Bundesgerichtshof Urteil, 17. Apr. 2014 - 3 StR 84/14

bei uns veröffentlicht am17.04.2014

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 S t R 8 4 / 1 4
vom
17. April 2014
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen zu 1.: Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
zu 2.: Beihilfe zur Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 17. April
2014, an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Schäfer
als Vorsitzender,
die Richter am Bundesgerichtshof
Pfister,
Mayer,
Gericke,
Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Spaniol
als beisitzende Richter,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten G. ,
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Trier vom 29. August 2013 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten A. wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu der Freiheitsstrafe von sechs Jahren und den Angeklagten G. wegen Beihilfe zur Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge sowie wegen Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu der Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Hiergegen richtet sich die auf die Sachrüge gestützte Revision der Staatsanwaltschaft, mit der sie hinsichtlich des Angeklagten A. eine Verurteilung wegen tateinheitlichen täterschaftlichen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und hinsichtlich des Angeklagten G. die Verurteilung wegen jeweils täterschaftlicher Einfuhr von Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in jeweils nicht geringer Menge und in weiterer Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln (in nicht geringer Menge) (Tat II.1. der Urteilsgründe) sowie wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (Tat II.2. der Urteilsgründe) erstrebt. Darüber hinaus rügt sie, dass hinsichtlich des Angeklagten G. die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nicht geprüft worden ist. Das Rechtsmittel hat Erfolg und führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung.
2
Nach den Feststellungen verabredete der Angeklagte A. mit einem Drogenhändler, sich am Transport größerer Mengen Amphetamin aus den Niederlanden nach Deutschland zu beteiligen. Der Angeklagte sollte die Betäubungsmittel auf einem Parkplatz in Belgien übernehmen und in Saarbrücken einem Abnehmer übergeben, wobei ihm der Übergabeort in etwa vorgegeben war, Informationen zum Empfänger aber erst kurz vor der Ankunft telefonisch übermittelt werden sollten. Noch in Amsterdam lernte der Angeklagte A. in einem "Coffee-Shop" den Angeklagten G. kennen. Im Laufe des Gesprächs , das sich bald um Drogen drehte, konnte der Angeklagte A. den Angeklagten G. als Beifahrer für den beabsichtigten Betäubungsmitteltransport gewinnen. Eine gemeinsame Fahrt erschien ihm vorteilhaft, weil seiner Meinung nach Fahrer und Beifahrer bei einer etwaigen Zollkontrolle weniger auffallen und "vier Augen mehr sehen würden als zwei". Der Angeklagte G. erklärte sich gegen eine Entlohnung von 500 g Amphetamin zur Mitfahrt bereit. Das Rauschmittel wollte er teilweise zum Eigengebrauch, teilweise zum gewinnbringenden Weiterverkauf nutzen. Nachdem der Auftraggeber des Angeklagten A. , bei dem sich der Angeklagte G. vorstellen musste, diesem Plan zugestimmt hatte, begaben sich die beiden Angeklagten mit dem PKW nach Belgien, wo dem Angeklagten A. zwei große Sporttaschen und ein mittelgroßer Karton mit Betäubungsmitteln übergeben wurde. Die Sporttaschen enthielten insgesamt rund 29,4 kg Amphetamin mit einem Amphetaminbasegehalt von rund 6,6 kg. In dem Karton befanden sich neben 5 g Haschisch und Cannabissamen 44 g in kleine Kunststoffbeutel abgepacktes Marihuana mit einem THC-Gehalt von 6,3 g. Der Angeklagte A. wusste, dass es sich bei dem transportierten Rauschgift um größere Mengen Amphetamin handelte. Der Angeklagte G. hatte keine Kenntnis von der Art der Betäubungsmittel; er erkannte bei Übergabe der Sporttaschen und des Kartons allerdings, dass es sich um größere Mengen von Rauschgift handelte, und ging - wie auch der Angeklagte A. - davon aus, dass dieses für den gewinnbringenden Weiterverkauf in Deutschland bestimmt war. Wann der Angeklagte G. das versprochene Amphetamin erhalten sollte, war im Einzelnen nicht besprochen worden. Er ging allerdings davon aus, es alsbald nach der Ankunft am Zielort zu erhalten (Tat II.1. der Urteilsgründe). Bei einer kurz nach seiner Festnahme erfolgten Durchsuchung der Wohnung des Angeklagten G. wurden 59,8 g Kokain mit einem Wirkstoffgehalt von 95,9 %, 4,6 g Amphetamin und 13,3 g Marihuana gefunden, die für den Eigengebrauch des Angeklagten G. bestimmt waren. Einen Eimer mit 5,4 kg Coffein bewahrte er für einen befreundeten Drogendealer auf (Tat II.2. der Urteilsgründe).
3
1. Das Urteil hält hinsichtlich des unter II.1. der Urteilsgründe festgestellten Verhaltens der Angeklagten sachlich-rechtlicher Überprüfung nicht stand.
4
a) Entgegen der Auffassung der Revisionsführerin werden die Feststellungen allerdings von einer rechtsfehlerfreien Beweiswürdigung getragen.
5
Die Revisionsführerin macht insoweit geltend, die Beweiswürdigung sei lückenhaft und verstoße gegen Denk- und Erfahrungssätze. Deshalb habe das Landgericht rechtsfehlerhaft keine Feststellungen getroffen, die für beide Ange- klagte ein tateinheitliches täterschaftliches Einführen von und Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge begründen. Mit diesen Beanstandungen dringt sie nicht durch
6
aa) Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatrichters, dem es obliegt, das Ergebnis der Hauptverhandlung festzustellen und zu würdigen. Die revisionsgerichtliche Überprüfung ist darauf beschränkt, ob dem Tatrichter Rechtsfehler unterlaufen sind. Dies ist in sachlich-rechtlicher Hinsicht der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist, gegen Denk- oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt oder wenn das Tatgericht zu hohe Anforderungen an die Überzeugungsbildung stellt (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 10. Dezember 1986 - 3 StR 500/86, BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 2). Liegen solche Rechtsfehler nicht vor, hat das Revisionsgericht die tatrichterliche Überzeugung auch dann hinzunehmen, wenn eine abweichende Würdigung der Beweise möglich gewesen wäre.
7
bb) Das Landgericht hat den Feststellungen zum Tatgeschehen die geständigen Einlassungen beider Angeklagter, deren übereinstimmenden und als glaubhaft bewerteten Angaben es gefolgt ist, zugrunde gelegt. Die weitere Beweisaufnahme habe keine Hinweise erbracht, dass die Angeklagten das Betäubungsmittel auf eigene Rechnung und in der Absicht eingeführt hätten, diese gewinnbringend weiter zu verkaufen. Dabei hat das Landgericht berücksichtigt , dass ein SMS-Verkehr des Angeklagten A. vom 14. Oktober 2012 und 25. Januar 2013 ein "szenetypisches Verhandeln über Drogenmengen und Preise" nahelegt, insoweit aber keinen Zusammenhang mit der abgeurteilten Tat vom 17. Februar 2013 erkennen können. Einen Hinweis auf eine eigene Handelstätigkeit hat es auch dem Umstand nicht zu entnehmen vermocht, dass der Angeklagte A. bei der Zollkontrolle zunächst angegeben hatte, der Angeklagte G. sei ein Freund, der ihn für zwei Tage in den Niederlanden besucht habe. Die in sich schlüssigen Erwägungen des Landgerichts lassen Rechtsfehler nicht erkennen. Aus dem Umstand, dass der Angeklagte A. in den Monaten vor der hier abgeurteilten Tat möglicherweise selbst Betäubungsmittelhandel betrieben hat, dessen nähere Umstände hinsichtlich der gehandelten Menge und Art der Betäubungsmittel nicht bekannt sind, muss nicht zwingend gefolgert werden, dass der Angeklagte auch die transportierten Betäubungsmittel selbst gewinnbringend veräußern wollte. Vielmehr ist es möglich und vom Revisionsgericht hinzunehmen, dass das Landgericht diesen Schluss nicht gezogen hat. Auch hinsichtlich des Angeklagten G. begegnet die Beweiswürdigung keinen rechtlichen Bedenken. Die Beweisführung ist auch nicht deshalb lückenhaft, weil das Landgericht nicht erwogen hat, dass der Angeklagte G. bereits wegen Betäubungsmittelhandels vorbestraft ist. Denn dieser Umstand stellt hier für die Frage, welche Rolle dem Angeklagten bei der vorliegenden Einfuhrfahrt zukam, allenfalls ein untergeordnetes Indiz für ein täterschaftliches Handeln dar.
8
b) Das Urteil kann dennoch keinen Bestand haben. Nach § 264 StPO muss das Gericht die in der Anklage bezeichnete Tat so, wie sie sich nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung darstellt, im Urteil unter allen rechtlichen Gesichtspunkten aburteilen. Es ist verpflichtet, den Unrechtsgehalt der Tat voll auszuschöpfen (BGH, Beschluss vom 9. November 1972 - 4 StR 457/71, BGHSt 25, 72, 75; Urteil vom 15. September 1983 - 4 StR 535/83, BGHSt 32, 84, 85). Dieser Verpflichtung ist das Landgericht nicht nachgekommen.
9
aa) Hinsichtlich des Angeklagten G. hat das Landgericht bei der rechtlichen Würdigung den Umstand außer Acht gelassen, dass der Angeklagte das ihm als Kurierlohn zugesagte Amphetamin jedenfalls teilweise verkaufen wollte. Insoweit lag aber eine Verurteilung wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln nahe.
10
(1) Das Handeltreiben mit Betäubungsmitteln im Sinne des § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG umfasst jede eigennützige, auf den Umsatz von Betäubungsmitteln gerichtete Tätigkeit (st. Rspr.; BGH, Beschluss vom 26. Oktober 2005 - GSSt 1/05, BGHSt 50, 252, 256 mwN). Damit genügt für ein Handeltreiben jede absatzorientierte Beschaffung des Rauschmittels. Der Tatbestand ist schon dann erfüllt, wenn der Täter einen Dritten ernsthaft verpflichtet hat, ihm die zur Veräußerung bestimmten Betäubungsmittel zu liefern (BGH, Urteil vom 13. August 2009 - 3 StR 224/09, juris Rn. 27).
11
(2) Indem er sich für die Begleitung des Angeklagten A. auf der Fahrt 500 g Amphetamin als Lohn versprechen ließ, hat der Angeklagte G. diese Voraussetzungen erfüllt. Auch wenn die genauen Umstände der Entlohnung nicht abgesprochen waren, so rechnete der Angeklagte G. doch mit der - auch vom Hintermann des Angeklagten A. gebilligten - Übergabe des Rauschgifts am Ende der Fahrt. Da er einen Anteil des Amphetamins gewinnbringend weiterverkaufen wollte, erfüllt bereits die Erlangung dieser Zusage den Tatbestand des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln. Hinter dieses täterschaftliche Handeltreiben tritt die mit der Begleitung bei der Schmuggelfahrt geleistete Beihilfe zum Handeltreiben nicht zurück, weil sich die Teilnahmehandlungen - je nachdem, ob die versprochenen 500 g Amphetamin der eingeführten Menge entnommen oder gesondert beschafft werden sollten - auf eine andere Betäubungsmittelmenge bzw. einen anderen Teil der Betäubungsmittelmenge bezogen. Vielmehr besteht insgesamt Tateinheit (BGH, Urteil vom 13. August 2009 - 3 StR 224/09, juris Rn. 40). Eine Ergänzung des Schuldspruchs durch den Senat kommt allerdings bereits deshalb nicht in Be- tracht, da die Urteilsgründe sich nicht dazu verhalten, welcher Anteil des Betäubungsmittels zum Weiterverkauf bestimmt war, so dass aufgrund der Feststellungen nicht beurteilt werden kann, ob sich der Angeklagte insoweit wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln nach § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG oder wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nach § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG strafbar gemacht hat.
12
(3) Die aufgezeigten Rechtsfehler führen bezüglich des Angeklagten G. zur Aufhebung des gesamten Urteils im Fall II.1. der Urteilsgründe. Zwar hat das Landgericht für sich betrachtet rechtsfehlerfrei die Beihilfe zur Einfuhr von Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in jeweils nicht geringer Menge festgestellt; diese Delikte stehen jedoch wie gezeigt in Tateinheit mit dem nicht ausgeurteilten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln (in nicht geringer Menge), so dass sich die Urteilsaufhebung auf sie zu erstrecken hat (vgl. BGH, Beschluss vom 13. September 2011 - 3 StR 231/11, NJW 2012, 325, 328 mwN).
13
bb) Auch im Schuldspruch hinsichtlich des Angeklagten A. hat die Strafkammer rechtsfehlerhaft nicht berücksichtigt, dass er sich daran beteiligen wollte, dem Angeklagten G. 500 g Amphetamin zu verschaffen, die dieser jedenfalls teilweise gewinnbringend verkaufen wollte. Dabei ergeben die getroffenen Feststellungen nicht, ob sein Verhalten insoweit als täterschaftliches Handeltreiben oder als Anstiftung oder Beihilfe hierzu zu bewerten ist. Der Kognitionspflicht des Landgerichts unterlag es jedoch, den Beitrag des Angeklagten A. zum Betäubungsmittelhandel des Angeklagten G. in objektiver und subjektiver Hinsicht aufzuklären und einer rechtlichen Bewertung zu unterziehen. Dies bedingt auch bei ihm die Aufhebung des Schuldspruchs und lässt die - von diesem Rechtsfehler nicht betroffene - Verurteilung wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in jeweils nicht geringer Menge entfallen.
14
2. Hinsichtlich der Tat II.2. der Urteilsgründe kann das Urteil ebenfalls keinen Bestand haben. Insoweit erweist sich die Beweiswürdigung als rechtsfehlerhaft. Das Landgericht stützt die Feststellung, dass die bei dem Angeklagte G. sichergestellten Beweismittel ausschließlich dem Eigengebrauch dienen sollten, ohne weitere Erwägungen allein auf die Einlassung des Angeklagten. Dies ist hier auch unter Berücksichtigung der oben dargelegten beschränkten Überprüfung der Beweiswürdigung durch das Revisionsgericht rechtsfehlerhaft.
15
a) Entlastende Angaben eines Angeklagten, für die keine zureichenden Anhaltspunkte bestehen und deren Wahrheitsgehalt fraglich ist, darf der Tatrichter nicht ohne Weiteres seiner Entscheidung zugrunde legen, nur weil es für das Gegenteil keine unmittelbaren Beweise gibt. Die Zurückweisung einer Einlassung erfordert auch nicht, dass sich ihr Gegenteil positiv feststellen lässt. Vielmehr muss sich der Tatrichter aufgrund einer Gesamtwürdigung des Ergebnisses der Beweisaufnahme seine Überzeugung von der Richtigkeit oder Unrichtigkeit der Einlassung bilden (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteile vom 30. Oktober 2008 - 3 StR 416/08, juris Rn. 6; vom 18. Januar 2011 - 1 StR 600/10, NStZ 2011, 302, 303). Dies gilt umso mehr, wenn objektive Beweisanzeichen festgestellt sind, die mit Gewicht gegen die Richtigkeit der Einlassung des Angeklagten sprechen.
16
b) Die danach gebotene Überprüfung der Einlassung des Angeklagten G. hat das Landgericht nicht vorgenommen. Es hat es vielmehr unterlassen , sich mit einer Reihe von Beweisanzeichen zu befassen, die gegen die Richtigkeit dieser Angaben und dafür sprechen, dass das aufgefundene Rausch- und Streckmittel nicht ausschließlich dem Eigenkonsum diente, sondern gewinnbringend weitergegeben werden sollte. So hat sich die Strafkammer mit dem Umstand, dass der Angeklagten G. über eine erhebliche Menge, nämlich 59,8 g Kokain in hoher Dosierung - der Wirkstoffgehalt betrug 95,9 % - verfügte, sowie mit dem gleichzeitigen Auffinden von 5,4 kg Coffein, das als Streckmittel für Kokain dienen kann, nicht auseinandergesetzt. Der Frage, warum der Angeklagte für einen befreundeten unbekannten Dealer den Eimer mit dem Streckmittel aufbewahren sollte, ist das Landgericht nicht nachgegangen. Dem Angeklagten liegt der Handel mit Betäubungsmitteln auch nicht fern, wie nicht nur die frühere Verurteilung, sondern auch der Umstand zeigt, dass er auch das für die Hilfestellung bei der Einfuhr erwartete Amphetamin jedenfalls teilweise verkaufen wollte.
17
c) Dass § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG für die Aburteilung des Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge den gleichen Strafrahmen wie für das Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge vorsieht, entbindet das Gericht nicht von der Notwendigkeit zu klären, ob und in welchem Umfang das besessene Rauschgift zum Weiterverkauf einerseits und zum Eigenverbrauch andererseits bestimmt war. Im Verhältnis zu anderen Begehungsformen des § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG, die ihrerseits Verbrechen sind, weist der Besitz einen geringeren Unrechtsgehalt auf (BGH, Urteil vom 13. August 2009 - 3 StR 224/09, juris Rn. 40). Auch wirken sich die für den Eigenkonsum einerseits und für den Weiterverkauf andererseits bestimmten Teilmengen und ihr Verhältnis zueinander sowohl bei der rechtlichen Einordnung als auch bei der Gewichtung der Taten im Rahmen der Strafzumessung aus (vgl. BGH, Beschlüsse vom 27. April 2004 - 3 StR 116/04, StV 2004, 602, 603; vom 9. Januar 2008 - 2 StR 531/07, NStZ-RR 2008, 153). Selbst wenn der Angeklagte nur einen die Grenze zur nicht geringen Menge unterschreitenden Teil des Kokains hätte gewinnbringend absetzen wollen, träte der dann verwirklichte § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG nicht hinter den Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nach § 29a Abs. 1 Nr. 3 BtMG zurück, sondern stünde hierzu in Tateinheit (BGH, Beschluss vom 24. September 2009 - 3 StR 280/09, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Konkurrenzen 10).
18
3. Das Urteil muss deshalb insgesamt aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen werden. Der neue Tatrichter wird auch Gelegenheit haben, die Voraussetzungen der Unterbringung des Angeklagten G. in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StPO) zu prüfen. Nach den Feststellungen konsumiert der Angeklagte G. seit dem Alter von zweiundzwanzig Jahren Betäubungsmittel. Insbesondere nach seiner Haftentlassung im Mai 2012 stieg der Konsum auf zuletzt fünf bis sieben Gramm Cannabis täglich und ein Gramm Kokain fast täglich an. Auch vor der abgeurteilten Tat hatte der "ausgesprochen drogengewohnte" Angeklagte Cannabis in unbekannter Menge konsumiert. Sollte die neue Beweisaufnahme diese Feststellungen bestätigen, wird das Landgericht unter Zuziehung eines Sachverständigen (§ 246a StPO) prüfen und entscheiden müssen, ob die Voraussetzungen für die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt gegeben sind.
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Strafprozeßordnung - StPO | § 261 Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung


Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

Betäubungsmittelgesetz - BtMG 1981 | § 29 Straftaten


(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer1.Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt, veräußert, abgibt, sonst in den Verkehr bringt,

Betäubungsmittelgesetz - BtMG 1981 | § 29a Straftaten


(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer1.als Person über 21 JahreBetäubungsmittel unerlaubt an eine Person unter 18 Jahren abgibt oder sie ihr entgegen § 13 Abs. 1 verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt oder2.

Strafprozeßordnung - StPO | § 264 Gegenstand des Urteils


(1) Gegenstand der Urteilsfindung ist die in der Anklage bezeichnete Tat, wie sie sich nach dem Ergebnis der Verhandlung darstellt. (2) Das Gericht ist an die Beurteilung der Tat, die dem Beschluß über die Eröffnung des Hauptverfahrens zugrunde l

Strafprozeßordnung - StPO | § 246a Vernehmung eines Sachverständigen vor Entscheidung über eine Unterbringung


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Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

(1) Gegenstand der Urteilsfindung ist die in der Anklage bezeichnete Tat, wie sie sich nach dem Ergebnis der Verhandlung darstellt.

(2) Das Gericht ist an die Beurteilung der Tat, die dem Beschluß über die Eröffnung des Hauptverfahrens zugrunde liegt, nicht gebunden.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt, veräußert, abgibt, sonst in den Verkehr bringt, erwirbt oder sich in sonstiger Weise verschafft,
2.
eine ausgenommene Zubereitung (§ 2 Abs. 1 Nr. 3) ohne Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 herstellt,
3.
Betäubungsmittel besitzt, ohne zugleich im Besitz einer schriftlichen Erlaubnis für den Erwerb zu sein,
4.
(weggefallen)
5.
entgegen § 11 Abs. 1 Satz 2 Betäubungsmittel durchführt,
6.
entgegen § 13 Abs. 1 Betäubungsmittel
a)
verschreibt,
b)
verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt,
6a.
entgegen § 13 Absatz 1a Satz 1 und 2 ein dort genanntes Betäubungsmittel überlässt,
6b.
entgegen § 13 Absatz 1b Satz 1 Betäubungsmittel verabreicht,
7.
entgegen § 13 Absatz 2
a)
Betäubungsmittel in einer Apotheke oder tierärztlichen Hausapotheke,
b)
Diamorphin als pharmazeutischer Unternehmer
abgibt,
8.
entgegen § 14 Abs. 5 für Betäubungsmittel wirbt,
9.
unrichtige oder unvollständige Angaben macht, um für sich oder einen anderen oder für ein Tier die Verschreibung eines Betäubungsmittels zu erlangen,
10.
einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Erwerb oder zur unbefugten Abgabe von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, eine solche Gelegenheit öffentlich oder eigennützig mitteilt oder einen anderen zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verleitet,
11.
ohne Erlaubnis nach § 10a einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, oder wer eine außerhalb einer Einrichtung nach § 10a bestehende Gelegenheit zu einem solchen Verbrauch eigennützig oder öffentlich mitteilt,
12.
öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3 des Strafgesetzbuches) dazu auffordert, Betäubungsmittel zu verbrauchen, die nicht zulässigerweise verschrieben worden sind,
13.
Geldmittel oder andere Vermögensgegenstände einem anderen für eine rechtswidrige Tat nach Nummern 1, 5, 6, 7, 10, 11 oder 12 bereitstellt,
14.
einer Rechtsverordnung nach § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 oder § 13 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, 2a oder 5 zuwiderhandelt, soweit sie für einen bestimmten Tatbestand auf diese Strafvorschrift verweist.
Die Abgabe von sterilen Einmalspritzen an Betäubungsmittelabhängige und die öffentliche Information darüber sind kein Verschaffen und kein öffentliches Mitteilen einer Gelegenheit zum Verbrauch nach Satz 1 Nr. 11.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 2, 5 oder 6 Buchstabe b ist der Versuch strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 5, 6, 10, 11 oder 13 gewerbsmäßig handelt,
2.
durch eine der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1, 6 oder 7 bezeichneten Handlungen die Gesundheit mehrerer Menschen gefährdet.

(4) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1, 2, 5, 6 Buchstabe b, Nummer 6b, 10 oder 11 fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(5) Das Gericht kann von einer Bestrafung nach den Absätzen 1, 2 und 4 absehen, wenn der Täter die Betäubungsmittel lediglich zum Eigenverbrauch in geringer Menge anbaut, herstellt, einführt, ausführt, durchführt, erwirbt, sich in sonstiger Weise verschafft oder besitzt.

(6) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 sind, soweit sie das Handeltreiben, Abgeben oder Veräußern betreffen, auch anzuwenden, wenn sich die Handlung auf Stoffe oder Zubereitungen bezieht, die nicht Betäubungsmittel sind, aber als solche ausgegeben werden.

27
b) Indes hat das Landgericht nicht bedacht, dass für das Handeltreiben mit Betäubungsmitteln schon deren absatzorientierte Beschaffung genügt. Der Tatbestand ist bereits dann erfüllt, wenn der Täter einen Dritten ernsthaft verpflichtet hat, ihm die zur Veräußerung bestimmten Betäubungsmittel zu liefern (Weber aaO Rdn. 343, 331). Dies kann hier hinsichtlich der dem Angeklagten versprochenen 25 Gramm des Kokaingemischs der Fall sein. Dass sich der Angeklagte diese versprechen ließ, um sie ganz oder teilweise zu veräußern, liegt nach den Feststellungen nahe. Hiermit hätte sich das Landgericht auseinandersetzen müssen.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt, veräußert, abgibt, sonst in den Verkehr bringt, erwirbt oder sich in sonstiger Weise verschafft,
2.
eine ausgenommene Zubereitung (§ 2 Abs. 1 Nr. 3) ohne Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 herstellt,
3.
Betäubungsmittel besitzt, ohne zugleich im Besitz einer schriftlichen Erlaubnis für den Erwerb zu sein,
4.
(weggefallen)
5.
entgegen § 11 Abs. 1 Satz 2 Betäubungsmittel durchführt,
6.
entgegen § 13 Abs. 1 Betäubungsmittel
a)
verschreibt,
b)
verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt,
6a.
entgegen § 13 Absatz 1a Satz 1 und 2 ein dort genanntes Betäubungsmittel überlässt,
6b.
entgegen § 13 Absatz 1b Satz 1 Betäubungsmittel verabreicht,
7.
entgegen § 13 Absatz 2
a)
Betäubungsmittel in einer Apotheke oder tierärztlichen Hausapotheke,
b)
Diamorphin als pharmazeutischer Unternehmer
abgibt,
8.
entgegen § 14 Abs. 5 für Betäubungsmittel wirbt,
9.
unrichtige oder unvollständige Angaben macht, um für sich oder einen anderen oder für ein Tier die Verschreibung eines Betäubungsmittels zu erlangen,
10.
einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Erwerb oder zur unbefugten Abgabe von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, eine solche Gelegenheit öffentlich oder eigennützig mitteilt oder einen anderen zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verleitet,
11.
ohne Erlaubnis nach § 10a einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, oder wer eine außerhalb einer Einrichtung nach § 10a bestehende Gelegenheit zu einem solchen Verbrauch eigennützig oder öffentlich mitteilt,
12.
öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3 des Strafgesetzbuches) dazu auffordert, Betäubungsmittel zu verbrauchen, die nicht zulässigerweise verschrieben worden sind,
13.
Geldmittel oder andere Vermögensgegenstände einem anderen für eine rechtswidrige Tat nach Nummern 1, 5, 6, 7, 10, 11 oder 12 bereitstellt,
14.
einer Rechtsverordnung nach § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 oder § 13 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, 2a oder 5 zuwiderhandelt, soweit sie für einen bestimmten Tatbestand auf diese Strafvorschrift verweist.
Die Abgabe von sterilen Einmalspritzen an Betäubungsmittelabhängige und die öffentliche Information darüber sind kein Verschaffen und kein öffentliches Mitteilen einer Gelegenheit zum Verbrauch nach Satz 1 Nr. 11.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 2, 5 oder 6 Buchstabe b ist der Versuch strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 5, 6, 10, 11 oder 13 gewerbsmäßig handelt,
2.
durch eine der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1, 6 oder 7 bezeichneten Handlungen die Gesundheit mehrerer Menschen gefährdet.

(4) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1, 2, 5, 6 Buchstabe b, Nummer 6b, 10 oder 11 fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(5) Das Gericht kann von einer Bestrafung nach den Absätzen 1, 2 und 4 absehen, wenn der Täter die Betäubungsmittel lediglich zum Eigenverbrauch in geringer Menge anbaut, herstellt, einführt, ausführt, durchführt, erwirbt, sich in sonstiger Weise verschafft oder besitzt.

(6) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 sind, soweit sie das Handeltreiben, Abgeben oder Veräußern betreffen, auch anzuwenden, wenn sich die Handlung auf Stoffe oder Zubereitungen bezieht, die nicht Betäubungsmittel sind, aber als solche ausgegeben werden.

