Bundesgerichtshof Urteil, 18. Dez. 2019 - 2 StR 194/19

bei uns veröffentlicht am18.12.2019

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 194/19
vom
18. Dezember 2019
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion u. a.
ECLI:DE:BGH:2019:181219U2STR194.19.0

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 18. Dezember 2019, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Dr. Franke,
die Richter am Bundesgerichtshof Zeng, Dr. Grube, Schmidt, Wenske,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt – in der Verhandlung – als Verteidiger des Angeklagten M. , Rechtsanwältin – in der Verhandlung – als Verteidigerin des Angeklagten F. ,
Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Rostock vom 11. Dezember 2018 mit den Feststellungen aufgehoben, soweit von der Einziehung von Taterträgen oder des Wertersatzes abgesehen worden ist. 2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere als Jugendkammer zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten M. wegen Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion in Tateinheit mit „besonders schweren Diebstahls“ in acht Fällen, wegen Raubes in Tateinheit mit Körperverletzung in vier Fällen und wegen räuberischer Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit einem „Verstoß gegen das Waffengesetz“ zu einer Jugendstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Den Angeklagten F. hat es wegen Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion in Tateinheit mit „besonders schweren Diebstahls“ in fünf Fällen und wegen Raubes in Tateinheit mit Körperverletzung zu einer Jugendstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Im Übrigen hat das Landgericht die Angeklagten freigesprochen. Von der Einziehung von Taterträgen oder des Wertersatzes hat es gegenüber beiden Angeklagten abgesehen.
2
Der Senat hat bereits mit Beschluss vom 24. September 2019 auf die Revision des Angeklagten M. das Urteil, soweit es ihn betrifft, wegen einer durchgreifenden Verfahrensrüge aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen.
3
Die Staatsanwaltschaft rügt die Verletzung materiellen Rechts. Sie beanstandet mit ihren – auf die Einziehungsentscheidung beschränkten – Revisionen , dass das Landgericht rechtsfehlerhaft von einer Einziehung von Taterträgen bzw. des Wertersatzes der durch die Straftaten erlangten Taterträge abgesehen hat.
4
Die vom Generalbundesanwalt vertretenen Rechtsmittel haben Erfolg.
5
1. Die Rechtsmittel sind gemäß § 344 Abs. 1 StPO wirksam auf die Nichtanordnung der Einziehung von Taterträgen bzw. des Wertersatzes beschränkt , weil insoweit die Entscheidung losgelöst vom übrigen Urteilsinhalt geprüft werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 8. Februar 2018 – 3 StR 560/17, NJW 2018, 2141; KK-StPO/Gericke, 8. Aufl., § 344 Rn. 12, jweils mwN).
6
2. Die Entscheidung des Landgerichts, von einer Einziehung von Taterträgen oder des Wertersatzes abzusehen, begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
7
a) Nach den Feststellungen des Landgerichts haben die Angeklagten durch die Straftaten jeweils Mitverfügungsgewalt an dem aus den gesprengten Automaten entnommenen Bargeld sowie – soweit sie tatbeteiligt waren – jeweils alleinige Verfügungsgewalt an den durch die Raubtaten an sich genommenen Gegenständen und Bargeld erlangt; der Angeklagte M. hat darüber hinaus in einem Fall an den aus einem Drogeriemarkt entwendeten Parfumartikeln Mitverfügungsgewalt erlangt.
8
b) Das Landgericht hat von einer Einziehung der Taterträge bzw. des sich im oberen vierstelligen Bereich bezifferbaren Wertersatzes abgesehen, weil eine solche Entscheidung „einer sanktionierenden Vermögenseinbuße“ gleichkäme; dieses widerspräche dem im Jugendrecht geltenden Grundsatz, wonach die Angeklagten „vor finanziellen Belastungen mit negativen Auswirkungen für die zukünftige Entwicklung zu schützen“ seien.
9
c) Diese Erwägung ist durchgreifend rechtsfehlerhaft. Das Landgericht hat die – auch erzieherische – Bedeutung der nach dem Gesetz auch im Jugendstrafrecht zulässigen Einziehung rechtsfehlerhaft nicht hinreichend bedacht.
10
aa) Die Einziehung ist nach ständiger Rechtsprechung keine Nebenstrafe , sondern eine Maßnahme eigener Art (vgl. nur BGH, Urteil vom 21. August 2002 – 1 StR 115/02, BGHSt 47, 369). Ihr fehlt es daher schon an dem – vom Landgericht rechtsfehlerhaft angenommenen – Strafcharakter (vgl. nur BGH, Beschluss vom 3. März 2019 – 3 StR 192/18, NJW 2019, 1891, 1894; Wiedner in Graf/Jäger/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, 2. Aufl., § 73 StGB Rn. 9 mwN).
11
bb) Nach ständiger Rechtsprechung ist die Verhängung der in §§ 73 ff. StGB vorgesehenen Maßnahmen auch im Jugendstrafrecht gemäß § 2 Abs. 2 i.V.m. § 8 Abs. 3 JGG zulässig, und zwar unabhängig davon, ob der Wert noch im Vermögen des Jugendlichen oder des nach Jugendstrafrecht zu behandelnden Heranwachsenden vorhanden ist (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 11. Juli 2019 – 1 StR 467/18, NStZ 2019, 682, 683 mwN). Dementsprechend sieht das Jugendgerichtsgesetz in § 76 Satz 1 JGG für das vereinfachte Ju- gendverfahren die Anordnung der Einziehung vor. Dass die Einziehung nach den §§ 73 ff. StGB eine zulässige Nebenfolge im Sinne des § 8 Abs. 3 JGG ist, setzt auch § 459g StPO voraus, der unter anderem Regelungen für die Vollstreckung dieser Nebenfolge enthält. Vom Anwendungsbereich des § 8 Abs. 3 Satz 1 JGG nimmt § 6 JGG – als Ausnahmevorschrift – lediglich die dort genannten Nebenfolgen aus (vgl. auch MüKo-StGB/Laue, 3. Aufl., § 6 JGG Rn. 6; BeckOK-JGG/Gertler/Kunkel/Putzke, 15. Ed., § 8 Rn. 8; NK-JGG/ Ostendorf, 10. Aufl., § 6 Rn. 2). Diese gesetzgeberische Entscheidung kann nicht allein mit dem allgemeinen Hinweis auf erzieherische Interessen unterlaufen werden (vgl. auch BGH, Urteil vom 17. Juni 2010 – 4 StR 126/10, BGHSt 55, 174, 177 zu §§ 73 ff. StGB aF).
12
d) Ob die Einziehung von Taterträgen im Jugendstrafrecht zwingend anzuordnen ist (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 11. Juli 2019 – 1 StR 467/18, NStZ 2019, 682 ff.; andererseits: Senat, Urteil vom 21. November 2018 – 2 StR 262/18, NStZ 2019, 221, 222; BGH, Urteil vom 8. Mai 2019 – 5 StR 95/19, juris Rn. 5 ff. mwN; Beschluss vom 24. Januar 2019 – 5 StR 475/18), muss der Senat hier nicht entscheiden. Unbeschadet dessen, dass das Landgericht schon gar nicht erwogen hat, eine Ermessensentscheidung zu treffen, kann der Senat die Einziehungsentscheidung auch nicht entsprechend § 354 Abs. 1 StPO nachholen. Den Urteilsgründen ist schon nicht durchgehend hinreichend zu entnehmen, in welcher genauen Höhe Taterträge erlangt sind, ob die erlangten Taterträge, insbesondere die erbeuteten Gegenstände, noch im Besitz der Angeklagten vorhanden sind oder ob insoweit die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Betracht kommt. Der Senat hat deshalb auch die entsprechenden Feststellungen aufgehoben.
Franke Zeng Grube Schmidt Wenske

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(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen.

(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 560/17
vom
8. Februar 2018
in der Strafsache
gegen
wegen Wohnungseinbruchdiebstahls u.a.
ECLI:DE:BGH:2018:080218U3STR560.17.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 8. Februar 2018, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Becker,
Richter am Bundesgerichtshof Gericke, Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Spaniol, die Richter am Bundesgerichtshof Dr. Tiemann, Hoch als beisitzende Richter,
Staatsanwalt als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Trier vom 13. Juli 2017 aufgehoben, soweit von der Anordnung der Einziehung von Taterträgen oder des Wertes von Taterträgen abgesehen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Wohnungseinbruchdiebstahls in fünf Fällen, wegen versuchten Wohnungseinbruchdiebstahls und wegen Besitzes von Betäubungsmitteln zu der Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und neun Monaten verurteilt. Hiergegen wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihrer auf das Unterbleiben einer Einziehungsentscheidung beschränkten und auf die Rüge der Verletzung sachlichen Rechts gestützten Revision; sie begehrt die Ergänzung des Urteils um die Einziehung eines Geldbetrages in Höhe von insgesamt 38.546,85 €. Das vom Generalbundesanwalt teilweise vertretene Rechtsmittel hat den aus der Urteilsformel ersichtlichen Erfolg. Der weitergehende Antrag war zurückzuweisen.

I.


2
Nach den Feststellungen entwendete der Angeklagte bei fünf Einbruchdiebstählen Bargeld und Wertgegenstände im Wert von insgesamt 35.476,85 €. Aus Verkäufen der Gegenstände erlangte er insgesamt 3.070 €. Das Landgericht, das die Vorschriften der §§ 73 ff. StGB in der ab dem 1. Juli 2017 geltenden Fassung zur Anwendung gebracht hat, hat von einer Einziehung eines dem Wert der Tatbeute entsprechenden Geldbetrages abgesehen, da - bis auf einen Betrag von 321,75 € - alle Schäden von den jeweiligen Versicherungen der Geschädigten reguliert worden sind; damit seien nach Übergang der Forderungen auf die Versicherungen nach § 86 VVG die Ansprüche der Geschädigten gegen den Angeklagten im Sinne des § 73e Abs. 1 StGB nF erloschen. Hinsichtlich der Einziehung der nicht von der Versicherung abgedeckten Schadenssumme von 321,75 € sei versehentlich eine Einziehungsentscheidung unterblieben.
3
Demgegenüber vertritt die Staatsanwaltschaft die Auffassung, die Ansprüche der Geschädigten gegen den Angeklagten seien mit der Versicherungsleistung lediglich nach § 86 Abs. 1 Satz 1 VVG auf die Versicherung übergegangen, aber nicht erloschen. Zudem habe der Angeklagte auch den Betrag von 3.070 €, den er durch den Verkauf der Gegenstände eingenommen habe, durch die Taten im Sinne des § 73 Abs. 1 StGB nF erlangt, so dass auch dieser der Einziehung unterliege.

II.


4
1. Die Beschränkung des Rechtsmittels auf die unterbliebene Einziehungsentscheidung ist wirksam. Zwar konnte nach früherer Rechtslage die Revision regelmäßig nicht wirksam auf eine Entscheidung über die Einziehung nach § 74 StGB aF beschränkt werden: Da jedenfalls die Einziehung nach § 74 Abs. 2 Nr. 1 StGB aF eine Nebenstrafe und damit Teil der Strafzumessung war, konnte der Strafausspruch nur insgesamt angegriffen werden (BGH, Urteil vom 22. Dezember 1992 - 1 StR 618/92, NStZ 1993, 400). Jedoch handelt es sich bei der Einziehung von Taterträgen nach § 73 StGB nF, die in der Sache dem Verfall nach § 73 StGB aF entspricht, nicht um eine Strafe oder strafähnliche Maßnahme, so dass sie, wie der Verfall nach alter Rechtslage, den Strafausspruch in der Regel nicht berührt und einer Beschränkung der Revision jedenfalls dann zugänglich ist, wenn die Entscheidung - wie hier - losgelöst vom übrigen Urteilsinhalt geprüft werden kann (vgl. BGH, Urteile vom 2. Dezember 2004 - 3 StR 246/04, NStZ-RR 2005, 104; vom 17. Juni 2010 - 4 StR 126/10, BGHSt 55, 174, 175 f.).
5
2. Das Rechtsmittel hat auch - soweit das Landgericht von der Einziehung der Tatbeute oder eines Geldbetrages in ihrem Wert abgesehen hat - Erfolg. Die Strafkammer ist rechtsfehlerhaft von einem Ausschluss der Einziehung ausgegangen.
6
Nach § 73 Abs. 1 StGB nF ist zwingend das einzuziehen, was der Täter durch oder für die Tat erlangt hat. Ist die Einziehung des erlangten Gegenstandes nicht möglich, so ist nach § 73c Satz 1 StGB nF die Einziehung eines Geldbetrages auszusprechen, der dem Wert des Erlangten entspricht. Eine Einziehung ist nach § 73e Abs. 1 StGB nF zwar dann ausgeschlossen, wenn der Anspruch auf Rückgewähr des Erlangten oder auf Ersatz des Wertes des Erlangten, der dem Verletzten aus der Tat erwachsen ist, erloschen ist.
7
Dies ist vorliegend entgegen der Auffassung des Landgerichts indes nicht der Fall. Die Vorschrift des § 73e Abs. 1 StGB nF soll dem Umstand Rechnung tragen, dass der Täter, der durch die Tat etwas erlangt hat, sich nach der Gesetzesänderung neben der Einziehung auch weiterhin den Ansprüchen des Geschädigten ausgesetzt sieht. Zur Vermeidung einer Doppelbelastung soll die Einziehung deshalb entfallen, wenn der Anspruch des Geschädigten bis zum Abschluss des Erkenntnisverfahrens - etwa durch Rückgabe des entwendeten Gegenstandes - erlischt (vgl. Köhler, NStZ 2017, 497, 500). Mit der vorliegend erbrachten Leistung der Versicherung an die Geschädigten sind jedoch die Rückgewährungsansprüche der Verletzten nicht erloschen, sondern nach § 86 Abs. 1 Satz 1 VVG auf die Versicherung übergegangen. Sie bestehen also fort. Als Verletzter im Sinne des § 73 Abs. 1 StGB nF gilt nunmehr der Versicherer (BT-Drucks. 18/9525, S. 51). Der Einziehung des durch die Tat Erlangten stand § 73e Abs. 1 StGB nF somit nicht entgegen. Die Strafkammer hätte mithin das Erlangte, nämlich die Diebesbeute, oder - soweit diese nicht mehr vorhanden war - entweder nach § 73 Abs. 3 Nr. 1 StGB nF das dafür erlangte Surrogat oder nach § 73c StGB nF die Einziehung des Wertersatzes anordnen müssen.
8
Die Entscheidung über eine Einziehung des (Wertes des) Erlangten bedarf deshalb neuer Verhandlung und Entscheidung. Die vom Generalbundesanwalt beantragte Urteilsergänzung über die Einziehung des Wertersatzes analog § 354 Abs. 1 StPO durch den Senat selbst kam hingegen nicht in Betracht, da die Urteilsgründe die Höhe des Wertes des Erlangten nicht sicher ergeben. Insoweit kann das Tatgericht nach § 73d Abs. 2 StGB nF zwar eine Schätzung vornehmen. Den Urteilsgründen kann indes nicht in allen Fällen entnommen werden, auf welcher Grundlage das Landgericht den Wert der Tatbeute festgestellt hat, insbesondere ob es sich dabei an den Angaben der Geschädigten zum Wert der entwendeten Gegenstände oder an den Leistungen der Versicherung orientiert hat.
9
3. Dagegen scheidet - entgegen dem Revisionsvorbringen der Staatsanwaltschaft - eine zusätzliche Einziehung des Betrages von 3.070 €, den der Angeklagte durch den Verkauf der Diebesbeute erlangt hat, aus. Insoweit gilt:
10
Die Einziehung von Taterträgen nach § 73 Abs. 1 StGB nF ersetzt die Vorschrift über den Verfall nach § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB aF, wobei die Formulierung "aus" der Tat erlangt durch die Worte "durch eine rechtswidrige Tat" erlangt ersetzt wurde. Abzuschöpfen ist damit jeder Vermögenswert, den der Tatbeteiligte durch die rechtswidrige Tat erlangt hat, also alles, was in irgendeiner Phase des Tatablaufs in seine Verfügungsgewalt übergegangen und ihm so aus der Tat unmittelbar messbar zugutegekommen ist (BT-Drucks. 18/9525, S. 62; vgl. auch Köhler NStZ 2017, 497, 503). Allerdings erstreckt sich die Einziehung nach § 73 Abs. 1 StGB nF - wie der frühere Verfall - nach seinem Umfang grundsätzlich nur auf das unmittelbar erlangte Etwas (vgl. LK/Schmidt, StGB, 12. Aufl., § 73 Rn. 17). Mittelbar durch die Verwertung der Tatbeute erlangte Vermögenszuwächse können weiterhin nur als Surrogat aufgrund einer Anordnung nach § 73 Abs. 3 Nr. 1 StGB nF (früher § 73 Abs. 2 Satz 2 StGB aF) eingezogen werden. Die vom Gesetz getroffene Unterscheidung zwischen der Einziehung des Erlangten nach § 73 Abs. 1 StGB nF und der Einziehung des Surrogats nach § 73 Abs. 3 Nr. 1 StGB nF ergäbe keinen Sinn, wenn - wie die Staatsanwaltschaft meint - der mittelbar durch die Verwertung der Tatbeute er- zielte Gewinn ebenfalls "durch die Tat" erlangt und damit Gegenstand einer Einziehung nach § 73 Abs. 1 StGB nF wäre. Vielmehr wollte der Gesetzgeber mit dem Wortlaut der Regelung des § 73 Abs. 3 Nr. 1 StGB nF klarstellen, dass die Anordnung der Einziehung nach § 73 Abs. 1 StGB nF sich nicht ohne weiteres auf die Surrogate "erstreckt" (BT-Drucks. 18/9525, S. 62). Einer Auslegung des § 73 Abs. 1 StGB nF, wonach neben der Einziehung des unmittelbar Erlangten bzw. des Wertersatzes auch eine solche des Surrogats aus der Verwertung der Beute anzuordnen wäre, steht zudem der unmissverständliche Wortlaut des § 73c Abs. 1 Satz 1 StGB nF entgegen, wonach der Wert des Erlangten (nur) einzuziehen ist, wenn entweder die Einziehung des Erlangten nicht möglich ist oder aber von der Einziehung des Surrogats abgesehen wird.
Becker Gericke Spaniol Tiemann Hoch
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
_________________
Der Verfall ist, auch bei Anwendung des Bruttoprinzips, keine Strafe, sondern
eine Maßnahme eigener Art. Die Abschöpfung des über den Nettogewinn
hinaus Erlangten verfolgt primär einen Präventionszweck. Dies gilt auch für
die Anordnung des Verfalls gegen den Drittbegünstigten nach § 73 Abs. 3
BGH, Urteil vom 21. August 2002 - 1 StR 115/02 - LG Mannheim

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 115/02
vom
21. August 2002
gegen
wegen Verstoßes gegen das Außenwirtschaftsgesetz
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom
13. August 2002 in der Sitzung vom 21. August 2002, an denen teilgenommen
haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Schäfer
und die Richter am Bundesgerichtshof
Nack,
Dr. Boetticher,
Schluckebier,
Hebenstreit,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Vertreter der Verfallsbeteiligten,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Die Revision der Verfallsbeteiligten gegen das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 26. Oktober 2001 wird verworfen. Sie trägt die Kosten ihres Rechtsmittels. 2. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das vorbezeichnete Urteil dahin geändert, daß gegen die Verfallsbeteiligte der Verfall eines Geldbetrages von 4.466.203,89 Euro (8.735.135,56 DM) angeordnet wird. Die Verfallsbeteiligte trägt die Kosten der Revision der Staatsanwaltschaft. Von Rechts wegen

Gründe:


Das Landgericht hat zwei Angestellte der Papierfabrik S. GmbH wegen mehrfacher Verbrechen nach dem Außenwirtschaftsgesetz (§ 34 Abs. 4 AWG i.V.m. § 69 Buchst. h Abs. 1 Nr. 2 AWV) zu Bewährungsstrafen verurteilt. Gegen die Verfallsbeteiligte, die nach dem Tatzeitraum in eine Kommanditgesellschaft umgewandelte Papierfabrik S. GmbH & Co. KG, hat es nach § 73 Abs. 3 StGB den Verfall von Wertersatz in Höhe von 7.916.855,06 DM angeordnet. Die auf die Sachrüge gestützte Revision der Verfallsbeteiligten hat keinen Erfolg. Die Revision der Staatsanwaltschaft , die mit der Sachrüge die Anordnung eines höheren Verfallsbetrages erstrebt , ist hingegen begründet.

