereinstimmungen ge-
be es lediglich bei den verwendeten Modulbausteinen, die entsprechend der Logik und den Herstellerbeschreibungen in üblicher Weise miteinander verknüpft seien. Ansonsten unterschieden sich die Faxkarten wesentlich voneinander.
Das Landgericht hat die Klage nach einer Beweisaufnahme über Gemeinsamkeiten und Unterschiede der beiden Faxkarten in vollem Umfang abgewiesen. Im Berufungsverfahren hat die Klägerin ihre Klage durch einen Hilfsantrag erweitert , mit dem sie beantragt hat,
die Beklagte zu verurteilen, den Quellcode der Programme bzw. Programmteile für das streitige System TCM 2001 offenzulegen, soweit eine Übereinstimmung der Dateilänge bereits festgestellt worden ist.
Das Berufungsgericht hat die Berufung zurückgewiesen und die Klage auch mit dem Hilfsantrag abgewiesen (OLG Hamburg GRUR-RR 2001, 289 = ZUM 2001, 519 = CR 2001, 434).
Der Senat hat die Revision der Klägerin nur hinsichtlich des Hilfsantrags angenommen. Die Klägerin verfolgt dementsprechend diesen Hilfsantrag mit ihrer Revision weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision auch hinsichtlich des angenommenen Teils zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat hinsichtlich der Hardware einen Urheberrechtsschutz ausgeschlossen, weil es sich bei der Zusammenstellung, dem Aufbau und der Dimensionierung der Bauteile der Faxkarte nicht um ein Werk im Sinne des § 2 UrhG handele. Dagegen sei die Software einem Urheberrechtsschutz zugäng-
lich. Die Klägerin habe jedoch nicht zu beweisen vermocht, daû die im Produkt der Beklagten enthaltene Software auf urheberrechtlich geschützten Teilen des Programms der Klägerin beruhe. Der Sachverständige habe lediglich feststellen können , daû Datensatzlänge und Aufbau der Monitor-Software der Beklagten mit denen der Klägerin übereinstimmten. Daû er keine konkreteren Feststellungen zur Teilidentität der Programme getroffen habe, rüge die Klägerin ohne Erfolg. Es sei an ihr, die Identität von Programmteilen der Software beider Parteien und die Schutzfähigkeit der übernommenen Programmteile konkret darzulegen. Es sei nicht Aufgabe der Beweisaufnahme, von der Klägerin angestellte Vermutungen zu verifizieren und auf diese Weise eine Ausforschung zu ermöglichen. Auf Übereinstimmungen der Benutzeroberfläche komme es nicht an, weil die Benutzeroberfläche als solche am urheberrechtlichen Softwareschutz nicht partizipiere. Die in beiden Programmen vorhandene Datei ¹EQUALIZE.INª enthalte im wesentlichen bloûe Ja/Nein-Schaltungen; eine urheberrechtlich relevante, den Bereich des Banalen überschreitende Leistung sei dem nicht zu entnehmen.
Ein wettbewerbsrechtlicher Anspruch scheide u.a. deshalb aus, weil keine vermeidbare Herkunftstäuschung vorliege.
Was den hilfsweise geltend gemachten Antrag auf Offenlegung des Quellcodes der Beklagten angehe, komme allenfalls ein Besichtigungsanspruch nach § 809 BGB in Betracht, der grundsätzlich auch bei der Geltendmachung urheberrechtlicher Ansprüche Anwendung finde. Zwar setze der Besichtigungsanspruch lediglich einen gewissen Grad an Wahrscheinlichkeit einer Rechtsverletzung voraus, gewähre aber allenfalls eine Möglichkeit, die Sache selbst, also hier die Faxkarte mit Software in Augenschein zu nehmen, die die Klägerin schon kenne. Selbst wenn man den Besichtigungsanspruch auf den dahinterstehenden Quellcode ausdehnen würde, seien strenge Anforderungen an die Darlegung einer
möglichen Rechtsverletzung zu stellen. Die festgestellten Übereinstimmungen reichten hierfür nicht aus.
II. Die Angriffe der Revision haben in dem Umfang Erfolg, in dem der Senat die Revision angenommen hat, also insoweit, als die Klage auch mit dem auf Offenlegung des Quellcodes gerichteten Hilfsantrag abgewiesen worden ist. Sie führen zur Aufhebung und Zurückverweisung.
1. Die Klägerin hat die Bedingung, unter der der Hilfsantrag zum Zuge kommen soll, nicht ausdrücklich genannt. Den Umständen ist jedoch zu entnehmen , daû sie diesen Antrag für den Fall gestellt hat, daû sie mit dem Hauptantrag nicht durchdringt. Das erscheint zwar insofern nicht selbstverständlich, als die Klägerin mit dem Hilfsantrag das Ziel verfolgt, eine Rechtsverletzung der Beklagten darzutun, und dieses Ziel sinnvollerweise der Verletzungsklage nicht nach-, sondern vorgeschaltet sein sollte. Indessen kommt eine andere Bedingung, unter der über den Hilfsantrag entschieden werden sollte, im Streitfall nicht in Betracht. Insbesondere kann nicht angenommen werden, der Hilfsantrag solle ± noch vor Entscheidung über den Hauptantrag ± unter der Bedingung zum Zuge kommen, daû das Gericht die Rechtsverletzung nicht als erwiesen erachtet. Denn ein solches Vorgehen widerspräche dem Grundsatz, daû über den Hilfsantrag nicht entschieden werden darf, bevor der Hauptantrag nicht abgewiesen oder sonst erledigt ist (BGH, Urt. v. 20.1.1989 ± V ZR 137/87, NJW-RR 1989, 650; G. Lüke in MünchKomm.ZPO, 2. Aufl., § 300 Rdn. 4, § 308 Rdn. 15; Zöller/Greger, ZPO, 23. Aufl., § 301 Rdn. 8).
2. Der Hilfsantrag ist auch im übrigen zulässig.

a) Mit Recht hat das Berufungsgericht für den Hilfsantrag als mögliche Anspruchsgrundlage § 809 BGB herangezogen. Das dort geregelte Besichtigungs-
recht setzt ein Interesse des Anspruchstellers voraus, sich Gewiûheit darüber zu verschaffen, ob in Ansehung der zu besichtigenden Sache ein Anspruch besteht. Ist dieser (Haupt-)Anspruch nicht mehr durchsetzbar, entfällt mangels eines Interesses auch der Besichtigungsanspruch (vgl. Palandt/Sprau, BGB, 61. Aufl., § 809 Rdn. 6; vgl. ferner BGH, Urt. v. 3.10.1984 ± IVa ZR 56/83, NJW 1985, 384, 385 zu § 2314 BGB). Da sich daher bei der Geltendmachung eines Anspruchs aus § 809 BGB das Rechtsschutzbedürfnis mit einem Tatbestandsmerkmal deckt, ist dieses Interesse allein im Rahmen der Begründetheit des Anspruchs zu prüfen (dazu unten unter II.3.b).

b) Der Hilfsantrag ist auch hinreichend bestimmt (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Zwar läût sich der bestimmte Inhalt nicht dem Wortlaut des Antrags entnehmen, der auf Offenlegung der Programme oder Programmteile gerichtet ist, ¹soweit eine Übereinstimmung der Dateilänge bereits festgestellt worden istª. Zur Auslegung des Antrags kann indessen das Klagevorbringen herangezogen werden, aus dem sich im Streitfall mit hinreichender Klarheit ergibt, auf welche Programme und Programmteile der Antrag Bezug nimmt. Sie können dem von der Klägerin vorgelegten Gutachten H. entnommen werden, das in zwei Anlagen (¹Identische Blökke in den Programmen ‚WSR.Exe’ und ‚TCMWatch.Exe’ª und ¹Identische Blöcke in den Programmen ‚WSRPM.Exe’ und ‚TCMWatch.Exe’ª) 402 als ¹identisch festgestellteª Programmblöcke benennt. Auf diese Listen, in denen 402 einzelne Programmblöcke mit näheren Angaben dazu aufgeführt sind, wo sie sich innerhalb der beiden Programme befinden, kann zur Konkretisierung des nach seinem Wortlaut unbestimmten Antrags zurückgegriffen werden.
3. Nach den getroffenen Feststellungen kann der Besichtigungsanspruch nach § 809 BGB im Streitfall nicht verneint werden.