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer

1.
als Person über 21 JahreBetäubungsmittel unerlaubt an eine Person unter 18 Jahren abgibt oder sie ihr entgegen § 13 Abs. 1 verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt oder
2.
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt, sie in nicht geringer Menge herstellt oder abgibt oder sie besitzt, ohne sie auf Grund einer Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 erlangt zu haben.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 231/11
vom
13. September 2011
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
___________________________________
Zur Einordnung einer kriminellen Vereinigung als in- oder ausländische bzw. als
solche innerhalb oder außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union.
BGH, Beschluss vom 13. September 2011 - 3 StR 231/11 - LG München I
in der Strafsache
gegen
wegen gewerbsmäßiger Bandenhehlerei u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 13. September 2011 gemäß § 349
Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts München I vom 5. April 2011 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gewerbsmäßiger Bandenhehlerei in zwei Fällen und Geldwäsche in neun Fällen, jeweils in Tateinheit mit "Bildung krimineller Vereinigungen" (zutreffend: mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung), zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt. Die hiergegen gerichtete, auf die Rüge der Verletzung sachlichen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat Erfolg.
2
Nach den Feststellungen des Landgerichts entstand in der ehemaligen Sowjetunion eine kriminelle Subkultur, die nach ihrer eigenen Ideologie, den sogenannten "Diebesregeln", lebt. Dieses System dehnte sich nach Westen aus und etablierte sich teilweise auch in Deutschland. Die Verbandsstruktur ist regional organisiert und überregional koordiniert. An oberster Stufe steht jeweils ein "Dieb im Gesetz", der diese Stellung mittels "Krönung" durch alle "Diebe im Gesetz" in Moskau erhält. Diesem wird ein bestimmtes Gebiet zugewiesen, in dem sich kein anderer "Dieb im Gesetz" ansiedeln darf. Organisatorische Aufgaben übernehmen als seine unmittelbaren Vertrauenspersonen "Nahestehende" , unter denen "Statthalter" oder "Kassenhalter" stehen, welche die untergeordneten Mitglieder zu leiten und Beiträge zur Gemeinschaftskasse einzusammeln und abzuführen haben. Die Willensbildung unterliegt verbindlichen, in der Organisation anerkannten Regeln. Die Verhaltensregeln gebieten den Mitgliedern eine Abschottung nach außen sowie Solidarität nach innen und untersagen jegliche Kooperation mit staatlichen Behörden. Verstöße werden abgestuft sanktioniert. Im Konfliktfall werden höhere Autoritätsstufen angerufen; deren "Schiedssprüche" erkennen die Mitglieder als bindend an und machen sie zur Maxime ihres Handelns. Verbindlich festgelegte Zielsetzung der Organisation ist, bestimmte Straftaten zu begehen und einen Teil der hieraus gewonnenen Erlöse in die Gemeinschaftskasse ("Abschtschjak") zu zahlen. Diese dient der Bereicherung der höherrangigen Mitglieder sowie allgemein der Unterstützung der Mitglieder in besonderen Situationen, etwa im Falle einer Inhaftierung.
3
Spätestens im Juni 2005 begründeten die "Diebe im Gesetz" K. und L. S. eine nach den dargelegten Regeln agierende, europaweit tätige Gruppierung aus georgischstämmigen Mitgliedern, die Diebstähle organisierte und die Beute an Hehler weiterverkaufte. Auf der untersten Ebene standen die tatausführenden Diebe, die ihren Unterhalt aus organisierten, von mehreren Mitgliedern durchgeführten gemeinsamen Ladendiebstählen bestritten. Diebesbeute waren hochwertige Gegenstände des täglichen Gebrauchs wie etwa Zigaretten, Drogerieartikel, Designerkleidung und elektronische Geräte. Die Mitglieder hatten in der Regel monatlich 50 € in den "Abschtschjak" zu zahlen. Die Vereinigung, die "Diebesregeln" und der "Abschtschjak" waren oberste Maximen des Handelns des Einzelnen. In verschiedenen deutschen Städten waren regionale Kassenhalter eingesetzt. Die an die Gemeinschaftskasse abgeführten Gelder und die darüber geführten Einzahlungslisten wurden letztlich zu K. S. nach Spanien gebracht. Die Vereinigung in Deutschland war grundsätzlich autonom, bei Konflikten oder bei groben Regelverstößen griffen allerdings die Brüder S. ein.
4
Der Angeklagte war zumindest seit Mitte 2009 bis zu seiner Festnahme am 15. März 2010 innerhalb der Organisation Statthalter für D. . Er hatte Kontakt zur Führungsebene und konnte K. S. bei Bedarf telefonisch erreichen. Spätestens ab September 2009 schloss er sich mit weiteren Mitgliedern zusammen, um Diebesgut von Mitgliedern aus M. bei Hehlern in D. gewinnbringend abzusetzen. So organisierte er im September /Oktober 2009 sowie im Dezember 2009 jeweils den Transport von Diebesgut von M. nach D. und den Verkauf an einen dortigen Hehler. Überdies transferierte er zwischen dem 18. August 2009 und dem 20. Februar 2010 in neun Fällen Einnahmen in Höhe von insgesamt 1.700 €, die andere Mitglieder der Organisation durch Diebstähle oder den Verkauf von Diebesgut erzielt hatten, in Kenntnis ihrer Herkunft nach Georgien.

I.

