vorgehend
Landgericht Konstanz, 2 O 230/04, 26.08.2004
Oberlandesgericht Karlsruhe, 19 U 184/04, 16.12.2004

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 267/04
vom
10. Mai 2006
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Wird ein fristgebundener Schriftsatz per Telefax übermittelt, muss sich die im
Rahmen der Ausgangskontrolle gebotene Überprüfung des Sendeberichts auch
darauf erstrecken, ob die zutreffende Faxnummer des Empfangsgerichts angewählt
wurde (st. Rspr., vgl. BGH Beschluss vom 18. Mai 2004 - VI ZB 12/03 -
FamRZ 2004, 1275 f. m.N.).
Ergab sich die Faxnummer des Gerichts nicht aus in der Handakte befindlichen
Schreiben dieses Gerichts und hatte der Rechtsanwalt es zulässigerweise einer
ausreichend ausgebildeten und zuverlässigen Kanzleiangestellten überlassen,
die Faxnummer des Gerichts (hier: anhand einer Internet-Telefonbuchseite der
Telekom) zu ermitteln und in den Schriftsatz einzufügen, darf sich die Kontrolle
des Sendeberichts nicht darauf beschränken, die darin ausgedruckte Faxnummer
mit der zuvor in den Schriftsatz eingefügten Faxnummer zu vergleichen.
Der Abgleich hat vielmehr anhand des zuvor verwendeten oder eines anderen,
ebenso zuverlässigen Verzeichnisses zu erfolgen, um nicht nur Fehler bei der
Eingabe, sondern auch schon bei der Ermittlung der Faxnummer oder ihrer
Übertragung in den Schriftsatz aufdecken zu können (Fortführung von Senatsbeschluss
vom 20. Juli 2005 - XII ZB 68/05 - FamRZ 2005, 1534 f.).
BGH, Beschluss vom 10. Mai 2006 - XII ZB 267/04 - OLG Karlsruhe
LG Konstanz
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 10. Mai 2006 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, die Richter Sprick, Fuchs, Dr. Ahlt und die
Richterin Dr. Vézina

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Karlsruhe - 19. Zivilsenat in Freiburg - vom 16. Dezember 2004 wird auf Kosten der Klägerin verworfen. Beschwerdewert: 93.982 €

Gründe:

I.

1
Am 30. September 2004 legte die Klägerin durch ihre zunächst beauftragten zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten Berufung gegen das ihr am 31. August 2004 zugestellte Urteil des Landgerichts ein, mit dem ihre Klage auf Feststellung des Fortbestehens eines Mietvertrages abgewiesen worden war. Auf ihren am 29. Oktober 2004 beim Oberlandesgericht eingegangenen Antrag wurde die Frist zur Begründung der Berufung bis zum 30. November 2004 verlängert.
2
Mit Schriftsatz vom 30. November 2004 zeigten die jetzigen zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten der Klägerin an, diese nunmehr zu vertreten, und begründeten die Berufung. Dieser Schriftsatz ging am selben Tag per Fax beim Landgericht Freiburg und nach Weiterleitung am Mittwoch, dem 1. Dezember 2004, bei den Freiburger Zivilsenaten des Oberlandesgerichts ein.
3
Auf gerichtlichen Hinweis vom 1. Dezember 2004 beantragte die Klägerin , ihr gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Eine Angestellte der Kanzlei ihres zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten W. habe im Anschluss an die ihr erteilte Weisung, die Faxnummer der Zivilsenate in Freiburg des Oberlandesgerichts Karlsruhe zu ermitteln und in den Schriftsatz einzufügen, versehentlich die Faxnummer des Landgerichts eingesetzt und den Schriftsatz dorthin übermittelt , wie sich aus den anwaltlich versicherten Angaben des Rechtsanwalts W. im Wiedereinsetzungsgesuch und der ihm beigefügten eidesstattlichen Versicherung der Angestellten L. ergebe. Die Verwechslung beruhe darauf, dass sie eine Internet-Seite der Telekom aufgerufen und dabei versehentlich die eine Zeile über dem Oberlandesgericht aufgeführte Nummer des Landgerichts abgelesen habe.
4
Das Oberlandesgericht wies das Wiedereinsetzungsgesuch der Klägerin durch Beschluss zurück und verwarf die Berufung zugleich als unzulässig. Gegen diesen Beschluss richtet sich die Rechtsbeschwerde der Klägerin.