a) Der Anspruch nach § 809 BGB steht grundsätzlich auch dem Urheber oder dem aus Urheberrecht Berechtigten zu, wenn er sich vergewissern möchte, ob eine bestimmte Sache unter Verletzung ± beispielsweise durch Vervielfältigung ± des geschützten Werks hergestellt worden ist (vgl. RGZ 69, 401, 405 f. ± Nietzsche -Briefe). Auch derjenige, dessen Leistung wettbewerbsrechtlich gegen Nachahmung geschützt ist, kann sich auf diesen Anspruch berufen. Insoweit gilt nichts anderes als für den Patentinhaber, für den der Bundesgerichtshof die Anwendbarkeit des § 809 BGB bejaht hat (BGHZ 93, 191, 198 ff. ± Druckbalken, m.w.N. auch zum Urheberrecht; Schricker/Wild, Urheberrecht, 2. Aufl., § 97 UrhG Rdn. 90a m.w.N.).

b) Die Klägerin hat ein Interesse daran, den Quellcode des Programms der Beklagten untersuchen zu können, auch wenn der auf Zahlung von Schadensersatz gerichtete Hauptantrag bereits rechtskräftig abgewiesen worden ist. Denn neben einem Schadensersatzanspruch kommt im Streitfall auch ein Unterlassungsanspruch in Betracht. Das Bestehen oder Nichtbestehen dieses Anspruchs wird nicht dadurch präjudiziert, daû die Schadensersatzklage mangels Erweislichkeit der Verletzung rechtskräftig abgewiesen worden ist (vgl. RGZ 49, 33, 36; 160, 163, 165 f.; RG GRUR 1938, 778, 781; BGHZ 42, 340, 353 f. ± Gliedermaûstäbe ; Köhler in Köhler/Piper, UWG, 2. Aufl., vor § 13 Rdn. 359; Ahrens in Pastor /Ahrens, Der Wettbewerbsprozeû, 4. Aufl., Kap. 40 Rdn. 127 ff., 145 ff.; Musielak in Musielak, ZPO, 3. Aufl., § 322 Rdn. 27; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, 7. Aufl., Kap. 51 Rdn. 50 m.w.N.; zur Gegenansicht tendierend dagegen Teplitzky, GRUR 1998, 320, 323 f. und nunmehr ders., Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 8. Aufl., Kap. 30 Rdn. 2; a.A. Zeuner, Die objektiven Grenzen der Rechtskraft im Rahmen rechtlicher Sinnzusammenhänge [1959], S. 59 ff.; ders., JuS 1966, 147, 149 f.; Jacobs in Groûkomm.UWG, vor § 13 Rdn. D 435; Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 22. Aufl., Einl. Rdn. 484).
Auch wenn in der Regel für die Begründung des Unterlassungsanspruchs auf eine in der Vergangenheit liegende Verletzungshandlung zurückgegriffen wird, betreffen doch beide Ansprüche unterschiedliche Handlungen: Der Schadensersatzanspruch stützt sich allein auf die geschehene Verletzungshandlung, während es beim Unterlassungsanspruch allein um in der Zukunft liegende Verletzungshandlungen geht. Gegen eine Erstreckung der Rechtskraft des einen auf Elemente des anderen Anspruchs spricht auch, daû die verschiedenen Rechtsschutzziele auf seiten des Beklagten ein unterschiedliches Prozeûverhalten nahelegen können: Während ihm an der Verneinung des einen Anspruchs wenig gelegen sein mag, kann er ± worauf treffend Henckel hinweist (Prozeûrecht und materielles Recht, 1970, S. 175) ± an der Verteidigung gegenüber dem anderen Anspruch in hohem Maûe interessiert sein.

c) Das Berufungsgericht hat angenommen, der Besichtigungsanspruch aus § 809 BGB betreffe nur die Sache selbst, hier also die Faxkarte mit ihrer Software, die die Klägerin schon kenne, nicht dagegen den hinter der Software stehenden Quellcode. Dem kann nicht beigetreten werden.
§ 809 BGB setzt voraus, daû die Klägerin sich Gewiûheit verschaffen möchte , ob ihr ein Anspruch in Ansehung der zu besichtigenden Sache zusteht. Mit dieser Formulierung bringt das Gesetz zum Ausdruck, daû der Besichtigungsanspruch nicht nur dann besteht, wenn sich der Anspruch des Gläubigers auf die Sache selbst erstreckt, sondern auch dann, wenn das Bestehen des Anspruchs in irgendeiner Weise von der Existenz oder Beschaffenheit der Sache abhängt (vgl. BGHZ 93, 191, 198 ± Druckbalken; Staudinger/Marburger, BGB [1997], § 809 Rdn. 5; Hüffer in MünchKomm.BGB, 3. Aufl., § 809 Rdn. 4; Bork, NJW 1997, 1665, 1668). Diese Voraussetzung ist im Streitfall gegeben. Denn im Falle einer urheberrechtsverletzenden Vervielfältigung oder einer wettbewerbswidrigen Übernahme ist der Quellcode das erste Vervielfältigungsstück, von dem sodann nach
Übertragung des Programms in den Maschinencode weitere Kopien erstellt werden. Für die Annahme des Berufungsgerichts, der Besichtigungsanspruch könne sich nicht auf den Quellcode beziehen, gibt es daher keine Grundlage.

