Bundesgerichtshof Urteil, 09. Mai 2006 - 1 StR 37/06

bei uns veröffentlicht am09.05.2006

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 37/06
vom
9. Mai 2006
in der Strafsache
gegen
wegen Sachbeschädigung u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 9. Mai 2006,
an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Wahl,
Dr. Kolz,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Elf,
der Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Graf,
Bundesanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts München I vom 18. August 2005 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit der Angeklagte freigesprochen worden ist. Die Sache wird insoweit zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Sachbeschädigung zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 30 € verurteilt. Im Übrigen hat es ihn freigesprochen. Dem Angeklagten war weiterhin vorgeworfen worden, im Jahr 2004 bis zum 14. Juni 2004 in vier Fällen an den Zeugen S. jeweils zwischen 20 und 48,06 g Heroingemisch gewinnbringend veräußert zu haben.
2
Gegen den Teilfreispruch wendet sich die Revision der Staatsanwaltschaft mit einer Verfahrensrüge und der Sachbeschwerde. Mit der Sachbeschwerde hat sie Erfolg.

I.

3
Der Senat braucht deshalb nicht zu entscheiden, ob die Aufklärungsrüge durchgreift. Die Beschwerdeführerin beanstandet, dass das Landgericht es unterlassen habe, in der Hauptverhandlung Kurznachrichten (SMS) in Augen- schein zu nehmen. Die SMS waren bei Telekommunikations-Überwachungsmaßnahmen , bezogen auf ein vom Angeklagten benutztes Mobiltelefon, aufgezeichnet worden. Die Beschwerdeführerin meint, das Landgericht habe zu Unrecht die Telefonüberwachung nach § 100a StPO für rechtswidrig und die Erkenntnisse daraus für unverwertbar gehalten. Zugleich teilt die Revision mit, dass der Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft deswegen von einem entsprechenden Beweisantrag abgesehen habe, weil eine Polizeibeamtin, als Zeugin vernommen, die identischen Kurznachrichten vom Mobiltelefon des Zeugen S. ausgelesen und deren Inhalt in der Hauptverhandlung wiedergegeben habe. Da die Kurznachrichten - nach dem Revisionsvortrag - somit auf andere Weise als durch Augenschein in die Hauptverhandlung eingeführt wurden, geht die Aufklärungsrüge fehl. Die Nichtverwertung von eingeführten Beweismitteln ist vielmehr mit einer Rüge der Verletzung des § 261 StPO zu beanstanden, die darauf zielt, dass das Landgericht nicht das gesamte Ergebnis der Hauptverhandlung seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat (vgl. Gollwitzer in Löwe /Rosenberg, StPO 25. Aufl. § 261 Rdn. 176; Schoreit in KK 5. Aufl. § 261 Rdn. 20). Inwieweit auch eine derartige Rüge erfolglos wäre, da für das Revisionsgericht das Einführen der Kurznachrichten durch Zeugenbeweis ohne Rekonstruktion der Beweisaufnahme nicht feststellbar ist (vgl. Senatsbeschluss vom 25. Januar 2006 - 1 StR 438/05 - Umdruck S. 6; Schoreit aaO Rdn. 52), braucht der Senat ebenfalls nicht zu entscheiden.

II.

4
1. Folgendes ist - soweit im Rahmen der Revision von Bedeutung - festgestellt :
5
Der Zeuge S. erwarb von Mitte April bis zu seiner Festnahme am 14. Juni 2004 von einer unbekannten Person in drei Fällen Heroingemisch, und zwar zwischen Mitte April und Mitte Mai 2004 mindestens 20 g (entspricht Tatvorwurf 1 der Anklage), einige Tage später nochmals mindestens 20 g (entspricht Tatvorwurf 2 der Anklage) sowie am 14. Juni 2004 weitere 48,06 g (entspricht Tatvorwurf 4 der Anklage). Kurz vor der ersten Tat hatte ihm die Person gesagt, sie sei unter einer von ihr bezeichneten Rufnummer erreichbar.
6
Der Angeklagte und der Zeuge S. hatten sich Anfang 2003 in einer Justizvollzugsanstalt kennen gelernt. Der Angeklagte hatte gegenüber dem Zeugen S. erklärt, dass er wegen Heroinhandels in Untersuchungshaft sei.
7
2. Das Landgericht hat den Angeklagten aus tatsächlichen Gründen freigesprochen.
8
Der Angeklagte hat in der Hauptverhandlung keine Angaben gemacht. Bei seiner polizeilichen Vernehmung hatte er ausgesagt, den Zeugen S. nicht zu kennen.
9
Der Zeuge S. hat die drei Taten - so wie vom Landgericht festgestellt - in der Hauptverhandlung geschildert und angegeben, dass der Angeklagte die Person sei, von der er das Heroingemisch erhalten habe. Was den Tatvorwurf 3 der Anklage - ein weiteres Geschäft über 25 g Heroingemisch eine Woche nach der zweiten Tat - anbelangt, der auf der polizeilichen Aussage des Zeugen S. beruhte, hat sich dieser in der Hauptverhandlung trotz Vorhalts nicht erinnern können.
10
Das Landgericht hat sich zwar davon überzeugt, dass sich der Angeklagte und der Zeuge S. kennen, nicht aber, dass der Angeklagte der Heroinlieferant des Zeugen war und bereits vor Juni 2004 ein Mobiltelefon mit der bezeichneten Rufnummer besaß. Im Übrigen hat es den Angaben des Zeugen zu den Taten, soweit er sich in der Hauptverhandlung hat erinnern können, Glauben geschenkt.