II.

5
1. Die nach §§ 574 Abs. 1 Nr. 1, 522 Abs. 1 Satz 4, 238 Abs. 2 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde der Klägerin ist nicht zulässig, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.
6
2. Das Berufungsgericht hat das Wiedereinsetzungsgesuch zurückgewiesen und infolge dessen die Berufung verworfen, weil die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist auf einem der Klägerin nach § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnenden Organisationsverschulden ihres Prozessbevollmächtigten beruhe. Dieser dürfe die Telefax-Übermittlung eines fristwahrenden Schriftsatzes zwar im Rahmen einer die nötige Sicherheit gewährleistenden Büroorganisation einer ausreichend ausgebildeten, zuverlässigen und - wenn nötig - hinreichend überwachten Anwaltsgehilfin überlassen und brauche die von ihr ermittelte Faxnummer auch dann, wenn sie vor der Unterzeichnung des Schriftsatzes in diesen eingefügt wurde, nicht selbst auf ihre Richtigkeit zu überprüfen. Die Klägerin habe jedoch nicht vorgetragen, geschweige denn glaubhaft gemacht, dass in der Kanzlei ihres Prozessbevollmächtigten eine allgemeine Büroanweisung zur Ausgangskontrolle von per Fax zu übermittelnden fristwahrenden Schriftsätzen bestehe, die auch - wie erforderlich - gewährleiste, dass die Übermittlung an die richtige Faxnummer des Empfängers erfolgt sei.
7
Dies lässt Rechtsfehler nicht erkennen und entspricht auch im zuletzt genannten Punkt der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, derzufolge ein Anwalt grundsätzlich verpflichtet ist, für eine Büroorganisation zu sorgen, die eine Überprüfung der durch Telefax übermittelten fristgebundenen Schriftsätze auch auf die Verwendung der zutreffenden Empfängernummer hin gewährleistet, und zwar dergestalt, dass bei der erforderlichen Ausgangskontrolle in der Regel ein Sendebericht ausgedruckt und entsprechend - d.h. auch auf die Richtigkeit der verwendeten Empfängernummer - überprüft werden muss (BGH, Beschluss vom 18. Mai 2004 - VI ZB 12/03 - FamRZ 2004, 1275 f. m.N.).
8
a) Hier hat die Klägerin zwar glaubhaft gemacht, dass die Büroangestellte L. nach der Übermittlung der Berufungsbegründung einen Sendebericht ausgedruckt und Rechtsanwalt W. vorgelegt hat, der ihn kontrollierte.
9
Dem ist aber bereits nicht zu entnehmen, dass Rechtsanwalt W. auch überprüft hat, ob es sich bei der aus dem Sendebericht ersichtlichen Faxnummer um diejenige des Oberlandesgerichts handelte. Nach seiner eigenen Darstellung hat er sich (nur) den Sendebericht vorlegen lassen und sich von der "störungsfreien Übermittlung" überzeugt. Dies lässt es möglich erscheinen, dass er sich nur vergewissert hat, ob der Sendebericht den Vermerk "OK" aufwies. Nach Darstellung der Büroangestellten L. wurde ihm das Sendeprotokoll hingegen zusammen mit der Berufungsbegründungsschrift vorgelegt, und seine Kontrolle bezog sich auf deren "vollständigen Versand", so dass angesichts dieser detaillierteren Darstellung davon ausgegangen werden kann, dass Rechtsanwalt W. auch die Seitenzahl überprüft hat. War dies der Fall, mag auch die Vermutung nahe liegen, dass Rechtsanwalt W. zugleich auch die Faxnummer des Sendeberichts mit der auf dem Schriftsatz angegebenen Faxnummer verglichen hat.
10
Auch die Rechtsbeschwerde lässt dies dahinstehen und weist - insoweit zutreffend - darauf hin, dass ein etwaiges Unterlassen der vorstehend genannten Überprüfung für die Versäumung der Frist jedenfalls nicht ursächlich gewesen wäre, weil die Faxnummern auf dem Sendebericht und dem Schriftsatz tatsächlich übereinstimmten und ein Vergleich nicht zur Aufdeckung des Fehlers hätte führen können.
11
Mit dieser Begründung lässt sich ein der Klägerin nach § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnendes Anwaltsverschulden aber nicht ausräumen:
12
b) Ob in der Kanzlei der Prozessbevollmächtigten der Klägerin überhaupt allgemeine Büroanweisungen zur Ausgangskontrolle existierten, ist dem Wiedereinsetzungsgesuch nicht zu entnehmen. Hatte er selbst es übernommen, das Sendeprotokoll im Rahmen der Ausgangskontrolle zu prüfen, durfte er sich dabei nicht auf den Vergleich der Faxnummern im Sendebericht und im Schriftsatz beschränken. Denn die Ausgangskontrolle muss sich auch darauf erstrecken , dass die Übermittlung an den richtigen Empfänger erfolgt ist (Senatsbeschluss vom 20. Juli 2005 - XII ZB 68/05 - FamRZ 2005, 1534 f.). Der Vergleich dieser beiden Faxnummern ist aber nur geeignet, einen Fehler bei der Eingabe der Nummer in das Faxgerät aufzudecken, nicht aber sicherzustellen, dass die im Schriftsatz angegebene Faxnummer zutreffend ermittelt wurde. Insoweit kommt es - entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde - auch nicht darauf an, wie hoch die Verwechslungsgefahr bei dem zur Ermittlung herangezogenen Verzeichnis war, und welche Vorkehrungen gegebenenfalls zu treffen sind, wenn die Ermittlung der Empfängernummer dem Büropersonal überlassen wird.
13
Denn die Ausgangskontrolle setzt, wie bereits dem Begriff Kontrolle zu entnehmen ist, eine nochmalige, selbständige Prüfung voraus (vgl. auch BGH, Beschluss vom 11. März 2004 - IX ZR 20/03 - BGHReport 2004, 978 f.). Die bloße, auf Nachfrage des Anwalts abgegebene Versicherung der Angestellten, die zutreffende Empfängernummer ermittelt und in den Schriftsatz eingesetzt zu haben, vermag die anschließende Überprüfung dieses Vorgangs nicht zu ersetzen. Hierzu hätte es zumindest der weiteren Versicherung der Angestellten bedurft , die von ihr in den Schriftsatz eingesetzte Faxnummer anschließend noch einmal mit dem verwendeten Verzeichnis abgeglichen zu haben.
14
Aber selbst wenn der Auffassung der Rechtsbeschwerde zu folgen wäre, dass eine nochmalige Überprüfung anhand des zur "Erstermittlung" benutzten Verzeichnisses nur dann unabdingbar sei, wenn das Risiko eines Versehens bei der Ermittlung besonders hoch ist, ergäbe sich hier nichts anderes. In seinem Beschluss vom 22. Juni 2004 (- VI ZB 14/04 - NJW 2004, 3491 f.), auf den sich die Rechtsbeschwerde insoweit beruft, hat der Bundesgerichtshof als Beispiel für ein besonders hohes Verwechslungsrisiko den Fall genannt, dass die Empfängernummer im Einzelfall aus elektronischen Dateien herausgesucht wird und an einem und demselben Ort mehrere Empfänger in Betracht kommen. Das war auch hier der Fall (Internetseite der Deutschen Telekom mit der Auflistung der Justizbehörden in Freiburg; darunter Amts-, Land- und Oberlandesgericht

