Bundesgerichtshof Urteil, 22. Nov. 2018 - 4 StR 253/18

bei uns veröffentlicht am22.11.2018

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
4 StR 253/18
vom
22. November 2018
in der Strafsache
gegen
wegen versuchter räuberischer Erpressung u.a.
ECLI:DE:BGH:2018:221118U4STR253.18.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 22. November 2018, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof Sost-Scheible,
Richterin am Bundesgerichtshof Roggenbuck, Richter am Bundesgerichtshof Cierniak, Bender, Dr. Quentin als beisitzende Richter,
Staatsanwältin als Vertreterin des Generalbundesanwalts,
Rechtsanwalt – in der Verhandlung – als Verteidiger,
Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Essen vom 9. Februar 2018 mit den Feststellungen aufgehoben.
2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hatte den Angeklagten im ersten Rechtsgang am 16. Februar 2017 wegen versuchter räuberischer Erpressung in Tateinheit mit dem Versuch des Sicherverschaffens von Betäubungsmitteln in sonstiger Weise und vorsätzlicher Körperverletzung (vier Jahre Freiheitsstrafe) unter Einbeziehung der Einzelstrafen (ein Jahr und sechs Monate Freiheitsstrafe wegen Raubes, Körperverletzung und versuchter Körperverletzung, sowie zwei Jahre und sechs Monate Freiheitsstrafe wegen Raubes in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge) aus dem Urteil des Landgerichts Berlin vom 9. April 2015 nach Auflösung der dort gebildeten Gesamtstrafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und neun Monaten verurteilt. Eine vorbehaltlose Anordnung der Sicherungsverwahrung hatte es mit der Begründung abgelehnt, dass die Voraussetzungen des § 66 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StGB nicht sicher feststellbar seien. Jedoch wurde die Anordnung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung vorbehalten. Auf die Revision des Angeklagten hob der Senat mit Beschluss vom 19. Juli 2017 die vorbehal- tene Anordnung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung mit den zugehörigen Feststellungen auf und verwies die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurück. Die weiter gehende Revision verwarf der Senat. Im zweiten Rechtsgang hat das Landgericht von einem Vorbehalt der Anordnung der Sicherungsverwahrung abgesehen. Hiergegen richtet sich die Revision der Staatsanwaltschaft. Das vom Generalbundesanwalt vertretene Rechtsmittel hat Erfolg.
2
1. Das sachverständig beratene Landgericht hat im zweiten Rechtsgang die Voraussetzungen für eine Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in der Sicherungsverwahrung sowohl nach § 66 Abs. 1 StGB als auch nach § 66 Abs. 3 Satz 2 StGB für gegeben erachtet. Der Angeklagte habe einen Hang zu erheblichen Straftaten im Sinne des § 66 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StGB. Seine strafrechtliche Vorgeschichte und sein Persönlichkeitsbild zeigten eine eingewurzelte , intensive innere Neigung zur Begehung von gravierenden Raub- und Körperverletzungsdelikten. Infolge seines Hanges sei der Angeklagte für die Allgemeinheit gefährlich, weil von ihm mit hoher Wahrscheinlichkeit weitere schwere Raub- und Körperverletzungsdelikte zu erwarten seien. Die Anordnung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung sei auch verhältnismäßig. Da bei dem Angeklagten keine Haltungsänderung erwartet werden könne, sei eine Anordnung auch mit Blick auf das nach § 66 Abs. 3 Satz 2 StGB eingeräumte Ermessen unerlässlich.
3
Eine Anordnung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung komme aber wegen des Verschlechterungsverbots des § 358 Abs. 2 StPO nicht in Betracht. Da eine hangbedinge Gefährlichkeit des Angeklagten nunmehr mit hinreichender Sicherheit festgestellt werden könne, scheide auch ein Vorbehalt der Anordnung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung nach § 66a StGB aus.
4
2. Die Erwägungen, mit denen die Strafkammer einen Vorbehalt der Anordnung der Sicherungsverwahrung gemäß § 66a Abs. 1 StGB abgelehnt hat, halten revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand.
5
a) Die formellen Voraussetzungen für die Anordnung der vorbehaltenen Sicherungsverwahrung nach § 66a Abs. 1 StGB sind gegeben. Der Angeklagte ist wegen einer der in § 66 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 Nr. 1b StGB genannten Straftaten (versuchte räuberische Erpressung) verurteilt worden (§ 66a Abs. 1 Nr. 1 StGB). Auch liegen die Voraussetzungen des § 66 Abs. 3 Satz 2 StGB vor (§ 66a Abs. 1 Nr. 2 StGB), denn der Angeklagte hat zwei Katalogtaten im Sinne des § 66 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 Nr. 1b StGB begangen (versuchte räuberische Erpressung und aus der einbezogenen Verurteilung Raub in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge) durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren (vier Jahre sowie zwei Jahre und sechs Monate Freiheitsstrafe) verwirkt hat, wobei er wegen einer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist.
6
b) Soweit das Landgericht davon ausgegangen ist, dass die Voraussetzungen des § 66a Abs. 1 Nr. 3 StGB deshalb nicht gegeben seien, weil zum Entscheidungszeitpunkt eine hangbedingte Gefährlichkeit im Sinne des § 66 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StGB sicher feststellbar und nicht nur wahrscheinlich sei, kann dem nicht gefolgt werden.
7
aa) Denn die Strafkammer hat nicht beachtet, dass mit der Verneinung der Voraussetzungen der vorbehaltlosen Sicherungsverwahrung nach § 66 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 2 StGB im ersten Rechtsgang die dieser teilrechtskräftig gewordenen Entscheidung zugrunde liegenden Feststellungen und Wertungen, dass eine hangbedingte Gefährlichkeit gemäß § 66 Abs. 1 Nr. 4 StGB nicht sicher vorliegt, prozessual bindend geworden sind.
8
(1) Die Teilaufhebung eines Urteils in Anwendung des § 353 Abs. 2 StPO hat zur Folge, dass der im zweiten Rechtsgang entscheidende Tatrichter an die Feststellungen und Wertungen im Ersturteil gebunden ist, die den von der Aufhebung nicht betroffenen und damit unabänderlich (teilrechtskräftig) gewordenen Entscheidungsteilen zugrunde liegen. Soweit diese Umstände und Wertungen auch für die Neubeurteilung der aufgehobenen Entscheidungsteile von Bedeutung sind, müssen sie der Entscheidung im zweiten Rechtsgang so zugrunde gelegt werden, wie sie im ersten Rechtsgang festgestellt worden sind (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Juni 2017 – 1 StR 458/16, NJW 2017, 2847 Rn. 11 ff.; Beschluss vom 22. Juli 1971 – 4 StR 184/71, BGHSt 24, 185, 188; Schmitt in Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 61. Aufl., § 353 Rn. 20a mwN).
9
(2) Danach war die Strafkammer im zweiten Rechtsgang an die im ersten Urteil getroffene Feststellung und Wertung, dass eine hangbedingte Gefährlichkeit im Sinne des § 66 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StGB nicht sicher vorliegt, gebunden. Denn das Landgericht hat im ersten Rechtsgang seine Entscheidung, die vorbehaltslose Sicherungsverwahrung nach § 66 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 2 StGB nicht anzuordnen, allein hierauf gestützt. Dieser den Angeklagten nicht beschwerende Entscheidungsteil ist mit dem Beschluss des Senats vom 19. Juli 2017 teilrechtskräftig geworden. Würde im zweiten Rechtsgang nunmehr festgestellt , dass die Voraussetzungen des § 66 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StGB sicher vorliegen, ließen sich beide Urteile insoweit nicht mehr zu einem einheitlichen widerspruchsfreien Sachurteil zusammenfügen.
10
bb) Dessen ungeachtet stünde die Annahme, dass die Voraussetzungen des § 66 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StGB sicher feststehen, hier einer Anordnung der vorbehaltenen Sicherungsverwahrung nach § 66a Abs. 1 StGB auch nicht entgegen.
11
(1) Zwar ist für die Anordnung eines Vorbehalts der Sicherungsverwahrung nach § 66a Abs. 1 StGB kein Raum mehr, wenn die Voraussetzungen für eine Anordnung der Sicherungsverwahrung nach § 66 StGB vorliegen (vgl. BGH, Beschluss vom 9. September 2008 – 1 StR 449/08, NStZ 2009, 566, 567; Urteil vom 8. Juli 2005 – 2 StR 120/05, BGHSt 50, 188, 193 [zu § 66a StGB jeweils in der Fassung vom 21. August 2002]; Fischer, StGB, 65. Aufl., § 66a Rn. 4). Dies kann aber nur dann gelten, wenn eine insoweit „vorrangige“ (vgl. BT-Drucks. 17/3403, S. 26) vorbehaltlose Anordnung von Sicherungsverwahrung rechtlich noch möglich ist. Dementsprechend hat der Bundesgerichtshof in mehreren Entscheidungen, denen Revisionen des Angeklagten zugrunde lagen , vorbehaltene Anordnungen von Sicherungsverwahrung als nicht beschwerend bestätigt, obgleich die Voraussetzungen für eine vorbehaltlose Anordnung von Sicherungsverwahrung rechtsfehlerfrei festgestellt waren; eine vorbehaltlose Anordnung von Sicherungsverwahrung aber aufgrund des Schlechterstellungsverbots nicht mehr erfolgen konnte (vgl. BGH, Beschluss vom 9. September 2008 – 1 StR 449/08, NStZ 2009, 566, 567; Beschluss vom 6. Dezember 2005 – 1 StR 347/05; siehe auch Beschluss vom 19. Februar 2013 – 5 StR 620/12, NStZ-RR 2013, 204; offen gelassen in BGH, Urteil vom 17. Februar 2011 – 3 StR 394/10, NStZ 2011, 513, 514).
12
Die vorliegende Prozesslage entspricht dieser Fallkonstellation. Eine vorbehaltlose Anordnung von Sicherungsverwahrung gemäß § 66 Abs. 3 Satz 2 StGB war im zweiten Rechtsgang nicht mehr möglich, weil die Anordnung bereits im ersten Rechtsgang abgelehnt und das Ersturteil insoweit teilrechtskräftig geworden ist. Da nur der Angeklagte Revision eingelegt hatte, stünde einer entsprechenden Anordnung auch das Schlechterstellungsverbot (§ 358 Abs. 2 StPO) entgegen (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Februar 2013 – 5 StR 620/12, NStZ-RR 2013, 204 a.E.; Beschluss vom 5. September 2008 – 2 StR 265/08, StV 2008, 635 a.E.).
13
(2) Die in § 66a Abs. 1 Nr. 3 StGB festgelegten materiellen Voraussetzungen für eine vorbehaltene Sicherungsverwahrung nach § 66 Abs. 1 StGB sind auch dann erfüllt, wenn die hangbedingte Gefährlichkeit des Täters im Sinne des § 66 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StGB feststeht.
14
Die materiellen Voraussetzungen für die Anordnung der vorbehaltlosen und der vorbehaltenen Sicherungsverwahrung unterscheiden sich insoweit nicht inhaltlich, sondern lediglich in den jeweiligen beweisrechtlichen Anforderungen. Die vorbehaltlose Sicherungsverwahrung setzt die sichere Feststellung der Voraussetzungen des § 66 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StGB voraus, während § 66a Abs. 1 Nr. 3 StGB die positive Feststellung des Gerichts genügen lässt, dass das Vorliegen eines Hangs und einer daraus folgenden Gefährlichkeit wahrscheinlich ist (vgl. BT-Drucks. 17/3403, S. 15 und 26; BGH, Beschluss vom 19. Juli 2017 – 4 StR 245/17, BGHR StGB § 66a Abs. 1 Nr. 3 Voraussetzungen 1 mwN). Eine Feststellung im Sinne des § 66a Abs. 1 Nr. 3 StGB ist in der Sache aber auch dann getroffen, wenn sich der Tatrichter vom sicheren Vorliegen der Voraussetzungen des § 66 Abs. 1 Nr. 4 StGB zu überzeugen vermag. Denn dieser Überzeugungsbildung (§ 261 StPO) liegt letztlich auch nur eine Wahrschein- lichkeitsaussage zugrunde. Dabei ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Täter einen Hang hat und ihm deshalb eine entsprechende Gefährlichkeitsprognose gestellt werden muss, allerdings so hoch, dass deren Vorliegen (Hang) bzw. Richtigkeit (Gefährlichkeitsprognose) deshalb vom Tatrichter für gewiss gehalten wird (vgl. Miebach in Münchner Kommentar zur StPO, 1. Aufl., § 261 Rn. 52 mwN; siehe auch BGH, Urteil vom 25. September 2012 – 1 StR 160/12, NStZ 2013, 225, 226 f. [zu Prognoseentscheidungen]).
15
(3) Soweit in dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 8. Juli 2005 (2 StR 120/05, BGHSt 50, 188, 193) davon die Rede ist, dass § 66a StGB im Fall der sicheren Feststellung der genannten Voraussetzungen keine Anwendung fin- det, weil das Merkmal „nicht mit hinreichender Sicherheit feststellbar“ nicht er- füllt ist, bezieht sich dies auf § 66a Abs. 1 StGB in der Fassung vom 21. August 2002, der keine weiter gehende positive Bestimmung der materiellen Voraussetzungen für den Vorbehalt der Sicherungsverwahrung enthielt. Nach der Neufassung von § 66a Abs. 1 StGB kommt diesem Merkmal nur noch die Bedeutung einer Konkurrenzregel zu, die dann zu einer Nichtanwendbarkeit von § 66a Abs. 1 StGB führt, wenn die Voraussetzungen des § 66 Abs. 1 Nr. 4 StGB sicher vorliegen und deshalb die Anordnung der primären Sicherungsverwahrung in Betracht kommt, „die dann vorrangig wäre“ (vgl. BT-Drucks. 17/3403, S. 26).
16
Der Vorbehalt der Sicherungsverwahrung gemäß § 66a Abs. 1 StGB bedarf daher neuer Verhandlung und Entscheidung.
Sost-Scheible Roggenbuck Cierniak
Bender Quentin

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(1) Das Gericht ordnet neben der Strafe die Sicherungsverwahrung an, wenn

1.
jemand zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren wegen einer vorsätzlichen Straftat verurteilt wird, die
a)
sich gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung richtet,
b)
unter den Ersten, Siebenten, Zwanzigsten oder Achtundzwanzigsten Abschnitt des Besonderen Teils oder unter das Völkerstrafgesetzbuch oder das Betäubungsmittelgesetz fällt und im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zehn Jahren bedroht ist oder
c)
den Tatbestand des § 145a erfüllt, soweit die Führungsaufsicht auf Grund einer Straftat der in den Buchstaben a oder b genannten Art eingetreten ist, oder den Tatbestand des § 323a, soweit die im Rausch begangene rechtswidrige Tat eine solche der in den Buchstaben a oder b genannten Art ist,
2.
der Täter wegen Straftaten der in Nummer 1 genannten Art, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon zweimal jeweils zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
3.
er wegen einer oder mehrerer dieser Taten vor der neuen Tat für die Zeit von mindestens zwei Jahren Freiheitsstrafe verbüßt oder sich im Vollzug einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung befunden hat und
4.
die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Taten ergibt, dass er infolge eines Hanges zu erheblichen Straftaten, namentlich zu solchen, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden, zum Zeitpunkt der Verurteilung für die Allgemeinheit gefährlich ist.
Für die Einordnung als Straftat im Sinne von Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b gilt § 12 Absatz 3 entsprechend, für die Beendigung der in Satz 1 Nummer 1 Buchstabe c genannten Führungsaufsicht § 68b Absatz 1 Satz 4.

(2) Hat jemand drei Straftaten der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 genannten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verwirkt hat, und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzung neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen.

(3) Wird jemand wegen eines die Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a oder b erfüllenden Verbrechens oder wegen einer Straftat nach § 89a Absatz 1 bis 3, § 89c Absatz 1 bis 3, § 129a Absatz 5 Satz 1 erste Alternative, auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1, den §§ 174 bis 174c, 176a, 176b, 177 Absatz 2 Nummer 1, Absatz 3 und 6, §§ 180, 182, 224, 225 Abs. 1 oder 2 oder wegen einer vorsätzlichen Straftat nach § 323a, soweit die im Rausch begangene Tat eine der vorgenannten rechtswidrigen Taten ist, zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt, so kann das Gericht neben der Strafe die Sicherungsverwahrung anordnen, wenn der Täter wegen einer oder mehrerer solcher Straftaten, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon einmal zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist und die in Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und 4 genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Hat jemand zwei Straftaten der in Satz 1 bezeichneten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verwirkt hat und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter den in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzungen neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen. Die Absätze 1 und 2 bleiben unberührt.

(4) Im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 gilt eine Verurteilung zu Gesamtstrafe als eine einzige Verurteilung. Ist Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung auf Freiheitsstrafe angerechnet, so gilt sie als verbüßte Strafe im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3. Eine frühere Tat bleibt außer Betracht, wenn zwischen ihr und der folgenden Tat mehr als fünf Jahre verstrichen sind; bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung beträgt die Frist fünfzehn Jahre. In die Frist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist. Eine Tat, die außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes abgeurteilt worden ist, steht einer innerhalb dieses Bereichs abgeurteilten Tat gleich, wenn sie nach deutschem Strafrecht eine Straftat der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, in den Fällen des Absatzes 3 der in Absatz 3 Satz 1 bezeichneten Art wäre.

(1) Das Gericht, an das die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung verwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung des Urteils zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(2) Das angefochtene Urteil darf in Art und Höhe der Rechtsfolgen der Tat nicht zum Nachteil des Angeklagten geändert werden, wenn lediglich der Angeklagte, zu seinen Gunsten die Staatsanwaltschaft oder sein gesetzlicher Vertreter Revision eingelegt hat. Wird die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus aufgehoben, hindert diese Vorschrift nicht, an Stelle der Unterbringung eine Strafe zu verhängen. Satz 1 steht auch nicht der Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt entgegen.

(1) Das Gericht kann im Urteil die Anordnung der Sicherungsverwahrung vorbehalten, wenn

1.
jemand wegen einer der in § 66 Absatz 3 Satz 1 genannten Straftaten verurteilt wird,
2.
die übrigen Voraussetzungen des § 66 Absatz 3 erfüllt sind, soweit dieser nicht auf § 66 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 verweist, und
3.
nicht mit hinreichender Sicherheit feststellbar, aber wahrscheinlich ist, dass die Voraussetzungen des § 66 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 vorliegen.

(2) Einen Vorbehalt im Sinne von Absatz 1 kann das Gericht auch aussprechen, wenn

1.
jemand zu einer Freiheitsstrafe von mindestens fünf Jahren wegen eines oder mehrerer Verbrechen gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit, die sexuelle Selbstbestimmung, nach dem Achtundzwanzigsten Abschnitt oder nach den §§ 250, 251, auch in Verbindung mit § 252 oder § 255, verurteilt wird,
2.
die Voraussetzungen des § 66 nicht erfüllt sind und
3.
mit hinreichender Sicherheit feststellbar oder zumindest wahrscheinlich ist, dass die Voraussetzungen des § 66 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 vorliegen.

