Bundesgerichtshof Beschluss, 08. Sept. 2004 - XII ZB 92/03

published on 08/09/2004 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 08. Sept. 2004 - XII ZB 92/03
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 92/03
vom
8. September 2004
in der Familiensache
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 8. September 2004 durch die
Richter Sprick, Prof. Dr. Wagenitz, Fuchs, die Richterin Dr. Vézina und den
Richter Dose

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Klägerin gegen den Beschluß des 2. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Braunschweig vom 10. April 2003 i.V.m. den Beschlüssen vom 29. November 2002 und vom 13. März 2003 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Die Parteien sind getrennt lebende Ehegatten; sie streiten um Kindesund Trennungsunterhalt. Die am 26. Juli 1993 geborene gemeinsame Tochter M. wohnt bei der Kindesmutter. Auf Antrag der Klägerin hat das Amtsgericht den Beklagten verurteilt, monatlichen Kindesunterhalt in Höhe von 465 DM (ab Januar 2002: 231 €) sowie monatlichen Trennungsunterhalt in Höhe von 857 DM (ab Januar 2002: 438,18 €) zu zahlen. Die weitergehende Klage hat das Amtsgericht abgewiesen. Dagegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie einen um 175,37 € erhöhten Trennungsunterhalt begehrt. Für diesen Antrag und für eine beabsichtigte Berufungserweiterung auf monatlichen Trennungsunterhalt in Höhe von 1.487,39 DM hat die Klägerin Prozeßkostenhilfe beantragt.
Das Berufungsgericht hat der Klägerin Prozeßkostenhilfe für die Verteidigung gegen eine unzulässige Anschlußberufung bewilligt, ihren Antrag auf Prozeßkostenhilfe für die eigene Berufung und die beabsichtigte Berufungserweiterung hingegen zurückgewiesen. Eine Gegenvorstellung der Klägerin hat es mit Beschluß vom 13. März 2003 ebenfalls zurückgewiesen. Mit dem angefochtenen Beschluß vom 10. April 2003 hat das Berufungsgericht eine weitere Gegenvorstellung der Klägerin zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde wegen der Frage zugelassen, "ob hinreichende Erfolgsaussichten eines Rechtsmittels zu bejahen sind, wenn deren Verneinung eine Begründung erfordert, die eine bestimmte Anzahl von Seiten überschreitet". Gegen diesen Beschluß richtet sich die Rechtsbeschwerde der Klägerin.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist zulässig, aber nicht begründet. 1. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft, weil das Berufungsgericht sie in dem angefochtenen Beschluß zugelassen hat (§ 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO) und auch sonst zulässig. Zwar kann die Rechtsbeschwerde im Verfahren über die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe nur wegen solcher Fragen zugelassen werden, die das Verfahren selbst oder die persönlichen Voraussetzungen der Prozeßkostenhilfe, nicht aber die Erfolgsaussicht der Hauptsache betreffen (BGH Beschluß vom 21. November 2002 - V ZB 40/02 - FamRZ 2003, 671). Die Zulassung des Berufungsgerichts betrifft allerdings eine solche verfahrensrechtliche Frage, nämlich ob eine hinreichende Erfolgsaussicht im Sinne von § 114 ZPO allgemein schon bei einem gewissen Begrün-
dungsaufwand des die Prozesskostenhilfe versagenden Beschlusses gegeben ist. 2. Die Rechtsbeschwerde ist aber nicht begründet. Ein Rechtsschutzbegehren hat dann hinreichende Aussicht auf Erfolg i.S.v. § 114 ZPO, wenn die Entscheidung in der Hauptsache von der Beantwortung einer schwierigen, bislang ungeklärten Rechtsfrage abhängt.
a) Die Rechtsfrage, wegen der das Berufungsgericht die Rechtsbeschwerde zugelassen hat, ist einer solchen generellen Klärung allerdings nicht zugänglich, denn der Umfang einer die Prozeßkostenhilfe versagenden Entscheidung läßt allein regelmäßig keine Rückschlüsse auf die Bedeutung der zu Grunde liegenden Rechtsfrage zu, sondern wird eher vom persönlichen Stil des erkennenden Gerichts bestimmt.
b) Auch die in der Hauptsache relevante Rechtsfrage, nämlich ob vom Einkommen des Beklagten vorab ein Erwerbstätigenbonus in Höhe von 1/7 abgesetzt werden kann, ist in der ständigen Rechtsprechung des Senats hinreichend geklärt. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats muß dem Unterhaltspflichtigen bei der Bemessung des ehebedingten Unterhaltsbedarfs ein die Hälfte des verteilungsfähigen Einkommens maßvoll übersteigender Betrag verbleiben (Senatsurteile vom 26. April 1989 - IVb ZR 59/88 - FamRZ 1989, 842, 843 und vom 20. Juli 1990 - XII ZR 74/89 - FamRZ 1990, 1090, 1091). Diesen Berufstätigenbonus hat der Senat stets damit begründet, daß der mit der Erwerbstätigkeit verbundene höhere Aufwand abzugelten und zugleich ein Anreiz für die weitere Erwerbstätigkeit zuzubilligen sei. Die Höhe des Erwerbstätigenbonus steht dabei grundsätzlich im Ermessen des Tatrichters und ist deswegen nur bedingt nachprüfbar.
An dieser Rechtsprechung hat sich auch durch die neuere Rechtsprechung des Senats und des Bundesverfassungsgerichts zur Bewertung der Haushaltstätigkeit und Kindererziehung während bestehender Ehe nichts geändert. Nach dieser Rechtsprechung des Senats werden die ehelichen Lebensverhältnisse nicht nur durch die Bareinkünfte des erwerbstätigen Ehegatten, sondern auch durch die Leistungen des anderen Ehegatten im Haushalt und bei der Kindererziehung mitbestimmt und hierdurch verbessert. In welchem Umfang Haushaltstätigkeit und Kindererziehung die ehelichen Lebensverhältnisse geprägt haben, ergibt sich hingegen aus dem Wert der als Surrogat an ihre Stelle tretenden späteren Erwerbstätigkeit (vgl. Senatsurteile vom 5. Mai 2004 - XII ZR 10/03 - FamRZ 2004, 1170, 1172; vom 13. Juni 2001 - XII ZR 343/99 – BGHZ 148, 105, 120 f. und vom 5. September 2001 - XII ZR 336/99 - FamRZ 2001, 1693, 1694), bei der - wie bei dem unterhaltspflichtigen Ehegatten - ebenfalls ein Erwerbstätigenbonus zu berücksichtigen ist. Somit ist selbst die hier hinter der Zulassungsfrage stehende (die Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung betreffende) Frage im Sinne des angefochtenen Beschlusses entschieden und weder von grundsätzlicher Bedeutung noch im Sinne einer einheitlichen Rechtsprechung klärungsbedürftig. Sprick Wagenitz Fuchs Vézina Dose
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(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Re
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published on 13/06/2001 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XII ZR 343/99 Verkündet am: 13. Juni 2001 Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Familiensache Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGB
published on 05/09/2001 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XII ZR 336/99 Verkündet am: 5. September 2001 Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Familiensache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein
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published on 13/11/2019 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES BESCHLUSS XII ZB 3/19 Verkündet am: 13. November 2019 Fahrner, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Familiensache Nachschlagewerk: ja BGHZ:
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Annotations

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.