).

15
Im Übrigen betraf diese Entscheidung einen Fall, in dem die abgelesene Faxnummer offenbar unmittelbar handschriftlich in einen bereits ausgedruckten Schriftsatz eingefügt wurde. Im vorliegenden Fall hat die Büroangestellte L. die am Bildschirm (falsch) abgelesene Faxnummer hingegen zunächst "notiert", d.h. handschriftlich festgehalten und sodann in den am Computer vorgefertigten Schriftsatz eingesetzt. Das mit dieser zweifachen Übertragung verbundene höhere Risiko eines Übertragungsfehlers hat sich im vorliegenden Fall zwar nicht verwirklicht, gehört aber ebenfalls zu den Umständen, die nach der zitierten Entscheidung Anlass zur nochmaligen Überprüfung geben.
16
c) Bestand hingegen eine allgemeine Anweisung, durch die die Ausgangskontrolle einer geschulten Fachkraft übertragen war, lässt das Wiedereinsetzungsgesuch sowohl eine Darstellung dieser Anweisung als auch Angaben dazu vermissen, wer für die Streichung der Frist im Fristenkalender zuständig war. Zudem hat Rechtsanwalt W. dadurch, dass er selbst den Sendebericht kontrollierte, in die Büroorganisation eingegriffen und - mangels einer klaren Anweisung auch für diesen Fall - eine Situation geschaffen, in der für seine Angestellten ungewiss war, ob sie damit ihrer gegebenenfalls bestehenden eige- nen Prüfungspflichten im vorliegenden Einzelfall enthoben waren oder nicht. Auch darin ist ein Organisationsverschulden zu sehen, da nicht vorgetragen ist, dass für einen solchen Fall eindeutige Anweisungen bestanden. Es ist nicht auszuschließen, dass die Angestellte L. oder gegebenenfalls eine andere, mit der Führung des Fristenbuchs betraute Angestellte den erforderlichen nochmaligen Abgleich des Sendeberichts mit dem bei der Erstermittlung der Faxnummer verwendeten Verzeichnis oder einem anderen Verzeichnis vorgenommen hätten, wenn Rechtsanwalt W. nicht den Eindruck vermittelt hätte, diese Ausgangskontrolle selbst zu übernehmen.
Hahne Sprick Fuchs Ahlt Vézina