5
Das Urteil hält sachlichrechtlicher Prüfung nicht stand, soweit das Landgericht den Angeklagten wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung (§ 129 Abs. 1 StGB) und wegen gewerbsmäßiger Bandenhehlerei in zwei Fällen (§ 260a Abs. 1 StGB) verurteilt hat. Die Feststellungen belegen zwar, dass sich der Angeklagte als Mitglied an einer kriminellen Vereinigung beteiligte, nicht aber - worauf bereits der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift zutreffend hingewiesen hat -, dass es sich bei der Vereinigung um eine solche im Inland nach § 129 Abs. 1 StGB handelte. Auch fehlen tragfähige Feststellungen für ein gewerbsmäßiges Handeln des Angeklagten im Sinne des § 260a Abs. 1 StGB. Im Einzelnen:
6
1. Das Landgericht hat im Ergebnis zutreffend die Voraussetzungen für eine Vereinigung im Sinne der §§ 129 ff. StGB als erfüllt angesehen; denn nach den Feststellungen ist ein auf eine gewisse Dauer angelegter, freiwilliger organisatorischer Zusammenschluss von mindestens drei Personen gegeben, die bei Unterordnung des Willens des Einzelnen unter den Willen der Gesamtheit gemeinsame Zwecke verfolgen und unter sich derart in Beziehung stehen, dass sie sich untereinander als einheitlicher Verband fühlen (st. Rspr.; vgl. zuletzt etwa BGH, Urteile vom 28. Oktober 2010 - 3 StR 179/10, NJW 2011, 542, 544 mwN; vom 3. Dezember 2009 - 3 StR 277/09, BGHSt 54, 216, 221). Näherer Erörterung bedürfen allein die folgenden Gesichtspunkte:
7
a) Die erforderliche Unterordnung der Mitglieder unter den Gesamtwillen der Vereinigung liegt nach den Feststellungen vor:
8
aa) Insoweit ist für eine Vereinigung wesentlich die subjektive Einbindung der Beteiligten in die kriminellen Ziele der Organisation und in deren entsprechende Willensbildung unter Zurückstellung individueller Einzelmeinungen; denn nur ein derartiger Gruppenwille schafft die spezifischen Gefahren einer für die Vereinigung typischen, vom Willen des Einzelnen losgelösten Eigendynamik zur Begehung von Straftaten. Innerhalb der Vereinigung müssen deshalb bestimmte, von ihren Mitgliedern anerkannte Entscheidungsstrukturen bestehen ; dieser organisierten Willensbildung müssen sich die Mitglieder als für alle verbindlich unterwerfen. Die Art und Weise der Willensbildung ist allerdings gleichgültig; die für alle Mitglieder verbindlichen Regeln können etwa dem De- mokratieprinzip entsprechen oder auf dem Prinzip von Befehl und Gehorsam aufgebaut sein (st. Rspr.; vgl. im Einzelnen BGH, Urteil vom 3. Dezember 2009 - 3 StR 277/09, BGHSt 54, 216, 221 ff. mwN).
9
bb) Diese Voraussetzungen sind in den Urteilsgründen dargetan. Die Mitglieder der Gruppierung verband nicht allein der Wille, gemeinsam Straftaten zu begehen; sie unterwarfen sich auch nicht lediglich je für sich der autoritären Führung der Brüder S. . Vielmehr bestanden verbindliche Regeln , nach denen die Mitglieder der Organisation ihr Handeln ausrichteten, und solche, die der Konfliktbewältigung innerhalb der Organisation dienten. Diese Regeln wurden von den Mitgliedern übereinstimmend anerkannt; diese stellten insoweit ihre Einzelmeinungen zurück und ordneten sich dem entsprechenden Gruppenwillen unter.
10
cc) Es ist deshalb nicht entscheidungserheblich, ob im vorliegenden Fall eine tatsächliche Konstellation gegeben ist, bei der nach der neueren Rechtsprechung des Senats (BGH, Urteil vom 3. Dezember 2009 - 3 StR 277/09, BGHSt 54, 216, 228 ff.) geringere Anforderungen an die tatrichterlichen Feststellungen bezüglich des voluntativen Elements der Vereinigung zu stellen sind. Mit Blick auf die diesbezüglichen Ausführungen des Landgerichts merkt der Senat dazu allerdings an:
11
Die Anforderungen an die tatrichterlichen Feststellungen zum Willenselement sind dann geringer, wenn die Mitglieder der Organisation eine über den bloßen Zweckzusammenhang der Begehung von Straftaten hinausreichende Zielsetzung verfolgen und die für Vereinigungen typische Eigendynamik vor allem dadurch in Gang gesetzt wird, dass die Beteiligten sich in der Verfolgung eines übergeordneten gemeinsamen Ziels verbunden fühlen, wie dies typischerweise bei politisch, ideologisch, religiös oder weltanschaulich motivier- ter Kriminalität der Fall ist (BGH aaO). Diese Voraussetzungen werden durch die Feststellungen nicht belegt. Die Organisation war hier im Kern allein auf die Begehung von Eigentums- und Vermögensdelikten sowie die dadurch ermöglichte Finanzierung einer Gemeinschaftskasse gerichtet, die wiederum der Bereicherung der Führungsebene und der materiellen Unterstützung der Mitglieder in bestimmten Situationen diente; die Vereinigung war somit durch wirtschaftliche , nicht aber durch politisch-ideologische Zielsetzungen der Beteiligten geprägt. Der Umstand, dass sich die Vereinigungsmitglieder nach außen abgrenzten und die Zusammenarbeit mit staatlichen Stellen ablehnten, ist für kriminelle Organisationen jeglicher Art nicht ungewöhnlich. Ihm kommt deshalb im hier relevanten Zusammenhang keine erhebliche Bedeutung zu. Dieser Gesichtspunkt reicht insbesondere nicht aus, um darin bereits eine eigene, über den auf Straftaten ausgerichteten Zweckzusammenhang der Vereinigung hinausgehende Ideologie in dem dargelegten Sinne zu sehen.
12
b) Die Organisation war darauf ausgerichtet, Straftaten, vor allem Eigentums - und Vermögensdelikte, zu begehen, mit denen - obwohl die einzelnen festgestellten Taten isoliert betrachtet überwiegend eher dem unteren Bereich der Kriminalität zuzurechnen sind - eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit verbunden war (BGH, Urteil vom 22. Februar 1995 - 3 StR 583/94, BGHSt 41, 47, 51; Beschluss vom 4. August 1995 - StB 31/95, NJW 1995, 2117, 2118). Für diese Beurteilung ist nicht lediglich auf die einzelne Straftat oder die jeweilige Strafandrohung abzustellen; vielmehr ist eine Gesamtwürdigung der begangenen und/oder geplanten Straftaten unter Einbeziehung aller Umstände vorzunehmen, die für das Maß der Gefährdung der öffentlichen Sicherheit von Bedeutung sein können. Hierzu gehören insbesondere auch die Auswirkungen der Straftaten (BGH, Urteil vom 22. Februar 1995 - 3 StR 583/94, BGHSt 41, 47, 51). Ins Gewicht fällt deshalb neben der Höhe der Erlö- se, die etwa allein der Angeklagte mit seinen Straftaten im September/Oktober und im Dezember 2009 erzielte, insbesondere die organisierte, planmäßige und überregionale Vorgehensweise der Vereinigungsmitglieder. Diese Umstände belegen ohne Weiteres eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit.
13
c) Da nach den Feststellungen die Brüder S. als "Diebe im Gesetz" in der Organisation an oberster Stufe standen und der Wille der Organisation demzufolge unabhängig von den übrigen "Dieben im Gesetz" gebildet wurde, stellte die ihnen untergeordnete Gruppierung eine eigenständige Vereinigung dar. Es bedarf daher keiner näheren Betrachtung, wie die Versammlung der verschiedenen "Diebe im Gesetz" zu bewerten ist und ob diese etwa als eine übergeordnete Dach-Vereinigung anzusehen sein könnte (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 30. März 2001 - StB 4/01 u.a., BGHSt 46, 349, 354; LK/Krauß, StGB, 12. Aufl., § 129 Rn. 23).
14
2. Aus den Urteilsfeststellungen ergibt sich jedoch nicht, dass es sich bei der von den Brüdern S. geführten Organisation um eine Vereinigung im Inland nach § 129 Abs. 1 StGB handelte.
15
a) Die Kriterien, an denen die Einordnung einer Organisation als in- oder ausländische Vereinigung - im letzten Fall zudem als Vereinigung innerhalb oder außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union - auszurichten ist, sind gesetzlich nicht bestimmt und in der Gesetzesbegründung bei Einführung des § 129b StGB nicht näher erörtert worden (vgl. etwa BT-Drucks. 14/7025 S. 1, 6). In der Rechtsprechung (BGH, Beschluss vom 14. April 2010 - StB 5/10, BGHR StGB § 129 Gruppenwille 6) und dem Schrifttum (vgl. etwa Stein, GA 2005, 433, 443; Zöller, Terrorismusstrafrecht, 2009, S. 523; Nehring, Kriminelle und terroristische Vereinigungen im Ausland, 2007, S. 177 ff.; LK/Krauß, aaO § 129 Rn. 36 ff.) sind sie verschiedentlich angedeutet bzw. erörtert worden, indessen noch nicht abschließend geklärt. Hierzu gilt:
16
Vereinigungen, die den §§ 129 ff. StGB unterfallen, können in einer kaum überschaubaren Vielzahl von tatsächlichen Organisationsformen auftreten. So werden etwa Gruppierungen mit wirtschaftlichen Zielsetzungen ebenso erfasst wie solche, die politische, ideologische oder religiöse Zwecke verfolgen. Bezüglich der Größe der Vereinigung ist lediglich die Mindestzahl von drei Mitgliedern bestimmt, es kommen deshalb sowohl Vereinigungen mit relativ wenigen als auch solche mit außerordentlich zahlreichen Mitgliedern in Betracht. Weder die Organisationsform noch die Art der Willensbildung ist im Einzelnen festgelegt. Nicht zuletzt sind die Gruppierungen etwa im Bereich der Organisierten Kriminalität, aber auch des Terrorismus zunehmend länderübergreifend organisiert; ihre Aktionsfelder betreffen häufig die Gebiete mehrerer Staaten. Vor diesem Hintergrund erscheint eine abstrakte Umschreibung der maßgeblichen Gesichtspunkte, die für die Einordnung derartiger Vereinigungen als inoder ausländisch - und im letztgenannten Fall als solche innerhalb oder außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union - den Anspruch der Verbindlichkeit für alle denkbaren Einzelfälle erheben könnte, weder möglich noch sachgerecht. Mit Blick auf die Unterschiedlichkeit und Komplexität der in Betracht zu ziehenden Fallgestaltungen liegt es näher, die geographische Zuordnung einer Vereinigung von einer an den konkreten Einzelfallumständen orientierten Gesamtbetrachtung abhängig zu machen. Dabei sind regelmäßig namentlich die folgenden Kriterien von Bedeutung:
17
aa) Als wesentliches Zuordnungskriterium ist der Schwerpunkt der Organisationsstruktur anzusehen (vgl. BGH, Beschluss vom 14. April 2010 - StB 5/10, BGHR StGB § 129 Gruppenwille 6; s. auch Art. 4 Unterabsatz 1 der Gemeinsamen Maßnahme vom 21. Dezember 1998 betreffend die Strafbarkeit der Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung in den Mitgliedstaaten der Eu- ropäischen Union, ABl. L 351 vom 29. Dezember 1998, S. 1: "Ort…, an dem die Vereinigung ihre Operationsbasis hat"; vgl. hierzu Stein, GA 2005, 433, 443). Dieser Schwerpunkt der organisatorischen Strukturen ist seinerseits anhand verschiedener Merkmale zu ermitteln (vgl. Zöller, Terrorismusstrafrecht, 2009, S. 523). Er kann sich insbesondere aus dem Ort ergeben, an dem gleichsam "die Verwaltung geführt wird" (s. Nehring, Kriminelle und terroristische Vereinigungen im Ausland, 2007, S. 178). Anhaltspunkt dafür kann die Konzentration personeller und/oder sachlicher Ressourcen sein, beispielsweise für Organisationszwecke genutzte Gebäude, Ausbildungsstätten oder Material, wie Tatwerkzeuge, Unterlagen oder auch Datenverarbeitungsanlagen.
18
bb) Ferner ist in den Blick zu nehmen, wo nach den Strukturen der Vereinigung deren Gruppenwille gebildet wird, d.h. wo der durch die entscheidungsbefugten Organe der Vereinigung gebildete Verbandswille zustande kommt und erstmals durch konkrete Umsetzungsakte nach außen in Erscheinung tritt (Zöller aaO S. 523; Nehring aaO S. 178). Auch kann zu berücksichtigen sein, an welchem Ort sich die Vereinigung gegründet hat. Demgegenüber sind die Staatsangehörigkeit der Mitglieder und deren bloßer Wohnsitz regelmäßig nicht von entscheidendem Belang (BGH, Beschluss vom 5. Januar 1982 - StB 53/81, BGHSt 30, 328, 331 f.).
19
cc) Daneben kann das eigentliche Aktionsfeld Bedeutung erlangen, mithin der Ort, an dem die Straftaten, auf deren Begehung die Zwecke oder Tätigkeit der Vereinigung gerichtet sind, begangen werden sollen bzw. begangen werden (vgl. BGH, Beschluss vom 14. April 2010 - StB 5/10, BGHR StGB § 129 Gruppenwille 6; vgl. auch Art. 4 Unterabsatz 1 der Gemeinsamen Maßnahme vom 21. Dezember 1998 betreffend die Strafbarkeit der Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union, ABl. L 351 vom 29. Dezember 1998, S. 1: "Ort…, an dem die Vereinigung ihre strafba- ren Tätigkeiten ausübt"; vgl. hierzu Stein, GA 2005, 433, 443). Dabei sind gegebenenfalls sowohl der Handlungs- als auch der Erfolgsort in die Bewertung einzustellen. Allerdings genügt es für die Einordnung einer Gruppierung als inländische oder EU-Vereinigung nicht, dass sie auf dem jeweiligen Gebiet lediglich Straftaten begeht oder begehen will. Erforderlich ist vielmehr zumindest, dass in Deutschland bzw. dem Bereich der Mitgliedstaaten der Europäischen Union auch Organisationsstrukturen bestehen und die Vereinigungsmitglieder nicht nur zur Vorbereitung und Begehung der Straftaten, auf die die Vereinigung gerichtet ist, in die betreffende Region einreisen und sich dort aufhalten.
20
b) Nach diesen Maßstäben wies die Organisation der GebrüderS. auf der Grundlage der bisherigen Urteilsfeststellungen keine ausreichende räumlich-organisatorische Inlandsverankerung auf. Weder befand sich der Schwerpunkt der Organisationsstrukturen im Inland, noch war das Aktionsfeld der Vereinigung auf Deutschland beschränkt. Der "Dieb im Gesetz" K. S. , der im Konfliktfall die maßgebliche Autorität und mithin für die Bildung des Gruppenwillens von entscheidender Bedeutung war, lebte nicht in Deutschland. Die Weiterleitung der für die Organisation gesammelten Gelder und der darüber geführten Listen an ihn nach Spanien ist ein Indiz dafür, dass dort wesentliche Aufgaben betreffend die Organisation bzw. "Verwaltung" der Vereinigung vorgenommen wurden. Da die Vereinigung - etwa durch Statt- und Kassenhalter - regional organisiert war, liegt es nahe, dass neben der "Verwaltung" in Spanien auch in weiteren Staaten außerhalb Deutschlands Organisationsstrukturen bestanden. Die Vereinigungsmitglieder wurden europaweit tätig. Der Umstand, dass die Strukturen und Aktivitäten der Vereinigung teilweise in die Bundesrepublik Deutschland hineinreichten, genügt nicht, um die Gruppierung als inländische anzusehen. Schließlich wurde die Vereinigung nicht in Deutschland, sondern in Moskau gegründet.
21
c) Die in Deutschland agierende Gruppierung ist auch nicht als eigenständige inländische Vereinigung im Sinne einer Teilorganisation zu werten. Eine solche eigenständige Vereinigung setzt nach der neueren Rechtsprechung des Senats, an der festzuhalten ist, voraus, dass die Gruppierung für sich genommen alle für eine Vereinigung notwendigen personellen, organisatorischen , zeitlichen und voluntativen Voraussetzungen erfüllt. Dazu muss sie ein ausreichendes Maß an organisatorischer Selbstständigkeit aufweisen und insbesondere einen eigenen, von der ausländischen (Haupt-)Organisation unabhängigen Willensbildungsprozess vollziehen (BGH, Urteil vom 28. Oktober 2010 - 3 StR 179/10, NJW 2011, 542, 544 f.). Daran fehlt es hier. Im Konfliktfall oder bei groben Verstößen gegen die Regeln der Vereinigung schalteten sich die Gebrüder S. in ihrer Eigenschaft als "Anführer" der Vereinigung ein. Angesichts der gerade bei Fragen von besonderer Bedeutung von diesen "Dieben im Gesetz" abhängigen Willensbildung vollzog sich der Willensbildungsprozess somit nicht vollständig im Inland. Die in die Gemeinschaftskasse eingezahlten Gelder wurden nach Spanien weitergeleitet, über ihre Verwendung wurde somit ebenfalls nicht vollständig im Inland entschieden. Die Gruppierung war deshalb in Deutschland nur in begrenztem, für die Annahme einer eigenständigen Vereinigung nicht ausreichendem Umfang autonom.
22
3. Die getroffenen Feststellungen belegen auch nicht die Verurteilung wegen gewerbsmäßiger Bandenhehlerei nach § 260a Abs. 1 StGB in den Fällen B. II. 2. a. der Urteilsgründe.
23
a) Die erhöhte Strafbarkeit wegen gewerbsmäßigen Handelns setzt voraus , dass der Täter sich aus wiederholter Tatbegehung eine nicht nur vorübergehende , nicht ganz unerhebliche Einnahmequelle verschaffen will (vgl. Fischer , StGB, 58. Aufl., Vor § 52 Rn. 62). Die Gewerbsmäßigkeit, die ein besonderes persönliches Merkmal im Sinne des § 28 Abs. 2 StGB darstellt (BGH, Beschluss vom 11. Januar 2005 - 1 StR 547/04, wistra 2005, 177), erfordert stets Eigennützigkeit; es genügt nicht, wenn eine fortdauernde Einnahmequelle allein für Dritte geschaffen werden soll (BGH, Beschluss vom 19. Dezember 2007 - 5 StR 543/07, NStZ 2008, 282 f. zu § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 StGB). Ein bloß mittelbarer Vorteil des Täters reicht zur Begründung der Gewerbsmäßigkeit nur aus, wenn er ohne Weiteres darauf zugreifen kann (vgl. BGH, Beschlüsse vom 26. Mai 2009 - 4 StR 10/09, wistra 2009, 351;vom 5. Juni 2008 - 1 StR 126/08, NStZ-RR 2008, 282; vom 16. April 2008 - 5 StR 615/07, wistra 2008, 342, 343) oder sich selbst geldwerte Vorteile aus den Taten über Dritte verspricht (BGH, Beschluss vom 19. Dezember 2007 - 5 StR 543/07, NStZ 2008, 282 f.; Urteil vom 1. Juli 1998 - 1 StR 246/98, BGHR StGB § 261 Strafzumessung 2).
24
b) Den Urteilsfeststellungen ist nicht hinreichend zu entnehmen, dass das deliktische Handeln des Angeklagten auf die Erlangung eines derartigen eigenen Vorteils gerichtet war. Danach beging er die Straftaten vielmehr in der Absicht, anderen Mitgliedern der Vereinigung und der Vereinigung als solcher eine fortdauernde Einnahmequelle zu schaffen. Dass er selbst direkt auf die Einnahmen der Vereinigung zugreifen konnte oder tatsächlich aufgrund der Hehlereitaten einen bestimmten geldwerten Vorteil aus der Gemeinschaftskasse erwartete, ergibt sich nicht. Die in die Gemeinschaftskasse eingezahlten Gelder wurden zu K. S. nach Spanien gebracht. Allein die Möglichkeit, in Zukunft möglicherweise unter gewissen, noch unbestimmten Umständen selbst vom Inhalt der Gemeinschaftskasse zu profitieren, reicht für die Annahme gewerbsmäßigen Handelns nicht aus.

II.