(3) Über die nach Absatz 1 oder 2 vorbehaltene Anordnung der Sicherungsverwahrung kann das Gericht im ersten Rechtszug nur bis zur vollständigen Vollstreckung der Freiheitsstrafe entscheiden; dies gilt auch, wenn die Vollstreckung des Strafrestes zur Bewährung ausgesetzt war und der Strafrest vollstreckt wird. Das Gericht ordnet die Sicherungsverwahrung an, wenn die Gesamtwürdigung des Verurteilten, seiner Tat oder seiner Taten und ergänzend seiner Entwicklung bis zum Zeitpunkt der Entscheidung ergibt, dass von ihm erhebliche Straftaten zu erwarten sind, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden.

(1) Das Gericht ordnet neben der Strafe die Sicherungsverwahrung an, wenn

1.
jemand zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren wegen einer vorsätzlichen Straftat verurteilt wird, die
a)
sich gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung richtet,
b)
unter den Ersten, Siebenten, Zwanzigsten oder Achtundzwanzigsten Abschnitt des Besonderen Teils oder unter das Völkerstrafgesetzbuch oder das Betäubungsmittelgesetz fällt und im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zehn Jahren bedroht ist oder
c)
den Tatbestand des § 145a erfüllt, soweit die Führungsaufsicht auf Grund einer Straftat der in den Buchstaben a oder b genannten Art eingetreten ist, oder den Tatbestand des § 323a, soweit die im Rausch begangene rechtswidrige Tat eine solche der in den Buchstaben a oder b genannten Art ist,
2.
der Täter wegen Straftaten der in Nummer 1 genannten Art, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon zweimal jeweils zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
3.
er wegen einer oder mehrerer dieser Taten vor der neuen Tat für die Zeit von mindestens zwei Jahren Freiheitsstrafe verbüßt oder sich im Vollzug einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung befunden hat und
4.
die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Taten ergibt, dass er infolge eines Hanges zu erheblichen Straftaten, namentlich zu solchen, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden, zum Zeitpunkt der Verurteilung für die Allgemeinheit gefährlich ist.
Für die Einordnung als Straftat im Sinne von Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b gilt § 12 Absatz 3 entsprechend, für die Beendigung der in Satz 1 Nummer 1 Buchstabe c genannten Führungsaufsicht § 68b Absatz 1 Satz 4.

(2) Hat jemand drei Straftaten der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 genannten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verwirkt hat, und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzung neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen.

(3) Wird jemand wegen eines die Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a oder b erfüllenden Verbrechens oder wegen einer Straftat nach § 89a Absatz 1 bis 3, § 89c Absatz 1 bis 3, § 129a Absatz 5 Satz 1 erste Alternative, auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1, den §§ 174 bis 174c, 176a, 176b, 177 Absatz 2 Nummer 1, Absatz 3 und 6, §§ 180, 182, 224, 225 Abs. 1 oder 2 oder wegen einer vorsätzlichen Straftat nach § 323a, soweit die im Rausch begangene Tat eine der vorgenannten rechtswidrigen Taten ist, zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt, so kann das Gericht neben der Strafe die Sicherungsverwahrung anordnen, wenn der Täter wegen einer oder mehrerer solcher Straftaten, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon einmal zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist und die in Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und 4 genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Hat jemand zwei Straftaten der in Satz 1 bezeichneten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verwirkt hat und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter den in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzungen neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen. Die Absätze 1 und 2 bleiben unberührt.

(4) Im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 gilt eine Verurteilung zu Gesamtstrafe als eine einzige Verurteilung. Ist Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung auf Freiheitsstrafe angerechnet, so gilt sie als verbüßte Strafe im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3. Eine frühere Tat bleibt außer Betracht, wenn zwischen ihr und der folgenden Tat mehr als fünf Jahre verstrichen sind; bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung beträgt die Frist fünfzehn Jahre. In die Frist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist. Eine Tat, die außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes abgeurteilt worden ist, steht einer innerhalb dieses Bereichs abgeurteilten Tat gleich, wenn sie nach deutschem Strafrecht eine Straftat der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, in den Fällen des Absatzes 3 der in Absatz 3 Satz 1 bezeichneten Art wäre.

(1) Das Gericht kann im Urteil die Anordnung der Sicherungsverwahrung vorbehalten, wenn

1.
jemand wegen einer der in § 66 Absatz 3 Satz 1 genannten Straftaten verurteilt wird,
2.
die übrigen Voraussetzungen des § 66 Absatz 3 erfüllt sind, soweit dieser nicht auf § 66 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 verweist, und
3.
nicht mit hinreichender Sicherheit feststellbar, aber wahrscheinlich ist, dass die Voraussetzungen des § 66 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 vorliegen.

(2) Einen Vorbehalt im Sinne von Absatz 1 kann das Gericht auch aussprechen, wenn

1.
jemand zu einer Freiheitsstrafe von mindestens fünf Jahren wegen eines oder mehrerer Verbrechen gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit, die sexuelle Selbstbestimmung, nach dem Achtundzwanzigsten Abschnitt oder nach den §§ 250, 251, auch in Verbindung mit § 252 oder § 255, verurteilt wird,
2.
die Voraussetzungen des § 66 nicht erfüllt sind und
3.
mit hinreichender Sicherheit feststellbar oder zumindest wahrscheinlich ist, dass die Voraussetzungen des § 66 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 vorliegen.

(3) Über die nach Absatz 1 oder 2 vorbehaltene Anordnung der Sicherungsverwahrung kann das Gericht im ersten Rechtszug nur bis zur vollständigen Vollstreckung der Freiheitsstrafe entscheiden; dies gilt auch, wenn die Vollstreckung des Strafrestes zur Bewährung ausgesetzt war und der Strafrest vollstreckt wird. Das Gericht ordnet die Sicherungsverwahrung an, wenn die Gesamtwürdigung des Verurteilten, seiner Tat oder seiner Taten und ergänzend seiner Entwicklung bis zum Zeitpunkt der Entscheidung ergibt, dass von ihm erhebliche Straftaten zu erwarten sind, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden.

(1) Das Gericht ordnet neben der Strafe die Sicherungsverwahrung an, wenn

1.
jemand zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren wegen einer vorsätzlichen Straftat verurteilt wird, die
a)
sich gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung richtet,
b)
unter den Ersten, Siebenten, Zwanzigsten oder Achtundzwanzigsten Abschnitt des Besonderen Teils oder unter das Völkerstrafgesetzbuch oder das Betäubungsmittelgesetz fällt und im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zehn Jahren bedroht ist oder
c)
den Tatbestand des § 145a erfüllt, soweit die Führungsaufsicht auf Grund einer Straftat der in den Buchstaben a oder b genannten Art eingetreten ist, oder den Tatbestand des § 323a, soweit die im Rausch begangene rechtswidrige Tat eine solche der in den Buchstaben a oder b genannten Art ist,
2.
der Täter wegen Straftaten der in Nummer 1 genannten Art, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon zweimal jeweils zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
3.
er wegen einer oder mehrerer dieser Taten vor der neuen Tat für die Zeit von mindestens zwei Jahren Freiheitsstrafe verbüßt oder sich im Vollzug einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung befunden hat und
4.
die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Taten ergibt, dass er infolge eines Hanges zu erheblichen Straftaten, namentlich zu solchen, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden, zum Zeitpunkt der Verurteilung für die Allgemeinheit gefährlich ist.
Für die Einordnung als Straftat im Sinne von Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b gilt § 12 Absatz 3 entsprechend, für die Beendigung der in Satz 1 Nummer 1 Buchstabe c genannten Führungsaufsicht § 68b Absatz 1 Satz 4.

(2) Hat jemand drei Straftaten der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 genannten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verwirkt hat, und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzung neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen.

(3) Wird jemand wegen eines die Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a oder b erfüllenden Verbrechens oder wegen einer Straftat nach § 89a Absatz 1 bis 3, § 89c Absatz 1 bis 3, § 129a Absatz 5 Satz 1 erste Alternative, auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1, den §§ 174 bis 174c, 176a, 176b, 177 Absatz 2 Nummer 1, Absatz 3 und 6, §§ 180, 182, 224, 225 Abs. 1 oder 2 oder wegen einer vorsätzlichen Straftat nach § 323a, soweit die im Rausch begangene Tat eine der vorgenannten rechtswidrigen Taten ist, zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt, so kann das Gericht neben der Strafe die Sicherungsverwahrung anordnen, wenn der Täter wegen einer oder mehrerer solcher Straftaten, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon einmal zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist und die in Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und 4 genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Hat jemand zwei Straftaten der in Satz 1 bezeichneten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verwirkt hat und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter den in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzungen neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen. Die Absätze 1 und 2 bleiben unberührt.

(4) Im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 gilt eine Verurteilung zu Gesamtstrafe als eine einzige Verurteilung. Ist Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung auf Freiheitsstrafe angerechnet, so gilt sie als verbüßte Strafe im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3. Eine frühere Tat bleibt außer Betracht, wenn zwischen ihr und der folgenden Tat mehr als fünf Jahre verstrichen sind; bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung beträgt die Frist fünfzehn Jahre. In die Frist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist. Eine Tat, die außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes abgeurteilt worden ist, steht einer innerhalb dieses Bereichs abgeurteilten Tat gleich, wenn sie nach deutschem Strafrecht eine Straftat der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, in den Fällen des Absatzes 3 der in Absatz 3 Satz 1 bezeichneten Art wäre.

(1) Soweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Gleichzeitig sind die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben, sofern sie durch die Gesetzesverletzung betroffen werden, wegen deren das Urteil aufgehoben wird.

11
a) Hebt das Revisionsgericht ein Urteil in Anwendung des § 353 Abs. 2 StPO im Strafausspruch mit den dazugehörigen Feststellungen auf, so bezieht sich diese Aufhebung auf solche Umstände tatrichterlicher Sachverhaltsfeststellung , die ausschließlich die Straffrage betreffen. Hinsichtlich des nicht beanstandeten Schuldspruchs tritt Teilrechtskraft ein. Tatrichterliche Feststellungen , die ausschließlich die Schuldfrage betreffen, und solche, die als doppelrelevante Umstände zugleich für Schuld- und Straffrage von Bedeutung sind, bleiben aufrechterhalten und sind für das weitere Verfahren bindend (BGH, Beschlüsse vom 27. Oktober 2015 – 3 StR 363/15, StV 2017, 520; vom 10. Juni 2015 – 1 StR 217/15 und vom 29. September 2009 – 3 StR 301/09, NStZ-RR 2010, 74; Urteil vom 14. Januar 1982 – 4 StR 642/81, BGHSt 30, 340; kritisch Grünwald JR 1980, 303, 305; ders. JZ 1966, 106, 109; Kemper, Horizontale Teilrechtskraft des Schuldspruchs, 1993).

(1) Das Gericht ordnet neben der Strafe die Sicherungsverwahrung an, wenn

1.
jemand zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren wegen einer vorsätzlichen Straftat verurteilt wird, die
a)
sich gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung richtet,
b)
unter den Ersten, Siebenten, Zwanzigsten oder Achtundzwanzigsten Abschnitt des Besonderen Teils oder unter das Völkerstrafgesetzbuch oder das Betäubungsmittelgesetz fällt und im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zehn Jahren bedroht ist oder
c)
den Tatbestand des § 145a erfüllt, soweit die Führungsaufsicht auf Grund einer Straftat der in den Buchstaben a oder b genannten Art eingetreten ist, oder den Tatbestand des § 323a, soweit die im Rausch begangene rechtswidrige Tat eine solche der in den Buchstaben a oder b genannten Art ist,
2.
der Täter wegen Straftaten der in Nummer 1 genannten Art, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon zweimal jeweils zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
3.
er wegen einer oder mehrerer dieser Taten vor der neuen Tat für die Zeit von mindestens zwei Jahren Freiheitsstrafe verbüßt oder sich im Vollzug einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung befunden hat und
4.
die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Taten ergibt, dass er infolge eines Hanges zu erheblichen Straftaten, namentlich zu solchen, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden, zum Zeitpunkt der Verurteilung für die Allgemeinheit gefährlich ist.
Für die Einordnung als Straftat im Sinne von Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b gilt § 12 Absatz 3 entsprechend, für die Beendigung der in Satz 1 Nummer 1 Buchstabe c genannten Führungsaufsicht § 68b Absatz 1 Satz 4.

(2) Hat jemand drei Straftaten der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 genannten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verwirkt hat, und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzung neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen.

(3) Wird jemand wegen eines die Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a oder b erfüllenden Verbrechens oder wegen einer Straftat nach § 89a Absatz 1 bis 3, § 89c Absatz 1 bis 3, § 129a Absatz 5 Satz 1 erste Alternative, auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1, den §§ 174 bis 174c, 176a, 176b, 177 Absatz 2 Nummer 1, Absatz 3 und 6, §§ 180, 182, 224, 225 Abs. 1 oder 2 oder wegen einer vorsätzlichen Straftat nach § 323a, soweit die im Rausch begangene Tat eine der vorgenannten rechtswidrigen Taten ist, zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt, so kann das Gericht neben der Strafe die Sicherungsverwahrung anordnen, wenn der Täter wegen einer oder mehrerer solcher Straftaten, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon einmal zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist und die in Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und 4 genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Hat jemand zwei Straftaten der in Satz 1 bezeichneten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verwirkt hat und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter den in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzungen neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen. Die Absätze 1 und 2 bleiben unberührt.

(4) Im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 gilt eine Verurteilung zu Gesamtstrafe als eine einzige Verurteilung. Ist Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung auf Freiheitsstrafe angerechnet, so gilt sie als verbüßte Strafe im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3. Eine frühere Tat bleibt außer Betracht, wenn zwischen ihr und der folgenden Tat mehr als fünf Jahre verstrichen sind; bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung beträgt die Frist fünfzehn Jahre. In die Frist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist. Eine Tat, die außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes abgeurteilt worden ist, steht einer innerhalb dieses Bereichs abgeurteilten Tat gleich, wenn sie nach deutschem Strafrecht eine Straftat der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, in den Fällen des Absatzes 3 der in Absatz 3 Satz 1 bezeichneten Art wäre.

(1) Das Gericht kann im Urteil die Anordnung der Sicherungsverwahrung vorbehalten, wenn

1.
jemand wegen einer der in § 66 Absatz 3 Satz 1 genannten Straftaten verurteilt wird,
2.
die übrigen Voraussetzungen des § 66 Absatz 3 erfüllt sind, soweit dieser nicht auf § 66 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 verweist, und
3.
nicht mit hinreichender Sicherheit feststellbar, aber wahrscheinlich ist, dass die Voraussetzungen des § 66 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 vorliegen.

(2) Einen Vorbehalt im Sinne von Absatz 1 kann das Gericht auch aussprechen, wenn

1.
jemand zu einer Freiheitsstrafe von mindestens fünf Jahren wegen eines oder mehrerer Verbrechen gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit, die sexuelle Selbstbestimmung, nach dem Achtundzwanzigsten Abschnitt oder nach den §§ 250, 251, auch in Verbindung mit § 252 oder § 255, verurteilt wird,
2.
die Voraussetzungen des § 66 nicht erfüllt sind und
3.
mit hinreichender Sicherheit feststellbar oder zumindest wahrscheinlich ist, dass die Voraussetzungen des § 66 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 vorliegen.

(3) Über die nach Absatz 1 oder 2 vorbehaltene Anordnung der Sicherungsverwahrung kann das Gericht im ersten Rechtszug nur bis zur vollständigen Vollstreckung der Freiheitsstrafe entscheiden; dies gilt auch, wenn die Vollstreckung des Strafrestes zur Bewährung ausgesetzt war und der Strafrest vollstreckt wird. Das Gericht ordnet die Sicherungsverwahrung an, wenn die Gesamtwürdigung des Verurteilten, seiner Tat oder seiner Taten und ergänzend seiner Entwicklung bis zum Zeitpunkt der Entscheidung ergibt, dass von ihm erhebliche Straftaten zu erwarten sind, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden.

(1) Das Gericht ordnet neben der Strafe die Sicherungsverwahrung an, wenn

1.
jemand zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren wegen einer vorsätzlichen Straftat verurteilt wird, die
a)
sich gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung richtet,
b)
unter den Ersten, Siebenten, Zwanzigsten oder Achtundzwanzigsten Abschnitt des Besonderen Teils oder unter das Völkerstrafgesetzbuch oder das Betäubungsmittelgesetz fällt und im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zehn Jahren bedroht ist oder
c)
den Tatbestand des § 145a erfüllt, soweit die Führungsaufsicht auf Grund einer Straftat der in den Buchstaben a oder b genannten Art eingetreten ist, oder den Tatbestand des § 323a, soweit die im Rausch begangene rechtswidrige Tat eine solche der in den Buchstaben a oder b genannten Art ist,
2.
der Täter wegen Straftaten der in Nummer 1 genannten Art, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon zweimal jeweils zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
3.
er wegen einer oder mehrerer dieser Taten vor der neuen Tat für die Zeit von mindestens zwei Jahren Freiheitsstrafe verbüßt oder sich im Vollzug einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung befunden hat und
4.
die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Taten ergibt, dass er infolge eines Hanges zu erheblichen Straftaten, namentlich zu solchen, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden, zum Zeitpunkt der Verurteilung für die Allgemeinheit gefährlich ist.
Für die Einordnung als Straftat im Sinne von Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b gilt § 12 Absatz 3 entsprechend, für die Beendigung der in Satz 1 Nummer 1 Buchstabe c genannten Führungsaufsicht § 68b Absatz 1 Satz 4.

(2) Hat jemand drei Straftaten der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 genannten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verwirkt hat, und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzung neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen.

(3) Wird jemand wegen eines die Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a oder b erfüllenden Verbrechens oder wegen einer Straftat nach § 89a Absatz 1 bis 3, § 89c Absatz 1 bis 3, § 129a Absatz 5 Satz 1 erste Alternative, auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1, den §§ 174 bis 174c, 176a, 176b, 177 Absatz 2 Nummer 1, Absatz 3 und 6, §§ 180, 182, 224, 225 Abs. 1 oder 2 oder wegen einer vorsätzlichen Straftat nach § 323a, soweit die im Rausch begangene Tat eine der vorgenannten rechtswidrigen Taten ist, zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt, so kann das Gericht neben der Strafe die Sicherungsverwahrung anordnen, wenn der Täter wegen einer oder mehrerer solcher Straftaten, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon einmal zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist und die in Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und 4 genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Hat jemand zwei Straftaten der in Satz 1 bezeichneten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verwirkt hat und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter den in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzungen neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen. Die Absätze 1 und 2 bleiben unberührt.

(4) Im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 gilt eine Verurteilung zu Gesamtstrafe als eine einzige Verurteilung. Ist Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung auf Freiheitsstrafe angerechnet, so gilt sie als verbüßte Strafe im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3. Eine frühere Tat bleibt außer Betracht, wenn zwischen ihr und der folgenden Tat mehr als fünf Jahre verstrichen sind; bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung beträgt die Frist fünfzehn Jahre. In die Frist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist. Eine Tat, die außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes abgeurteilt worden ist, steht einer innerhalb dieses Bereichs abgeurteilten Tat gleich, wenn sie nach deutschem Strafrecht eine Straftat der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, in den Fällen des Absatzes 3 der in Absatz 3 Satz 1 bezeichneten Art wäre.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 449/08
vom
9. September 2008
in der Strafsache
gegen
wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 9. September 2008 beschlossen
:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Deggendorf vom 22. Februar 2008 wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels und
die dem Nebenkläger im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen
Auslagen zu tragen.