I.

Gegenstand der Verurteilung und der Verfallsanordnung sind Embargoverstöße in der Zeit von Juli 1992 bis November 1995. Die Papierfabrik S. GmbH (im folgenden S. GmbH), die technische Spezialpapiere herstellte, hatte Tabakpapier an eine Firma in Serbien geliefert. Der Angeklagte I. war Leiter des Betriebsbereichs „Tabakpapiere“; der Mitangeklagte R. war Gesamtverkaufsleiter und Vorgesetzter des Angeklagten I. . 1. Am 30. Mai 1992 hatte der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen umfassende Sanktionen gegen Serbien und Montenegro verhängt, die durch Änderungen der Außenwirtschaftsverordnung mit Wirkung vom 13. Juni 1992 in deutsches Recht umgesetzt wurden und bis zum 22. November 1995 aufrechterhalten blieben. Schon vor dem Embargo hatte die S. GmbH Tabakpapier an die serbische Firma geliefert. Diese Geschäftsbeziehung war im Gegensatz zu anderen Absatzmärkten relativ profitabel (die Preise lagen 30 bis 40 % über den sonstigen Durchschnittspreisen) und für das betriebswirtschaftliche Gesamtergebnis der Abteilung „Tabakpapiere“ von großer Bedeutung. Die Angeklagten befürchteten infolge des Embargos einen erheblichen Umsatzverlust, eine unzureichende Auslastung der Maschinen und Kurzarbeit. Sie entschlossen sich deshalb, das Embargo durch Einschaltung anderer Firmen zu umgehen. Die darüber unterrichteten Geschäftsführer der S. GmbH billigten diese Umgehungsgeschäfte ausdrücklich. Bis zum Ende des Embargos wurde dem Konto der S. GmbH ein Verkaufserlös von 7.916.855,06 DM (4.047.823,72 dieses Betrages wurde der Verfall von Wertersatz angeordnet. Nach Aufhe-
bung des Embargos ging auf dem Konto ein weiterer Betrag von ! #" $% &" (') "+* , .- /+ 10 )-&2 818.280,50 DM (418.380,18 en erklärt. 2. Die Verfallsanordnung gegen die Verfallsbeteiligte als Drittbegünstigte nach § 73 Abs. 3 StGB hat das Landgericht damit begründet, daß ihr das Handeln der Angeklagten zuzurechnen sei, da diese im Interesse des Unternehmens und mit Billigung der Geschäftsführer gehandelt hätten. Die spätere Veräußerung der S. GmbH an ein anderes Unternehmen und die Umwandlung in eine Kommanditgesellschaft habe an ihrer Stellung als Verfallsadressatin nichts geändert. Das nach § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB Erlangte bestehe in dem gesamten während der Embargozeit vereinnahmten Verkaufserlös. Die Höhe des Verfallsbetrages bemesse sich nach dem Bruttoprinzip, so daß keine Kosten in Abzug zu bringen seien. Die Voraussetzungen der Härteregelung des § 73c Abs. 1 Satz 1 StGB hat das Landgericht verneint. Die Geschäftsführer der S. GmbH hätten die Umgehungsgeschäfte gebilligt und gezielt finanzielle Mittel und Ressourcen des Unternehmens für die Produktion des für Serbien bestimmten Zigarettenpapiers eingesetzt, also bewußt Kapital in strafbare Handlungen investiert. Zudem sei das Unternehmen durch die Verfallsanordnung keinesfalls in seiner Existenz gefährdet. Auch eine Entreicherung im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB liege nicht vor. 3. Die Verfallsbeteiligte macht mit ihrer Revision geltend, sie könne infolge des nach der Tatzeit erfolgten Unternehmensverkaufs und wegen der Unternehmensumwandlung nicht Verfallsadressatin sein. Ferner habe das Landgericht bei der Höhe des Verfalls zu Unrecht das Bruttoprinzip angewendet. Jedenfalls aber hätte wegen des Schuldprinzips nur der Nettoerlös abgeschöpft werden dürfen.
4. Die Staatsanwaltschaft erstrebt mit ihrer Revision eine höhere Verfallsanordnung. Auch hinsichtlich der nach Ende des Embargos vereinnahmten Verkaufserlöse in Höhe von 818.280,50 DM – die aus Lieferungen während der Embargozeit herrührten – hätte der Verfall angeordnet werden müssen.

II.

Die Revision der Verfallsbeteiligten hat keinen Erfolg. Das Landgericht hat die Höhe des verfallenen Wertersatzes nach § 73a Satz 1 i.V.m. § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB zu Recht nach dem Bruttoprinzip ermittelt und rechtsfehlerfrei eine unbillige Härte im Sinne des § 73c Abs. 1 Satz 1 StGB verneint. 1. Der Verfall (des Wertersatzes) ist nach § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB zwingend nach Maßgabe des Bruttoprinzips anzuordnen, soweit nicht die gleichfalls zwingende Härtevorschrift des § 73c Abs. 1 Satz 1 StGB entgegensteht.
a) Die Höhe des Verfalls (und des Verfalls des Wertersatzes) richtet sich nach dem Bruttoprinzip. Bruttoprinzip bedeutet, daß nicht bloß der Gewinn, sondern grundsätzlich alles, was der Täter für die Tat oder aus ihr erlangt hat, für verfallen zu erklären ist (BGH NStZ 1995, 491). Entscheidend ist, was dem Betroffenen gerade durch die Straftat zugeflossen ist oder was er durch diese erspart hat. Bei der Berechnung des – wie hier – durch einen Kauf Erlangten ist vom gesamten Verkaufserlös ohne Abzug von Einkaufspreis und sonstigen Aufwendungen auszugehen (BGH NStZ 1994, 123; NStZ 2000, 480; NStZ-RR 2000, 57; wistra 2001, 389; BGH, Beschluß vom 3. Dezember 2000 – 1 StR 547/00; BGH, Urteil vom 20. März 2001 – 1 StR 12/01).
b) Dieser Umfang des Verfalls entspricht dem Willen des Gesetzgebers, der durch Gesetz zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes, des Strafgesetzbuches und anderer Gesetze vom 28. Februar 1992 (BGBl. I S. 372) § 73 StGB mit Wirkung vom 7. März 1992 geändert hat. Während der Verfall nach
der alten Fassung des § 73 StGB nur den „Vermögensvorteil“ (Nettoprinzip) erfaßte, ist nunmehr der Verfall des „Erlangten“ (Bruttoprinzip) anzuordnen. Die Gesetzesänderung geht zurück auf einen Vorschlag des Bundesrates zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 25. Oktober 1989 (BTDrucks. 11/6623 S. 11), der in seiner Stellungnahme die Umstellung des Nettoprinzips auf das Bruttoprinzip vorgeschlagen hatte. Die Bundesregierung hatte den Vorschlag in ihrer Gegenäußerung aufgegriffen (S. 13); das Gesetz kam jedoch in der 11. Wahlperiode nicht mehr zustande. In der 12. Wahlperiode griff der Bundesrat in seinem Entwurf des OrgKG (BT-Drucks. 12/989) diesen Änderungsvorschlag zu § 73 StGB wieder auf und die Bundesregierung stimmte dem zu (S. 52). Die Notwendigkeit der Gesetzesänderung begründete der Bundesrat unter anderem mit der restriktiven Anwendung des Verfalls in der Praxis aufgrund der Kompliziertheit der Regelung. Der Rechtsausschuß des Bundestages führte in seinem Bericht (BT-Drucks. 12/2720, S. 42) aus, „es gehe bei den Verfallsvorschriften nicht um eine Strafe, sondern um die Beseitigung eines rechtswidrigen Zustandes, der durch eine Straftat ausgelöst worden sei.“ Parallel dazu war der Änderungsvorschlag zu den Verfallsvorschriften im Zuge der Ausschußberatungen (BT-Drucks. 12/289) in den Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes (BT-Drucks. 12/104) aufgenommen worden. Zwar scheiterte dieser Gesetzentwurf zunächst im Vermittlungsverfahren; die Koalitionsfraktionen (BT-Drucks. 12/899) und die Bundesregierung (BT-Drucks. 12/1134) brachten den Entwurf aber erneut ein. Das daraufhin verabschiedete Gesetz zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes , des Strafgesetzbuches und anderer Gesetze führte schließlich zur Änderung des § 73 StGB, so daß der entsprechende Änderungsvorschlag im OrgKG entfiel. In der Entwurfsbegründung (BT-Drucks. 12/899, S. 11) wurde die Umstellung auf das Bruttoprinzip damit begründet, daß das Nettoprinzip die
Ermittlung der Verfallsvoraussetzungen erschwere. Auch führe die Saldierungspflicht bei der Nettogewinnabschöpfung nach der Gesamtsystematik der Rechtsordnung zu Wertungswidersprüchen. Der Rechtsgedanke des § 817 Satz 2 BGB, wonach das in ein verbotenes Geschäft Investierte unwiederbringlich verloren ist, sollte deshalb auch beim Verfall Anwendung finden. Der Verfall sollte sich deshalb auf „die Gesamtheit des Erlangten“ beziehen.
c) Das Bruttoprinzip ist auch auf Fälle der vorliegenden Art (Embargoverstoß ) anwendbar (vgl. BGH, Beschluß vom 8. Oktober 1999 – 2 StR 511/98). Zwar wird das Bruttoprinzip zumeist bei Betäubungsmitteldelikten zur Anwendung kommen (vgl. BGH NStZ 1994, 123; NStZ 1995, 491; NStZ 1995, 495; NStZ 2000, 480; NStZ 2001, 312; NStZ-RR 2000, 57; BGH, Urteil vom 20. März 2001 – 1 StR 12/01; BGH, Beschlüsse vom 13. Dezember 2000 – 1 StR 547/00 und vom 25. Juli 2001 – 5 StR 300/01). Insbesondere hier besteht kein rechtlich schützenswertes Vertrauen, aus dem verbotenen Geschäft erlangte Vermögensbestandteile behalten zu dürfen, die der Erlös strafbarer Geschäfte sind (BGH NStZ 2001, 312). Nicht abzugsfähig sind damit auch Transportkosten oder der Kurierlohn (BGH NStZ-RR 2000, 57) und selbstverständlich auch die „Anschaffungskosten“ für eine Schußwaffe. Aus der umfassenden Beschränkung des Umgangs mit Betäubungsmitteln ergibt sich indes keine Begrenzung des Saldierungsverbots nur auf diese Deliktsgruppe; das Bruttoprinzip gilt vielmehr für alle Fälle des Verfalls (zu Bestechungsdelikten vgl. BGH wistra 2001, 389; BGH NJW 2002, 2257, 2259; zu geheimdienstlicher Agententätigkeit vgl. BGH NJW 1998, 1723, 1728). 2. Der Senat hat keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Umgestaltung des Verfallsrechts durch die Einführung des Bruttoprinzips in § 73 StGB mit der den Umfang des Verfalls begrenzenden Funktion des § 73c
StGB (BGH NStZ 2001, 312; vgl. auch BGH NStZ-RR 2000, 57 und den hierzu ergangenen Beschluß des Bundesverfassungsgerichts – Kammer – vom 3. September 1999 – 2 BvR 1637/99).
a) Der Verfall ist keine Strafe und auch keine – in Bezug auf das Schuldprinzip – strafähnliche Maßnahme. Er ist vielmehr eine Maßnahme eigener Art. Das folgt aus dem objektivierten Willen des Gesetzgebers, der systematischen Stellung sowie dem Wortlaut der Vorschrift und den zugehörigen verfahrensrechtlichen Vorschriften. aa) Nach ausdrücklicher gesetzlicher Regelung setzt der Verfall Schuld nicht voraus. Anders als bei der Einziehung (§ 74 Abs. 1 StGB) genügt für den Verfall eine rechtswidrige Tat (§ 73 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 11 Abs. 1 Nr. 5 StGB). Er muß unter den Voraussetzungen des § 73 Abs. 3 StGB auch gegen einen Dritten und sogar gegen eine juristische Person angeordnet werden. Gegen den Drittbegünstigten ist der Verfall anzuordnen, auch wenn der Dritte bzw. das Organ einer juristischen Person keine Straftat begangen hat (vgl. Schmidt in LK 11. Aufl. § 73 Rdn. 54). Auch insoweit unterscheidet er sich von der Einziehung, die eine vorsätzliche oder sonst individuell vorwerfbare Straftat voraussetzt (vgl. § 74 Abs. 1 Satz 1, § 74a, § 75 StGB). Nach § 76a StGB kann auf Verfall auch selbständig in dem objektiven Verfahren nach § 442 i.V.m. § 440 StPO erkannt werden. Der Verfall ist im Strafgesetzbuch auch nicht in den Titel „Strafen“ eingeordnet, sondern bildet zusammen mit der Einziehung einen eigenen Titel. bb) Die Einführung des Bruttoprinzips hat an der Rechtsnatur des Verfalls als eine Maßnahme eigener Art nichts geändert; jedenfalls wird er auch dadurch nicht zu einer Strafe oder strafähnlichen Maßnahme (BGH NStZ 1995, 491; NJW 1998, 1723, 1728; NStZ 2001, 312 m.w.N.; ebenso Schmidt in LK 11. Aufl. § 73 Rdn. 7 ff.; a.A. Tröndle/Fischer, StGB 50. Aufl. § 73 Rdn. 3; Eser
in Schönke/Schröder, StGB 26. Aufl. vor § 73 Rdn. 19; Lackner in Lackner/Kühl, StGB 24. Aufl. § 73 Rdn. 4b). Das Bruttoprinzip sollte die Anordnung des Verfalls nicht nur im Hinblick auf seine Berechnung praktikabler machen. Die Abschöpfung des über den Nettogewinn hinaus Erlangten verfolgt vielmehr primär einen Präventionszweck. Die dadurch angestrebte Folge, daß auch die Aufwendungen nutzlos waren, soll zur Verhinderung gewinnorientierter Straftaten – und insbesondere diese wollte der Gesetzgeber erfassen – beitragen. Müßte der Betroffene für den Fall der Entdeckung hingegen lediglich die Abschöpfung des Tatgewinns befürchten, so wäre die Tatbegehung unter finanziellen Gesichtspunkten weitgehend risikolos. Diesen Präventionszweck – der Verfallsbetroffene soll das Risiko strafbaren Handelns tragen – hatte der Gesetzgeber im Auge, als er sich auf den Rechtsgedanken des § 817 Satz 2 BGB bezog, wenn er darauf abhob, daß das in ein verbotenes Geschäft Investierte unwiederbringlich verloren sein soll. Dieser Normzweck gilt auch für die Anordnung des Verfalls gegen den Drittbegünstigten nach § 73 Abs. 3 StGB, insbesondere dann, wenn dieser Nutznießer der rechtswidrigen Tat ist. Die Ratio des Zugriffs auf den Drittbegünstigten beschreibt Schmidt (in LK 11. Aufl. § 73 Rdn. 50) zutreffend so: „Ohne diese Regelung wäre eine Gewinnabschöpfung gerade in Bereichen wie z. B. der Wirtschafts- oder Verbandskriminalität sowie des organisierten Verbrechens, in denen die Vermögensvorteile aus Straftaten bei Unternehmen anfallen oder auf Scheinfirmen übertragen werden, kaum möglich.“ Ebenso sieht es Eser (in Schönke/Schröder, StGB 26. Aufl. § 73 Rdn. 34; vgl. aber auch Rdn. 37a), wenn er begründet, weshalb die Verfallsanordnung nicht auf den Täter beschränkt sein darf: „Damit aber wäre eine Gewinnabschöpfung gerade dort erschwert, wenn nicht praktisch ausgeschlossen, wo das größte Be-
dürfnis dafür besteht, nämlich im Bereich der Wirtschafts- und Verbandskriminalität ...“. Soweit der Täter oder Teilnehmer für den Dritten handelt, soll er das für den Dritten nicht risikolos tun können. Die den Dritten treffende Folge, daß auch seine Aufwendungen nutzlos waren, kann und soll bewirken, daß der Dritte – namentlich ein hierarchisch organisiertes Unternehmen – Kontrollmechanismen zur Verhinderung solcher Straftaten errichtet und auf deren Einhaltung achtet. Darin liegt der Präventionszweck des Verfalls gegen den Drittbegünstigten. Würde bei ihm lediglich der aus der Straftat gezogene Gewinn abgeschöpft , so würde sich die bewußt aus finanziellen Interessen begangene Tat im Ergebnis als wirtschaftlich risikolos auswirken. Ein derart risikolos zu erzielender Gewinn müßte geradezu als Tatanreiz für die Straftat wirken; das würde dem mit dem Bruttoprinzip verfolgten Präventionszweck zuwiderlaufen. Hinzu kommt gerade mit Blick auf die Natur der hier in Rede stehenden rechtswidrigen Tat (Verbrechen nach dem Außenwirtschaftsgesetz, Embargoverstoß ), an die der Verfall anknüpft, daß sich die Maßnahme als Teil eines Systems erweist, welches die Wirksamkeit der Handelsbeschränkungen sicherstellen und diese durchsetzen soll (vgl. auch BVerfG – Kammer – NJW 1990, 1229). cc) Der Senat verkennt nicht, daß mit dem Bruttoprinzip dem Verfallsbetroffenen ein – mitunter erheblicher – wirtschaftlicher Nachteil zugefügt werden kann. Dies findet seine Rechtfertigung jedoch darin, daß nicht auf wohlerworbenes , sondern auf Vermögen zugegriffen wird, das durch vorausgegangene rechtswidrige Taten bemakelt ist. Um Repression oder Vergeltung geht es dabei nicht. Weil der Verfall keine schuldbezogene individuelle Vorwerfbarkeit voraussetzt, kann und soll er nicht dem (individuellen) Schuldausgleich dienen.

