Bundesgerichtshof Urteil, 01. Aug. 2018 - 5 StR 30/18

published on 01/08/2018 00:00
Bundesgerichtshof Urteil, 01. Aug. 2018 - 5 StR 30/18
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
5 StR 30/18
vom
1. August 2018
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen Verdachts der Erpressung
ECLI:DE:BGH:2018:010818U5STR30.18.0

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 1. August 2018, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Dr. Mutzbauer als Vorsitzender,
Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Schneider, die Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. König, Prof. Dr. Mosbacher, Köhler als beisitzende Richter,
Richter am Landgericht als Vertreter des Generalbundesanwalts,
Rechtsanwalt E. als Verteidiger des Angeklagten A. ,
Rechtsanwalt S. , Rechtsanwältin B. als Verteidiger des Angeklagten M. ,
Rechtsanwalt Br. als Verteidiger des Angeklagten P. ,
Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 25. Juli 2017 mit den Feststellungen aufgehoben, soweit es die Angeklagten A. , M. und P. betrifft.
In diesem Umfang wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

- Von Rechts wegen -

Gründe:


Das Landgericht hat den Angeklagten A. vom Vorwurf der banden- und
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gewerbsmäßigen Erpressung in 14 Fällen sowie der räuberischen Erpressung in zwei Fällen, den Angeklagten M. vom Vorwurf der banden- und gewerbsmäßigen Erpressung in 13 Fällen sowie der räuberischen Erpressung und den Angeklagten P. vom Vorwurf der banden- und gewerbsmäßigen Erpressung in drei Fällen sowie der räuberischen Erpressung freigesprochen. Ihnen wird vorgeworfen, im Berliner Rotlichtmilieu Prostituierte und Zuhälter zur Zahlung von „Standgeldern“ gezwungen zu haben. Die gegen die Freisprüche gerichteten und auf die Verletzung formellen sowie materiellen Rechts gestützten Revisionen der Staatsanwaltschaft haben Erfolg.
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1. Allerdings verfehlen die von der Beschwerdeführerin erhobenen Verfahrensrügen – insoweit werden die Rechtsmittel vom Generalbundesanwalt auch nicht vertreten – sämtlich die Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO. Denn die Staatsanwaltschaft hat durchgehend für die revisionsgerichtliche Beurteilung erforderliche Unterlagen nicht vorgelegt. Betroffen sind namentlich Niederschriften von Zeugenvernehmungen, auf die sie sich in ihrer Revisionsbegründung maßgebend bezogen hat.
2. Die Revisionen dringen jedoch mit der Sachrüge durch. Das angefoch3 tene Urteil entspricht nicht den Anforderungen, die nach § 267 Abs. 5 Satz 1 StPO an ein freisprechendes Urteil zu stellen sind.

a) Soweit das Landgericht hinsichtlich des Großteils der Anklagevorwürfe
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darauf abstellt, dass schon die dort beschriebenen Verhaltensweisen die für den Tatbestand der Erpressung erforderliche „Benennung oder konkludente Inaussichtstellung empfindlicher Übel“ nicht beschreibe (UA S. 7 f.), verkennt es, dass es nach unveränderter Zulassung der Anklage zur Hauptverhandlung Aufgabe des Gerichts ist, unabhängig von etwaigen, die Wirksamkeit der An- klage nicht betreffenden Mängeln der Anklageschrift, „zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind“ (§ 244 Abs. 2 StPO).