Gründe:


1
Der Angeklagte wurde wegen einer Reihe schwerwiegender Sexualdelikte zum Nachteil von Kindern (Strafe wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern zweimal je vier Jahre) oder Jugendlichen (Strafe für drei versuchte Vergewaltigungen eines Jugendlichen jeweils drei Jahre) sowie wegen wiederholten Verstoßes gegen ein Berufsverbot (im Rahmen einer Vorverurteilung wegen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen ausgesprochenes Verbot der Ausbildung, Betreuung und Beaufsichtigung von Jugendlichen bis 15 Jahren ; drei Strafen von jeweils zehn Monaten) zu sieben Jahren Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt. Die Anordnung von Sicherungsverwahrung blieb vorbehalten (§ 66a StGB), Führungsaufsicht wurde angeordnet. Außerdem wurde der Angeklagte verurteilt, dem Nebenkläger F. , dem Opfer der Vergewaltigungsversuche , 6.000,-- € Schmerzensgeld zu zahlen.
2
Gegen dieses Urteil richtet sich die auf Verfahrensrügen und die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten, die erfolglos bleibt (§ 349 Abs. 2 StPO).
3
Der Senat verweist in vollem Umfang auf die zutreffenden Ausführungen des Generalbundesanwalts, die auch durch die Erwiderung der Revision (§ 349 Abs. 3 Satz 2 StPO; Schriftsatz vom 4. September 2008) nicht entkräftet werden.
4
Ergänzend bemerkt der Senat zur vorbehaltenen Sicherungsverwahrung (1.) und zur Zulässigkeit der Adhäsionsentscheidung (2.):
5
1. Der Angeklagte ist immer wieder wegen pädophiler Straftaten in Deutschland und im Ausland in Erscheinung getreten; er ist deshalb wiederholt rechtskräftig verurteilt worden und hat auch mehrfach Strafen verbüßt. Nach sachverständiger Beratung bejaht die Strafkammer rechtsfehlerfrei einen Hang zu sexuellem Missbrauch von Minderjährigen.
6
Die formellen Voraussetzungen für die Anordnung von Sicherungsverwahrung liegen, ohne dass es auf Weiteres ankäme, schon allein im Hinblick auf die hier abgeurteilten Taten vor (§ 66 Abs. 3 Satz 2 StGB sowie - von der Strafkammer nicht angesprochen - § 66 Abs. 2 StGB).
7
Von einer Anordnung von Sicherungsverwahrung hat die Strafkammer dennoch abgesehen. Der Angeklagte weigere sich nämlich, sich psychiatrisch explorieren oder beobachten zu lassen. Deshalb sei trotz beachtlicher Anhaltspunkte für diese Annahme nicht mit hinreichender Sicherheit feststellbar, dass der Angeklagte im Sinne des § 66 Abs. 1 Nr. 3 StGB wegen seines Hanges für die Allgemeinheit gefährlich sei. Daher könne die Anordnung von Sicherungsverwahrung nur gemäß § 66a StGB vorbehalten werden.
8
Diese Erwägungen sind nicht rechtsfehlerfrei, beschweren den Angeklagten aber nicht.
9
a) Zwar folgt aus dem Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit ohne weiteres , dass ein Angeklagter nicht aktiv an der Schaffung von Grundlagen für seine Verurteilung mitwirken muss (vgl. speziell zur Explorierung durch einen Sachverständigen LG Hagen StraFo 2008, 157), jedoch bedarf es zur Feststellung der Gefährlichkeit eines Hangtäters keiner Erkenntnisse, die nur mit dessen Zustimmung gewonnen werden können. Andernfalls stünde es letztlich im Belieben des Angeklagten, ob gegen ihn eine zum Schutz der Allgemeinheit erforderliche Maßregel angeordnet werden kann oder nicht. Vielmehr ergibt sich die Gefährlichkeit i.S.d. § 66 Abs. 1 Nr. 3 StGB regelmäßig schon allein aus der hier getroffenen Feststellung eines Hangs (BGH NStZ 2007, 464; BGHSt 50, 188, 196; BGHR StGB § 66 Abs. 1 Gefährlichkeit 1, 3 jew. m.w.N.). Anderes kann - von hier nicht vorliegenden Besonderheiten hinsichtlich der drohenden Taten (vgl. BGHR StGB § 66 Abs. 1 Hang 4) abgesehen - nur dann gelten, wenn zwischen der letzten Hangtat und dem Urteilszeitpunkt neue Umstände eingetreten sind, die die Wahrscheinlichkeit künftiger Straftaten entfallen lassen. Dabei müssen die Umstände als solche feststehen (BGH NStZ 2007, 464; BGHR StGB § 66 Abs. 1 Gefährlichkeit 1). Sind nach der letzten Hangtat Umstände eingetreten, die zwar möglicherweise die künftige Gefährlichkeit in Frage stellen können, die aber noch keine eindeutige Beurteilung der Frage zulassen , ob deshalb die Gefährlichkeit entfallen ist oder nicht, so ist Raum für eine vorbehaltene Sicherungsverwahrung gemäß § 66a StGB (vgl. BGH, Urt. vom 10. Januar 2007 - 1 StR 530/06, insoweit in NStZ 2007, 464 f. nicht abgedruckt

).


10
b) Anhaltspunkte für nach den Taten eingetretene Umstände, die die hangbedingte Gefährlichkeit des Angeklagten, sei es auch nur möglicherweise, in Frage stellen könnten, sind nicht ansatzweise zu erkennen. Die Strafkammer geht vielmehr in eingehender Würdigung aller zum Angeklagten und seinen Taten angefallener Erkenntnisse davon aus, dass - unbeschadet der von ihr zu Unrecht noch für erforderlich gehaltenen weiteren psychiatrischen Erkenntnisse - „beachtliche Anhaltspunkte“ für eine Gefährlichkeit des Angeklagten bestünden. Der Angeklagte „gibt der Gesellschaft die Schuld, dass entsprechende Taten zu Straftaten werden“. Im Übrigen legt auch, so die Strafkammer „die erhebliche Anzahl von rechtskräftig festgestellten Taten über wesentliche Lebensabschnitte“ weitere Taten nahe. „Mit einer erheblichen Wahrscheinlichkeit liegt eine ungünstige Prognose vor“.
11
c) Da somit die Voraussetzungen für eine Sicherungsverwahrung gemäß § 66 Abs. 2 und § 66 Abs. 3 Satz 2 StGB vorliegen, hätte die Strafkammer zu entscheiden gehabt, wie sie das ihr danach eingeräumte Ermessen ausübt, gegen den Angeklagten Sicherungsverwahrung anzuordnen oder nicht. Für eine Anordnung vorbehaltener Sicherungsverwahrung war dagegen kein Raum (BGHSt 50, 188, 193).
12
d) Die von der Strafkammer vorgenommene Würdigung von Taten und Täter ergibt in ihrer Gesamtheit mit genügender Klarheit, dass sie sich letztlich nur durch das Fehlen der von ihr rechtsfehlerhaft für erforderlich gehaltenen zusätzlichen Erkenntnisse an der Anordnung von Sicherungsverwahrung gehindert gesehen hat. Unter diesen Umständen ist der Angeklagte durch die nur vorbehaltene Anordnung von Sicherungsverwahrung hier nicht beschwert (vgl. BGH, Beschl. vom 6. Dezember 2005 - 1 StR 347/05).
13
2. Der Vertreter des Nebenklägers hatte in seinen Schlussausführungen beantragt, den Angeklagten zur Zahlung eines Schmerzensgeldes an den Nebenkläger zu verurteilen. Nach dem letzten Wort des Angeklagten wurde die Beweisaufnahme nochmals eröffnet. Nach zunächst anderweitigem Verfahrensgeschehen erfolgte der Hinweis, dass ein Adhäsionsantrag gemäß § 404 Abs. 1 Satz 1 StPO bis zum Beginn der Schlussvorträge gestellt werden muss. Der Nebenklägervertreter wiederholte den genannten Antrag. Die übrigen Verfahrensbeteiligten (Staatsanwalt, Verteidiger, Angeklagter), so die Niederschrift der Hauptverhandlung, „wollten zu diesem Antrag keine Stellungnahme abgeben“. Sodann wurde die Beweisaufnahme wieder geschlossen. Bei den anschließenden Schlussvorträgen nahm der Staatsanwalt lediglich Bezug auf sein früheres Plädoyer und wiederholte seine früheren Anträge.
14
Auf der Grundlage dieses Verfahrensgeschehens meint die Revision, die Strafkammer hätte dem Nebenkläger schon deshalb kein Schmerzensgeld zuerkennen dürfen, weil der hierauf gerichtete Antrag des Nebenklägervertreters zu spät gestellt worden sei. Es reiche nicht aus, wenn dieser Antrag erst nach einem ersten Schlussvortrag des Staatsanwalts gestellt werde und dieser in seinem zweiten Schlussvortrag, ohne auf den Antrag einzugehen, nur auf seinen ersten Schlussvortrag verweise.
15
Dies trifft nicht zu.
16
Ein Adhäsionsantrag ist deshalb gemäß § 404 Abs. 1 Satz 1 StPO vor Beginn der Schlussvorträge zu stellen, weil (auch) der Staatsanwalt Gelegenheit haben muss, auch zu Schadensersatzansprüchen Stellung zu beziehen (BGHR StPO § 404 Abs. 1 Antragstellung 1). Deshalb reicht es aus, wenn in Fällen, in denen nach den Schlussausführungen die Beweisaufnahme wieder eröffnet wurde, der Antrag vor den erneuten (letzten) Schlussausführungen gestellt wird (vgl. Krekeler in AnwK-StPO § 404 Rdn. 4; Stöckel in KMR <47. EL> § 404 Rdn. 5; Hilger in Löwe/Rosenberg, StPO 25. Aufl. § 404 Rdn. 4). Auch bei einer solchen Fallgestaltung ist die Möglichkeit zu einer Stellungnahme eröffnet. Ob von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht wird, oder - wie hier - nicht, ist demgegenüber ohne Bedeutung.
Nack Wahl Kolz
Graf Sander

(1) Das Gericht kann im Urteil die Anordnung der Sicherungsverwahrung vorbehalten, wenn

1.
jemand wegen einer der in § 66 Absatz 3 Satz 1 genannten Straftaten verurteilt wird,
2.
die übrigen Voraussetzungen des § 66 Absatz 3 erfüllt sind, soweit dieser nicht auf § 66 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 verweist, und
3.
nicht mit hinreichender Sicherheit feststellbar, aber wahrscheinlich ist, dass die Voraussetzungen des § 66 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 vorliegen.

(2) Einen Vorbehalt im Sinne von Absatz 1 kann das Gericht auch aussprechen, wenn

1.
jemand zu einer Freiheitsstrafe von mindestens fünf Jahren wegen eines oder mehrerer Verbrechen gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit, die sexuelle Selbstbestimmung, nach dem Achtundzwanzigsten Abschnitt oder nach den §§ 250, 251, auch in Verbindung mit § 252 oder § 255, verurteilt wird,
2.
die Voraussetzungen des § 66 nicht erfüllt sind und
3.
mit hinreichender Sicherheit feststellbar oder zumindest wahrscheinlich ist, dass die Voraussetzungen des § 66 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 vorliegen.

(3) Über die nach Absatz 1 oder 2 vorbehaltene Anordnung der Sicherungsverwahrung kann das Gericht im ersten Rechtszug nur bis zur vollständigen Vollstreckung der Freiheitsstrafe entscheiden; dies gilt auch, wenn die Vollstreckung des Strafrestes zur Bewährung ausgesetzt war und der Strafrest vollstreckt wird. Das Gericht ordnet die Sicherungsverwahrung an, wenn die Gesamtwürdigung des Verurteilten, seiner Tat oder seiner Taten und ergänzend seiner Entwicklung bis zum Zeitpunkt der Entscheidung ergibt, dass von ihm erhebliche Straftaten zu erwarten sind, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 449/08
vom
9. September 2008
in der Strafsache
gegen
wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 9. September 2008 beschlossen
:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Deggendorf vom 22. Februar 2008 wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels und
die dem Nebenkläger im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen
Auslagen zu tragen.

Gründe:


1
Der Angeklagte wurde wegen einer Reihe schwerwiegender Sexualdelikte zum Nachteil von Kindern (Strafe wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern zweimal je vier Jahre) oder Jugendlichen (Strafe für drei versuchte Vergewaltigungen eines Jugendlichen jeweils drei Jahre) sowie wegen wiederholten Verstoßes gegen ein Berufsverbot (im Rahmen einer Vorverurteilung wegen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen ausgesprochenes Verbot der Ausbildung, Betreuung und Beaufsichtigung von Jugendlichen bis 15 Jahren ; drei Strafen von jeweils zehn Monaten) zu sieben Jahren Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt. Die Anordnung von Sicherungsverwahrung blieb vorbehalten (§ 66a StGB), Führungsaufsicht wurde angeordnet. Außerdem wurde der Angeklagte verurteilt, dem Nebenkläger F. , dem Opfer der Vergewaltigungsversuche , 6.000,-- € Schmerzensgeld zu zahlen.
2
Gegen dieses Urteil richtet sich die auf Verfahrensrügen und die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten, die erfolglos bleibt (§ 349 Abs. 2 StPO).
3
Der Senat verweist in vollem Umfang auf die zutreffenden Ausführungen des Generalbundesanwalts, die auch durch die Erwiderung der Revision (§ 349 Abs. 3 Satz 2 StPO; Schriftsatz vom 4. September 2008) nicht entkräftet werden.
4
Ergänzend bemerkt der Senat zur vorbehaltenen Sicherungsverwahrung (1.) und zur Zulässigkeit der Adhäsionsentscheidung (2.):
5
1. Der Angeklagte ist immer wieder wegen pädophiler Straftaten in Deutschland und im Ausland in Erscheinung getreten; er ist deshalb wiederholt rechtskräftig verurteilt worden und hat auch mehrfach Strafen verbüßt. Nach sachverständiger Beratung bejaht die Strafkammer rechtsfehlerfrei einen Hang zu sexuellem Missbrauch von Minderjährigen.
6
Die formellen Voraussetzungen für die Anordnung von Sicherungsverwahrung liegen, ohne dass es auf Weiteres ankäme, schon allein im Hinblick auf die hier abgeurteilten Taten vor (§ 66 Abs. 3 Satz 2 StGB sowie - von der Strafkammer nicht angesprochen - § 66 Abs. 2 StGB).
7
Von einer Anordnung von Sicherungsverwahrung hat die Strafkammer dennoch abgesehen. Der Angeklagte weigere sich nämlich, sich psychiatrisch explorieren oder beobachten zu lassen. Deshalb sei trotz beachtlicher Anhaltspunkte für diese Annahme nicht mit hinreichender Sicherheit feststellbar, dass der Angeklagte im Sinne des § 66 Abs. 1 Nr. 3 StGB wegen seines Hanges für die Allgemeinheit gefährlich sei. Daher könne die Anordnung von Sicherungsverwahrung nur gemäß § 66a StGB vorbehalten werden.
8
Diese Erwägungen sind nicht rechtsfehlerfrei, beschweren den Angeklagten aber nicht.
9
a) Zwar folgt aus dem Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit ohne weiteres , dass ein Angeklagter nicht aktiv an der Schaffung von Grundlagen für seine Verurteilung mitwirken muss (vgl. speziell zur Explorierung durch einen Sachverständigen LG Hagen StraFo 2008, 157), jedoch bedarf es zur Feststellung der Gefährlichkeit eines Hangtäters keiner Erkenntnisse, die nur mit dessen Zustimmung gewonnen werden können. Andernfalls stünde es letztlich im Belieben des Angeklagten, ob gegen ihn eine zum Schutz der Allgemeinheit erforderliche Maßregel angeordnet werden kann oder nicht. Vielmehr ergibt sich die Gefährlichkeit i.S.d. § 66 Abs. 1 Nr. 3 StGB regelmäßig schon allein aus der hier getroffenen Feststellung eines Hangs (BGH NStZ 2007, 464; BGHSt 50, 188, 196; BGHR StGB § 66 Abs. 1 Gefährlichkeit 1, 3 jew. m.w.N.). Anderes kann - von hier nicht vorliegenden Besonderheiten hinsichtlich der drohenden Taten (vgl. BGHR StGB § 66 Abs. 1 Hang 4) abgesehen - nur dann gelten, wenn zwischen der letzten Hangtat und dem Urteilszeitpunkt neue Umstände eingetreten sind, die die Wahrscheinlichkeit künftiger Straftaten entfallen lassen. Dabei müssen die Umstände als solche feststehen (BGH NStZ 2007, 464; BGHR StGB § 66 Abs. 1 Gefährlichkeit 1). Sind nach der letzten Hangtat Umstände eingetreten, die zwar möglicherweise die künftige Gefährlichkeit in Frage stellen können, die aber noch keine eindeutige Beurteilung der Frage zulassen , ob deshalb die Gefährlichkeit entfallen ist oder nicht, so ist Raum für eine vorbehaltene Sicherungsverwahrung gemäß § 66a StGB (vgl. BGH, Urt. vom 10. Januar 2007 - 1 StR 530/06, insoweit in NStZ 2007, 464 f. nicht abgedruckt

).