b) Das Schuldprinzip ist daher auf den Verfall nicht anwendbar. Das gilt auch, soweit dieser nach dem Bruttoprinzip über den Vermögensvorteil hinaus angeordnet wird (BGH NStZ 1995, 491). Das Schuldprinzip, das seine Grundlage in Art. 1 Abs. 1 GG hat, besagt, daß jede Strafe in einem gerechten Verhältnis zur Schwere der Straftat und zum Verschulden des Täters stehen muß. Die verhängte Strafe darf die Schuld des Täters nicht übersteigen. Insoweit deckt sich der Schuldgrundsatz in seinen die Strafe begrenzenden Auswirkungen mit dem Übermaßverbot (BVerfGE 45, 187, 228; 54, 100, 108; 86, 288, 313; BVerfG NJW 2002, 1779). Eine Strafandrohung darf nach Art und Maß dem unter Strafe stehenden Verhalten nicht schlechthin unangemessen sein; Tatbestand und Rechtsfolge müssen sachgerecht aufeinander abgestimmt sein (BVerfG NJW 1994, 1577 und – Kammer – NJW 1997, 1910). Eine Strafe, für die das Schuldprinzip gilt, ist im Gegensatz zu einer reinen Präventionsmaßnahme dadurch gekennzeichnet, daß sie – wenn nicht ausschließlich, so doch auch – auf Repression und Vergeltung für ein rechtlich verbotenes Verhalten abzielt. Mit der Strafe wird dem Täter ein rechtswidriges sozialethisches Fehlverhalten vorgeworfen; das setzt die Feststellung der individuellen Vorwerfbarkeit voraus (BVerfGE 95, 96, 140 und – Kammer – NJW 1998, 2585). Das Schuldprinzip gilt nicht für Rechtsfolgen ohne Strafzwecke (BVerfGE 91, 1, 27).
c) Der Verfall greift auch bei Anwendung des Bruttoprinzips nicht in das Eigentumsgrundrecht (Art. 14 Abs. 1 GG) ein. In Fällen der vorliegenden Art dürften die in Rede stehenden Vermögenspositionen schon nicht in den Schutzbereich des Grundrechts fallen. Die Kaufpreisforderungen der Verfallsbeteiligten stammen aus rechtswidrigen, sich als Verbrechen erweisenden Embargogeschäften. An deren Stelle ist in Folge der Erfüllung ein entsprechender Geldbetrag (Wertersatz) getreten. Es handelt sich also nicht um wohlerworbe-
ne, sondern um von vornherein bemakelte Positionen. Unter diesen Umständen ergibt sich jedenfalls aus der Befugnis des Gesetzgebers zur Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG) im Blick auf Zweck und Bedeutung der Regelung auch insoweit eine verfassungsrechtlich hinreichend tragfähige Grundlage (vgl. auch BT-Drucks. 11/6623, S. 5 unter Bezugnahme auf BVerfGE 22, 387, 422).
d) Soweit der Verfall den Betroffenen übermäßig belasten würde (Übermaßverbot oder Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne) sieht die Härteklausel des § 73c StGB eine hinreichend bestimmte Begrenzung vor. Nach dessen Absatz 1 Satz 1 darf der Verfall nicht angeordnet werden, soweit er für den Betroffenen eine unbillige Härte wäre (vgl. BGH NStZ 1995, 495; NStZ-RR 2000, 365; wistra 2001, 389; BGHR StGB § 73c Härte 6; BGH, Urteil vom 5. Dezember 2001 – 2 StR 410/01). Zudem kann die Anordnung nach Absatz 1 Satz 2 insbesondere dann unterbleiben, wenn der Betroffene entreichert ist. Sind beim Verfall gegen den Drittbegünstigten der Dritte bzw. die Organe einer juristischen Person gutgläubig, so wird in der Regel zu prüfen sein, ob eine unbillige Härte nach § 73c StGB vorliegt (vgl. Tröndle/Fischer, StGB 50. Aufl. § 73 Rdn. 22; Eser in Schönke/Schröder, StGB 26. Aufl. § 73 Rdn. 37a). Entsprechendes gilt, wenn der Anteil des Vermögensvorteils marginal ist. 4. Der Verfall des Wertersatzes in Höhe von 7.916.855,06 DM und die Verneinung einer unbilligen Härte erweisen sich danach als rechtsfehlerfrei.
a) Die S. GmbH war Drittbegünstigte im Sinne des § 73 Abs. 3 StGB. Hier liegt ein sog. Vertretungsfall im weiteren Sinne vor (BGHSt 45, 235, 245) vor, denn die Angeklagten handelten als Angestellte der S. GmbH zugunsten des Unternehmens, noch dazu mit ausdrücklicher Billigung der Geschäftsführer. Für die rechtswidrigen Taten der Angeklagten hatte die S. GmbH die Kaufpreisforderungen als Tatentgelte (§ 11 Nr. 9 StGB) unmittelbar „erlangt“. Nachdem diese - unbeschadet der Frage ihrer Wirksamkeit - geltend gemacht und
erfüllt wurden, war der Verfall des Wertersatzes nach § 73a Satz 1 StGB in Form eines Geldbetrags, der dem Wert der Forderungen entspricht, anzuordnen.
b) Die Geschäftsführer der S. GmbH hatten die Umgehungsgeschäfte gebilligt und gezielt finanzielle Mittel und Ressourcen des Unternehmens für die Produktion des für Serbien bestimmten Zigarettenpapiers eingesetzt, also bewußt Kapital in strafbare Handlungen investiert. Bei dieser Fallgestaltung erfordert der Präventionszweck des Bruttoprinzips die Abschöpfung der gesamten bemakelten Kaufpreisforderung.
c) Das Übermaßverbot ist nicht verletzt. Die Verfallsbeteiligte ist durch die Verfallsanordnung keinesfalls in ihrer Existenz gefährdet; die Geschäftsführung hatte die Begehung der Embargoverstöße und damit der rechtswidrigen Taten (Verbrechen) gebilligt. Schon deswegen liegt keine u n b i l l i g e Härte im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB vor. Auch eine Entreicherung (§ 73 Abs. 1 Satz 2) StGB ist nach den Feststellungen ausgeschlossen. 5. Die S. GmbH & Co. KG ist die richtige Verfallsadressatin.
a) An der Stellung der Kommanditgesellschaft als Verfallsadressatin hat auch der Verkauf und die Umwandlung des Unternehmens nichts geändert. Im November 1997, zwei Jahre nach Tatende, kaufte die amerikanische Firma G. die S. GmbH. 1998 wurde die S. GmbH in die S. GmbH & Co. KG umgewandelt; als neue Komplementärin beteiligte sich die Firma Ra. 209 Vermögensverwaltungsgesellschaft mbH.
b) Die Umwandlung erfolgte durch Formwechsel gemäß § 1 Nr. 4 UmwG, für welche die §§ 190 ff. UmwG gelten. Wesentliches Merkmal des Formwechsels ist die wirtschaftliche Kontinuität des Rechtsträgers (vgl.
Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG 3. Aufl. § 190 Rdn. 5). Da dieser identisch bleibt (Identitätsgrundsatz), findet auch kein Vermögensübergang statt (Kallmeyer , UmwG 2. Aufl. § 190 Rdn. 6). Der bisherige Rechtsträger besteht nach Durchführung des Formwechsels in seiner neuen Rechtsform weiter (§ 202 Abs. 1 Nr. 1 UmwG). Das führt dazu, daß Rechte und Pflichten, die während der Zeit der ursprünglichen Rechtsform entstanden sind, weiterbestehen, nunmehr allerdings in der Person des Rechtsträgers in seiner neuen Form. Der Verfall war daher gegenüber der Kommanditgesellschaft anzuordnen, denn diese hat – Identitätsgrundsatz – die Tatentgelte für die Embargoverstöße in ihrer früheren Rechtsform erlangt. Daran ändert auch der Gesellschafterwechsel infolge des Unternehmensverkaufs nichts, denn die Verfallsbeteiligte ist als juristische Person selbständige Trägerin von Rechten und Pflichten.

III.

Die Revision der Staatsanwaltschaft hat Erfolg. Auch hinsichtlich der nach Aufhebung des Embargos vereinnahmten Verkaufserlöse in Höhe von 818.280,50 DM war der Verfall des Wertersatzes anzuordnen. Die Forderungen sind ersichtlich aus Geschäften während der Embargozeit „erlangt“ worden. Sie hatten - auch wenn sie nichtig (§§ 134, 138 BGB) waren - schon zu diesem Zeitpunkt einen wirtschaftlichen Wert, weil die konkrete Aussicht auf Bezahlung bestand. Im übrigen handelt es sich bei den hier in Rede stehenden Strafbestimmungen um Zeitgesetze (vgl. BGH StV 1999, 26; NJW 2002, 1357), so daß nach § 2 Abs. 5 StGB auch § 2 Abs. 4 Satz 1 StGB zur Anwendung käme.
Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden und den Verfall eines höheren Geldbetrages anordnen, da die Verfallsanordnung auch in dieser Höhe zwingend ist und keine weiteren Feststellungen veranlaßt sind (§ 354 Abs. 1 StGB). Damit beträgt der verfallene Geldbetrag insgesamt 4.466.203,89 Euro (8.735.135,56 DM). Schäfer Nack Boetticher Schluckebier Hebenstreit

(1) Erziehungsmaßregeln und Zuchtmittel, ebenso mehrere Erziehungsmaßregeln oder mehrere Zuchtmittel können nebeneinander angeordnet werden. Mit der Anordnung von Hilfe zur Erziehung nach § 12 Nr. 2 darf Jugendarrest nicht verbunden werden.

(2) Neben Jugendstrafe können nur Weisungen und Auflagen erteilt und die Erziehungsbeistandschaft angeordnet werden. Unter den Voraussetzungen des § 16a kann neben der Verhängung einer Jugendstrafe oder der Aussetzung ihrer Verhängung auch Jugendarrest angeordnet werden. Steht der Jugendliche unter Bewährungsaufsicht, so ruht eine gleichzeitig bestehende Erziehungsbeistandschaft bis zum Ablauf der Bewährungszeit.

(3) Neben Erziehungsmaßregeln, Zuchtmitteln und Jugendstrafe kann auf die nach diesem Gesetz zulässigen Nebenstrafen und Nebenfolgen erkannt werden. Ein Fahrverbot darf die Dauer von drei Monaten nicht überschreiten.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 467/18
vom
11. Juli 2019
in der Strafsache
gegen
wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung u.a.
ECLI:DE:BGH:2019:110719B1STR467.18.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 11. Juli 2019, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Dr. Raum,
der Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Jäger, die Richterinnen am Bundesgerichtshof Cirener, Dr. Hohoff und der Richter am Bundesgerichtshof Dr. Leplow,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt – in der Verhandlung –, Rechtsanwalt als Verteidiger,
Justizangestellte – in der Verhandlung –, Justizangestellte – bei der Verkündung – als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,
beschlossen:
1. Der Senat beabsichtigt zu entscheiden: Im Jugendstrafverfahren steht die Entscheidung über die Einziehung von Taterträgen nach § 73 Abs. 1 StGB und des Wertes von Taterträgen nach § 73c Satz 1 StGB im Ermessen des Tatgerichts (§ 8 Abs. 3 Satz 1 JGG). 2. Der Senat fragt bei dem 2. und 5. Strafsenat an, ob an der entgegenstehenden Rechtsauffassung in den Urteilen vom 21. November 2018 – 2 StR 262/18, vom 24. Mai 2018 – 5 StR 623/17 und 624/17 und vom 8. Mai 2019 – 5 StR 95/19 sowie in dem Beschluss vom 24. Januar 2019 – 5 StR 475/18 festgehalten wird. Ferner fragt er bei dem 3. und 4. Strafsenat an, ob dortige Rechtsprechung entgegensteht und ob gegebenenfalls an dieser festgehalten wird.

Gründe:


1
1. Das Landgericht hat den Angeklagten wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung, Diebstahls in Tateinheit mit Sachbeschädigung, wegen Betruges in 49 Fällen, davon in zwölf Fällen in Tateinheit mit Urkundenfälschung , und wegen versuchten Betruges in 13 Fällen, davon in elf Fällen in Tateinheit mit Urkundenfälschung, unter Einbeziehung einer anderweitigen Verurteilung zu einer Einheitsjugendstrafe von vier Jahren verurteilt.
2
Das Landgericht hat folgende für die Einziehungsentscheidung bedeutsame Feststellungen und Wertungen getroffen:
3
Im Zeitraum von September 2014 bis April 2016 erbeutete der – umfassend geständige – Angeklagte durch eine räuberische Erpressung zum Nachteil des Mitarbeiters eines Casinos, einen Einbruchdiebstahl in eine Gaststätte , Betrugstaten im Internet (Ankauf von Waren ohne Bezahlung, Verkauf ohne Lieferungen, Kauf auf fremden Namen), unberechtigte Überweisungen mittels Fälschung von Unterschriften auf Überweisungsträgern, einen gemeinsam mit seinem Bruder begangenen Betrug zum Nachteil eines Drogenabhängigen sowie durch den Abschluss eines Untermietvertrages unter Vorspiegelung seiner Leistungswilligkeit und -fähigkeit Geld und Waren im Gesamtwert von etwa 17.000 €. Hintergrund der Vermögensstraftaten des in seiner Schuldfähigkeit nicht eingeschränkten Angeklagten waren seine pathologische Spielsucht und dadurch entstandene Schulden.
4
Die Jugendkammer hat auf die Taten, die der Angeklagte sämtlich als Heranwachsender begangen hat, nach § 105 Abs. 1 Nr. 1 JGG Jugendstrafrecht angewendet und von der Einziehung des Wertes von Taterträgen nach § 73c StGB gegen den – wie dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe hinreichend zu entnehmen ist – nicht mehr bereicherten und vermögenslosen Angeklagten abgesehen. Zur Begründung hat das Landgericht unter anderem angeführt, aus der Systematik des JGG ergebe sich, dass die Einziehung von Wertersatz zwar eine zulässige Nebenfolge im Jugendstrafrecht sei, § 8 Abs. 3 Satz 1 JGG allerdings vorsehe, dass die Entscheidung, ob die Nebenfolge angeordnet werde, im Ermessen des Gerichts liege. Dass die Vorschrift des § 8 Abs. 3 Satz 1 JGG den Regelungen des allgemeinen Strafrechts vorgehe, ergebe sich aus § 2 Abs. 2 JGG.
5
Dem Jugendrichter ein Ermessen bei der Auswahl der anzuordnenden Maßnahmen, Strafen und Nebenfolgen einzuräumen, entspreche dem Grundgedanken des Jugendgerichtsgesetzes, nach dem der Erziehungsgedanke Leitprinzip des Jugendstrafrechts sei. Bei der Findung der erzieherisch erforderlichen und angemessenen Ahndung sei im Einzelfall sorgfältig zu überprüfen und abzuwägen, dass dem Jugendlichen keine übermäßigen finanziellen Belastungen auferlegt werden, da ihn solche entmutigen würden, überhaupt finanziell selbständig zu werden, oder – schlimmstenfalls – zu erneuten Straftaten treiben würden, um seinen Lebensunterhalt trotz der staatlich auferlegten finanziellen Verpflichtungen zu bestreiten. Dieser Grundgedanke finde sich in verschiedenen Regelungen des Jugendgerichtsgesetzes, so bei dem Absehen von der Auferlegung von Verfahrenskosten nach § 74 JGG oder dem Umstand, dass das Jugendgerichtsgesetz keine Geldstrafe vorsehe. Auch sei die Anordnung von Geldauflagen nach § 15 Abs. 1 Satz 2 JGG nur zulässig, wenn an den Jugendlichen keine unzumutbaren Anforderungen gestellt werden. Überdies stehe die Regelung der Geldauflage zur Gewinnabschöpfung in § 15 Abs. 2 Nr. 2 JGG in Widerspruch zu der zwingenden Anordnung der Einziehung des Wertersatzes nach § 73c StGB. Die Bedenken gegen die zwingende Anwendung des § 73c StGB im Jugendstrafverfahren könnten auch nicht durch die Möglichkeit des Ausschlusses der Vollstreckung nach § 459g Abs. 5 StPO ausgeräumt werden, da die Anordnung des Unterbleibens der Vollstreckung nur zeitlich begrenzt gelte und die Vollstreckung jederzeit wieder aufgenommen werden könne.
6
Die Jugendkammer hat das von ihr angenommene Ermessen dahingehend ausgeübt, von einer Einziehung des Wertes der Taterträge bei dem Angeklagten abzusehen. Dabei hat sie insbesondere darauf abgehoben, dass der Angeklagte, bei dem das Landgericht eine positive Entwicklung sieht und der die Zeit in der Justizvollzugsanstalt für eine Ausbildung nutzen möchte, nach Verbüßung der Jugendstrafe „von Null“ beginnen und sich erst ein eigenständi- ges, selbstverantwortliches Leben schaffen müsse. Er werde durch die finanzi- elle Belastung von über 17.000 € in eine finanzielle Situation gebracht, die ihn entmutigen würde, überhaupt einen Neuanfang zu wagen, und die ihn stattdessen in die Versuchung neuer Vermögensdelikte bringen würde.
7
2. Die Staatsanwaltschaft wendet sich mit ihrer wirksam beschränkten Revision gegen die Nichtanordnung der Einziehung des Wertes von Taterträgen. Der Generalbundesanwalt vertritt die Revision nur, soweit der Angeklagte aus den Betrugstaten Gegenstände erbeutet hat. Der Generalbundesanwalt ist insoweit der Ansicht, den Feststellungen des Landgerichts sei in einigen Fällen nicht zu entnehmen, dass die erlangten Waren nicht mehr im Vermögen des Angeklagten vorhanden seien. Damit fehle es an einer Grundlage für eine Ermessensausübung des Tatgerichts (Fälle C. 4., C. 6. a bis f und C. 6. h bisk der Urteilsgründe). Im Übrigen vertritt der Generalbundesanwalt die Revision der Staatsanwaltschaft nicht. Der Generalbundesanwalt geht dabei teilweise davon aus, der Angeklagte selbst habe durch die Taten nichts erlangt (Fälle C. 5. a, bb und C. 5. e – Überweisung an die E. Limited – der Urteilsgründe ), und ist hinsichtlich der übrigen Fälle vollendeter Straftaten ebenso wie das Landgericht der Auffassung, die Regelung in § 8 Abs. 3 Satz 1 JGG sehe hinsichtlich der Einziehung von Taterträgen ein Ermessen des Jugendgerichts vor; Fehler bei der Ermessensausübung des Landgerichts seien nicht gegeben.
8
3. Der Senat beabsichtigt, die Revision insgesamt zu verwerfen. Nach Auffassung des Senats steht – was nur einheitlich zu beantworten ist – die Entscheidung über die Einziehung von Taterträgen nach § 73 Abs. 1 StGB und des Wertes von Taterträgen nach § 73c Satz 1 StGB im Jugendstrafverfahren im Ermessen des Tatgerichts (§ 8 Abs. 3 Satz 1 JGG). Die Jugendkammer hat rechtsfehlerfrei das ihr eingeräumte Ermessen ausgeübt und von der Einziehung des Wertes von Taterträgen abgesehen.
9
a) Die strafrechtliche Vermögensabschöpfung richtet sich vorliegend gemäß Art. 316h Satz 1 EGStGB nach den durch das Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13. April 2017 (BGBl. I S. 872) eingeführten und am 1. Juli 2017 in Kraft getretenen neuen Regelungen der §§ 73 ff. StGB.
10
b) Dabei steht einer Einziehung von Taterträgen – wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift zutreffend ausgeführt hat – in dem Fall C. 5. a, bb der Urteilsgründe und in dem Fall C. 5. e der Urteilsgründe hinsichtlich der an die E. Limited veranlassten Überweisung bereits entgegen, dass der Angeklagte selbst nichts aus diesen Taten erlangt hat.
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c) Die Frage, ob nach den neuen Regelungen der Vermögensabschöpfung in §§ 73 ff. StGB die Einziehung von Taterträgen und des Wertes der Taterträge im Jugendstrafrecht zwingend anzuordnen ist oder im Ermessen des Tatgerichts steht, wird in Literatur und Rechtsprechung nicht einheitlich beantwortet. Während teilweise die Einziehung – entsprechend der gesetzlichen Neuregelung im Erwachsenenstrafrecht – im Erkenntnisverfahren unabhängig davon, ob der Angeklagte noch bereichert ist, als zwingend angesehen wird (vgl. Brunner/ Dölling, JGG, 13. Aufl., § 6 Rn. 5; MüKoStGB/Laue, 3. Aufl., § 6 JGG Rn. 8; Diemer/Schatz/Sonnen/Diemer, JGG, 7. Aufl., § 8 Rn. 11 f. zum alten Recht; Reitemeier, ZJJ 2017, 354, 361, 366; Köhler, NStZ 2018, 730, 731 f.; Korte, NZWiSt 2018, 231, 233; Schumann, StraFo 2018, 415, 419; LG Trier, Urteil vom 27. September 2017 – 8031 Js 20631/16 jug. 2a Ns Rn. 21 ff.), nimmt die Gegenauffassung demgegenüber mit unterschiedlichen Begründungsansätzen an, die Entscheidung über die Anordnung stehe im Ermessen des Tatgerichts (vgl. Eisenberg, JGG, 20. Aufl., § 6 Rn. 7; Schady/Sommerfeld, ZJJ 2018, 219, 223 ff.; Kölbel, 42. Strafverteidigertag 2018, S. 339 ff.; LG Münster, NStZ 2018, 669; AG Rudolstadt, StV 2019, 462; AG Frankfurt a.M., ZJJ 2018, 249, 250 f., ZJJ 2018, 251, 252 f.).
12
d) Für die rechtliche Beurteilung ist davon auszugehen, dass die Anordnung der Einziehung von Taterträgen nach § 73 Abs. 1 StGB und des Wertes von Taterträgen nach § 73c Satz 1 StGB auch im Jugendstrafrecht zulässig ist.
13
Die Vorschriften der §§ 73 ff. StGB sind über die Verweisung des § 2 Abs. 2 JGG grundsätzlich auch im Jugendstrafrecht anwendbar (vgl. BGH, Urteil vom 21. November 2018 – 2 StR 262/18 Rn. 7 zu §§ 73 ff. StGB nF sowie BGH, Urteil vom 17. Juni 2010 – 4 StR 126/10 Rn. 7 ff., BGHSt 55, 174, 177 f. zu §§ 73 ff. StGB aF). Für das vereinfachte Jugendverfahren ist die Einziehung in § 76 Satz 1 JGG dementsprechend für zulässig erklärt worden.
14
Hieran knüpft § 8 Abs. 3 Satz 1 JGG an, wonach der Richter neben Jugendstrafe auf die nach dem Jugendgerichtsgesetz zulässigen Nebenstrafen und Nebenfolgen erkennen kann. Damit ist auch die in § 11 Abs. 1 Nr. 8 StGB genannte Maßnahme der Einziehung gemeint (vgl. BGH, Urteil vom 17. Juni 2010 – 4 StR 126/10 Rn. 7 ff., BGHSt 55, 174, 177 f. zu §§ 73 ff. StGB aF mwN; Brunner/Dölling, JGG, 13. Aufl., § 6 Rn. 5; BeckOK JGG/Putzke, 13. Ed., § 8 Rn. 8). Dass die Einziehung nach den §§ 73 bis 73c StGB eine Nebenfolge im Sinne des § 8 Abs. 3 JGG ist, setzt auch § 459g StPO voraus, der unter anderem Regelungen für die Vollstreckung dieser Nebenfolge enthält. Vom Anwendungsbereich des § 8 Abs. 3 Satz 1 JGG nimmt § 6 JGG – als Ausnahmevorschrift – lediglich die dort genannten Nebenfolgen aus (vgl. BGH aaO Rn. 8). Demnach ist die Anordnung der Einziehung von Taterträgen auch im Jugendstrafrecht – neben den jugendstrafrechtlichen Rechtsfolgen in § 5 Abs. 1 und 2 JGG – grundsätzlich zulässig (vgl. BGH aaO).

15
Der Bundesgerichtshof hat zum alten Recht darauf verwiesen, dass diese gesetzgeberische Entscheidung nicht unter Berufung auf erzieherische Interessen unterlaufen werden dürfe; der Vermeidung von Härtefällen diene allein die Vorschrift in § 73c StGB aF (vgl. BGH aaO Rn. 8, 10). Die als solche bezeichnete Härtevorschrift sah in § 73c Abs. 1 Satz 1 StGB aF vor, dass der Verfall nicht angeordnet wird, soweit er für den Betroffenen eine unbillige Härte wäre. § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB aF bestimmte, dass die Anordnung unterbleiben kann, soweit der Wert des Erlangten zur Zeit der Anordnung in dem Vermögen des Betroffenen nicht mehr vorhanden ist oder wenn das Erlangte nur einen geringen Wert hat.
16
e) Die umfassende Neuregelung der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung mit dem Wegfall der Härtefallklausel des § 73c StGB aF und der Verlagerung der Berücksichtigung der finanziellen Situation des Täters oder sonstiger unbilliger Härten in das Vollstreckungsverfahren gibt nach Auffassung des Senats Anlass, die Anordnung der Einziehung im jugendgerichtlichen Verfahren neu zu bewerten. Dies gilt insbesondere für die Fälle, in denen der Einziehungsbetroffene nicht mehr über die ursprüngliche Tatbeute verfügt und folglich nach § 73c Satz 1 StGB allein eine Geldforderung des Staates tituliert wird. Ausgangspunkt der Überlegungen ist die Vorschrift des § 8 Abs. 3 Satz 1 JGG, die – wie zuvor ausgeführt – auch für die Einziehung von Taterträgen im Jugendstrafrecht gilt.
17
aa) Dafür, dass die Anordnung der Einziehung von Taterträgen im Ermessen des Jugendgerichts steht, streitet zunächst der Wortlaut des § 8 Abs. 3 Satz 1 JGG. Dort heißt es ohne jede Einschränkung, dass neben Erziehungs- maßregeln, Zuchtmitteln und Jugendstrafe auf die nach diesem Gesetz zulässigen Nebenstrafen und Nebenfolgen erkannt werden „kann“.
18
Dem steht nicht entgegen, dass in der jugendstrafrechtlichen Literatur der Regelungsgegenstand des § 8 JGG in der Verbindung verschiedener Reaktionsmittel des Jugendstrafrechts gesehen wird (vgl. Brunner/Dölling, JGG, 13. Aufl., § 8 Rn. 1 f., 8; Eisenberg, JGG, 20. Aufl., § 8 Rn. 7, 13; MüKoStGB/Laue, 3. Aufl., § 8 JGG Rn. 1). Denn anerkannt ist auch, dass Kombinationen – unabhängig von den zulässigen Kombinationsoptionen – immer dann unzulässig sind, wenn sie (z.B. wegen konfligierender Ziele hinsichtlich des Erziehungs- und Ahndungsbedarfs) nicht geeignet oder (z.B. wegen der Kumulationswirkung) insgesamt unverhältnismäßig sind (vgl. BeckOK JGG/Putzke, 13. Ed., § 8 Rn. 9; HK-JGG/Rössner, 2. Aufl., § 8 Rn. 8; NKJGG /Ostendorf, 10. Aufl., § 8 Rn. 8). Gerade für diese Kombinationsentscheidung sieht § 8 JGG ein Ermessen des Jugendgerichts vor (vgl. BeckOK JGG/Putzke, 13. Ed., § 8 Rn. 12).
19
bb) Dafür, dass § 8 Abs. 3 Satz 1 JGG dem Tatgericht ein Ermessen hinsichtlich der Anordnung der Einziehung einräumt, spricht auch § 2 Abs. 1 Satz 1 JGG, nach dem sich alle jugendstrafrechtlichen Sanktionen an dem Ziel der Spezialprävention orientieren müssen. Dass die im Allgemeinen Teil des Strafgesetzbuchs geregelte nunmehr zwingende Einziehung von Taterträgen für das Jugendstrafrecht modifiziert werden darf, ergibt sich aus § 2 Abs. 2 JGG, der vorsieht, dass die allgemeinen Vorschriften nur gelten, soweit im Jugendgerichtsgesetz nichts anderes bestimmt ist. Die Vorschrift des § 8 Abs. 3 Satz 1 JGG ist in diesem Sinne eine entsprechende spezielle Regelung.
20
cc) Zudem streiten systematische Erwägungen für ein Ermessen des Tatgerichts bezogen auf die Anordnung der Einziehung von Taterträgen. Eine zwingende Anwendung der Einziehungsvorschriften nach §§ 73 ff. StGB würde das differenzierte und abgestufte Gesamtgefüge möglicher Rechtsfolgen im Jugendstrafrecht unterlaufen. Dies verdeutlicht besonders die Vorschrift des § 15 JGG. § 15 Abs. 1 Satz 1 JGG sieht bestimmte Auflagen – wie z.B. die Schadenswiedergutmachung in Nr. 1 und die Zahlung eines Geldbetrages zugunsten einer gemeinnützigen Einrichtung in Nr. 4 – vor, die der Richter anord- nen „kann“. Gemäß § 15Abs. 2 JGG soll die Zahlung eines Geldbetrages nur angeordnet werden, wenn der Jugendliche eine leichte Verfehlung begangen hat und selbst über ausreichende Mittel verfügt, um den Geldbetrag zu zahlen (Nr. 1), oder dem Jugendlichen der Gewinn, den er aus der Tat erlangt hat, oder das Entgelt, das er für die Tat erhalten hat, entzogen werden soll (Nr. 2). § 15 Abs. 2 Nr. 2 JGG enthält damit eine besondere Regelung für die Vermögensabschöpfung im Jugendstrafrecht, deren Anordnung im Ermessen des Richters steht. Voraussetzung für die Entziehung der Tatvorteile ist nach allgemeiner Auffassung, dass der Täter noch bereichert ist (vgl. Diemer /Schatz/Sonnen/Diemer, JGG, 7. Aufl., § 15 Rn. 19; Eisenberg, JGG, 20. Aufl., § 15 Rn. 27; BeckOK JGG/Putzke, 13. Ed., § 15 Rn. 76; siehe auch Brunner /Dölling, JGG, 13. Aufl., § 15 Rn. 16). Dem entspricht, dass die Anordnung einer Geldauflage gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2 JGG allgemein unter dem Vorbehalt steht, dass an den Jugendlichen keine unzumutbaren Anforderungen gestellt werden dürfen. Zur Durchsetzung sieht das Gesetz nach § 15 Abs. 3 Satz 2, § 11 Abs. 3 JGG die Verhängung von Beugearrest vor, wobei diese Entscheidung wiederum im Ermessen des Richters steht. Diese differenzierte Regelung zur Gewinnabschöpfung im Jugendstrafrecht würde vollständig konterkariert und ihr Anwendungsbereich gänzlich ausgehöhlt, wenn zwingend die Einziehung von Taterträgen oder – auch bei Entreicherung – des Wertes von Taterträgen anzuordnen wäre. Dabei sind schematische Betrachtungsweisen mit dem Grundgedanken der Rechtsfolgenbemessung im Jugendstrafrecht oh- nehin grundsätzlich unvereinbar. Vielmehr sind bei der Rechtsfolgenbestimmung stets die im Einzelfall relevanten Umstände und Gesichtspunkte gegeneinander abzuwägen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 18. September 2007 – 2 BvR 2577/06 Rn. 22 ff.).
21
dd) Die Regelung des § 459g Abs. 5 Satz 1 StPO enthält kein ausreichendes Korrektiv, um den zuvor dargestellten Bedenken Rechnung zu tragen. Zwar ist in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nunmehr anerkannt, dass eine Vollstreckung zwingend zu unterbleiben hat, wenn der Verurteilte entreichert ist (vgl. BGH, Urteile vom 15. Mai 2018 – 1 StR 651/17 Rn. 57 und vom 27. September 2018 – 4 StR 78/18 Rn. 11; Beschluss vom 22. März 2018 – 3 StR 577/17; ebenso BeckOK StPO/Coen, 33. Ed., § 459g Rn. 23; Bittmann, KriPoZ 2016, 120, 125 f.). Allerdings ist diese Auffassung nicht unbestritten (vgl. KK-StPO/Appl, 8. Aufl., § 459g Rn. 17; Meyer-Goßner/Schmitt/Köhler, StPO, 62. Aufl., § 459g Rn. 13; Rhode, wistra 2018, 102, 103). Zudem wird weitergehend diskutiert, welche Voraussetzungen an das Merkmal der Entreicherung zu stellen sind, so, ob eine Entreicherung auch dann angenommen werden kann, wenn der Täter mit den Taterträgen Schulden begleicht oder sie „verprasst“ (vgl. ablehnend Meyer-Goßner/Schmitt/Köhler, StPO, 62. Aufl., § 459g Rn. 13; KK-StPO/Appl, 8. Aufl., § 459g Rn. 17; die Zulässigkeit einer wertenden Entscheidung des Gerichts generell verneinend BGH, Urteil vom 15. Mai 2018 – 1 StR 651/17 Rn. 57, BGHR StGB § 73c Verhältnismäßigkeit 1).
22
Dass die Regelung in § 459g Abs. 5 StPO für die Situation des jugendlichen oder heranwachsenden Straftäters nicht adäquat ist, ergibt sich maßgeblich jedoch daraus, dass mit der Anordnung des Unterbleibens durch das für die Vollstreckung zuständige Jugendgericht (§ 82 JGG) das Vollstreckungsverfahren nicht endgültig beendet ist (vgl. zur Wiederaufnahme der Vollstreckung Meyer-Goßner/Schmitt/Köhler, StPO, 62. Aufl., § 459g Rn. 14). Vielmehr ist bis zum Ablauf der – für Jugendliche maximal 20-jährigen (§ 79 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2, Abs. 5 Satz 1, Abs. 3 Nrn. 2 bis 4 StGB, § 18 Abs. 1 Satz 1 und 2 JGG) und für Heranwachsende maximal 25-jährigen (§ 79 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2, Abs. 5 Satz 1, Abs. 3 Nrn. 1 bis 4 StGB, § 18 Abs. 1, § 105 Abs. 3 JGG) – Vollstreckungsverjährung gemäß § 459g Abs. 5 Satz 2 StPO jederzeit eine Wiederaufnahme der Vollstreckung möglich, wenn nachträglich Umstände bekannt werden oder eintreten , die einer Anordnung nach Satz 1 entgegenstehen. Diese Unsicherheit ist mit der durch das Jugendstrafrecht bezweckten Resozialisierung des Täters unvereinbar. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass während der Vollstreckung die in § 459g Abs. 3 StPO genannten Maßnahmen – wie etwa Durchsuchungen entsprechend §§ 102 ff. StPO oder die Ausschreibung einer rechtskräftigen Einziehungsanordnung im polizeilichen Fahndungssystem entsprechend § 131 Abs. 1 StPO – zulässig sind, um festzustellen, ob bei dem Verurteilten Vermögen vorhanden ist. Es kommt hinzu, dass aus dem Wortlaut des § 459g Abs. 5 Satz 2 StPO nicht eindeutig erkennbar ist, welche Gründe zur Wiederaufnahme berechtigen. So erscheint fraglich, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang die Erlangung neuer Vermögenswerte nach Rechtskraft – etwa durch die Aufnahme einer legalen Beschäftigung – einen Grund zur Wiederaufnahme darstellen kann (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt/Köhler, StPO, 62. Aufl., § 459g Rn. 14).
23
Zudem lässt die Vorschrift des § 459g Abs. 5 StPO eine prognostische Beurteilung der Auswirkungen einer Vollstreckung auf die Entwicklung des jugendlichen oder heranwachsenden Straftäters bei der Urteilsverkündung, die den wesentlichen Zeitpunkt für die Bemessung der Rechtsfolgen im Jugendstrafrecht darstellt, nicht zu. Die Entscheidung nach § 459g Abs. 5 StPO wird erst zu einem späteren Zeitpunkt nach Urteilserlass getroffen. Soweit der jugendliche oder heranwachsende Straftäter sich bis dahin während des Vollzugs einer mehrjährigen Jugendstrafe mit der Einziehungsanordnung konfrontiert sieht, sind – was das Landgericht auch für den Angeklagten in seiner konkreten Situation nachvollziehbar dargelegt hat – negative Einflüsse auf die mit der Vollstreckung der Strafe bezweckte erzieherische Einwirkung zu befürchten.
24
ee) Bestehende Zahlungsverpflichtungen gegenüber möglichen Geschädigten rechtfertigen keine andere Bewertung. Zum einen sind ohnehin nicht in allen Fällen, in denen eine Einziehung von Taterträgen oder des Wertes von Taterträgen in Betracht kommt, Personen geschädigt, so etwa bei Betäubungsmittelstraftaten. Zum anderen macht auch nicht jeder Geschädigte Ansprüche geltend, zumal im Strafverfahren gegen Jugendliche nach § 81 JGG – anders als gegen Heranwachsende gemäß § 109 JGG – ein Adhäsionsverfahren nicht statthaft ist. Soweit der Jugendrichter in der Durchsetzung von Ersatzansprüchen durch Dritte negative Auswirkungen auf die Entwicklung des jungen Delinquenten für die Zukunft befürchtet, besteht zudem für ihn jedenfalls kein Anlass, diesen nachteiligen Folgen durch die Anordnung der Einziehung von Wertersatz zusätzlich Nachdruck zu verleihen. Ein Erfahrungssatz dergestalt, dass es in jedem Fall erzieherisch geboten erscheint, den jugendlichen oder heranwachsenden Täter zum Ersatz des von ihm verursachten Schadens heranzuziehen , kann in dieser allgemeinen Form nicht aufgestellt werden.
25
Umgekehrt erscheint die mit der Vermögensabschöpfung nach dem Bruttoprinzip verbundene Vermögenseinbuße, der nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts kein strafähnlicher Charakter zukommt (vgl. zum früheren Verfallsrecht BVerfG, Beschluss vom 14. Januar 2004 – 2 BvR 564/95 Rn. 77 ff., BVerfGE 110, 1, 20 ff.), für Jugendliche oder Heranwachsende unter dem Gesichtspunkt der Resozialisierung nicht immer angemessen. So findet nach dem Bruttoprinzip bei zugrunde liegenden verbotenen Geschäften (wie etwa Betäubungsmitteldelikten) bei der Berechnung des Erlangten ein Abzug von Aufwendungen nicht statt, § 73d Abs. 1 Satz 2, 1. Halbsatz StGB. Abgeschöpft werden kann in diesen Konstellationen – ebenso wie auch in den Fällen der nur vorübergehenden Verfügungsgewalt über die Tatbeute – aber der gesamte Erlös, der als realer Gewinn nicht im Vermögen des jugendlichen oder heranwachsenden Täters vorhanden ist.
26
ff) Schließlich sind gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 JGG sämtliche Rechtsfolgen , die aus Anlass der Tat gegen einen jugendlichen oder heranwachsenden Straftäter nach dem JGG verhängt werden, vorrangig an dem Erziehungsgedanken auszurichten. Dem würde im Bereich der Jugendstrafe eine obligatorische Anordnung der Einziehung (des Wertes) von Taterträgen – auch im Falle der Entreicherung des Betroffenen – nicht gerecht; denn die Verurteilung zu einer den Jugendlichen oder Heranwachsenden überfordernden Leistung widerspricht § 15 Abs. 1 Satz 2 JGG und damit auch dem Erziehungsgedanken.
27
Soweit hinsichtlich der zwingenden Anwendung der §§ 73 ff. StGB auch im Jugendstrafrecht zur Begründung maßgeblich auf den Willen des Gesetzgebers abgestellt wird (vgl. BGH, Urteil vom 8. Mai 2019 – 5 StR 95/19 Rn. 7; Köhler, NStZ 2018, 730, 731 f.; Korte, NZWiSt 2018, 231, 232 f.; MükoStGB/Laue, 3. Aufl., § 6 JGG Rn. 8), ist dieses Argument nur von eingeschränkter Überzeugungskraft, da sich in den Gesetzesmaterialen zum neuen Recht der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung außer der redaktionellen Anpassung in § 76 Satz 1 JGG kein Anhaltspunkt für eine inhaltliche Befassung mit der Einziehung im Jugendstrafverfahren oder gar eine Auseinandersetzung mit den Auswirkungen der Neuregelung des Rechts der Vermögensabschöpfung auf das Jugendstrafrecht findet (vgl. BT-Drucks. 18/9525 S. 104). Indes lässt sich für die Annahme eines Ermessens des Tatgerichts ebenso ein gesetzgeberischer Wille ins Feld führen, nämlich das in § 2 Abs. 1 Satz 1 JGG normierte Ziel des Jugendstrafrechts der Spezialprävention und die in § 2 Abs. 1 Satz 2 JGG bestimmte vorrangige Ausrichtung der Rechtsfolgen am Erziehungsgedanken.
28
4. Der Senat sieht sich durch Entscheidungen des 2. und des 5. Strafsenats gehindert, wie beabsichtigt zu entscheiden.
29
Der 5. Strafsenat hat ohne nähere Begründung auf die Revision der Staatsanwaltschaft in seinem Urteil vom 24. Mai 2018 analog § 354 Abs. 1 StPO den Wert des aus der Tat Erlangten – auf der Grundlage rechtsfehlerfreier Feststellungen – selbst bestimmt und den einzuziehenden Betrag in Höhe der gesamten Beute festgesetzt, weil das Landgericht rechtsfehlerhaft davon ausgegangen war, die Angeklagten hätten jeweils lediglich ihren eigenen Beuteanteil erlangt (vgl. BGH, Urteil vom 24. Mai 2018 – 5 StR 623/17 und 624/17 Rn. 11 f.).
30
Der 2. Strafsenat hat auf die Revision der Staatsanwaltschaft in seinem Urteil vom 21. November 2018 – ebenfalls ohne nähere Begründung – entsprechend § 354 Abs. 1 StPO die Verurteilung einer Angeklagten zu einer Einheitsjugendstrafe um die von der Jugendkammer unterlassene Anordnung der Einziehung nach § 73c Satz 1 StGB ergänzt, nachdem er auf der Grundlage der rechtsfehlerfrei getroffenen Urteilsfeststellungen den Wert des Erlangten selbst bestimmt hatte (vgl. BGH, Urteil vom 21. November 2018 – 2 StR 262/18 Rn.

8).

31
In seinem Beschluss vom 24. Januar 2019 hat der 5. Strafsenat die Revision eines nach Jugendstrafrecht verurteilten Angeklagten mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass er für den Einziehungsbetrag als Gesamt- schuldner haftet, und dabei darauf hingewiesen, dass §§ 73 ff. StGB uneingeschränkt auf Jugendliche und Heranwachsende anwendbar seien (vgl. BGH, Beschluss vom 24. Januar 2019 – 5 StR 475/18).
32
Schließlich hat der 5. Strafsenat in seinem Urteil vom 8. Mai 2019 auf die Revision der Staatsanwaltschaft das erstinstanzliche Urteil geändert und entsprechend § 354 Abs. 1 StPO die Einziehung des Wertes von Taterträgen gegen einen nach Jugendstrafrecht verurteilten Angeklagten selbst angeordnet. Der 5. Strafsenat unterstreicht in dieser Entscheidung mit näherer Begründung nochmals, dass §§ 73 ff. StGB im Jugendstrafrecht – gleich wie im Erwachsenenstrafrecht – zwingend und uneingeschränkt anzuwenden seien (vgl. BGH, Urteil vom 8. Mai 2019 – 5 StR 95/19).
33
5. Der Senat fragt daher gemäß § 132 Abs. 3 Satz 1 GVG bei dem 2. und 5. Strafsenat an, ob an der genannten Rechtsauffassung festgehalten wird. Vorsorglich fragt der Senat auch bei dem 3. und 4. Strafsenat an, ob dortige Rechtsprechung der beabsichtigten Entscheidung entgegensteht und ob gegebenenfalls an dieser festgehalten wird.
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Der Staatsanwalt kann bei dem Jugendrichter schriftlich oder mündlich beantragen, im vereinfachten Jugendverfahren zu entscheiden, wenn zu erwarten ist, daß der Jugendrichter ausschließlich Weisungen erteilen, Hilfe zur Erziehung im Sinne des § 12 Nr. 1 anordnen, Zuchtmittel verhängen, auf ein Fahrverbot erkennen, die Fahrerlaubnis entziehen und eine Sperre von nicht mehr als zwei Jahren festsetzen oder die Einziehung aussprechen wird. Der Antrag des Staatsanwalts steht der Anklage gleich.

(1) Erziehungsmaßregeln und Zuchtmittel, ebenso mehrere Erziehungsmaßregeln oder mehrere Zuchtmittel können nebeneinander angeordnet werden. Mit der Anordnung von Hilfe zur Erziehung nach § 12 Nr. 2 darf Jugendarrest nicht verbunden werden.

(2) Neben Jugendstrafe können nur Weisungen und Auflagen erteilt und die Erziehungsbeistandschaft angeordnet werden. Unter den Voraussetzungen des § 16a kann neben der Verhängung einer Jugendstrafe oder der Aussetzung ihrer Verhängung auch Jugendarrest angeordnet werden. Steht der Jugendliche unter Bewährungsaufsicht, so ruht eine gleichzeitig bestehende Erziehungsbeistandschaft bis zum Ablauf der Bewährungszeit.

(3) Neben Erziehungsmaßregeln, Zuchtmitteln und Jugendstrafe kann auf die nach diesem Gesetz zulässigen Nebenstrafen und Nebenfolgen erkannt werden. Ein Fahrverbot darf die Dauer von drei Monaten nicht überschreiten.

(1) Die Anordnung der Einziehung oder der Unbrauchbarmachung einer Sache wird dadurch vollstreckt, dass die Sache demjenigen, gegen den sich die Anordnung richtet, weggenommen wird. Für die Vollstreckung gelten die Vorschriften des Justizbeitreibungsgesetzes.

(2) Für die Vollstreckung der Nebenfolgen, die zu einer Geldzahlung verpflichten, gelten die §§ 459, 459a sowie 459c Absatz 1 und 2 entsprechend.

(3) Für die Vollstreckung nach den Absätzen 1 und 2 gelten außerdem die §§ 94 bis 98 entsprechend mit Ausnahme von § 98 Absatz 2 Satz 3, die §§ 102 bis 110, § 111c Absatz 1 und 2, § 111f Absatz 1, § 111k Absatz 1 und 2 sowie § 131 Absatz 1. § 457 Absatz 1 bleibt unberührt. Vor gerichtlichen Entscheidungen unterbleibt die Anhörung des Betroffenen, wenn sie den Zweck der Anordnung gefährden würde.

(4) Das Gericht ordnet den Ausschluss der Vollstreckung der Einziehung nach den §§ 73 bis 73c des Strafgesetzbuchs an, soweit der aus der Tat erwachsene Anspruch auf Rückgewähr des Erlangten oder auf Ersatz des Wertes des Erlangten erloschen ist. Dies gilt nicht für Ansprüche, die durch Verjährung erloschen sind.

(5) In den Fällen des Absatzes 2 unterbleibt auf Anordnung des Gerichts die Vollstreckung, soweit sie unverhältnismäßig wäre. Die Vollstreckung wird auf Anordnung des Gerichts wieder aufgenommen, wenn nachträglich Umstände bekannt werden oder eintreten, die einer Anordnung nach Satz 1 entgegenstehen. Vor der Anordnung nach Satz 2 unterbleibt die Anhörung des Betroffenen, wenn sie den Zweck der Anordnung gefährden würde. Die Anordnung nach Satz 1 steht Ermittlungen dazu, ob die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme der Vollstreckung vorliegen, nicht entgegen.

(1) Erziehungsmaßregeln und Zuchtmittel, ebenso mehrere Erziehungsmaßregeln oder mehrere Zuchtmittel können nebeneinander angeordnet werden. Mit der Anordnung von Hilfe zur Erziehung nach § 12 Nr. 2 darf Jugendarrest nicht verbunden werden.

(2) Neben Jugendstrafe können nur Weisungen und Auflagen erteilt und die Erziehungsbeistandschaft angeordnet werden. Unter den Voraussetzungen des § 16a kann neben der Verhängung einer Jugendstrafe oder der Aussetzung ihrer Verhängung auch Jugendarrest angeordnet werden. Steht der Jugendliche unter Bewährungsaufsicht, so ruht eine gleichzeitig bestehende Erziehungsbeistandschaft bis zum Ablauf der Bewährungszeit.

(3) Neben Erziehungsmaßregeln, Zuchtmitteln und Jugendstrafe kann auf die nach diesem Gesetz zulässigen Nebenstrafen und Nebenfolgen erkannt werden. Ein Fahrverbot darf die Dauer von drei Monaten nicht überschreiten.

(1) Auf Unfähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden, Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen oder in öffentlichen Angelegenheiten zu wählen oder zu stimmen, darf nicht erkannt werden. Die Bekanntgabe der Verurteilung darf nicht angeordnet werden.

(2) Der Verlust der Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden und Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen (§ 45 Abs. 1 des Strafgesetzbuches), tritt nicht ein.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
4 StR 126/10
vom
17. Juni 2010
in der Strafsache
gegen
BGHSt: ja
BGHR: ja
Veröffentlichung: ja
StGB §§ 73, 73 a, 73 c
Die Anordnung des Verfalls oder des Verfalls des Wertersatzes gegen Jugendliche
oder Heranwachsende, auf die Jugendstrafrecht angewendet wird, ist zulässig
; das gilt auch, wenn der Wert des Erlangten nicht mehr im Vermögen
des Täters vorhanden ist.
BGH, Urt. vom 17. Juni 2010 - 4 StR 126/10 - LG Bochum -
1.
2.
3.
wegen bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 17. Juni 2010,
an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Ernemann
als Vorsitzender,
Richterin am Bundesgerichtshof
Solin-Stojanović,
Richter am Bundesgerichtshof
Cierniak,
Dr. Mutzbauer,
Bender,
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwältin
für den Angeklagten R. ,
Rechtsanwalt für den Angeklagten V. ,
Rechtsanwalt für den Angeklagten E.
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Bochum vom 3. September 2009 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit das Landgericht die Anordnung des Verfalls und des Verfalls des Wertersatzes abgelehnt hat.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere als Jugendkammer zuständige Strafkammer des Landgerichts Bochum zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat die Angeklagten des bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 30 Fällen (R. ) bzw. in 29 Fällen (E. und V. ), R. und E. darüber hinaus des Diebstahls schuldig gesprochen. Es hat den Angeklagten E. zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren und neun Monaten, die Angeklagten R. und V. jeweils zu einer Jugendstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. „Insbesondere“ gegen die Nichtanordnung des Verfalls bzw. des Verfalls des Wertersatzes richten sich die auf die Verletzung materiellen Rechts gestützten Revisionen der Staatsanwaltschaft. Die vom Generalbundesanwalt vertretenen Rechtsmittel haben im Umfang der Anfechtung Erfolg.

I.


2
Die Rechtsmittel sind auf die Nichtanordnung des Verfalls bzw. des Verfalls von Wertersatz beschränkt. Nach dem Revisionsantrag wendet sich die Staatsanwaltschaft "insbesondere" gegen das Unterlassen der entsprechenden Anordnungen. In der Revisionsbegründung legt die Rechtsmittelführerin näher dar, aus welchen Gründen sie die unterbliebene Anordnung von Maßnahmen nach §§ 73 ff. StGB für rechtsfehlerhaft hält; anderweitige Beanstandungen erhebt sie nicht. Eine auch an Nr. 156 Abs. 2 RiStBV orientierte sachgerechte Auslegung des Angriffsziels der Staatsanwaltschaft ergibt daher, dass sie das Rechtsmittel insoweit beschränkt hat.
3
Die Beschränkung ist wirksam (§ 2 Abs. 2 JGG, § 344 Abs. 1 StPO). Eine isolierte Anfechtung der unterbliebenen Anordnung des Verfalls oder des Wertersatzverfalls ist grundsätzlich zulässig (BGH, Urt. vom 5. April 2000 - 2 StR 500/99, NStZ 2000, 480; Beschl. vom 5. Dezember 1996 - 5 StR 542/96, NStZ-RR 1997, 270, 271; BayObLG NStZ-RR 1999, 269, 270; Meyer-Goßner StPO 52. Aufl. § 318 Rdn. 22). Das gilt auch im Jugendstrafrecht (BGH, Urt. vom 27. Juli 2005 - 2 StR 241/05; vgl. auch Senat, Beschl. vom 23. März 2000 - 4 StR 502/99 zu Jugendstrafe und Maßregel nach §§ 69, 69 a StGB sowie Eisenberg JGG 14. Aufl. § 55 Rdn. 17). Zwar ist eine Rechtsmittelbeschränkung nach den allgemeinen Grundsätzen nur dann wirksam, wenn der angefochtene Teil der Entscheidung losgelöst vom übrigen Urteilsinhalt selbständig geprüft und beurteilt werden kann und die nach dem Teilrechtsmittel stufenweise entstehende Gesamtentscheidung frei von inneren Widersprüchen bleibt (BGH, Urt. vom 2. Dezember 2004 - 3 StR 246/04, NStZ-RR 2005, 104). So verhält es sich aber auch im vorliegenden Fall. Das Landgericht hat die Jugendstrafen so bemessen, dass eine erzieherische Einwirkung auf die Angeklagten möglich ist (UA 36, 37). Der Senat schließt aus, dass die Jugendkammer die - ohnehin eher milden - Strafen noch niedriger festgesetzt hätte, hätte sie daneben den Verfall (von Wertersatz) angeordnet; dieser ist keine Strafe und auch keine strafähnliche Maßnahme (BGH, Urt. vom 21. August 2002 - 1 StR 115/02, BGHSt 47, 369, 370 ff.). Ob der Staat Zahlungsansprüche überhaupt gegen die Angeklagten wird durchsetzen können, steht hingegen nicht fest (vgl. BGH, Beschl. vom 22. November 2000 - 1 StR 479/00, NStZ 2001, 312).

II.


4
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts verbrachten die Angeklagten als führende Mitglieder einer Bande in 29 bzw. 30 Fällen insgesamt 19,4 kg (R. ) bzw. 18,8 kg (E. und V. ) zum Handeltreiben bestimmtes Marihuana von den Niederlanden in die Bundesrepublik; sie veräußerten das Rauschgift anschließend gewinnbringend an ihre Abnehmer.
5
Bei seiner Festnahme führte der Angeklagte E. 535 € aus dem vorangegangenen Verkauf einer Teilmenge des Marihuanas mit sich, welches durch die letzte, als Fall 31 der Urteilsgründe abgeurteilte Einkaufsfahrt eingeführt worden war. Im Übrigen konnte die Jugendkammer die Einlassung der Angeklagten , von den - in einer gemeinsamen Kasse verwalteten (UA 11) - Erlösen aus den Betäubungsmittelverkäufen sei kein Geld übrig geblieben, nicht widerlegen (UA 28). Alle Angeklagten wohnten im Zeitpunkt der tatrichterlichen Hauptverhandlung jeweils noch bei ihren Eltern; sie waren arbeitslos und ohne Einkommen. Die Finanzermittlungen haben lediglich ergeben, dass R. über einen Sparvertrag mit einem Guthaben in Höhe von 6.327 € verfügt, auf den im Wesentlichen seine Eltern Geld eingezahlt haben.
6
2. Das Landgericht hat auf alle Angeklagten gemäß § 105 Abs. 1 Nr. 1 JGG - bei E. in Verbindung mit § 32 JGG - Jugendstrafrecht angewendet. Die Anordnung des Verfalls der sichergestellten 535 € sowie des Verfalls von Wertersatz hat die Jugendkammer abgelehnt. Die Maßnahmen nach §§ 73 ff. StGB seien auf Jugendliche und Heranwachsende, auf die Jugendstrafrecht Anwendung finde, nicht anwendbar. Die Anordnung des Verfalls von Wertersatz entfalte dieselben "Auswirkungen" wie eine Geldstrafe. Eine Rechtsfolge, die zu einer "Reduzierung der Tragweite des Erziehungsgedankens i.S.d. Vergeltungsprinzips" führe, sei mit der Systematik des Jugendstrafrechts nicht vereinbar. Den Verfallsvorschriften könne nicht die Ermächtigung entnommen werden, einen weiter gehenden Vermögensverlust der vom Verfall betroffenen Jugendlichen oder Heranwachsenden herzustellen. Darauf, dass die Härteklausel des § 73 c StGB die Jugendlichen oder Heranwachsenden ausreichend schütze, könne nicht abgestellt werden. Die Einräumung der hiermit verbundenen Ermessensentscheidung verstoße gegen die Grundprinzipien des Jugendstrafrechts. Im Übrigen würde die Jugendkammer von einer Ermessensreduzierung auf Null ausgehen. Die Angeklagten seien hier tatsächlich entreichert, weil die sichergestellten 535 € durch die den Angeklagten auferlegten Gerichtskosten in dem staatlichen Zahlungsanspruch aufgingen und im Übrigen die erzielten Rauschgifterlöse nicht mehr vorhanden seien.
7
3. Die Ablehnung der Anordnung des Verfalls und des Wertersatzverfalls hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
8
a) Die Vorschriften der §§ 73 ff. StGB sind über die Verweisung in § 2 Abs. 2 JGG auch im Jugendstrafrecht anwendbar (Altenhain in MünchKomm /StGB § 2 JGG Rdn. 7; Eser in Schönke/Schröder StGB 27. Aufl. vor § 73 Rdn. 11). Hieran knüpft § 8 Abs. 3 JGG an, wonach der Richter neben Ju- gendstrafe auf die nach dem Jugendgerichtsgesetz zulässigen Nebenstrafen und Nebenfolgen erkennen kann. Damit sind auch die im Siebenten Titel des 3. Abschnitts des Strafgesetzbuchs genannten Maßnahmen des Verfalls und der Einziehung (§ 11 Abs. 1 Nr. 8 StGB) gemeint (Altenhain aaO § 8 Rdn. 3; vgl. BGH, Beschl. vom 12. Juli 2000 - StB 4/00 zur Einziehung nach § 74 Abs. 1 und 2 Nr. 1 StGB). Hiervon nimmt § 6 JGG lediglich die dort genannten Nebenfolgen aus (Altenhain aaO § 6 JGG Rdn. 6). Diese gesetzgeberische Entscheidung kann nicht unter Berufung auf erzieherische Interessen unterlaufen werden ; § 6 JGG ist eine Ausnahmevorschrift (vgl. Dallinger/Lackner JGG 2. Aufl. § 6 Rdn. 10). Deshalb ist nicht nur die Anordnung des Verfalls, sondern auch diejenige des Verfalls des Wertersatzes zulässig (Altenhain aaO Rdn. 8; unklar Eisenberg aaO § 6 Rdn. 5).
9
b) Für dieses Ergebnis streiten auch systematische Erwägungen: Das Jugendgerichtsgesetz geht in § 76 Satz 1 JGG selbst von der Zulässigkeit der Anordnung des Verfalls aus. Die Anordnung des Wertersatzverfalls entspricht auch nicht der Verhängung einer - im Jugendgerichtsgesetz nicht vorgesehenen - Geldstrafe. Zwar wird die vom Gericht bestimmte Geldsumme wie eine Geldstrafe beigetrieben (§ 459 g Abs. 2 StPO); dem zu Wertersatzverfall Verurteilten droht jedoch im Falle der Uneinbringlichkeit keine Ersatzfreiheitsstrafe (Meyer-Goßner aaO § 459 g Rdn. 7; vgl. demgegenüber BGH, Urt. vom 13. Juli 1954 - 1 StR 465/53, BGHSt 6, 258 zu § 401 Abs. 2 RAbgO). Das Jugendgerichtsgesetz sieht zudem verschiedentlich die Auferlegung von Geldzahlungen vor (vgl. nur § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 4 JGG) und bewehrt deren schuldhafte Nichterfüllung mit Jugendarrest (§ 15 Abs. 3 Satz 2 JGG). Insbesondere ermächtigt das Jugendgerichtsgesetz auch zur Abschöpfung des strafbar erlangten Gewinns durch Zahlung eines Geldbetrages (§ 15 Abs. 2 Nr. 2 JGG; vgl. dazu Eisenberg aaO § 15 Rdn. 18).
10
c) Daher ist die Verhängung der in §§ 73 ff. StGB vorgesehenen Maßnahmen auch bei Jugendlichen und solchen Heranwachsenden zulässig, auf die Jugendstrafrecht angewendet wird, und zwar, wie sich schon aus § 73 a StGB ergibt, unabhängig davon, ob der Wert noch im Vermögen des Jugendlichen vorhanden ist (Altenhain aaO; a.A. Diemer in Diemer/Schoreit/Sonnen JGG 5. Aufl. § 6 Rdn. 3; wohl auch Brunner/Dölling JGG 11. Aufl. § 6 Rdn. 3, 6, 7). Der Vermeidung von Härten dient allein § 73 c StGB.
11
d) Der Bundesgerichtshof ist dementsprechend wiederholt ohne weiteres von der Zulässigkeit der Anordnung des Verfalls von Wertersatz neben der Verhängung von Jugendstrafe ausgegangen und hat lediglich die Anwendung der Härtevorschrift des § 73 c StGB näher geprüft (BGH, Beschlüsse vom 15. März 2001 - 3 StR 21/01, NJW 2001, 1805 und vom 10. Juni 2009 - 2 StR 76/09, NJW 2009, 2755).
12
e) Unabhängig davon geht die Annahme des Landgerichts, der Anordnung des Verfalls der sichergestellten 535 € stünde auch entgegen, dass dieser Betrag "durch die den Angeklagten auferlegten Gerichtskosten in dem staatlichen Zahlungsanspruch" aufginge, fehl. Das Gesetz sieht eine derartige Verknüpfung staatlicher Zahlungsansprüche mit der Folge der Verdrängung des Verfalls nicht vor.

III.


13
1. Der aufgezeigte Rechtsfehler nötigt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung, soweit das Landgericht davon abgesehen hat, den Verfall (von bis zu 535 €) und den Verfall des Wertersatzes anzuordnen. Der nicht weiter begründete Hinweis der Kammer, sie würde - wohl im Rahmen des § 73 c Abs. 1 Satz 2 StGB - von einer Ermessensreduzierung auf Null ausgehen, vermag das Beruhen des Urteils auf dem Rechtsfehler nicht auszuschließen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Reichsgerichts und des Bundesgerichtshofs sind Hilfserwägungen zur Rechtsfolgenentscheidung unzulässig (RGSt 70, 400, 403; 71, 101, 104; BGH, Urt. vom 14. Juni 1955 - 2 StR 136/55, BGHSt 7, 359; BGH, Urt. vom 27. Januar 1998 - 1 StR 702/97, NStZ 1998, 305, 306; Beschl. vom 29. Oktober 2008 - 2 StR 386/08). Wegen des von der Jugendkammer angenommenen Verstoßes einer auf § 73 c StGB gestützten Ermessensentscheidung gegen die Grundprinzipien des Jugendstrafrechts besorgt der Senat darüber hinaus, dass das Landgericht bei seinen Erwägungen die - auch erzieherische - Bedeutung der nach dem Gesetz zulässigen Gewinnabschöpfung rechtsfehlerhaft nicht hinreichend bedacht hat. Der ergänzende Hinweis auf die Belastung "mit einer so exorbitant hohen Geldforderung" lässt im Übrigen befürchten, dass das Landgericht die Möglichkeit einer bloßen Reduzierung der Höhe des Verfalls (von Wertersatz) gemäß § 73 c Abs. 1 Satz 1 und 2 StGB ("soweit"; vgl. BGH, Beschl. vom 15. März 2001 - 3 StR 21/01, NJW 2001, 1805, 1806 m.w.N.) übersehen hat.
14
2. Der neue Tatrichter wird nunmehr - ausgehend vom Bruttoprinzip (vgl. BGH, Urt. vom 21. August 2002 - 1 StR 115/02, BGHSt 47, 369, 370 ff.) - die Höhe der Erlöse aus den Betäubungsmittelverkäufen für jeden Angeklagten gesondert festzustellen haben. Die bei mehreren Tatbeteiligten erforderliche Erlangung der (faktischen) wirtschaftlichen Mitverfügungsgewalt (Senat, Urt. vom 1. März 2007 - 4 StR 544/06 m.w.N.; vgl. zur gesamtschuldnerischen Haftung BGH, Beschl. vom 27. Mai 2008 - 3 StR 50/08, NStZ 2008, 623) ist auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen zu bejahen; allerdings wird zu beachten sein, dass in den Fällen acht bis zehn der Urteilsgründe nicht alle Angeklagten beteiligt waren, so dass insoweit eine Verfallsanordnung gegen die Nichtbe- teiligten nicht auf § 73 StGB (und daran anknüpfend § 73 a StGB) gestützt werden kann (vgl. Senat, Urt. vom 11. Dezember 2008 - 4 StR 386/08). Sodann wird für jeden der Angeklagten zu prüfen sein, ob nach § 73 c StGB ganz oder teilweise von der Anordnung des Verfalls der 535 € und des Wertersatzverfalls abzusehen ist. Insoweit verweist der Senat auf die Grundsätze im Senatsurteil vom 2. Oktober 2008 - 4 StR 153/08, NStZ-RR 2009, 234).
15
3. Vorsorglich bemerkt der Senat, dass die auf § 353 Abs. 2 StPO beruhende Aufhebung der dem Verfall zuzuordnenden Feststellungen nicht die sogenannten doppelrelevanten Tatsachen erfasst, die auch den Schuld- oder Strafausspruch tragen (z.B. die Feststellungen zu den Einkaufs- und Verkaufspreisen ; vgl. näher Meyer-Goßner aaO Einl. 187; § 353 Rdn. 20); insoweit sind nur ergänzende Feststellungen zulässig, die den bindend gewordenen nicht widersprechen dürfen.
Ernemann Solin-Stojanović Cierniak
Mutzbauer Bender

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 467/18
vom
11. Juli 2019
in der Strafsache
gegen
wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung u.a.
ECLI:DE:BGH:2019:110719B1STR467.18.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 11. Juli 2019, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Dr. Raum,
der Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Jäger, die Richterinnen am Bundesgerichtshof Cirener, Dr. Hohoff und der Richter am Bundesgerichtshof Dr. Leplow,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt – in der Verhandlung –, Rechtsanwalt als Verteidiger,
Justizangestellte – in der Verhandlung –, Justizangestellte – bei der Verkündung – als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,
beschlossen:
1. Der Senat beabsichtigt zu entscheiden: Im Jugendstrafverfahren steht die Entscheidung über die Einziehung von Taterträgen nach § 73 Abs. 1 StGB und des Wertes von Taterträgen nach § 73c Satz 1 StGB im Ermessen des Tatgerichts (§ 8 Abs. 3 Satz 1 JGG). 2. Der Senat fragt bei dem 2. und 5. Strafsenat an, ob an der entgegenstehenden Rechtsauffassung in den Urteilen vom 21. November 2018 – 2 StR 262/18, vom 24. Mai 2018 – 5 StR 623/17 und 624/17 und vom 8. Mai 2019 – 5 StR 95/19 sowie in dem Beschluss vom 24. Januar 2019 – 5 StR 475/18 festgehalten wird. Ferner fragt er bei dem 3. und 4. Strafsenat an, ob dortige Rechtsprechung entgegensteht und ob gegebenenfalls an dieser festgehalten wird.

Gründe:


1
1. Das Landgericht hat den Angeklagten wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung, Diebstahls in Tateinheit mit Sachbeschädigung, wegen Betruges in 49 Fällen, davon in zwölf Fällen in Tateinheit mit Urkundenfälschung , und wegen versuchten Betruges in 13 Fällen, davon in elf Fällen in Tateinheit mit Urkundenfälschung, unter Einbeziehung einer anderweitigen Verurteilung zu einer Einheitsjugendstrafe von vier Jahren verurteilt.
2
Das Landgericht hat folgende für die Einziehungsentscheidung bedeutsame Feststellungen und Wertungen getroffen:
3
Im Zeitraum von September 2014 bis April 2016 erbeutete der – umfassend geständige – Angeklagte durch eine räuberische Erpressung zum Nachteil des Mitarbeiters eines Casinos, einen Einbruchdiebstahl in eine Gaststätte , Betrugstaten im Internet (Ankauf von Waren ohne Bezahlung, Verkauf ohne Lieferungen, Kauf auf fremden Namen), unberechtigte Überweisungen mittels Fälschung von Unterschriften auf Überweisungsträgern, einen gemeinsam mit seinem Bruder begangenen Betrug zum Nachteil eines Drogenabhängigen sowie durch den Abschluss eines Untermietvertrages unter Vorspiegelung seiner Leistungswilligkeit und -fähigkeit Geld und Waren im Gesamtwert von etwa 17.000 €. Hintergrund der Vermögensstraftaten des in seiner Schuldfähigkeit nicht eingeschränkten Angeklagten waren seine pathologische Spielsucht und dadurch entstandene Schulden.
4
Die Jugendkammer hat auf die Taten, die der Angeklagte sämtlich als Heranwachsender begangen hat, nach § 105 Abs. 1 Nr. 1 JGG Jugendstrafrecht angewendet und von der Einziehung des Wertes von Taterträgen nach § 73c StGB gegen den – wie dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe hinreichend zu entnehmen ist – nicht mehr bereicherten und vermögenslosen Angeklagten abgesehen. Zur Begründung hat das Landgericht unter anderem angeführt, aus der Systematik des JGG ergebe sich, dass die Einziehung von Wertersatz zwar eine zulässige Nebenfolge im Jugendstrafrecht sei, § 8 Abs. 3 Satz 1 JGG allerdings vorsehe, dass die Entscheidung, ob die Nebenfolge angeordnet werde, im Ermessen des Gerichts liege. Dass die Vorschrift des § 8 Abs. 3 Satz 1 JGG den Regelungen des allgemeinen Strafrechts vorgehe, ergebe sich aus § 2 Abs. 2 JGG.
5
Dem Jugendrichter ein Ermessen bei der Auswahl der anzuordnenden Maßnahmen, Strafen und Nebenfolgen einzuräumen, entspreche dem Grundgedanken des Jugendgerichtsgesetzes, nach dem der Erziehungsgedanke Leitprinzip des Jugendstrafrechts sei. Bei der Findung der erzieherisch erforderlichen und angemessenen Ahndung sei im Einzelfall sorgfältig zu überprüfen und abzuwägen, dass dem Jugendlichen keine übermäßigen finanziellen Belastungen auferlegt werden, da ihn solche entmutigen würden, überhaupt finanziell selbständig zu werden, oder – schlimmstenfalls – zu erneuten Straftaten treiben würden, um seinen Lebensunterhalt trotz der staatlich auferlegten finanziellen Verpflichtungen zu bestreiten. Dieser Grundgedanke finde sich in verschiedenen Regelungen des Jugendgerichtsgesetzes, so bei dem Absehen von der Auferlegung von Verfahrenskosten nach § 74 JGG oder dem Umstand, dass das Jugendgerichtsgesetz keine Geldstrafe vorsehe. Auch sei die Anordnung von Geldauflagen nach § 15 Abs. 1 Satz 2 JGG nur zulässig, wenn an den Jugendlichen keine unzumutbaren Anforderungen gestellt werden. Überdies stehe die Regelung der Geldauflage zur Gewinnabschöpfung in § 15 Abs. 2 Nr. 2 JGG in Widerspruch zu der zwingenden Anordnung der Einziehung des Wertersatzes nach § 73c StGB. Die Bedenken gegen die zwingende Anwendung des § 73c StGB im Jugendstrafverfahren könnten auch nicht durch die Möglichkeit des Ausschlusses der Vollstreckung nach § 459g Abs. 5 StPO ausgeräumt werden, da die Anordnung des Unterbleibens der Vollstreckung nur zeitlich begrenzt gelte und die Vollstreckung jederzeit wieder aufgenommen werden könne.
6
Die Jugendkammer hat das von ihr angenommene Ermessen dahingehend ausgeübt, von einer Einziehung des Wertes der Taterträge bei dem Angeklagten abzusehen. Dabei hat sie insbesondere darauf abgehoben, dass der Angeklagte, bei dem das Landgericht eine positive Entwicklung sieht und der die Zeit in der Justizvollzugsanstalt für eine Ausbildung nutzen möchte, nach Verbüßung der Jugendstrafe „von Null“ beginnen und sich erst ein eigenständi- ges, selbstverantwortliches Leben schaffen müsse. Er werde durch die finanzi- elle Belastung von über 17.000 € in eine finanzielle Situation gebracht, die ihn entmutigen würde, überhaupt einen Neuanfang zu wagen, und die ihn stattdessen in die Versuchung neuer Vermögensdelikte bringen würde.
7
2. Die Staatsanwaltschaft wendet sich mit ihrer wirksam beschränkten Revision gegen die Nichtanordnung der Einziehung des Wertes von Taterträgen. Der Generalbundesanwalt vertritt die Revision nur, soweit der Angeklagte aus den Betrugstaten Gegenstände erbeutet hat. Der Generalbundesanwalt ist insoweit der Ansicht, den Feststellungen des Landgerichts sei in einigen Fällen nicht zu entnehmen, dass die erlangten Waren nicht mehr im Vermögen des Angeklagten vorhanden seien. Damit fehle es an einer Grundlage für eine Ermessensausübung des Tatgerichts (Fälle C. 4., C. 6. a bis f und C. 6. h bisk der Urteilsgründe). Im Übrigen vertritt der Generalbundesanwalt die Revision der Staatsanwaltschaft nicht. Der Generalbundesanwalt geht dabei teilweise davon aus, der Angeklagte selbst habe durch die Taten nichts erlangt (Fälle C. 5. a, bb und C. 5. e – Überweisung an die E. Limited – der Urteilsgründe ), und ist hinsichtlich der übrigen Fälle vollendeter Straftaten ebenso wie das Landgericht der Auffassung, die Regelung in § 8 Abs. 3 Satz 1 JGG sehe hinsichtlich der Einziehung von Taterträgen ein Ermessen des Jugendgerichts vor; Fehler bei der Ermessensausübung des Landgerichts seien nicht gegeben.
8
3. Der Senat beabsichtigt, die Revision insgesamt zu verwerfen. Nach Auffassung des Senats steht – was nur einheitlich zu beantworten ist – die Entscheidung über die Einziehung von Taterträgen nach § 73 Abs. 1 StGB und des Wertes von Taterträgen nach § 73c Satz 1 StGB im Jugendstrafverfahren im Ermessen des Tatgerichts (§ 8 Abs. 3 Satz 1 JGG). Die Jugendkammer hat rechtsfehlerfrei das ihr eingeräumte Ermessen ausgeübt und von der Einziehung des Wertes von Taterträgen abgesehen.
9
a) Die strafrechtliche Vermögensabschöpfung richtet sich vorliegend gemäß Art. 316h Satz 1 EGStGB nach den durch das Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13. April 2017 (BGBl. I S. 872) eingeführten und am 1. Juli 2017 in Kraft getretenen neuen Regelungen der §§ 73 ff. StGB.
10
b) Dabei steht einer Einziehung von Taterträgen – wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift zutreffend ausgeführt hat – in dem Fall C. 5. a, bb der Urteilsgründe und in dem Fall C. 5. e der Urteilsgründe hinsichtlich der an die E. Limited veranlassten Überweisung bereits entgegen, dass der Angeklagte selbst nichts aus diesen Taten erlangt hat.
11
c) Die Frage, ob nach den neuen Regelungen der Vermögensabschöpfung in §§ 73 ff. StGB die Einziehung von Taterträgen und des Wertes der Taterträge im Jugendstrafrecht zwingend anzuordnen ist oder im Ermessen des Tatgerichts steht, wird in Literatur und Rechtsprechung nicht einheitlich beantwortet. Während teilweise die Einziehung – entsprechend der gesetzlichen Neuregelung im Erwachsenenstrafrecht – im Erkenntnisverfahren unabhängig davon, ob der Angeklagte noch bereichert ist, als zwingend angesehen wird (vgl. Brunner/ Dölling, JGG, 13. Aufl., § 6 Rn. 5; MüKoStGB/Laue, 3. Aufl., § 6 JGG Rn. 8; Diemer/Schatz/Sonnen/Diemer, JGG, 7. Aufl., § 8 Rn. 11 f. zum alten Recht; Reitemeier, ZJJ 2017, 354, 361, 366; Köhler, NStZ 2018, 730, 731 f.; Korte, NZWiSt 2018, 231, 233; Schumann, StraFo 2018, 415, 419; LG Trier, Urteil vom 27. September 2017 – 8031 Js 20631/16 jug. 2a Ns Rn. 21 ff.), nimmt die Gegenauffassung demgegenüber mit unterschiedlichen Begründungsansätzen an, die Entscheidung über die Anordnung stehe im Ermessen des Tatgerichts (vgl. Eisenberg, JGG, 20. Aufl., § 6 Rn. 7; Schady/Sommerfeld, ZJJ 2018, 219, 223 ff.; Kölbel, 42. Strafverteidigertag 2018, S. 339 ff.; LG Münster, NStZ 2018, 669; AG Rudolstadt, StV 2019, 462; AG Frankfurt a.M., ZJJ 2018, 249, 250 f., ZJJ 2018, 251, 252 f.).
12
d) Für die rechtliche Beurteilung ist davon auszugehen, dass die Anordnung der Einziehung von Taterträgen nach § 73 Abs. 1 StGB und des Wertes von Taterträgen nach § 73c Satz 1 StGB auch im Jugendstrafrecht zulässig ist.
13
Die Vorschriften der §§ 73 ff. StGB sind über die Verweisung des § 2 Abs. 2 JGG grundsätzlich auch im Jugendstrafrecht anwendbar (vgl. BGH, Urteil vom 21. November 2018 – 2 StR 262/18 Rn. 7 zu §§ 73 ff. StGB nF sowie BGH, Urteil vom 17. Juni 2010 – 4 StR 126/10 Rn. 7 ff., BGHSt 55, 174, 177 f. zu §§ 73 ff. StGB aF). Für das vereinfachte Jugendverfahren ist die Einziehung in § 76 Satz 1 JGG dementsprechend für zulässig erklärt worden.
14
Hieran knüpft § 8 Abs. 3 Satz 1 JGG an, wonach der Richter neben Jugendstrafe auf die nach dem Jugendgerichtsgesetz zulässigen Nebenstrafen und Nebenfolgen erkennen kann. Damit ist auch die in § 11 Abs. 1 Nr. 8 StGB genannte Maßnahme der Einziehung gemeint (vgl. BGH, Urteil vom 17. Juni 2010 – 4 StR 126/10 Rn. 7 ff., BGHSt 55, 174, 177 f. zu §§ 73 ff. StGB aF mwN; Brunner/Dölling, JGG, 13. Aufl., § 6 Rn. 5; BeckOK JGG/Putzke, 13. Ed., § 8 Rn. 8). Dass die Einziehung nach den §§ 73 bis 73c StGB eine Nebenfolge im Sinne des § 8 Abs. 3 JGG ist, setzt auch § 459g StPO voraus, der unter anderem Regelungen für die Vollstreckung dieser Nebenfolge enthält. Vom Anwendungsbereich des § 8 Abs. 3 Satz 1 JGG nimmt § 6 JGG – als Ausnahmevorschrift – lediglich die dort genannten Nebenfolgen aus (vgl. BGH aaO Rn. 8). Demnach ist die Anordnung der Einziehung von Taterträgen auch im Jugendstrafrecht – neben den jugendstrafrechtlichen Rechtsfolgen in § 5 Abs. 1 und 2 JGG – grundsätzlich zulässig (vgl. BGH aaO).

15
Der Bundesgerichtshof hat zum alten Recht darauf verwiesen, dass diese gesetzgeberische Entscheidung nicht unter Berufung auf erzieherische Interessen unterlaufen werden dürfe; der Vermeidung von Härtefällen diene allein die Vorschrift in § 73c StGB aF (vgl. BGH aaO Rn. 8, 10). Die als solche bezeichnete Härtevorschrift sah in § 73c Abs. 1 Satz 1 StGB aF vor, dass der Verfall nicht angeordnet wird, soweit er für den Betroffenen eine unbillige Härte wäre. § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB aF bestimmte, dass die Anordnung unterbleiben kann, soweit der Wert des Erlangten zur Zeit der Anordnung in dem Vermögen des Betroffenen nicht mehr vorhanden ist oder wenn das Erlangte nur einen geringen Wert hat.
16
e) Die umfassende Neuregelung der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung mit dem Wegfall der Härtefallklausel des § 73c StGB aF und der Verlagerung der Berücksichtigung der finanziellen Situation des Täters oder sonstiger unbilliger Härten in das Vollstreckungsverfahren gibt nach Auffassung des Senats Anlass, die Anordnung der Einziehung im jugendgerichtlichen Verfahren neu zu bewerten. Dies gilt insbesondere für die Fälle, in denen der Einziehungsbetroffene nicht mehr über die ursprüngliche Tatbeute verfügt und folglich nach § 73c Satz 1 StGB allein eine Geldforderung des Staates tituliert wird. Ausgangspunkt der Überlegungen ist die Vorschrift des § 8 Abs. 3 Satz 1 JGG, die – wie zuvor ausgeführt – auch für die Einziehung von Taterträgen im Jugendstrafrecht gilt.
17
aa) Dafür, dass die Anordnung der Einziehung von Taterträgen im Ermessen des Jugendgerichts steht, streitet zunächst der Wortlaut des § 8 Abs. 3 Satz 1 JGG. Dort heißt es ohne jede Einschränkung, dass neben Erziehungs- maßregeln, Zuchtmitteln und Jugendstrafe auf die nach diesem Gesetz zulässigen Nebenstrafen und Nebenfolgen erkannt werden „kann“.
18
Dem steht nicht entgegen, dass in der jugendstrafrechtlichen Literatur der Regelungsgegenstand des § 8 JGG in der Verbindung verschiedener Reaktionsmittel des Jugendstrafrechts gesehen wird (vgl. Brunner/Dölling, JGG, 13. Aufl., § 8 Rn. 1 f., 8; Eisenberg, JGG, 20. Aufl., § 8 Rn. 7, 13; MüKoStGB/Laue, 3. Aufl., § 8 JGG Rn. 1). Denn anerkannt ist auch, dass Kombinationen – unabhängig von den zulässigen Kombinationsoptionen – immer dann unzulässig sind, wenn sie (z.B. wegen konfligierender Ziele hinsichtlich des Erziehungs- und Ahndungsbedarfs) nicht geeignet oder (z.B. wegen der Kumulationswirkung) insgesamt unverhältnismäßig sind (vgl. BeckOK JGG/Putzke, 13. Ed., § 8 Rn. 9; HK-JGG/Rössner, 2. Aufl., § 8 Rn. 8; NKJGG /Ostendorf, 10. Aufl., § 8 Rn. 8). Gerade für diese Kombinationsentscheidung sieht § 8 JGG ein Ermessen des Jugendgerichts vor (vgl. BeckOK JGG/Putzke, 13. Ed., § 8 Rn. 12).
19
bb) Dafür, dass § 8 Abs. 3 Satz 1 JGG dem Tatgericht ein Ermessen hinsichtlich der Anordnung der Einziehung einräumt, spricht auch § 2 Abs. 1 Satz 1 JGG, nach dem sich alle jugendstrafrechtlichen Sanktionen an dem Ziel der Spezialprävention orientieren müssen. Dass die im Allgemeinen Teil des Strafgesetzbuchs geregelte nunmehr zwingende Einziehung von Taterträgen für das Jugendstrafrecht modifiziert werden darf, ergibt sich aus § 2 Abs. 2 JGG, der vorsieht, dass die allgemeinen Vorschriften nur gelten, soweit im Jugendgerichtsgesetz nichts anderes bestimmt ist. Die Vorschrift des § 8 Abs. 3 Satz 1 JGG ist in diesem Sinne eine entsprechende spezielle Regelung.
20
cc) Zudem streiten systematische Erwägungen für ein Ermessen des Tatgerichts bezogen auf die Anordnung der Einziehung von Taterträgen. Eine zwingende Anwendung der Einziehungsvorschriften nach §§ 73 ff. StGB würde das differenzierte und abgestufte Gesamtgefüge möglicher Rechtsfolgen im Jugendstrafrecht unterlaufen. Dies verdeutlicht besonders die Vorschrift des § 15 JGG. § 15 Abs. 1 Satz 1 JGG sieht bestimmte Auflagen – wie z.B. die Schadenswiedergutmachung in Nr. 1 und die Zahlung eines Geldbetrages zugunsten einer gemeinnützigen Einrichtung in Nr. 4 – vor, die der Richter anord- nen „kann“. Gemäß § 15Abs. 2 JGG soll die Zahlung eines Geldbetrages nur angeordnet werden, wenn der Jugendliche eine leichte Verfehlung begangen hat und selbst über ausreichende Mittel verfügt, um den Geldbetrag zu zahlen (Nr. 1), oder dem Jugendlichen der Gewinn, den er aus der Tat erlangt hat, oder das Entgelt, das er für die Tat erhalten hat, entzogen werden soll (Nr. 2). § 15 Abs. 2 Nr. 2 JGG enthält damit eine besondere Regelung für die Vermögensabschöpfung im Jugendstrafrecht, deren Anordnung im Ermessen des Richters steht. Voraussetzung für die Entziehung der Tatvorteile ist nach allgemeiner Auffassung, dass der Täter noch bereichert ist (vgl. Diemer /Schatz/Sonnen/Diemer, JGG, 7. Aufl., § 15 Rn. 19; Eisenberg, JGG, 20. Aufl., § 15 Rn. 27; BeckOK JGG/Putzke, 13. Ed., § 15 Rn. 76; siehe auch Brunner /Dölling, JGG, 13. Aufl., § 15 Rn. 16). Dem entspricht, dass die Anordnung einer Geldauflage gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2 JGG allgemein unter dem Vorbehalt steht, dass an den Jugendlichen keine unzumutbaren Anforderungen gestellt werden dürfen. Zur Durchsetzung sieht das Gesetz nach § 15 Abs. 3 Satz 2, § 11 Abs. 3 JGG die Verhängung von Beugearrest vor, wobei diese Entscheidung wiederum im Ermessen des Richters steht. Diese differenzierte Regelung zur Gewinnabschöpfung im Jugendstrafrecht würde vollständig konterkariert und ihr Anwendungsbereich gänzlich ausgehöhlt, wenn zwingend die Einziehung von Taterträgen oder – auch bei Entreicherung – des Wertes von Taterträgen anzuordnen wäre. Dabei sind schematische Betrachtungsweisen mit dem Grundgedanken der Rechtsfolgenbemessung im Jugendstrafrecht oh- nehin grundsätzlich unvereinbar. Vielmehr sind bei der Rechtsfolgenbestimmung stets die im Einzelfall relevanten Umstände und Gesichtspunkte gegeneinander abzuwägen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 18. September 2007 – 2 BvR 2577/06 Rn. 22 ff.).
21
dd) Die Regelung des § 459g Abs. 5 Satz 1 StPO enthält kein ausreichendes Korrektiv, um den zuvor dargestellten Bedenken Rechnung zu tragen. Zwar ist in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nunmehr anerkannt, dass eine Vollstreckung zwingend zu unterbleiben hat, wenn der Verurteilte entreichert ist (vgl. BGH, Urteile vom 15. Mai 2018 – 1 StR 651/17 Rn. 57 und vom 27. September 2018 – 4 StR 78/18 Rn. 11; Beschluss vom 22. März 2018 – 3 StR 577/17; ebenso BeckOK StPO/Coen, 33. Ed., § 459g Rn. 23; Bittmann, KriPoZ 2016, 120, 125 f.). Allerdings ist diese Auffassung nicht unbestritten (vgl. KK-StPO/Appl, 8. Aufl., § 459g Rn. 17; Meyer-Goßner/Schmitt/Köhler, StPO, 62. Aufl., § 459g Rn. 13; Rhode, wistra 2018, 102, 103). Zudem wird weitergehend diskutiert, welche Voraussetzungen an das Merkmal der Entreicherung zu stellen sind, so, ob eine Entreicherung auch dann angenommen werden kann, wenn der Täter mit den Taterträgen Schulden begleicht oder sie „verprasst“ (vgl. ablehnend Meyer-Goßner/Schmitt/Köhler, StPO, 62. Aufl., § 459g Rn. 13; KK-StPO/Appl, 8. Aufl., § 459g Rn. 17; die Zulässigkeit einer wertenden Entscheidung des Gerichts generell verneinend BGH, Urteil vom 15. Mai 2018 – 1 StR 651/17 Rn. 57, BGHR StGB § 73c Verhältnismäßigkeit 1).
22
Dass die Regelung in § 459g Abs. 5 StPO für die Situation des jugendlichen oder heranwachsenden Straftäters nicht adäquat ist, ergibt sich maßgeblich jedoch daraus, dass mit der Anordnung des Unterbleibens durch das für die Vollstreckung zuständige Jugendgericht (§ 82 JGG) das Vollstreckungsverfahren nicht endgültig beendet ist (vgl. zur Wiederaufnahme der Vollstreckung Meyer-Goßner/Schmitt/Köhler, StPO, 62. Aufl., § 459g Rn. 14). Vielmehr ist bis zum Ablauf der – für Jugendliche maximal 20-jährigen (§ 79 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2, Abs. 5 Satz 1, Abs. 3 Nrn. 2 bis 4 StGB, § 18 Abs. 1 Satz 1 und 2 JGG) und für Heranwachsende maximal 25-jährigen (§ 79 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2, Abs. 5 Satz 1, Abs. 3 Nrn. 1 bis 4 StGB, § 18 Abs. 1, § 105 Abs. 3 JGG) – Vollstreckungsverjährung gemäß § 459g Abs. 5 Satz 2 StPO jederzeit eine Wiederaufnahme der Vollstreckung möglich, wenn nachträglich Umstände bekannt werden oder eintreten , die einer Anordnung nach Satz 1 entgegenstehen. Diese Unsicherheit ist mit der durch das Jugendstrafrecht bezweckten Resozialisierung des Täters unvereinbar. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass während der Vollstreckung die in § 459g Abs. 3 StPO genannten Maßnahmen – wie etwa Durchsuchungen entsprechend §§ 102 ff. StPO oder die Ausschreibung einer rechtskräftigen Einziehungsanordnung im polizeilichen Fahndungssystem entsprechend § 131 Abs. 1 StPO – zulässig sind, um festzustellen, ob bei dem Verurteilten Vermögen vorhanden ist. Es kommt hinzu, dass aus dem Wortlaut des § 459g Abs. 5 Satz 2 StPO nicht eindeutig erkennbar ist, welche Gründe zur Wiederaufnahme berechtigen. So erscheint fraglich, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang die Erlangung neuer Vermögenswerte nach Rechtskraft – etwa durch die Aufnahme einer legalen Beschäftigung – einen Grund zur Wiederaufnahme darstellen kann (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt/Köhler, StPO, 62. Aufl., § 459g Rn. 14).
23
Zudem lässt die Vorschrift des § 459g Abs. 5 StPO eine prognostische Beurteilung der Auswirkungen einer Vollstreckung auf die Entwicklung des jugendlichen oder heranwachsenden Straftäters bei der Urteilsverkündung, die den wesentlichen Zeitpunkt für die Bemessung der Rechtsfolgen im Jugendstrafrecht darstellt, nicht zu. Die Entscheidung nach § 459g Abs. 5 StPO wird erst zu einem späteren Zeitpunkt nach Urteilserlass getroffen. Soweit der jugendliche oder heranwachsende Straftäter sich bis dahin während des Vollzugs einer mehrjährigen Jugendstrafe mit der Einziehungsanordnung konfrontiert sieht, sind – was das Landgericht auch für den Angeklagten in seiner konkreten Situation nachvollziehbar dargelegt hat – negative Einflüsse auf die mit der Vollstreckung der Strafe bezweckte erzieherische Einwirkung zu befürchten.
24
ee) Bestehende Zahlungsverpflichtungen gegenüber möglichen Geschädigten rechtfertigen keine andere Bewertung. Zum einen sind ohnehin nicht in allen Fällen, in denen eine Einziehung von Taterträgen oder des Wertes von Taterträgen in Betracht kommt, Personen geschädigt, so etwa bei Betäubungsmittelstraftaten. Zum anderen macht auch nicht jeder Geschädigte Ansprüche geltend, zumal im Strafverfahren gegen Jugendliche nach § 81 JGG – anders als gegen Heranwachsende gemäß § 109 JGG – ein Adhäsionsverfahren nicht statthaft ist. Soweit der Jugendrichter in der Durchsetzung von Ersatzansprüchen durch Dritte negative Auswirkungen auf die Entwicklung des jungen Delinquenten für die Zukunft befürchtet, besteht zudem für ihn jedenfalls kein Anlass, diesen nachteiligen Folgen durch die Anordnung der Einziehung von Wertersatz zusätzlich Nachdruck zu verleihen. Ein Erfahrungssatz dergestalt, dass es in jedem Fall erzieherisch geboten erscheint, den jugendlichen oder heranwachsenden Täter zum Ersatz des von ihm verursachten Schadens heranzuziehen , kann in dieser allgemeinen Form nicht aufgestellt werden.
25
Umgekehrt erscheint die mit der Vermögensabschöpfung nach dem Bruttoprinzip verbundene Vermögenseinbuße, der nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts kein strafähnlicher Charakter zukommt (vgl. zum früheren Verfallsrecht BVerfG, Beschluss vom 14. Januar 2004 – 2 BvR 564/95 Rn. 77 ff., BVerfGE 110, 1, 20 ff.), für Jugendliche oder Heranwachsende unter dem Gesichtspunkt der Resozialisierung nicht immer angemessen. So findet nach dem Bruttoprinzip bei zugrunde liegenden verbotenen Geschäften (wie etwa Betäubungsmitteldelikten) bei der Berechnung des Erlangten ein Abzug von Aufwendungen nicht statt, § 73d Abs. 1 Satz 2, 1. Halbsatz StGB. Abgeschöpft werden kann in diesen Konstellationen – ebenso wie auch in den Fällen der nur vorübergehenden Verfügungsgewalt über die Tatbeute – aber der gesamte Erlös, der als realer Gewinn nicht im Vermögen des jugendlichen oder heranwachsenden Täters vorhanden ist.
26
ff) Schließlich sind gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 JGG sämtliche Rechtsfolgen , die aus Anlass der Tat gegen einen jugendlichen oder heranwachsenden Straftäter nach dem JGG verhängt werden, vorrangig an dem Erziehungsgedanken auszurichten. Dem würde im Bereich der Jugendstrafe eine obligatorische Anordnung der Einziehung (des Wertes) von Taterträgen – auch im Falle der Entreicherung des Betroffenen – nicht gerecht; denn die Verurteilung zu einer den Jugendlichen oder Heranwachsenden überfordernden Leistung widerspricht § 15 Abs. 1 Satz 2 JGG und damit auch dem Erziehungsgedanken.
27
Soweit hinsichtlich der zwingenden Anwendung der §§ 73 ff. StGB auch im Jugendstrafrecht zur Begründung maßgeblich auf den Willen des Gesetzgebers abgestellt wird (vgl. BGH, Urteil vom 8. Mai 2019 – 5 StR 95/19 Rn. 7; Köhler, NStZ 2018, 730, 731 f.; Korte, NZWiSt 2018, 231, 232 f.; MükoStGB/Laue, 3. Aufl., § 6 JGG Rn. 8), ist dieses Argument nur von eingeschränkter Überzeugungskraft, da sich in den Gesetzesmaterialen zum neuen Recht der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung außer der redaktionellen Anpassung in § 76 Satz 1 JGG kein Anhaltspunkt für eine inhaltliche Befassung mit der Einziehung im Jugendstrafverfahren oder gar eine Auseinandersetzung mit den Auswirkungen der Neuregelung des Rechts der Vermögensabschöpfung auf das Jugendstrafrecht findet (vgl. BT-Drucks. 18/9525 S. 104). Indes lässt sich für die Annahme eines Ermessens des Tatgerichts ebenso ein gesetzgeberischer Wille ins Feld führen, nämlich das in § 2 Abs. 1 Satz 1 JGG normierte Ziel des Jugendstrafrechts der Spezialprävention und die in § 2 Abs. 1 Satz 2 JGG bestimmte vorrangige Ausrichtung der Rechtsfolgen am Erziehungsgedanken.
28
4. Der Senat sieht sich durch Entscheidungen des 2. und des 5. Strafsenats gehindert, wie beabsichtigt zu entscheiden.
29
Der 5. Strafsenat hat ohne nähere Begründung auf die Revision der Staatsanwaltschaft in seinem Urteil vom 24. Mai 2018 analog § 354 Abs. 1 StPO den Wert des aus der Tat Erlangten – auf der Grundlage rechtsfehlerfreier Feststellungen – selbst bestimmt und den einzuziehenden Betrag in Höhe der gesamten Beute festgesetzt, weil das Landgericht rechtsfehlerhaft davon ausgegangen war, die Angeklagten hätten jeweils lediglich ihren eigenen Beuteanteil erlangt (vgl. BGH, Urteil vom 24. Mai 2018 – 5 StR 623/17 und 624/17 Rn. 11 f.).
30
Der 2. Strafsenat hat auf die Revision der Staatsanwaltschaft in seinem Urteil vom 21. November 2018 – ebenfalls ohne nähere Begründung – entsprechend § 354 Abs. 1 StPO die Verurteilung einer Angeklagten zu einer Einheitsjugendstrafe um die von der Jugendkammer unterlassene Anordnung der Einziehung nach § 73c Satz 1 StGB ergänzt, nachdem er auf der Grundlage der rechtsfehlerfrei getroffenen Urteilsfeststellungen den Wert des Erlangten selbst bestimmt hatte (vgl. BGH, Urteil vom 21. November 2018 – 2 StR 262/18 Rn.

8).

31
In seinem Beschluss vom 24. Januar 2019 hat der 5. Strafsenat die Revision eines nach Jugendstrafrecht verurteilten Angeklagten mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass er für den Einziehungsbetrag als Gesamt- schuldner haftet, und dabei darauf hingewiesen, dass §§ 73 ff. StGB uneingeschränkt auf Jugendliche und Heranwachsende anwendbar seien (vgl. BGH, Beschluss vom 24. Januar 2019 – 5 StR 475/18).
32
Schließlich hat der 5. Strafsenat in seinem Urteil vom 8. Mai 2019 auf die Revision der Staatsanwaltschaft das erstinstanzliche Urteil geändert und entsprechend § 354 Abs. 1 StPO die Einziehung des Wertes von Taterträgen gegen einen nach Jugendstrafrecht verurteilten Angeklagten selbst angeordnet. Der 5. Strafsenat unterstreicht in dieser Entscheidung mit näherer Begründung nochmals, dass §§ 73 ff. StGB im Jugendstrafrecht – gleich wie im Erwachsenenstrafrecht – zwingend und uneingeschränkt anzuwenden seien (vgl. BGH, Urteil vom 8. Mai 2019 – 5 StR 95/19).
33
5. Der Senat fragt daher gemäß § 132 Abs. 3 Satz 1 GVG bei dem 2. und 5. Strafsenat an, ob an der genannten Rechtsauffassung festgehalten wird. Vorsorglich fragt der Senat auch bei dem 3. und 4. Strafsenat an, ob dortige Rechtsprechung der beabsichtigten Entscheidung entgegensteht und ob gegebenenfalls an dieser festgehalten wird.
Raum Jäger Cirener Hohoff Leplow

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 262/18
vom
21. November 2018
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen schwerer räuberischer Erpressung u. a.
ECLI:DE:BGH:2018:211118U2STR262.18.0

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 21. November 2018, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Dr. Franke,
die Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Eschelbach, Meyberg, Dr. Grube, Schmidt,
Staatsanwalt als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt als Verteidiger der Angeklagten B. , Rechtsanwältin , Rechtsanwalt als Verteidiger des Angeklagten Ba. , Rechtsanwalt als Verteidiger des Angeklagten T. ,
Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Köln vom 1. März 2018 dahingehend ergänzt, dass gegen die Angeklagten die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 500 € angeordnet wird, für die sie gesamtschuldnerisch haften, und gegen die Angeklagten Ba. und T. die weitere Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 4.300 €, für die diese als Gesamtschuldner haften. Die Angeklagten haben die Kosten der Rechtsmittel zu tragen. Es wird davon abgesehen, der Angeklagten B. die Kosten und Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagte B. wegen räuberischer Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung unter Einbeziehung zweier Urteile des Amtsgerichts Leverkusen zu einer Einheitsjugendstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Die Angeklagten Ba. und T. hat es wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung verurteilt, den Angeklagten Ba. unter Einbeziehung der Strafe aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Brühl vom 3. Juni 2016 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und einem Monat, den Angeklagten T. zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren.
2
Die auf die Sachrüge gestützten und wirksam auf die unterlassenen Anordnungen der Einziehung von Wertersatz beschränkten, vom Generalbundesanwalt vertretenen Revisionen der Staatsanwaltschaft haben Erfolg.

I.

3
Nach den Feststellungen des Landgerichts entschlossen sich die zur Tatzeit 20 Jahre und sieben Monate alte Angeklagte B. und die Mitangeklagten , den Zeugen G. , den sie im Besitz einer größeren Menge Bargeld wähnten, nachts in dessen Wohnung durch den Einsatz körperlicher Gewalt zur Herausgabe des Bargeldes zu zwingen und dieses zu gleichen Teilen unter sich aufzuteilen. Dem Tatplan entsprechend fuhren die Angeklagten in der Nacht auf den 7. August 2015 gemeinsam zur Wohnung des Zeugen G. in L. . Nachdem dieser auf das Klopfen der ihm bekannten Angeklagten B. die Wohnungstüre öffnete, drangen die Angeklagten Ba. und T. in die Wohnung, während die Angeklagte B. in Erwartung der erfolgreichen Tatausführung zurück zum Pkw ging. T. forderte den Zeugen G. unter Anwendung körperlicher Gewalt zur Herausgabe von Bargeld auf. Ba. stürmte mit einem rund 30 cm langen Küchenmesser auf dievon den Geräuschen aufgeschreckte Lebensgefährtin des Zeugen G. , die Zeugin K. , zu und hielt ihr das Messer mit der Spitze in kurzem Abstand vor den Hals. So begaben sich die Angeklagten Ba. und T. mit den Zeugen in deren Schlafzimmer, wo G. aus einer Jacke4.800 € Bargeld in Scheinen holte und es aus Angst vor weiteren Repressalien einem der Angeklagten gab. Nachdem Ba. und T. , die wechselseitig mit dem Wür- gen und dem Vorhalten des Messers als Mittel, die Bargeldherausgabe zu erzwingen , einverstanden waren, die Wohnung verlassen hatten, erhielt die Angeklagte B. vom erbeuteten Bargeld 500 €. Das Geld erhielt G. nicht zurück.

II.

4
Eine Einziehungsentscheidung hat das Landgericht nicht getroffen. Hiergegen wendet sich die Staatsanwaltschaft zu Recht.
5
1. Das Rechtsmittel ist wirksam auf die Nichtanordnung der Einziehung von Wertersatz beschränkt (§ 344 Abs. 1 StPO BGH, Urteil vom 8. Februar 2018 – 3 StR 560/17, NJW 2018, 2141 Rn. 4 mwN). Eine Rechtsmittelbeschränkung ist nach den allgemeinen Grundsätzen wirksam, wenn der angefochtene Teil der Entscheidung losgelöst vom übrigen Urteilsinhalt selbständig geprüft und beurteilt werden kann und die nach dem Teilrechtsmittel stufenweise entstehende Gesamtentscheidung frei von inneren Widersprüchen bleibt (vgl. BGH, Urteil vom 2. Dezember 2004 – 3 StR 246/04, NStZ-RR 2005, 104). Dies ist vorliegend auch im Hinblick auf die gegen die Angeklagte B. verhängte Einheitsjugendstrafe zu bejahen.
6
2. Die strafrechtliche Vermögensabschöpfung richtet sich vorliegend gemäß Art. 316h Satz 1 EGStGB nach den durch das Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13. April 2017 (BGBl. I 2017, 872) eingeführten und am 1. Juli 2017 in Kraft getretenen neuen Regelungen der §§ 73 ff. StGB. Danach ist zwingend das einzuziehen, was der Täter durch oder für die Tat erlangt hat (§ 73 StGB nF) oder, sofern die Einziehung des erlangten Gegenstands nicht möglich ist, die Einziehung eines Geldbetrags auszuspre- chen, der dem Wert des Erlangten entspricht (§ 73c StGB nF). Es stellt daher einen Rechtsfehler dar, wenn sich das Tatgericht, das keine Entscheidung nach § 421 StPO getroffen hat, in den Urteilsgründen nicht mit der Frage einer Einziehungsanordnung befasst, obwohl Anhaltspunkte dafür bestehen, dass deren Voraussetzungen gegeben sind (vgl. BGH, Urteil vom 7. Februar 2017 – 1 StR 231/16, NStZ 2017, 401, 403).
7
So verhält es sich hier. Nach den Feststellungen des Landgerichts haben die Angeklagten Ba. und T. durch die Tat Mitverfügungsgewalt (zu diesem Erfordernis vgl. BGH, Beschluss vom 27. Mai 2008 – 3 StR 50/08, NStZ 2008, 623; Urteil vom 7. Juni 2018 – 4 StR 63/18; Urteil vom 18. Juli 2018 – 5 StR645/17, NStZ-RR 2018, 278) an Bargeld in Höhe von 4.800 € erlangt, die Angeklagte B. sodann an 500 € hiervon. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Vermögenswert im Rechtssinne aus der Tat erlangt, wenn er dem Täter oder Teilnehmer unmittelbar aus der Verwirklichung des Tatbestands in irgendeiner Phase des Tatablaufs so zugeflossen ist, dass er hierüber tatsächliche Verfügungsgewalt ausüben kann. Bei mehreren Beteiligten ist ausreichend aber auch erforderlich, dass sie zumindest eine faktische bzw. wirtschaftliche Mitverfügungsmacht über den Vermögensgegenstand erlangt haben, was der Fall ist, wenn sie im Sinne eines rein tatsächlichen Herrschaftsverhältnisses ungehinderten Zugriff auf den betreffenden Vermögensgegenstand nehmen können. Unerheblich ist dagegen, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang eine unmittelbar aus der Tat gewonnene (Mit-)Verfügungsmacht später aufgegeben und der zunächst erzielte Vermögenszuwachs durch Mittelabflüsse bei Beuteteilung gemindert wurde (BGH, Urteil vom 24. Mai 2018 – 5 StR 623/17 Rn. 8). Mehrere Tatbeteiligte, die – wie hier – an denselben Gegenständen Mitverfügungsgewalt erlangt haben, haften als Gesamtschuldner (BGH, Beschluss vom 20. Februar 2018 – 2 StR 12/18 mwN). Die Vorschriften der §§ 73 ff. StGB sind über die Verweisung in § 2 Abs. 2 JGG auch im Jugendstrafrecht anwendbar (vgl. zu §§ 73 ff. StGB aF BGH, Urteil vom 17. Juni 2010 – 4 StR 126/10, BGHSt 55, 174, 175 Rn. 7 ff.).
8
3. Der Senat kann auf der Grundlage der rechtsfehlerfrei getroffenen Urteilsfeststellungen entsprechend § 354 Abs. 1 StPO den Wert des von dem Angeklagten Erlangten selbst bestimmen und insoweit die Anordnung der Einziehung und die gesamtschuldnerische Haftung der Angeklagten nachholen. Nach dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe ist davon auszugehen, dass sich das erlangte Bargeld mit anderem Bargeld der Angeklagten vermischt hat und ausgegeben wurde, so dass es aus anderen Gründen im Sinne von § 73c Satz 1 StGB nicht mehr gegenständlich eingezogen werden kann. Der Anspruch , der dem oder den Verletzten aus der Tat auf Rückgewähr des Erlangten oder auf Ersatz des Wertes des Erlangten erwachsen ist, ist hier auch nicht, insbesondere nicht durch Rückgewähr des erlangten Geldes oder eines entsprechenden Geldbetrages erloschen (§ 73e StGB).
Franke Eschelbach Meyberg Grube Schmidt
5
1. Es hat bereits der höchstrichterlichen Rechtsprechung in Bezug auf die früheren Vorschriften zum Recht der Vermögensabschöpfung gemäß §§ 73 ff. StGB aF entsprochen, dass die Verhängung der dort vorgesehenen Maßnahmen über die Verweisung in § 2 Abs. 2 JGG i.V.m. § 8 Abs. 3 JGG auch im Jugendstrafrecht zulässig war, und zwar unabhängig davon, ob der Wert des Erlangten noch im Vermögen des Jugendlichen vorhanden war. Diese gesetzgeberische Entscheidung, wonach der Vermeidung von Härten allein die Vorschrift des § 73c StGB aF diente, durfte nicht unter Berufung auf erzieherische Interessen unterlaufen werden (vgl. BGH, Urteil vom 17. Juni 2010 – 4 StR 126/10, BGHSt 55, 174, 177 f., mit zust. Anm. Altenhain, NStZ 2011, 272).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
5 StR 475/18
vom
24. Januar 2019
in der Strafsache
gegen
wegen besonders schweren Raubes u.a.
ECLI:DE:BGH:2019:240119B5STR475.18.0

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 24. Januar 2019 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Lübeck vom 4. Juni 2018 wird mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass der Angeklagte für den Einziehungsbetrag als Gesamtschuldner haftet.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die den Nebenklägerinnen im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Ergänzend bemerkt der Senat zur Antragschrift des Generalbundesanwalts: Nach den Feststellungen der Jugendkammer teilten der Angeklagte und die gesondert verfolgten Mittäter T. und Sc. die durch den besonders schweren Raub zum Nachteil der Nebenklägerin W. erlangte Tatbeute mit einem Gesamtwert von 43.977,55 Euro unmittelbar nach der Tat zu gleichen Teilen untereinander auf. Danach hätte die Jugendkammer die Einziehung des Wertes des gesamten Tatertrages (§§ 73, 73c StGB) gegen den Angeklagten als Gesamtschuldner anordnen müssen (vgl. BGH, Urteil vom 24. Mai 2018 – 5 StR 623/17, 624/17; für die uneingeschränkte Anwendung der §§ 73 ff. StGB auf Jugendliche und Heranwachsende vgl. BGH, Urteil vom 21. November 2018 – 2 StR 262/18). Es beschwert den Angeklagten jedoch nicht, dass die Jugendkammer die Einziehungsanordnung auf seinen Anteil an der Tatbeute beschränkt hat. Angesichts dieser rechtsfehlerhaften Besserstellung ist der Angeklagte auch nicht dadurch beschwert, dass das Landgericht die Schadenswiedergutmachung des Angeklagten in Höhe von 1.000 Euro nicht in Abzug gebracht hat (vgl. § 73e Abs. 1 StGB).
Mutzbauer Sander Schneider König Köhler

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.