III.

11
Die Beschwerdeführerin beanstandet mit der Sachrüge zu Recht die Beweiswürdigung.
12
Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatrichters. Kann er nicht die erforderliche Gewissheit gewinnen und spricht er den Angeklagten daher frei, so hat das Revisionsgericht dies regelmäßig hinzunehmen. Demgegenüber kann ein Urteil keinen Bestand haben, wenn die Beweiswürdigung rechtsfehlerhaft ist (st. Rspr.; vgl. nur Senat NJW 2002, 2188, 2189; NStZ-RR 2005, 147).
13
1. Das Urteil lässt besorgen, dass die Kammer der Reichweite des Grundsatzes "in dubio pro reo" nicht hinreichend Rechnung getragen hat.
14
Die Kammer hat festgestellt, dass der Heroinlieferant des Zeugen S. diesem kurz vor der ersten Tat zwischen Mitte April und Mitte Mai 2004 sagte, er sei unter einer von ihm bezeichneten Rufnummer erreichbar (UA S. 8). Diese Rufnummer wurde vom Mobiltelefon des Zeugen S. nach dessen Festnahme infolge der Tat am 14. Juni 2004 ausgelesen (UA S. 16). Des Weiteren hat der Angeklagte in einem Beweisantrag vortragen lassen, dass er das Mobiltelefon mit der bezeichneten Rufnummer erst am 1. oder 2. Juni 2004 gekauft habe. Dazu führt das Urteil aus, dass die Kammer die Behauptung nicht habe widerlegen können, da die polizeilichen Ermittlungen Gegenteiliges nicht ergeben hätten. Hieraus hat sie geschlossen: "Wenn der Angeklagte das Handy erst ab Anfang Juni 2004 hatte, konnte S. den Angeklagten im Mai 2004 nicht auf diesem Handy anrufen" (UA S. 17).
15
Unbeschadet des Umstands, dass die Tatsachenbehauptung in dem Beweisantrag nicht ohne weiteres als Einlassung des Angeklagten angesehen werden kann (vgl. BGH NStZ 1990, 447; NStZ 2000, 495, 496), stellt es eine rechtsfehlerhafte Anwendung des Zweifelsatzes dar, dass die Kammer die behauptete Tatsache allein deswegen ihrer Entscheidung zugrunde gelegt hat, weil es für das Gegenteil keine unmittelbaren Beweise gab, mittels derer die Behauptung sicher widerlegt werden konnte.
16
Der Grundsatz "in dubio pro reo" ist keine Beweis-, sondern eine Entscheidungsregel , die das Gericht erst dann zu befolgen hat, wenn es nach abgeschlossener Beweiswürdigung nicht die volle Überzeugung vom Vorliegen einer für den Schuld- und Rechtsfolgenausspruch unmittelbar entscheidungserheblichen Tatsache zu gewinnen vermag (vgl. BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 24, 27). Es ist daher verfehlt, ihn isoliert auf einzelne Indizien anzuwenden ; er kann erst bei der abschließenden Gesamtwürdigung zum Tragen kommen (vgl. BGHSt 49, 112, 122 f.; BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 20; BGH NStZ 2001, 609; NStZ-RR 2004, 238, 239).
17
Der Senat kann nicht ausschließen, dass die Kammer die Glaubhaftigkeit der Angaben des Zeugen S. anders beurteilt hätte, wenn sie bei der Gesamtwürdigung aller Indizien nicht von vornherein ausgeschlossen hätte, dass der Angeklagte das Mobiltelefon mit der bezeichneten Rufnummer bereits vor Juni 2004 besaß. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass das Urteil nicht mitteilt, was der Zeuge S. zur Vorbereitung oder Abwicklung des Geschäfts vom 14. Juni 2004 mittels Mobiltelefon ausgesagt hat.
18
2. Das Urteil weist zudem insoweit einen Erörterungsmangel auf, als es die Aussage des Zeugen S. nicht erschöpfend würdigt. Das Urteil schweigt nicht nur dazu, aus welchen Gründen das Landgericht die Aussage des Zeugen S. - unter Ausklammerung der Person des Lieferanten - für glaubhaft erachtet hat, soweit er in der Hauptverhandlung die Erwerbsvorgänge als solche schilderte. Es fehlt auch an einer Beweiswürdigung zu dem Erwerbsvorgang, an den sich der Zeuge S. in der Hauptverhandlung trotz Vorhalts nicht hat erinnern können (Tatvorwurf 3), zumal das Landgericht selbst festgestellt hat, dass der Zeuge S. Erinnerungslücken oft vorgeschoben und später damit begründet hat, er habe befürchtet, dass "er dann auch verraten werde" (UA S. 13). Das Urteil teilt nicht mit, warum die Kammer den polizeilichen Angaben des Zeugen S. zum Tatvorwurf 3 keinen Glauben geschenkt hat. Eine Erörterung war insbesondere deshalb geboten, weil der Zeuge aufgrund seines Geständnisses auch wegen dieser Tat selbst rechtskräftig verurteilt wurde (UA S. 11). Das Schweigen der Urteilsgründe hierzu lässt besorgen, dass die Kammer die früheren Aussagen des Zeugen S. bei der Polizei und in seiner eigenen Hauptverhandlung nicht in dem hier gebotenen Umfang gewürdigt hat. Vor dem Hintergrund , dass die Kammer seine Angaben zu den drei in der Hauptverhandlung geschilderten Erwerbsvorgängen für glaubhaft erachtet hat, versteht es sich nicht von selbst, dass die früheren Aussagen, aufgrund derer der Zeuge seine eigene Verurteilung hinnahm, schon für sich gesehen unglaubhaft waren (vgl. Senat, Urt. vom 21. Februar 2006 - 1 StR 278/05 - Umdruck S. 6).
19
3. Eine Gesamtschau der Urteilsgründe lässt besorgen, dass das Landgericht an die zur Verurteilung erforderliche Überzeugungsbildung überspannte Anforderungen gestellt hat (vgl. BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 16; Schoreit in KK 5. Aufl. § 261 Rdn. 4 m.w.N.).