10
b) Anhaltspunkte für nach den Taten eingetretene Umstände, die die hangbedingte Gefährlichkeit des Angeklagten, sei es auch nur möglicherweise, in Frage stellen könnten, sind nicht ansatzweise zu erkennen. Die Strafkammer geht vielmehr in eingehender Würdigung aller zum Angeklagten und seinen Taten angefallener Erkenntnisse davon aus, dass - unbeschadet der von ihr zu Unrecht noch für erforderlich gehaltenen weiteren psychiatrischen Erkenntnisse - „beachtliche Anhaltspunkte“ für eine Gefährlichkeit des Angeklagten bestünden. Der Angeklagte „gibt der Gesellschaft die Schuld, dass entsprechende Taten zu Straftaten werden“. Im Übrigen legt auch, so die Strafkammer „die erhebliche Anzahl von rechtskräftig festgestellten Taten über wesentliche Lebensabschnitte“ weitere Taten nahe. „Mit einer erheblichen Wahrscheinlichkeit liegt eine ungünstige Prognose vor“.
11
c) Da somit die Voraussetzungen für eine Sicherungsverwahrung gemäß § 66 Abs. 2 und § 66 Abs. 3 Satz 2 StGB vorliegen, hätte die Strafkammer zu entscheiden gehabt, wie sie das ihr danach eingeräumte Ermessen ausübt, gegen den Angeklagten Sicherungsverwahrung anzuordnen oder nicht. Für eine Anordnung vorbehaltener Sicherungsverwahrung war dagegen kein Raum (BGHSt 50, 188, 193).
12
d) Die von der Strafkammer vorgenommene Würdigung von Taten und Täter ergibt in ihrer Gesamtheit mit genügender Klarheit, dass sie sich letztlich nur durch das Fehlen der von ihr rechtsfehlerhaft für erforderlich gehaltenen zusätzlichen Erkenntnisse an der Anordnung von Sicherungsverwahrung gehindert gesehen hat. Unter diesen Umständen ist der Angeklagte durch die nur vorbehaltene Anordnung von Sicherungsverwahrung hier nicht beschwert (vgl. BGH, Beschl. vom 6. Dezember 2005 - 1 StR 347/05).
13
2. Der Vertreter des Nebenklägers hatte in seinen Schlussausführungen beantragt, den Angeklagten zur Zahlung eines Schmerzensgeldes an den Nebenkläger zu verurteilen. Nach dem letzten Wort des Angeklagten wurde die Beweisaufnahme nochmals eröffnet. Nach zunächst anderweitigem Verfahrensgeschehen erfolgte der Hinweis, dass ein Adhäsionsantrag gemäß § 404 Abs. 1 Satz 1 StPO bis zum Beginn der Schlussvorträge gestellt werden muss. Der Nebenklägervertreter wiederholte den genannten Antrag. Die übrigen Verfahrensbeteiligten (Staatsanwalt, Verteidiger, Angeklagter), so die Niederschrift der Hauptverhandlung, „wollten zu diesem Antrag keine Stellungnahme abgeben“. Sodann wurde die Beweisaufnahme wieder geschlossen. Bei den anschließenden Schlussvorträgen nahm der Staatsanwalt lediglich Bezug auf sein früheres Plädoyer und wiederholte seine früheren Anträge.
14
Auf der Grundlage dieses Verfahrensgeschehens meint die Revision, die Strafkammer hätte dem Nebenkläger schon deshalb kein Schmerzensgeld zuerkennen dürfen, weil der hierauf gerichtete Antrag des Nebenklägervertreters zu spät gestellt worden sei. Es reiche nicht aus, wenn dieser Antrag erst nach einem ersten Schlussvortrag des Staatsanwalts gestellt werde und dieser in seinem zweiten Schlussvortrag, ohne auf den Antrag einzugehen, nur auf seinen ersten Schlussvortrag verweise.
15
Dies trifft nicht zu.
16
Ein Adhäsionsantrag ist deshalb gemäß § 404 Abs. 1 Satz 1 StPO vor Beginn der Schlussvorträge zu stellen, weil (auch) der Staatsanwalt Gelegenheit haben muss, auch zu Schadensersatzansprüchen Stellung zu beziehen (BGHR StPO § 404 Abs. 1 Antragstellung 1). Deshalb reicht es aus, wenn in Fällen, in denen nach den Schlussausführungen die Beweisaufnahme wieder eröffnet wurde, der Antrag vor den erneuten (letzten) Schlussausführungen gestellt wird (vgl. Krekeler in AnwK-StPO § 404 Rdn. 4; Stöckel in KMR <47. EL> § 404 Rdn. 5; Hilger in Löwe/Rosenberg, StPO 25. Aufl. § 404 Rdn. 4). Auch bei einer solchen Fallgestaltung ist die Möglichkeit zu einer Stellungnahme eröffnet. Ob von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht wird, oder - wie hier - nicht, ist demgegenüber ohne Bedeutung.
Nack Wahl Kolz
Graf Sander

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 347/05
vom
6. Dezember 2005
in der Strafsache
gegen
wegen schwerer Körperverletzung
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 6. Dezember 2005 beschlossen
:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Bayreuth vom 29. April 2005 wird als unbegründet verworfen, da
die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung
keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§
349 Abs. 2 StPO).
Ergänzend zu den zutreffenden Ausführungen des Generalbundesanwalts
bemerkt der Senat:
Es beschwert den Angeklagten hier nicht, dass die Strafkammer
die Anordnung der Sicherungsverwahrung nur vorbehalten hat
(§ 66a StGB). Es ist hier - anders als im Fall BGH, Urteil vom
8. Juli 2005 - 2 StR 120/05 - ausgeschlossen, dass die Strafkammer
bei zutreffender Prüfung von § 66 Abs. 2 StGB bzw. § 66 Abs.
3 StGB von der Anordnung von Sicherungsverwahrung abgesehen
hätte.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die
dem Nebenkläger im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen
Auslagen zu tragen.
Nack Wahl Kolz
Elf Graf
5 StR 620/12

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 19. Februar 2013
in der Strafsache
gegen
wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 19. Februar 2013

beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Neuruppin vom 9. August 2012 gemäß § 349 Abs. 4 StPO im Maßregelausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO verworfen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Jugendschutzkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in vier Fällen und schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in drei Fällen – unter Freispruch im Übrigen – zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt und die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung vorbehalten. Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat im Umfang der Beschlussformel Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
2
1. Nach den Feststellungen nahm der vielfach, indes nicht wegen Sexualdelikten vorbestrafte Angeklagte seit dem Sommer 1995 bis zum 14. Geburtstag der Geschädigten im Juni 2004 in zahlreichen Fällen vaginalen Geschlechtsverkehr an seiner Stieftochter A. vor. Die Strafkammer vermochte insoweit lediglich vier Taten mit der notwendigen Bestimmtheit festzustellen, unter anderem die erste Tat (Durchführung vaginalen Geschlechtsverkehrs an dem damals fünfjährigen, vor Schmerzen schreienden Mädchen). Nachdem es im Jahr 2005 zur Trennung von seiner – schonzu Beginn der Missbrauchstaten – alkoholkranken Ehefrau gekommen war, lebte der Angeklagte mehrere Jahre ohne feste Partnerschaft. Im September 2010 ging er eine Beziehung mit S. ein, die den Angeklagten häufiger in dessen Wohnung besuchte und mit ihren beiden Kindern dort übernachtete. In der bis zum Einzug in eine gemeinsame Doppelhaushälfte im Juli 2011 währenden Zeit der besuchsweisen Aufenthalte kam es zu drei sexuellen Übergriffen des Angeklagten auf die damals neunjährige Tochter seiner Partnerin, die Nebenklägerin Sc. (Reiben seines Geschlechtsteils am unbedeckten Geschlechtsteil des Kindes ; Massieren des Geschlechtsteils des Kindes; Masturbieren bis zum Samenerguss vor dem Kind).
3
Das sachverständig beratene Landgericht hat „definitiv festgestellt, dass der Angeklagte zur Zeit als gefährlich für die Allgemeinheit zu gelten hat, da jederzeit bei ähnlichen Fallkonstellationen damit zu rechnen ist, dass er sich sexuell wieder an Kindern vergreift“ (UA S. 26). Es sei nach Auffas- sung des Sachverständigen indes „sehr gut möglich“, dass sich die Sozialprognose nach einer sozialtherapeutischen Behandlung deutlich bessere, so dass „heute noch nicht gesagt werden könne, ob der Angeklagte zum Entlassungszeitpunkt tatsächlich noch gefährlich sein werde“(UA S. 27). Ge- stützt auf diese Erwägungen, hat das Landgericht die Sicherungsverwahrung vorbehalten.
4
2. Der Ausspruch über den Vorbehalt der Sicherungsverwahrung hat keinen Bestand. Mangels Beschwer des Angeklagten kommt es hierfür zwar nicht darauf an, dass auf der Grundlage der auf den Urteilszeitpunkt bezogenen Gefährlichkeitsprognose (vgl. BGH, Urteil vom 8. Juli 2005 – 2 StR 120/05, BGHSt 50, 188) anstelle des Vorbehalts der Sicherungsver- wahrung unter Umständen sogar deren Anordnung in Frage kam. Jedoch darf auch der Vorbehalt der Sicherungsverwahrung wegen deren derzeit noch verfassungswidriger Ausgestaltung nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 4. Mai 2011 (BVerfGE 128, 326, 405 f.) nur nach Maßgabe einer strikten Verhältnismäßigkeitsprüfung angeordnet werden (vgl. auch BVerfG NJW 2012, 3357 Rn. 137). Den danach zu stellenden Anforderungen genügt die sehr knappe Begründung im Urteil nicht.
5
a) Das Landgericht ist – angesichts fehlender näherer zeitlicher Einordnung der Taten zum Nachteil der Nebenklägerin Sc. im Tatzeitraum im Ergebnis rechtsfehlerfrei (vgl. Art. 316e Abs. 1 Satz 1 EGStGB) – bei dem Vorbehalt der Sicherungsverwahrung von der bis zum 31. Dezember 2010 geltenden Fassung des § 66a StGB ausgegangen. Es hat indes nicht das Vorliegen eines Hangs des Angeklagten im Sinne von § 66 Abs. 1 Nr. 3 StGB geprüft, der nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs Voraussetzung auch des Ausspruchs eines Vorbehalts nach § 66a StGB aF ist (vgl. BGH aaO; zu § 66a Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2 Nr. 3 StGB nF, vgl. BT-Drucks. 17/3403, S. 15, 25 ff.). Dies hat angesichts der strengen Bedingungen , die an die Anwendung der Vorschrift derzeit zu stellen sind, grundsätzlich durch das Tatgericht ausdrücklich zu geschehen. Insoweit möglicherweise relevante Ausführungen im Rahmen der Schuldfähigkeitsprüfung schaffen keinen Ersatz.
6
b) Das Landgericht hat es zudem unterlassen, eine einzelfallbezogene Verhältnismäßigkeitsprüfung nach den Maßstäben der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts durchzuführen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 2. August 2011 – 3 StR 208/11, BGHR StGB § 66 Strikte Verhältnismäßigkeit 1, und vom 24. Januar 2012 – 5 StR 535/11; Urteile vom 4. August 2011 – 3 StR 175/11, NStZ 2011, 692, und vom 25. September 2012 – 1 StR 160/12, jeweils mwN).
7
Für den Vorbehalt der Sicherungsverwahrung bedarf es dafür einer erheblichen, naheliegenden Wahrscheinlichkeit der Begehung weiterer schwerer Sexualstraftaten, die aus konkreten Umständen in der Person oder dem Verhalten des Angeklagten ableitbar sein muss. Dass das Landgericht dessen Gefährlichkeit für die Allgemeinheit „definitiv festgestellt“ hat, ersetzt die danach erforderliche Prüfung der konkreten Umstände des Falles nicht. Das Landgericht hätte sich hier insbesondere damit auseinandersetzen müssen , dass zwischen der ersten und der zweiten Tatserie eine erhebliche zeit- liche Lücke klafft. In dieser Zeit hat der Angeklagte „ohne feste Beziehung“ gelebt. Inwieweit er danach strebt, Beziehungskonstellationen zum Zweck des Kindesmissbrauchs aktiv herzustellen, oder ob er lediglich sich ergebende Gelegenheiten nutzt, ist für die Beurteilung der Wahrscheinlichkeit der Begehung weiterer schwerer Sexualstraftaten jedenfalls nicht ohne Bedeutung. In diesem Zusammenhang fehlt auch eine Auseinandersetzung mit dem Umstand, dass die Taten zum Nachteil der Nebenklägerin Sc. gegenüber denjenigen zum Nachteil der Nebenklägerin A. von vergleichsweise geringerem Gewicht sind und der Angeklagte – soweit ersichtlich – nach Einzug mit seiner Lebensgefährtin und ihren Kindern in das gemeinsam bewohnte Haus bis zur Aufdeckung der Taten im Januar 2012 keine sexuellen Übergriffe zulasten der Nebenklägerin Sc. mehr begangen hat.
8
3. Der Vorbehalt der Sicherungsverwahrung bedarf daher erneuter tatgerichtlicher Prüfung auf der Grundlage insoweit neu zu treffender Feststellungen. An der Anordnung vorbehaltloser Sicherungsverwahrung nach § 66 StGB ist das neue Tatgericht durch das Verschlechterungsverbot (§ 358 Abs. 2 StPO) gehindert.
Basdorf Sander Schneider Dölp König

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 394/10
vom
17. Februar 2011
in der Strafsache
gegen
wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern u.a.
hier: Anordnung der vorbehaltenen Sicherungsverwahrung
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 17. Februar
2011, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Becker,
die Richter am Bundesgerichtshof
Pfister,
von Lienen,
Richterin am Bundesgerichtshof
Sost-Scheible,
Richter am Bundesgerichtshof
Hubert
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof in der Verhandlung,
Staatsanwalt (GL) bei der Verkündung
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten,
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision des Verurteilten gegen das Urteil des Landgerichts Lüneburg vom 10. Mai 2010 wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die den Nebenklägerinnen im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hatte den vielfach vorbestraften Verurteilten, der u.a. im Jahre 1984 wegen fortgesetzter Vergewaltigung und fortgesetzter sexueller Nötigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten sowie im September 1995 wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten mit Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt worden war, mit Urteil vom 11. Mai 2005 wegen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen in 76 Fällen, davon in 17 Fällen in Tateinheit mit schwerem sexuellen Missbrauch von Kindern zur Gesamtfreiheitsstrafe von neun Jahren verurteilt und die Anordnung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung vorbehalten (§ 66a Abs. 1 StGB aF). Nach den Feststellungen führte er mit seinen minderjährigen Töchtern ungeschützten Oral-, Anal- und Vaginalverkehr aus.
2
Mit Urteil vom 10. Mai 2010 hat das Landgericht die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung angeordnet (§ 66a Abs. 2 Satz 2 StGB aF). Hiergegen wendet sich der Verurteilte mit seiner Revision, mit der er das Verfahren beanstandet und die Verletzung sachlichen Rechts rügt. Das Rechtsmittel bleibt ohne Erfolg.
3
I. Folgendes liegt zugrunde:
4
1. Im Urteil vom 11. Mai 2005 hatte das Landgericht zur vorbehaltenen Unterbringung in der Sicherungsverwahrung auf der Grundlage eines Gutachtens des Sachverständigen Dr. F. , Facharzt für Psychiatrie, im Wesentlichen ausgeführt:
5
Es sei ein Hang des Verurteilten zur Begehung erheblicher Straftaten zu bejahen, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden. Die von ihm begangenen zahlreichen Sexualstraftaten, die deutlich auf eine Pädophilie hinwiesen, beruhten auf einem eingeschliffenen Verhaltensmuster , das sich über einen Zeitraum von vielen Jahren entwickelt habe. Beim Verurteilten seien dissoziale Persönlichkeitszüge vorhanden, die sich darin äußerten, dass er gegenüber den Gefühlen anderer herzlos unbeteiligt sei, andauernd soziale Normen und Regeln missachte sowie unfähig sei, Schuldbewusstsein zu erleben oder aus Strafen zu lernen.
6
Wegen dieser Persönlichkeitszüge, der vielfachen Formen der Sexualdelinquenz , der Zunahme der Rückfallgeschwindigkeit, der Steigerung der Anzahl der begangenen Sexualdelikte sowie fehlender ausreichend tragfähiger Sozialkontakte und Beschäftigungsperspektiven bestehe eine erhebliche, naheliegende Wahrscheinlichkeit, dass der Verurteilte in Freiheit gleichartige Sexualdelikte begehen werde und deshalb für die Allgemeinheit gefährlich sei, und zwar auch noch zum Zeitpunkt der Entlassung aus dem Strafvollzug. Für den Fall einer erfolgreichen sozialtherapeutischen Behandlung während des Strafvollzugs sei eine Minderung der Gefährlichkeit aber nicht auszuschließen.
7
2. Die Anordnung der Unterbringung des Verurteilten in der Sicherungsverwahrung im angefochtenen Urteil vom 10. Mai 2010 hat das Landgericht auf der Grundlage der Ausführungen des Sachverständigen Dr. F. und des Sachverständigen L. , Diplompsychologe und psychologischer Psychotherapeut , im Wesentlichen wie folgt begründet:
8
Es sei weiterhin ein Hang des Verurteilten zur Begehung erheblicher Sexualstraftaten zu bejahen. Wegen der unzureichend behandelten Pädophilie in Kombination mit den dissozialen Persönlichkeitszügen seien von ihm - insbesondere in Belastungssituationen - nach wie vor mit hoher Wahrscheinlichkeit schwerwiegende Sexualstraftaten zum Nachteil von Mädchen in seinem sozialen Umfeld, aber auch von abhängigen oder schwachen Frauen zu erwarten. Trotz der Behandlung in der Sozialtherapie neige der Verurteilte immer noch zu sexuellen Übergriffen auf Mädchen und schwache Frauen, was sich vor allem darin zeige, dass er lustvolle Erinnerungen an den begangenen Kindesmissbrauch bekundet habe.
9
Die Behandlung in der Sozialtherapie sei zwar insoweit als positiv zu beurteilen , als der Verurteilte seine pädophilen Neigungen offen zeige. Er habe jedoch bis heute nicht den erforderlichen Zugang zum Schweregrad sowie dem Ausmaß seiner sexuellen Devianz gefunden und die notwendige Distanz zu seinen Sexualstraftaten aufbauen können. Gefahrensituationen bemerke er nicht und könne mit möglichen Bewältigungsstrategien nicht umgehen.
10
II. Die gegen die Maßregelanordnung erhobenen Beanstandungen des Verurteilten greifen nicht durch.
11
1. Die Aufklärungsrüge ist aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet. Ergänzend bemerkt der Senat, dass sich aufgrund der Angaben des Verurteilten zu seinen fortbestehenden sexuellen Phantasien über Kindesmissbrauch, die für die Gefährlichkeitsprognose von entscheidender Bedeutung sind, eine Vernehmung des Wohngruppenleiters, des Vollzugsabteilungsleiters sowie der Gruppentherapeutin der Justizvollzugsanstalt zum Vollzugsverhalten und Therapieverlauf des Verurteilten nicht aufdrängte.
12
2. Die Unterbringung des Verurteilten in der Sicherungsverwahrung hält sachlich-rechtlicher Überprüfung stand.
13
a) Gemäß § 2 Abs. 6 StGB, Art. 316e Abs. 1 Satz 2 EGStGB richtet sich die revisionsrechtliche Überprüfung der Unterbringungsanordnung nach § 66a StGB in der bis zum 31. Dezember 2010 geltenden Fassung (vgl. § 354a StPO).
14
b) Rechtsfehlerfrei hat das Landgericht die Voraussetzungen des § 66a Abs. 2 Satz 2 StGB aF für die Anordnung der Sicherungsverwahrung nach deren Vorbehalt festgestellt. Es ist aufgrund einer Gesamtwürdigung aller relevanten Umstände, vor allem der weiterhin vorhandenen dissozialen Persönlichkeitszüge des Verurteilten, seiner bisherigen Sexualdelinquenz und seiner Pädophilie , die in der während des Strafvollzugs durchgeführten Sozialtherapie nur unzureichend behandelt werden konnte, zu dem Ergebnis gelangt, dass von ihm wegen eines fortbestehenden Hanges zu erheblichen Straftaten nach der Entlassung aus dem Strafvollzug weiterhin schwerwiegende Sexualstraftaten zu erwarten sind, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden, und er deshalb für die Allgemeinheit aktuell gefährlich ist.
15
c) Der Anordnung der Sicherungsverwahrung gemäß § 66a Abs. 2 Satz 2 StGB aF aufgrund des im Urteil vom 11. Mai 2005 ausgesprochenen Vorbehalts steht nicht entgegen, dass dieses Urteil die Sicherungsverwahrung mit fehlerhafter Begründung lediglich vorbehalten hatte.
16
aa) Da das Landgericht die Gefährlichkeit des Verurteilten zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung im Mai 2005 ausdrücklich festgestellt hatte und lediglich nicht zweifelsfrei hatte ausschließen können, dass diese durch eine therapeutische Behandlung im Strafvollzug verringert werden könnte, hätte es nach pflichtgemäßen Ermessen über die Anordnung der Sicherungsverwahrung gemäß § 66 Abs. 2 StGB aF entscheiden müssen, nicht aber deren Vorbehalt aussprechen dürfen. Denn der Vorbehalt der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung setzt gemäß § 66a Abs. 1 StGB aF voraus, dass die Gefährlichkeit des Täters für die Allgemeinheit nicht mit hinreichender Sicherheit feststellbar ist, wobei für die Beurteilung der Gefährlichkeit der Zeitpunkt der Aburteilung, nicht der der Entlassung aus dem Strafvollzug maßgeblich ist. Eine bloße Hoffnung auf eine Verringerung der Gefährlichkeit während des Strafvollzugs steht ihrer aktuellen Feststellung nicht entgegen; denkbare, nur erhoffte Haltungsänderungen durch eine therapeutische Behandlung bleiben daher regelmäßig der Prüfung gemäß § 67c Abs. 1 Satz 1 StGB vorbehalten (BGH, Beschluss vom 5. September 2008 - 2 StR 265/08, NStZ 2009, 27 f.; BGH, Urteil vom 13. März 2007 - 5 StR 499/06, NStZ 2007, 401; Fischer, StGB, 58. Aufl., § 66 Rn. 36).
17
bb) Diese Fehlerhaftigkeit der Ausgangsentscheidung hindert indes nicht die Maßregelanordnung im Nachverfahren nach § 66a Abs. 2 StGB aF. Dabei kann dahinstehen, ob im Falle der Anfechtung des Urteils vom 11. Mai 2005 durch den Verurteilten dessen Revision erfolglos hätte bleiben müssen, weil er wegen der zweifelsfrei gegebenen Anordnungsvoraussetzungen des § 66 Abs. 2 StGB aF durch den lediglichen Vorbehalt der Sicherungsverwahrung als nicht beschwert anzusehen gewesen wäre (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Dezember 2005 - 1 StR 347/05), oder ob das Rechtsmittel hätte durchgreifen müssen, weil die Voraussetzungen für den Vorbehalt der Sicherungsverwahrung nicht vorlagen, und dies zur Folge gehabt hätte, dass nach Zurückweisung der Sache wegen des Verschlechterungsverbots (§ 358 Abs. 2 Satz 1 StPO) die Anordnung der Sicherungsverwahrung gemäß § 66 Abs. 2 StGB aF nicht mehr zulässig gewesen wäre (vgl. BGH, Beschluss vom 5. September 2008 - 2 StR 265/08, NStZ 2009, 27; s. auch BGH, Urteil vom 8. Juli 2005 - 2 StR 120/05, BGHSt 50, 188, 192 ff.). Der Angeklagte hat dieses Urteil nicht angefochten , dieses ist daher rechtskräftig geworden.
18
Damit stand aber fest, dass das Nachverfahren gemäß § 66a Abs. 2 StGB aF durchzuführen und bis zu dem in § 66a Abs. 2 Satz 1 StGB aF genannten Zeitpunkt die in § 66a Abs. 2 Satz 2 StGB aF vorgesehene Prüfung der aktuellen Gefährlichkeit des Verurteilten vorzunehmen war. Dieses Nachverfahren war nicht etwa aufgrund der Fehlerhaftigkeit des Urteils vom 11. Mai 2005 ausgeschlossen. Vielmehr führte die Rechtskraft dieser fehlerhaften Entscheidung zu einem Perspektivwechsel im Rahmen des § 66a Abs. 2 Satz 2 StGB aF. Es war nicht - wie bei rechtsfehlerfreier Anordnung des Vorbehalts der Sicherungsverwahrung - zu prüfen, ob nunmehr bei einer Gesamtwürdigung des Verurteilten, seiner Taten und seiner Entwicklung während des Strafvollzugs seine Gefährlichkeit erstmals positiv festzustellen ist; vielmehr musste das Landgericht unter Heranziehung dieser Beurteilungskriterien entscheiden, ob die im Urteil vom 11. Mai 2005 festgestellte Gefährlichkeit des Verurteilten inzwischen entfallen ist.
19
Danach stellt sich das angefochtene Urteil auch nicht lediglich als unzulässige Korrektur der fehlerhaften Entscheidung vom 11. Mai 2005 durch Neu- bewertung ausschließlich schon damals bekannter Tatsachen dar (s. dazu BGH, Beschluss vom 10. November 2006 - 1 StR 483/06, NStZ-RR 2007, 267, 268; MünchKommStGB/Ullenbruch, 1. Aufl., § 66a Rn. 53 ff.; SK-StGB/Sinn, § 66a Rn. 21, Stand: Februar 2008). Vielmehr musste und durfte das Landgericht aufgrund des dargestellten Perspektivwechsels bei seiner Entscheidungsfindung die bisher ohne Erfolg gebliebene therapeutische Behandlung des Verurteilten im Strafvollzug als gewichtige neue Prognosetatsache berücksichtigen. Dies hat es rechtsfehlerfrei getan. Dass es darüber hinaus auch die schon im Ausgangsverfahren bekannten Umstände in der Person des Verurteilten sowie seine bisherigen Straftaten einbezogen hat, ist nicht zu beanstanden, sondern vielmehr durch § 66a Abs. 2 Satz 2 StGB aF vorgegeben. Es hat diese Prognoseaspekte auch nicht neu, sondern in gleicher Weise wie im Urteil vom 11. Mai 2005 bewertet.
20
Letztlich steht der Anordnung der Sicherungsverwahrung auch nicht entgegen , dass dem Landgericht die Möglichkeit der Erfolglosigkeit der Therapie bis zum Prüfungszeitpunkt nach § 66a Abs. 2 Satz 1 StGB aF bereits bei Erlass des Urteils vom 11. Mai 2005 erkennbar war. Bei einer vorbehaltenen Unterbringung in der Sicherungsverwahrung gemäß § 66a Abs. 2 StGB aF sind an die Qualität der neuen Tatsachen nicht die gleichen strengen Anforderungen zu stellen wie sie die Rechtsprechung bei der nachträglichen Sicherungsverwahrung des § 66b StGB aF entwickelt hat (vgl. dazu BGH, Urteil vom 11. Mai 2005 - 1 StR 37/05, BGHSt 50, 121, 125 f.; BGH, Urteil vom 21. Dezember 2006 - 3 StR 396/06, BGHSt 51, 185, 186 ff.; Fischer, aaO, § 66b Rn. 17 ff. mwN). Denn zwischen beiden Rechtsinstituten bestehen deutliche Unterschiede.
21
Die nachträgliche Anordnung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung ist eine Maßnahme, die - unbeschadet der hier nicht zu erörternden Frage ihrer Vereinbarkeit mit grund- und menschenrechtlichen Gewährleistun- gen - den Grundsatz "ne-bis-in-idem" und den Bestand eines rechtskräftigen Urteils zu Lasten des Verurteilten tangiert. Dies ist von der bisherigen Rechtsprechung für zulässig gehalten worden, weil ein überragendes Gemeinschaftsinteresse dahingehend besteht, die Gesellschaft vor Personen schützen, von denen nach Verbüßung der Strafhaft schwerwiegende Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung oder die Freiheit mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten sind (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23. August 2006 - 2 BvR 226/06, NJW 2006, 3483, 3484; Fischer, aaO, § 66b Rn. 5 f.). Da § 66b StGB aF nicht der nachträglichen Korrektur eines fehlerhaften rechtskräftigen Urteils dienen darf, setzt die Anordnung der nachträglichen Sicherungsverwahrung nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs voraus, dass diese auf neuen Tatsachen gründet, die bei der früheren Verurteilung nicht bekannt und auch nicht erkennbar waren und daher nach dem Maßstab des § 244 Abs. 2 StPO hätten aufgeklärt werden müssen (vgl. BGH, Beschluss vom 9. November 2005 - 4 StR 483/05, BGHSt 50, 275, 278; BGH, Urteil vom 21. Dezember 2006 - 3 StR 396/06, BGHSt 51, 185, 188; Fischer, aaO, § 66b Rn. 19 ff. mwN).
22
Völlig anders stellt sich die Situation bei der Entscheidung über die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung nach deren Vorbehalt dar. Der Verurteilte weiß aufgrund der Ausgangsentscheidung, dass die Strafkammer vor der Entlassung aus dem Strafvollzug nochmals seine Gefährlichkeit unter Berücksichtigung des Vollzugsverhaltens bewerten wird. Sein Verhalten im Strafvoll- zug, insbesondere seine Mitarbeit an einer Therapie, kann er darauf einrichten. Er kann somit - im Gegensatz zur nachträglichen Sicherungsverwahrung - zu keinem Zeitpunkt darauf vertrauen, nach Verbüßung der verhängten Strafe aus dem Vollzug entlassen zu werden.
Becker Pfister von Lienen Sost-Scheible RiBGH Hubert befindet sich im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Becker