Vorinstanzen:
LG Konstanz, Entscheidung vom 26.08.2004 - 2 O 230/04 -
OLG Karlsruhe in Freiburg, Entscheidung vom 16.12.2004 - 19 U 184/04 -

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 574 Rechtsbeschwerde; Anschlussrechtsbeschwerde


(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

Zivilprozessordnung - ZPO | § 85 Wirkung der Prozessvollmacht


(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie

Zivilprozessordnung - ZPO | § 233 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand


War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wieder

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War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.

(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZB 12/03
vom
18. Mai 2004
in dem Rechtsstreit
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 18. Mai 2004 durch die Vorsitzende
Richterin Dr. Müller, den Richter Wellner, die Richterin Diederichsen
und die Richter Pauge und Zoll

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Klägerin gegen den Beschluß der 10. Zivilkammer des Landgerichts Osnabrück vom 27. Dezember 2002 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen. Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde: 1.613,81 €

Gründe:

I.

Die Klägerin wendet sich mit ihrer Rechtsbeschwerde dagegen, daß das Berufungsgericht ihren Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsfrist zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen hat. Die Klägerin hat die fristgerechte Einlegung der Berufung gegen ein klagabweisendes Urteil des Amtsgerichts deshalb versäumt, weil die Berufungsschrift per Telefax am letzten Tage vor Fristablauf versehentlich an das Amtsgericht O. und nicht an das zuständige Landgericht O. gesendet worden ist. Dazu ist es nach Darstellung des instanzgerichtlichen Prozeßbevollmächtigten der Klägerin in seinem Wiedereinsetzungsgesuch deshalb gekommen, weil die von ihm mit dem Absenden der Beru-
fungsschrift beauftragte - langjährige und zuverlässige - Büroangestellte bei der Bedienung des Faxgerätes versehentlich die Kurzwahltaste 4 gedrückt hat, unter der die Fax-Nr. des Amtsgerichts O. programmiert ist, anstelle der darunterliegenden Kurzwahltaste 7, die für die Fax-Nr. des Landgerichts steht. Das Berufungsgericht hat den Antrag der Klägerin auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen mit der Begründung, der Rechtsanwalt habe sein Büropersonal anzuweisen, den Sendebericht auf die richtige Empfängernummer zu kontrollieren. Die Erteilung einer solchen Anweisung - generell oder für den vorliegenden Einzelfall - habe der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin jedoch nicht vorgetragen. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Klägerin, womit sie ihren Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsfrist weiterverfolgt.

II.