IV.

20
Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf Folgendes hin: Die neun Kurznachrichten, deren Verwertung die Beschwerdeführerin mit der Ver- fahrensrüge begehrt, sind, soweit sie - dem Revisionsvortrag zufolge - vom Mobiltelefon des Zeugen S. ausgelesen und durch Zeugenbeweis in die Hauptverhandlung eingeführt wurden, nach der neuesten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht durch einen Eingriff in das Fernmeldegeheimnis erlangt; ein darauf gestütztes Verwertungsverbot käme daher nicht in Betracht (vgl. BVerfG, Urt. vom 2. März 2006 - 2 BvR 2099/04 [= StraFo 2006, 157]; die Kammerentscheidung vom 4. Februar 2005 - 2 BvR 308/04 [= NStZ 2005, 337] ist insoweit überholt). Die Rechtmäßigkeit der TelekommunikationsÜberwachungsmaßnahmen aus dem ermittlungsrichterlichen Beschluss vom 4. Juni 2004 ist diesbezüglich ohne Bedeutung. Nack Wahl Kolz Elf Graf

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Strafprozeßordnung - StPO | § 261 Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung


Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

Strafprozeßordnung - StPO | § 100a Telekommunikationsüberwachung


(1) Auch ohne Wissen der Betroffenen darf die Telekommunikation überwacht und aufgezeichnet werden, wenn 1. bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass jemand als Täter oder Teilnehmer eine in Absatz 2 bezeichnete schwere Straftat begangen, in F

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Bundesgerichtshof Urteil, 21. Feb. 2006 - 1 StR 278/05

bei uns veröffentlicht am 21.02.2006

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 1 StR 278/05 vom 21. Februar 2006 in der Strafsache gegen wegen vorsätzlicher Körperverletzung u.a. Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 21. Februar 2006, an der teilgenommen
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Bundesgerichtshof Beschluss, 07. Juli 2016 - 4 StR 131/16

bei uns veröffentlicht am 07.07.2016

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 131/16 vom 7. Juli 2016 in der Strafsache gegen 1. 2. 3. wegen Diebstahls Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung der Beschwerdeführer am 7. Juli 2016 ein

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(1) Auch ohne Wissen der Betroffenen darf die Telekommunikation überwacht und aufgezeichnet werden, wenn

1.
bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass jemand als Täter oder Teilnehmer eine in Absatz 2 bezeichnete schwere Straftat begangen, in Fällen, in denen der Versuch strafbar ist, zu begehen versucht, oder durch eine Straftat vorbereitet hat,
2.
die Tat auch im Einzelfall schwer wiegt und
3.
die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthaltsortes des Beschuldigten auf andere Weise wesentlich erschwert oder aussichtslos wäre.
Die Überwachung und Aufzeichnung der Telekommunikation darf auch in der Weise erfolgen, dass mit technischen Mitteln in von dem Betroffenen genutzte informationstechnische Systeme eingegriffen wird, wenn dies notwendig ist, um die Überwachung und Aufzeichnung insbesondere in unverschlüsselter Form zu ermöglichen. Auf dem informationstechnischen System des Betroffenen gespeicherte Inhalte und Umstände der Kommunikation dürfen überwacht und aufgezeichnet werden, wenn sie auch während des laufenden Übertragungsvorgangs im öffentlichen Telekommunikationsnetz in verschlüsselter Form hätten überwacht und aufgezeichnet werden können.

(2) Schwere Straftaten im Sinne des Absatzes 1 Nr. 1 sind:

1.
aus dem Strafgesetzbuch:
a)
Straftaten des Friedensverrats, des Hochverrats und der Gefährdung des demokratischen Rechtsstaates sowie des Landesverrats und der Gefährdung der äußeren Sicherheit nach den §§ 80a bis 82, 84 bis 86, 87 bis 89a, 89c Absatz 1 bis 4, 94 bis 100a,
b)
Bestechlichkeit und Bestechung von Mandatsträgern nach § 108e,
c)
Straftaten gegen die Landesverteidigung nach den §§ 109d bis 109h,
d)
Straftaten gegen die öffentliche Ordnung nach § 127 Absatz 3 und 4 sowie den §§ 129 bis 130,
e)
Geld- und Wertzeichenfälschung nach den §§ 146 und 151, jeweils auch in Verbindung mit § 152, sowie nach § 152a Abs. 3 und § 152b Abs. 1 bis 4,
f)
Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung in den Fällen der §§ 176, 176c, 176d und, unter den in § 177 Absatz 6 Satz 2 Nummer 2 genannten Voraussetzungen, des § 177,
g)
Verbreitung, Erwerb und Besitz kinder- und jugendpornographischer Inhalte nach § 184b, § 184c Absatz 2,
h)
Mord und Totschlag nach den §§ 211 und 212,
i)
Straftaten gegen die persönliche Freiheit nach den §§ 232, 232a Absatz 1 bis 5, den §§ 232b, 233 Absatz 2, den §§ 233a, 234, 234a, 239a und 239b,
j)
Bandendiebstahl nach § 244 Abs. 1 Nr. 2, Wohnungseinbruchdiebstahl nach § 244 Absatz 4 und schwerer Bandendiebstahl nach § 244a,
k)
Straftaten des Raubes und der Erpressung nach den §§ 249 bis 255,
l)
gewerbsmäßige Hehlerei, Bandenhehlerei und gewerbsmäßige Bandenhehlerei nach den §§ 260 und 260a,
m)
Geldwäsche nach § 261, wenn die Vortat eine der in den Nummern 1 bis 11 genannten schweren Straftaten ist,
n)
Betrug und Computerbetrug unter den in § 263 Abs. 3 Satz 2 genannten Voraussetzungen und im Falle des § 263 Abs. 5, jeweils auch in Verbindung mit § 263a Abs. 2,
o)
Subventionsbetrug unter den in § 264 Abs. 2 Satz 2 genannten Voraussetzungen und im Falle des § 264 Abs. 3 in Verbindung mit § 263 Abs. 5,
p)
Sportwettbetrug und Manipulation von berufssportlichen Wettbewerben unter den in § 265e Satz 2 genannten Voraussetzungen,
q)
Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt unter den in § 266a Absatz 4 Satz 2 Nummer 4 genannten Voraussetzungen,
r)
Straftaten der Urkundenfälschung unter den in § 267 Abs. 3 Satz 2 genannten Voraussetzungen und im Fall des § 267 Abs. 4, jeweils auch in Verbindung mit § 268 Abs. 5 oder § 269 Abs. 3, sowie nach § 275 Abs. 2 und § 276 Abs. 2,
s)
Bankrott unter den in § 283a Satz 2 genannten Voraussetzungen,
t)
Straftaten gegen den Wettbewerb nach § 298 und, unter den in § 300 Satz 2 genannten Voraussetzungen, nach § 299,
u)
gemeingefährliche Straftaten in den Fällen der §§ 306 bis 306c, 307 Abs. 1 bis 3, des § 308 Abs. 1 bis 3, des § 309 Abs. 1 bis 4, des § 310 Abs. 1, der §§ 313, 314, 315 Abs. 3, des § 315b Abs. 3 sowie der §§ 316a und 316c,
v)
Bestechlichkeit und Bestechung nach den §§ 332 und 334,
2.
aus der Abgabenordnung:
a)
Steuerhinterziehung unter den in § 370 Absatz 3 Satz 2 Nummer 1 genannten Voraussetzungen, sofern der Täter als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach § 370 Absatz 1 verbunden hat, handelt, oder unter den in § 370 Absatz 3 Satz 2 Nummer 5 genannten Voraussetzungen,
b)
gewerbsmäßiger, gewaltsamer und bandenmäßiger Schmuggel nach § 373,
c)
Steuerhehlerei im Falle des § 374 Abs. 2,
3.
aus dem Anti-Doping-Gesetz:

Straftaten nach § 4 Absatz 4 Nummer 2 Buchstabe b,
4.
aus dem Asylgesetz:
a)
Verleitung zur missbräuchlichen Asylantragstellung nach § 84 Abs. 3,
b)
gewerbs- und bandenmäßige Verleitung zur missbräuchlichen Asylantragstellung nach § 84a,
5.
aus dem Aufenthaltsgesetz:
a)
Einschleusen von Ausländern nach § 96 Abs. 2,
b)
Einschleusen mit Todesfolge und gewerbs- und bandenmäßiges Einschleusen nach § 97,
5a.
aus dem Ausgangsstoffgesetz:

Straftaten nach § 13 Absatz 3,
6.
aus dem Außenwirtschaftsgesetz:

vorsätzliche Straftaten nach den §§ 17 und 18 des Außenwirtschaftsgesetzes,
7.
aus dem Betäubungsmittelgesetz:
a)
Straftaten nach einer in § 29 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 in Bezug genommenen Vorschrift unter den dort genannten Voraussetzungen,
b)
Straftaten nach den §§ 29a, 30 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 4 sowie den §§ 30a und 30b,
8.
aus dem Grundstoffüberwachungsgesetz:

Straftaten nach § 19 Abs. 1 unter den in § 19 Abs. 3 Satz 2 genannten Voraussetzungen,
9.
aus dem Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen:
a)
Straftaten nach § 19 Abs. 1 bis 3 und § 20 Abs. 1 und 2 sowie § 20a Abs. 1 bis 3, jeweils auch in Verbindung mit § 21,
b)
Straftaten nach § 22a Abs. 1 bis 3,
9a.
aus dem Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetz:

Straftaten nach § 4 Absatz 3 Nummer 1 Buchstabe a,
10.
aus dem Völkerstrafgesetzbuch:
a)
Völkermord nach § 6,
b)
Verbrechen gegen die Menschlichkeit nach § 7,
c)
Kriegsverbrechen nach den §§ 8 bis 12,
d)
Verbrechen der Aggression nach § 13,
11.
aus dem Waffengesetz:
a)
Straftaten nach § 51 Abs. 1 bis 3,
b)
Straftaten nach § 52 Abs. 1 Nr. 1 und 2 Buchstabe c und d sowie Abs. 5 und 6.

(3) Die Anordnung darf sich nur gegen den Beschuldigten oder gegen Personen richten, von denen auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass sie für den Beschuldigten bestimmte oder von ihm herrührende Mitteilungen entgegennehmen oder weitergeben oder dass der Beschuldigte ihren Anschluss oder ihr informationstechnisches System benutzt.

(4) Auf Grund der Anordnung einer Überwachung und Aufzeichnung der Telekommunikation hat jeder, der Telekommunikationsdienste erbringt oder daran mitwirkt, dem Gericht, der Staatsanwaltschaft und ihren im Polizeidienst tätigen Ermittlungspersonen (§ 152 des Gerichtsverfassungsgesetzes) diese Maßnahmen zu ermöglichen und die erforderlichen Auskünfte unverzüglich zu erteilen. Ob und in welchem Umfang hierfür Vorkehrungen zu treffen sind, bestimmt sich nach dem Telekommunikationsgesetz und der Telekommunikations-Überwachungsverordnung. § 95 Absatz 2 gilt entsprechend.

(5) Bei Maßnahmen nach Absatz 1 Satz 2 und 3 ist technisch sicherzustellen, dass

1.
ausschließlich überwacht und aufgezeichnet werden können:
a)
die laufende Telekommunikation (Absatz 1 Satz 2), oder
b)
Inhalte und Umstände der Kommunikation, die ab dem Zeitpunkt der Anordnung nach § 100e Absatz 1 auch während des laufenden Übertragungsvorgangs im öffentlichen Telekommunikationsnetz hätten überwacht und aufgezeichnet werden können (Absatz 1 Satz 3),
2.
an dem informationstechnischen System nur Veränderungen vorgenommen werden, die für die Datenerhebung unerlässlich sind, und
3.
die vorgenommenen Veränderungen bei Beendigung der Maßnahme, soweit technisch möglich, automatisiert rückgängig gemacht werden.
Das eingesetzte Mittel ist nach dem Stand der Technik gegen unbefugte Nutzung zu schützen. Kopierte Daten sind nach dem Stand der Technik gegen Veränderung, unbefugte Löschung und unbefugte Kenntnisnahme zu schützen.

(6) Bei jedem Einsatz des technischen Mittels sind zu protokollieren

1.
die Bezeichnung des technischen Mittels und der Zeitpunkt seines Einsatzes,
2.
die Angaben zur Identifizierung des informationstechnischen Systems und die daran vorgenommenen nicht nur flüchtigen Veränderungen,
3.
die Angaben, die die Feststellung der erhobenen Daten ermöglichen, und
4.
die Organisationseinheit, die die Maßnahme durchführt.

Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 278/05
vom
21. Februar 2006
in der Strafsache
gegen
wegen vorsätzlicher Körperverletzung u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 21. Februar
2006, an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Wahl
als Vorsitzender
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Kolz,
Hebenstreit,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Elf,
der Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Graf,
Bundesanwalt - in der Verhandlung -,
Bundesanwalt - bei der Verkündung -
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwältin
als Verteidigerin,
Rechtsanwalt
als Vertreter der Nebenklägerin,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft und der Nebenklägerin wird das Urteil des Landgerichts Landshut vom 18. Februar 2005 mit den Feststellungen aufgehoben, soweit der Angeklagte freigesprochen worden ist. Der Ausspruch darüber, dass die wegen vorsätzlicher Körperverletzung rechtskräftig festgesetzte Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt wird, entfällt. Im Übrigen wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine Strafkammer des Landgerichts München I zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:


I.

1
Dem Angeklagten lagen zahlreiche, teilweise schwerwiegende Delikte zur Last, die er sämtlich zum Nachteil der Nebenklägerin, seiner inzwischen von ihm geschiedenen Ehefrau, begangen haben soll.
2
1. Er war in dieser Sache bereits durch Urteil des Landgerichts Landshut vom 9. Mai 2003 wegen gefährlicher Körperverletzung (Strafe hierfür: ein Jahr) und wegen vorsätzlicher Körperverletzung (Strafe hierfür: sechs Monate) zu einer zur Bewährung ausgesetzten Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt worden. Von weiteren Vorwürfen, die insbesondere, aber nicht ausschließlich Sexualdelikte betrafen, war er freigesprochen worden, da die Strafkammer die Aussagen der Nebenklägerin, soweit sie nicht durch anderweitige Beweismittel gestützt waren, nicht als ausreichende Grundlage für eine Verurteilung ansah. Die Revision der Nebenklägerin gegen dieses Urteil hatte in dem Umfang Erfolg gehabt, in dem das Urteil gemäß § 400 Abs. 1 StPO einer Überprüfung durch den Senat zugänglich war (Urteil vom 21. Januar 2004 - 1 StR 379/03, teilweise abgedruckt in NStZ 2004, 635 f.). Ergebnis war, dass die Verurteilung wegen vorsätzlicher Körperverletzung zu sechs Monaten Freiheitsstrafe bestehen blieb. Die vom Senat für sich genommen ausdrücklich als rechtsfehlerfrei bewertete Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung wurde dagegen insgesamt aufgehoben, da insoweit eine tateinheitliche Verurteilung wegen weiterer nebenklagefähiger Tatbestände in Betracht kam. Ebenfalls aufgehoben wurden die Freisprüche, denen der Vorwurf von Körperverletzungs - und (oder) Sexualdelikten zu Grunde lag.
3
2. Die neu zur Entscheidung berufene Strafkammer konnte sich erneut nicht von der Richtigkeit der vom Angeklagten in vollem Umfang bestrittenen Vorwürfe überzeugen. Weitergehend als in dem ersten Urteil des Landgerichts in dieser Sache betrifft dies auch den Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung. Sie hat deshalb lediglich (deklaratorisch) festgestellt, dass der Angeklagte wegen vorsätzlicher Körperverletzung zu sechs Monaten Freiheitsstrafe verurteilt ist und hat ihn im Übrigen freigesprochen. Hinsichtlich der Strafe von sechs Monaten wegen vorsätzlicher Körperverletzung hat sie geprüft, ob sie zur Bewährung ausgesetzt werden kann, und hat dies bejaht.

II.


4
Die gegen dieses Urteil gerichteten Revisionen der Staatsanwaltschaft und der Nebenklägerin haben mit der Sachrüge (hinsichtlich der Nebenklägerin: erneut) Erfolg.
5
1. Die Strafkammer kommt (erneut) zu dem Ergebnis, die Angaben der Nebenklägerin seien keine hinlängliche Grundlage für eine Verurteilung. Eine Verurteilung sei nur möglich, soweit diese Angaben durch andere Beweismittel bestätigt und gestützt werden.
6
Selbst auf dieser Grundlage hat der Freispruch vom Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung keinen Bestand.
7
a) Die Strafkammer hat festgestellt, dass der Zeuge Z. in der ersten Hauptverhandlung in dieser Sache ausgesagt hatte, die Nebenklägerin sei am Abend des in Rede stehenden Tages (12. September 1999) zu ihm gekommen und habe sehr "derhaut" - was so viel wie nicht unerheblich verletzt bedeuten soll - ausgesehen. Nunmehr, so die Strafkammer, "konnte oder wollte" er sich an das Datum des Besuchs und auch an konkrete Verletzungen nicht mehr erinnern. Daher stehe - anders als in der ersten Hauptverhandlung - kein Beweismittel zur Verfügung, das die - grundsätzlich unzulänglichen - Aussagen der Nebenklägerin bestätigen könne.
8
b) Die Strafkammer war allerdings - anders als insbesondere die Revision der Nebenklägerin dies zu vertreten scheint - nicht daran gebunden, dass der Senat die früher getroffenen Feststellungen (um einheitliche Feststellungen zu ermöglichen) nur deshalb aufgehoben hatte, weil noch zusätzliche Feststellungen möglich erschienen und im Übrigen den Schuldspruch als für sich genommen rechtsfehlerfrei bezeichnet hat. Mit der Aufhebung des Schuldspruchs einschließlich der zu Grunde liegenden Feststellungen hatte die Strafkammer in eigener Verantwortung neu über diesen Punkt zu befinden.
9
c) Die Strafkammer hat jedoch verkannt, dass auch die von ihr festgestellten früheren Aussagen des Zeugen ihrer Würdigung unterlagen. Es versteht sich weder von selbst, dass die früheren Aussagen schon für sich genommen unglaubhaft waren, noch versteht sich von selbst, dass das Aussageverhalten des Zeugen in der neuen Hauptverhandlung ohne weiteres entscheidend gegen die Glaubhaftigkeit seiner früheren Aussagen spricht. Dieses Aussageverhalten lässt vielmehr die unterschiedlichsten Auslegungen möglich erscheinen, z. B.
10
- die Erinnerung des Zeugen ist wegen Zeitablaufs verblasst; - der Zeuge will zu seiner ursprünglich richtigen Aussage nicht mehr stehen ; - der Zeuge will nicht einräumen, dass seine ursprüngliche Aussage falsch war.
11
Mit diesen und etwaigen sonstigen Möglichkeiten, die offensichtlich zu unterschiedlichen Ergebnissen führen können, hätte sich die Strafkammer auseinandersetzen und dementsprechend sämtliche angefallenen Erkenntnisse über Aussage und Aussageverhalten des Zeugen würdigen müssen. Dies ist nicht geschehen. Die Feststellung, es gebe kein Beweismittel zur Stützung der Angaben der Nebenklägerin, lässt vielmehr besorgen, die Strafkammer habe allein die Aussage des Zeugen in der (zweiten) Hauptverhandlung für ein berücksichtigungsfähiges Beweisergebnis gehalten.
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Schon dies führt zur Aufhebung des Urteils, soweit der Angeklagte vom Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung freigesprochen worden ist.
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2. Im Übrigen kann das Urteil deshalb keinen Bestand haben, weil die für Verurteilung oder Freispruch zentralen Aussagen der Nebenklägerin im Ansatz nicht rechtsfehlerfrei gewürdigt worden sind.
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a) Kann der Tatrichter nicht die erforderliche Gewissheit gewinnen und spricht er den Angeklagten daher frei, so hat das Revisionsgericht dies allerdings regelmäßig hinzunehmen. Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatrichters. Es kommt nicht darauf an, ob das Revisionsgericht angefallene Erkenntnisse anders gewürdigt oder Zweifel überwunden hätte. Daran ändert sich nicht einmal dann etwas, wenn die tatrichterlichen Feststellungen "lebensfremd erscheinen" mögen. Es gibt nämlich im Strafprozess keinen Beweis des ersten Anscheins, der nicht auf der Gewissheit des Richters, sondern auf der Wahrscheinlichkeit eines Geschehensablaufs beruht.
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Demgegenüber ist eine Beweiswürdigung etwa dann rechtsfehlerhaft, wenn sie lückenhaft, namentlich wesentliche Feststellungen nicht erörtert, widersprüchlich oder unklar ist, gegen Gesetze der Logik oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt oder wenn an die zur Verurteilung erforderliche Gewissheit im Ansatz unzutreffende ("überspannte") Anforderungen gestellt sind (st. Rspr., vgl. nur BGH StraFo 2003, 381; BGH NStZ-RR 2003, 371 ; BGH NJW 2002, 2188, 2189 m. w. N.).
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b) So verhält es sich hier.
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Die Strafkammer führt aus, die Unglaubhaftigkeit der Aussagen der Nebenklägerin habe sich "bereits auf Grund der vorgenommenen Beweiswürdigung" ergeben, ohne dass es der Ausführungen der von der Strafkammer angehörten Sachverständigen bedurft hätte. Die Ausführungen dieser Sachverständigen , deren Zuziehung, so die Strafkammer, gleichwohl "angezeigt" gewesen sei und die die Nebenklägerin nach den Urteilsfeststellungen insgesamt 16 Stunden exploriert hat (vgl. hierzu unter dem Gesichtspunkt des Schutzes (potentieller) Opfer generell BGH NJW 2005, 1519, 1521), sind dann aber doch in den Urteilsgründen auf insgesamt etwa 30 Seiten minutiös nachgezeichnet. Sie werden von der Strafkammer als überzeugende Bestätigung des Beweisergebnisses bewertet.
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Gegen die Ausführungen der Sachverständigen, jedenfalls so wie sie von der Strafkammer übereinstimmend an mehreren Stellen des Urteils mitgeteilt sind, bestehen an einer zentralen Stelle Bedenken. Es heißt:
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".. trotz der detaillierten und konstanten Schilderung einzelner der Anklage zu Grunde liegender Sachverhalte" - an anderer Stelle ist insoweit von "einzelne (n) Vergewaltigungen" die Rede - , "welche für den Wahrheitsgehalt der Aussage sprechen mag, ... ist es … nicht möglich, … einzelne ... Tatvorwürfe … als ... wahr herauszugreifen, da die Glaubhaftigkeit … immer bezogen auf das gesamte Aussageverhalten eines Zeugen gesehen werden muss".
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Dies trifft so nicht zu. Es ist bei einer entsprechend sorgfältigen und umfassenden Würdigung aller Erkenntnisse nicht schon im Ansatz ausgeschlossen , einem Zeugen teilweise zu glauben und teilweise nicht. Zwar müssen ins- besondere dann, wenn ein Zeuge in einem zentralen Punkt erkennbar gelogen hat, gewichtige Gesichtspunkte dafür sprechen, ihm im Übrigen zu glauben; wie im Kern schon aus § 261 StPO folgt, gibt es aber keinen Rechts- und auch keinen Erfahrungssatz, dass einer Zeugenaussage zumal zu unterschiedlichen Lebenssachverhalten, nur entweder insgesamt geglaubt oder insgesamt nicht geglaubt werden könnte.
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Dies hatte der Senat auch bereits in seinem ersten Urteil in dieser Sache näher dargelegt. Hierauf nimmt er Bezug (vgl. auch Meyer-Goßner, StPO 48. Aufl. § 261 Rdn. 11a; Schoreit in KK 5. Aufl. § 261 Rdn. 29 jew. m. w. N.).
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Die Strafkammer macht sich an anderer Stelle des Urteils dies - mit den Worten jener Entscheidung - im Prinzip auch zu Eigen, erklärt jedoch auch das Gegenteil für überzeugend und richtig. Der von ihr angelegte Maßstab ist also unklar. Nachdem die Strafkammer zwar bei der Schilderung einzelner gewichtiger Taten im Hinblick auf ihren Inhalt und die insoweit zutage getretene Aussagekonstanz erhebliche Anhaltspunkte dafür sieht, dass diese Schilderung richtig sein könnte, sie andererseits aber doch nicht zu einer Verurteilung kommt, kann der Senat nicht ausschließen, dass sich die aufgezeigten Unklarheiten auf die Entscheidung ausgewirkt haben. Dies führt zur Aufhebung auch der übrigen Freisprüche, ohne dass es noch auf weiteres ankäme.
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3. Der Senat bemerkt jedoch: Die Nebenklägerin hat eine der von ihr dem Angeklagten vorgeworfenen Vergewaltigungen nach den Urteilsfeststellungen wie folgt geschildert: Sie habe für den Sohn die Milch warm gemacht, als sie der Angeklagte im Streit über das Haus mit einer schwarz-grauen Pistole bedroht habe. Der Sohn habe geweint, sie habe ihn beruhigt. Dann habe sie der Angeklagte auf das Bett geworfen und mit einem Schal und einer Strumpf- hose ans Bett gefesselt. Die Pistole habe er auf das Fensterbrett gelegt. Er habe sich ausgezogen, sie geschlagen und gewürgt und mit ihr den Geschlechtsverkehr ausgeübt. Dabei habe er ihre Hose zerrissen. Nach dem Geschlechtsverkehr habe er ihr eine zuvor mitgebrachte Knoblauchwurst und ein gedrechseltes Holzstück gegen ihren Willen in die Scheide eingeführt.
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Die Schilderung anderer Vorfälle ist damit vergleichbar. Gleichwohl geht die Strafkammer davon aus, gegen einen "erlebnisfundierten Bericht" spreche der deutliche "Detaillierungsbruch" zwischen den Angaben zum "Rahmenbereich" einerseits und dem "Kerngeschehen" andererseits. Ohne nähere Erörterung erscheint dies unter den gegebenen Umständen nicht tragfähig begründet.
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Im Übrigen weist der Senat insbesondere auf die im schriftlichen Antrag des Generalbundesanwalts näher ausgeführten Gesichtspunkte hin.
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4. Die Strafkammer hat die bereits rechtskräftig verhängte Freiheitsstrafe von sechs Monaten zur Bewährung ausgesetzt. Sie hat dabei verkannt, dass diese Strafe durch Anrechnung von Untersuchungshaft vollständig verbüßt ist. Eine bereits vollständig verbüßte Strafe kann nicht mehr zur Bewährung ausgesetzt werden (BGHSt 31, 25). Der entsprechende Ausspruch hatte daher zu entfallen.

III.


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In Übereinstimmung mit dem Antrag des Generalbundesanwalts hat der Senat die Sache nunmehr an ein anderes Landgericht zurückverwiesen. Wahl Kolz Hebenstreit Elf Graf

Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.