Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Sept. 2014 - KVZ 82/13

published on 23/09/2014 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Sept. 2014 - KVZ 82/13
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate
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Tenor

Die Beschwerde der Betroffenen zu 1 und 2 gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde in dem Beschluss des 1. Kartellsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 25. September 2013 wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Nichtzulassungsbeschwerde einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Bundeskartellamts werden den Betroffenen zu 1 und 2 auferlegt.

Der Gegenstandswert für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren wird auf 30 Millionen € festgesetzt.

Gründe

1

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unbegründet, weil die Betroffenen zu 1 und 2 keinen Zulassungsgrund im Sinne des § 74 Abs. 2 GWB dargelegt haben. Weder ist eine von der Beschwerde aufgeworfene Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden, noch greift die auf die Verletzung von Verfahrensgrundrechten gestützte Rüge durch. Die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern auch im Übrigen keine Entscheidung des Bundesgerichtshofs.

2

1. Das Beschwerdegericht hat entgegen der Auffassung der Nichtzulassungsbeschwerde nicht den Obersatz aufgestellt, bei der Abgrenzung des räumlich relevanten Marktes sei das Liefergebiet des Zielunternehmens nicht zu berücksichtigen. Es ist bei der räumlichen Marktabgrenzung vielmehr in Übereinstimmung mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung von dem Bedarfsmarktkonzept ausgegangen und hat deshalb vorrangig, aber nicht ausschließlich, auf die Ausweichmöglichkeiten der Nachfrager abgestellt.

3

Ebenso wenig ist klärungsbedürftig, ob die räumliche Marktabgrenzung ausschließlich nach industrieweit ermittelten Eigenversorgungsquoten vorzunehmen ist. Denn das Beschwerdegericht hat den räumlich relevanten Markt nicht ausschließlich nach Eigenversorgungsquoten abgegrenzt, sondern diesem Gesichtspunkt lediglich wesentliche Bedeutung für die Bestimmung der relevanten Marktkräfte beigemessen und im Übrigen unter anderem berücksichtigt, dass die in dem vom Beschwerdegericht als maßgeblich angesehenen Regionalmarkt Nord gelegenen Produktionsstätten 83 % ihres Umsatzes in diesem Markt erzielen.

4

Die übrigen Rügen zur räumlichen Marktabgrenzung betreffen die dem Tatrichter vorbehaltene Sachverhaltswürdigung. Soweit sie im Rechtsbeschwerdeverfahren überhaupt zu berücksichtigen wären, betreffen sie die Rechtsanwendung im Einzelfall und zeigen ebenfalls weder eine im Streitfall zu beantwortende grundsätzliche Rechtsfrage noch eine die Zulassung der Rechtsbeschwerde rechtfertigende Divergenz auf. Insbesondere sind allgemeine Aussagen über eine "Erweiterung" oder "Verkleinerung" des räumlich relevanten Markts im Vergleich zu einer bei einer denkbaren anderen sachlichen Marktdefinition gebotenen räumlichen Abgrenzung weder erforderlich noch möglich.

5

2. Die von der Nichtzulassungsbeschwerde als grundsätzlich angesehene Frage, welche Auswirkungen die Einführung des Untersagungstatbestands der erheblichen Behinderung wirksamen Wettbewerbs in § 36 Abs. 1 Satz 1 GWB in der Fassung der 8. GWB-Novelle auf die für die Feststellung der Begründung oder Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung relevanten Kriterien hat, stellt sich im Streitfall nicht. Insbesondere ist eine Zulassung der Rechtsbeschwerde nicht deshalb geboten, weil das Beschwerdegericht entscheidend auf den festgestellten Marktanteil der Betroffenen zu 1 und 2 von 50 % und den erheblichen Abstand zu den Wettbewerbern abgestellt hat. Denn eine marktbeherrschende Stellung der an einem Zusammenschlussvorhaben beteiligten Unternehmen stellt nach § 36 Abs. 1 Satz 1 GWB ein Regelbeispiel für die erhebliche Behinderung wirksamen Wettbewerbs dar. Es bedarf keiner Klärung in einem Rechtsbeschwerdeverfahren, dass hieraus eine drohende erhebliche Behinderung wirksamen Wettbewerbs jedenfalls dann abgeleitet werden kann, wenn - wie hier - keine Umstände festgestellt sind, aus denen sich gegenläufige Auswirkungen ergeben könnten.

6

Insoweit hat das Beschwerdegericht im Zusammenhang mit der Prüfung der Begründung einer marktbeherrschenden Stellung eine Vielzahl von Gesichtspunkten erörtert, insbesondere die von der Nichtzulassungsbeschwerde adressierten Kapazitätsreserven, den Vortrag der Betroffenen zu den zu erwartenden Abschmelzungseffekten beim Marktanteil der Betroffenen und die Frage, ob die angebotenen Veräußerungszusagen der Betroffenen zu 1 und 2 geeignet sind, die wettbewerbsschädlichen Folgen des Zusammenschlusses auszugleichen. Der Stellenwert, der diesen und gegebenenfalls weiteren Gesichtspunkten zukommt, ist jeweils im Einzelfall zu bestimmen; allgemeine Grundsätze über das Gewicht eines einzelnen Kriteriums lassen sich nicht aufstellen.

7

Insoweit greift auch die Gehörsrüge nicht durch. Aus dem Umstand allein, dass das Gericht sich in den Gründen seiner Entscheidung nicht mit jedem Aspekt des Vorbringens einer Prozesspartei ausdrücklich auseinandersetzt, kann nicht geschlossen werden, dass es das Vorbringen nicht zur Kenntnis genommen und erwogen hat.

8

3. Der Anregung der Nichtzulassungsbeschwerde, den Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren auf 10 Mio. € herabzusetzen und den Wert für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren entsprechend festzusetzen, folgt der Senat nicht. Auch wenn die Betroffene zu 3 ihren weltweiten Umsatz nur zu etwa 27% in Deutschland erzielt, hängt das Schicksal des gesamten Zusammenschlussvorhabens - auch - von dem Ausgang des vorliegenden Verfahrens ab. Dass der Zugang zu Gericht für die Betroffenen durch die Wertfestsetzung unzumutbar erschwert würde, ist nicht ersichtlich.

Limperg                        Meier-Beck                            Raum

                 Strohn                               Deichfuß

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(1) Die Beschwerde ist binnen einer Frist von einem Monat bei der Kartellbehörde, deren Verfügung angefochten wird, schriftlich einzureichen. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Verfügung der Kartellbehörde. Wird in den Fällen des § 36 Absatz 1

(1) Ein Zusammenschluss, durch den wirksamer Wettbewerb erheblich behindert würde, insbesondere von dem zu erwarten ist, dass er eine marktbeherrschende Stellung begründet oder verstärkt, ist vom Bundeskartellamt zu untersagen. Dies gilt nicht, wenn
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published on 01/07/2015 00:00

Tenor I. Die Beschwerden der Beteiligten zu 1. bis zu 7. gegen denBeschluss des Bundeskartellamts vom 16. November 2011- B 2-36/11 - werden zurückgewiesen. II. Die Beteiligten tragen die gerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens. Den Beteiligte
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Annotations

(1) Die Beschwerde ist binnen einer Frist von einem Monat bei der Kartellbehörde, deren Verfügung angefochten wird, schriftlich einzureichen. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Verfügung der Kartellbehörde. Wird in den Fällen des § 36 Absatz 1 Antrag auf Erteilung einer Erlaubnis nach § 42 gestellt, so beginnt die Frist für die Beschwerde gegen die Verfügung des Bundeskartellamts mit der Zustellung der Verfügung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie. Es genügt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist bei dem Beschwerdegericht eingeht.

(2) Ergeht entsprechend § 73 Absatz 3 Satz 2 auf einen Antrag keine Verfügung, so ist die Beschwerde an keine Frist gebunden.

(3) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung der angefochtenen Verfügung zu begründen. Im Fall des Absatzes 1 Satz 3 beginnt die Frist mit der Zustellung der Verfügung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie. Wird diese Verfügung angefochten, beginnt die Frist zu dem Zeitpunkt, zu dem die Untersagung unanfechtbar wird. Im Fall des Absatzes 2 beträgt die Frist einen Monat; sie beginnt mit der Einlegung der Beschwerde. Die Frist kann auf Antrag von dem oder der Vorsitzenden des Beschwerdegerichts verlängert werden.

(4) Die Beschwerdebegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit die Verfügung angefochten und ihre Abänderung oder Aufhebung beantragt wird,
2.
die Angabe der Tatsachen und Beweismittel, auf die sich die Beschwerde stützt.

(5) Die Beschwerdeschrift und die Beschwerdebegründung müssen durch einen Rechtsanwalt unterzeichnet sein; dies gilt nicht für Beschwerden der Kartellbehörden.

(1) Ein Zusammenschluss, durch den wirksamer Wettbewerb erheblich behindert würde, insbesondere von dem zu erwarten ist, dass er eine marktbeherrschende Stellung begründet oder verstärkt, ist vom Bundeskartellamt zu untersagen. Dies gilt nicht, wenn

1.
die beteiligten Unternehmen nachweisen, dass durch den Zusammenschluss auch Verbesserungen der Wettbewerbsbedingungen eintreten und diese Verbesserungen die Behinderung des Wettbewerbs überwiegen, oder
2.
die Untersagungsvoraussetzungen ausschließlich auf Märkten vorliegen, auf denen seit mindestens fünf Jahren Waren oder gewerbliche Leistungen angeboten werden und auf denen im letzten Kalenderjahr im Inland insgesamt weniger als 20 Millionen Euro umgesetzt wurden, es sei denn, es handelt sich um Märkte im Sinne des § 18 Absatz 2a oder einen Fall des § 35 Absatz 1a, oder
3.
die marktbeherrschende Stellung eines Zeitungs- oder Zeitschriftenverlags verstärkt wird, der einen kleinen oder mittleren Zeitungs- oder Zeitschriftenverlag übernimmt, falls nachgewiesen wird, dass der übernommene Verlag in den letzten drei Jahren jeweils in der Gewinn- und Verlustrechnung nach § 275 des Handelsgesetzbuchs einen erheblichen Jahresfehlbetrag auszuweisen hatte und er ohne den Zusammenschluss in seiner Existenz gefährdet wäre. Ferner muss nachgewiesen werden, dass vor dem Zusammenschluss kein anderer Erwerber gefunden wurde, der eine wettbewerbskonformere Lösung sichergestellt hätte.

(2) Ist ein beteiligtes Unternehmen ein abhängiges oder herrschendes Unternehmen im Sinne des § 17 des Aktiengesetzes oder ein Konzernunternehmen im Sinne des § 18 des Aktiengesetzes, sind die so verbundenen Unternehmen als einheitliches Unternehmen anzusehen. Wirken mehrere Unternehmen derart zusammen, dass sie gemeinsam einen beherrschenden Einfluss auf ein anderes Unternehmen ausüben können, gilt jedes von ihnen als herrschendes.

(3) Steht einer Person oder Personenvereinigung, die nicht Unternehmen ist, die Mehrheitsbeteiligung an einem Unternehmen zu, gilt sie als Unternehmen.