25
1. Die aufgezeigten Rechtsfehler führen zur Aufhebung des gesamten Urteils. Zwar hat das Landgericht für sich betrachtet rechtsfehlerfrei die neun Taten der Geldwäsche nach § 261 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 4 Buchst. a, Abs. 2 Nr. 1 StGB festgestellt; diese Delikte stehen jedoch jeweils in Tateinheit mit der mitgliedschaftlichen Beteiligung des Angeklagten an einer kriminellen Vereinigung , so dass sich die Urteilsaufhebung auf sie zu erstrecken hat (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Juni 2001 - 3 StR 135/01, juris Rn. 18; Urteile vom 20. Februar 1997 - 4 StR 642/96, NStZ 1997, 276; vom 7. Juli 2011 - 5 StR 561/10, juris Rn. 30; KK-Kuckein, 6. Aufl., § 353 Rn. 12; Meyer-Goßner, StPO, 54. Aufl., § 353 Rn. 7a; zur Tateinheit mit dem Vereinigungsdelikt s. etwa BGH, Urteil vom 11. Juni 1980 - 3 StR 9/80, BGHSt 29, 288, 290).
26
Die Änderung des Schuldspruchs durch den Senat in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO dahin, dass der Angeklagte in diesen Fällen wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung im Ausland bzw. wahlweise wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung im Inland oder im Ausland, dies jeweils in Tateinheit mit Geldwäsche nach § 129 Abs. 1, § 129b Abs. 1, § 261 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 4 Buchst. a, Abs. 2 Nr. 1 StGB strafbar ist, scheidet aus; denn es fehlt an der möglicherweise gemäß § 129b Abs. 1 Satz 3 StGB zur Verfolgung des Vereinigungsdelikts erforderlichen Ermächtigung des Bundesministeriums der Justiz.
27
a) Gegenstand der revisionsrechtlichen Überprüfung sind insoweit allein die schriftlichen Urteilsgründe. Die örtliche Einordnung der Vereinigung als inländische , solche in dem Gebiet der Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder solche außerhalb dieses Bereichs ist sowohl für den Schuldspruch als auch für die Frage von Bedeutung, ob eine Verfolgungsermächtigung als Verfahrensvoraussetzung erforderlich ist. Die Bildung einer richterlichen Überzeugung zu dieser doppelrelevanten Tatsache im Wege des Freibeweises durch den Senat - etwa auf der Grundlage des sonstigen Akteninhalts - scheidet deshalb aus (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 54. Aufl., § 337 Rn. 6).
28
b) In den Fällen, in denen ausreichend sichere Feststellungen zur örtlichen Einordnung der Vereinigung vor dem Hintergrund der aufgezeigten Vielgestaltigkeit der Erscheinungsformen nicht getroffen werden können, kommt auch eine wahlweise Verurteilung wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer inländischen oder ausländischen kriminellen oder terroristischen Vereinigung in Betracht. Vor allem mit Blick darauf, dass nach § 129b Abs. 1 Satz 1 StGB die §§ 129, 129a StGB auch bei einer Vereinigung im Ausland grundsätzlich uneingeschränkt gelten, mithin insbesondere der gesetzlich vorgesehene Strafrahmen nicht davon abhängt, ob die Tat sich auf eine in- oder ausländische Vereinigung bezieht, sieht der Senat keinen Anlass, die rechtsethische und psychologische Vergleichbarkeit der §§ 129, 129a StGB einerseits und des § 129b StGB andererseits in Zweifel zu ziehen. Eine Verurteilung auf alternativer Tatsachengrundlage setzt nach den in der Rechtsprechung anerkannten allgemeinen Grundsätzen aber voraus, dass innerhalb des durch § 264 StPO gezogenen Rahmens die angeklagte Tat nach Ausschöpfung aller Beweismöglichkeiten nicht so eindeutig aufzuklären ist, dass ein bestimmter Tatbestand festgestellt werden kann, aber sicher festzustellen ist, dass der Angeklagte einen von mehreren Tatbeständen verwirklicht hat, und andere, straflose Hand- lungen ausgeschlossen sind (Fischer, StGB, 58. Aufl., § 1 Rn. 19 mwN). Hieraus folgt insbesondere, dass das Tatgericht die Voraussetzungen einer kriminellen oder terroristischen Vereinigung sowie eine strafbare Tathandlung des Angeklagten sicher feststellen muss; nicht aufklärbar darf allein die geographische Einordnung der Vereinigung sein.
29
Die bisherigen Urteilsfeststellungen, welche die geographische Einordnung der Vereinigung nicht näher in den Blick nehmen, lassen es jedoch zumindest als möglich erscheinen, dass die Vereinigung ihren Schwerpunkt außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union hatte. So ergibt sich aus den bisherigen Feststellungen etwa nicht, wo sich der mit seinem Bruder an der Spitze der Organisation stehende "Dieb im Gesetz" L. S. befand und die Vereinigung betreffende Handlungen vornahm. Ferner wurde die Vereinigung europaweit tätig, ohne dass das Landgericht diese Feststellung näher konkretisiert und etwa auf das Gebiet der Mitgliedstaaten der Europäischen Union beschränkt hat. Damit bleibt offen, in welchen anderen europäischen Staaten die Vereinigung Straftaten organisierte, ob diese möglicherweise teilweise außerhalb der Europäischen Union lagen und welchen Umfang die Organisation außerhalb Deutschlands und der Europäischen Union hatte. Da sämtliche vom Angeklagten transferierten Gelder nach Georgien flossen, ist überdies nicht völlig auszuschließen, dass möglicherweise auch dort nicht unerhebliche Organisationsstrukturen bestanden. Schließlich ist unklar, was Hintergrund für Geldgeschenke an "Diebe im Gesetz" in Moskau war und ob sich daraus weitere Erkenntnisse über die Organisationsstruktur ergeben könnten.
30
Es ist daher nicht ausgeschlossen, dass die Verfolgbarkeit des Vereinigungsdelikts nach § 129b Abs. 1 Satz 3 StGB hier von einer entsprechenden Ermächtigung des Bundesministeriums der Justiz abhängt. Diese liegt bisher nicht vor; damit fehlt es für diesen Fall an einer Verfahrensvoraussetzung, so dass eine Wahlfeststellung ausscheidet.
31
2. Der Senat weist für die neue Hauptverhandlung darauf hin, dass die bisherigen Feststellungen zu der Vereinigung als solcher und ihrer Gründung in Moskau teilweise nicht ohne Weiteres nachvollziehbar erscheinen. Danach agiert die Vereinigung der Gebrüder S. einerseits europaweit; andererseits erhält ein "Dieb im Gesetz" nach seiner "Krönung" ein eigenes Gebiet zugewiesen, in dem ihm gestattet ist, durch kriminelle Handlungen jedweder Art Geld zu verdienen, und in dem sich kein anderer "Dieb im Gesetz" ansiedeln darf. Danach wäre naheliegend die Gruppierung um die Brüder S. die einzige Vereinigung der "Diebe im Gesetz" in Europa. Dem könnten allerdings die sonstigen Urteilsgründe widersprechen, denen zu entnehmen ist, dass es mehrere "Diebe im Gesetz" gibt, ohne dass festgestellt ist, dass sich deren Organisationen über Europa hinaus ausgebreitet haben. Somit bleibt offen, wo sich die diesen zugewiesenen Gebiete befinden sollen.
Becker Pfister Schäfer
Mayer Menges
6
Entlastende Angaben eines Angeklagten, für die keine zureichenden Anhaltspunkte bestehen und deren Wahrheitsgehalt fraglich ist, darf der Tatrichter nicht ohne weiteres seiner Entscheidung zugrunde legen, nur weil es für das Gegenteil keine unmittelbaren Beweise gibt. Die Zurückweisung einer Einlassung erfordert auch nicht, dass sich ihr Gegenteil positiv feststellen lässt. Vielmehr muss sich der Tatrichter aufgrund einer Gesamtwürdigung des Ergebnisses der Beweisaufnahme seine Überzeugung von der Richtigkeit oder Unrichtigkeit der Einlassung bilden (st. Rspr.; vgl. BGHR StPO § 261 Einlassung 6; BGH NStZ 2000, 86; 2005, 155; Schoreit in KK 6. Aufl. § 261 Rdn. 28). Dies gilt umso mehr dann, wenn objektive Beweisanzeichen festgestellt sind, die mit Gewicht gegen die Richtigkeit der Einlassung des Angeklagten sprechen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 600/10
vom
18. Januar 2011
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 18. Januar
2011, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Wahl,
Rothfuß,
Hebenstreit,
Prof. Dr. Sander,
Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Hof vom 29. Juli 2010, soweit es den Angeklagten B. betrifft, mit den Feststellungen aufgehoben. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
B. und S. waren des mittäterschaftlichen Handels mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge angeklagt. Mit Urteil vom 29. Juli 2010 hat das Landgericht den Angeklagten S. wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu der Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt; den Angeklagten B. hat das Landgericht freigesprochen und ihm Haftentschädigung zugesprochen. Die Revision des Angeklagten S. gegen seine Verurteilung hat der Senat mit Beschluss vom 18. November 2010 verworfen. Gegen den Freispruch des Angeklagten B. wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihrer Revision. Sie rügt die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat schon mit der Sachrüge Erfolg. Auf die Formalrügen kommt es deshalb nicht mehr an.

I.


2
1. Die Strafkammer hat Folgendes festgestellt:
3
S. nahm aus Geldnot das Angebot an, innerhalb Deutschlands Betäubungsmittel zu transportieren. Er sollte mit 1.500 € entlohnt werden. Am 3. Dezember 2009 traf er sich deshalb am Bahnhof in M. (Niederlande) mit einem Asiaten. Dieser erklärte ihm, es gehe um den Transport von einem Kilogramm Marihuana. Dazu übergab der Asiate S. Geld zum Erwerb eines Navigationsgeräts sowie für Benzin. Außerdem erhielt er einen Zettel, auf dem zwei Orte in Deutschland vermerkt waren, nämlich der Abholpunkt in H. in Sachsen sowie das Ziel der Fahrt, Sp. .
4
S. wollte es vermeiden, in Deutschland selbst mit dem Auto zu fahren. Er fragte deshalb den Angeklagten B. , ob er bereit sei, ihn nach Deutschland zu begleiten. Gemeinsam kauften sie ein Navigationsgerät. S. gab die Abholadresse ein.
5
Gegen Mittag des 3. Dezember 2009 machten sie sich mit einem zweitürigen VW Golf auf den Weg. Der Angeklagte B. steuerte das Fahrzeug in Deutschland bis nach H. . 400 bis 500 Meter vor dem eingegebenen Ziel ließ S. den Angeklagten B. aussteigen; er solle auf seine - des S. - Rückkehr warten. S. fuhr dann alleine weiter bis zur Zieladresse, nahe einer Marihuana-Indoorfarm. Am vereinbarten Treffpunkt wurde S. von einem Asiaten erwartet, der zustieg und den Weg zu einem nahe gelegenen Parkplatz wies. Dort trafen sie auf einen BMW mit einem weiteren Asiaten. Die beiden Asiaten, vermutlich die Vietnamesen T. und P. , luden vier große dunkle Müllsäcke in den PKW des S. , drei auf den Rücksitz der Beifahrerseite, einen hinter den Beifahrersitz. In diesen Säcken befanden sich insgesamt ca. zehn Kilogramm Marihuana. S. bemerkte, dass erheblich mehr Rauschgift eingeladen worden war, als das vereinbarte eine Kilogramm. Aus Angst widersprach er jedoch nicht. Er gab den Zielort Sp. ins Navigationsgerät ein, fuhr zurück zum Angeklagten B. und nahm ihn auf. Vor Erreichen der Autobahn übernahm dieser wieder das Steuer. Auf der Bundesautobahn A9 wurden sie im Bereich Mü. kontrolliert. Das Rauschgift wurde entdeckt und sichergestellt , insgesamt 9.420,80 Gramm Marihuana mit mindestens 1.110,90 Gramm Tetrahydrocannabinol. Bei der Kontrolle erklärte der Angeklagte B. auf die Frage, ob er etwas dabei habe: „ja Hundefutter“.
6
Dem Angeklagten B. war der Zweck der Fahrt, nämlich der Transport von Betäubungsmitteln, bis zum Zugriff der Polizei unbekannt.
7
2. Die Beweiswürdigung zum Freispruch des Angeklagten B. :
8
a) Die Feststellungen der Strafkammer beruhen insbesondere auf den Angaben des Verurteilten S. . Der Angeklagte B. habe, so die Strafkammer, die Einlassung des damaligen Mitangeklagten bestätigt. „Er hat die Geschehensabläufe detailliert geschildert.“
9
b) Die Strafkammer hat sich allerdings nicht davon überzeugen können, dass der Angeklagte B. Kenntnis vom Transport der Betäubungsmittel hatte.
10
aa) Der Angeklagte hat bestritten, den Grund der Fahrt nach Deutschland gekannt zu haben. Er habe nur S. helfen wollen, da dieser seinen Führerschein nicht habe finden können. Über das Angebot, mit nach Deutschland zu fahren, habe er sich sehr gefreut, da er auf diese Weise wieder einmal kostenlos habe dorthin reisen und dort Auto fahren können.
11
bb) Als Umstände, die gegen eine Kenntnis des Angeklagten B. vom Zweck der Reise sprechen, hat die Strafkammer angeführt: - Seine Abwesenheit bei der Übergabe der Betäubungsmittel, - Keine Entlohnung für die Fahrt, - Keine Kommunikation über die Betäubungsmittel während der Fahrt nach deren Übernahme, - Keine Wahrnehmung des Geruchs von Marihuana im Fahrzeug, - Die Müllsäcke habe der Angeklagte B. zwar irgendwann zur Kenntnis genommen, sich darüber aber keine Gedanken gemacht.
12
cc) Der Angeklagte B. ist allerdings durch den seinerzeit Mitangeklagten S. belastet worden. Er gab an, er habe dem Angeklagten B. - vor Antritt der Fahrt - gesagt, worum es gehe, nämlich um den Transport von einem Kilogramm Marihuana.
13
Dies stehe jedoch, so die sachverständig beratene Strafkammer, der Unkenntnis des Angeklagten B. vom wahren Zweck der Fahrt nicht ent- gegen. Es sei nämlich nicht auszuschließen, dass er aufgrund seiner Erkrankung diese Information nicht realisiert und verarbeitet habe. Der Angeklagte leide an einer hyperkinetischen Störung im Sinne der ICD 10 F 90.0 (Aufmerksamkeitsstörung [-defizit] mit Hyperaktivitätsstörung - ADHS). Dies führe bei ihm zu Konzentrationsstörungen mit „Gedankengedränge“. Der Angeklagte verfolge dann unter Umständen 10 bis 20 Gedanken gleichzeitig. Er nehme dann ihm gegenüber geäußerte Informationen zwar akustisch wahr. Diese würden jedoch wegen vieler anderer Gedanken verdrängt. Eine Abspeicherung der Informationen sei aufgrund dieser Denkstörung ausgeschlossen mit der Folge, dass sie innerhalb kürzester Zeit wieder verloren gingen.

II.