b) Ein grundlegender Mangel des Urteils liegt bereits darin, dass es nicht
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hinreichend erkennen lässt, welche Straftaten den einzelnen Angeklagten zur Last gelegt werden. Im Blick darauf, dass es sich um mehrere Angeklagte gehandelt hat, hätte das Landgericht zunächst die individuellen Anklagevorwürfe gegen jeden von ihnen nach Ort, Zeit und Begehungsweise aufzeigen müssen (vgl. BGH, Urteile vom 26. April 1990 – 4 StR 24/90, BGHSt 37, 21, 22; vom 5. August 1997 – 5 StR 210/97, NStZ-RR 1997, 374; MüKo-StPO/Wenske, 2016, § 267 Rn. 484 mwN). In einer geschlossenen Darstellung hätte es dann die als erwiesen angesehenen Tatsachen feststellen und davon ausgehend darlegen müssen, dass sich diese Vorwürfe entweder aus tatsächlichen oder aus rechtlichen Gründen nicht bestätigt haben (vgl. BGH, Urteil vom 5. August 1997 – 5 StR 210/97, aaO). Es ist Aufgabe der Urteilsgründe, dem Revisionsgericht auf diese Weise eine umfassende Nachprüfung der freisprechenden Entscheidung zu ermöglichen (BGH, Urteil vom 26. April 1990 – 4 StR 24/90, aaO mwN). Diesen Anforderungen wird das angefochtene Urteil nur unvollkommen gerecht.
aa) Das Landgericht beginnt – ohne Bezeichnung der Anklagevorwürfe –
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mit hypothetischen Ausführungen dazu, welche Feststellungen sich mit den vorhandenen Beweismitteln „allenfalls“ hätten treffen lassen. Danach wären die Angeklagten A. und M. im Zeitraum von September 2014 bis November 2015 im Rotlichtmilieu in der straße in Berlin tätig gewesen. In diesem Straßenabschnitt sich prostituierende Frauen bzw. deren Zuhälter hätten bis zu 120 € pro Frau und Woche an den Angeklagten M. , teils auch an den Angeklagten P. gezahlt, die sie möglicherweise an den Angeklagten A. weitergereicht hätten. Auf die Zahlungspflicht wären die Frauen durch andere Prostituierte bzw. deren Zuhälter hingewiesen worden. Ausdrückliche oder konkludente Drohungen hätten die Angeklagten nicht ausgesprochen. Bei Zahlung wären die jeweilige Frau und ihr Zuhälter von anderen dort tätigen Frauen und Zuhältern nicht behelligt geworden. Die Empfänger der Gelder wären im Gegenzug für die Zahlungen erreichbar gewesen, um den Frauen bei Belästigungen zu helfen, was die Zuhälter teilweise genutzt hätten, um sich weniger vor Ort aufzuhalten und anderen Tätigkeiten nachzugehen.
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Danach werden Zahlungsvorgänge dargestellt, die sich zu den einzel- nen, weiterhin nicht beschriebenen Anklagevorwürfen „allenfalls“ bzw. „möglicherweise“ hätten nachweisen lassen. Diese (womöglich) feststellbaren Taten wären nach Auffassung des Landgerichts nicht strafbar, weil die Angeklagten nicht selbst Repressalien gegen die sich prostituierenden Frauen und Zuhälter angedroht oder je selbst durchgeführt hätten. Die bloße Entgegennahme von Zahlungen gegen die Gewährung von Schutz stelle aber keine Erpressung dar, sofern diese nicht durch Drohung mit einem empfindlichen Übel erzwungen würden.
Es schließen sich Ausführungen an, wonach mit Ausnahme dreier
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(Tatziffern 1, 4 und 11) von insgesamt 16 Tatvorwürfen schon der Anklageschrift keine Strafbarkeit entnommen werden könne. Dort werde zwar den einzelnen Taten die Behauptung vorangestellt, dass die meist sprachunkundigen, auf Prostitutionseinnahmen angewiesenen Frauen bzw. deren Zuhälter die „Standgelder“ nur zahlten, weil die Angeklagten vor dem Hintergrund einerallgemeinen , milieuspezifischen Drohkulisse durch ihren „Ruf“, Gerüchte über Repressalien oder am Strich postierte „Aufpasser“ zumindest konkludent, aber unmissverständlich zum Ausdruck gebracht hätten, dass die Frauen eine Vertreibung vom Straßenstrich, zum Teil sogar unter Anwendung von Gewalt zu fürchten hätten. Dies ersetze jedoch nicht die konkrete Feststellung aller Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes für jede einzelne Tat. Zu den Tatziffern 2, 3, 5 und 6 werden in diesem Zusammenhang Auszüge aus der Anklageschrift wiedergegeben und gewürdigt.