(1) Das Gericht ordnet neben der Strafe die Sicherungsverwahrung an, wenn

1.
jemand zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren wegen einer vorsätzlichen Straftat verurteilt wird, die
a)
sich gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung richtet,
b)
unter den Ersten, Siebenten, Zwanzigsten oder Achtundzwanzigsten Abschnitt des Besonderen Teils oder unter das Völkerstrafgesetzbuch oder das Betäubungsmittelgesetz fällt und im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zehn Jahren bedroht ist oder
c)
den Tatbestand des § 145a erfüllt, soweit die Führungsaufsicht auf Grund einer Straftat der in den Buchstaben a oder b genannten Art eingetreten ist, oder den Tatbestand des § 323a, soweit die im Rausch begangene rechtswidrige Tat eine solche der in den Buchstaben a oder b genannten Art ist,
2.
der Täter wegen Straftaten der in Nummer 1 genannten Art, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon zweimal jeweils zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
3.
er wegen einer oder mehrerer dieser Taten vor der neuen Tat für die Zeit von mindestens zwei Jahren Freiheitsstrafe verbüßt oder sich im Vollzug einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung befunden hat und
4.
die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Taten ergibt, dass er infolge eines Hanges zu erheblichen Straftaten, namentlich zu solchen, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden, zum Zeitpunkt der Verurteilung für die Allgemeinheit gefährlich ist.
Für die Einordnung als Straftat im Sinne von Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b gilt § 12 Absatz 3 entsprechend, für die Beendigung der in Satz 1 Nummer 1 Buchstabe c genannten Führungsaufsicht § 68b Absatz 1 Satz 4.

(2) Hat jemand drei Straftaten der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 genannten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verwirkt hat, und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzung neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen.

(3) Wird jemand wegen eines die Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a oder b erfüllenden Verbrechens oder wegen einer Straftat nach § 89a Absatz 1 bis 3, § 89c Absatz 1 bis 3, § 129a Absatz 5 Satz 1 erste Alternative, auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1, den §§ 174 bis 174c, 176a, 176b, 177 Absatz 2 Nummer 1, Absatz 3 und 6, §§ 180, 182, 224, 225 Abs. 1 oder 2 oder wegen einer vorsätzlichen Straftat nach § 323a, soweit die im Rausch begangene Tat eine der vorgenannten rechtswidrigen Taten ist, zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt, so kann das Gericht neben der Strafe die Sicherungsverwahrung anordnen, wenn der Täter wegen einer oder mehrerer solcher Straftaten, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon einmal zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist und die in Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und 4 genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Hat jemand zwei Straftaten der in Satz 1 bezeichneten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verwirkt hat und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter den in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzungen neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen. Die Absätze 1 und 2 bleiben unberührt.

(4) Im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 gilt eine Verurteilung zu Gesamtstrafe als eine einzige Verurteilung. Ist Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung auf Freiheitsstrafe angerechnet, so gilt sie als verbüßte Strafe im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3. Eine frühere Tat bleibt außer Betracht, wenn zwischen ihr und der folgenden Tat mehr als fünf Jahre verstrichen sind; bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung beträgt die Frist fünfzehn Jahre. In die Frist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist. Eine Tat, die außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes abgeurteilt worden ist, steht einer innerhalb dieses Bereichs abgeurteilten Tat gleich, wenn sie nach deutschem Strafrecht eine Straftat der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, in den Fällen des Absatzes 3 der in Absatz 3 Satz 1 bezeichneten Art wäre.

(1) Das Gericht, an das die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung verwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung des Urteils zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(2) Das angefochtene Urteil darf in Art und Höhe der Rechtsfolgen der Tat nicht zum Nachteil des Angeklagten geändert werden, wenn lediglich der Angeklagte, zu seinen Gunsten die Staatsanwaltschaft oder sein gesetzlicher Vertreter Revision eingelegt hat. Wird die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus aufgehoben, hindert diese Vorschrift nicht, an Stelle der Unterbringung eine Strafe zu verhängen. Satz 1 steht auch nicht der Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt entgegen.

5 StR 620/12

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 19. Februar 2013
in der Strafsache
gegen
wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 19. Februar 2013

beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Neuruppin vom 9. August 2012 gemäß § 349 Abs. 4 StPO im Maßregelausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO verworfen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Jugendschutzkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in vier Fällen und schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in drei Fällen – unter Freispruch im Übrigen – zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt und die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung vorbehalten. Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat im Umfang der Beschlussformel Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
2
1. Nach den Feststellungen nahm der vielfach, indes nicht wegen Sexualdelikten vorbestrafte Angeklagte seit dem Sommer 1995 bis zum 14. Geburtstag der Geschädigten im Juni 2004 in zahlreichen Fällen vaginalen Geschlechtsverkehr an seiner Stieftochter A. vor. Die Strafkammer vermochte insoweit lediglich vier Taten mit der notwendigen Bestimmtheit festzustellen, unter anderem die erste Tat (Durchführung vaginalen Geschlechtsverkehrs an dem damals fünfjährigen, vor Schmerzen schreienden Mädchen). Nachdem es im Jahr 2005 zur Trennung von seiner – schonzu Beginn der Missbrauchstaten – alkoholkranken Ehefrau gekommen war, lebte der Angeklagte mehrere Jahre ohne feste Partnerschaft. Im September 2010 ging er eine Beziehung mit S. ein, die den Angeklagten häufiger in dessen Wohnung besuchte und mit ihren beiden Kindern dort übernachtete. In der bis zum Einzug in eine gemeinsame Doppelhaushälfte im Juli 2011 währenden Zeit der besuchsweisen Aufenthalte kam es zu drei sexuellen Übergriffen des Angeklagten auf die damals neunjährige Tochter seiner Partnerin, die Nebenklägerin Sc. (Reiben seines Geschlechtsteils am unbedeckten Geschlechtsteil des Kindes ; Massieren des Geschlechtsteils des Kindes; Masturbieren bis zum Samenerguss vor dem Kind).
3
Das sachverständig beratene Landgericht hat „definitiv festgestellt, dass der Angeklagte zur Zeit als gefährlich für die Allgemeinheit zu gelten hat, da jederzeit bei ähnlichen Fallkonstellationen damit zu rechnen ist, dass er sich sexuell wieder an Kindern vergreift“ (UA S. 26). Es sei nach Auffas- sung des Sachverständigen indes „sehr gut möglich“, dass sich die Sozialprognose nach einer sozialtherapeutischen Behandlung deutlich bessere, so dass „heute noch nicht gesagt werden könne, ob der Angeklagte zum Entlassungszeitpunkt tatsächlich noch gefährlich sein werde“(UA S. 27). Ge- stützt auf diese Erwägungen, hat das Landgericht die Sicherungsverwahrung vorbehalten.
4
2. Der Ausspruch über den Vorbehalt der Sicherungsverwahrung hat keinen Bestand. Mangels Beschwer des Angeklagten kommt es hierfür zwar nicht darauf an, dass auf der Grundlage der auf den Urteilszeitpunkt bezogenen Gefährlichkeitsprognose (vgl. BGH, Urteil vom 8. Juli 2005 – 2 StR 120/05, BGHSt 50, 188) anstelle des Vorbehalts der Sicherungsver- wahrung unter Umständen sogar deren Anordnung in Frage kam. Jedoch darf auch der Vorbehalt der Sicherungsverwahrung wegen deren derzeit noch verfassungswidriger Ausgestaltung nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 4. Mai 2011 (BVerfGE 128, 326, 405 f.) nur nach Maßgabe einer strikten Verhältnismäßigkeitsprüfung angeordnet werden (vgl. auch BVerfG NJW 2012, 3357 Rn. 137). Den danach zu stellenden Anforderungen genügt die sehr knappe Begründung im Urteil nicht.
5
a) Das Landgericht ist – angesichts fehlender näherer zeitlicher Einordnung der Taten zum Nachteil der Nebenklägerin Sc. im Tatzeitraum im Ergebnis rechtsfehlerfrei (vgl. Art. 316e Abs. 1 Satz 1 EGStGB) – bei dem Vorbehalt der Sicherungsverwahrung von der bis zum 31. Dezember 2010 geltenden Fassung des § 66a StGB ausgegangen. Es hat indes nicht das Vorliegen eines Hangs des Angeklagten im Sinne von § 66 Abs. 1 Nr. 3 StGB geprüft, der nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs Voraussetzung auch des Ausspruchs eines Vorbehalts nach § 66a StGB aF ist (vgl. BGH aaO; zu § 66a Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2 Nr. 3 StGB nF, vgl. BT-Drucks. 17/3403, S. 15, 25 ff.). Dies hat angesichts der strengen Bedingungen , die an die Anwendung der Vorschrift derzeit zu stellen sind, grundsätzlich durch das Tatgericht ausdrücklich zu geschehen. Insoweit möglicherweise relevante Ausführungen im Rahmen der Schuldfähigkeitsprüfung schaffen keinen Ersatz.
6
b) Das Landgericht hat es zudem unterlassen, eine einzelfallbezogene Verhältnismäßigkeitsprüfung nach den Maßstäben der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts durchzuführen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 2. August 2011 – 3 StR 208/11, BGHR StGB § 66 Strikte Verhältnismäßigkeit 1, und vom 24. Januar 2012 – 5 StR 535/11; Urteile vom 4. August 2011 – 3 StR 175/11, NStZ 2011, 692, und vom 25. September 2012 – 1 StR 160/12, jeweils mwN).
7
Für den Vorbehalt der Sicherungsverwahrung bedarf es dafür einer erheblichen, naheliegenden Wahrscheinlichkeit der Begehung weiterer schwerer Sexualstraftaten, die aus konkreten Umständen in der Person oder dem Verhalten des Angeklagten ableitbar sein muss. Dass das Landgericht dessen Gefährlichkeit für die Allgemeinheit „definitiv festgestellt“ hat, ersetzt die danach erforderliche Prüfung der konkreten Umstände des Falles nicht. Das Landgericht hätte sich hier insbesondere damit auseinandersetzen müssen , dass zwischen der ersten und der zweiten Tatserie eine erhebliche zeit- liche Lücke klafft. In dieser Zeit hat der Angeklagte „ohne feste Beziehung“ gelebt. Inwieweit er danach strebt, Beziehungskonstellationen zum Zweck des Kindesmissbrauchs aktiv herzustellen, oder ob er lediglich sich ergebende Gelegenheiten nutzt, ist für die Beurteilung der Wahrscheinlichkeit der Begehung weiterer schwerer Sexualstraftaten jedenfalls nicht ohne Bedeutung. In diesem Zusammenhang fehlt auch eine Auseinandersetzung mit dem Umstand, dass die Taten zum Nachteil der Nebenklägerin Sc. gegenüber denjenigen zum Nachteil der Nebenklägerin A. von vergleichsweise geringerem Gewicht sind und der Angeklagte – soweit ersichtlich – nach Einzug mit seiner Lebensgefährtin und ihren Kindern in das gemeinsam bewohnte Haus bis zur Aufdeckung der Taten im Januar 2012 keine sexuellen Übergriffe zulasten der Nebenklägerin Sc. mehr begangen hat.
8
3. Der Vorbehalt der Sicherungsverwahrung bedarf daher erneuter tatgerichtlicher Prüfung auf der Grundlage insoweit neu zu treffender Feststellungen. An der Anordnung vorbehaltloser Sicherungsverwahrung nach § 66 StGB ist das neue Tatgericht durch das Verschlechterungsverbot (§ 358 Abs. 2 StPO) gehindert.
Basdorf Sander Schneider Dölp König