d) Ferner hat das Berufungsgericht unter Hinweis auf die zum Patentrecht ergangene Druckbalken-Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 93, 191) darauf abgestellt, daû an die Darlegung einer möglichen Rechtsverletzung strenge Anforderungen zu stellen sind. Im Streitfall reichten die Umstände nicht aus, um von einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit einer Rechtsverletzung auszugehen. Auch in diesem Punkt hat das Berufungsgericht zu strenge Anforderungen an das Vorliegen des Besichtigungsanspruchs gestellt.
aa) Bereits dem Wortlaut des Gesetzes ist zu entnehmen, daû der Anspruch aus § 809 BGB gerade auch demjenigen zusteht, der sich mit Hilfe der Besichtigung erst Gewiûheit über das Vorliegen eines Anspruchs verschaffen möchte. Der Besichtigungsanspruch besteht also ± ¹durch Billigkeitsrücksichten gebotenª (Mot. II 891) ± gerade auch in Fällen, in denen ungewiû ist, ob überhaupt eine Rechtsverletzung vorliegt (RGZ 69, 401, 405 f. ± Nietzsche-Briefe; BGHZ 93, 191, 203 f. ± Druckbalken). Dem kann nicht entgegengehalten werden, eine solche Regelung verstoûe gegen das zivilprozessuale Verbot des Ausforschungsbeweises und lasse damit den Grundsatz auûer acht, wonach niemand verpflichtet sei, ¹seinem Gegner die Waffen in die Hand zu gebenª (vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann , ZPO, 60. Aufl., Einf. § 284 Rdn. 29; BGH, Urt. v. 26.6.1958 ± II ZR 66/57, NJW 1958, 1491, 1492; Urt. v. 11.6.1990 ± II ZR 159/89, NJW 1990, 3151). Denn dieser ohnehin durch prozessuale Darlegungspflichten eingeschränkte Grundsatz besagt nichts darüber, daû und in welchem Umfang das materielle Recht Auskunfts - und andere Hilfsansprüche kennt, die dem Gläubiger die Geltendmachung weiterer Ansprüche erst ermöglichen sollen (vgl. BGH NJW 1990, 3151).
Für die Durchsetzung der Immaterialgüterrechte sieht im übrigen Art. 43 des Übereinkommens über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums (TRIPS-Übereinkommen) ausdrücklich vor, daû das Gericht dem Gegner einer in Beweisnot befindlichen Partei die Beibringung von Beweismitteln auferlegen kann, die sich in seinem Besitz befinden. Hierfür müssen nach Art. 50 des TRIPS-Übereinkommens auch einstweilige Maûnahmen vorgesehen werden (vgl. Dreier, GRUR Int. 1996, 205, 211 f.). Zwar sind die Vorschriften des dritten Teils des Übereinkommens, der die Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums betrifft (Art. 41 bis 61), nicht ohne weiteres unmittelbar anwendbar (vgl. Denkschrift , BT-Drucks. 12/7655 (neu), S. 347); der Gesetzgeber ging jedoch bei der Ratifizierung des Übereinkommens davon aus, daû das deutsche Recht mit den neuen Anforderungen voll in Einklang stehe (Denkschrift aaO). Die fraglichen Bestimmungen sind deswegen in einer Weise auszulegen, daû mit ihrer Hilfe den Anforderungen des TRIPS-Übereinkommens Genüge getan wird. Hierzu zählt auch der Besichtigungsanspruch des § 809 BGB, der als ein die Rechtsdurchsetzung vorbereitender Anspruch im deutschen Recht Funktionen zu erfüllen hat, die in anderen Rechtsordnungen durch entsprechende prozessuale Rechtsinstitute erfüllt werden (vgl. Dreier, GRUR Int. 1996, 205, 217; Schäfers, GRUR Int. 1996, 763, 776; Fritze, GRUR Int. 1997, 143, 147 f.; U. Krieger, GRUR Int. 1997, 421, 426; Bork, NJW 1997, 1665; Mes, GRUR 2000, 934, 940; König, Mitt. 2002, 153, 155 ff.).
bb) Andererseits können derartige Hilfsansprüche nicht wahllos gegenüber Dritten geltend gemacht werden, die eine Sache im Besitz haben, hinsichtlich deren nur eine entfernte Möglichkeit einer Rechtsverletzung besteht. Vielmehr muû ± insofern gilt nichts anderes als bei anderen Hilfsansprüchen (vgl. BGH, Urt. v. 29.6.2000 ± I ZR 29/98, GRUR 2000, 907, 911 = WRP 2000, 1258 ± Filialleiterfehler ) ± auch bei § 809 BGB bereits ein gewisser Grad an Wahrscheinlichkeit
vorliegen (BGHZ 93, 191, 205 ± Druckbalken; Staudinger/Marburger aaO § 809 Rdn. 6; Bork, NJW 1997, 1665, 1668).
cc) Im Hinblick auf ein besonderes Geheimhaltungsinteresse bei technischen Vorrichtungen kann der Besichtigungsanspruch in Patentverletzungsfällen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs von einem erheblichen Grad an Wahrscheinlichkeit einer Rechtsverletzung abhängen (BGHZ 93, 191, 207 ± Druckbalken). Diese Anforderungen können ± ungeachtet der Frage, ob an ihnen festzuhalten ist ± auf Fälle der Verletzung anderer Schutzrechte nicht ohne weiteres übertragen werden.
Die Vorschrift des § 809 BGB beruht auf einer Interessenabwägung (BGHZ 93, 191, 211 ± Druckbalken). Sie möchte einerseits dem Gläubiger ein Mittel an die Hand geben, um den Beweis der Rechtsverletzung auch in den Fällen führen zu können, in denen auf andere Weise ein solcher Beweis nur schwer oder gar nicht erbracht werden könnte, in denen also die Vorlage ¹zur Verwirklichung des Anspruches mehr oder weniger unentbehrlich istª (Mot. II 891). Andererseits soll vermieden werden, daû der Besichtigungsanspruch zu einer Ausspähung insbesondere auch solcher Informationen miûbraucht wird, die der Verpflichtete aus schutzwürdigen Gründen geheimhalten möchte, und der Gläubiger sich über sein berechtigtes Anliegen hinaus wertvolle Kenntnisse verschafft (BGHZ 93, 191, 206 ± Druckbalken; vgl. auch Mot. II 890). Im Hinblick auf diese widerstreitenden Interessen kann nicht durchweg ein erheblicher Grad an Wahrscheinlichkeit verlangt werden. Denn der Grad der Wahrscheinlichkeit der Schutzrechtsverletzung stellt nur einen im Rahmen der Gesamtwürdigung zu berücksichtigenden Punkt dar. Daneben ist vor allem darauf abzustellen, ob für den Gläubiger noch andere zumutbare Möglichkeiten bestehen, die Rechtsverletzung zu beweisen. Weiter ist zu berücksichtigen, ob bei Gewährung des Besichtigungsrechts notwendig berechtigte Geheimhaltungsinteressen des Schuldners beeinträchtigt werden oder ob
diese Beeinträchtigungen durch die Einschaltung eines zur Verschwiegenheit verpflichteten Dritten weitgehend ausgeräumt werden können (vgl. dazu Leppin, GRUR 1984, 552, 560 f.; Stürner, JZ 1985, 453, 456; Stürner/Stadler, JZ 1985, 1101, 1104; Brandi-Dohrn, CR 1987, 835, 837 f.; Kröger/Bausch, GRUR 1997, 321, 324; Bork, NJW 1997, 1665, 1669 f.; Benkard/Rogge, Patentgesetz, 9. Aufl., § 139 Rdn. 117; Keukenschrijver in Busse, PatG, 5. Aufl., § 140b Rdn. 80; Staudinger /Marburger aaO § 809 Rdn. 8). Generell ist dafür Sorge zu tragen, daû die aus der Besichtigung gewonnenen Erkenntnisse nur zu dem vorgesehenen Zweck eingesetzt werden (vgl. RGZ 69, 401, 406 ± Nietzsche-Briefe).
Ist der Gläubiger aber auf die Besichtigung angewiesen, um eine unterstellte Verletzung nachweisen zu können, und stehen besondere (Geheimhaltungs-)Interessen ± sei es generell oder sei es wegen der Einschaltung eines Dritten ± der Besichtigung nicht entgegen, kann nicht generell ein erheblicher Grad der Wahrscheinlichkeit einer Rechtsverletzung verlangt werden. Dabei kann im Streitfall offenbleiben, ob eine solche auf eine Interessenabwägung im Einzelfall abstellende Betrachtungsweise auch für Fälle einer zu beweisenden Patentverletzung angezeigt wäre.
dd) Bei Zugrundelegung dieser Maûstäbe läût sich nach den im Streitfall bisher getroffenen Feststellungen der Besichtigungsanspruch nicht verneinen. Die Klägerin ist auf den Quellcode angewiesen, um sich Kenntnis darüber zu verschaffen , ob und gegebenenfalls in welchem Umfang die ihr zustehenden Rechte verletzt worden sind. Denn lediglich anhand des Quellcodes sind Übereinstimmungen einzelner Programmteile zuverlässig zu ermitteln. Stehen einer Besichtigung durch die Klägerin oder ihre Mitarbeiter berechtigte Geheimhaltungsinteressen entgegen, kann ± wie es die Klägerin bei Stellung des Hilfsantrags bereits angeboten hat ± sachverständige Hilfe in Anspruch genommen werden. Unter diesen Umständen kann kein erheblicher Grad an Wahrscheinlichkeit der Rechtsverlet-
zung verlangt werden. Vielmehr reicht der aufgrund der zahlreichen Übereinstimmungen begründete Verdacht einer Verletzung verbunden mit der Möglichkeit, daû das Programm der Klägerin über den früher bei ihr und inzwischen bei der Beklagten beschäftigten Mitarbeiter zur Beklagten gelangt ist, aus, um eine im vorliegenden Fall ausreichende Wahrscheinlichkeit einer Rechtsverletzung zu begründen. Ist eine Wahrscheinlichkeit begründet, erstreckt sich der Besichtigungsanspruch auf das gesamte Programm; er ist nicht auf die Programmteile beschränkt , hinsichtlich deren von vornherein Übereinstimmungen feststanden.

e) Für das Patentrecht hat der Bundesgerichtshof den Besichtigungsanspruch nicht zuletzt wegen des besonderen Geheimhaltungsinteresses darüber hinaus dadurch begrenzt, daû dem Besichtigenden generell Substanzeingriffe wie der Ein- und Ausbau von Teilen sowie eine Inbetriebnahme, unter Umständen auch eine Auûerbetriebsetzung versagt sind (BGHZ 93, 191, 209 ± Druckbalken).
Diese generelle Beschränkung des Besichtigungsanspruchs ist im Schrifttum fast einhellig kritisiert worden (Stürner/Stadler, JZ 1985, 1101, 1102 f.; Stauder, GRUR 1985, 518 f.; Meyer-Dulheuer, GRUR Int. 1987, 14, 16; Marshall in Festschrift für Preu, 1988, S. 151, 159 f.; Götting, GRUR Int. 1988, 729, 739; Kröger /Bausch, GRUR 1997, 321, 323; König, Mitt. 2002, 153, 162 f.). Ob sie ± wie Rogge (Benkard/Rogge aaO § 139 Rdn. 117) und Keukenschrijver (Busse aaO § 140b Rdn. 79) andeuten ± auch für Patentverletzungsfälle überdacht werden sollte, bedarf im Streitfall keiner Entscheidung. Denn jedenfalls ist für den hier in Rede stehenden Bereich des Urheber- und des Wettbewerbsrechts eine entsprechende Begrenzung des Besichtigungsanspruchs nicht angezeigt. Wie bereits dargelegt, bezieht sich dieser Anspruch auf die Sache, hinsichtlich deren der mögliche Anspruch besteht. Dabei ist zunächst einmal ohne Bedeutung, ob diese Sache mit anderen Gegenständen verbunden ist und zur Besichtigung erst ausgebaut werden muû. Ebensowenig spielt es zunächst eine Rolle, ob es ± um über
eine mögliche Rechtsverletzung Gewiûheit zu erlangen ± angezeigt ist, die zu besichtigende Sache auseinanderzunehmen oder ± etwa durch Entnahme einer Probe ± näher zu untersuchen. Vielmehr sind die Befugnisse des Gläubigers oder des zur Verschwiegenheit verpflichteten Dritten im Rahmen der gebotenen Interessenabwägung in der Weise zu begrenzen, daû durch einen derartigen Eingriff das Integritätsinteresse des Schuldners nicht unzumutbar beeinträchtigt werden darf: Die realistische Gefahr einer Beschädigung seiner Sache wird der Schuldner nicht ohne weiteres hinnehmen müssen. Andererseits wird eine solche ernsthafte Gefahr in vielen Fällen nicht bestehen. Auch ist zu berücksichtigen, daû der Gläubiger ± sollte die Sache beschädigt werden ± Ersatz leisten muû und daû Vorlage und Besichtigung von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden können (§ 811 Abs. 2 BGB).
Im Streitfall sind keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, daû der in Rede stehende Quellcode durch Vorlage und Besichtigung in irgendeiner Weise beeinträchtigt werden könnte.
4. Eine Anrufung des Groûen Senats für Zivilsachen nach § 132 Abs. 2 GVG ist nicht geboten. Denn die in der Druckbalken-Entscheidung aufgestellten Grundsätze betreffen den Fall der Patentverletzung, während im Streitfall eine Urheberrechtsverletzung und ein möglicher Wettbewerbsverstoû in Rede stehen. Allerdings ist einzuräumen, daû die zwischen den Schutzrechten bestehenden Unterschiede keine unterschiedlichen Anforderungen an die Voraussetzungen des Besichtigungsanspruchs nahelegen. Der X. Zivilsenat hat jedoch auf Anfrage mitgeteilt , daû er auch im Hinblick auf eine mögliche Verallgemeinerung der hier aufgestellten Grundsätze eine Anrufung des Groûen Senats nicht für notwendig hält.
III. Die Abweisung der Klage mit dem Hilfsantrag kann danach keinen Bestand haben. Das angefochtene Urteil ist insoweit aufzuheben.
Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, dem auch die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens zu übertragen ist. Denn dem Senat ist eine abschlieûende Entscheidung über den Hilfsantrag verwehrt. Wie sich aus dem oben Gesagten ergibt, kann die Klägerin nicht ohne weiteres beanspruchen, daû die fraglichen Programme oder Programmteile zu ihrer Kenntnis offengelegt werden. Vielmehr ist auf ein mögliches Geheimhaltungsinteresse der Beklagten Rücksicht zu nehmen, das im Zweifel dazu führen wird, daû die Offenlegung lediglich gegenüber einem zur Verschwiegenheit verpflichteten sachkundigen Dritten erfolgt, der sodann darüber Auskunft geben kann, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang die offengelegten Programmteile mit den entsprechenden Teilen des Programms der Klägerin übereinstimmen. Von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig hatte das Berufungsgericht bislang keine Veranlassung , diese Frage mit den Parteien zu erörtern. Dies wird nachzuholen sein.
Dabei wird es sich empfehlen, daû die Klägerin ihren Antrag in der Weise konkretisiert , daû sich bereits aus seinem Wortlaut ein bestimmter Inhalt ergibt. Die Beklagte wird im übrigen Gelegenheit haben, Näheres zu einem möglichen Geheimhaltungsinteresse darzulegen.
Erdmann Starck Bornkamm
Büscher Schaffert

Wer gegen den Besitzer einer Sache einen Anspruch in Ansehung der Sache hat oder sich Gewissheit verschaffen will, ob ihm ein solcher Anspruch zusteht, kann, wenn die Besichtigung der Sache aus diesem Grunde für ihn von Interesse ist, verlangen, dass der Besitzer ihm die Sache zur Besichtigung vorlegt oder die Besichtigung gestattet.

(1) Zu den geschützten Werken der Literatur, Wissenschaft und Kunst gehören insbesondere:

1.
Sprachwerke, wie Schriftwerke, Reden und Computerprogramme;
2.
Werke der Musik;
3.
pantomimische Werke einschließlich der Werke der Tanzkunst;
4.
Werke der bildenden Künste einschließlich der Werke der Baukunst und der angewandten Kunst und Entwürfe solcher Werke;
5.
Lichtbildwerke einschließlich der Werke, die ähnlich wie Lichtbildwerke geschaffen werden;
6.
Filmwerke einschließlich der Werke, die ähnlich wie Filmwerke geschaffen werden;
7.
Darstellungen wissenschaftlicher oder technischer Art, wie Zeichnungen, Pläne, Karten, Skizzen, Tabellen und plastische Darstellungen.

(2) Werke im Sinne dieses Gesetzes sind nur persönliche geistige Schöpfungen.

(1) Computerprogramme im Sinne dieses Gesetzes sind Programme in jeder Gestalt, einschließlich des Entwurfsmaterials.

(2) Der gewährte Schutz gilt für alle Ausdrucksformen eines Computerprogramms. Ideen und Grundsätze, die einem Element eines Computerprogramms zugrunde liegen, einschließlich der den Schnittstellen zugrundeliegenden Ideen und Grundsätze, sind nicht geschützt.

(3) Computerprogramme werden geschützt, wenn sie individuelle Werke in dem Sinne darstellen, daß sie das Ergebnis der eigenen geistigen Schöpfung ihres Urhebers sind. Zur Bestimmung ihrer Schutzfähigkeit sind keine anderen Kriterien, insbesondere nicht qualitative oder ästhetische, anzuwenden.

(4) Auf Computerprogramme finden die für Sprachwerke geltenden Bestimmungen Anwendung, soweit in diesem Abschnitt nichts anderes bestimmt ist.

(5) Die §§ 32 bis 32g, 36 bis 36d, 40a und 41 sind auf Computerprogramme nicht anzuwenden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 111/02 Verkündet am:
3. März 2005
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Fash 2000

a) Bei komplexen Computerprogrammen spricht eine tatsächliche Vermutung für
eine hinreichende Individualität der Programmgestaltung. In derartigen Fällen
ist es Sache des Beklagten darzutun, daß das fragliche Programm nur eine
gänzlich banale Programmierleistung ist oder lediglich das Programmschaffen
eines anderen Programmierers übernimmt.

b) Ist Gegenstand eines Vertrages allein die Übertragung einzelner Nutzungsrechte
, ist § 34 Abs. 3 UrhG nicht anwendbar, auch wenn es sich bei den zu
übertragenden Nutzungsrechten um den wesentlichen Vermögenswert des veräußernden
Unternehmens handelt. Die Verweigerung der Zustimmung kann in
einem solchen Fall aber Treu und Glauben widersprechen (§ 34 Abs. 1 Satz 2

c) Sind an der Schaffung eines Werkes verschiedene Urheber beteiligt, ist bei
einer zeitlichen Staffelung der Beiträge eine Miturheberschaft zwar nicht ausge-
schlossen; sie setzt jedoch voraus, daß jeder Beteiligte seinen (schöpferischen)
Beitrag in Unterordnung unter die gemeinsame Gesamtidee erbracht hat.
BGH, Urt. v. 3. März 2005 – I ZR 111/02 – OLG Hamm
LG Bielefeld
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 3. März 2005 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die Richter
Prof. Dr. Bornkamm, Dr. Büscher, Dr. Schaffert und Dr. Bergmann

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 21. März 2002 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Parteien streiten um die Nutzungsrechte an einem in der Modebranche einzusetzenden Computerprogramm mit der Bezeichnung „Fash 2000“. Diese Software war ursprünglich von dem Programmierer Mö. entwickelt worden , der sie dem Systemhaus MSR-S. GmbH (im folgenden: MSR) mit Vertrag vom 1. Juli 1997 „zur weiteren Nutzung auf unbestimmte Zeit zur Verfügung“ gestellt hatte. Nachdem über das Vermögen von MSR das Insolvenzverfahren eröffnet worden war, bemühte sich der Insolvenzverwalter zusammen mit dem Programmierer Mö. sowie drei ehemaligen Mitarbeitern von MSR, die an der Weiterentwicklung und Vermarktung des Programms beteiligt gewesen waren
(Rü. , S. und Ri. ), um eine bestmögliche Verwertung des Programms „Fash 2000“. Dazu brachte er die Beteiligten mit dem jetzigen Geschäftsführer der Klägerin (N. ) in Verbindung, der finanzielle Mittel für eine Auffanglösung zur Verfügung stellen sollte. Geplant war die Gründung einer Gesellschaft mit N. und Ri. als Geschäftsführern sowie Rü. und S. als Gesellschaftern. Die Gründe für das Scheitern dieses Plans sind streitig. Jedenfalls wurden in der Folge zwei Gesellschaften gegründet: die Klägerin mit N. und die Beklagte mit Ri. als Geschäftsführer. An der Beklagten beteiligte sich S. als Gesellschafter ; Rü. wurde als Mitarbeiter eingestellt.
Noch vor Gründung der Beklagten verkaufte der Insolvenzverwalter das Programm „Fash 2000“ am 18. Juni 1999 zum Preis von 75.000 DM an die am selben Tag gegründete Klägerin. Neben dem Insolvenzverwalter waren an dem Vertrag auf Veräußererseite der Programmierer Mö. sowie Rü. und S. beteiligt, weil sie als Inhaber von Rechten an der Software in Betracht kamen. Der Kaufpreis kam in vollem Umfang der Masse zugute, weil der Anteil der anderen Veräußerer vereinbarungsgemäß mit Insolvenzforderungen verrechnet wurde, die ihnen gegenüber bestanden.
Nach dem Erwerb von „Fash 2000“ arbeitete die Klägerin mit der Beklagten zusammen; insbesondere vermittelte sie der Beklagten Wartungsaufträge von Lizenznehmern. Veranlassung zur Klage sah die Klägerin aufgrund eines Hinweises in einem Schreiben der Anwälte der Beklagten, dem zufolge die Beklagte und ihr Gesellschafter S. „im Zusammenhang mit Fash 2000 … noch drei Verträge abgewickelt“ hätten.
Mit der Klage hat die Klägerin Unterlassung (Antrag zu 1: Unterlassung des Vertriebs der Software), Auskunft (Antrag zu 2: Auskunft über Vertrieb der Software , Antrag zu 3: Auskunft hinsichtlich weiterer Wartungsverträge), Feststellung
der Schadensersatzverpflichtung (Antrag zu 4) und Herausgabe der Programmunterlagen (Antrag zu 5) begehrt. Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat geltend gemacht, die Klägerin habe die Software „Fash 2000“ lediglich für die zu gründende gemeinsame Gesellschaft erworben. Im übrigen hat sie sich darauf berufen, daß ihr Geschäftsführer (Ri. ) – obwohl an der Weiterentwicklung des Programms beteiligt – der Veräußerung an die Klägerin nicht zugestimmt habe.
Das Landgericht hat der Klage hinsichtlich der Anträge zu 1, zu 2 und zu 5 durch Teilurteil stattgegeben; hinsichtlich des Antrags zu 3 hat es die Klage abgewiesen. Über den Feststellungsantrag (Antrag zu 4) hat das Landgericht nicht entschieden , weil die Klägerin zuvor erklärt hatte, daß sie diesen Antrag als unbezifferten Leistungsantrag im Rahmen einer Stufenklage verstanden wissen wolle.
Gegen dieses Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt. Im Hinblick auf die erfolgte Verurteilung hat die Beklagte über den Vertrieb der Software „Fash 2000“ nach dem 18. Juni 1999 in der Weise Auskunft erteilt, daß sie einer C. GmbH in Düsseldorf eine Update-Lizenz für die Version 5.0 dieses Programms erteilt habe. Im Berufungsverfahren hat die Klägerin die Auskunfts- und Herausgabeanträge (Anträge zu 2, 3 und 5) hilfsweise auch in der Form gestellt, daß die Leistung an die Klägerin und Ri. gemeinsam erfolgen solle. Das Berufungsgericht hat die Klage insgesamt abgewiesen.
Hiergegen richtet sich die (vom Senat zugelassene) Revision der Klägerin, mit der sie ihre Klageanträge weiterverfolgt. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat Ansprüche der Klägerin wegen möglicher Urheberrechtsverletzungen verneint, weil sie nicht Inhaberin von Nutzungsrechten an dem Programm „Fash 2000“ geworden sei. Zur Begründung hat es ausgeführt:
Die Übertragung der Nutzungsrechte an dem Programm „Fash 2000“ durch den Vertrag vom 18. Juni 1999 sei unwirksam, weil Ri. , heute Geschäftsführer der Beklagten, an der Übertragung nicht mitgewirkt habe. Seine Mitwirkung als die eines der Miturheber an dem fraglichen Programm sei nach § 8 Abs. 2 UrhG für die Wirksamkeit der Übertragung erforderlich gewesen. Die Klägerin könne sich nicht darauf stützen, daß Ri. als Arbeitnehmer für MSR tätig gewesen und daher MSR als Arbeitgeber ausschließlich berechtigt gewesen sei (§ 69b UrhG); denn Ri. habe nach dem zwischen ihm und MSR geschlossenen Dienstleistungsvertrag keine weisungsgebundene Tätigkeit für MSR ausgeübt. Auch von einer konkludenten Übertragung der urheberrechtlichen Verwertungsbefugnisse könne nicht ausgegangen werden, da Ri. nach dem Dienstleistungsvertrag nur projektbezogen habe eingesetzt werden sollen. Jedenfalls stehe einem Rechtserwerb der Klägerin das Fehlen der Zustimmung nach § 34 Abs. 1 Satz 1 UrhG entgegen. Schließlich könne sich die Klägerin auch nicht darauf berufen, daßRi. durch Verzicht aus dem Kreis der Miturheber ausgeschieden sei. Angesichts der Gesamtumstände stelle die entsprechende Behauptung der Klägerin kein schlüssiges Vorbringen dar.
Das in erster Instanz anhängig gebliebene Feststellungsbegehren setze voraus , daß die Klägerin Inhaberin eines ausschließlichen Nutzungsrechts geworden sei. Da diesem Begehren kein Erfolg beschieden sein könne, könne das Berufungsgericht diesen Teil der Klage an sich ziehen und die Klage insgesamt abwei-
sen. Abzuweisen sei die Klage auch mit den Hilfsanträgen, weil der Vertrag vom 18. Juni 1999 auf einen Vollerwerb gerichtet gewesen sei und der Parteiwille nicht nachträglich in eine Veräußerung einzelner Urheberrechtsanteile umgedeutet werden könne.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben Erfolg. Sie führen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
1. Das Berufungsgericht hat es mit Recht nicht in Zweifel gezogen, daß das in Rede stehende Computerprogramm nach § 2 Abs. 1 Nr. 1, § 69a Abs. 1 und 3 UrhG als individuelle geistige Werkschöpfung der an ihrer Entwicklung und Erstellung beteiligten Personen Urheberrechtsschutz genießt. Dem unstreitigen Parteivorbringen ist zu entnehmen, daß es sich bei „Fash 2000“ um eine über längere Zeit entwickelte komplexe Software mit einem nicht unerheblichen Marktwert handelt. Auch wenn keine gesetzliche Vermutung für die Schutzfähigkeit von Computerprogrammen besteht, ist es nicht zu beanstanden, daß das Berufungsgericht dieses unstreitige Vorbringen hat ausreichen lassen. Das Gesetz setzt für die Schutzfähigkeit eines Computerprogramms keine besondere schöpferische Gestaltungshöhe voraus, sondern stellt in erster Linie darauf ab, daß es sich um eine individuelle geistige Schöpfung des Programmierers handelt. Damit unterstellt es auch die kleine Münze des Programmschaffens dem urheberrechtlichen Schutz und läßt lediglich die einfache, routinemäßige Programmierleistung, die jeder Programmierer auf dieselbe oder ähnliche Weise erbringen würde, schutzlos (vgl. Begr. des Entwurfs eines 2. UrhÄndG, BT-Drucks. 12/4022, S. 9 f.; Schricker/Loewenheim , Urheberrecht, 2. Aufl., § 69a UrhG Rdn. 20 f.; Dreier in Dreier/Schulze, UrhG, § 69a Rdn. 26 ff.; Ullmann, CR 1992, 641, 643 f.; Erdmann/Bornkamm, GRUR 1991, 877, 879). Dies bedeutet, daß bei komplexen Computerprogrammen eine tatsächliche Vermutung für eine hinreichende Individualität der Programm-
gestaltung spricht. Es ist daher in derartigen Fällen Sache des Beklagten darzutun , daß das Programm, für das Schutz beansprucht wird, nur eine gänzlich banale Programmierleistung ist oder lediglich das Programmschaffen eines anderen Programmierers übernimmt.
2. Die Annahme des Berufungsgerichts, die geltend gemachten Ansprüche aus § 97 Abs. 1, §§ 69a, 69c Nr. 3 UrhG scheiterten am Fehlen der Aktivlegitimation , weil die Klägerin keine Rechte an dem Programm „Fash 2000“ erworben habe , hält der revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand.

a) Die fehlende Sachbefugnis der Klägerin hat das Berufungsgericht in erster Linie damit begründet, daß der Geschäftsführer der Beklagten (Ri. ) an der Übertragung der Nutzungsrechte an dem Programm „Fash 2000“ auf die Klägerin nicht beteiligt gewesen sei. Dabei ist das Berufungsgericht davon ausgegangen , daß Ri. an der Weiterentwicklung dieses Programms mitgewirkt hat. Den entsprechenden Vortrag der Beklagten hat das Berufungsgericht als unstreitig angesehen , weil die Klägerin dieses Vorbringen nur mit Nichtwissen bestritten habe.
Dies rügt die Revision mit Erfolg. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts konnte die Klägerin den Vortrag der Beklagten zur Mitwirkung ihres Geschäftsführers mit Nichtwissen bestreiten, weil es sich um Tatsachen außerhalb ihres Wahrnehmungsbereichs handelte (§ 138 Abs. 4 ZPO). Kenntnis von den Umständen der Entstehung des Programms hatten die Mitarbeiter der MSR, aus deren Insolvenzmasse die Klägerin das Programm erworben hat. Zwar war die Klägerin gehalten, sich die für ein substantiiertes Bestreiten erforderlichen Informationen nicht nur im eigenen Unternehmen, sondern auch von Personen zu beschaffen , die unter ihrer Anleitung, Aufsicht oder Verantwortung tätig geworden sind (BGHZ 109, 205, 209 f.; BGH, Urt. v. 19.4.2001 – I ZR 238/98, GRUR 2002, 190, 191 = WRP 2001, 1328 – DIE PROFIS, m.w.N.). Die Mitarbeiter der MSR
gehören jedoch nicht zu diesem Kreis. Der Umstand, daß die Klägerin das Programm aus der Insolvenzmasse von MSR erworben hat, rechtfertigt es nicht, das Wissen der Organe und Mitarbeiter von MSR der Klägerin zuzurechnen.

b) Aber auch wenn der Geschäftsführer der Beklagten Ri. an der Weiterentwicklung der in Rede stehenden Software durch eigene schöpferische Beiträge mitgearbeitet hat, steht dies einem umfassenden Rechteerwerb durch die Klägerin nicht notwendig entgegen, obwohl der zwischen MSR und Ri. geschlossene Dienstvertrag keine ausdrückliche Regelung über die Einräumung von urheberrechtlichen Nutzungsrechten enthält. Das Berufungsgericht hat in diesem Zusammenhang vor allem darauf abgestellt, daß Ri. nicht in einem Arbeitnehmerverhältnis zu MSR gestanden habe (§ 69b UrhG). Ob die Rügen begründet sind, die die Revision hierzu erhebt, kann offenbleiben. Denn das Berufungsgericht hat nicht hinreichend berücksichtigt, daß Ri. der Auftraggeberin auch im Falle einer Tätigkeit als freier Mitarbeiter konkludent umfassende Nutzungsrechte eingeräumt haben kann (vgl. BGH, Urt. v. 20.3.1986 – I ZR 179/83, GRUR 1986, 885, 886 – METAXA; Ullmann, GRUR 1987, 6, 11). Die Umstände des Streitfalls sprechen für eine solche konkludente Rechtseinräumung:
Die – für die revisionsrechtliche Prüfung zu unterstellende – Programmierleistung von Ri. war ebenso wie die entsprechenden Tätigkeiten von S. und Rü. darauf gerichtet, das bereits bestehende Programm „Fash 2000“ weiterzuentwickeln , um die Auftraggeberin MSR in die Lage zu versetzen, das Programm optimal zu vermarkten. Dem unstreitigen Parteivorbringen ist zu entnehmen , daß Ri. mit MSR einen Dienstvertrag geschlossen hatte und für seine Tätigkeit ein monatliches Entgelt erhielt. Unter diesen Umständen liegt die Annahme fern, daß die urheberrechtlichen Befugnisse vollständig bei Ri. ver bleiben sollten. Dies hätte zur Folge gehabt, daß MSR die Arbeit an dem Programm durch eine monatliche Vergütung bezahlt hätte, ohne in der Lage zu sein,
das fertige Programm bestimmungsgemäß zu vermarkten. Vielmehr wäre jede Vermarktungsmaßnahme von der Zustimmung Ri. sowie – entsprechende vertragliche Vereinbarungen unterstellt – der anderen Mitarbeiter abhängig, die an dem Programm in urheberrechtlich relevanter Weise mitgearbeitet haben. Der Grundsatz, daß Verträge nach beiden Seiten interessengerecht auszulegen sind (BGHZ 149, 337, 353; 150, 32, 39 – Unikatrahmen; BGH, Urt. v. 10.10.2002 – I ZR 193/00, GRUR 2003, 173, 175 = WRP 2003, 83 – Filmauswertungspflicht; Urt. v. 13.10.2004 – I ZR 249/01, NJW-RR 2005, 34, 36), steht einer solchen Auslegung entgegen.
Aus dem vom Berufungsgericht herangezogenen Zweckübertragungsgedanken (§ 31 Abs. 5 UrhG) ergibt sich nichts anderes. Nach dem Dienstvertrag sollte Ri. bei MSR für bestimmte Projekte eingesetzt werden. Nach den getroffenen Feststellungen fiel hierunter gerade auch die Mitarbeit an dem Programm „Fash 2000“. Der Dienstvertrag war – wie dargelegt – darauf gerichtet, den Dienstherrn (MSR) in die Lage zu versetzen, das Programm „Fash 2000“ zu vermarkten. Damit ist eine entsprechende – konkludent erfolgte – Rechtseinräumung zugunsten des Dienstherrn vom Zweck des Dienstvertrages ohne weiteres erfaßt.