In einem weiteren Abschnitt legt das Landgericht dar, dass sich zu den
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– erneut nur stichpunktartig wiedergegebenen – Tatvorwürfen 1, 4 und 11 in der Anklageschrift konkret beschriebene Drohungen der Angeklagten nicht hätten erweisen lassen, weswegen diese insoweit aus tatsächlichen Gründen freizusprechen gewesen seien. Das Urteil endet mit Erwägungen dazu, dass mit den zur Verfügung stehenden Beweismitteln weder die in der Anklageschrift be- hauptete „allgemeine milieuspezifische Drohkulisse“ noch etwaige konkrete Drohungen hätten festgestellt werden können, die schon im Anklagesatz jedoch nicht enthalten gewesen seien.
bb) Das Landgericht setzt die Anklagevorwürfe demnach im Einzelnen
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als bekannt voraus und baut die weiteren Erörterungen auf dieser Unterstellung auf. Die Urteilsbegründung ist damit in weiten Teilen aus sich heraus nicht verständlich. Soweit anhand der Urteilsgründe eine sachlich-rechtliche Prüfung möglich ist, gilt Folgendes: (1) Das Verlangen von „Standgeldern“ stellt, was das Landgericht im
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Grundsatz nicht verkennt, eine Verfügung über öffentlichen Straßenraum dar, die Privatpersonen – für jedermann erkennbar – nicht zusteht (vgl. BGH, Urteil vom 10. Februar 2010 – 5 StR 328/09, NJW 2010, 1615, 1616). Wird Prostitu- ierten und ihren Zuhältern für den Fall der Nichtzahlung solcher „Standgelder“ eine „Vertreibung“ angekündigt, so kann dies eine Drohung mit einem empfind- lichen Übel im Sinne von § 253 Abs. 1 StGB darstellen. Eine solche Drohung muss dabei nicht direkt ausgesprochen werden, es genügt vielmehr, wenn sie versteckt „zwischen den Zeilen“ erfolgt (vgl. etwa BGH, Beschluss vom 6. No- vember 2008 – 4 StR 495/08, NStZ 2009, 263, 264). Die Herstellung und Aus- nutzung einer „Drohkulisse“ kann namentlich unter den besonderen Verhältnis- sen des Rotlichtgewerbes genügen (vgl. auch BGH, Beschluss vom 6. November 2008 – 4 StR 495/08, aaO).
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Legt man die hypothetischen Darlegungen des Landgerichts zu den einzelnen Zahlungsvorgängen (UA S. 5 f.) als festgestellt zugrunde, so haben sich in der straße prostituierende, aus Osteuropa kommende Frauen bzw. ihre Zuhälter teils über Monate, teils über Wochen insgesamt beträchtliche Geldbeträge an die Angeklagten gezahlt. Da Schenkungen als Zahlungsgrund auszuschließen sind, kann dieser Umstand, zumal im Rotlichtmilieu, bereits für sich genommen als Beweisanzeichen dafür gewertet werden, dass die Zahlungen nicht freiwillig erfolgt sind. Soweit das Landgericht demgegenüber von Dienstleistungsvereinbarungen (telefonische Erreichbarkeit der Angeklagten, um den Frauen bei Belästigungen zu helfen, bei gleichzeitiger „Entlastung“ der Zuhälter der Frauen im Blick auf eigene Schutztätigkeiten, UA S. 5) ausgeht bzw. solche als nicht ausschließbar ansieht, beruht dies auf einer lückenhaften Würdigung. Ferner hat das Landgericht hierdurch rechtsfehlerhaft zugunsten der zu den Tatvorwürfen schweigenden Angeklagten Geschehensabläufe unterstellt, für deren Vorliegen keine hinreichenden Anhaltspunkte bestanden (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteile vom 6. März 1986 – 4 StR 48/86, BGHSt 34, 29, 34; vom 18. August 2009 – 1 StR 107/09, NStZ-RR 2010, 85, jeweils mwN).
(a) Entsprechend den Ausführungen des Generalbundesanwalts hat sich
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das Landgericht für ihre wesentlich aus der Aussage eines Zeugen abgeleitete Annahme freiwilliger Dienstvereinbarungen insgesamt nur unzureichend mit dem Umstand auseinandergesetzt, dass einige Frauen über Zuhälter verfügten und damit jedenfalls bei einer Prostitutionstätigkeit außerhalb der straße keines zusätzlichen Schutzes bedurften. Warum gleichwohl gerade in der straße ergänzender, für die Zuhälter und Frauen unter beträchtlichen Ein- kommenseinbußen „erkaufter“ Schutz gerade durch die Angeklagten notwendig gewesen sein sollte, legt das Landgericht nicht schlüssig dar.