Die an sich nach § 574 Abs. 1 Nr. 1, 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO, § 238 Abs. 2 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist unzulässig, da die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. 1. Es entspricht - entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde - nicht nur der vom Berufungsgericht zitierten Rechtsprechung des Bayerischen Obersten Landesgerichts (NJW 1995, 668) und der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (NJW 1995, 2742, 2743), sondern auch der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, daß ein Anwalt grundsätzlich verpflichtet ist, für eine Büroorganisation zu sorgen, die eine Überprüfung der durch Telefax übermittelten fristgebundenen Schriftsätze auch auf die Verwendung der zutref-
fenden Empfängernummer hin gewährleistet. Dabei muß zur erforderlichen Ausgangskontrolle in der Regel ein Sendebericht ausgedruckt und entsprechend überprüft werden (vgl. BGH, Beschluß vom 18. Oktober 1995 - XII ZB 123/95 - VersR 1996, 778; Beschluß vom 20. Dezember 1999 - II ZB 7/99 - NJW 2000, 1043, 1044; Beschluß vom 10. Januar 2000 - II ZB 14/99 - NJW 2000, 1043; Beschluß vom 12. März 2002 - IX ZR 220/01 - VersR 2002, 1577; Beschluß vom 24. April 2002 - AnwZ 7/01 - BRAK-Mitt. 2002, 171). Deshalb besteht weder eine Divergenz noch ein Bedürfnis dafür, diese Rechtsprechung erneut zu bestätigen. 2. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist ihre Zulassung auch nicht wegen der Verletzung des Verfahrensgrundrechts der Klägerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs geboten, weil - wie sie meint - das Berufungsgericht es pflichtwidrig unterlassen habe, nach § 139 Abs. 2 ZPO auf den von ihm für maßgeblich erachteten rechtlichen Gesichtspunkt hinzuweisen und von seinem Fragerecht im Sinne des § 139 Abs. 1 ZPO Gebrauch zu machen. Ging es bei der Prüfung eines der Partei zuzurechnenden Verschuldens ihres Prozeßbevollmächtigten (vgl. § 85 Abs. 2 ZPO) unter Berücksichtigung der hierzu bestehenden Rechtsprechung maßgebend um die Frage, welche organisatorischen Vorkehrungen hinsichtlich der Ausgangskontrolle eines durch Telefax übermittelten Schriftsatzes in der Kanzlei des Prozeßbevollmächtigten der Klägerin bestanden, so durfte das Berufungsgericht ohne Verletzung von Verfahrens (grund)rechten davon ausgehen, daß dieser hierzu umfassend vorgetragen hatte, zumal es nicht von einer gefestigten Rechtsprechung abgewichen ist. Hätten tatsächlich - wie der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin nunmehr in seiner der Rechtsbeschwerdebegründung als Anlage beigefügten anwaltlichen Versicherung vorträgt - ausführliche schriftliche "Fax-Anweisungen" bestanden, wonach u.a. die Empfängernummer auf dem Sendebericht durch einen Abgleich mit dem neben dem Faxgerät ausgehängten Faxnummern bzw. der auf-
geschriebenen Faxnummer zu prüfen sind, so hätte nichts nähergelegen, als dies - zumindest zur Sicherheit - bereits in der Begründung des Wiedereinsetzungsantrages vor dem Berufungsgericht vorzutragen.
Müller Wellner Diederichsen Pauge Zoll

(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.

(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 68/05
vom
20. Juli 2005
in der Familiensache
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. Juli 2005 durch die Vorsitzende
Richterin Dr. Hahne und die Richter Sprick, Prof. Dr. Wagenitz, Fuchs
und Dose

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Antragstellers wird der Beschluß des 8. Zivilsenats - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Naumburg vom 7. April 2005 aufgehoben. Dem Antragsteller wird gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt. Beschwerdewert: 1.812 €

Gründe:

I.

Durch Verbundurteil des Amtsgerichts wurde der Antragsteller verurteilt, ab Rechtskraft der Scheidung monatlich nachehelichen Ehegattenunterhalt in Höhe von 151 € an die Antragsgegnerin zu zahlen. Gegen dieses ihm am 24. Dezember 2004 zugestellte Urteil legte der Antragsteller am 11. Januar 2005 Berufung ein. Auf seinen Antrag wurde die Frist zur Begründung der Berufung bis zum 24. März 2005 verlängert. Eine Telekopie der Berufungsbegründung vom 24. März 2005 ging am gleichen Tage beim Verwaltungsgericht Magdeburg ein. Das (unterschriebene) Original der Berufungsbegründung ging am 29. März 2005 per Post beim Oberlandesgericht ein. Am gleichen Tage erfuhr der Prozeßbevollmächtigte des Antragstellers durch einen Anruf des Verwaltungsgerichts Magdeburg, daß die Telekopie dort eingegangen war, und beantragte noch am gleichen Tage per Fax unter Beifügung einer (nicht unter-
schriebenen) Kopie der Berufungsbegründung Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist. Mit dem angefochtenen Beschluß wies das Oberlandesgericht den Wiedereinsetzungsantrag zurück und verwarf die Berufung als unzulässig. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Antragstellers.

