Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Juli 2006 - XII ZR 46/05
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
I.
- 1
- Der Kläger verlangt von dem Beklagten Räumung und Nutzungsentschädigung in Höhe von 6.136 € für die Zeit von September 2002 bis April 2003 nach fristloser Kündigung des am 1. Dezember 1999 für 10 Jahre zu einem festen Mietzins von 10 DM/m² abgeschlossenen Mietvertrages. Der Beklagte begehrt widerklagend Ersatz der von ihm für das Mietobjekt erbrachten Investitionen in Höhe von 47.712,35 € abzüglich der durch seine Aufrechnung gegen die Klageforderung erloschener 6.136 €, somit 41.576,35 €, hilfsweise Gestattung der Wegnahme von ihm eingebrachter Einrichtungen. Er stützt seinen Anspruch auch auf Bereicherung in Form der durch die Investitionen erzielbaren höheren Miete.
- 2
- Das Landgericht hat den Beklagten, der den Räumungsanspruch in erster Instanz anerkannt hat, entsprechend dessen Anerkenntnis zur Räumung und weiter bis auf einen Teil der geltend gemachten Zinsforderung zur Zahlung verurteilt. Der Widerklage hat es im Hilfsantrag (Gestattung der Wegnahme von Einrichtungen) stattgegeben und sie im Übrigen (Zahlungsantrag) abgewiesen.
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- Auf die Berufung des Beklagten hat das Berufungsgericht die Zahlungsklage abgewiesen und der Widerklage im Hauptantrag (Zahlung von 41.576,35 €) stattgegeben. Dagegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers, mit der er die Zulassung der Revision erstrebt, um seinen Zahlungsantrag weiter zu verfolgen und die Abweisung der Widerklage zu erreichen.
II.
- 4
- Das angefochtene Urteil ist nach § 544 Abs. 7 ZPO in dem im Tenor genannten Umfang aufzuheben.
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- Die statthafte und auch im Übrigen zulässige Nichtzulassungsbeschwerde ist insoweit begründet, denn das Berufungsgericht hat entscheidungserheblichen Vortrag des Klägers übergangen und damit dessen Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt.
- 6
- Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet das Gericht, das entscheidungserhebliche Vorbringen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen (BVerfGE 86, 133, 144; BVerfG NJW 1998, 2583, 2584; BVerfG ZIP 2004, 1762, 1763). Dagegen hat das Berufungsgericht, wie der Kläger zu Recht rügt, verstoßen.
- 7
- 1. Das Berufungsgericht geht allerdings zu Recht davon aus, dass sich der Umfang der durch die Investitionen eingetretenen Bereicherung danach bemisst, in welchem Maß sich durch diese der objektive Ertragswert erhöht hat. Das entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Danach bemisst sich der Umfang der Bereicherung bei wertsteigernden Investitionen des Mieters nicht nach den Kosten der getätigten Verwendungen oder der dadurch geschaffenen objektiven Wertsteigerung des Bauwerks, sondern nach den Vorteilen, die der Vermieter aus dem erhöhten objektiven Ertragswert der Mietsache tatsächlich erzielen kann oder hätte erzielen können (Senatsurteile vom 5. Oktober 2005 - XII ZR 43/02 - WuM 2006, 169, vom 16. September 1998 - XII ZR 136/96 - NZM 1999, 19, 20 m.w.N.; BGH Urteile vom 10. Oktober 1984 - VIII ZR 152/83 - NJW 1985, 313, 315, vom 3. Februar 1959 - VIII ZR 91/58 - NJW 1959, 872, 874 = LM Nr. 8 zu § 818 Abs. 2 BGB).
- 8
- 2. Der Beklagte hat zum Umfang der Bereicherung unter Beweisantritt vorgetragen, der aufgrund seiner Investitionen erzielbare höhere Mietzins betrage 10 €/m².
- 9
- Der Kläger hat demgegenüber eine durch die Investitionen eingetretene Wertsteigerung wiederholt bestritten, insbesondere auch die Ortsüblichkeit der von dem Beklagten behaupteten erzielbaren Miete von 10 €/m² und dabei darauf abgehoben, dass die Räume speziell auf die Bedürfnisse des Beklagten zugeschnitten worden wären, so dass andere Mieter die Räume nicht ohne erneute Umbauten mieten würden.
- 10
- Im Hinblick auf dieses Bestreiten hätte das Berufungsgericht deshalb den von dem Beklagten behaupteten, erzielbaren höheren Mietzins nicht zugrunde legen dürfen, sondern hätte den angebotenen Sachverständigenbeweis einholen müssen.
- 11
- Von dem Ergebnis des Sachverständigengutachtens hängt die Widerklageforderung und die Klageforderung auf Nutzungsentschädigung ab, soweit sie nicht durch den Verzicht des Klägers für die Monate Dezember 2002 bis April 2003 in Höhe von 3.835 € erloschen ist.
III.
- 12
- Im Übrigen ist die Nichtzulassungsbeschwerde zurückzuweisen.
- 13
- Weder die Annahme des Berufungsgerichts, dem Beklagten stehe ein Ausgleichsanspruch nach den Grundsätzen über die Gewährung eines anrechenbaren Baukostenzuschusses zu, noch die Berechnung des Umfangs der Bereicherung auf der Grundlage des erhöhten objektiven Ertragswerts der Mietsache gebieten die Zulassung der Revision. Das gilt auch hinsichtlich der Frage der Fälligkeit (vgl. Senatsurteile vom 8. November 1995 - XII ZR 202/94 - ZMR 1996, 122; vom 25. Oktober 2000 - XII ZR 136/98 - juris Abs. 23). Auch liegen die weiter gerügten Verstöße gegen Verfahrensgrundrechte nicht vor. Die Rechtssache hat insoweit weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Von einer näheren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 ZPO abgesehen.
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 19.05.2003 - 25 O 525/02 -
KG Berlin, Entscheidung vom 24.01.2005 - 20 U 141/03 -
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(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).
(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn
- 1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder - 2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.
(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.
(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.
(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.
(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.
(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.
(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.
(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.
(1) Die Verpflichtung zur Herausgabe erstreckt sich auf die gezogenen Nutzungen sowie auf dasjenige, was der Empfänger auf Grund eines erlangten Rechts oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung des erlangten Gegenstands erwirbt.
(2) Ist die Herausgabe wegen der Beschaffenheit des Erlangten nicht möglich oder ist der Empfänger aus einem anderen Grunde zur Herausgabe außerstande, so hat er den Wert zu ersetzen.
(3) Die Verpflichtung zur Herausgabe oder zum Ersatz des Wertes ist ausgeschlossen, soweit der Empfänger nicht mehr bereichert ist.
(4) Von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an haftet der Empfänger nach den allgemeinen Vorschriften.