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 265/08
vom
5. September 2008
in der Strafsache
gegen
wegen versuchten schweren Raubes u. a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 5. September 2008
gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Gera vom 28. Dezember 2007 im Ausspruch über die Maßregel mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben und die Sache insoweit an eine andere Strafkammer des Landgerichts zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, zurückverwiesen. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen. 2. Die Revision des Nebenklägers gegen das Urteil des Landgerichts Gera vom 28. Dezember 2007 wird verworfen. Der Nebenkläger hat die Kosten seines Rechtsmittels sowie die dem Angeklagten hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt und die Entscheidung über die Anordnung der Sicherungsverwahrung vorbehalten.
2
1. Die Revision des Angeklagten führt zur Aufhebung des Maßregelausspruchs ; im Übrigen ist sie aus den vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 30. Mai 2008 dargelegten Gründen offensichtlich unbegründet.
3
Die Anordnung des Vorbehalts der Sicherungsverwahrung nach § 66 a Abs. 1 StGB ist rechtsfehlerhaft. Das Landgericht hat hinsichtlich der Gefahrenprognose ausgeführt, es habe nicht feststellen können, dass der Angeklagte auch in Zukunft, das heißt nach der Verbüßung der Freiheitsstrafe, weiterhin Straftaten begehen werde. Es könne "letztlich nicht ausschließen", dass die Verbüßung der Strafe und die nun bestehenden persönlichen Bindungen den Angeklagten so beeindrucken könnten, dass er zukünftig keine Straftaten mehr begehen werde (UA S. 53). Damit hat der Tatrichter einen unzutreffenden Maßstab für die Gefahrprognose angewandt. Maßgeblich für die Beurteilung der Gefährlichkeit ist nicht der Zeitpunkt der späteren Entlassung des Angeklagten aus dem Strafvollzug, sondern der Zeitpunkt der Aburteilung (vgl. BGH NStZ 2006, 278, 279; 2007, 401; s. auch NStZ-RR 2004, 202, 203; Fischer StGB 55. Aufl. § 66 Rdn. 36 m.w.N.). Zukünftige Veränderungen können hierbei berücksichtigt werden, wenn sie Haltungsänderungen erwarten lassen (vgl. BGB NStZ 2005, 211). Eine bloße Hoffnung auf eine spätere Verringerung der Gefährlichkeit kann aber nicht schon ihrer aktuellen Feststellung entgegenstehen. Denkbare, nur erhoffte positive Haltungsänderungen durch den Strafvollzug bleiben daher regelmäßig einer Prüfung gemäß § 67 c Abs. 1 StGB vorbehalten (BGH NStZ 2005, 337; Fischer aaO m.w.N.).
4
Dem wird die landgerichtliche Würdigung hier nicht gerecht. Die Erwägung , es könne "letztlich nicht ausgeschlossen" werden, dass der Angeklagte nach Strafverbüßung die von § 66 Abs. 1 StGB vorausgesetzte Gefährlichkeit nicht mehr aufweisen werde, geht in der Sache wohl davon aus, dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt diese Gefährlichkeit gegeben sei. Damit lägen aber die Voraussetzungen für die Anordnung eines Vorbehalts gemäß § 66 a Abs. 1 StGB nicht vor. Die Anordnung war daher aufzuheben. Sie kann nicht entfallen, denn es ist nicht gänzlich ausgeschlossen, dass der neue Tatrichter bei Anwendung des zutreffenden Maßstabs die Voraussetzungen des § 66 a Abs. 1 StGB rechtsfehlerfrei feststellen könnte. Einer Anwendung des § 66 StGB, die hier nach den bisherigen landgerichtlichen Feststellungen nahe gelegen hätte, stünde schon § 358 Abs. 2 Satz 1 StPO entgegen.
5
2. Die Revision des Nebenklägers ist, wie der Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt hat, unzulässig, da sich aus ihr entgegen § 400 Abs. 1 StPO kein zulässiges Rechtsmittelziel ergibt. VRinBGH Dr. Rissing-van Saan Rothfuß Fischer ist wegen Urlaubs an der Unterschriftsleistung gehindert. Fischer Roggenbuck RiBGH Cierniak ist wegen Urlaubs an der Unterschriftsleistung gehindert. Fischer

(1) Das Gericht kann im Urteil die Anordnung der Sicherungsverwahrung vorbehalten, wenn

1.
jemand wegen einer der in § 66 Absatz 3 Satz 1 genannten Straftaten verurteilt wird,
2.
die übrigen Voraussetzungen des § 66 Absatz 3 erfüllt sind, soweit dieser nicht auf § 66 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 verweist, und
3.
nicht mit hinreichender Sicherheit feststellbar, aber wahrscheinlich ist, dass die Voraussetzungen des § 66 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 vorliegen.

(2) Einen Vorbehalt im Sinne von Absatz 1 kann das Gericht auch aussprechen, wenn

1.
jemand zu einer Freiheitsstrafe von mindestens fünf Jahren wegen eines oder mehrerer Verbrechen gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit, die sexuelle Selbstbestimmung, nach dem Achtundzwanzigsten Abschnitt oder nach den §§ 250, 251, auch in Verbindung mit § 252 oder § 255, verurteilt wird,
2.
die Voraussetzungen des § 66 nicht erfüllt sind und
3.
mit hinreichender Sicherheit feststellbar oder zumindest wahrscheinlich ist, dass die Voraussetzungen des § 66 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 vorliegen.

(3) Über die nach Absatz 1 oder 2 vorbehaltene Anordnung der Sicherungsverwahrung kann das Gericht im ersten Rechtszug nur bis zur vollständigen Vollstreckung der Freiheitsstrafe entscheiden; dies gilt auch, wenn die Vollstreckung des Strafrestes zur Bewährung ausgesetzt war und der Strafrest vollstreckt wird. Das Gericht ordnet die Sicherungsverwahrung an, wenn die Gesamtwürdigung des Verurteilten, seiner Tat oder seiner Taten und ergänzend seiner Entwicklung bis zum Zeitpunkt der Entscheidung ergibt, dass von ihm erhebliche Straftaten zu erwarten sind, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden.

(1) Das Gericht ordnet neben der Strafe die Sicherungsverwahrung an, wenn

1.
jemand zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren wegen einer vorsätzlichen Straftat verurteilt wird, die
a)
sich gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung richtet,
b)
unter den Ersten, Siebenten, Zwanzigsten oder Achtundzwanzigsten Abschnitt des Besonderen Teils oder unter das Völkerstrafgesetzbuch oder das Betäubungsmittelgesetz fällt und im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zehn Jahren bedroht ist oder
c)
den Tatbestand des § 145a erfüllt, soweit die Führungsaufsicht auf Grund einer Straftat der in den Buchstaben a oder b genannten Art eingetreten ist, oder den Tatbestand des § 323a, soweit die im Rausch begangene rechtswidrige Tat eine solche der in den Buchstaben a oder b genannten Art ist,
2.
der Täter wegen Straftaten der in Nummer 1 genannten Art, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon zweimal jeweils zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
3.
er wegen einer oder mehrerer dieser Taten vor der neuen Tat für die Zeit von mindestens zwei Jahren Freiheitsstrafe verbüßt oder sich im Vollzug einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung befunden hat und
4.
die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Taten ergibt, dass er infolge eines Hanges zu erheblichen Straftaten, namentlich zu solchen, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden, zum Zeitpunkt der Verurteilung für die Allgemeinheit gefährlich ist.
Für die Einordnung als Straftat im Sinne von Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b gilt § 12 Absatz 3 entsprechend, für die Beendigung der in Satz 1 Nummer 1 Buchstabe c genannten Führungsaufsicht § 68b Absatz 1 Satz 4.

(2) Hat jemand drei Straftaten der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 genannten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verwirkt hat, und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzung neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen.

(3) Wird jemand wegen eines die Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a oder b erfüllenden Verbrechens oder wegen einer Straftat nach § 89a Absatz 1 bis 3, § 89c Absatz 1 bis 3, § 129a Absatz 5 Satz 1 erste Alternative, auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1, den §§ 174 bis 174c, 176a, 176b, 177 Absatz 2 Nummer 1, Absatz 3 und 6, §§ 180, 182, 224, 225 Abs. 1 oder 2 oder wegen einer vorsätzlichen Straftat nach § 323a, soweit die im Rausch begangene Tat eine der vorgenannten rechtswidrigen Taten ist, zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt, so kann das Gericht neben der Strafe die Sicherungsverwahrung anordnen, wenn der Täter wegen einer oder mehrerer solcher Straftaten, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon einmal zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist und die in Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und 4 genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Hat jemand zwei Straftaten der in Satz 1 bezeichneten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verwirkt hat und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter den in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzungen neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen. Die Absätze 1 und 2 bleiben unberührt.

(4) Im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 gilt eine Verurteilung zu Gesamtstrafe als eine einzige Verurteilung. Ist Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung auf Freiheitsstrafe angerechnet, so gilt sie als verbüßte Strafe im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3. Eine frühere Tat bleibt außer Betracht, wenn zwischen ihr und der folgenden Tat mehr als fünf Jahre verstrichen sind; bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung beträgt die Frist fünfzehn Jahre. In die Frist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist. Eine Tat, die außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes abgeurteilt worden ist, steht einer innerhalb dieses Bereichs abgeurteilten Tat gleich, wenn sie nach deutschem Strafrecht eine Straftat der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, in den Fällen des Absatzes 3 der in Absatz 3 Satz 1 bezeichneten Art wäre.

(1) Das Gericht kann im Urteil die Anordnung der Sicherungsverwahrung vorbehalten, wenn

1.
jemand wegen einer der in § 66 Absatz 3 Satz 1 genannten Straftaten verurteilt wird,
2.
die übrigen Voraussetzungen des § 66 Absatz 3 erfüllt sind, soweit dieser nicht auf § 66 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 verweist, und
3.
nicht mit hinreichender Sicherheit feststellbar, aber wahrscheinlich ist, dass die Voraussetzungen des § 66 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 vorliegen.

(2) Einen Vorbehalt im Sinne von Absatz 1 kann das Gericht auch aussprechen, wenn

1.
jemand zu einer Freiheitsstrafe von mindestens fünf Jahren wegen eines oder mehrerer Verbrechen gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit, die sexuelle Selbstbestimmung, nach dem Achtundzwanzigsten Abschnitt oder nach den §§ 250, 251, auch in Verbindung mit § 252 oder § 255, verurteilt wird,
2.
die Voraussetzungen des § 66 nicht erfüllt sind und
3.
mit hinreichender Sicherheit feststellbar oder zumindest wahrscheinlich ist, dass die Voraussetzungen des § 66 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 vorliegen.

(3) Über die nach Absatz 1 oder 2 vorbehaltene Anordnung der Sicherungsverwahrung kann das Gericht im ersten Rechtszug nur bis zur vollständigen Vollstreckung der Freiheitsstrafe entscheiden; dies gilt auch, wenn die Vollstreckung des Strafrestes zur Bewährung ausgesetzt war und der Strafrest vollstreckt wird. Das Gericht ordnet die Sicherungsverwahrung an, wenn die Gesamtwürdigung des Verurteilten, seiner Tat oder seiner Taten und ergänzend seiner Entwicklung bis zum Zeitpunkt der Entscheidung ergibt, dass von ihm erhebliche Straftaten zu erwarten sind, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 245/17
vom
19. Juli 2017
in der Strafsache
gegen
wegen versuchter räuberischer Erpressung u.a.
ECLI:DE:BGH:2017:190717B4STR245.17.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 19. Juli 2017 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Essen vom 16. Februar 2017 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit die Anordnung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung vorbehalten worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchter räuberischer Erpressung in Tateinheit mit versuchter Beschaffung von Betäubungsmitteln in sonstiger Weise und mit vorsätzlicher Körperverletzung unter Einbeziehung der Strafen aus einem anderen rechtskräftigen Urteil und Auflösung der dort gebildeten Gesamtstrafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und neun Monaten verurteilt und die Anordnung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung vorbehalten. Seine Revision hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet.
2
1. Der auf § 66a Abs. 1 StGB gestützte Ausspruch über den Vorbehalt der Sicherungsverwahrung hat keinen Bestand, weil die Voraussetzungen des § 66a Abs. 1 Nr. 3 StGB nicht rechtsfehlerfrei festgestellt sind und die Strafkammer das ihr eingeräumte Ermessen nicht erkennbar ausgeübt hat.
3
a) Die Urteilsgründe belegen nicht, dass es im Sinne des § 66a Abs. 1 Nr. 3 StGB wahrscheinlich ist, dass der Angeklagte entsprechend § 66 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StGB infolge eines Hanges zu erheblichen Straftaten, namentlich zu solchen, durch welche Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden, für die Allgemeinheit gefährlich ist.
4
aa) Anders als seine Vorgängervorschrift (§ 66a Abs. 1 StGB in der Fassung vom 21. August 2002) fordert § 66a Abs. 1 Nr. 3 StGB in der hier anzuwendenden Fassung des Gesetzes zur Neuanwendung der Vorschriften der Sicherungsverwahrung und zu begleitenden Regelungen vom 22. Dezember 2010 (BGBl. I 2300) nicht mehr die sichere Feststellung eines Hanges im Sinne des § 66 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StGB, sondern lässt es sowohl in Bezug hierauf als auch hinsichtlich der hangbedingten Gefährlichkeit ausreichen, dass deren Vorliegen nicht mit hinreichender Sicherheit feststellbar, aber wahrscheinlich ist (vgl. BT-Drucks. 17/3403, S. 15, 26; Fischer, StGB, 64. Aufl., § 66a Rn. 5; Jehle/Harrendorf in: SSW-StGB, 3. Aufl., § 66a Rn. 8; Stree/Kinzig in: Schönke /Schröder, StGB, 29. Aufl., § 66a Rn. 12; Ullenbruch/Morgenstern in: MüKoStGB , 3. Aufl., § 66a Rn. 62; Ziegler in: BeckOK-StGB, 34. Edition, § 66a Rn. 4; Kinzig, NJW 2011, 177, 178 f.; zur alten Rechtslage vgl. BGH, Urteil vom 8. Juli 2005 – 2 StR 120/05, BGHSt 50, 188, 194 f.). Dabei darf sich der Tatrichter nicht darauf beschränken, die Gründe dafür anzugeben, warum keine hinreichend sicheren Feststellungen getroffen werden konnten. Vielmehr muss sich aus den Urteilsgründen auch im Sinne einer belegten positiven Feststellung ergeben, dass sowohl das Vorliegen einer Hangtäterschaft als auch das Beste- hen einer hierdurch bedingten Gefährlichkeit für die Allgemeinheit im Sinne des § 66 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StGB wahrscheinlich sind (vgl. BT-Drucks. 17/3403, S. 29; Sinn in: SK-StGB, 9. Aufl., § 66a Rn. 11). Da es sich insoweit nicht um identische Merkmale handelt, werden in der Regel entsprechende Einzelausführungen erforderlich sein (vgl. BGH, Urteile vom 28. April 2015 – 1 StR 594/14, Rn. 30; vom 8. Juli 2005 – 2 StR 120/05, BGHSt 50, 188, 196; Jehle /Harrendorf, aaO § 66 Rn. 21).
5
bb) Dem werden die Darlegungen des Landgerichts hinsichtlich der Hangtäterschaft nicht gerecht.
6
Die Strafkammer hat sich außerstande gesehen, sichere Feststellungen zum Vorliegen eines Hangs im Sinne des § 66 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StGB zu treffen , weil für den Sachverständigen in Ermangelung einer Exploration nicht vollständig aufzuklären gewesen sei, ob die Ursache für die Vortaten allein in der erheblichen Suchtproblematik des Angeklagten oder in dessen geringer Frustrationstoleranz aufgrund einer bei ihm gegebenen dissozialen Verhaltensstörung gelegen habe. Es sei aber nach der gebotenen Gesamtwürdigung der Persönlichkeit des Angeklagten und seiner Taten wahrscheinlich, dass es nach einer Exploration zur Aufklärung der Verhältnisse und zu einer Bejahung der Voraussetzungen des § 66 Abs. 1 Nr. 4 StGB kommen werde. Für die Gefährlichkeit des Angeklagten sprächen neben den zahlreichen Vorstrafen, die Wirkungslosigkeit des bisherigen Straf- und Maßregelvollzugs, seine geringe Frustrationstoleranz und sein erhebliches Aggressionspotential.
7
Damit hat das Landgericht zwar begründet, warum dem Angeklagten eine Gefährlichkeitsprognose gestellt werden kann. Dass es sich dabei um eine Gefährlichkeit handelt, der wahrscheinlich ein Hang im Sinne eines eingeschliffenen Verhaltensmusters zugrunde liegt, das den Angeklagten immer wieder neue Straftaten begehen lässt (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 6. Mai 2014 – 3 StR382/13, NStZ-RR 2014, 271, 272 mwN), wird dadurch aber nicht tragfähig belegt. Hierzu hätte es einer auf einer vergangenheitsbezogenen Betrachtung beruhenden Beurteilung bedurft, die alle bedeutsamen für und gegen eine (wahrscheinliche) Hangtäterschaft sprechenden Umstände einbezieht (vgl. BGH, Urteil vom 26. April 2017 – 5 StR 572/16, Rn. 9 [zu § 66 Abs. 1 Nr. 4 StGB]). Zwar führt die Strafkammer mehrere Umstände an, die auch eine Indizwirkung für das wahrscheinliche Vorliegen eines Hangs haben können (Vortaten, geringe Frustrationstoleranz etc.). Eine Gesamtwürdigung, die auch die an anderer Stelle angeführten möglichen Gegenindizien (Suchtproblematik, kein durchgängig hervortretendes kriminelles Verhaltensmuster) einbezieht, hat die Strafkammer aber nicht erkennbar vorgenommen. Für die allgemein geäußerte Erwartung, dass es bei weiterer Aufklärung zur Bejahung der Voraussetzungen des § 66a Abs. 1 Nr. 4 StGB und damit (auch) zur Bestätigung einer Hangtäterschaft kommen wird, werden keine konkreten Anhaltspunkte angeführt.
8
b) Durchgreifenden revisionsgerichtlichen Bedenken begegnet auch, dass die Strafkammer nicht erkennbar ihr Ermessen ausgeübt hat.
9
§ 66a Abs. 1 StGB stellt auch bei Vorliegen aller Voraussetzungen die Anordnung der vorbehaltenen Sicherungsverwahrung in das Ermessen des Gerichts (vgl. BGH, Urteil vom 6. April 2017 – 3 StR 548/16, Rn. 14). Nach der Vorstellung des Gesetzgebers soll dieses die Möglichkeit haben, sich ungeachtet der wahrscheinlichen hangbedingten Gefährlichkeit des Täters zum Zeitpunkt der Urteilsfällung auf die Verhängung einer Freiheitsstrafe zu beschränken , sofern bereits jetzt festgestellt werden kann, dass die derzeit noch wahrscheinlichen Voraussetzungen des § 66 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StGB zum Entlassungszeitpunkt nicht mehr vorliegen werden (vgl. BGH, Urteil vom 6. April 2017 – 3 StR548/16, Rn. 14; BT-Drucks. 14/8586, S. 6 [zu § 66a Abs. 1 StGB aF]; Jehle/Harrendorf, aaO § 66a Rn. 9 mwN). Auch wird dem Tatgericht ermöglicht, seine Entscheidung am Grad der Wahrscheinlichkeit eines Hanges des Angeklagten und der mit ihm verbundenen Gefährlichkeit zu orientieren. Schließlich kann für die Ermessensentscheidung auch von Bedeutung sein, ob im Strafvollzug neue Erkenntnisse über die hangbedingte Gefährlichkeit des Angeklagten zu erwarten sind (vgl. BT-Drucks. 14/8586, S. 6 [zu § 66a Abs. 1 StGB aF]).
10
Dass das Landgericht sein Ermessen ausgeübt hat, ist – auch bei Heranziehung des Gesamtzusammenhangs der Urteilsgründe – nicht feststellbar. Zwar hat die Strafkammer im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung gemäß § 62 StGB den hohen Grad der von dem Angeklagten ausgehenden Gefahr berücksichtigt und damit einen auch ermessensrelevanten Gesichtspunkt in seine Erwägungen einbezogen. Eine tatsächliche Ermessensausübung ist damit aber noch nicht belegt.
11
2. Der Vorbehalt der Sicherungsverwahrung bedarf daher erneuter tatgerichtlicher Prüfung auf der Grundlage insoweit neu zu treffender Feststellungen. Die Überprüfung von Schuld- und Strafausspruch aufgrund der Revisionsrechtfertigung hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO). Franke Roggenbuck Cierniak RiBGH Bender ist Quentin an der Unterschrift urlaubsbedingt gehindert. Franke

(1) Das Gericht kann im Urteil die Anordnung der Sicherungsverwahrung vorbehalten, wenn

1.
jemand wegen einer der in § 66 Absatz 3 Satz 1 genannten Straftaten verurteilt wird,
2.
die übrigen Voraussetzungen des § 66 Absatz 3 erfüllt sind, soweit dieser nicht auf § 66 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 verweist, und
3.
nicht mit hinreichender Sicherheit feststellbar, aber wahrscheinlich ist, dass die Voraussetzungen des § 66 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 vorliegen.