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(b) Ferner wären die in den Urteilsgründen auszugsweise mitgeteilten Anklagevorwürfe zu den Tatziffern 3, 5 und 6 im Fall ihres Nachweises entgegen der Auffassung der Strafkammer schwerlich mit der Annahme freiwillig abgeschlossener Dienstverträge unter Gleichberechtigten zu vereinbaren.
Gemäß Anklagevorwurf zu Tatziffer 3 hat der Zuhälter die Zahlungen
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entrichtet, weil „seine“ Frauen sonst aus der straße vertrieben worden wären. Soweit das Landgericht eine Verknüpfung mit einer Vertreibung speziell durch die Angeklagten oder auf deren Veranlassung vermisst, hätte es erörtern müssen, dass die Vertreibung bei einer Nichtzahlung gerade an die Angeklag- ten befürchtet wurde. Eine „Vertreibung“ durch unbeteiligte Dritte bei Zahlungs- säumnissen gegenüber den Angeklagten liegt unter solchen Vorzeichen nicht nahe.
Nach dem Anklagevorwurf zu Tatziffer 5 haben die Angeklagten A. und
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M. bei der Einforderung von Zahlungen deutlich gemacht, dass sie „die Straße als die ihre betrachteten“. Dies spricht deutlich für eine einseitig auferlegte Zahlungspflicht im Sinne eines „Standgeldes“.
Nach dem Anklagevorwurf zu Tatziffer 6 hat der Angeklagte A. (wohl
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aufgrund von Zahlungsrückständen) wütend zu einem Zuhälter gesagt, er werde schon sehen, was passiere, wenn die betroffene Prostituierte ohne Zahlung weiter auf der straße arbeite. Die Wertung des Landgerichts, der – wütende – Angeklagte habe womöglich nur vor den Folgen warnen wollen, wenn die Prostituierte ohne den Schutz des Angeklagten würde auskommen müssen, drängt sich abermals nicht auf.
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(2) Soweit das Landgericht Beweise erhoben und gewürdigt hat, widerstreiten diese im Wesentlichen gleichfalls der Annahme von einvernehmlich abgeschlossenen Dienstverträgen.
So ergibt sich aus der verlesenen Aussage des Zuhälters K. , es sei
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ein Mann namens Mu. (der Angeklagte P. ) zu ihm gekommen und habe ihm mitgeteilt, dass er sich im Gebiet von einem Mo. (Angeklagter A. ) befinde und er an diesen zahlen müsse; für den Fall der Nichtzahlung befürchtete er Repressalien (UA S. 9 f.). Dies findet Bestätigung in den Angaben der Zeugin T. , wonach bei Beginn ihrer Tätigkeit in der straße ein Mann vorbeigekommen sei, der gesagt habe, sie könne dort nicht ohne Weiteres stehen; die Zuhälter K. und G. hätten daraufhin Erkundigungen eingeholt , woraufhin durch K. an den Angeklagten P. gezahlt worden sei (UA S. 10). Nach Aussage der Zeugin Ba. ist sie wegen Zahlungsrückständen angeschrien worden, wonach sie dem Anrufer nochmal Geld gegeben habe , bevor sie nach Ungarn zurückgegangen sei (UA S. 11). In einem abgehörten Telefongespräch hat diese Zeugin gegenüber ihrem Zuhälter R. angegeben , sie gehe davon aus, „Mom. “ (der Angeklagte A. oder der Angeklagte M. ) werde sie „niederschlagen“ bzw. „umbringen“, weil nicht gezahlt wor- den sei (UA S. 12).
Auch wenn diesen Vorgängen konkrete Drohungen von Seiten der An20 geklagten nicht zu entnehmen bzw. in Bezug auf den Zeugen K. nach Auffassung der Strafkammer nicht erwiesen sind, hätte der Erörterung bedurft, wa- rum die Zeugen bei Nichtzahlung Gewaltmaßnahmen bis hin zum „Umbringen“ fürchteten. Die Annahme, dass sie insoweit nur grundlos „spekuliert“ haben könnten (UA S. 12), widerspricht jeglicher Lebenserfahrung und überspannt die an die tatrichterliche Überzeugungsbildung zu stellenden Anforderungen.
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Der Senat besorgt nach alledem, dass sich das Landgericht durch seine Art des Vorgehens den Blick auf die gebotene Gesamtschau aller relevanten Tatsachen verstellt hat. Auf die Gesamtumstände hatte die Anklage mit ihrem Hinweis auf eine „allgemeine, milieuspezifischen Drohkulisse“ aber maßgebend abgestellt.

