Bundesgerichtshof Urteil, 04. Aug. 2010 - 5 StR 184/10
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten G. wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Die Staatsanwaltschaft hat ihre zu Ungunsten des Angeklagten eingelegte Revision wirksam auf die Nichtanordnung des erweiterten Verfalls beschränkt. Das vom Generalbundesanwalt vertretene Rechtsmittel hat Erfolg.
I.
- 2
- Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen getroffen :
- 3
- Der Angeklagte stellte am 28. Juli 2009 in Kenntnis eines auf den Umsatz von mehreren Kilogramm Marihuana gerichteten Geschäfts des Nichtrevidenten R. diesem seinen Pkw für den Transport der Betäubungsmittel zum Übergabeort zur Verfügung und überwachte den Übergabeort sowie die „Geschäftspartner“ des Nichtrevidenten, als dieser wegen des Herbeischaffens des Rauschgifts vorübergehend ortsabwesend war.
- 4
- Anlässlich einer im April 2009 erfolgten Durchsuchung der Wohnung des Angeklagten waren neben Kleinstmengen Marihuana auch insgesamt – teilweise versteckt – 70.750 Euro aufgefunden und beschlagnahmt worden. Das zugrundeliegende (andere) Ermittlungsverfahren gegen den Angeklagten wurde am 22. Juni 2009 nach § 31a BtMG eingestellt. Der Geldbetrag wurde am 2. September 2009 im Wege der Anschlussbeschlagnahme als möglicher Einziehungsgegenstand für das vorliegende Verfahren beschlagnahmt.
- 5
- Zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen hat das Landgericht festgestellt, dass der Angeklagte seit dem Jahr 2002 zunächst ohne Beschäftigung war. Während des Vollzugs einer Freiheitsstrafe aus dem Urteil des Landgerichts Berlin vom 21. November 2006 fand er eine Tätigkeit als Lagerarbeiter in einem Großhandel, die er auch nach der vorzeitigen Entlassung aus der Haft im Dezember 2008 weiter ausübte. Zuletzt erzielte er aus dieser Beschäftigung monatliche Einkünfte in Höhe von etwa 780 Euro. Bei seinem Pkw handelte es sich um einen Opel Corsa. http://127.0.0.1:50000/Xaver/start.xav?SID=&startbk=heymanns_bgh_ed_bghst&bk=heymanns_bgh_ed_bghst&start=%2F%2F*%5B%40attr_id%3D%27p-bghst-40-371%27%5D&anchor=el [Link] http://127.0.0.1:50000/Xaver/start.xav?SID=&startbk=heymanns_bgh_ed_bghst&bk=heymanns_bgh_ed_bghst&start=%2F%2F*%5B%40attr_id%3D%27p-bghst-40-373%27%5D&anchor=el - 5 -
II.
- 6
- Zur Frage der Verfallsanordnung hat das Landgericht aufgrund der rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen zutreffend ausgeführt, dass § 73 StGB keine Anwendung finde, weil der im April 2009 aufgefundene Geldbetrag in keinem Zusammenhang mit dem Betäubungsmittelgeschäft im Juli 2009 stehe (UA S. 10), und dass § 74 StGB zu verneinen sei, da der Angeklagte den Geldbetrag weder für die Tat noch aus ihr erlangt habe (UA S. 18).
- 7
- Die Anordnung des erweiterten Verfalls nach § 73d StGB bleibt jedoch im Urteil unerörtert. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Bei der vom Angeklagten begangenen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG, § 27 StGB kommt der erweiterte Verfall in Betracht, weil § 33 Abs. 1 Nr. 2 BtMG auf § 73d StGB verweist. Nach dieser Regelung können Gegenstände eines an der rechtswidrigen Tat Beteiligten bei der gebotenen verfassungskonformen Auslegung der Vorschrift für verfallen erklärt werden, wenn das Tatgericht nach Beweiserhebung und Beweiswürdigung davon überzeugt ist, dass die von der Verfallsanordnung erfassten Gegenstände für rechtswidrige Taten oder aus ihnen unmittelbar erlangt worden sind, ohne dass diese im Einzelnen festgestellt werden müssen (vgl. BGHSt 40, 371, 373; BGHR StGB § 73d Gegenstände 4; Fischer, StGB 57. Aufl. § 73d Rdn. 5 m.w.N.). Dass die Anknüpfungstat vor der hier abgeurteilten Tat begangen worden ist, steht einer Anordnung nach § 73d StGB nicht entgegen (vgl. BGH NStZ-RR 2009, 384; Eser in Schönke/Schröder, StGB 27. Aufl. § 73d Rdn. 14 m.w.N.).
- 8
- Das Landgericht hätte sich im Einzelnen damit auseinandersetzen müssen, ob die bei dem Angeklagten beschlagnahmten 70.750 Euro aus anderen rechtswidrigen Taten herrühren. Hierfür bestehen nach Lage des Falls gewichtige Anhaltspunkte. Das Geld war teilweise versteckt und wurde zusammen mit Betäubungsmitteln aufgefunden. Die persönlichen Verhältnisse des Angeklagten, insbesondere seine Einkommensverhältnisse, sind eher bescheiden. Zwischen seiner Vermögenslage und seiner legalen Einkunftsquelle besteht eine deutliche Diskrepanz.
- 9
- Das Fehlen der gebotenen Erörterung stellt vor diesem Hintergrund einen Sachmangel dar, der zur Aufhebung des Urteils führt, soweit die Anordnung des erweiterten Verfalls unterblieben ist.
moreResultsText
Annotations
(1) Hat das Verfahren ein Vergehen nach § 29 Abs. 1, 2 oder 4 zum Gegenstand, so kann die Staatsanwaltschaft von der Verfolgung absehen, wenn die Schuld des Täters als gering anzusehen wäre, kein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung besteht und der Täter die Betäubungsmittel lediglich zum Eigenverbrauch in geringer Menge anbaut, herstellt, einführt, ausführt, durchführt, erwirbt, sich in sonstiger Weise verschafft oder besitzt. Von der Verfolgung soll abgesehen werden, wenn der Täter in einem Drogenkonsumraum Betäubungsmittel lediglich zum Eigenverbrauch, der nach § 10a geduldet werden kann, in geringer Menge besitzt, ohne zugleich im Besitz einer schriftlichen Erlaubnis für den Erwerb zu sein. Ebenfalls soll von der Verfolgung abgesehen werden, wenn der Täter, der Betäubungsmittel lediglich zum Eigenverbrauch in geringer Menge besitzt, ohne zugleich im Besitz einer schriftlichen Erlaubnis für den Erwerb zu sein, anlässlich der Nutzung eines in § 10b genannten Modellvorhabens angetroffen wird.
(2) Ist die Klage bereits erhoben, so kann das Gericht in jeder Lage des Verfahrens unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft und des Angeschuldigten das Verfahren einstellen. Der Zustimmung des Angeschuldigten bedarf es nicht, wenn die Hauptverhandlung aus den in § 205 der Strafprozeßordnung angeführten Gründen nicht durchgeführt werden kann oder in den Fällen des § 231 Abs. 2 der Strafprozeßordnung und der §§ 232 und 233 der Strafprozeßordnung in seiner Abwesenheit durchgeführt wird. Die Entscheidung ergeht durch Beschluß. Der Beschluß ist nicht anfechtbar.
(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.
(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.
(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat
(1) Gegenstände, die durch eine vorsätzliche Tat hervorgebracht (Tatprodukte) oder zu ihrer Begehung oder Vorbereitung gebraucht worden oder bestimmt gewesen sind (Tatmittel), können eingezogen werden.
(2) Gegenstände, auf die sich eine Straftat bezieht (Tatobjekte), unterliegen der Einziehung nach der Maßgabe besonderer Vorschriften.
(3) Die Einziehung ist nur zulässig, wenn die Gegenstände zur Zeit der Entscheidung dem Täter oder Teilnehmer gehören oder zustehen. Das gilt auch für die Einziehung, die durch eine besondere Vorschrift über Absatz 1 hinaus vorgeschrieben oder zugelassen ist.
(1) Bei der Bestimmung des Wertes des Erlangten sind die Aufwendungen des Täters, Teilnehmers oder des anderen abzuziehen. Außer Betracht bleibt jedoch das, was für die Begehung der Tat oder für ihre Vorbereitung aufgewendet oder eingesetzt worden ist, soweit es sich nicht um Leistungen zur Erfüllung einer Verbindlichkeit gegenüber dem Verletzten der Tat handelt.
(2) Umfang und Wert des Erlangten einschließlich der abzuziehenden Aufwendungen können geschätzt werden.
(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer
- 1.
als Person über 21 Jahre Betäubungsmittel unerlaubt an eine Person unter 18 Jahren abgibt oder sie ihr entgegen § 13 Abs. 1 verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt oder - 2.
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt, sie in nicht geringer Menge herstellt oder abgibt oder sie besitzt, ohne sie auf Grund einer Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 erlangt zu haben.
(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.
(1) Als Gehilfe wird bestraft, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat.
(2) Die Strafe für den Gehilfen richtet sich nach der Strafdrohung für den Täter. Sie ist nach § 49 Abs. 1 zu mildern.
Gegenstände, auf die sich eine Straftat nach den §§ 29 bis 30a oder eine Ordnungswidrigkeit nach § 32 bezieht, können eingezogen werden. § 74a des Strafgesetzbuches und § 23 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten sind anzuwenden.
(1) Bei der Bestimmung des Wertes des Erlangten sind die Aufwendungen des Täters, Teilnehmers oder des anderen abzuziehen. Außer Betracht bleibt jedoch das, was für die Begehung der Tat oder für ihre Vorbereitung aufgewendet oder eingesetzt worden ist, soweit es sich nicht um Leistungen zur Erfüllung einer Verbindlichkeit gegenüber dem Verletzten der Tat handelt.
(2) Umfang und Wert des Erlangten einschließlich der abzuziehenden Aufwendungen können geschätzt werden.