(2) Einen Vorbehalt im Sinne von Absatz 1 kann das Gericht auch aussprechen, wenn

1.
jemand zu einer Freiheitsstrafe von mindestens fünf Jahren wegen eines oder mehrerer Verbrechen gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit, die sexuelle Selbstbestimmung, nach dem Achtundzwanzigsten Abschnitt oder nach den §§ 250, 251, auch in Verbindung mit § 252 oder § 255, verurteilt wird,
2.
die Voraussetzungen des § 66 nicht erfüllt sind und
3.
mit hinreichender Sicherheit feststellbar oder zumindest wahrscheinlich ist, dass die Voraussetzungen des § 66 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 vorliegen.

(3) Über die nach Absatz 1 oder 2 vorbehaltene Anordnung der Sicherungsverwahrung kann das Gericht im ersten Rechtszug nur bis zur vollständigen Vollstreckung der Freiheitsstrafe entscheiden; dies gilt auch, wenn die Vollstreckung des Strafrestes zur Bewährung ausgesetzt war und der Strafrest vollstreckt wird. Das Gericht ordnet die Sicherungsverwahrung an, wenn die Gesamtwürdigung des Verurteilten, seiner Tat oder seiner Taten und ergänzend seiner Entwicklung bis zum Zeitpunkt der Entscheidung ergibt, dass von ihm erhebliche Straftaten zu erwarten sind, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden.

(1) Das Gericht ordnet neben der Strafe die Sicherungsverwahrung an, wenn

1.
jemand zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren wegen einer vorsätzlichen Straftat verurteilt wird, die
a)
sich gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung richtet,
b)
unter den Ersten, Siebenten, Zwanzigsten oder Achtundzwanzigsten Abschnitt des Besonderen Teils oder unter das Völkerstrafgesetzbuch oder das Betäubungsmittelgesetz fällt und im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zehn Jahren bedroht ist oder
c)
den Tatbestand des § 145a erfüllt, soweit die Führungsaufsicht auf Grund einer Straftat der in den Buchstaben a oder b genannten Art eingetreten ist, oder den Tatbestand des § 323a, soweit die im Rausch begangene rechtswidrige Tat eine solche der in den Buchstaben a oder b genannten Art ist,
2.
der Täter wegen Straftaten der in Nummer 1 genannten Art, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon zweimal jeweils zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
3.
er wegen einer oder mehrerer dieser Taten vor der neuen Tat für die Zeit von mindestens zwei Jahren Freiheitsstrafe verbüßt oder sich im Vollzug einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung befunden hat und
4.
die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Taten ergibt, dass er infolge eines Hanges zu erheblichen Straftaten, namentlich zu solchen, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden, zum Zeitpunkt der Verurteilung für die Allgemeinheit gefährlich ist.
Für die Einordnung als Straftat im Sinne von Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b gilt § 12 Absatz 3 entsprechend, für die Beendigung der in Satz 1 Nummer 1 Buchstabe c genannten Führungsaufsicht § 68b Absatz 1 Satz 4.

(2) Hat jemand drei Straftaten der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 genannten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verwirkt hat, und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzung neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen.

(3) Wird jemand wegen eines die Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a oder b erfüllenden Verbrechens oder wegen einer Straftat nach § 89a Absatz 1 bis 3, § 89c Absatz 1 bis 3, § 129a Absatz 5 Satz 1 erste Alternative, auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1, den §§ 174 bis 174c, 176a, 176b, 177 Absatz 2 Nummer 1, Absatz 3 und 6, §§ 180, 182, 224, 225 Abs. 1 oder 2 oder wegen einer vorsätzlichen Straftat nach § 323a, soweit die im Rausch begangene Tat eine der vorgenannten rechtswidrigen Taten ist, zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt, so kann das Gericht neben der Strafe die Sicherungsverwahrung anordnen, wenn der Täter wegen einer oder mehrerer solcher Straftaten, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon einmal zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist und die in Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und 4 genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Hat jemand zwei Straftaten der in Satz 1 bezeichneten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verwirkt hat und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter den in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzungen neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen. Die Absätze 1 und 2 bleiben unberührt.

(4) Im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 gilt eine Verurteilung zu Gesamtstrafe als eine einzige Verurteilung. Ist Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung auf Freiheitsstrafe angerechnet, so gilt sie als verbüßte Strafe im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3. Eine frühere Tat bleibt außer Betracht, wenn zwischen ihr und der folgenden Tat mehr als fünf Jahre verstrichen sind; bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung beträgt die Frist fünfzehn Jahre. In die Frist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist. Eine Tat, die außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes abgeurteilt worden ist, steht einer innerhalb dieses Bereichs abgeurteilten Tat gleich, wenn sie nach deutschem Strafrecht eine Straftat der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, in den Fällen des Absatzes 3 der in Absatz 3 Satz 1 bezeichneten Art wäre.

Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 160/12
vom
25. September 2012
in der Strafsache
gegen
wegen nachträglicher Anordnung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
25. September 2012, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Wahl,
Rothfuß,
Hebenstreit,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Cirener,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts München I vom 17. Oktober 2011 mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Anordnung der Unterbringung des Verurteilten B. (im Folgenden: B.) in der Sicherungsverwahrung abgelehnt. Es hat weiter ausgesprochen, dass B. für die einstweilige Unterbringung in der Sicherungsverwahrung in der Zeit vom 8. Mai 2010 bis 30. September 2010 sowie vom 14. Oktober 2010 bis 19. Dezember 2010 und vom 29. Dezember 2010 bis 17. Oktober 2011 aus der Staatskasse zu entschädigen ist.
2
Hiergegen richtet sich die Revision der Staatsanwaltschaft, mit der sie die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt. Das Rechtsmittel, das vom Generalbundesanwalt vertreten wird, hat mit der Sachrüge in vollem Umfang Erfolg. Eines Eingehens auf die Verfahrensrüge, gegen deren Zulässigkeit ohnehin Bedenken bestehen (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO), bedarf es daher nicht.

I.

3
Prozessgeschichte:
4
Das Landgericht München I hatte B. durch Urteil vom 2. März 1999 wegen Mordes - unter Anrechnung der in Kroatien in dieser Sache erlittenen Freiheitsentziehung im Maßstab 1:1 - zu einer Jugendstrafe von sechs Jahren und zehn Monaten verurteilt. Dieses Urteil hat auf die Revision der Staatsanwaltschaft der Bundesgerichtshof durch Urteil vom 14. Dezember 1999 (1 StR 471/99) im Rechtsfolgenausspruch mit den Feststellungen aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung an eine andere Jugendkammer zurückverwiesen.
5
Die neue Jugendkammer des Landgerichts hat B. durch Urteil vom 3. Januar 2001 wegen - insoweit bereits rechtskräftig - Mordes zu einer Jugendstrafe von zehn Jahren verurteilt und angeordnet, dass die in Kroatien vom 7. November 1997 bis 6. März 1998 erlittene Auslieferungshaft im Verhältnis 1:1 angerechnet wird.
6
Die hiergegen gerichtete Revision des B. hat der Bundesgerichtshof durch Urteil vom 9. August 2001 (1 StR 211/01) verworfen. Auf die ebenfalls erhobene Revision der Staatsanwaltschaft hat er jedoch das angefochtene Urteil mit den Feststellungen (also im Rechtsfolgenausspruch) aufgehoben und die Sache insoweit an eine andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
7
Diese Jugendkammer hat den Angeklagten mit (am selben Tag rechtskräftig gewordenen) Urteil vom 16. Mai 2003 wegen Mordes zu einer Jugendstrafe von zehn Jahren verurteilt. Es hat weiter entschieden, dass die Anrechnung von zwei Jahren und sechs Monaten der erlittenen Untersuchungshaft unterbleibt und dass die in Kroatien vom 7. November 1997 bis 6. März 1998 erlittene Auslieferungshaft im Verhältnis 1:1 angerechnet wird.
8
Aufgrund dieses rechtskräftigen (dritten) Urteils vom 16. Mai 2003 befand sich B. seit diesem Zeitpunkt im Strafvollzug. Die Staatsanwaltschaft stellte am 30. Oktober 2009 Antrag auf nachträgliche Anordnung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung. Durch Beschluss vom 23. April 2010 ordnete das Landgericht die einstweilige Unterbringung des B. in der Sicherungsverwahrung an und hob diesen Beschluss am 29. September 2010 wieder auf. Auf die hiergegen gerichtete Beschwerde der Staatsanwaltschaft hob das Oberlandesgericht München durch Beschluss vom 6. Oktober 2010 den angefochtenen Beschluss des Landgerichts auf; der Unterbringungsbefehl wurde B. am 14. Oktober 2010 erneut eröffnet. Durch Beschluss des Landgerichts vom 10. Dezember 2010 wurde die einstweilige Unterbringung wiederum aufgehoben. Dieser Beschluss wurde seinerseits vom Oberlandesgericht am 23. Dezember 2010 ebenfalls aufgehoben. Am 29. Dezember 2010 wurde daraufhin der Unterbringungsbefehl vom 23. April 2010 dem B. erneut eröffnet. Gegen B. wurde durch Beschluss des Amtsgerichts Straubing vom 28. Mai 2010 Abschiebehaft angeordnet, die im Zeitraum vom 1. Oktober 2010 bis 13. Oktober 2010, sowie weiter im Zeitraum vom 11. Dezember 2010 bis 28. Dezember 2010 vollzogen wurde. B. befindet sich nach Angaben seines Verteidigers in der Revisionshauptverhandlung derzeit im Ausland (Kroatien /Slowenien).

II.

9
Dem rechtskräftigen Urteil vom 16. Mai 2003 liegt folgende Anlasstat zugrunde :
10
Am 1. September 1993 erhielt B. eine Ausweisungsverfügung der Landeshauptstadt München. B. war hierüber wütend. Am Nachmittag des 15. Oktober 1993 besuchte er seine Freundin N. im Anwesen ihres Vaters. Ultimativ forderte er sie auf, mit ihm nach Kroatien zu reisen. Da N. erst 17 Jahre alt war, noch zur Schule ging und sich nicht so früh binden wollte, lehnte sie dies ab. Hierüber kam es zum Streit mit B., in dessen Verlauf dieser ihr mehrere kräftige Ohrfeigen versetzte. Obwohl ihr Gesicht dadurch gerötet war und anschwoll , schickte B. sie in die Küche, um ihm etwas zu trinken zu holen. Hierbei bemerkte N.'s Stiefmutter, dass diese geschlagen worden war und informierte deren Vater, den Zeugen W.. Dieser ging daraufhin ins Zimmer seiner Tochter und forderte B. auf, sofort sein Haus zu verlassen. Da dieser keine Anstalten machte, der Aufforderung nachzukommen, rief W. nach seinem Bekannten, der gerade zu Besuch war. Dann packte er B. vorne an dessen Jacke und beförderte ihn so mit Hilfe seines Bekannten aus dem Haus. Außerdem erteilte er ihm für die Zukunft Hausverbot.
11
B. war wütend und hasserfüllt, da er sich gegen N.'s Vater nicht hatte durchsetzen können, dieser ihn vielmehr in für ihn demütigender Weise hinausgeworfen hatte. Mit dem Gedanken, W. zu töten, ging er zur Wohnung des Zeugen P., wo sich sein Freundeskreis fast regelmäßig traf. Anwesend waren neben P. weitere Personen. Hier "rastete" der Angeklagte "völlig aus", war "endsauer", wie es der Zeuge H. beschrieb, und stieß Todesdrohungen gegen W. aus. Mehrmals holte er sein Butterfly-Messer aus seiner Jacke, klappte es auf, fingerte damit herum und schlug wiederholt mit beiden Fäusten gegen die Wand.
12
Zwischen 22.00 Uhr und 23.00 Uhr verließ B., der immer noch aufgebracht war, zusammen mit H. die Wohnung. Auf dem Weg zum nahen Westpark schrie er zwei bis drei Mal aus Wut auf. Im Westpark ging B. mit H. zum sogenannten Teehaus, einem Pavillon an einem Teich. Hier rauchten sie zusammen einen Joint. Während H. dort sitzen blieb, eine Zigarette rauchte und über das Wasser blickte, lief B. sein Messer in der Hand, gereizt um das Teehaus herum. Wieder trug er sich mit dem Gedanken, N.'s Vater oder als Ersatz irgendeinen anderen Menschen zu töten. Insoweit ging es ihm auch darum, schon aus Interesse und Freude an einer Tötung jemanden umzubringen, wobei jedes beliebige Zufallsopfer für ihn in Frage kam. Dies hatte ihn früher schon, etwa beim Betrachten eines Horrorfilms, fasziniert.
13
In dieser Situation ging der 40-jährige Architekt K. H., der sich auf dem Nachhauseweg von einem Saunabesuch befand, zu Fuß am Teehaus vorbei. Während H. weiter auf der dem Weg abgewandten Seite des Teehauses saß und in Richtung des Teiches blickte, bemerkte B. von der anderen Seite des Teehauses aus den allein den Weg entlanggehenden K. H.. Augenblicklich entschloss er sich, diesen zu töten. Er lief ca. 180 m quer über eine Wiese, um seinem Opfer den Weg abzuschneiden und traf auf dem Weg im südlichen Bereich des Westparks zwischen 23.25 Uhr und 23.35 Uhr auf K. H.. Sofort versetzte er dem völlig unvorbereiteten K. H. einen kräftigen Faustschlag oder Kopfstoß auf die Nase, der zum Bruch des Nasenbeins führte. Instinktiv hob K. H. seine Arme vor das Gesicht, um weiteren Schlägen zu entkommen. Diese Situation nutzte B. indem er mit seinem Messer zwölf mit Wucht geführte Stiche in den ungedeckten Oberkörper des K. H. setzte. B. kam es darauf an, sein Opfer zu töten, ohne dass dieses auch nur die geringste Gegenwehr aufbieten konnte. Er handelte hierbei mutwillig, um - wie er es schon seit längerer Zeit ins Auge gefasst hatte - irgendein Menschenleben zu vernichten. Zum anderen tötete er, um seine Wut, die sich im Laufe des Tages in Folge der Behandlung durch W., die bevorstehende Abschiebung und die Weigerung seiner Freundin, ihn nach Kroatien zu begleiten, aufgestaut hatte, abzureagieren. K. H. erlitt mindestens 12 Stichverletzungen und starb wenige Minuten danach an Verbluten.
14
Das Landgericht hat die Mordmerkmale "aus Mordlust" und "sonst aus niedrigen Beweggründen" bejaht. Es hat die Verhängung einer Jugendstrafe von zehn Jahren für geboten erachtet.

III.

15
Im jetzigen Verfahren (wegen nachträglicher Anordnung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung) hat das Landgericht im angefochtenen Urteil unter anderem folgende Feststellungen getroffen:
16
1. B. wurde bereits am 20. Januar 1992 wegen zahlreicher Delikte (u.a. besonders schwerer Raub, räuberischer Erpressung) zu einer Jugendstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt. Vom 28. Januar 1992 bis zum 23. März 1993 war er inhaftiert.
17
2. Die oben (II.) dargestellte Anlasstat beging er am 15. Oktober 1993.
18
3. Am 11. Juli 1995 wurde er wegen versuchten Totschlags (begangen am 26. November 1993), Diebstahls in drei Fällen, räuberischer Erpressung, gefährlicher Körperverletzung in zwei Fällen und vorsätzlicher Körperverletzung unter Einbeziehung der vorausgegangenen Verurteilung (III. 1.) zu einer Ju- gendstrafe von fünf Jahren verurteilt. B. hatte bei dem versuchten Totschlag mit einem Butterfly-Messer mit voller Wucht auf ein Opfer eingestochen. Die Tat wurde auf einer Party im Rahmen "einer tätlichen Auseinandersetzung mit Türken" begangen.
19
4. Vom 4. Februar 1994 bis 24. Januar 1996 befand er sich in Haft. Da er den Ärzten vorgespielt hatte, er leide an einer Geisteskrankheit, wurde bei ihm eine Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis diagnostiziert. Als er seine Täuschung gegenüber einem weiteren Arzt zugab, wurde er erneut untersucht. Es konnten keine Symptome einer Schizophrenie festgestellt werden, vielmehr wurde die Verdachtsdiagnose "Vorliegen einer dissozialen Persönlichkeitsstörung" gestellt. Im Vollzug verhielt er sich körperlich und verbal aggressiv. Am 24. Januar 1996 wurde er nach Slowenien abgeschoben. Dort hatte er bisweilen kurzfristige intime Beziehungen zu Frauen.
20
Nachdem B. 1998 aus Kroatien ausgeliefert worden war, befand er sich in verschiedenen Vollzugsanstalten. Durch Beschluss vom 14. Januar 2010 wurde er der Führungsaufsicht unterstellt. 2010 wurde ein undatierter Brief des B. beschlagnahmt, indem er in Bezug zu seiner Verurteilung wegen Mordes (Westpark) u.a. schrieb: "Schon alleine fünf und halb Jahre in U-Haft zu verbringen mit drei Revisionshauptverhandlungen - für ein Stück Deutsches totes fleisch, wo ich damit nichts zu tun habe … " (UA S. 57). In der jetzigen Hauptverhandlung verhielt er sich respektlos und verbal aggressiv.
21
5. Das Landgericht hat die Gutachten der drei von ihm angehörten Sachverständigen wiedergegeben. Nach dem Sachverständigen Prof. Dr. S. liege bei B. eine kombinierte Persönlichkeitsstörung mit Krankheitswert vor. Es bestehe weiterhin die Gefahr der Begehung auch schwerster Gewalttaten. Diese sei aber ihrerseits abhängig von sozial belastenden Interaktionen, deren Genese aus heutiger Sicht in keiner Weise vorhersehbar sei (UA S. 90). Er sehe des weiteren keinerlei Anhaltspunkte für die Gefahr einer Begehung "auch lediglich schwererer Sexualstraftaten" (UA S. 93). Der Sachverständige Dr. Ho. habe ausgeführt, mangels hinreichender Anhaltspunkte sei eine Diagnose nicht möglich. Die Annahme einer für die Begehung von Gewaltstraftaten Gefahr begründenden zukünftigen Lebensgestaltung ….. sei rein spekulativ. Der Sachverständige Prof. Dr. Ke. (Kriminologe), der zum Vorliegen einer psychischen Störung aufgrund seiner Fachgebietsfremdheit keine Stellungnahme abgeben konnte, habe eine hochgradige Wahrscheinlichkeit für die Begehung schwerster Gewalttaten verneint (UA S. 93). Die Annahme einer eine Gefahr schwerster Straftaten begründenden negativen Entwicklung der Lebensund Partnerschaftssituation des Betroffenen sei rein spekulativ (UA S. 98).