II.

Die gemäß §§ 238 Abs. 2 Satz 1, 522 Abs. 1 S. 4 ZPO i. V. m. § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist zulässig, weil eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist. Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet. Sie führt zur Gewährung der beantragten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand mit der Folge, daß die Verwerfung der Berufung gegenstandslos ist. 1. Wie der Antragsteller durch eidesstattliche Versicherung der in der Kanzlei seines zweitinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten langjährig als Bürovorsteherin tätigen und zuverlässigen Angestellten glaubhaft gemacht hat, wurde dieser die Berufungsbegründung am 14. März 2005 mit der Weisung übergeben , sie vorab per Fax an das Oberlandesgericht zu übermitteln. Da der auf dem Schriftsatz zutreffend angegebene Faxanschluß besetzt war, übermittelte die Angestellte ihn wenige Minuten später unter Betätigung der Wahlwiederholungstaste. Weil zwischenzeitlich offenbar in anderer Sache ein weiterer Schriftsatz an das Verwaltungsgericht Magdeburg übermittelt worden war, wur-
de versehentlich auch die Berufungsbegründung in der vorliegenden Sache dorthin übermittelt. In der Kanzlei des Prozeßbevollmächtigten des Antragstellers besteht die Arbeitsanweisung, bei per Fax übermittelten fristwahrenden Schriftsätzen ein Sendeprotokoll ausdrucken zu lassen, an Hand dessen die Vollständigkeit der Übermittlung an den jeweiligen Empfänger zu prüfen ist, bevor die Frist als erledigt notiert wird. Versehentlich kontrollierte die Angestellte jedoch nur den OK-Vermerk und die Zahl der zu faxenden Seiten, nicht jedoch die Übereinstimmung der Faxnummer auf dem Sendeprotokoll mit jener, die auf dem Schriftsatz angegeben war, und teilte dem Prozeßbevollmächtigten auf Nachfrage mit, den Auftrag ordnungsgemäß erledigt zu haben. 2. Das Berufungsgericht begründet seine Entscheidung im wesentlichen damit, eine wirksame Ausgangskontrolle bei Fristsachen sei in der Kanzlei des Prozeßbevollmächtigten des Antragstellers nicht sichergestellt. So hätte der Prozeßbevollmächtigte seine Büroangestellten bei der Bedienung des von ihnen gemeinsam genutzten Fax-Geräts konkret anweisen müssen, vor der Betätigung der Wahlwiederholungstaste die zuletzt gewählte Rufnummer auf ihre Richtigkeit zu überprüfen. Auch habe der Antragsteller eine konkrete Arbeitsanweisung , bei der Verwendung des Faxgeräts die Übermittlung an den richtigen Empfänger selbständig zu überprüfen, nicht dargelegt. Damit hat das Berufungsgericht zum einen die Anforderungen an die Sorgfaltspflicht des Anwalts in Bezug auf eine wirksame Ausgangskontrolle überspannt und zum anderen den Vortrag zur Begründung des Wiedereinsetzungsgesuchs nicht hinreichend gewürdigt.