14
Die sachlich-rechtliche Überprüfung des Urteils deckt durchgreifende Rechtsfehler bei der Beweiswürdigung auf.
15
1. Das Revisionsgericht hat es grundsätzlich hinzunehmen, wenn das Tatgericht einen Angeklagten freispricht, weil es Zweifel an seiner Täterschaft nicht zu überwinden vermag. Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatgerichts. Es kommt nicht darauf an, ob das Revisionsgericht angefallene Erkenntnisse anders gewürdigt oder Zweifel überwunden hätte. Die revisionsgerichtliche Prüfung beschränkt sich darauf, ob dem Tatgericht Rechtsfehler unterlaufen sind. Dies ist in sachlich-rechtlicher Hinsicht der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich , unklar oder lückenhaft ist oder gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt. Rechtsfehlerhaft ist es auch, wenn sich das Tatgericht bei seiner Beweiswürdigung darauf beschränkt, die einzelnen Belastungsindizien gesondert zu erörtern und auf ihren jeweiligen Beweiswert zu prüfen , ohne eine Gesamtabwägung aller für und gegen die Täterschaft sprechen- den Umstände vorzunehmen. Der revisionsgerichtlichen Überprüfung unterliegt auch, ob überspannte Anforderungen an die für die Verurteilung erforderliche Gewissheit gestellt worden sind (st. Rspr.; BGH, Urteile vom 1. Juli 2008 - 1 StR 654/07, Rn. 18; vom 27. April 2010 - 1 StR 454/09, Rn. 18 mwN).
16
Auch darf der Tatrichter entlastende Angaben eines Angeklagten, für die keine zureichenden Anhaltspunkte bestehen und deren Wahrheitsgehalt fraglich ist, nicht ohne weiteres seiner Entscheidung zugrunde legen, nur, weil es für das Gegenteil keine unmittelbaren Beweise gibt. Die Zurückweisung einer Einlassung erfordert auch nicht, dass sich ihr Gegenteil positiv feststellen lässt. Vielmehr muss sich der Tatrichter aufgrund einer Gesamtwürdigung des Ergebnisses der Beweisaufnahme seine Überzeugung von der Richtigkeit oder Unrichtigkeit der Einlassung bilden. Dies gilt umso mehr dann, wenn objektive Beweisanzeichen festgestellt sind, die mit Gewicht gegen die Richtigkeit der Einlassung des Angeklagten sprechen (BGH, Urteil vom 30. Oktober 2008 - 3 StR 416/08, Rn. 6 mwN).
17
2. Die Schilderung des Angeklagten B. über seine Motivation, S. auf der Fahrt nach Deutschland zu begleiten, nämlich nur touristisches Interesse und Freude am Autofahren, erscheint angesichts der näheren Umstände des „Ausflugs“ nicht nahe liegend. Dies kann für sich betrachtet den Bestand des Urteils allerdings noch nicht gefährden. Die Beweiswürdigung weist jedoch darüber hinaus Lücken auf und sie ist widersprüchlich.
18
a) Nach den Feststellungen der Strafkammer forderte S. den Angeklagten B. zur Mitfahrt auf, da er - S. - habe vermeiden wollen, in Deutschland Auto zu fahren, nach der Einlassung des Angeklagten B. , da S. seinen Führerschein nicht ge- funden habe. Tatsächlich setzte sich S. jedoch im Bereich von H. selbst ans Steuer. Mit diesem Widerspruch hat sich die Strafkammer nicht auseinandergesetzt, insbesondere nicht damit, wie B. auf diesen Fahrerwechsel reagierte.
19
b) Bei diesem Fahrerwechsel ließ sich der Angeklagte B. abends im Dezember in einem ihm unbekannten Ort an einem Parkplatz absetzen , um auf die Rückkehr von S. zu warten. Ob und gegebenenfalls wie dieses Ansinnen dem Angeklagten erläutert wurde, bleibt unerwähnt. Damit hätte sich die Strafkammer aber auseinandersetzen müssen. Denn nahm der Angeklagte B. dies kommentarlos hin, könnte es nahe liegen, dass er von vorneherein darin eingeweiht und es ihm bewusst war, was während der Wartezeit geschehen sollte.
20
c) Das Landgericht hat einerseits festgestellt, das ADHS-bedingte „Gedankengedränge“ habe dazu führen können, dass der Angeklagte die entscheidende Mitteilung, wonach die Fahrt dem Transport von Betäubungsmitteln dienen sollte, nicht in sein Bewusstsein aufgenommen hat. Andererseits habe er jedoch die Geschehensabläufe - im Übrigen - glaubhaft detailliert geschildert. Dies ist widersprüchlich. Jedenfalls hätte es näherer Erörterung bedurft, auch mit dem Sachverständigen, weshalb die Konzentrationsschwäche des Angeklagten zwar die Information über den Zweck der Fahrt habe in Vergessenheit geraten lassen können, die Zuverlässigkeit der Erinnerung an Details der Reise der Strafkammer aber gleichwohl nicht fraglich erschienen ist.
21
d) Nach den Feststellungen der sachverständig beratenen Strafkammer sollen die durch das ADHS-Syndrom verursachten Konzentrationsstörungen bei der gleichzeitigen Verarbeitung mehrerer Informationen zu Verdrängungen und Erinnerungsverlust führen. Da dies nicht substantiiert tatsachenfundiert belegt ist, bleibt auch unerörtert, inwieweit bei der Informationsverarbeitung dem Gewicht einer Mitteilung Bedeutung zukommt. Die Aufforderung, sich an einer Drogenkurierfahrt als Fahrer zu beteiligen, ist brisant. Eine Person, die mit dem Drogenmilieu bislang nichts zu tun hatte - davon ist beim Angeklagten B. nach den Urteilsgründen auszugehen -, muss dies geradezu „elektrisieren“. Es wäre einleuchtend, wenn dann alle anderen Gedanken in den Hintergrund träten. Dass aber die Euphorie des Angeklagten über die Gelegenheit eines kurzen, weitgehend nächtlichen Ausflugs nach Deutschland sowie die Erwartung des Autofahrens dort das „Gedankengedränge“ so sehr beherrschen und verstärken konnten, dass deshalb die Aufforderung zur Beihilfe zu einer Betäubungsmittelstraftat - die eigentlich dominante Information - vom Angeklagten zwar akustisch wahrgenommen, aber nicht ins Bewusstsein aufgenommen wurde, hätte näherer Erörterung bedurft.
22
e) Die Strafkammer folgt den Angaben des Angeklagten B. , wonach er die auf der Rücksitzbank des Fahrzeugs befindlichen Säcke während der Fahrt zwar irgendwann bemerkt habe, er jedoch nicht mit Sicherheit sagen könne, ob sich die Säcke bereits bei der Abfahrt in Holland im Fahrzeug befunden hätten. Er habe sich über die Säcke keine Gedanken gemacht, da bei S. auf der Rückbank des Fahrzeugs öfters Säcke und Beutel gelegen hätten. Der damalige Mitangeklagte S. habe dazu angegeben, so die Strafkammer, er habe zu jener Zeit mit seinem gesamten Hab und Gut in seinem Fahrzeug gelebt. Die Behauptung des Angeklagten B. , er habe die in H. eingeladenen vier Müllsäcke nicht bemerkt, als er wieder abgeholt wurde, klingt wenig plausibel. Die Strafkammer hätte diese Einlassung daher nicht ohne weiteres hinnehmen und so ungeprüft ihren Feststellungen zugrunde legen dürfen (vgl. BGH, Urteil vom 30. Oktober 2008 - 3 StR 416/08, Rn. 6). Die Strafkammer hätte sich - nach entsprechenden Feststellungen - mit dem tatsächlichen Beladungszustand des Fahrzeugs auf der Rückbank am Tattag auseinandersetzen müssen, wie auch mit der Größe der gefüllten Säcke und deren Positionierung in Beziehung zum Sichtfeld des Fahrers bei einem Blick nach hinten, sei es mittels des Innenrückspiegels oder durch Drehen des Kopfes. Oder das Landgericht hätte darlegen müssen, weshalb es Feststellungen hierzu nicht mehr hat treffen können.
23
3. Der Senat vermag nicht auszuschließen, dass die Strafkammer bei Vermeidung der aufgezeigten Rechtsfehler zu teilweise anderen oder zusätzlichen Feststellungen gekommen wäre und dann in der gebotenen Gesamtbetrachtung die Einlassung des Angeklagten über seine Unkenntnis des Zwecks der Fahrt nach Deutschland anders bewertet, in der Folge dann auch anders entschieden und den Angeklagten B. einer Betäubungsmittelstraftat für schuldig befunden hätte.

III.


24
Die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen die Zuerkennung von Haftentschädigung ist damit gegenstandslos.
Nack Wahl Rothfuß Hebenstreit Sander

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer

1.
als Person über 21 JahreBetäubungsmittel unerlaubt an eine Person unter 18 Jahren abgibt oder sie ihr entgegen § 13 Abs. 1 verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt oder
2.
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt, sie in nicht geringer Menge herstellt oder abgibt oder sie besitzt, ohne sie auf Grund einer Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 erlangt zu haben.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

27
b) Indes hat das Landgericht nicht bedacht, dass für das Handeltreiben mit Betäubungsmitteln schon deren absatzorientierte Beschaffung genügt. Der Tatbestand ist bereits dann erfüllt, wenn der Täter einen Dritten ernsthaft verpflichtet hat, ihm die zur Veräußerung bestimmten Betäubungsmittel zu liefern (Weber aaO Rdn. 343, 331). Dies kann hier hinsichtlich der dem Angeklagten versprochenen 25 Gramm des Kokaingemischs der Fall sein. Dass sich der Angeklagte diese versprechen ließ, um sie ganz oder teilweise zu veräußern, liegt nach den Feststellungen nahe. Hiermit hätte sich das Landgericht auseinandersetzen müssen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 116/04
vom
27. April 2004
in der Strafsache
gegen
wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u. a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 27. April 2004 gemäß § 349 Abs. 4
StPO einstimmig beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Duisburg vom 21. November 2003 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:


Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handeltrei bens mit Betäubungsmitteln in 21 Fällen und wegen elf Fällen des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zur Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Seine Revision hat mit der Sachrüge Erfolg.
1. Der Schuldspruch kann insgesamt nicht bestehen bleiben . Das Landgericht hat zum Wirkstoffgehalt der gehandelten Betäubungsmittel entweder keine oder nur unzureichende und nicht nachprüfbare Feststellungen getroffen. Ferner hat es in den Fällen, in denen der Angeklagte Betäubungsmittel teils zum Eigenverbrauch, teils zum gewinnbringenden Weiterverkauf erworben oder eine entsprechende Lieferung vereinbart hatte, unterlassen, den Eigenverbrauchsanteil festzustellen. Damit hat es den jeweiligen Schuldumfang nicht hinreichend bestimmt und zudem in den elf Fällen des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge das Erreichen des Grenzwerts nicht ausreichend dargelegt.
a) Soweit sich die Taten des Angeklagten auf den Handel mit Haschisch, Ecstacy und LSD beziehen, fehlt es an jeglichen Feststellungen zum Wirkstoffgehalt. Soweit der Angeklagte mit Amphetamin gehandelt hat, erschöpfen sich die entsprechenden Feststellungen in allgemeinen Qualitätsangaben wie "erheblich gestreckt" und "gute Qualität", ohne daß diese Bewertungen näher quantifiziert worden sind. Da im illegalen Handel Amphetamin in aller Regel als Zubereitung (vgl. BGH NStZ 1986, 33), also unter Beimischung von Zusatzstoffen und Streckmitteln, und häufig mit sehr geringem Wirkstoffanteil vertrieben wird, hätte der Anteil reinen Amphetamins - notfalls unter Beachtung des Zweifelssatzes im Wege der Schätzung - festgestellt werden müssen (vgl. dazu im einzelnen Weber, BtMG 2. Aufl. § 29 a Rdn. 92 f.; ferner Häufigkeitstabelle in Anhang H, S. 1620).

b) Weiterhin hätte die Strafkammer nicht offen lassen dürfen, welcher Teil der vom Angeklagten erworbenen Betäubungsmittel zum Weiterverkauf und welcher zum Eigenverbrauch bestimmt war. Denn die entsprechenden Teilmengen und ihr Verhältnis zueinander wirken sich sowohl bei der rechtlichen Einordnung als auch bei der Gewichtung der Erwerbstaten im Rahmen der Strafzumessung aus. Sie sind daher - auch insoweit notfalls unter Beachtung des Zweifelssatzes durch Schätzung - festzustellen (vgl. BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Konkurrenzen 5 = StV 2002, 255; ferner bei Winkler NStZ 2002, 192).
2. Für die neuerliche Hauptverhandlung weist der Se nat auf folgendes hin:

a) Bei einem - hier in mehreren Fällen vorliegenden - gleichzeitigen Erwerb unterschiedlicher Betäubungsmittel ist für die Frage der nicht geringen Menge von der Gesamtmenge der jeweiligen Einzelwirkstoffe auszugehen. Dies gilt auch dann, wenn keines der Betäubungsmittel für sich den entsprechenden Grenzwert erreicht (vgl. BGH NStZ 2003, 434).
b) Das Regelbeispiel des gewerbsmäßigen Handelns nach § 29 Abs. 3 Nr. 1 BtMG ist gemäß § 260 Abs. 4 Satz 2 StPO nicht in die Urteilsformel aufzunehmen , da es kein eigenes Unrecht darstellt und allein für die Strafrahmenwahl von Bedeutung ist (vgl. BGHR StPO § 260 Abs. 4 Satz 1 Tatbezeichnung

7).



c) Der neue Tatrichter wird schließlich Gelegenheit ha ben, unter Zuziehung eines Sachverständigen (§ 246 a StPO) die Voraussetzungen der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StPO) zu prüfen. Auf die entsprechenden Darlegungen in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts wird Bezug genommen.
RiBGH von Lienen ist infolge Urlaubs an der Unterschriftsleistung gehindert Winkler Pfister Winkler Becker Hubert

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt, veräußert, abgibt, sonst in den Verkehr bringt, erwirbt oder sich in sonstiger Weise verschafft,
2.
eine ausgenommene Zubereitung (§ 2 Abs. 1 Nr. 3) ohne Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 herstellt,
3.
Betäubungsmittel besitzt, ohne zugleich im Besitz einer schriftlichen Erlaubnis für den Erwerb zu sein,
4.
(weggefallen)
5.
entgegen § 11 Abs. 1 Satz 2 Betäubungsmittel durchführt,
6.
entgegen § 13 Abs. 1 Betäubungsmittel
a)
verschreibt,
b)
verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt,
6a.
entgegen § 13 Absatz 1a Satz 1 und 2 ein dort genanntes Betäubungsmittel überlässt,
6b.
entgegen § 13 Absatz 1b Satz 1 Betäubungsmittel verabreicht,
7.
entgegen § 13 Absatz 2
a)
Betäubungsmittel in einer Apotheke oder tierärztlichen Hausapotheke,
b)
Diamorphin als pharmazeutischer Unternehmer
abgibt,
8.
entgegen § 14 Abs. 5 für Betäubungsmittel wirbt,
9.
unrichtige oder unvollständige Angaben macht, um für sich oder einen anderen oder für ein Tier die Verschreibung eines Betäubungsmittels zu erlangen,
10.
einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Erwerb oder zur unbefugten Abgabe von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, eine solche Gelegenheit öffentlich oder eigennützig mitteilt oder einen anderen zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verleitet,
11.
ohne Erlaubnis nach § 10a einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, oder wer eine außerhalb einer Einrichtung nach § 10a bestehende Gelegenheit zu einem solchen Verbrauch eigennützig oder öffentlich mitteilt,
12.
öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3 des Strafgesetzbuches) dazu auffordert, Betäubungsmittel zu verbrauchen, die nicht zulässigerweise verschrieben worden sind,
13.
Geldmittel oder andere Vermögensgegenstände einem anderen für eine rechtswidrige Tat nach Nummern 1, 5, 6, 7, 10, 11 oder 12 bereitstellt,
14.
einer Rechtsverordnung nach § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 oder § 13 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, 2a oder 5 zuwiderhandelt, soweit sie für einen bestimmten Tatbestand auf diese Strafvorschrift verweist.
Die Abgabe von sterilen Einmalspritzen an Betäubungsmittelabhängige und die öffentliche Information darüber sind kein Verschaffen und kein öffentliches Mitteilen einer Gelegenheit zum Verbrauch nach Satz 1 Nr. 11.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 2, 5 oder 6 Buchstabe b ist der Versuch strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 5, 6, 10, 11 oder 13 gewerbsmäßig handelt,
2.
durch eine der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1, 6 oder 7 bezeichneten Handlungen die Gesundheit mehrerer Menschen gefährdet.

(4) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1, 2, 5, 6 Buchstabe b, Nummer 6b, 10 oder 11 fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(5) Das Gericht kann von einer Bestrafung nach den Absätzen 1, 2 und 4 absehen, wenn der Täter die Betäubungsmittel lediglich zum Eigenverbrauch in geringer Menge anbaut, herstellt, einführt, ausführt, durchführt, erwirbt, sich in sonstiger Weise verschafft oder besitzt.

(6) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 sind, soweit sie das Handeltreiben, Abgeben oder Veräußern betreffen, auch anzuwenden, wenn sich die Handlung auf Stoffe oder Zubereitungen bezieht, die nicht Betäubungsmittel sind, aber als solche ausgegeben werden.

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer

1.
als Person über 21 JahreBetäubungsmittel unerlaubt an eine Person unter 18 Jahren abgibt oder sie ihr entgegen § 13 Abs. 1 verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt oder
2.
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt, sie in nicht geringer Menge herstellt oder abgibt oder sie besitzt, ohne sie auf Grund einer Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 erlangt zu haben.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 280/09
vom
24. September 2009
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen zu 1.: Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u. a.
zu 2.: Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerdeführer
und des Generalbundesanwalts - zu 1. a) mit dessen Zustimmung, zu 3.
auf dessen Antrag - am 24. September 2009 gemäß § 154 a Abs. 1 Satz 1
Nr. 1, Abs. 2, § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten O. gegen das Urteil des Landgerichts Bückeburg vom 18. Februar 2009 wird
a) die Strafverfolgung gegen diesen Angeklagten gemäß § 154 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 StPO in den Fällen II. 1 bis 4 der Urteilsgründe jeweils auf den Vorwurf der Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln beschränkt;
b) der Schuldspruch in den Fällen II. 1 bis 4 der Urteilsgründe dahin geändert, dass der Angeklagte O. jeweils der Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln schuldig ist.
2. Auf die Revision der Angeklagten L. wird das vorgenannte Urteil, soweit es sie betrifft, im Schuldspruch dahin geändert, dass die Angeklagte
a) in den Fällen II. 1 bis 4 der Urteilsgründe jeweils des Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zur Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln sowie
b) im Fall II. 5 der Urteilsgründe der Beihilfe zur Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig ist.
3. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.
4. Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten O. wegen "unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in fünf Fällen" zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Gegen die Angeklagte L. hat es wegen "Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in fünf Fällen" auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten erkannt. Dagegen wenden sich die Beschwerdeführer mit ihren Revisionen, mit denen beide die Ver- letzung sachlichen Rechts rügen; der Angeklagte O. beanstandet zudem das Verfahren.
2
Die Rechtsmittel führen - nach teilweiser Beschränkung der Strafverfolgung gegen den Angeklagten O. - zu den aus der Beschlussformel ersichtlichen Schuldspruchänderungen. Darüber hinaus bleiben sie aus den Gründen der Zuschriften des Generalbundesanwalts vom 26. Juni 2009 ohne Erfolg (§ 349 Abs. 2 StPO).
3
I. Das Landgericht hat folgende Feststellungen getroffen: Der Angeklagte O. führte in vier Fällen 38 Gramm (Fall II. 1 der Urteilsgründe) bzw. 30-50 Gramm (Fälle II. 2 bis 4 der Urteilsgründe) einer Heroinzubereitung mit einem Wirkstoffgehalt von jeweils mindestens 1,5 Gramm Heroinhydrochlorid aus den Niederlanden nach Deutschland ein, wo er es der Angeklagten L. übergab. Die Hälfte dieser Betäubungsmittel war für den gewinnbringenden Verkauf bestimmt; diese wog und verpackte die Angeklagte L. zu verkaufsfertigen Portionseinheiten. Anschließend half sie dem Angeklagten O. bei dem Verkauf des Heroins, indem sie Bestellungen von Käufern entgegennahm und an ihn weiterleitete sowie bei russischsprachigen Interessenten dolmetschte. Die andere Hälfte verbrauchte die Angeklagte L. für sich.
4
Im Fall II. 5 der Urteilsgründe führte der Angeklagte O. 50,61 Gramm Heroin mit einem Wirkstoffgehalt von 13,06 Gramm Heroinhydrochlorid nach Deutschland ein. Hierbei fuhr er - wie auch schon bei den vorangegangenen Taten - mit einem geliehenen Pkw, den ihm die Angeklagte L. in Kenntnis des Zwecks der Fahrten vermittelt hatte. Auf der Rückfahrt wurde er in Deutschland vorläufig festgenommen; die Drogen wurden sichergestellt.
5
II. Auf der Grundlage dieser Feststellungen haben die Schuldsprüche keinen Bestand.
6
1. Dies gilt zunächst, soweit in den Fällen II. 1 bis 4 der Urteilsgründe der Angeklagte O. wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und die Angeklagte L. jeweils wegen Beihilfe hierzu verurteilt worden ist.
7
Von dem Heroin, das der Angeklagte O. in diesen Fällen in den Niederlanden erwarb und nach Deutschland einführte, war der Anteil, den die Angeklagte L. für ihren Eigenverbrauch erhielt, nicht zum gewinnbringenden Weiterverkauf bestimmt. Die Strafkammer hat nicht festgestellt, dass der Angeklagte O. ihr die Drogen gewinnbringend verkaufte, sie überhaupt an sie veräußerte oder beim Erwerb in den Niederlanden noch beabsichtigt hatte, mit der Gesamtmenge Handel zu treiben. Wird aber eine nicht geringe Menge eines Betäubungsmittels erworben, die sodann - wie von vornherein beabsichtigt - aufgeteilt und unterschiedlichen Verwendungen zugeführt wird, so richtet sich die rechtliche Bewertung dieses Vorgangs nach der unterschiedlichen Zweckbestimmung der jeweiligen Teilmenge (BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Konkurrenzen 5).
8
a) Danach hat der Angeklagte O. tateinheitlich zur unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG nur mit der dazu bestimmten Hälfte des eingeführten Heroins Handel getrieben; weil dieser Anteil nach den Feststellungen einen Wirkstoffgehalt von 0,75 Gramm Heroinhydrochlorid enthielt und damit unterhalb des Grenzwerts der nicht geringen Menge lag, hat der Angeklagte insoweit lediglich den Vergehenstatbestand des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln gemäß § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG verwirklicht.
9
Hinsichtlich der anderen Hälfte des in den Niederlanden angekauften und der Angeklagten L. in Deutschland ausgehändigten Heroins gilt Folgendes:
10
aa) Bei dem Erwerb dieser Teilmenge durch den Angeklagten O. mit dem Ziel, sie der Mitangeklagten L. ohne Gegenleistung zu überlassen, handelt es sich wegen der serbischen Staatsangehörigkeit des Angeklagten O. um die Auslandstat eines Ausländers, für die das deutsche Strafrecht nicht gilt; denn der Vertrieb von Betäubungsmitteln im Sinne des § 6 Nr. 5 StGB umfasst den Erwerb von Rauschgift im Ausland nur dann, wenn sich dieser als unselbständiger Teilakt eines Handeltreibens mit Betäubungsmitteln, also eines eigennützigen Tätigwerdens darstellt (vgl. BGHSt 34, 1; BGH StV 1992, 65, 66 jew. für den Erwerb zum Eigenverbrauch).
11
Außerdem träte das Vergehen des Erwerbs von Betäubungsmitteln gemäß § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG ohnehin hinter dem Verbrechenstatbestand des Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nach § 29 a Abs. 1 Nr. 2 BtMG zurück (vgl. BGH NStZ 1994, 548; BGHR BtMG § 29 a Abs. 1 Nr. 2 Besitz 3; OLG Düsseldorf OLGSt BtMG § 29 a Nr. 2; Weber, BtMG 3. Aufl. § 29 a Rdn. 170; Rahlf in MünchKomm-StGB § 29 a BtMG Rdn. 91). Dieser wiederum ginge wegen seines grundsätzlichen Charakters als Auffangtatbestand in dem mit einer höheren Mindestfreiheitsstrafe bedrohten Verbrechenstatbestand der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG auf (vgl. BGHSt 25, 385; 42, 162, 165 f.; Weber aaO § 29 Rdn. 1250; Kotz in MünchKomm-StGB § 29 BtMG Rdn. 562), so dass die Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge deren vorangegangenen Erwerb verdrängt (BGH NStZ 2008, 471; aA Winkler NStZ 2009, 433, 435).
12
bb) Soweit der Angeklagte O. sich in diesen Fällen durch die Weitergabe der Hälfte des Heroins an die Angeklagte L. zu deren Eigenkonsum gleichzeitig auch der unerlaubten Abgabe von Betäubungsmitteln gemäß § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG schuldig gemacht haben könnte, hat der Senat die Strafverfolgung mit Zustimmung des Generalbundesanwalts jeweils auf den Vorwurf der Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln beschränkt.
13
Der Senat neigt insoweit entgegen seiner bisherigen Rechtsprechung (vgl. zum Veräußern: BGHR BtMG § 29 a Abs. 1 Nr. 2 Besitz 3) der Auffassung zu, dass in Fällen, wie sie hier zu beurteilen sind, die Abgabe der unterhalb des Grenzwerts zur nicht geringen Menge liegenden Betäubungsmittel - wie das Handeltreiben - zu dem Delikt der Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit steht. Das beruht auf folgenden Erwägungen:
14
Zunächst besteht zwischen dem Handeltreiben und der Abgabe hier keine Bewertungseinheit (vgl. dazu etwa BGHSt 30, 28, 31), weil das für die Angeklagte L. bestimmte Heroin zu keiner Zeit zur gewinnbringenden Veräußerung vorgesehen war. Aus diesem Grund kann auch der gemeinsame Erwerb der Betäubungsmittel das Handeltreiben mit der einen Hälfte und die Abgabe der anderen nicht zu einer einheitlichen Tat des Handeltreibens verbinden.
15
Die Abgabe der Betäubungsmittel gemäß § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG wird - anders als der Erwerb - auch nicht von dem Verbrechenstatbestand der Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG verdrängt. Mit der Einstufung des Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge als Verbrechen nach § 29 a Abs. 1 Nr. 2 BtMG durch das Gesetz zur Bekämpfung des illegalen Rauschgifthandels und anderer Erscheinungsformen der organisierten Kriminalität (OrgKG) vom 9. September 1992 (BGBl I 1302, 1305) sollte der abstrakten Gefahr der Weitergabe von Betäubungsmitteln an Dritte Rechnung getragen werden, die insbesondere von einer nicht geringen Menge ausgeht (BGHSt 42, 162, 165; BGHR BtMG § 29 a Abs. 1 Nr. 2 Besitz 3). Dies mag es nach allgemeinen Grundsätzen rechtfertigen, Vergehen nach § 29 BtMG, die im Vorfeld der Besitzbegründung liegen oder dazu führen, in dem Verbrechenstatbestand nach § 29 a Abs. 1 Nr. 2 BtMG aufgehen zu lassen. Der Bereich der abstrakten Gefährdung, der den Grund für die Verbrechensstrafbarkeit des Besitzes einer nicht geringen Rauschgiftmenge bildet, ist jedoch verlassen, wenn durch die Weitergabe der Betäubungsmittel an Dritte eine konkrete Gefahr begründet wird (vgl. BGHSt 42, 162, 166). Deshalb kann in diesen Fällen der Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge auch den Grundtatbestand des § 29 Abs. 1 BtMG nicht verdrängen; die Delikte stehen vielmehr in Tateinheit zueinander. Dieses Konkurrenzverhältnis ist für den Fall, dass zum Besitz der Betäubungsmittel in nicht geringer Menge das Handeltreiben mit einer unterhalb dem Grenzwert liegenden Menge hinzutritt , anerkannt (BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Konkurrenzen 5; BGH, Beschl. vom 2. Dezember 1997 - 1 StR 698/97; Weber aaO Rdn. 163; Zschockelt NStZ 1998, 238, 240). Nichts anderes darf dann für die sonstigen Delikte gelten, durch die der Kreis der Personen, die auf das Rauschgift zugreifen können, erweitert wird (vgl. auch BGHSt aaO).
16
Wird aber die Abgabe von Betäubungsmitteln nach § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG nicht vom Besitz nach § 29 a Abs. 1 Nr. 2 BtMG verdrängt, ergibt sich auch aus dem Verhältnis zwischen Einfuhr und Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge kein Zurücktreten des im Anschluss an die Einfuhr verwirklichten Vergehens der Abgabe von Betäubungsmitteln. Dies gebietet nicht zuletzt die Klarstellungsfunktion des § 52 Abs. 1 StGB, weil nur so deutlich wird, dass die gesamte nicht geringe Menge nicht nur in das Bundesgebiet eingeführt worden, sondern hier auch in den Verkehr gelangt ist.
17
b) Die Angeklagte L. hat in den Fällen II. 1 bis 4 der Urteilsgründe nur Beihilfe zu dem Vergehen des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln gemäß § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG, § 27 StGB geleistet, weil nur die einen Wirkstoffgehalt unterhalb des Grenzwerts zur nicht geringen Menge enthaltende Hälfte des Heroins für den gewinnbringenden Verkauf durch den Angeklagten O. vorgesehen war.
18
Die Angeklagte L. hat darüber hinaus in diesen Fällen bezüglich der gesamten Betäubungsmittelmenge, die ihr der Angeklagte O. jeweils übergeben hatte, den Verbrechenstatbestand des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 29 a Abs. 1 Nr. 2 BtMG verwirklicht. Dass die Taten in der Anklageschrift nicht auch unter diesem Gesichtspunkt gewürdigt worden waren und die Angeklagte L. nicht auch insoweit angeklagt worden war, steht - entgegen der Ansicht des Landgerichts - einer entsprechenden Verurteilung nicht entgegen. Aufgrund der umfassenden Kognitionspflicht des Tatrichters hatte die Strafkammer die angeklagten Taten, so wie sie sich nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung darstellten, ohne Bindung an die dem Eröffnungsbeschluss und der unverändert zugelassenen Anklage zugrunde liegende rechtliche Beurteilung erschöpfend abzuurteilen; dass sie dies unterließ, war rechtsfehlerhaft (BGH NStZ 2008, 471, 472). Aus diesem Grund ist auch der Senat nicht gehindert, den Schuldspruch dahingehend zu ändern.
19
Zugleich hat die Angeklagte L. dem Angeklagten O. aber auch Beihilfe zur unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG, § 27 StGB) geleistet, indem sie ihm in Kenntnis des Zwecks der Fahrten die Gelegenheit vermittelte, sich das Fahrzeug für die Einfuhrfahrten zu leihen.
20
Das täterschaftlich begangene Delikt des Besitzes ist hier kein unselbständiges , im Handeltreiben aufgehendes Teilstück des Geschehens, weil die Angeklagte L. nicht in Täterschaft mit den Betäubungsmitteln Handel getrieben hat; liegt insoweit nur Beihilfe vor, so ist Tateinheit mit Besitz von Betäubungsmitteln möglich (BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 3 Konkurrenzen 1). Hier vermag zudem die Beihilfehandlung zu dem Vergehen des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln den täterschaftlich begangenen Verbrechenstatbestand des Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 29 a Abs. 1 Nr. 2 BtMG) wegen der höheren Strafdrohung nicht zu einer Bewertungseinheit zu verbinden. Die Beihilfe zur unerlaubten Einfuhr mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge geht aus den gleichen Gründen ebenfalls nicht in der Beihilfe zum Handeltreiben auf (vgl. BGHSt 31, 163, 165 f.).
21
2. Im Fall II. 5 der Urteilsgründe hat der Schuldspruch hingegen Bestand, soweit die Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge bzw. Beihilfe dazu verurteilt worden sind, weil auch dann, wenn naheliegenderweise erneut die Hälfte des eingeführten Heroins für den Eigenkonsum der Angeklagten L. bestimmt gewesen wäre, der verbleibende Teil oberhalb des Grenzwertes zur nicht geringen Menge lag. Als rechtsfehlerfrei erweist sich auch die Verurteilung des Angeklagten O. wegen tateinheitlich begangener Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge.
22
Hinsichtlich der Angeklagten L. tritt hingegen auch in diesem Fall zu der Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge tateinheitlich die Beihilfe zur Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge hinzu (§ 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG, § 27 StGB). Die Beihilfehandlung liegt hier einheitlich in der Vermittlung des Fahrzeugs, mit dem der Angeklagte O. die Betäubungsmittel einführte. Die Annahme einer Bewertungseinheit scheidet aus, weil der Tatbestand des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge angesichts der niedrigeren Mindeststrafdrohung des § 29 a Abs. 1 BtMG als das weniger schwere Delikt erscheint und deshalb zwischen beiden Tateinheit anzunehmen ist (BGHSt 40, 73, 75). Dies gilt wegen ihrer Akzessorietät zur Haupttat auch für die durch eine Handlung begangene Beihilfe zu diesen beiden tateinheitlich verwirkten Delikten (vgl. Weber aaO vor § 29 Rdn. 274 f.).
23
3. Die durch die abweichende rechtliche Beurteilung der Taten notwendigen Änderungen der Schuldsprüche hat der Senat vorgenommen. § 265 StPO steht dem nicht entgegen, weil sich die Angeklagten nicht anders als geschehen hätten verteidigen können. Das Verschlechterungsverbot des § 331 StPO hindert die teilweise vorgenommene Verschärfung des Schuldspruchs ebenfalls nicht (Paul in KK 6. Aufl. § 331 Rdn. 2).
24
III. Die Strafaussprüche werden von den Schuldspruchänderungen nicht berührt.
25
1. Dies folgt hinsichtlich des Angeklagten O. bereits daraus, dass die Strafkammer den Strafrahmen in den Fällen II. 1 bis 4 der Urteilsgründe zutreffend der Vorschrift des § 30 Abs. 1 BtMG entnommen hat, der von der Schuldspruchänderung nicht betroffen ist. Bei der Prüfung eines minder schweren Falles und bei der Bemessung der konkreten Strafhöhe hat das Landgericht vorrangig auf die Menge und die Gefährlichkeit der eingeführten Betäubungsmittel sowie auf deren Weitergabe an einen Abnehmerkreis von mehreren Personen abgestellt. Diese Erwägungen treffen unabhängig von der Weitergabe der Hälfte des Heroins an die Angeklagte L. zu. Der Senat kann deshalb und auch angesichts der nur geringfügig über der jeweiligen Mindeststrafe liegenden Einzelstrafen ausschließen, dass die Strafkammer bei zutreffender rechtlicher Beurteilung mildere Einzelstrafen verhängt hätte.
26
2. Für die Angeklagte L. gilt Folgendes: Bei zutreffender rechtlicher Beurteilung hätte die Strafkammer wegen des täterschaftlich begangenen Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge die Einzelstrafen in den Fällen II. 1 bis 4 der Urteilsgründe dem Strafrahmen des § 29 a Abs. 1 BtMG entnehmen müssen und diesen nicht gemäß § 27 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB mildern dürfen. Die Mindeststrafe hätte danach in allen Fällen nicht unter einem Jahr Freiheitsstrafe betragen. Selbst wenn das Landgericht insoweit von einem minder schweren Fall ausgegangen wäre - dies liegt indes fern, da es die Annahme eines minder schweren Falles der Beihilfe zum Handeltreiben wegen der einschlägigen Vorstrafen der Angeklagten und der Gefährlichkeit der Betäubungsmittel abgelehnt hat -, wäre es zu der selben Mindeststrafdrohung (§ 29 a Abs. 2 BtMG) gelangt, die es im Urteil zugrunde gelegt hat.
27
Im Fall II. 5 der Urteilsgründe wäre der Strafrahmen dem gemäß § 27 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen des § 30 Abs. 1 BtMG zu entnehmen gewesen, was zu einer Mindeststrafe von sechs Monaten Freiheitsstrafe geführt hätte, nicht aber zu der vom Landgericht angenommenen von drei Monaten.
28
Da auch hinsichtlich der Angeklagten L. die Einzelstrafen von jeweils neun Monaten nur geringfügig über den jeweiligen von der Strafkammer angenommenen Mindeststrafen liegen, schließt der Senat auch insoweit aus, dass sie bei richtiger rechtlicher Beurteilung und dementsprechend gegebenenfalls höheren Mindeststrafen zu milderen Einzelstrafen gelangt wäre.
29
IV. Der nur geringfügige Erfolg der Rechtsmittel lässt es nicht unbillig erscheinen , die Beschwerdeführer mit den gesamten dadurch jeweils entstandenen Kosten zu belasten (§ 473 Abs. 4 Satz 1 StPO).
Becker Pfister Ri'inBGH Sost-Scheible befindet sich in Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Becker RiBGH Hubert befindet sich in Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Becker Mayer

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt, veräußert, abgibt, sonst in den Verkehr bringt, erwirbt oder sich in sonstiger Weise verschafft,
2.
eine ausgenommene Zubereitung (§ 2 Abs. 1 Nr. 3) ohne Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 herstellt,
3.
Betäubungsmittel besitzt, ohne zugleich im Besitz einer schriftlichen Erlaubnis für den Erwerb zu sein,
4.
(weggefallen)
5.
entgegen § 11 Abs. 1 Satz 2 Betäubungsmittel durchführt,
6.
entgegen § 13 Abs. 1 Betäubungsmittel
a)
verschreibt,
b)
verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt,
6a.
entgegen § 13 Absatz 1a Satz 1 und 2 ein dort genanntes Betäubungsmittel überlässt,
6b.
entgegen § 13 Absatz 1b Satz 1 Betäubungsmittel verabreicht,
7.
entgegen § 13 Absatz 2
a)
Betäubungsmittel in einer Apotheke oder tierärztlichen Hausapotheke,
b)
Diamorphin als pharmazeutischer Unternehmer
abgibt,
8.
entgegen § 14 Abs. 5 für Betäubungsmittel wirbt,
9.
unrichtige oder unvollständige Angaben macht, um für sich oder einen anderen oder für ein Tier die Verschreibung eines Betäubungsmittels zu erlangen,
10.
einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Erwerb oder zur unbefugten Abgabe von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, eine solche Gelegenheit öffentlich oder eigennützig mitteilt oder einen anderen zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verleitet,
11.
ohne Erlaubnis nach § 10a einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, oder wer eine außerhalb einer Einrichtung nach § 10a bestehende Gelegenheit zu einem solchen Verbrauch eigennützig oder öffentlich mitteilt,
12.
öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3 des Strafgesetzbuches) dazu auffordert, Betäubungsmittel zu verbrauchen, die nicht zulässigerweise verschrieben worden sind,
13.
Geldmittel oder andere Vermögensgegenstände einem anderen für eine rechtswidrige Tat nach Nummern 1, 5, 6, 7, 10, 11 oder 12 bereitstellt,
14.
einer Rechtsverordnung nach § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 oder § 13 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, 2a oder 5 zuwiderhandelt, soweit sie für einen bestimmten Tatbestand auf diese Strafvorschrift verweist.
Die Abgabe von sterilen Einmalspritzen an Betäubungsmittelabhängige und die öffentliche Information darüber sind kein Verschaffen und kein öffentliches Mitteilen einer Gelegenheit zum Verbrauch nach Satz 1 Nr. 11.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 2, 5 oder 6 Buchstabe b ist der Versuch strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 5, 6, 10, 11 oder 13 gewerbsmäßig handelt,
2.
durch eine der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1, 6 oder 7 bezeichneten Handlungen die Gesundheit mehrerer Menschen gefährdet.

(4) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1, 2, 5, 6 Buchstabe b, Nummer 6b, 10 oder 11 fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(5) Das Gericht kann von einer Bestrafung nach den Absätzen 1, 2 und 4 absehen, wenn der Täter die Betäubungsmittel lediglich zum Eigenverbrauch in geringer Menge anbaut, herstellt, einführt, ausführt, durchführt, erwirbt, sich in sonstiger Weise verschafft oder besitzt.

(6) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 sind, soweit sie das Handeltreiben, Abgeben oder Veräußern betreffen, auch anzuwenden, wenn sich die Handlung auf Stoffe oder Zubereitungen bezieht, die nicht Betäubungsmittel sind, aber als solche ausgegeben werden.

(1) Der Eid mit religiöser Beteuerung wird in der Weise geleistet, dass der Richter an den Zeugen die Worte richtet:

"Sie schwören bei Gott dem Allmächtigen und Allwissenden, dass Sie nach bestem Wissen die reine Wahrheit gesagt und nichts verschwiegen haben"
und der Zeuge hierauf die Worte spricht:
"Ich schwöre es, so wahr mir Gott helfe".

(2) Der Eid ohne religiöse Beteuerung wird in der Weise geleistet, dass der Richter an den Zeugen die Worte richtet:

"Sie schwören, dass Sie nach bestem Wissen die reine Wahrheit gesagt und nichts verschwiegen haben"
und der Zeuge hierauf die Worte spricht:
"Ich schwöre es".

(3) Gibt ein Zeuge an, dass er als Mitglied einer Religions- oder Bekenntnisgemeinschaft eine Beteuerungsformel dieser Gemeinschaft verwenden wolle, so kann er diese dem Eid anfügen.

(4) Der Schwörende soll bei der Eidesleistung die rechte Hand erheben.

(1) Kommt in Betracht, dass die Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus oder in der Sicherungsverwahrung angeordnet oder vorbehalten werden wird, so ist in der Hauptverhandlung ein Sachverständiger über den Zustand des Angeklagten und die Behandlungsaussichten zu vernehmen. Gleiches gilt, wenn das Gericht erwägt, die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt anzuordnen.

(2) Ist Anklage erhoben worden wegen einer in § 181b des Strafgesetzbuchs genannten Straftat zum Nachteil eines Minderjährigen und kommt die Erteilung einer Weisung nach § 153a dieses Gesetzes oder nach den §§ 56c, 59a Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 oder § 68b Absatz 2 Satz 2 des Strafgesetzbuchs in Betracht, wonach sich der Angeklagte psychiatrisch, psycho- oder sozialtherapeutisch betreuen und behandeln zu lassen hat (Therapieweisung), soll ein Sachverständiger über den Zustand des Angeklagten und die Behandlungsaussichten vernommen werden, soweit dies erforderlich ist, um festzustellen, ob der Angeklagte einer solchen Betreuung und Behandlung bedarf.

(3) Hat der Sachverständige den Angeklagten nicht schon früher untersucht, so soll ihm dazu vor der Hauptverhandlung Gelegenheit gegeben werden.