c) Der Generalbundesanwalt beanstandet ferner mit Recht, dass die Ur22 teilsgründe keine Feststellungen zu Werdegang und Vorleben sowie zur Persönlichkeit der Angeklagten enthalten:
„Derartige Feststellungen sind zwar in erster Linie bei verurtei- lenden Erkenntnissen notwendig, um nachvollziehen zu können , ob der Tatrichter die wesentlichen Anknüpfungstatsachen für die Strafzumessung (§ 46 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2 StGB) ermittelt und berücksichtigt hat. Aber auch bei freisprechenden Urteilen ist der Tatrichter aus sachlich-rechtlichen Gründen zumindest dann zu solchen Feststellungen verpflichtet , wenn diese für die Beurteilung des Tatvorwurfs eine Rolle spielen können und deshalb zur Überprüfung des Freispruchs durch das Revisionsgericht auf Rechtsfehler hin notwendig sind (vgl. BGH, Urteile vom 13. Oktober 1999 – 3 StR 297/99, NStZ 2000, 91; vom 14. Februar 2008 – 4 StR 317/07, NStZ-RR 2008, 206, 207; vom 23. Juli 2008 – 2 StR 150/08, BGHSt 52, 314, 315; vom 25. Oktober 2012 – 4 StR 170/12, NStZ-RR 2013, 52). Die Notwendigkeit, die persönlichen Verhältnisse des Angeklagten umfassend in den Blick zu nehmen, nähere Feststellungen zu dessen Lebenslauf, Werdegang und Persönlichkeit zu treffen sowie diese in den Urteilsgründen darzulegen , richtet sich stets nach den Umständen des Einzelfalles (BGH, Urteil vom 21. November 2013 – 4 StR 242/13). Eine entsprechende Notwendigkeit ergibt sich hier bereits aus den den Angeklagten zum Vorwurf gemachten Straftaten. Ihnen liegt ersichtlich die Motivation zugrunde, in den Besitz von erheblichen Geldern zu gelangen. Daher liegt es nahe, dass den wirtschaftlichen Verhältnissen der Angeklagten Bedeutung auch für die Beurteilung der Tatvorwürfe zukommen
kann. Darüber hinaus bedarf es unter dem Gesichtspunkt der den Anklagevorwürfen immanenten erheblichen kriminellen Energie der Feststellung, ob die Angeklagten bereits in der Vergangenheit mit ähnlichen Straftaten in Erscheinung getreten sind und in ihren Werdegängen Hinweise für die Einbindung in die organisierte Kriminalität im Bereich des Rotlichtmilieus vor- handen sind.“ 3. Die Sache bedarf danach insgesamt neuer Verhandlung und Ent23 scheidung.
Mutzbauer Schneider König
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(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen. (2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer R

(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme. (2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen. (2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Um
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Annotations

(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen.

(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden.

(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese Tatsachen angegeben werden. Auf Abbildungen, die sich bei den Akten befinden, kann hierbei wegen der Einzelheiten verwiesen werden.

(2) Waren in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände behauptet worden, welche die Strafbarkeit ausschließen, vermindern oder erhöhen, so müssen die Urteilsgründe sich darüber aussprechen, ob diese Umstände für festgestellt oder für nicht festgestellt erachtet werden.

(3) Die Gründe des Strafurteils müssen ferner das zur Anwendung gebrachte Strafgesetz bezeichnen und die Umstände anführen, die für die Zumessung der Strafe bestimmend gewesen sind. Macht das Strafgesetz Milderungen von dem Vorliegen minder schwerer Fälle abhängig, so müssen die Urteilsgründe ergeben, weshalb diese Umstände angenommen oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen verneint werden; dies gilt entsprechend für die Verhängung einer Freiheitsstrafe in den Fällen des § 47 des Strafgesetzbuches. Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb ein besonders schwerer Fall nicht angenommen wird, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, unter denen nach dem Strafgesetz in der Regel ein solcher Fall vorliegt; liegen diese Voraussetzungen nicht vor, wird aber gleichwohl ein besonders schwerer Fall angenommen, so gilt Satz 2 entsprechend. Die Urteilsgründe müssen ferner ergeben, weshalb die Strafe zur Bewährung ausgesetzt oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht ausgesetzt worden ist; dies gilt entsprechend für die Verwarnung mit Strafvorbehalt und das Absehen von Strafe. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist auch dies in den Urteilsgründen anzugeben.

(4) Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so müssen die erwiesenen Tatsachen, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden, und das angewendete Strafgesetz angegeben werden; bei Urteilen, die nur auf Geldstrafe lauten oder neben einer Geldstrafe ein Fahrverbot oder die Entziehung der Fahrerlaubnis und damit zusammen die Einziehung des Führerscheins anordnen, oder bei Verwarnungen mit Strafvorbehalt kann hierbei auf den zugelassenen Anklagesatz, auf die Anklage gemäß § 418 Abs. 3 Satz 2 oder den Strafbefehl sowie den Strafbefehlsantrag verwiesen werden. Absatz 3 Satz 5 gilt entsprechend. Den weiteren Inhalt der Urteilsgründe bestimmt das Gericht unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nach seinem Ermessen. Die Urteilsgründe können innerhalb der in § 275 Abs. 1 Satz 2 vorgesehenen Frist ergänzt werden, wenn gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt wird.

(5) Wird der Angeklagte freigesprochen, so müssen die Urteilsgründe ergeben, ob der Angeklagte für nicht überführt oder ob und aus welchen Gründen die für erwiesen angenommene Tat für nicht strafbar erachtet worden ist. Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so braucht nur angegeben zu werden, ob die dem Angeklagten zur Last gelegte Straftat aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht festgestellt worden ist. Absatz 4 Satz 4 ist anzuwenden.

(6) Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet, eine Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht angeordnet oder nicht vorbehalten worden ist. Ist die Fahrerlaubnis nicht entzogen oder eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches nicht angeordnet worden, obwohl dies nach der Art der Straftat in Betracht kam, so müssen die Urteilsgründe stets ergeben, weshalb die Maßregel nicht angeordnet worden ist.

(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme.

(2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

(3) Ein Beweisantrag liegt vor, wenn der Antragsteller ernsthaft verlangt, Beweis über eine bestimmt behauptete konkrete Tatsache, die die Schuld- oder Rechtsfolgenfrage betrifft, durch ein bestimmt bezeichnetes Beweismittel zu erheben und dem Antrag zu entnehmen ist, weshalb das bezeichnete Beweismittel die behauptete Tatsache belegen können soll. Ein Beweisantrag ist abzulehnen, wenn die Erhebung des Beweises unzulässig ist. Im Übrigen darf ein Beweisantrag nur abgelehnt werden, wenn

1.
eine Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit überflüssig ist,
2.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, für die Entscheidung ohne Bedeutung ist,
3.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, schon erwiesen ist,
4.
das Beweismittel völlig ungeeignet ist,
5.
das Beweismittel unerreichbar ist oder
6.
eine erhebliche Behauptung, die zur Entlastung des Angeklagten bewiesen werden soll, so behandelt werden kann, als wäre die behauptete Tatsache wahr.

(4) Ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Sachverständigen kann, soweit nichts anderes bestimmt ist, auch abgelehnt werden, wenn das Gericht selbst die erforderliche Sachkunde besitzt. Die Anhörung eines weiteren Sachverständigen kann auch dann abgelehnt werden, wenn durch das frühere Gutachten das Gegenteil der behaupteten Tatsache bereits erwiesen ist; dies gilt nicht, wenn die Sachkunde des früheren Gutachters zweifelhaft ist, wenn sein Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, wenn das Gutachten Widersprüche enthält oder wenn der neue Sachverständige über Forschungsmittel verfügt, die denen eines früheren Gutachters überlegen erscheinen.

(5) Ein Beweisantrag auf Einnahme eines Augenscheins kann abgelehnt werden, wenn der Augenschein nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist. Unter derselben Voraussetzung kann auch ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Zeugen abgelehnt werden, dessen Ladung im Ausland zu bewirken wäre. Ein Beweisantrag auf Verlesung eines Ausgangsdokuments kann abgelehnt werden, wenn nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts kein Anlass besteht, an der inhaltlichen Übereinstimmung mit dem übertragenen Dokument zu zweifeln.

(6) Die Ablehnung eines Beweisantrages bedarf eines Gerichtsbeschlusses. Einer Ablehnung nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn die beantragte Beweiserhebung nichts Sachdienliches zu Gunsten des Antragstellers erbringen kann, der Antragsteller sich dessen bewusst ist und er die Verschleppung des Verfahrens bezweckt; die Verfolgung anderer verfahrensfremder Ziele steht der Verschleppungsabsicht nicht entgegen. Nach Abschluss der von Amts wegen vorgesehenen Beweisaufnahme kann der Vorsitzende eine angemessene Frist zum Stellen von Beweisanträgen bestimmen. Beweisanträge, die nach Fristablauf gestellt werden, können im Urteil beschieden werden; dies gilt nicht, wenn die Stellung des Beweisantrags vor Fristablauf nicht möglich war. Wird ein Beweisantrag nach Fristablauf gestellt, sind die Tatsachen, die die Einhaltung der Frist unmöglich gemacht haben, mit dem Antrag glaubhaft zu machen.

(1) Wer einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt und dadurch dem Vermögen des Genötigten oder eines anderen Nachteil zufügt, um sich oder einen Dritten zu Unrecht zu bereichern, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Rechtswidrig ist die Tat, wenn die Anwendung der Gewalt oder die Androhung des Übels zu dem angestrebten Zweck als verwerflich anzusehen ist.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung einer Erpressung verbunden hat.

(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen.

(2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Umstände, die für und gegen den Täter sprechen, gegeneinander ab. Dabei kommen namentlich in Betracht:

die Beweggründe und die Ziele des Täters, besonders auch rassistische, fremdenfeindliche, antisemitische oder sonstige menschenverachtende,die Gesinnung, die aus der Tat spricht, und der bei der Tat aufgewendete Wille,das Maß der Pflichtwidrigkeit,die Art der Ausführung und die verschuldeten Auswirkungen der Tat,das Vorleben des Täters, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowiesein Verhalten nach der Tat, besonders sein Bemühen, den Schaden wiedergutzumachen, sowie das Bemühen des Täters, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen.

(3) Umstände, die schon Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes sind, dürfen nicht berücksichtigt werden.