IV.

22
Das Landgericht erkennt, dass die formellen Voraussetzungen des § 7 Abs. 2 JGG (vgl. hierzu auch Senatsurteil vom 9. März 2010 - 1 StR 554/09; NStZ 2010, 381 ff.) erfüllt sind, der bis zur Neuregelung durch den Gesetzgeber nur unter strengen Voraussetzungen anwendbar ist. Es geht auch von der Diagnose einer sogenannten "kombinierten Persönlichkeitsstörung" aus, welche eine psychische Störung im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 ThuG darstelle. Die Legalbiographie des B. lasse zwar auf eine erhebliche kriminelle Energie auch im Bereich der Gewaltdelikte schließen, B. habe aber auch zeitweise ein sozial angepasstes Leben geführt. Es sei bei ihm eine Nachreifung erfolgt. Zwar sei bei "ungünstiger situativer Verquickung" persönlichkeitsbedingt durchaus mit der Gefahr der Begehung auch schwerster Gewalttaten zu rechnen. Doch könne eine gefahrbegründende negative Entwicklung der Lebens- und Partnerschaftssituation des B. nur rein spekulativ angenommen werden. Es gebe keine Anhaltspunkte, dass er sich mit einer höheren Wahrscheinlichkeit in seiner Heimat in einem kriminogenen Umfeld aufhalten werde. Da der Eintritt von - eine prognoserelevante Gefahr auslösenden - Lebensumständen (insbesondere die Eingehung einer negativ verlaufenden Intimbeziehung oder ein "Abgleiten in kriminelle Strukturen") jedenfalls nicht mit einer zumindest überwiegenden Wahrscheinlichkeit angenommen werden könne, sei aus heutiger Sicht das Bestehen einer hochgradigen Gefahr für die Begehung schwerster Gewalt- oder Sexualstraftaten im Ergebnis nicht anzunehmen (UA S. 108).

V.

23
Die Urteilsausführungen halten im Ergebnis sachlich-rechtlicher Nachprüfung aus mehreren Gründen nicht stand.
24
1. Allerdings ist das Landgericht zunächst zutreffend von den im Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 4. Mai 2011 - 2 BvR 2365/09 u.a. (NJW 2011, 1931; BGBl. I S. 1003) aufgestellten Grundsätzen ausgegangen (UA S. 99/100). Danach gilt folgendes: Sämtliche die Anordnung von Sicherungsverwahrung betreffenden Bestimmungen (also auch § 7 Abs. 2 JGG) sind auch mangels ausreichender Wahrung des "Abstandsgebots" mit dem Grundgesetz unvereinbar. Zugleich hat das Bundesverfassungsgericht angeordnet (§ 35 BVerfGG), dass diese Bestimmungen nach Maßgabe der Gründe seiner Entscheidung noch bis zu einer Neuregelung durch den Gesetzgeber - längstens aber bis zum 31. Mai 2013 - unter Beachtung eines strikten Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes anzuwenden sind. Dieser Grundsatz wird dabei in der Regel nur dann gewahrt sein, wenn die hochgradige Gefahr schwerster Gewalt- oder Sexualdelikte aus konkreten Umständen in der Person oder dem Verhalten des Betroffenen abzuleiten ist (BVerfG aaO; zusammenfassend BVerfG, Beschluss vom 20. Juni 2012 - 2 BvR 1048/11; vgl. auch Senatsurteil vom 7. August 2012 - 1 StR 98/12 und Senatsbeschluss vom 24. Juli 2012 - 1 StR 57/12). Namentlich die rückwirkend angeordnete oder verlängerte Freiheitsentziehung kann nur dann noch als verhältnismäßig angesehen werden, wenn auch der gebotene Abstand zur Strafe gewahrt ist und weiter die Voraussetzungen des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 lit. e MRK erfüllt sind (vgl. u.a. BGH, Urteil vom 21. Juni 2011 - 5 StR 52/11); das heißt, dass der Betroffene an einer psychischen Störung im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Therapierung und Unterbringung psychisch gestörter Gewalttäter (ThuG) leidet (vgl. u.a. BGH, Beschluss vom 24. Mai 2011 - 5 StR 369/10; Senatsurteile vom 8. November 2011 - 1 StR 231/11 und vom 7. August 2012 - 1 StR 98/12; vgl. zum Begriff "psychisch Kranker" auch Urteil der 5. Sektion des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 19. April 2012 - endgültig seit 19. Juli 2012 - in der Rechtsache B. gegen Deutschland - Individualbeschwerde 61272/09 Ziffer 67 ff.). Die vom Bundesverfassungsgericht geforderte "strikte Verhältnismäßigkeitsprüfung" ist dahin zu verstehen, dass bei beiden Elementen der Gefährlichkeit - mithin der Erheblichkeit weiterer Straftaten und der Wahrscheinlichkeit ihrer Begehung - ein gegenüber der bisherigen Rechtsanwendung strengerer Maßstab anzulegen ist (vgl. u.a. BGH, Beschluss vom 31. Juli 2012 - 3 StR 148/12; BGH, Urteil vom 8. Februar 2012 - 2 StR 346/11; BGH, Beschluss vom 24. Januar 2012 - 5 StR 535/11).

25
2. Die Urteilsgründe weisen aber durchgreifende Rechtsfehler auf.
26
a) Die Urteilsausführungen lassen besorgen, dass das Landgericht bei seiner Prognoseentscheidung einen rechtlich unzutreffenden Maßstab zugrunde gelegt hat (vgl. zu der Verschiedenheit der Prognosemaßstäbe auch Senge in KK-StPO, 6. Aufl. Rn. 10 zu § 81 g mwN). Prognoseentscheidungen beruhen auf Wahrscheinlichkeitsfeststellungen (vgl. hierzu Meyer-Goßner, StPO, 55. Aufl. Rn. 27 zu § 261 StPO). Bei einer Prognose kann nicht verlangt werden , dass zukünftige Ereignisse oder Zustände zur vollen richterlichen Überzeugung feststehen. Ansonsten könnte die Gefahrprognose immer mit dem Argument verneint werden, es könne nicht ausgeschlossen werden, dass gefahrbegründende Faktoren nicht eintreten. Ein solcher Maßstab ist wegen zu hoher Anforderungen rechtsfehlerhaft. Die Urteilsausführungen (insbesondere UA S. 106 bis 108) legen nahe, dass das Landgericht für erforderlich erachtet hat, von einer ungünstigen Entwicklung konstellierender Faktoren in vollem Umfang überzeugt sein zu müssen. Das ist rechtlich nicht geboten; es genügt eine hochgradige Wahrscheinlichkeit.
27
b) Das Landgericht durfte im vorliegenden Fall auch nicht ohne weiteres das Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. Ke. zu Grunde legen. Dieser Gutachter konnte ausweislich der Urteilsgründe (UA S. 93) zum Vorliegen einer psychischen Störung eine gutachterliche Äußerung "aufgrund seiner Fachgebietsfremdheit nicht abgeben". Gleichwohl stützt sich die Kammer bei ihrer Gefährlichkeitsprognose auf dessen Ausführungen. Eine Prognose, die ohne Berücksichtigung der psychischen Störung des Probanden abgegeben wird, hat keinen forensisch relevanten Wert. Denn der Zustand und die Befindlichkeit des zu Beurteilenden sind unerlässliche Faktoren für die Prognoseentscheidung.
28
c) Die Wiedergabe des Vorgutachtens dieses Sachverständigen ist auch insofern rechtsfehlerhaft (weil nicht nachvollziehbar), als die Antwort des Sachverständigen mitgeteilt wird (UA S. 93 unten) zu der Frage des Gerichts, ob "aus dieser Gesamtwürdigung" eine hochgradige Gefahr schwerster Gewaltoder Sexualstraftaten abzuleiten ist. Da die "Gesamtwürdigung" ersichtlich Grundlage für die Beurteilung durch den Sachverständigen war, hätte diese Gesamtwürdigung dargelegt werden müssen. Sie ist auch aus dem Gesamtkontext der Urteilsgründe nicht eindeutig erkennbar.
29
d) Die Urteilsgründe lassen ferner besorgen, dass das Landgericht die Verteidigererklärungen, wonach B. bei der Beziehungsgestaltung im Umgang mit Frauen sich zunächst Zurückhaltung auferlegen möchte (UA S. 62), jede Anwendung von Gewalt zur Regelung zwischenmenschlicher Konflikte ablehne (UA S. 64) und sich zukünftig so verhalten werde, dass es zu keinen Eskalationen mit Mitmenschen komme (UA S. 66), als unwiderlegbar angesehen hat, obwohl hierfür wenig Anhaltspunkte bestehen.
30
e) Das Landgericht hat bei seiner Prognoseentscheidung, wie sich insbesondere auch aus seiner Auseinandersetzung mit den Sachverständigenausführungen ergibt, vorgreiflich auf die Wahrscheinlichkeit für die Begehung eines schwereren Sexualdeliktes abgestellt und darauf, ob B. wieder entsprechenden Kontakt zu einer Frau haben wird. Abgesehen davon, dass eine neue Partnerschaftssituation des B. bei Sachlage nicht lediglich als Spekulation angesehen werden durfte, stand die Begehung eines schweren Sexualdelikts wegen Beendigung einer Liebesbeziehung hier ohnehin nicht im Mittelpunkt und stellt schon von daher keinen erheblichen Bedingungsfaktor dar. Das Landgericht hätte sich stattdessen vielmehr mit der anders motivierten Gewalt, die sowohl in der Anlasstat als auch in sonstigen Straftaten des B. zum Ausdruck kommt, eingehen- der befassen müssen. Diese Straftaten weisen allesamt keinen Sexualbezug auf. Sie deuten vielmehr auf eine menschenverachtende Gesinnung hin.
31
f) Im Übrigen hat es das Landgericht rechtsfehlerhaft unterlassen, worauf der Generalbundesanwalt in seiner Zuschrift bereits hingewiesen hat, darzulegen , von welchem sozialen Empfangsraum des B. es ausgegangen ist. Danach fehlen bereits wesentliche Anknüpfungstatsachen für die Gefahrenprognose.
32
g) Dem Generalbundesanwalt ist auch darin beizupflichten, dass die Würdigung des Landgerichts insofern lückenhaft ist, als gegen den B. sprechende Umstände, wie sein Verhalten in der Hauptverhandlung (UA S. 58, 59) nicht erkennbar in die Überlegungen einbezogen wurden.
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3. Auf diesen Rechtsfehlern beruht das Urteil. Der Senat kann nicht sicher ausschließen, dass in einer erneuten Verhandlung die nachträgliche Anordnung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung verhängt wird.

VI.

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Durch die Aufhebung des Urteils wird der Ausspruch über die Entschädigungspflicht ebenso gegenstandslos wie die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft (vgl. hierzu u.a. BGH, Urteil vom 11. April 2002 - 4 StR 585/01, BGH, Urteil vom 22. März 2002 - 2 StR 569/01 und BGH, Urteil vom 17. August 2000 - 4 StR 245/00 mwN). Nack Wahl Rothfuß Hebenstreit Cirener

(1) Das Gericht kann im Urteil die Anordnung der Sicherungsverwahrung vorbehalten, wenn

1.
jemand wegen einer der in § 66 Absatz 3 Satz 1 genannten Straftaten verurteilt wird,
2.
die übrigen Voraussetzungen des § 66 Absatz 3 erfüllt sind, soweit dieser nicht auf § 66 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 verweist, und
3.
nicht mit hinreichender Sicherheit feststellbar, aber wahrscheinlich ist, dass die Voraussetzungen des § 66 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 vorliegen.

(2) Einen Vorbehalt im Sinne von Absatz 1 kann das Gericht auch aussprechen, wenn

1.
jemand zu einer Freiheitsstrafe von mindestens fünf Jahren wegen eines oder mehrerer Verbrechen gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit, die sexuelle Selbstbestimmung, nach dem Achtundzwanzigsten Abschnitt oder nach den §§ 250, 251, auch in Verbindung mit § 252 oder § 255, verurteilt wird,
2.
die Voraussetzungen des § 66 nicht erfüllt sind und
3.
mit hinreichender Sicherheit feststellbar oder zumindest wahrscheinlich ist, dass die Voraussetzungen des § 66 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 vorliegen.

(3) Über die nach Absatz 1 oder 2 vorbehaltene Anordnung der Sicherungsverwahrung kann das Gericht im ersten Rechtszug nur bis zur vollständigen Vollstreckung der Freiheitsstrafe entscheiden; dies gilt auch, wenn die Vollstreckung des Strafrestes zur Bewährung ausgesetzt war und der Strafrest vollstreckt wird. Das Gericht ordnet die Sicherungsverwahrung an, wenn die Gesamtwürdigung des Verurteilten, seiner Tat oder seiner Taten und ergänzend seiner Entwicklung bis zum Zeitpunkt der Entscheidung ergibt, dass von ihm erhebliche Straftaten zu erwarten sind, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden.

(1) Das Gericht ordnet neben der Strafe die Sicherungsverwahrung an, wenn

1.
jemand zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren wegen einer vorsätzlichen Straftat verurteilt wird, die
a)
sich gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung richtet,
b)
unter den Ersten, Siebenten, Zwanzigsten oder Achtundzwanzigsten Abschnitt des Besonderen Teils oder unter das Völkerstrafgesetzbuch oder das Betäubungsmittelgesetz fällt und im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zehn Jahren bedroht ist oder
c)
den Tatbestand des § 145a erfüllt, soweit die Führungsaufsicht auf Grund einer Straftat der in den Buchstaben a oder b genannten Art eingetreten ist, oder den Tatbestand des § 323a, soweit die im Rausch begangene rechtswidrige Tat eine solche der in den Buchstaben a oder b genannten Art ist,
2.
der Täter wegen Straftaten der in Nummer 1 genannten Art, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon zweimal jeweils zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
3.
er wegen einer oder mehrerer dieser Taten vor der neuen Tat für die Zeit von mindestens zwei Jahren Freiheitsstrafe verbüßt oder sich im Vollzug einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung befunden hat und
4.
die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Taten ergibt, dass er infolge eines Hanges zu erheblichen Straftaten, namentlich zu solchen, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden, zum Zeitpunkt der Verurteilung für die Allgemeinheit gefährlich ist.
Für die Einordnung als Straftat im Sinne von Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b gilt § 12 Absatz 3 entsprechend, für die Beendigung der in Satz 1 Nummer 1 Buchstabe c genannten Führungsaufsicht § 68b Absatz 1 Satz 4.

(2) Hat jemand drei Straftaten der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 genannten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verwirkt hat, und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzung neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen.

(3) Wird jemand wegen eines die Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a oder b erfüllenden Verbrechens oder wegen einer Straftat nach § 89a Absatz 1 bis 3, § 89c Absatz 1 bis 3, § 129a Absatz 5 Satz 1 erste Alternative, auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1, den §§ 174 bis 174c, 176a, 176b, 177 Absatz 2 Nummer 1, Absatz 3 und 6, §§ 180, 182, 224, 225 Abs. 1 oder 2 oder wegen einer vorsätzlichen Straftat nach § 323a, soweit die im Rausch begangene Tat eine der vorgenannten rechtswidrigen Taten ist, zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt, so kann das Gericht neben der Strafe die Sicherungsverwahrung anordnen, wenn der Täter wegen einer oder mehrerer solcher Straftaten, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon einmal zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist und die in Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und 4 genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Hat jemand zwei Straftaten der in Satz 1 bezeichneten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verwirkt hat und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter den in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzungen neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen. Die Absätze 1 und 2 bleiben unberührt.

(4) Im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 gilt eine Verurteilung zu Gesamtstrafe als eine einzige Verurteilung. Ist Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung auf Freiheitsstrafe angerechnet, so gilt sie als verbüßte Strafe im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3. Eine frühere Tat bleibt außer Betracht, wenn zwischen ihr und der folgenden Tat mehr als fünf Jahre verstrichen sind; bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung beträgt die Frist fünfzehn Jahre. In die Frist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist. Eine Tat, die außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes abgeurteilt worden ist, steht einer innerhalb dieses Bereichs abgeurteilten Tat gleich, wenn sie nach deutschem Strafrecht eine Straftat der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, in den Fällen des Absatzes 3 der in Absatz 3 Satz 1 bezeichneten Art wäre.

(1) Das Gericht kann im Urteil die Anordnung der Sicherungsverwahrung vorbehalten, wenn

1.
jemand wegen einer der in § 66 Absatz 3 Satz 1 genannten Straftaten verurteilt wird,
2.
die übrigen Voraussetzungen des § 66 Absatz 3 erfüllt sind, soweit dieser nicht auf § 66 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 verweist, und
3.
nicht mit hinreichender Sicherheit feststellbar, aber wahrscheinlich ist, dass die Voraussetzungen des § 66 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 vorliegen.

(2) Einen Vorbehalt im Sinne von Absatz 1 kann das Gericht auch aussprechen, wenn

1.
jemand zu einer Freiheitsstrafe von mindestens fünf Jahren wegen eines oder mehrerer Verbrechen gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit, die sexuelle Selbstbestimmung, nach dem Achtundzwanzigsten Abschnitt oder nach den §§ 250, 251, auch in Verbindung mit § 252 oder § 255, verurteilt wird,
2.
die Voraussetzungen des § 66 nicht erfüllt sind und
3.
mit hinreichender Sicherheit feststellbar oder zumindest wahrscheinlich ist, dass die Voraussetzungen des § 66 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 vorliegen.

(3) Über die nach Absatz 1 oder 2 vorbehaltene Anordnung der Sicherungsverwahrung kann das Gericht im ersten Rechtszug nur bis zur vollständigen Vollstreckung der Freiheitsstrafe entscheiden; dies gilt auch, wenn die Vollstreckung des Strafrestes zur Bewährung ausgesetzt war und der Strafrest vollstreckt wird. Das Gericht ordnet die Sicherungsverwahrung an, wenn die Gesamtwürdigung des Verurteilten, seiner Tat oder seiner Taten und ergänzend seiner Entwicklung bis zum Zeitpunkt der Entscheidung ergibt, dass von ihm erhebliche Straftaten zu erwarten sind, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden.