Bundesgerichtshof Beschluss, 07. Juli 2016 - 4 StR 131/16

ECLI:ECLI:DE:BGH:2016:070716B4STR131.16.0
bei uns veröffentlicht am07.07.2016

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 131/16
vom
7. Juli 2016
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen Diebstahls
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung der Beschwerdeführer am 7. Juli 2016 einstimmig

beschlossen:
Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Münster vom 13. Oktober 2015 werden als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigungen keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).
Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
ECLI:DE:BGH:2016:070716B4STR131.16.0 Ergänzend bemerkt der Senat: Die von dem Angeklagten T. erhobene Rüge, das Landgericht habe gegen die §§ 261, 267 StPO (Grundsatz der erschöpfenden Beweiswürdigung) verstoßen, weil es dem in der Hauptverhandlung erstatteten Gutachten des Sachverständigen St. gefolgt sei, ohne das in einem wichtigen Punkt abweichende vorbereitende Gutachten desselben Sachverständigen vom 26. November 2013 in seine Erwägungen einzubeziehen, ist nicht zulässig ausgeführt (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO). Denn die Revision verhält sich nicht dazu, ob das vorbereitende Gutachten zum Gegenstand der Hauptverhandlung geworden ist. Dergleichen ergibt sich auch nicht aus den Gründen des angefochtenen Urteils. Das Revisionsgericht kann deshalb nicht prüfen, ob das vorläufige Gutachten zum Ergebnis der Hauptverhandlung gehört hat, denn nur dann kann das Landgericht durch dessen Nichtverwertung gegen § 261 StPO verstoßen haben (vgl. BGH, Urteil vom 9. Mai 2006 - 1 StR 37/06; NStZ 2006, 650). Sost-Scheible Cierniak Franke Mutzbauer Quentin

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Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 344 Revisionsbegründung


(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen. (2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer R

Strafprozeßordnung - StPO | § 261 Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung


Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

Strafprozeßordnung - StPO | § 267 Urteilsgründe


(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese

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Bundesgerichtshof Urteil, 09. Mai 2006 - 1 StR 37/06

bei uns veröffentlicht am 09.05.2006

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 1 StR 37/06 vom 9. Mai 2006 in der Strafsache gegen wegen Sachbeschädigung u.a. Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 9. Mai 2006, an der teilgenommen haben: Vorsitzender Ric

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese Tatsachen angegeben werden. Auf Abbildungen, die sich bei den Akten befinden, kann hierbei wegen der Einzelheiten verwiesen werden.

(2) Waren in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände behauptet worden, welche die Strafbarkeit ausschließen, vermindern oder erhöhen, so müssen die Urteilsgründe sich darüber aussprechen, ob diese Umstände für festgestellt oder für nicht festgestellt erachtet werden.

(3) Die Gründe des Strafurteils müssen ferner das zur Anwendung gebrachte Strafgesetz bezeichnen und die Umstände anführen, die für die Zumessung der Strafe bestimmend gewesen sind. Macht das Strafgesetz Milderungen von dem Vorliegen minder schwerer Fälle abhängig, so müssen die Urteilsgründe ergeben, weshalb diese Umstände angenommen oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen verneint werden; dies gilt entsprechend für die Verhängung einer Freiheitsstrafe in den Fällen des § 47 des Strafgesetzbuches. Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb ein besonders schwerer Fall nicht angenommen wird, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, unter denen nach dem Strafgesetz in der Regel ein solcher Fall vorliegt; liegen diese Voraussetzungen nicht vor, wird aber gleichwohl ein besonders schwerer Fall angenommen, so gilt Satz 2 entsprechend. Die Urteilsgründe müssen ferner ergeben, weshalb die Strafe zur Bewährung ausgesetzt oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht ausgesetzt worden ist; dies gilt entsprechend für die Verwarnung mit Strafvorbehalt und das Absehen von Strafe. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist auch dies in den Urteilsgründen anzugeben.

(4) Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so müssen die erwiesenen Tatsachen, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden, und das angewendete Strafgesetz angegeben werden; bei Urteilen, die nur auf Geldstrafe lauten oder neben einer Geldstrafe ein Fahrverbot oder die Entziehung der Fahrerlaubnis und damit zusammen die Einziehung des Führerscheins anordnen, oder bei Verwarnungen mit Strafvorbehalt kann hierbei auf den zugelassenen Anklagesatz, auf die Anklage gemäß § 418 Abs. 3 Satz 2 oder den Strafbefehl sowie den Strafbefehlsantrag verwiesen werden. Absatz 3 Satz 5 gilt entsprechend. Den weiteren Inhalt der Urteilsgründe bestimmt das Gericht unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nach seinem Ermessen. Die Urteilsgründe können innerhalb der in § 275 Abs. 1 Satz 2 vorgesehenen Frist ergänzt werden, wenn gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt wird.

(5) Wird der Angeklagte freigesprochen, so müssen die Urteilsgründe ergeben, ob der Angeklagte für nicht überführt oder ob und aus welchen Gründen die für erwiesen angenommene Tat für nicht strafbar erachtet worden ist. Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so braucht nur angegeben zu werden, ob die dem Angeklagten zur Last gelegte Straftat aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht festgestellt worden ist. Absatz 4 Satz 4 ist anzuwenden.

(6) Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet, eine Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht angeordnet oder nicht vorbehalten worden ist. Ist die Fahrerlaubnis nicht entzogen oder eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches nicht angeordnet worden, obwohl dies nach der Art der Straftat in Betracht kam, so müssen die Urteilsgründe stets ergeben, weshalb die Maßregel nicht angeordnet worden ist.

(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen.

(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden.

Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 37/06
vom
9. Mai 2006
in der Strafsache
gegen
wegen Sachbeschädigung u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 9. Mai 2006,
an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Wahl,
Dr. Kolz,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Elf,
der Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Graf,
Bundesanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts München I vom 18. August 2005 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit der Angeklagte freigesprochen worden ist. Die Sache wird insoweit zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Sachbeschädigung zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 30 € verurteilt. Im Übrigen hat es ihn freigesprochen. Dem Angeklagten war weiterhin vorgeworfen worden, im Jahr 2004 bis zum 14. Juni 2004 in vier Fällen an den Zeugen S. jeweils zwischen 20 und 48,06 g Heroingemisch gewinnbringend veräußert zu haben.
2
Gegen den Teilfreispruch wendet sich die Revision der Staatsanwaltschaft mit einer Verfahrensrüge und der Sachbeschwerde. Mit der Sachbeschwerde hat sie Erfolg.

I.

3
Der Senat braucht deshalb nicht zu entscheiden, ob die Aufklärungsrüge durchgreift. Die Beschwerdeführerin beanstandet, dass das Landgericht es unterlassen habe, in der Hauptverhandlung Kurznachrichten (SMS) in Augen- schein zu nehmen. Die SMS waren bei Telekommunikations-Überwachungsmaßnahmen , bezogen auf ein vom Angeklagten benutztes Mobiltelefon, aufgezeichnet worden. Die Beschwerdeführerin meint, das Landgericht habe zu Unrecht die Telefonüberwachung nach § 100a StPO für rechtswidrig und die Erkenntnisse daraus für unverwertbar gehalten. Zugleich teilt die Revision mit, dass der Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft deswegen von einem entsprechenden Beweisantrag abgesehen habe, weil eine Polizeibeamtin, als Zeugin vernommen, die identischen Kurznachrichten vom Mobiltelefon des Zeugen S. ausgelesen und deren Inhalt in der Hauptverhandlung wiedergegeben habe. Da die Kurznachrichten - nach dem Revisionsvortrag - somit auf andere Weise als durch Augenschein in die Hauptverhandlung eingeführt wurden, geht die Aufklärungsrüge fehl. Die Nichtverwertung von eingeführten Beweismitteln ist vielmehr mit einer Rüge der Verletzung des § 261 StPO zu beanstanden, die darauf zielt, dass das Landgericht nicht das gesamte Ergebnis der Hauptverhandlung seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat (vgl. Gollwitzer in Löwe /Rosenberg, StPO 25. Aufl. § 261 Rdn. 176; Schoreit in KK 5. Aufl. § 261 Rdn. 20). Inwieweit auch eine derartige Rüge erfolglos wäre, da für das Revisionsgericht das Einführen der Kurznachrichten durch Zeugenbeweis ohne Rekonstruktion der Beweisaufnahme nicht feststellbar ist (vgl. Senatsbeschluss vom 25. Januar 2006 - 1 StR 438/05 - Umdruck S. 6; Schoreit aaO Rdn. 52), braucht der Senat ebenfalls nicht zu entscheiden.

II.

4
1. Folgendes ist - soweit im Rahmen der Revision von Bedeutung - festgestellt :
5
Der Zeuge S. erwarb von Mitte April bis zu seiner Festnahme am 14. Juni 2004 von einer unbekannten Person in drei Fällen Heroingemisch, und zwar zwischen Mitte April und Mitte Mai 2004 mindestens 20 g (entspricht Tatvorwurf 1 der Anklage), einige Tage später nochmals mindestens 20 g (entspricht Tatvorwurf 2 der Anklage) sowie am 14. Juni 2004 weitere 48,06 g (entspricht Tatvorwurf 4 der Anklage). Kurz vor der ersten Tat hatte ihm die Person gesagt, sie sei unter einer von ihr bezeichneten Rufnummer erreichbar.
6
Der Angeklagte und der Zeuge S. hatten sich Anfang 2003 in einer Justizvollzugsanstalt kennen gelernt. Der Angeklagte hatte gegenüber dem Zeugen S. erklärt, dass er wegen Heroinhandels in Untersuchungshaft sei.
7
2. Das Landgericht hat den Angeklagten aus tatsächlichen Gründen freigesprochen.
8
Der Angeklagte hat in der Hauptverhandlung keine Angaben gemacht. Bei seiner polizeilichen Vernehmung hatte er ausgesagt, den Zeugen S. nicht zu kennen.
9
Der Zeuge S. hat die drei Taten - so wie vom Landgericht festgestellt - in der Hauptverhandlung geschildert und angegeben, dass der Angeklagte die Person sei, von der er das Heroingemisch erhalten habe. Was den Tatvorwurf 3 der Anklage - ein weiteres Geschäft über 25 g Heroingemisch eine Woche nach der zweiten Tat - anbelangt, der auf der polizeilichen Aussage des Zeugen S. beruhte, hat sich dieser in der Hauptverhandlung trotz Vorhalts nicht erinnern können.
10
Das Landgericht hat sich zwar davon überzeugt, dass sich der Angeklagte und der Zeuge S. kennen, nicht aber, dass der Angeklagte der Heroinlieferant des Zeugen war und bereits vor Juni 2004 ein Mobiltelefon mit der bezeichneten Rufnummer besaß. Im Übrigen hat es den Angaben des Zeugen zu den Taten, soweit er sich in der Hauptverhandlung hat erinnern können, Glauben geschenkt.

III.

11
Die Beschwerdeführerin beanstandet mit der Sachrüge zu Recht die Beweiswürdigung.
12
Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatrichters. Kann er nicht die erforderliche Gewissheit gewinnen und spricht er den Angeklagten daher frei, so hat das Revisionsgericht dies regelmäßig hinzunehmen. Demgegenüber kann ein Urteil keinen Bestand haben, wenn die Beweiswürdigung rechtsfehlerhaft ist (st. Rspr.; vgl. nur Senat NJW 2002, 2188, 2189; NStZ-RR 2005, 147).
13
1. Das Urteil lässt besorgen, dass die Kammer der Reichweite des Grundsatzes "in dubio pro reo" nicht hinreichend Rechnung getragen hat.
14
Die Kammer hat festgestellt, dass der Heroinlieferant des Zeugen S. diesem kurz vor der ersten Tat zwischen Mitte April und Mitte Mai 2004 sagte, er sei unter einer von ihm bezeichneten Rufnummer erreichbar (UA S. 8). Diese Rufnummer wurde vom Mobiltelefon des Zeugen S. nach dessen Festnahme infolge der Tat am 14. Juni 2004 ausgelesen (UA S. 16). Des Weiteren hat der Angeklagte in einem Beweisantrag vortragen lassen, dass er das Mobiltelefon mit der bezeichneten Rufnummer erst am 1. oder 2. Juni 2004 gekauft habe. Dazu führt das Urteil aus, dass die Kammer die Behauptung nicht habe widerlegen können, da die polizeilichen Ermittlungen Gegenteiliges nicht ergeben hätten. Hieraus hat sie geschlossen: "Wenn der Angeklagte das Handy erst ab Anfang Juni 2004 hatte, konnte S. den Angeklagten im Mai 2004 nicht auf diesem Handy anrufen" (UA S. 17).
15
Unbeschadet des Umstands, dass die Tatsachenbehauptung in dem Beweisantrag nicht ohne weiteres als Einlassung des Angeklagten angesehen werden kann (vgl. BGH NStZ 1990, 447; NStZ 2000, 495, 496), stellt es eine rechtsfehlerhafte Anwendung des Zweifelsatzes dar, dass die Kammer die behauptete Tatsache allein deswegen ihrer Entscheidung zugrunde gelegt hat, weil es für das Gegenteil keine unmittelbaren Beweise gab, mittels derer die Behauptung sicher widerlegt werden konnte.
16
Der Grundsatz "in dubio pro reo" ist keine Beweis-, sondern eine Entscheidungsregel , die das Gericht erst dann zu befolgen hat, wenn es nach abgeschlossener Beweiswürdigung nicht die volle Überzeugung vom Vorliegen einer für den Schuld- und Rechtsfolgenausspruch unmittelbar entscheidungserheblichen Tatsache zu gewinnen vermag (vgl. BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 24, 27). Es ist daher verfehlt, ihn isoliert auf einzelne Indizien anzuwenden ; er kann erst bei der abschließenden Gesamtwürdigung zum Tragen kommen (vgl. BGHSt 49, 112, 122 f.; BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 20; BGH NStZ 2001, 609; NStZ-RR 2004, 238, 239).
17
Der Senat kann nicht ausschließen, dass die Kammer die Glaubhaftigkeit der Angaben des Zeugen S. anders beurteilt hätte, wenn sie bei der Gesamtwürdigung aller Indizien nicht von vornherein ausgeschlossen hätte, dass der Angeklagte das Mobiltelefon mit der bezeichneten Rufnummer bereits vor Juni 2004 besaß. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass das Urteil nicht mitteilt, was der Zeuge S. zur Vorbereitung oder Abwicklung des Geschäfts vom 14. Juni 2004 mittels Mobiltelefon ausgesagt hat.
18
2. Das Urteil weist zudem insoweit einen Erörterungsmangel auf, als es die Aussage des Zeugen S. nicht erschöpfend würdigt. Das Urteil schweigt nicht nur dazu, aus welchen Gründen das Landgericht die Aussage des Zeugen S. - unter Ausklammerung der Person des Lieferanten - für glaubhaft erachtet hat, soweit er in der Hauptverhandlung die Erwerbsvorgänge als solche schilderte. Es fehlt auch an einer Beweiswürdigung zu dem Erwerbsvorgang, an den sich der Zeuge S. in der Hauptverhandlung trotz Vorhalts nicht hat erinnern können (Tatvorwurf 3), zumal das Landgericht selbst festgestellt hat, dass der Zeuge S. Erinnerungslücken oft vorgeschoben und später damit begründet hat, er habe befürchtet, dass "er dann auch verraten werde" (UA S. 13). Das Urteil teilt nicht mit, warum die Kammer den polizeilichen Angaben des Zeugen S. zum Tatvorwurf 3 keinen Glauben geschenkt hat. Eine Erörterung war insbesondere deshalb geboten, weil der Zeuge aufgrund seines Geständnisses auch wegen dieser Tat selbst rechtskräftig verurteilt wurde (UA S. 11). Das Schweigen der Urteilsgründe hierzu lässt besorgen, dass die Kammer die früheren Aussagen des Zeugen S. bei der Polizei und in seiner eigenen Hauptverhandlung nicht in dem hier gebotenen Umfang gewürdigt hat. Vor dem Hintergrund , dass die Kammer seine Angaben zu den drei in der Hauptverhandlung geschilderten Erwerbsvorgängen für glaubhaft erachtet hat, versteht es sich nicht von selbst, dass die früheren Aussagen, aufgrund derer der Zeuge seine eigene Verurteilung hinnahm, schon für sich gesehen unglaubhaft waren (vgl. Senat, Urt. vom 21. Februar 2006 - 1 StR 278/05 - Umdruck S. 6).
19
3. Eine Gesamtschau der Urteilsgründe lässt besorgen, dass das Landgericht an die zur Verurteilung erforderliche Überzeugungsbildung überspannte Anforderungen gestellt hat (vgl. BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 16; Schoreit in KK 5. Aufl. § 261 Rdn. 4 m.w.N.).

IV.

20
Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf Folgendes hin: Die neun Kurznachrichten, deren Verwertung die Beschwerdeführerin mit der Ver- fahrensrüge begehrt, sind, soweit sie - dem Revisionsvortrag zufolge - vom Mobiltelefon des Zeugen S. ausgelesen und durch Zeugenbeweis in die Hauptverhandlung eingeführt wurden, nach der neuesten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht durch einen Eingriff in das Fernmeldegeheimnis erlangt; ein darauf gestütztes Verwertungsverbot käme daher nicht in Betracht (vgl. BVerfG, Urt. vom 2. März 2006 - 2 BvR 2099/04 [= StraFo 2006, 157]; die Kammerentscheidung vom 4. Februar 2005 - 2 BvR 308/04 [= NStZ 2005, 337] ist insoweit überholt). Die Rechtmäßigkeit der TelekommunikationsÜberwachungsmaßnahmen aus dem ermittlungsrichterlichen Beschluss vom 4. Juni 2004 ist diesbezüglich ohne Bedeutung. Nack Wahl Kolz Elf Graf