Bundesgerichtshof Urteil, 07. Okt. 2004 - I ZR 18/02

bei uns veröffentlicht am07.10.2004

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 18/02 Verkündet am:
7. Oktober 2004
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die Einstellung eines Betriebes zur Vermeidung eines Insolvenzverfahrens stellt
grundsätzlich keinen wichtigen Grund dar, der die außerordentliche Kündigung
eines Dauerschuldverhältnisses rechtfertigt.
BGH, Urt. v. 7. Oktober 2004 - I ZR 18/02 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 7. Oktober 2004 durch die Richter Prof. Dr. Bornkamm, Pokrant,
Dr. Büscher, Dr. Schaffert und Dr. Bergmann

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, 1. Zivilsenat, vom 5. Dezember 2001 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als das Berufungsgericht der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen hat.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 3, vom 23. Juni 2000 wird auch im Umfang der Aufhebung zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten der Rechtsmittel zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Parteien machen mit Klage und Widerklage Ansprüche aus mittlerweile beendeten Lagerverträgen geltend. Die sich in Liquidation befindende Klägerin hat bis Ende 1998 in B. ein Tanklager betrieben. Sie nimmt den Beklagten auf Zahlung von Lagerentgelt und Ersatz für angeblich zuviel ausgelagertes Gasöl in Anspruch. Der Beklagte begehrt von der Klägerin Schadensersatz wegen unberechtigter vorzeitiger Beendigung der Vertragsverhältnisse.
Die Parteien schlossen im April 1998 einen Rahmenlagervertrag und auf dessen Grundlage im April und Mai 1998 zwei Einzellagerverträge über die Einlagerung von Gasöl mit einer jeweiligen Laufzeit bis Ende März 2000. Der Rahmenlagervertrag enthielt u.a. folgende Regelungen:
§ 1 Lagerung (1)... (2) ... (3) … Neue gesetzliche Bestimmungen und behördliche Auflagen, deren Einhaltung für den Lagerhalter unverhältnismäßige Belastungen in der Durchführung des Einzellagervertrages bedeuten würde, geben ein Kündigungsrecht für die von den neuen gesetzlichen Bestimmungen oder behördlichen Auflagen betroffenen Einzellagerverträge gem. § 11 (3). …
§ 11 Vertragsdauer des Einzellagervertrages (1) … (2)... (3) Einzellagerverträge können von jeder Partei mit einer Frist von 6 Monaten zum Ende eines Kalendermonats außerordentlich gekündigt werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt (z.B. Eröffnung des Konkurs - oder Vergleichsverfahrens über das Vermögen des Lagerhalters

).

In der Gesellschafterversammlung vom 23. Juni 1998 beschlossen die Gesellschafter der Klägerin, deren Tätigkeit zum 31. Dezember 1998 zu beenden und die Lagerverträge zu diesem Zeitpunkt zu kündigen. Bereits mit Anordnung des Bezirksamtes N. vom 11. Oktober 1996 war der Klägerin u.a. aufgegeben worden, bestimmte Tankbehälter bis zum 31. Dezember 1998 mit einem doppelten Boden nachzurüsten.
Mit Schreiben vom 23. Juni 1998 kündigte die Klägerin die Vertragsverhältnisse mit dem Beklagten zum 31. Dezember 1998 unter Hinweis darauf, daß sie den Betrieb zu diesem Zeitpunkt einstellen müsse. Der Beklagte widersprach der Kündigung. Daraufhin kündigte die Klägerin die mit dem Beklagten geschlossenen Lagerverträge mit Schreiben vom 30. Juni 1998 außerordentlich, weil sie die Auflagen der Umweltbehörden nicht erfüllen könne.
Der Beklagte ließ das bei der Klägerin eingelagerte Gasöl in der Folgezeit abfahren. Die Auslagerung zog sich bis zum 6. Januar 1999 hin, weil technische Schwierigkeiten an der Anlage der Klägerin auftraten. Zur Beseitigung dieser Mängel schaltete der Beklagte Drittfirmen ein, an die er insgesamt 20.432,24 DM zahlte. Diesen Betrag brachte er von der für Dezember 1998 geschuldeten Lagervergütung in Höhe von 32.854,51 DM in Abzug und zahlte nur 12.422,27 DM
an die Klägerin. Bei der Auslagerung des Gasöls wurde eine Mehrauslagerung von 116.540 Litern gegenüber dem festgehaltenen Einlagerungsbestand gemessen , weshalb der Beklagte der Klägerin am 31. Dezember 1998 eine Gutschrift in Höhe von 19.429,80 DM erteilte.
Die Klägerin macht mit der Klage für Dezember 1998 eine restliche Lagervergütung in Höhe von 20.432,24 DM, für die Zeit vom 1. bis zum 6. Januar 1999 eine anteilige Vergütung in Höhe von 6.358,53 DM sowie für die von ihr behauptete Mehrauslagerung von Gasöl einen Betrag von 19.429,80 DM geltend.
Sie hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an sie 46.220,57 DM nebst Zinsen zu zahlen.
Der Beklagte ist dem entgegengetreten. Er hat die Auffassung vertreten, die von der Klägerin ausgesprochene Kündigung der Lagerverträge sei unberechtigt gewesen, so daß sie ihm zum Schadensersatz verpflichtet sei. Wegen der vorzeitigen Kündigung habe er Mehrkosten in Höhe von 381.433,05 DM für neue Lagerstätten sowie 63.576,46 DM für Fracht gehabt. Die Klägerin könne weder eine anteilige Lagervergütung für Januar 1999 noch eine Ersatzforderung für die von ihr behauptete Mehrauslagerung von Gasöl beanspruchen.
Der Beklagte hat mit einem ersten Teilbetrag der geltend gemachten Mehrkosten für neue Lagerstätten gegenüber der Klageforderung (hilfsweise) aufgerechnet und wegen eines zweiten Teilbetrages in Höhe von 50.000 DM Widerklage erhoben. Die Klägerin ist dem Schadensersatzverlangen des Beklagten entgegengetreten.

Das Landgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, der Beklagte habe gegenüber den begründeten Klageansprüchen mit einer ihm zustehenden Schadensersatzforderung wirksam aufgerechnet. Der Widerklage hat es stattgegeben.
Das Berufungsgericht hat der Klage unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels der Klägerin in Höhe von 19.429,80 DM nebst Zinsen stattgegeben und die Widerklage abgewiesen.
Mit seiner Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, erstrebt der Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat die Klage in Höhe von 19.429,80 DM nebst Zinsen für begründet erachtet und sie im übrigen - ebenso wie die Widerklage - abgewiesen. Dazu hat es ausgeführt:
Soweit die Klägerin Zahlung von 19.429,80 DM entsprechend der ihr von dem Beklagten am 31. Dezember 1998 erteilten Gutschrift "Zahlbar ohne Abzug auf Ihr Konto" beanspruche, sei die Klage begründet. Die Parteien hätten in § 6 des Rahmenlagervertrages eine Abrechnung bei Differenzen von Ein- und Auslagerungsmengen vereinbart.
Die Widerklage des Beklagten sei unbegründet. Die Klägerin habe die mit dem Beklagten geschlossenen Lagerverträge wirksam zum 31. Dezember
1998 gekündigt. Der zwischen den Parteien im April 1998 vereinbarte Rahmenlagervertrag , der auch für die beiden im April und Mai 1998 geschlossenen Einzellagerverträge gelte, sehe in § 11 Abs. 3 für beide Seiten ein Recht zur außerordentlichen Kündigung vor, wenn ein wichtiger Grund hierfür bestehe. Von dem eingeräumten Kündigungsrecht habe die Klägerin wirksam Gebrauch gemacht. Die Betriebseinstellung zur Vermeidung eines Insolvenzverfahrens stelle einen wichtigen Grund i.S. von § 11 Abs. 3 des Rahmenlagervertrages dar.
II. Die Revision hat Erfolg. Soweit das Berufungsgericht zum Nachteil des Beklagten erkannt hat, führt sie zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
1. Die Revision wendet sich allerdings vergeblich gegen die Annahme des Berufungsgerichts, der Klägerin stehe für die von ihr behauptete Mehrauslagerung von Gasöl entsprechend der Gutschrift des Beklagten vom 31. Dezember 1998 ein Zahlungsanspruch in Höhe von 19.429,80 DM zu. Denn insoweit ist das Berufungsurteil der rechtlichen Nachprüfung durch das Revisionsgericht entzogen.

a) Das Landgericht hat die mit der Klage geltend gemachten Zahlungsansprüche , zu denen auch der Ersatzanspruch wegen der behaupteten Mehrauslagerung von Gasöl gehörte, in vollem Umfang für begründet erachtet. Zur Abweisung der Klage ist das Landgericht nicht deswegen gelangt, weil es einen Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten in dieser Höhe verneint hätte, sondern nur, weil es die vom Beklagten hilfsweise erklärte Aufrechnung mit einem Schadensersatzanspruch hat durchgreifen lassen. Damit hat das Landgericht eine der Rechtskraft fähige Entscheidung sowohl über die Klageforderung als auch (in Höhe der Klageforderung) über die zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung getroffen (§ 322 Abs. 1 ZPO). Ein solches Urteil enthält zwei pro-
zessual selbständige Elemente des Streitstoffs mit der Folge, daß jeder Teil nur insoweit in die Rechtsmittelinstanz gelangt, als er von der jeweils beschwerten Partei durch Einlegung eines (Anschluß-)Rechtsmittels angefochten wird (vgl. BGHZ 109, 179, 188 f.; BGH, Beschl. v. 14.7.1999 - VIII ZR 70/99, NJW-RR 1999, 1736).

b) Da allein die Klägerin gegen das erstinstanzliche Urteil Berufung eingelegt hat, hätte schon das Berufungsgericht nicht mehr überprüfen dürfen, ob die mit der Klage geltend gemachten Ansprüche grundsätzlich begründet waren. Denn dieser Teil des Streitgegenstandes war mangels Einlegung eines Rechtsmittels seitens des Beklagten nicht in die Berufungsinstanz gelangt (vgl. BGH NJW-RR 1999, 1736), sondern bereits vom Landgericht abschließend entschieden worden (vgl. BGHZ 109, 179, 189).

c) War das Bestehen dieses Klageanspruchs schon der Überprüfung durch das Berufungsgericht entzogen, kann der Beklagte eine solche Überprüfung im Revisionsverfahren auch nicht mehr erreichen.
2. Mit Erfolg wendet sich die Revision jedoch dagegen, daß das Berufungsgericht einen Schadensersatzanspruch des Beklagten verneint hat. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht angenommen, daß die von der Klägerin erklärte Kündigung aus wichtigem Grund wirksam sei. Vielmehr steht dem Beklagten gegen die Klägerin infolge der unwirksamen Kündigung ein Schadensersatzanspruch aus § 326 Abs. 1 BGB a.F. jedenfalls in Höhe von 69.429,80 DM zu. Mit dieser Gegenforderung hat der Beklagte in Höhe von 19.429,80 DM die Aufrechnung erklärt. Im übrigen hat die Widerklage Erfolg.

a) Die von der Klägerin erklärte Kündigung aus wichtigem Grund ist unwirksam.

aa) Bei dem hier in Rede stehenden Rahmenlagervertrag handelt es sich ebenso wie bei den beiden Einzellagerverträgen um Dauerschuldverhältnisse. Ein Dauerschuldverhältnis kann grundsätzlich auch ohne eine entsprechende vertragliche Vereinbarung aus wichtigem Grund gekündigt werden (vgl. BGHZ 133, 316, 320 - Altunterwerfung I; BGH, Urt. v. 17.12.1998 - I ZR 106/96, TranspR 1999, 168, 169 = NJW 1999, 1177; vgl. nunmehr: § 314 Abs. 1 Satz 1 BGB, § 473 Abs. 2 Satz 1 HGB, die auf den vorliegenden Fall noch nicht anzuwenden sind, Art. 229 § 5 EGBGB). In § 11 Abs. 3 des zwischen den Parteien geschlossenen Rahmenlagervertrages ist bestimmt, daß jeder Vertragsteil berechtigt ist, Einzellagerverträge mit einer Frist von sechs Monaten zum Ende eines Kalendermonats außerordentlich zu kündigen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Das ist nach ständiger Rechtsprechung der Fall, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Seiten die Fortsetzung des Vertrages bis zu dessen vereinbarter Beendigung oder bis zum Ablauf der Frist für eine ordentliche Kündigung nach Treu und Glauben nicht zugemutet werden kann (vgl. BGHZ 133, 316, 320 - Altunterwerfung I; 147, 178, 190 - Lepo Sumera; 154, 146, 153; BGH TranspR 1999, 168, 169; BGH, Urt. v. 3.11.1999 - I ZR 145/97, TranspR 2000, 214, 216 = NJW-RR 2000, 1560). Ob bestimmte Umstände als wichtiger Grund für eine Kündigung zu werten sind, ist in erster Linie eine Frage der tatrichterlichen Würdigung, diese kann revisionsrechtlich nur darauf überprüft werden, ob das Berufungsgericht den Rechtsbegriff des wichtigen Grundes verkannt hat, ob ihm von der Revision gerügte Verfahrensverstöße unterlaufen sind, ob es insbesondere wesentliche Tatumstände übersehen oder nicht vollständig gewürdigt hat oder ob es Erfahrungssätze verletzt hat (vgl. BGHZ 154, 146, 153; BGH TranspR 2000, 214, 216).
bb) Auch dieser eingeschränkten Nachprüfung halten die Erwägungen, mit denen das Berufungsgericht einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung bejaht hat, nicht stand. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts stellt die Einstellung des Betriebs zur Vermeidung eines Insolvenzverfahrens keinen wichtigen Grund dar, der eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen könnte. Die Revision beanstandet mit Recht, daß das Berufungsgericht wesentlichen Tatsachenstoff und maßgebliche rechtliche Gesichtspunkte außer acht gelassen hat.
(1) Das Berufungsgericht hat schon nicht hinreichend berücksichtigt, daß es sich bei der finanziellen Lage der Klägerin, ihrer Rentabilität und dem Fortbestand ihres Unternehmens um Umstände handelt, die grundsätzlich in ihren Risikobereich als Unternehmerin fallen (vgl. BGH, Urt. v. 9.12.1970 - VIII ZR 9/69, WM 1971, 243, 244; Urt. v. 30.6.1987 - KZR 7/86, BGHR BGB § 242 Kündigung, wichtiger Grund 4; Urt. v. 7.3.1996 - I ZR 68/94, NJW-RR 1996, 1120, 1121). Eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund kann im allgemeinen nicht auf Umstände gestützt werden, die im Risikobereich des Kündigenden liegen (vgl. BGHZ 133, 316, 320 f. - Altunterwerfung I; BGH TranspR 2000, 214, 217). Die finanzielle Notlage eines Unternehmens, dessen Fortführung mit dem Risiko verbunden ist, die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beantragen zu müssen, berechtigt daher für sich allein nicht zur außerordentlichen Kündigung bestehender Verträge aus wichtigem Grund (vgl. BGH WM 1971, 243, 244; Blümer, ZMR 1996, 440).
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ergibt sich auch aus § 11 Abs. 3 des Rahmenlagervertrages nichts anderes. Dort ist als wichtiger Grund für die außerordentliche Kündigung beispielhaft die Eröffnung des Konkurs - oder Vergleichsverfahrens über das Vermögen des Lagerhalters genannt. Abgesehen davon, daß die drohende Eröffnung des Insolvenzverfahrens in
§ 11 Abs. 3 nicht genannt ist, widerspräche es dem Sinn und Zweck der Insolvenzordnung , einem Lagerhalter allein mit Blick auf ein ihm drohendes Insolvenzverfahren ein Recht zur außerordentlichen Kündigung bestehender Lagerverträge zuzubilligen. Denn der Einlagerer würde in einem derartigen Fall schlechter gestellt, als er bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens stünde, das der gemeinschaftlichen Befriedigung der Gläubiger dient (§ 1 Abs. 1 InsO). Im übrigen läßt sich der im Vertrag genannte Beispielsfall zwanglos in der Weise verstehen, daß dem Einlagerer im Falle der Insolvenz des Lagerhalters ein Kündigungsrecht zustehen soll. Dem kann nicht entgegengehalten werden, es sei nicht gerechtfertigt, die wirtschaftliche Notlage der Klägerin zugunsten des Beklagten als wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung anzuerkennen , nicht aber zugunsten der Klägerin. Denn die wirtschaftliche Notlage, in die die Klägerin geraten ist, fällt - wie dargelegt - allein in ihren Risikobereich; es ist daher nicht ausgeschlossen, daß die Notlage einer Vertragspartei nicht dieser, sondern nur der anderen Vertragspartei ein Recht zur außerordentlichen Kündigung gibt.
(2) Der Bundesgerichtshof hat allerdings von dem Grundsatz, daß die wirtschaftliche Notlage eines Unternehmens dieses nicht zur außerordentlichen Kündigung bestehender Verträge aus wichtigem Grund berechtigt, Ausnahmen zugelassen. Danach kann der wirtschaftliche Niedergang eines Unternehmens dieses, je nach den Umständen des Einzelfalls, zur außerordentlichen Kündigung eines Handelsvertretervertrags aus wichtigem Grund berechtigen (vgl. BGH, Urt. v. 20.2.1958 - II ZR 20/57, VersR 1958, 243, 244 f.). Dasselbe gilt für den von einer GmbH mit ihrem Geschäftsführer geschlossenen Dienstvertrag (vgl. BGH, Urt. v. 21.4.1975 - II ZR 2/73, WM 1975, 761 f.; vgl. auch Urt. v. 28.10.2002 - II ZR 353/00, NJW 2003, 431, 433). Diese Ausnahmen von dem dargestellten Grundsatz sind jedoch durch ein über gewöhnliche Austauschverträge hinausgehendes, regelmäßig besonders enges Vertrauensverhältnis zwi-
schen einem Unternehmen und seinem Geschäftsführer bzw. den in seinen Vertrieb eingebundenen Handelsvertreter sowie durch deren besonders enge Bindung an den wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens geprägt. Der wirtschaftliche Niedergang des Unternehmens liegt daher in den genannten Fällen als Kehrseite der Beteiligung an dessen wirtschaftlichem Erfolg nicht nur in der Risikosphäre des Unternehmens, sondern auch in der seines Geschäftsführers oder des mit ihm vertraglich verbundenen Handelsvertreters (vgl. BGH VersR 1958, 243, 244; vgl. auch Ende, BB 1996, 2260, 2261 f. für Vertragshändlerverträge ). An einer solchen Bindung des Beklagten am wirtschaftlichen Erfolg der Klägerin fehlt es bei den hier in Rede stehenden Lagerverträgen.
(3) Das Berufungsgericht hat des weiteren nicht genügend berücksichtigt , daß die Klägerin den Rahmenlagervertrag und die beiden darauf basierenden Einzellagerverträge zu einem Zeitpunkt abgeschlossen hat, als ihr die Notwendigkeit von aufwendigen Nachrüstungsmaßnahmen seit langem bekannt war. Sie mußte daher damit rechnen, daß im Falle der Vollziehung der Anordnung des Bezirksamtes N. in B. vom 11. Oktober 1996 erhebliche Kosten auf sie zukommen würden.
(4) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann ein Recht der Klägerin zur außerordentlichen Kündigung der Einzellagerverträge nicht daraus hergeleitet werden, daß die vorzeitige Vertragsbeendigung auch im Interesse des Beklagten gelegen hat. Der Beklagte hatte vielmehr ein Interesse an der ordnungsgemäßen Erfüllung der Lagerverträge seitens der Klägerin. Wenn die Klägerin dieser Verpflichtung schuldhaft nicht nachgekommen wäre und den Beklagten dadurch zu einer außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund veranlaßt hätte, hätte sie dem Beklagten Ersatz des durch die Auflösung der Lagerverträge entstandenen Schadens leisten müssen (vgl. BGH, Urt. v. 17.5.2002 - V ZR 123/01, NJW 2002, 3237, 3238). Dieser Verpflichtung kann
sich die Klägerin nicht dadurch entziehen, daß sie ihrerseits die Lagerverträge aus wichtigem Grund kündigt.
cc) Die Klägerin kann sich auch nicht auf einen anderen Kündigungsgrund stützen. Zwar enthält der Rahmenlagervertrag in § 1 Abs. 3 Satz 3 eine Bestimmung, nach der "neue gesetzliche Bestimmungen und behördliche Auflagen , deren Einhaltung für den Lagerhalter unverhältnismäßige Belastungen in der Durchführung … bedeuten würde", dem Lagerhalter ein Kündigungsrecht geben. Jedoch stammt der Bescheid des Bezirksamtes N. , auf den sich die Klägerin in diesem Zusammenhang stützt, aus dem Jahre 1996, war also im Zeitpunkt des Vertragsschlusses im Frühjahr 1998 seit langem bekannt. Soweit die Revisionserwiderung auf einen zweiten Bescheid hinweist, den das Umweltamt T. am 31. Juli 1998 erlassen hat, handelt es sich um neues Vorbringen, das in der Revisionsinstanz nicht berücksichtigt werden kann.

b) Dem Beklagten steht ein Schadensersatzanspruch aus § 326 Abs. 1 BGB a.F. zu. Da es für die von der Klägerin erklärte außerordentliche Kündigung der bis zum 31. März 2000 befristeten Einzellagerverträge an einem wichtigen Grund fehlte, hatten die Verträge bis zum Ende der vereinbarten Laufzeit Bestand. Die Klägerin ist durch die unberechtigte Kündigung und ihre Weigerung , ihrer Verpflichtung zur Lagerung des Gasöls des Beklagten über den 31. Dezember 1998 hinaus nachzukommen, in Verzug geraten. Einer Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung bedurfte es unter diesen Umständen nicht. Die Klägerin ist dem Beklagten daher dem Grunde nach zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der ihm durch die anderweitige Einlagerung des Gasöls zu höheren Kosten entstanden ist.

c) Feststellungen zur Schadenshöhe hat das Berufungsgericht - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - nicht getroffen. Einer Zurückverweisung der
Sache an das Berufungsgericht aus diesem Grund bedarf es indessen nicht. Der Senat kann die insoweit erforderlichen Feststellungen aufgrund des unstreitigen Sachverhalts sowie anhand der von dem Beklagten zu den Akten gereichten Unterlagen selbst treffen.
Der Beklagte hat in seinem die Widerklage betreffenden Schriftsatz vom 2. Mai 2000 sowie durch die Vorlage einer "Übersicht über die umgelagerten Mengen und abweichende Lagervergütungen" im einzelnen dargelegt, bei welchen anderen Lagerhaltern er in welchem Umfang und zu welchen Mehrkosten das ursprünglich bei der Klägerin eingelagerte Gasöl im Zeitraum vom 1. Januar 1999 bis zum 31. März 2000 eingelagert hat. Zudem hat er die entsprechenden Lagerverträge vorgelegt. Daraus ergibt sich, daß dem Beklagten durch die Umlagerung insgesamt Mehrkosten in Höhe von 381.433,05 DM entstanden sind. Nachdem der Beklagte die Kosten für die Neuanmietung von Lagerstätten belegt hatte, hat die Klägerin ihr pauschales Bestreiten zwar zunächst noch aufrechterhalten; sie ist hierauf in der Berufungsinstanz aber nicht mehr zurückgekommen.
Unter diesen Umständen gilt der Vortrag des Beklagten gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden. Die Klägerin hat in der Berufungsinstanz im übrigen weder gegen die vom Landgericht zur Schadenshöhe getroffenen Feststellungen noch gegen das von diesem angenommene Fehlen eines Verstoßes des Beklagten gegen die Schadensminderungspflicht Einwendungen erhoben. Sie hat sich vielmehr nur auf den Standpunkt gestellt, dem Beklagten stehe ein Schadensersatzanspruch schon deshalb nicht zu, weil sie zur außerordentlichen Kündigung berechtigt gewesen sei.

d) Der dem Beklagten zustehende Schadensersatzanspruch wegen erhöhter Lagerkosten ist nur in Höhe von 69.429,80 DM Gegenstand des Revisi-
onsverfahrens. Im Umfang der schon vom Landgericht rechtskräftig zuerkannten Klageforderung in Höhe von 19.429,80 DM führt er aufgrund der vom Beklagten erklärten Aufrechnung zum Erlöschen der Klageforderung (§ 389 BGB). In Höhe des Restbetrages von 50.000 DM rechtfertigt er die Widerklage.
Der Zinsanspruch hinsichtlich der Widerklageforderung ergibt sich aus § 286 Abs. 1, § 288 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F.
III. Danach ist das angefochtene Urteil auf die Revision des Beklagten aufzuheben, soweit das Berufungsgericht der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen hat. Die Berufung der Klägerin gegen das erstinstanzliche Urteil ist auch in diesem Umfang zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 Satz 1, § 97 Abs. 1 ZPO.
Bornkamm Pokrant Büscher
Schaffert Bergmann

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(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

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#BJNR001950896BJNE027902377 (1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Z

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Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Urteile sind der Rechtskraft nur insoweit fähig, als über den durch die Klage oder durch die Widerklage erhobenen Anspruch entschieden ist.

(2) Hat der Beklagte die Aufrechnung einer Gegenforderung geltend gemacht, so ist die Entscheidung, dass die Gegenforderung nicht besteht, bis zur Höhe des Betrages, für den die Aufrechnung geltend gemacht worden ist, der Rechtskraft fähig.

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(1) Braucht der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten, entfällt der Anspruch auf die Gegenleistung; bei einer Teilleistung findet § 441 Abs. 3 entsprechende Anwendung. Satz 1 gilt nicht, wenn der Schuldner im Falle der nicht vertragsgemäßen Leistung die Nacherfüllung nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu erbringen braucht.

(2) Ist der Gläubiger für den Umstand, auf Grund dessen der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten braucht, allein oder weit überwiegend verantwortlich oder tritt dieser vom Schuldner nicht zu vertretende Umstand zu einer Zeit ein, zu welcher der Gläubiger im Verzug der Annahme ist, so behält der Schuldner den Anspruch auf die Gegenleistung. Er muss sich jedoch dasjenige anrechnen lassen, was er infolge der Befreiung von der Leistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt.

(3) Verlangt der Gläubiger nach § 285 Herausgabe des für den geschuldeten Gegenstand erlangten Ersatzes oder Abtretung des Ersatzanspruchs, so bleibt er zur Gegenleistung verpflichtet. Diese mindert sich jedoch nach Maßgabe des § 441 Abs. 3 insoweit, als der Wert des Ersatzes oder des Ersatzanspruchs hinter dem Wert der geschuldeten Leistung zurückbleibt.

(4) Soweit die nach dieser Vorschrift nicht geschuldete Gegenleistung bewirkt ist, kann das Geleistete nach den §§ 346 bis 348 zurückgefordert werden.

(5) Braucht der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten, kann der Gläubiger zurücktreten; auf den Rücktritt findet § 323 mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass die Fristsetzung entbehrlich ist.

(1) Dauerschuldverhältnisse kann jeder Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.

(2) Besteht der wichtige Grund in der Verletzung einer Pflicht aus dem Vertrag, ist die Kündigung erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten Frist oder nach erfolgloser Abmahnung zulässig. Für die Entbehrlichkeit der Bestimmung einer Frist zur Abhilfe und für die Entbehrlichkeit einer Abmahnung findet § 323 Absatz 2 Nummer 1 und 2 entsprechende Anwendung. Die Bestimmung einer Frist zur Abhilfe und eine Abmahnung sind auch entbehrlich, wenn besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die sofortige Kündigung rechtfertigen.

(3) Der Berechtigte kann nur innerhalb einer angemessenen Frist kündigen, nachdem er vom Kündigungsgrund Kenntnis erlangt hat.

(4) Die Berechtigung, Schadensersatz zu verlangen, wird durch die Kündigung nicht ausgeschlossen.

(1) Der Einlagerer kann das Gut jederzeit herausverlangen. Ist der Lagervertrag auf unbestimmte Zeit geschlossen, so kann er den Vertrag jedoch nur unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Monat kündigen, es sei denn, es liegt ein wichtiger Grund vor, der zur Kündigung des Vertrags ohne Einhaltung der Kündigungsfrist berechtigt.

(2) Der Lagerhalter kann die Rücknahme des Gutes nach Ablauf der vereinbarten Lagerzeit oder bei Einlagerung auf unbestimmte Zeit nach Kündigung des Vertrags unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Monat verlangen. Liegt ein wichtiger Grund vor, so kann der Lagerhalter auch vor Ablauf der Lagerzeit und ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist die Rücknahme des Gutes verlangen.

(3) Ist ein Lagerschein ausgestellt, so sind die Kündigung und das Rücknahmeverlangen an den letzten dem Lagerhalter bekannt gewordenen legitimierten Besitzer des Lagerscheins zu richten.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Das Insolvenzverfahren dient dazu, die Gläubiger eines Schuldners gemeinschaftlich zu befriedigen, indem das Vermögen des Schuldners verwertet und der Erlös verteilt oder in einem Insolvenzplan eine abweichende Regelung insbesondere zum Erhalt des Unternehmens getroffen wird. Dem redlichen Schuldner wird Gelegenheit gegeben, sich von seinen restlichen Verbindlichkeiten zu befreien.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 353/00 Verkündet am:
28. Oktober 2002
Boppel
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Ein wichtiger Grund für die fristlose Kündigung gegenüber dem Geschäftsführer
einer GmbH ist nicht schon darin zu sehen, daß er sich von ihr offen
ausgewiesene Spesen erstatten läßt, welche die Alleingesellschafterin - im
Gegensatz zu ihm - nach den einschlägigen Bestimmungen des Geschäftsführeranstellungsvertrages
nicht für erstattungsfähig hält.

b) Die auf geschäftspolitischen Gründen beruhende Entscheidung einer Muttergesellschaft
, den Betrieb ihrer Tochtergesellschaft einzustellen, rechtfertigt
keine außerordentliche betriebsbedingte Kündigung gegenüber deren Geschäftsführer.

c) Zur Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen eines wichtigen Grundes
zur Kündigung eines Geschäftsführeranstellungsvertrages.
BGH, Urteil vom 28. Oktober 2002 - II ZR 353/00 - KG Berlin
LG Berlin
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 28. Oktober 2002 durch den Vorsitzenden Richter
Dr. h.c. Röhricht und die Richter Dr. Hesselberger, Prof. Dr. Henze, Kraemer
und die Richterin Münke

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 14. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 10. November 2000 aufgehoben , soweit die Klage abgewiesen und der Kläger auf die Widerklage zur Zahlung von mehr als 722,80 DM nebst 4 % Zinsen hieraus seit 26. Februar 1999 verurteilt worden ist.
Die Berufung der Beklagten wird hinsichtlich eines Teilbetrags der Widerklage von 2.035,18 DM (privater Benzinverbrauch des Klägers ) nebst 4 % Zinsen hieraus seit 26. Februar 1999 zurückgewiesen.
Im übrigen wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an den 23. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.
Die weitergehende Revision wird zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Parteien streiten u.a. über die Wirksamkeit der fristlosen Kündigung eines Geschäftsführeranstellungsvertrages.
Der Kläger war ab 1. März 1995 alleiniger Geschäftsführer der beklagten GmbH, die kurz davor von ihrer Alleingesellschafterin, einer Aktiengesellschaft, gegründet worden war und deren "Immobilien-Management" übernommen hatte. Gemäß seinem Anstellungsvertrag, der erstmals zum 29. Februar 2000 kündbar sein sollte, war ein Jahresgehalt von 250.000,00 DM vereinbart. Weiter wurde ihm gemäß § 3 Nr. 2 des Anstellungsvertrages als "sonstige Leistung" ein Dienst-Pkw - auch zur privaten Nutzung - zur Verfügung gestellt; die darauf anfallende Steuer sollte er selbst abführen. Nach Nr. 3 aaO hatte er "Anspruch auf Ersatz seiner Reisekosten in Höhe der jeweils steuerlich zulässigen Höchstsätze". In Nr. 4 aaO heißt es: "Die Gesellschaft vergütet im übrigen dem Geschäftsführer alle mit Belegen nachgewiesenen angemessenen Kosten, die ihm bei der Wahrnehmung der Interessen der Gesellschaft entstanden sind." Am 16. Oktober 1998 beschloß die Alleingesellschafterin der Beklagten, deren operativen Geschäftsbetrieb zum 31. Dezember 1998 einzustellen. Im November 1998 ließ sie den Leistungsaustausch zwischen der Beklagten und dem Kläger durch ihre konzerneigene Revisionsgesellschaft überprüfen, die angebliche Unregelmäßigkeiten in den Benzin-, Reisekosten und Spesenabrechnungen des Klägers beanstandete. Gerügt wurde insbesondere, daß der Kläger sich von der Beklagten Benzinkosten für Urlaubs- und Privatfahrten mit dem Dienst-Pkw sowie Bewirtungskosten für anscheinend außerdienstliche Anlässe (im Beisein seiner Ehefrau) habe erstatten lassen. Mit Schreiben vom 26. November 1998 informierten ein Vorstandsmitglied und der Prokurist der Alleingesellschafterin der Beklagten den Kläger über seine Abberufung als Ge-
schäftsführer durch Gesellschafterbeschluß vom selben Tag und erklärten ihm gegenüber namens der Alleingesellschafterin die fristlose Kündigung seines Dienstverhältnisses wegen des dringenden Verdachts grober Verfehlungen gegenüber der Beklagten. Zugleich wurde "vorsorglich" eine außerordentliche, betriebsbedingte Kündigung zum 31. Dezember 1998 ausgesprochen.
Mit seiner Klage hat der Kläger erstinstanzlich von der Beklagten Weiterzahlung seines Gehalts für Dezember 1998 bis Februar 1999 in Höhe von 62.499,99 DM sowie Zahlung von 568,00 DM auf eine zu seinen Gunsten abgeschlossene Direktversicherung begehrt. Die Beklagte hat ihn widerklagend auf anteilige Gehaltsrückzahlung für die Zeit vom 26. bis 30. November 1998 sowie auf Rückerstattung von ihm angeblich zu Unrecht erstatteten Tankkosten und Spesen mit einem Gesamtbetrag von 4.200,86 DM in Anspruch genommen. Das Landgericht hat der Klage in vollem Umfang, der Widerklage nur in Höhe von 630,50 DM stattgegeben. Dagegen haben die Beklagte Berufung und der Kläger unselbständige Anschlußberufung eingelegt. Die Beklagte hat die Widerklage auf 9.718,14 DM erweitert (zusätzliche Bewirtungsspesen), während der Kläger nunmehr Fortzahlung seines Gehalts bis einschließlich März 2000 unter Einschluß eines Geldausgleichs für die ihm entzogene Nutzung des Dienst-Pkw in Höhe von insgesamt 287.032,33 DM, abzüglich auf das Arbeitsamt übergeleiteter 43.496,20 DM netto, verlangt hat. Das Berufungsgericht hat unter Zurückweisung der Anschlußberufung die Klage abgewiesen und der erweiterten Widerklage entsprochen. Dagegen richtet sich die Revision des Klägers, mit der er seine zweitinstanzlichen Anträge weiterverfolgt.

Entscheidungsgründe:


Die Revision hat überwiegend Erfolg. Sie führt zu teilweiser Abweisung der Widerklage und im übrigen zur Aufhebung und Zurückverweisung.
I. Zur Klage:
1. Entgegen der Ansicht der Revision ist die von der Beklagten mit Schreiben an den Kläger vom 26. November 1998 erklärte fristlose Kündigung seines Anstellungsvertrages zwar nicht gemäß § 174 BGB schon deshalb unwirksam , weil dem Schreiben keine Vollmachtsurkunde beigefügt war und der Kläger die Kündigung aus diesem Grund mit Schreiben vom 27. November 1998 unverzüglich zurückgewiesen hat. Im vorliegenden Fall hatte den Beschluß zur Kündigung des Anstellungsvertrages die Alleingesellschafterin der Beklagten, eine Aktiengesellschaft, durch ihre gesetzlichen Vertreter zu fassen, die auch die Kündigung auszusprechen hatten (vgl. Sen.Urt. v. 27. März 1995 - II ZR 140/93, ZIP 1995, 643). Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts war die Alleingesellschafterin der Beklagten gemäß ihrer "satzungsmäßigen Vertretungsregelung" durch die Unterzeichner des Kündigungsschreibens, das Vorstandsmitglied Dr. B. und den Prokuristen Dr. Br. ordnungsgemäß vertreten. Sonach handelte es sich um eine gesetzliche Vertretung im Sinne des § 78 Abs. 3 AktG. Gegenüber gesetzlichen Vertretern gilt § 174 BGB nicht (vgl. BAG, BB 1990, 1130; MünchKomm./Schramm, BGB 4. Aufl. § 174 Rdn. 10). Ebensowenig bedurfte es für die Wirksamkeit der schriftlichen Kündigung durch ein dafür zuständiges Gesellschaftsorgan der Beifügung eines gesonderten Gesellschafterbeschlusses (vgl. Senat aaO, S. 646).
2. Von Rechts- und Verfahrensfehlern beeinflußt ist indessen die Ansicht des Berufungsgerichts, die fristlose Kündigung sei wegen unberechtigter Reisekosten - und Spesenabrechnungen des Klägers, vor allem aber wegen der zahlreichen privat veranlaßten Betankungen seines Dienst-Pkw auf Kosten der Beklagten , aus wichtigem Grund gemäß § 626 BGB gerechtfertigt gewesen. Zwar ist die Beurteilung eines Verhaltens als wichtiger Grund im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB in erster Linie Sache des Tatrichters. Seine Beurteilung ist jedoch revisionsrechtlich darauf überprüfbar, ob er den Rechtsbegriff des wichtigen Grundes richtig erkannt und die Grenzen des ihm eingeräumten Ermessens bei der Würdigung des Sachverhalts eingehalten oder wesentliche Gesichtspunkte (rechts- oder verfahrensfehlerhaft) außer acht gelassen hat (vgl. Sen.Urt. v. 9. März 1992 - II ZR 102/91, NJW-RR 1992, 992; v. 20. Februar 1995 - II ZR 9/94, NJW-RR 1995, 669). Letzteres ist hier der Fall, wie die Revision mit Recht rügt.

a) Das Berufungsgericht meint, der Kläger sei nach § 3 Ziffer 2 bis 4 seines Dienstvertrages nicht berechtigt gewesen, seinen Dienstwagen für private Zwecke auf Kosten der Beklagten zu betanken. Demgegenüber weist die Revision zu Recht darauf hin, daß die mit zwei Handelsrichtern neben dem Vorsitzenden besetzte Kammer für Handelssachen in ihrem erstinstanzlichen Urteil ausgeführt hat, sie wisse aufgrund eigener Sachkunde (§ 114 GVG), daß bei einer Vertragsgestaltung der vorliegenden Art die Überlassung eines Dienstwagens zu dienstlicher und privater Nutzung auch die Erstattung der anfallenden Benzinkosten unabhängig davon umfasse, ob diese privat oder dienstlich veranlaßt seien. Zudem hat der Kläger in zweiter Instanz Beweis für einen entsprechenden "Handelsbrauch" durch Auskunft der zuständigen Industrie- und Handelskammer angetreten. Das Berufungsgericht hat nicht dargelegt, daß es über eine überlegene Sachkunde auf diesem Gebiet verfüge.

Davon abgesehen verkennt das Berufungsgericht bei seiner Auslegung der hier fraglichen Vertragsbestimmungen, daß dem Kläger der Dienstwagen unterschiedslos zu dienstlicher und privater Nutzung zur Verfügung gestellt wurde und eine Trennung zwischen dienstlichem, von der Beklagten zu tragendem und privatem Kraftstoffverbrauch allenfalls bei Führung eines Fahrtenbuchs auch nur annähernd möglich gewesen wäre. Dies gilt um so mehr, als der Kläger keine Residenzpflicht hatte und gemäß § 2 des Anstellungsvertrages nicht an eine feste Arbeitszeit gebunden war, also jederzeit auch dienstlich "unterwegs" sein konnte. Die Führung eines Fahrtenbuchs oder sonstige Benzinverbrauchsnachweise wurden dem Kläger in der Kfz-Klausel seines Anstellungsvertrages gerade nicht auferlegt, die vielmehr damit endet, daß der Kläger die "mit der Nutzung anfallende Steuer ... abzuführen" hat. § 3 Nr. 3 des Anstellungsvertrages regelt lediglich allgemein den Anspruch des Klägers auf Ersatz seiner Reisekosten in Höhe der jeweils steuerlich zulässigen Höchstsätze. Eine nur bei Führung eines Fahrtenbuchs mögliche Trennung zwischen privatem und dienstlichem Benzinverbrauch wird auch aus § 3 Nr. 4 aaO nicht ersichtlich , wonach die Beklagte dem Kläger "im übrigen... alle mit Belegen nachgewiesenen angemessenen Kosten, die ihm bei Wahrnehmung der Interessen der Gesellschaft entstanden sind", zu vergüten hatte. Es wäre Sache der Beklagten bzw. ihrer Alleingesellschafterin gewesen, eine klare Regelung hinsichtlich der Benzinkosten in den Vertrag aufzunehmen. Ein treuwidrig übermäßiger Benzinverbrauch auf Kosten der Beklagten ist bei einem Aufwand von 2.035,18 DM innerhalb von 3 ½ Jahren nicht anzunehmen.

b) Soweit der Kläger gemeint hat, der Beklagten auch die Kosten für drei private Fahrten mit dem Autoreisezug (insgesamt 597,00 DM) sowie urlaubsbedingte Parkgebühren in Höhe von 82,50 DM in Rechnung stellen zu können,
mag darin zwar - entgegen der Ansicht der Revision - eine allzu extensive In- terpretation von § 3 Nr. 2 des Anstellungsvertrages liegen (vgl. unten II 3). Jedenfalls rechtfertigt dies allein noch keine fristlose Kündigung aus wichtigem Grund, der gemäß § 626 Abs. 1 BGB so schwerwiegend sein müßte, daß der Beklagten eine Weiterbeschäftigung nicht zugemutet werden könnte.

c) Ebenso wie bei den obigen Kosten (zu b) läßt das Berufungsgericht auch bei den vom Kläger abgerechneten Spesen für 22 Bewirtungen zum Gesamtbetrag von 4.091,80 DM (innerhalb von 3 ½ Jahren) außer acht, daß der Kläger nicht mit Verdeckungsabsicht zu Werke gegangen ist, sondern sich als Geschäftsführer offen genommen hat, worauf er einen Anspruch zu haben glaubte (vgl. dazu Sen.Urt. v. 9. November 1992 - II ZR 234/91, NJW 1993, 463 f.). Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung ist eine Verheimlichung nicht darin zu sehen, daß die Beklagte bzw. ihre Alleingesellschafterin von den später beanstandeten Zahlungsvorgängen bis zu deren Überprüfung durch die konzerneigene Revisionsgesellschaft keine Kenntnis hatte. Mit einer solchen Überprüfung mußte der Kläger angesichts des Abhängigkeitsverhältnisses der Beklagten gegenüber ihrer Alleingesellschafterin jederzeit rechnen. Gerade seine offene Abrechnungsweise ermöglichte die Feststellung der angeblichen Unregelmäßigkeiten im Zuge der Überprüfung, welche die Alleingesellschafterin der Beklagten erst nach Fassung ihres Beschlusses zur Einstellung des Geschäftsbetriebs der Beklagten in dem offenbaren Bestreben veranlaßt hat, den Anstellungsvertrag mit dem Kläger vorzeitig zu beenden. Die beabsichtigte Betriebseinstellung (dazu unten 3) ist kein Grund, die Anforderungen an eine verhaltensbedingte außerordentliche Kündigung zu mildern (vgl. Sen.Urt. v. 9. November 1992 aaO). Daß die Parteien über die Erstattungsfähigkeit der vom Kläger offen ausgewiesenen Spesen u.a. für Geschäftsessen unter Teilnahme seiner Ehefrau unterschiedlicher Meinung waren und sind, rechtfertigt
noch nicht die Annahme eines Vertrauensbruchs seitens des Klägers, der seine Weiterbeschäftigung für die Beklagte unzumutbar machte (vgl. Senat aaO).
aa) Entgegen der - auch insoweit von Rechtsirrtum beeinflußten - Ansicht des Berufungsgerichts, ist nach dem Wortlaut von § 3 Nr. 4 des Anstellungsvertrages keineswegs "eindeutig", daß der Beklagte nicht berechtigt war, potentielle Geschäftspartner im Beisein seiner Ehefrau auf Kosten der Beklagten zu bewirten. Erstattungsfähig sind nach § 3 Nr. 4 aaO nicht nur notwendige, sondern "angemessene Kosten, die bei der Wahrnehmung der Interessen der Gesellschaft entstanden sind". Die Verkennung der Auslegungsbedürftigkeit dieser Klausel durch das Berufungsgericht führt - auch ohne entsprechende Revisionsrüge - dazu, daß eine bindende tatrichterliche Auslegung nicht vorliegt (vgl. BGHZ 131, 297, 302). Mit einem Geschäftsessen in Wahrnehmung der Interessen der Gesellschaft ist die Teilnahme der Ehefrau des Geschäftsführers nicht unvereinbar. Sie kann zur Kontakt- und Imagepflege des Unternehmens, insbesondere auch aus atmosphärischen Gründen, durchaus "angemessen" sein, zumal dann, wenn auch der Geschäftspartner mit seinem Ehegatten teilnimmt. Eine entsprechende Verkehrssitte hat der Kläger in zweiter Instanz überdies behauptet und durch Auskunft der örtlich zuständigen IHK unter Beweis gestellt. Das Berufungsgericht hätte dem nachgehen müssen.
bb) Soweit das Berufungsgericht bezweifelt, daß die vom Kläger abgerechneten Bewirtungen überhaupt geschäftlichen Zwecken der Beklagten dienten, hat es die hier maßgebenden - von ihm nur im Ansatz erkannten - Regeln der Darlegungs- und Beweislast nicht richtig angewendet, wie die Revision zu Recht rügt. Wer einen Kündigungsgrund im Sinne von § 626 BGB geltend macht, wie hier die Beklagte, muß dessen tatsächliche Voraussetzungen beweisen. Soweit es um mögliche Rechtfertigungsgründe für das gerügte Verhal-
ten geht, sind solche - zur Vermeidung einer Überspannung der Beweislast des Kündigenden - zwar von dem Dienstverpflichteten darzulegen; es bleibt aber dann Sache des Kündigenden, diese Gründe zu widerlegen (vgl. Sen.Urt. v. 20. Februar 1995 - II ZR 9/94, NJW-RR 1995, 669, 670 f.; BAG, NJW 1988, 438). Der Kläger hat in zweiter Instanz zu jedem einzelnen der ihm vorgehaltenen Vorfälle Stellung genommen und den geschäftlichen Anlaß, wenn auch knapp, dargelegt. Er hat die jeweiligen Teilnehmer, die auch schon aus seinen Abrechnungen ersichtlich waren, mit Namen, Funktionen und Wohnort benannt. Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung brauchte die Revision nicht den Vortrag des Klägers im einzelnen zu wiederholen, sondern konnte auf dessen Darlegungen in der Anschlußberufungsbegründung zulässigerweise Bezug nehmen, zumal das Berufungsgericht die Darlegungen des Klägers pauschal als unsubstantiiert abgetan hat, ohne zu berücksichtigen, daß es sich bei den vom Kläger geschilderten Zusammenkünften weitgehend um Sondierungsgespräche über die Vorbereitung, Finanzierung und Entwicklung von Projekten der Beklagten (im Rahmen ihres "Immobilien-Managements") handelte und es der Beklagten durchaus möglich gewesen wäre, mit dem Zeugnis der von dem Kläger benannten Gesprächspartner Beweis dafür anzutreten, daß es sich um rein private Zusammenkünfte ohne geschäftlichen Anlaß oder Bezug gehandelt habe. Das hätte für einen entsprechenden Beweisantritt genügt; nähere Einzelheiten wären bei der Beweisaufnahme zu klären gewesen (vgl. Sen.Urt. v. 13. Juli 1998 - II ZR 131/97, NJW-RR 1998, 1409). Die Beklagte bedurfte daher gar keiner weiteren Darlegungen des Klägers, um ihrer Beweislast für dessen angebliche Verfehlungen als wichtiger Grund im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB genügen zu können. Erst recht durfte sie als beweispflichtige Partei sich nicht auf ein Bestreiten mit Nichtwissen oder darauf zurückziehen, daß die von dem Kläger benannten Personen ihr teilweise unbekannt seien.

d) Die obigen Grundsätze zur Auslegung von § 3 Nr. 4 des Anstellungs- vertrages (2 c aa) sowie zur Darlegungs- und Beweislast (vorstehend bb) gelten entsprechend, soweit die Kündigung u.a. auch auf einige angeblich unstimmige Reisekostenabrechnungen des Klägers gestützt ist. Was die Teilnahme des Klägers als Referent an einer Tagung des Managementforums angeht, so läßt sich eine damit verbundene Wahrnehmung der Interessen der Beklagten im Sinne eines Werbeeffekts bzw. zwecks Kontaktanbahnung mit potentiellen Geschäftspartnern - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts - nicht von vornherein ausschließen.
3. Die angefochtene Entscheidung über die Abweisung der Klage stellt sich auch nicht im Hinblick auf die hilfsweise ausgesprochene betriebsbedingte Kündigung der Klägerin für die Zeit ab 1. Januar 1999 im Ergebnis als richtig dar. Nach dem Senatsurteil vom 21. April 1975 (II ZR 2/73, WM 1975, 761) kann zwar eine beabsichtigte Betriebseinstellung wegen wirtschaftlichen Niedergangs des Unternehmens die außerordentliche Kündigung gegenüber dem Geschäftsführer unter Einhaltung einer angemessenen Kündigungsfrist rechtfertigen. Im vorliegenden Fall hat aber das Berufungsgericht, was die Revisionserwiderung übersieht, mit der Beweiskraft des § 314 ZPO als "unstreitig" festgestellt (vgl. BGHZ 139, 36, 39), daß die Betriebsstillegung der Beklagten auf einer geänderten Geschäftspolitik ihrer Alleingesellschafterin beruhte, die ihre Grundstücke nicht mehr über die Beklagte, sondern über eine interne Grundstücksabteilung "entwickeln" und veräußern wollte. Das genügt nicht für einen wichtigen Grund im Sinne des Senatsurteils aaO (vgl. auch Hachenburg /Stein, GmbHG 8. Aufl. § 38 Rdn. 62). Zudem wäre dieser Kündigungsgrund nach den Feststellungen des Berufungsgerichts gemäß § 626 Abs. 2 BGB verfristet, weil die Betriebseinstellung bereits am 16. Oktober 1998 beschlossen worden war.

4. Die angefochtene Entscheidung über die Klage kann nach allem nicht bestehenbleiben. Die Sache ist jedoch schon deshalb nicht entscheidungsreif, weil das Berufungsgericht - von seinem Rechtsstandpunkt aus konsequent - zur Höhe der Klageforderung keine Feststellungen getroffen hat. Davon abgesehen , bedarf die Sache in den oben dargestellten Punkten noch ergänzender tatrichterlicher Feststellungen und einer neuen tatrichterlichen Gesamtwürdigung im Hinblick auf das fragliche Vorliegen eines wichtigen Grundes für die Kündigung der Beklagten, wobei auch der Beklagten die Möglichkeit zu geben ist, ihrer - von dem Berufungsgericht nicht richtig erkannten - Beweislast zu genügen.
II. Zur Widerklage:
Die Revisionsbegründung enthält hierzu zwar keine gesonderten Ausführungen , sondern befaßt sich unmittelbar nur mit der fraglichen Wirksamkeit der Kündigung, obwohl mit dem Revisionsantrag auch die Aufhebung der vorinstanzlichen Verurteilung des Klägers auf die Widerklage begehrt wird. Gleichwohl ist die Revision insoweit nicht gemäß § 554 Abs. 3 Nr. 3 ZPO (a.F.) mangels einer Begründung unzulässig, weil sie in ihren Ausführungen zu den einzelnen Kündigungsgründen jeweils auch die damit identischen Anspruchsgründe für die mit der Widerklage geltend gemachten Erstattungsansprüche angegriffen hat.
1. Da das angefochtene Urteil hinsichtlich der darin angenommenen Wirksamkeit der Kündigung keinen Bestand hat, kann auch die Verurteilung des Klägers zu anteiliger Gehaltsrückzahlung in Höhe von 1.677,52 DM für die Zeit vom 26. bis 30. November 1998 nicht bestehenbleiben, sondern hängt von der
noch zu treffenden tatrichterlichen Entscheidung über die Wirksamkeit der Kündigung ab.
2. Ein Anspruch auf Rückerstattung der privat veranlaßten Kraftstoffkosten für den Dienst-Pkw in Höhe von 2.035,18 DM steht der Beklagten gemäß § 3 Ziffer 2 bis 4 des Anstellungsvertrages nicht zu (vgl. oben I 2 a), dessen Auslegung der Senat anstelle der rechtsfehlerhaften Auslegung durch das Berufungsgericht selbst vornehmen kann (vgl. BGHZ 131, 297, 302), ohne daß es dazu der von dem Kläger beantragten Beweiserhebung bedarf. Der Senat hatte daher insoweit in der Sache selbst zu entscheiden (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 a.F. ZPO) und die Berufung der Beklagten hinsichtlich dieses Teilbetrages zurückzuweisen.
3. Ein Rückerstattungsanspruch steht der Beklagten jedoch hinsichtlich der urlaubsbedingten Kosten für drei Fahrten des Klägers mit dem Autoreisezug sowie für Parkgebühren zu, welche sich nach dem unstreitigen Vortrag des Klägers in der Revisionsinstanz auf 597,00 DM bzw. 82,50 DM belaufen. Mit ihrer gegenteiligen Rechtsansicht überspannt die Revision die Auslegung der Kfz-Klausel in § 3 Nr. 2 des Anstellungsvertrages, weil es hier nicht um die praktisch nicht durchführbare Trennung zwischen privatem und dienstlichem Benzinverbrauch, sondern um klar abgegrenzte Urlaubskosten geht, wie das Berufungsgericht insoweit zutreffend ausführt. Die Erwägung des Klägers, daß die Kosten für den Bahntransport des Dienst-Pkw unter den Kfz-Betriebskosten für die betreffenden Strecken gelegen hätten, greift gegenüber der anstellungsvertraglichen Regelung nicht durch und liefe im übrigen darauf hinaus, daß der Kläger auch für sonstige private Bahn- oder Flugreisen unter Verzicht auf den Dienst-Pkw fiktive Betriebskosten geltend machen könnte. Des weiteren schuldet der Kläger Rückerstattung der Kosten für eine Tankfüllung in Höhe von
43,30 DM, die er nach den Feststellungen des Berufungsgerichts unstreitig (offenbar versehentlich) doppelt abgerechnet hat. Insgesamt ist daher die Revision hinsichtlich eines Teilbetrages von 722,80 DM zurückzuweisen.
4. Was die weiteren Dienstreise- und Bewirtungskosten angeht, zu deren Erstattung das Berufungsgericht den Kläger aus § 812 Abs. 1 BGB verurteilt hat, so bedarf die Sache schon im Zusammenhang mit der u.a. hierauf gestützten Kündigung der Beklagten noch tatrichterlicher Aufklärung (vgl. oben I 2 c), so daß dem Senat deshalb eine abschließende Teilentscheidung (§ 301 ZPO) verwehrt ist.
III. Soweit die Sache nach den vorstehenden Ausführungen - hinsichtlich der Klage und des überwiegenden Teils der Widerklage - nicht entscheidungsreif ist, ist sie gemäß § 565 Abs. 1 Satz 1 a.F. ZPO an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, wobei der Senat von der Möglichkeit der Zurückverweisung an einen anderen Senat des Berufungsgerichts (§ 565 Abs. 1 Satz 2 a.F. ZPO)
Gebrauch macht. Dieser wird die noch erforderlichen Feststellungen zu treffen haben.
Röhricht Hesselberger Henze
Kraemer Münke

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 123/01 Verkündet am:
17. Mai 2002
K a n i k,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Bringt ein Grundstückseigentümer, der einem anderen die entgeltliche Ablagerung
von Abfall auf seinem Grundstück gestattet hat, die hierfür erforderliche abfallrechtliche
Genehmigung nicht bei, kann das für den anderen Vertragsteil das Recht zur
außerordentlichen Kündigung des auf unbestimmte Zeit geschlossenen Vertrags mit
der Folge eines Schadensersatzanspruchs wegen Nichterfüllung begründen.
BGH, Urt. v. 17. Mai 2002 - V ZR 123/01 - OLG Naumburg
LG Dessau
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 17. Mai 2002 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Wenzel und die Richter
Tropf, Prof. Dr. Krüger, Dr. Klein und Dr. Lemke

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 22. Februar 2001 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als der Beklagte zur Zahlung von mehr als 325.189,14 DM nebst 5 % Zinsen seit dem 1. Dezember 1999 verurteilt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird der Rechtsstreit zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Beklagte ist Eigentümer eines rund 12,5 ha großen Ziegeleigrundstücks , auf dem sich aus der Gewinnung von Ton herrührende Tagebaurestlöcher befinden. Die Klägerin, die an der prosperierenden Bautätigkeit in B. teilhaben wollte, ließ sich von dem Beklagten mit notariellem Vertrag vom 27. September 1994 das Recht einräumen, auf diesem Grundstück bis zu
100.000 t Material aus Bodensanierungs- und Rückbaumaûnahmen bis zum Zuordnungswert 2 der Richtlinie für die Entsorgung von Bauabfällen im Land S. abzukippen. Mit dem Abkippen sollte das Material in das Eigentum des Beklagten übergehen und von diesem zum Verfüllen der Tagebaurestlöcher verwendet werden dürfen. Der Beklagte erklärte in dem Vertrag, hierzu berechtigt zu sein. Die Klägerin verpflichtete sich zur Zahlung eines Entgelts in Höhe von 6,50 DM zuzüglich Umsatzsteuer pro Tonne abgekippten Materials sowie eines Vorschusses von 500.000 DM. Weiterhin stellte die Klägerin den Beklagten von Ersatzforderungen Dritter wegen der Einlagerung nicht vertragsgerechten Materials frei und übernahm die Verpflichtung zur Entfernung solchen Materials. Der auf unbestimmte Zeit geschlossene Vertrag sollte mit der Einlagerung von 100.000 t Material beendet sein. Vorher war eine Kündigung nur aus wichtigem Grund zulässig.
Die Klägerin zahlte den vereinbarten Vorschuû. Nach der Anlieferung von 5.276,24 t Material untersagte der Landkreis A. dem Beklagten zunächst mündlich und sodann mit schriftlichem Bescheid vom 29. März 1995 die weitere Verfüllung eines Tagebaurestlochs mit verunreinigtem Material bis zum Zuordnungswert 2, weil wegen seitlicher Wasserzuflüsse negative Auswirkungen auf die Umwelt nicht ausgeschlossen werden könnten und die Verfüllung überdies zur Zerstörung eines Röhricht-Biotops führe. Das Verwaltungsgericht hob diesen Bescheid und den ihn bestätigenden Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums D. mit der Begründung auf, daû kein Biotop vorhanden sei. Mit Schreiben vom 22. Januar 1998 und vom 10. Dezember 1999 erklärten der LandkreisA. sowie das Bergamt H. , daû die Verbringung von fremdem Material in bestimmte Restlochbereiche des Ziegelei-
grundstücks bzw. in den von dem Beklagten betriebenen Tontagebau nicht zulässig sei.
Mit ihrer Klage nimmt die Klägerin den Beklagten auf Rückzahlung des von ihr geleisteten Vorschusses in Anspruch; sie bringt wegen der bereits erfolgten Materialanlieferungen und wegen der Anmietung eines Radladers einen Betrag von insgesamt 160.730,86 DM (82.180,38 ?) in Abzug, so daß sich ein Anspruch auf Zahlung von 339.269,14 DM (173.465,55 ?) ergibt. Die Klagefo rderung beziffert die Klägerin mit 339.296,14 DM (173.479,36 ?). Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 30. November 1999 kündigte die Klägerin den Vertrag vom 27. September 1994.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist bis auf einen Teil des geltend gemachten Zinsanspruchs erfolgreich gewesen. Dagegen richtet sich die Revision des Beklagten, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt.

Entscheidungsgründe:

I.


Das Berufungsgericht verneint einen Rückzahlungsanspruch der Klägerin aus einem Aufhebungsvertrag, weil sie den von ihr behaupteten Vertragsschluû nicht habe nachweisen können. Jedoch stehe ihr ein Anspruch auf Schadensersatz in Höhe der Klageforderung nach § 326 Abs. 2 BGB a.F. zu. Aufgrund des Vertrags vom 27. September 1994 sei der Beklagte verpflichtet gewesen, die für die Einlagerung des Bodenaushubs in die Tagebaurestlöcher
erforderlichen öffentlich-rechtlichen Genehmigungen zu beschaffen. Maûgebend seien insoweit die Bestimmungen des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes (KrW-/AbfG) vom 27. September 1994, weil im Zeitpunkt des Vertragsschlusses die kurze Zeit später geltende neue Rechtslage deutlich erkennbar gewesen sei.
Bei dem von der Klägerin anzuliefernden Material handele es sich um Abfall im Sinne des § 3 KrW-/AbfG. Dessen Einlagerung in die Tagebaurestlöcher sei als Errichtung und Betrieb einer Deponie zu qualifizieren, die der vorhergehenden Planfeststellung gemäû § 31 Abs. 2 S. 1 KrW-/AbfG oder Plangenehmigung gemäû § 31 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 KrW-/AbfG bedürfe. Mit der Einholung einer solchen Genehmigung sei der Beklagte in Verzug geraten. Das Interesse der Klägerin an der Vertragserfüllung sei weggefallen, weil sie wegen der nachlassenden Bautätigkeit in B. die Kapazitäten auf dem Grundstück des Beklagten nicht mehr benötige. Durch die im Verhandlungstermin vor dem Landgericht erklärte Kündigung habe die Klägerin die Rechte aus § 326 Abs. 2 BGB a.F. geltend gemacht.

II.


Die Ausführungen des Berufungsgerichts sind nicht frei von Rechtsfehlern.
1. Nicht zu beanstanden ist allerdings, daû das Berufungsgericht den Abschluû eines Aufhebungsvertrags verneint. Die Revision nimmt das als ihr günstig hin.

2. Zu Unrecht beurteilt das Berufungsgericht jedoch die Zulässigkeit der Verfüllung der Tagebaurestlöcher mit dem von der Klägerin anzuliefernden Material ausschlieûlich anhand der Vorschriften des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes vom 27. September 1994 (KrW-/AbfG). Dieses Gesetz trat nämlich nach Art. 13 S. 2 des Gesetzes zur Vermeidung, Verwertung und Beseitigung von Abfällen (AbfVVBG) vom 27. September 1994 (BGBl. I, S. 2705) im wesentlichen erst mehr als zwei Jahre nach Abschluû des Vertrags zwischen den Parteien in Kraft. Bis zu diesem Zeitpunkt galten die Vorschriften des Abfallgesetzes vom 27. August 1986 (AbfG). Da das Berufungsgericht nicht feststellt , daû die spätere neue Rechtslage den Parteien beim Vertragsschluû bekannt war und es für diese Kenntnis auch keine Anhaltspunkte gibt, können die neuen Regelungen auch nicht entsprechend auf das hier streitige Vertragsverhältnis angewendet werden. Letztlich kommt es hierauf jedoch nicht an, weil sowohl die früheren als auch die neuen Regelungen hier zu demselben Ergebnis führen.

III.


Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich, abgesehen von der Nichtberücksichtigung der von dem Beklagten erklärten Hilfsaufrechnung (siehe nachstehend unter IV.), im Ergebnis als richtig dar, so daû die Revision insoweit zurückzuweisen ist (§ 563 ZPO a.F.).
1. Der Klägerin steht gegen den Beklagten nach dem Grundgedanken des § 628 Abs. 2 BGB ein Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung zu.
Nach dieser Vorschrift des Dienstvertragsrechts ist ein Vertragspartner, der den anderen durch schuldhafte Vertragsverletzungen zur auûerordentlichen Kündigung veranlaût, dem Kündigenden zum Ersatz des durch die Auflösung des Vertragsverhältnisses entstandenen Schadens verpflichtet. Ein entsprechender Schadensersatzanspruch ist auch im Miet-, Leasing- und Darlehensrecht anerkannt (BGHZ 82, 121, 129; 94, 180, 194; 95, 39, 43 f; 104, 337, 341 f; BGH, Urt. v. 4. April 1984, VIII ZR 313/82, NJW 1984, 2687). Entsprechendes muû für den Vertrag vom 27. September 1994 gelten, mit dem ebenfalls ein Dauerschuldverhältnis zwischen den Parteien begründet wurde. Es wäre nicht gerechtfertigt, die Klägerin auf einen im Umfang gegebenenfalls hinter dem Schadensersatzanspruch zurückbleibenden Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 Abs. 1 Satz 2, 1. Alt. BGB) zu verweisen, weil der Beklagte sie durch eine Vertragsverletzung zur Kündigung genötigt hat.
Der Anspruch ist auf die Rückzahlung des von der Klägerin an den Beklagten gezahlten Vorschusses abzüglich des von dem Beklagten zu beanspruchenden Entgelts für die Materialanlieferung und für die Vermietung eines Radladers sowie abzüglich einer eventuellen Nutzungsentschädigung, die dem Beklagten wegen der verspäteten Rückgabe des Radladers zusteht, gerichtet. Da es sich um einen Ersatzanspruch eigener Art handelt, dessen Geltendmachung keiner vorherigen Nachfristsetzung bedarf (BGHZ 95, 39, 44), kommt es für die Entscheidung des Rechtsstreits lediglich darauf an, ob der von der Klägerin ausgesprochenen Kündigung ein vertragswidriges Verhalten des Beklagten , welches dieser zu vertreten hat, vorausgegangen ist. Das war hier der Fall.
2. Ein Dauerschuldverhältnis kann nach ständiger Rechtsprechung gekündigt werden, wenn die Durchführung des Vertrags durch - in der Regel - auûerhalb der Verantwortung des Verpflichteten liegende Umstände erheblich gefährdet wird und ihm daher ein Festhalten am Vertrag nach Treu und Glauben nicht mehr zuzumuten ist (Senat, Urt. v. 4. Juli 1997, V ZR 405/96, NJW 1997, 3022, 3024 m.w.N.). Das Berufungsgericht hat diese Frage wegen seines abweichenden rechtlichen Ausgangspunkts nicht erörtert. Die von ihm getroffenen Feststellungen ergeben jedoch, daû der Klägerin jedenfalls im Zeitpunkt der Kündigungserklärung ein weiteres Festhalten am Vertrag nicht zuzumuten war, weil der Beklagte die abfallrechtlichen Voraussetzungen für eine zulässige Materialanlieferung seit mehr als fünf Jahren nicht geschaffen hatte, eine weitere Durchführung des Vertrages wegen der Weigerung des Beklagten , eine Genehmigung einzuholen, nicht mehr zu erwarten war und die Klägerin deshalb ein berechtigtes Interesse daran hatte, sich von dem Vertrag zu lösen.

a) Bei dem von der Klägerin vertragsgemäû anzuliefernden Material handelt es sich um Abfall sowohl im Sinne des AbfG als auch des KrW-/AbfG.
aa) § 1 Abs. 1 S. 1 AbfG bestimmt Abfälle als bewegliche Sachen, deren sich der Besitzer entledigen will (subjektiver Abfallbegriff) oder deren geordnete Entsorgung zur Wahrung des Wohls der Allgemeinheit, insbesondere des Schutzes der Umwelt, geboten ist (objektiver Abfallbegriff). In diesem Zusammenhang weist die Revision zutreffend darauf hin, daû es an einem Entledigungswillen im Sinne des subjektiven Abfallbegriffs fehlt, wenn der Besitzer die Sache einer als wirtschaftlich sinnvoll anzuerkennenden neuen Verwendung oder Verwertung zuführen und sie damit als Wirtschaftsgut behandelt wissen
will. Ob dies auch dann angenommen werden kann, wenn er für die Abnahme der Sache ein Entgelt zahlt, das geringer ist als die für eine Abfallentsorgung sonst anfallenden Gebühren (so Kunig/Schwermer/Versteyl, Abfallgesetz, 2. Aufl., § 1 Rn. 15 m.w.N.), bedarf hier keiner Entscheidung, da jedenfalls die Voraussetzungen des objektiven Abfallbegriffs erfüllt sind. Die geordnete Entsorgung einer Sache als Abfall ist nämlich dann geboten, wenn ihre gegenwärtige Aufbewahrung und ihre zukünftige Verwendung oder Verwertung typischerweise zu einer Gemeinwohlgefährdung, insbesondere zu Umweltgefahren , führt. Ist dies zu bejahen, unterfällt die Sache dem Abfallrecht. Erst bei dessen Anwendung ist von Bedeutung, ob die festgestellte typische Umweltgefahr auch im konkreten Einzelfall besteht (BVerwGE 92, 353, 357 - Bauschutt -; vgl. auch BGHZ 110, 210, 214 m.w.N.).
In dem notariellen Vertrag vom 27. September 1994 haben die Parteien die von der Klägerin auf dem Grundstück des Beklagten abzukippenden Materialien durch Bezugnahme auf die Richtlinie für die Entsorgung von Bauabfällen im Land S. (RdErl. des MU v. 7. Juli 1994, MBl. LSA, S. 2174) und die darin beschriebenen Verwertungs- und Einbauklassen näher bestimmt. Danach weisen Materialien mit dem hier maûgeblichen Zuordnungswert 2 Schadstoffbelastungen auf, die lediglich eine eingeschränkte Verwertung mit definierten technischen Sicherungsmaûnahmen zulassen, wenn durch bestimmte Einbaubedingungen negative Auswirkungen auf die Umwelt (Eindringen von Schadstoffen in das Grundwasser und eine Verfrachtung durch Wind) verhindert werden. Die Richtlinie sieht deshalb in Nr. 4.3. vor, daû der Einbau dieser Materialien unter Versiegelungsflächen ohne seitliche Wasserzuflüsse, in jedem Fall oberhalb des Grundwasserschwankungsbereichs bzw. des höchsten Grundwasserstandes und auûerhalb unterirdisch verlegter Wasser- oder
Abwasserleitungen erfolgen soll. Hieraus ergibt sich, daû von Materialien mit dem Zuordnungswert 2 typischerweise Gefahren für die Umwelt, insbesondere für das Grundwasser, ausgehen, wenn sie in oder auf dem Boden abgelagert werden. Das eröffnet den Anwendungsbereich des Abfallrechts, ohne daû es des Nachweises einer konkreten Gefahr im Einzelfall bedarf.
bb) An der Abfalleigenschaft der von der Klägerin abzukippenden Materialien hat sich durch das Inkrafttreten des KrW-/AbfG nichts geändert. Der eine Gefährdung voraussetzende objektive Abfallbegriff wurde lediglich in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts konkretisiert (Petersen/Rid, NJW 1995, 7, 9). Abfälle sind danach unter anderem bewegliche Sachen, deren sich ihr Besitzer entledigen muû (§ 3 Abs. 1 S. 1 KrW /AbfG). Dies ist dann der Fall, wenn die Sachen entsprechend ihrer ursprünglichen Zweckbestimmung nicht mehr verwendet werden, aufgrund ihres konkreten Zustands geeignet sind, gegenwärtig oder künftig das Wohl der Allgemeinheit , insbesondere die Umwelt, zu gefährden, und deren Gefährdungspotential nur durch eine ordnungsgemäûe und schadlose Verwertung oder gemeinwohlverträgliche Beseitung nach den Vorschriften des Abfallrechts ausgeschlossen werden kann (§ 3 Abs. 4 KrW-/AbfG). Dies trifft auf Material aus Bodensanierungs - und Rückbaumaûnahmen mit dem Zuordnungswert 2 nach dem vorstehend Gesagten zu.
cc) Da es sich bei den von der Klägerin abzukippenden Materialien nicht um Abfälle handelt, die beim Aufsuchen, Gewinnen, Aufbereiten und Weiterverarbeiten von Bodenschätzen im Zusammenhang mit dem vom Beklagten in einem anderen Bereich des Grundstücks betriebenen Tontagebau angefallen sind (§ 1 Abs. 3 Nr. 3 AbfG, § 2 Abs. 2 Nr. 4 KrW-/AbfG), sondern um berg-
baufremde Abfälle, waren und sind sie nicht vom Geltungsbereich des AbfG bzw. des KrW-/AbfG ausgenommen.

b) Die Abfalleigenschaft des hier in Rede stehenden Materials hat zur Folge, daû es sowohl nach § 4 Abs. 1 S. 1 AbfG als auch nach § 27 Abs. 1 S. 1 KrW-/AbfG nur in einer dafür zugelassenen Anlage oder Einrichtung abgelagert , d.h. auf Dauer gelagert (Kunig/Schwermer/Versteyl, aaO, § 1 Rdn. 41; Jarass/Ruchay/Weidemann/Spoerr, KrW-/AbfG, B 100, § 27 Rdn. 26; Hösel/v. Lersner/Wendenburg, Recht der Abfallbeseitigung, Kz. 0110 Rdn. 11) werden darf (vgl. BVerwGE 92, 353, 354; 111, 136, 139). Allerdings beschränkt § 27 Abs. 1 S. 1 KrW-/AbfG den Anlagenzwang ausdrücklich auf solche Entsorgungshandlungen , die eine Beseitigung des Abfalls bezwecken, erstreckt ihn also nicht auf Verwertungsmaûnahmen (Jarass/Ruchay/Weidemann/Spoerr, KrW-/AbfG, Rdn. 31, 37; Hösel/v. Lersner/Wendenburg, aaO, Kz. 0127 Rdn. 7, 15). Das Verfüllen der Tagebaurestlöcher auf dem Grundstück des Beklagten mit den von der Klägerin anzuliefernden Materialien wäre jedoch nur dann als eine Maûnahme der Abfallverwertung zu qualifizieren, wenn sie in einer zulässigen Weise der Erfüllung einer bergrechtlichen Verpflichtung zur Wiedernutzbarmachung der Oberfläche diente (vgl. §§ 2 Abs. 1 Nr. 2, 4 Abs. 4, 55 Abs. 1 Nr. 7 und Abs. 2 Nr. 2 BBergG). In diesem Fall wäre die Maûnahme mit einem über den bloûen Ablagerungsvorgang hinausgehenden konkreten Nutzungseffekt verbunden, der nach § 4 Abs. 3 S. 2 KrW-/AbfG kennzeichnend für einen Verwertungsvorgang ist und der sich daraus ergäbe, daû die Verfüllung der Tagebaurestlöcher der Herstellung eines von der Rechtsordnung geforderten Zustands unter Einsparung des Einsatzes und der Kosten höherwertigen unbelasteten Materials gedient hätte (vgl. BVerwGE 96, 80, 83; OVG Lüneburg, Urt. v. 14. Juli 2000, NVwZ-RR 2001, 19; Beckmann, VEnergR, Bd. 74 [1995],
S. 67, 106 f.). Von einer bergrechtlichen Verpflichtung des Beklagten zur Wiedernutzbarmachung der Oberfläche kann indessen aufgrund seines eigenen Vorbringens nicht ausgegangen werden. Er hat selbst darauf verwiesen, daû die zur Verfüllung vorgesehenen Tagebaurestlöcher nicht der Bergaufsicht unterlägen und der zwischenzeitlich vom Bergamt H. zugelassene Betriebsplan vom 28. Juni 1999 ausschlieûlich den Abbaubereich des Tontagebaus Hobeck/Klepps II betreffe. Unabhängig hiervon setzt die Verfüllung eines Tagebaus, auch wenn sie zur Wiedernutzbarmachung der Oberfläche an sich bergrechtlich geboten ist, nach §§ 51 Abs. 1, 2 Abs. 1 Nr. 2 BBergG die vorherige Genehmigung der konkreten Maûnahme durch die Bergaufsicht im Rahmen eines bergrechtlichen Betriebsplanzulassungsverfahrens voraus (vgl. Kremer/Neuhaus, Bergrecht, Rdn. 159 f.), um mögliche Gefährdungen der menschlichen Gesundheit, der Umwelt oder anderer geschützter öffentlicher und privater Belange zu verhindern (vgl. §§ 1 Nr. 3, 48 Abs. 2 BBergG). Eine derartige bergrechtliche Genehmigung hat der Beklagte jedoch bis zum Ausspruch der Kündigung durch die Klägerin nicht eingeholt, so daû die Ablagerung des Materials in den Tagebaurestlöchern bereits deswegen bergrechtlich unzulässig war. Im übrigen ergibt sich aus dem Schreiben des Bergamtes H. vom 10. Dezember 1999, daû die Ablagerung von Erdaushub mit dem Zuordnungswert 2 wegen der damit verbundenen Umweltgefährdung nicht zulässig ist. Aus diesen Gründen diente das Abkippen des Bodenaushubs weder der Herstellung eines von der Rechtsordnung geforderten Zustands noch der Schonung natürlicher Ressourcen, sondern beschränkte sich auf einen bloûen Ablagerungsvorgang, der eine Maûnahme der Abfallbeseitigung darstellte. Sie erfolgte allerdings nicht in einer dafür zugelassenen Anlage. Nach dem weiten abfallrechtlichen Anlagenbegriff kann es sich bei den Tagebaurestlöchern auf dem Grundstück des Beklagten zwar um eine Anlage im Sinne von § 4 Abs. 1
S. 1 AbfG, § 27 Abs. 1 S. 1 KrW-/AbfG handeln (vgl. Kunig/Schwermer/ Versteyl, aaO, § 4 Rdn. 12; Jarass/Ruchay/Weidemann/Spoerr, Rdn. 39 m.w.N.; Hösel/v. Lersner/Wendenburg, aaO, Kz. 0127 Rdn. 7). Sie war jedoch nicht zur Ablagerung von Material mit dem Zuordnungswert 2 zugelassen, weil es hierfür nach § 7 Abs. 1 AbfG bzw. § 31 Abs. 2 KrW-/AbfG einer Planfeststellung unter Einschluû einer Umweltverträglichkeitsprüfung, zumindest jedoch nach § 7 Abs. 2 AbfG bzw. § 31 Abs. 3 KrW-/AbfG einer Plangenehmigung bedurft hätte. Unerheblich ist, ob die materiellrechtlichen Voraussetzungen für eine abfallrechtliche Zulassung vorgelegen haben, da nach den genannten Vorschriften die formelle Legalität der Anlage maûgebend ist (Kunig/ Schwermer/Versteyl, aaO, § 4 Rdn. 14, 26; Jarass/Ruchay/Weidemann/Spoerr, aaO, Rdn. 44; Hösel/v. Lersner/Wendenburg, aaO, Kz. 0127 Rdn. 28). Eine formelle Anlagenzulassung erfolgte jedoch nicht. Die Ablagerung des von der Klägerin anzuliefernden Materials in den Tagebaurestlöchern war und ist deshalb unzulässig. Dagegen spricht entgegen der Auffassung der Revision nicht, daû der die weitere Verfüllung eines Tagebaurestlochs untersagende Bescheid des Landkreises A. vom 29. März 1995 durch Urteil des Verwaltungsgerichts D. vom 6. Februar 1997 aufgehoben worden ist. Dies vermochte die erforderliche abfallrechtliche Anlagenzulassung nicht zu ersetzen, zumal der genannte Bescheid des Landkreises A. jedenfalls in der Fassung des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums D. vom 4. Dezember 1995 ausschlieûlich auf naturschutzrechtlicher Grundlage ergangen und auch nur insoweit vom Verwaltungsgericht D. überprüft worden ist.

c) Das Fehlen einer abfallrechtlichen Anlagenzulassung hatte nicht nur zur Folge, daû der Beklagte eine – weitere – Verfüllung der Tagebaurestlöcher
unterlassen muûte. Vielmehr war bereits das der Klägerin durch den notariellen Vertrag vom 27. September 1994 gestattete Abkippen von Material auf dem Grundstück des Beklagten abfallrechtlich unzulässig, da es sich hierbei um einen Teilakt einer abfallrechtlich einheitlich zu beurteilenden, auf die Ablagerung des Materials in den Tagebaurestlöchern gerichteten Entsorgungsmaûnahme handelte (vgl. Dolde/Vetter, NVwZ 2000, 21, 23). In Erfüllung ihrer Grundpflicht zur ordnungsgemäûen Abfallbeseitigung nach § 2 Abs. 1 AbfG, § 11 Abs. 1 KrW-/AbfG hatte die Klägerin gemäû § 4 Abs. 1 AbfG, § 27 Abs. 1 S. 1 KrW-/ AbfG sicherzustellen, daû die in ihrem Besitz befindlichen Materialien nur in einer dafür zugelassenen Abfallbeseitigungsanlage abgelagert wurden. Das war durch eine Weitergabe der Materialien an den Beklagten gerade nicht gewährleistet , da dieser zu der vertraglich vorgesehenen Ablagerung in den Tagebaurestlöchern mangels Anlagenzulassung nicht befugt war. Mit dem weiteren Abkippen von Materialien auf dem Grundstück des Beklagten hätte sich die Klägerin mithin ihrer abfallrechtlichen Pflichtenstellung unter Verstoû gegen das Abfallrecht entzogen, weshalb ihr durch die zuständige Behörde auf der Grundlage von § 4 Abs. 1 S. 1 AbfG bzw. §§ 27, 21 KrW-/AbfG die Beseitigung auch der Materialien hätte aufgegeben werden können, die der Beklagte bereits in die Tagebaurestlöcher verfüllt hatte (vgl. Jarass /Ruchay/Weidemann/Spoerr, Rdn. 64). An der abfallrechtlichen Verantwortlichkeit des Abfallbesitzers, die so lange andauert, bis der Abfall endgültig und umweltunschädlich verwertet oder beseitigt worden ist (Versteyl, NJW 1995, 1070, 1071), vermochten nämlich die zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarungen nichts zu ändern. Deswegen ist es unerheblich, daû nach dem notariellen Vertrag vom 27. September 1994 der Beklagte Eigentümer der ab-
gekippten Materialien werden und für deren weitere Verwendung Sorge tragen sollte.
3. Nach alledem war die Klägerin aus rechtlichen Gründen daran gehindert , von ihrem vertraglich begründeten Recht, auf dem Grundstück des Beklagten Material aus Bodensanierungs- und Rückbaumaûnahmen entsprechend dem Zuordnungswert 2 abzukippen, Gebrauch zu machen. Diese Vertragsstörung fällt bereits deshalb in den Verantwortungsbereich des Beklagten, weil er in § 1 des Vertrags erklärt hat, zur Verfüllung der Tagebaurestlöcher mit dem von der Klägerin anzuliefernden Material berechtigt zu sein. Das Berufungsgericht hat diese Erklärung dahin ausgelegt, daû sie nicht nur die materielle , sondern auch die formelle Berechtigung zur Verfüllung umfasse, weshalb der Beklagte verpflichtet gewesen sei, die notwendigen öffentlich-rechtlichen Genehmigungen für die Ablagerung des Bodenaushubs zu beschaffen. Das läût Rechtsfehler nicht erkennen. Da der Beklagte mangels abfallrechtlicher Anlagenzulassung tatsächlich nicht zum Verfüllen der Tagebaurestlöcher mit dem von der Klägerin anzuliefernden Material berechtigt war, wäre es seine Sache gewesen, die Zulassung wenigstens nachträglich einzuholen, um auf diese Weise eine Durchführung des mit der Klägerin geschlossenen Vertrags zu ermöglichen. Dies hat der Beklagte jedoch nicht getan. Vielmehr hat er den unzutreffenden Rechtsstandpunkt vertreten, die Ablagerung des Bodenaushubs sei auch ohne eine formelle Genehmigung zulässig. Anhaltspunkte dafür, daû er seine Ansicht ändern könnte, waren für die Klägerin im Zeitpunkt der Kündigungserklärung nicht ersichtlich. Eine nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) grundsätzlich angezeigte nochmalige Aufforderung an den Beklagten, die erforderliche Genehmigung einzuholen, wäre deshalb von vornherein aussichtslos gewesen, so daû die Klägerin vor Ausspruch der Kün-
digung hiervon absehen konnte. Da auch mehr als fünf Jahre nach dem Vertragsschluû nicht absehbar war, daû der Vertrag noch zur Durchführung kommen und der Beklagte weitere Entgeltansprüche erwerben könnte, hatte die Klägerin ± unabhängig von einer zwischenzeitlich eingetretenen Veränderung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen - ein berechtigtes Interesse daran, sich durch den Ausspruch der auûerordentlichen Kündigung von dem Vertrag zu lösen, um auf diese Weise den von ihr geleisteten Vorschuû zurückzuerhalten. Ein anerkennenswertes Interesse des Beklagten an der Fortsetzung des Vertragsverhältnisses ist demgegenüber nicht ersichtlich.

IV.


Die Revision rügt jedoch mit Erfolg, daû sich das Berufungsgericht mit der vom Beklagten bereits erstinstanzlich erklärten Hilfsaufrechnung mit einem Anspruch auf Nutzungsentschädigung von 14.080,00 DM nebst Zinsen nicht befaût hat. Der bloûe Umstand, daû der Beklagte im Berufungsrechtszug auf diese Forderung "nicht mehr zurückgekommen" ist, läût entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht darauf schlieûen, daû er an der Hilfsaufrechnung nicht länger festhalten wollte. Diese Würdigung des prozessualen Verhaltens des Beklagten läût insbesondere unberücksichtigt, daû für ihn kein Anlaû bestand, sein Vorbringen zu dem hilfsweise zur Aufrechnung gestellten Gegenanspruch in der Berufungsinstanz zu vertiefen. Das Landgericht hatte die Klage nämlich ohne Rücksicht auf die Hilfsaufrechnung abgewiesen; nur damit hat sich die Klägerin in ihrer Berufungsbegründung auseinandergesetzt. Der Beklagte konnte sich deshalb darauf beschränken, sein erstinstanzliches Vorbringen zu dem geltend gemachten Gegenanspruch im Wege der Bezug-
nahme zum Gegenstand des Berufungsverfahrens zu machen. Ein Verzicht auf die Hilfsaufrechnung war hiermit nicht verbunden. Zu dieser abweichenden Bewertung ist das Revisionsgericht befugt, weil sie auf der Auslegung des Erklärungsgehalts eines prozessualen Verhaltens beruht (vgl. BGHZ 115, 286, 290).

V.


Da das Berufungsgericht keine Feststellungen zum Gegenanspruch des Beklagten getroffen hat, kann der Senat nicht nach § 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO a.F. selbst abschlieûend entscheiden. Vielmehr muû das Berufungsurteil insoweit aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.
Wenzel Tropf Krüger Klein Lemke

*

(1) Braucht der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten, entfällt der Anspruch auf die Gegenleistung; bei einer Teilleistung findet § 441 Abs. 3 entsprechende Anwendung. Satz 1 gilt nicht, wenn der Schuldner im Falle der nicht vertragsgemäßen Leistung die Nacherfüllung nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu erbringen braucht.

(2) Ist der Gläubiger für den Umstand, auf Grund dessen der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten braucht, allein oder weit überwiegend verantwortlich oder tritt dieser vom Schuldner nicht zu vertretende Umstand zu einer Zeit ein, zu welcher der Gläubiger im Verzug der Annahme ist, so behält der Schuldner den Anspruch auf die Gegenleistung. Er muss sich jedoch dasjenige anrechnen lassen, was er infolge der Befreiung von der Leistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt.

(3) Verlangt der Gläubiger nach § 285 Herausgabe des für den geschuldeten Gegenstand erlangten Ersatzes oder Abtretung des Ersatzanspruchs, so bleibt er zur Gegenleistung verpflichtet. Diese mindert sich jedoch nach Maßgabe des § 441 Abs. 3 insoweit, als der Wert des Ersatzes oder des Ersatzanspruchs hinter dem Wert der geschuldeten Leistung zurückbleibt.

(4) Soweit die nach dieser Vorschrift nicht geschuldete Gegenleistung bewirkt ist, kann das Geleistete nach den §§ 346 bis 348 zurückgefordert werden.

(5) Braucht der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten, kann der Gläubiger zurücktreten; auf den Rücktritt findet § 323 mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass die Fristsetzung entbehrlich ist.

(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.

(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.

(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.

(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.

Die Aufrechnung bewirkt, dass die Forderungen, soweit sie sich decken, als in dem Zeitpunkt erloschen gelten, in welchem sie zur Aufrechnung geeignet einander gegenübergetreten sind.

*

(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)