c) Eine umfassende Einräumung von Nutzungsrechten zugunsten von MSR besagt allerdings noch nicht, daß diese Nutzungsrechte wirksam auf die Klägerin weiterübertragen werden konnten, ohne daß Ri. als einer der an der Erstellung des Programms beteiligten Urheber ausdrücklich zugestimmt hat (§ 34 UrhG). Aufgrund der bislang getroffenen Feststellungen kann diese Frage noch nicht abschließend beantwortet werden.
aa) Ohne Erfolg beruft sich die Revision allerdings auf die Bestimmung des § 34 Abs. 3 Satz 1 UrhG. Danach kann ein Nutzungsrecht auch ohne Zustimmung des Urhebers übertragen werden, wenn es sich um eine Übertragung im Rahmen
der Gesamtveräußerung eines Unternehmens oder der Veräußerung von Teilen eines Unternehmens handelt. Mit Recht hat das Berufungsgericht die Voraussetzungen dieser Bestimmung im Streitfall verneint. Ihr liegt die Erwägung zugrunde, daß es dem veräußernden Unternehmensträger – beispielsweise einem Verlag – in dieser Situation nicht zuzumuten wäre, die Zustimmung sämtlicher Urheber einzuholen , die ihm Nutzungsrechte eingeräumt haben (Begründung des Regierungsentwurfs , BT-Drucks. IV/270, S. 57). Da im Streitfall Gegenstand der Veräußerung nur Nutzungsrechte an einem einzelnen Werk sind, kommt diese Erwägung nicht zum Tragen, auch wenn es sich dabei – wie die Revision geltend macht – um den wesentlichen Wert der Insolvenzmasse gehandelt haben sollte.
bb) Der Streitfall gibt aber Anlaß zur Prüfung, ob Ri. – falls er einen schöpferischen Beitrag zur Schaffung des in Rede stehenden Programms geleistet hat – die Zustimmung zur Weiterübertragung der Nutzungsrechte stillschweigend erteilt hat (§ 34 Abs. 1 UrhG). Auch hier gilt, daß die Zustimmung nicht ausdrücklich erfolgt sein muß, sich vielmehr aus den Gesamtumständen ergeben kann (vgl. BGH, Urt. v. 15.3.1984 – I ZR 218/81, GRUR 1984, 528, 529 – Bestellvertrag ). Die Anforderungen an eine konkludente Zustimmung sind in einem Fall, in dem die Weiterübertragung der Nutzungsrechte im Zuge der Verwertung der Insolvenzmasse durch den Insolvenzverwalter erfolgt, nicht hoch anzusetzen. In der Regel bestehen für den Urheber in einer solchen Situation keine vernünftigen Gründe, darauf zu bestehen, daß nur der ursprüngliche Vertragspartner das Werk nutzt. Auch ist er gehalten, seine Zustimmung zur Weiterübertragung nicht wider Treu und Glauben zu verweigern (§ 34 Abs. 1 Satz 2 UrhG).
Im Streitfall ist dem Sachverhalt ein Hinweis zu entnehmen, der für eine solche konkludente Zustimmung sprechen könnte: Den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen ist zu entnehmen, daß die durch ihren Geschäftsführer Ri. vertretene Beklagte im Mai 2000 – also fast ein Jahr, nachdem die Klägerin
das Programm „Fash 2000“ aus der Insolvenzmasse der MSR erworben hatte – mit einem Kunden (der W. AG in Forchheim) einen Vertrag geschlossen hat, in dem sie sich zur Wartung des Programms „Fash 2000“ verpflichtete. An diesem Vertrag war neben der Beklagten und dem Kunden auch die Klägerin als „Programmlieferantin“ beteiligt (Anl. K 2). Dieser Vertrag könnte darauf hindeuten, daß die Parteien zum damaligen Zeitpunkt das Programm „Fash 2000“ in der Weise gemeinsam vermarkteten, daß die Klägerin als Inhaberin der Nutzungsrechte das Programm lieferte und die Beklagte die Wartung übernahm. Ein solches gemeinsames Vorgehen spricht dafür, daß nicht nur die Beklagte, sondern auch ihr Geschäftsführer Ri. gegen die Übertragung der Nutzungsrechte auf die Klägerin nichts einzuwenden hatte.
cc) Sollte sich entgegen diesen Erwägungen herausstellen, daß Ri. der Übertragung der Nutzungsrechte auf die Klägerin nicht zugestimmt hat, bedeutet dies – anders als das Berufungsgericht meint – nicht, daß die Klägerin keinerlei Nutzungsrechte erworben hätte. Denn im Streitfall kann nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, daß es sich bei den an der Programmierung und Weiterentwicklung beteiligten Personen um Miturheber i.S. von § 8 UrhG handelt. Voraussetzung für eine Miturheberschaft ist eine einheitliche Schöpfung, die einen entsprechenden natürlichen Handlungswillen der beteiligten Urheber voraussetzt (Schricker/Loewenheim aaO § 8 UrhG Rdn. 8; Dreier in Dreier/Schulze aaO § 8 Rdn. 2). Bei zeitlich gestaffelten Beiträgen, wie sie hier in Rede stehen (Schaffung des Programms durch Mö. , spätere Weiterentwicklung und Pflege durch Rü. , S. und Ri. ), ist eine Miturheberschaft zwar nicht ausgeschlossen; sie setzt jedoch voraus, daß – wovon im Streitfall in Ermangelung entsprechender Feststellungen nicht ausgegangen werden kann – jeder Beteiligte seinen (schöpferischen ) Beitrag in Unterordnung unter die gemeinsame Gesamtidee erbracht hat (BGHZ 123, 208, 212 – Buchhaltungsprogramm, m.w.N.). Fehlt es hieran, weil
die späteren Ergänzungen und Verbesserungen vom Handlungswillen des ursprünglichen Programmierers nicht umfaßt sind, ist eine Miturheberschaft aller beteiligten Urheber zu verneinen. In diesem Fall liegen in den späteren Veränderungen abhängige Bearbeitungen mit der Folge, daß die an der Programmerstellung beteiligten Urheber über ihr Urheberrecht ohne gesamthänderische Bindung hätten verfügen und Nutzungsrechte hätten einräumen können. Auf die in der Berufungsinstanz gestellten Hilfsanträge, mit denen die Klägerin der Bestimmung des § 8 Abs. 2 Satz 3 Halbs. 2 UrhG Rechnung trägt, braucht dann nicht zurückgegriffen zu werden.
3. Die angefochtene Entscheidung erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als zutreffend (§ 561 ZPO). Insbesondere läßt sich die Klageabweisung – entgegen der von der Beklagten im Berufungsverfahren geäußerten Ansicht – nicht mit der Begründung rechtfertigen, die Klägerin habe einen Eingriff in das Urheberrecht nicht substantiiert dargetan. Aufgrund der von der Beklagten in Erfüllung des Auskunftsverlangens gewährten Auskunft steht fest, daß die Beklagte zumindest in einem Fall einem Dritten (C. GmbH) Nutzungsrechte an dem Programm „Fash 2000“ eingeräumt hat. Es liegt nahe, daß mit dieser Lizenzerteilung auch ein Eingriff in das Vervielfältigungs- und Verbreitungsrecht verbunden war (Lieferung des Programms auf Datenträger). Unabhängig davon kann in einer Lizenzerteilung durch einen Nichtberechtigten eine Teilnahme an der Urheberrechtsverletzung liegen, die der Nehmer der (vermeintlichen) Lizenz im Zuge des Einsatzes der Software in seinem Betrieb begeht (vgl. BGHZ 151, 300, 305 – Elektronischer Pressespiegel, m.w.N.).
4. Danach kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben. Eine eigene Sachentscheidung ist dem Senat verwehrt, weil noch Feststellungen zur Mitwirkung Ri. an der Programmerstellung und zu der Frage zu treffen sind, ob von einer Zustimmung Ri. zur Veräußerung des Programms an die Klägerin
auszugehen ist. Die Sache ist daher an das Berufungsgericht zur neuen Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten der Revision – zurückzuverweisen.
Die Aufhebung des Berufungsurteils umfaßt auch die Abweisung der Klage mit dem im Berufungsurteil immer noch so bezeichneten Feststellungsbegehren. Die Klägerin hat in erster Instanz zu Protokoll erklärt, daß sie diesen Antrag als unbestimmten Leistungsantrag im Rahmen einer Stufenklage verstanden wissen möchte. Nur unter dieser Voraussetzung war das Berufungsgericht befugt, über diesen in erster Instanz nicht verlesenen Antrag zu entscheiden.
Ullmann Bornkamm Büscher
Schaffert Bergmann

(1) Computerprogramme im Sinne dieses Gesetzes sind Programme in jeder Gestalt, einschließlich des Entwurfsmaterials.

(2) Der gewährte Schutz gilt für alle Ausdrucksformen eines Computerprogramms. Ideen und Grundsätze, die einem Element eines Computerprogramms zugrunde liegen, einschließlich der den Schnittstellen zugrundeliegenden Ideen und Grundsätze, sind nicht geschützt.

(3) Computerprogramme werden geschützt, wenn sie individuelle Werke in dem Sinne darstellen, daß sie das Ergebnis der eigenen geistigen Schöpfung ihres Urhebers sind. Zur Bestimmung ihrer Schutzfähigkeit sind keine anderen Kriterien, insbesondere nicht qualitative oder ästhetische, anzuwenden.

(4) Auf Computerprogramme finden die für Sprachwerke geltenden Bestimmungen Anwendung, soweit in diesem Abschnitt nichts anderes bestimmt ist.

(5) Die §§ 32 bis 32g, 36 bis 36d, 40a und 41 sind auf Computerprogramme nicht anzuwenden.

(1) Die Vorschriften des Abschnitts 8 des Teils 1 sind auch auf Computerprogramme anzuwenden, die vor dem 24. Juni 1993 geschaffen worden sind. Jedoch erstreckt sich das ausschließliche Vermietrecht (§ 69c Nr. 3) nicht auf Vervielfältigungsstücke eines Programms, die ein Dritter vor dem 1. Januar 1993 zum Zweck der Vermietung erworben hat.

(2) § 69g Abs. 2 ist auch auf Verträge anzuwenden, die vor dem 24. Juni 1993 abgeschlossen worden sind.

(3) § 69a Absatz 5 ist in der am 7. Juni 2021 geltenden Fassung nur auf Verträge und Sachverhalte anzuwenden, die von diesem Tag an geschlossen werden oder entstehen.

(1) Computerprogramme im Sinne dieses Gesetzes sind Programme in jeder Gestalt, einschließlich des Entwurfsmaterials.

(2) Der gewährte Schutz gilt für alle Ausdrucksformen eines Computerprogramms. Ideen und Grundsätze, die einem Element eines Computerprogramms zugrunde liegen, einschließlich der den Schnittstellen zugrundeliegenden Ideen und Grundsätze, sind nicht geschützt.

(3) Computerprogramme werden geschützt, wenn sie individuelle Werke in dem Sinne darstellen, daß sie das Ergebnis der eigenen geistigen Schöpfung ihres Urhebers sind. Zur Bestimmung ihrer Schutzfähigkeit sind keine anderen Kriterien, insbesondere nicht qualitative oder ästhetische, anzuwenden.

(4) Auf Computerprogramme finden die für Sprachwerke geltenden Bestimmungen Anwendung, soweit in diesem Abschnitt nichts anderes bestimmt ist.

(5) Die §§ 32 bis 32g, 36 bis 36d, 40a und 41 sind auf Computerprogramme nicht anzuwenden.

Wer gegen den Besitzer einer Sache einen Anspruch in Ansehung der Sache hat oder sich Gewissheit verschaffen will, ob ihm ein solcher Anspruch zusteht, kann, wenn die Besichtigung der Sache aus diesem Grunde für ihn von Interesse ist, verlangen, dass der Besitzer ihm die Sache zur Besichtigung vorlegt oder die Besichtigung gestattet.

(1) Computerprogramme im Sinne dieses Gesetzes sind Programme in jeder Gestalt, einschließlich des Entwurfsmaterials.

(2) Der gewährte Schutz gilt für alle Ausdrucksformen eines Computerprogramms. Ideen und Grundsätze, die einem Element eines Computerprogramms zugrunde liegen, einschließlich der den Schnittstellen zugrundeliegenden Ideen und Grundsätze, sind nicht geschützt.

(3) Computerprogramme werden geschützt, wenn sie individuelle Werke in dem Sinne darstellen, daß sie das Ergebnis der eigenen geistigen Schöpfung ihres Urhebers sind. Zur Bestimmung ihrer Schutzfähigkeit sind keine anderen Kriterien, insbesondere nicht qualitative oder ästhetische, anzuwenden.

(4) Auf Computerprogramme finden die für Sprachwerke geltenden Bestimmungen Anwendung, soweit in diesem Abschnitt nichts anderes bestimmt ist.

(5) Die §§ 32 bis 32g, 36 bis 36d, 40a und 41 sind auf Computerprogramme nicht anzuwenden.

Ergibt die Begründung des Berufungsurteils zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.

(1) Computerprogramme im Sinne dieses Gesetzes sind Programme in jeder Gestalt, einschließlich des Entwurfsmaterials.

(2) Der gewährte Schutz gilt für alle Ausdrucksformen eines Computerprogramms. Ideen und Grundsätze, die einem Element eines Computerprogramms zugrunde liegen, einschließlich der den Schnittstellen zugrundeliegenden Ideen und Grundsätze, sind nicht geschützt.

(3) Computerprogramme werden geschützt, wenn sie individuelle Werke in dem Sinne darstellen, daß sie das Ergebnis der eigenen geistigen Schöpfung ihres Urhebers sind. Zur Bestimmung ihrer Schutzfähigkeit sind keine anderen Kriterien, insbesondere nicht qualitative oder ästhetische, anzuwenden.

(4) Auf Computerprogramme finden die für Sprachwerke geltenden Bestimmungen Anwendung, soweit in diesem Abschnitt nichts anderes bestimmt ist.

(5) Die §§ 32 bis 32g, 36 bis 36d, 40a und 41 sind auf Computerprogramme nicht anzuwenden.