a) Der geforderten Anweisung, bei Benutzung der Wahlwiederholungstaste die zuletzt angewählte Rufnummer zu überprüfen, bedarf es nicht, wenn die Übermittlung an den richtigen Empfänger durch die allgemeine Weisung sichergestellt ist, dies an Hand des Sendeprotokolls zu überprüfen. Der Anwalt darf es seinen Angestellten überlassen, ob sie die zur Übermittlung erforderliche Faxnummer manuell eingeben oder sich hierzu der Wahlwiederholungstaste bedienen. Bei deren Benutzung ist zwar nicht auszuschließen, daß ungewollt ein anderer Anschluß angewählt wird, so daß diese Alternative weniger sicher ist und sich als unzweckmäßig erweisen kann. Aufgabe der Fristenkontrolle ist es aber nicht, für optimale Arbeitsabläufe zu sorgen, sondern nur sicherzustellen , daß Fristen nicht versäumt werden. Hierfür genügt die nachträgliche Überprüfung an Hand des Sendeprotokolls, die gewährleistet, daß eine Übermittlung an den falschen Empfänger rechtzeitig entdeckt wird.
b) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts hat der Antragsteller auch hinreichend glaubhaft gemacht, daß seine Weisung, die Übermittlung an Hand des Sendeprotokolls zu überprüfen, sich auch auf die Überprüfung der richtigen Faxnummer erstreckt. Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Weisung, ein Einzelsendeprotokoll ausdrucken zu lassen, auf dessen Grundlage die Vollständigkeit der Übermittlung "an den jeweiligen Empfänger" zu prüfen ist. Denn bei einer Weisung, die sich auf die Prüfung der Vollständigkeit der Übermittlung beschränkt, wäre der Zusatz "an den jeweiligen Empfänger" überflüssig und sinnlos. Dieser Zusatz kann jedenfalls nicht dahin verstanden werden, es solle nur die Vollständigkeit der Übermittlung an den tatsächlich angewählten (und nicht an den anzuwählenden) Empfänger geprüft werden. Dieses Verständnis der erteilten Weisung ergibt sich zweifelsfrei aus der Begründung des Wiedereinsetzungsantrages, in der es heißt, insoweit habe die Bürovorsteherin offensichtlich verabsäumt, einen nochmaligen Abgleich der auf
dem Schriftsatz angebrachten Faxnummer mit der in dem Sendebericht ausgedruckten Faxnummer vorzunehmen. Dieser Vortrag ist zweifelsfrei dahin zu verstehen, daß auch Letzteres Inhalt der Weisung war. Somit beruhte die Fristversäumung auf einem einmaligen Verschulden der Büroangestellten, das dem Antragsteller nicht nach § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnen ist und deshalb der beantragten Wiedereinsetzung nicht entgegensteht , § 233 ZPO. 3. Die angefochtene Entscheidung erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig. Soweit das Berufungsgericht es hat dahinstehen lassen, ob die per Fax übermittelte Berufungsbegründung unterschrieben war oder nicht und der beantragten Wiedereinsetzung im Falle fehlender Unterschrift ein weiteres Organisationsverschulden entgegenstünde, ist bereits aus Rechtsgründen im Rechtsbeschwerdeverfahren von dem Vortrag des Antragstellers auszugehen, daß der seinerzeit irrtümlich an das Verwaltungsgericht übermittelte Schriftsatz unterschrieben war. Insoweit bedarf es aber nicht der Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht, damit dieses entsprechende Feststellungen nachholt und auf deren Grundlage über das Wiedereinsetzungsgesuch erneut entscheidet. Der Senat kann insoweit selbst entscheiden. Denn der Prozeßbevollmächtigte des Antragstellers hat nach Hinweis des Berufungsgerichts, es zweifle an der Unterzeichnung des per Fax übermittelten Schriftsatzes, das Wiedereinsetzungsgesuch unter anwaltlicher Versicherung dahin ergänzt, daß der per Fax übermittelte Schriftsatz bereits zu diesem Zeitpunkt unterschrieben war und es sich
dabei um jenes Original handelte, das dem Berufungsgericht am 29. März 2005 auf dem Postwege zuging.
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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZB 14/04
vom
22. Juni 2004
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Wird die Telefaxnummer aus dem konkreten Aktenvorgang handschriftlich auf den zu
versendenden Schriftsatz übertragen, ist eine Verwechslungsgefahr gering. In einem
solchen Fall reicht es aus, mögliche Eingabefehler zu korrigieren, indem die gewählte
Empfängernummer mit der übertragenen Nummer abgeglichen wird.
BGH, Beschluß vom 22. Juni 2004 - VI ZB 14/04 - LG Hanau
AG Hanau
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 22. Juni 2004 durch die Vorsitzende
Richterin Dr. Müller, den Richter Dr. Greiner, die Richterin Diederichsen
und die Richter Pauge und Zoll

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Klägers wird der Beschluß der 2. Zivilkammer des Landgerichts Hanau vom 9. Februar 2004 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde: 3.175,73 €

Gründe:

I.

Der Kläger hat die fristgerechte Einlegung der Berufung gegen das teilweise klagabweisende Urteil des Amtsgerichts versäumt, weil die Berufungsschrift seiner Prozeßbevollmächtigten per Telefax am letzten Tage vor Fristablauf versehentlich an das Amtsgericht und nicht an das zuständige Landgericht gesendet worden ist. Nach der eidesstattlich versicherten Darstellung des instanzgerichtlichen Prozeßbevollmächtigten des Klägers in seinem Wiederein-
setzungsgesuch wurde die fehlerhafte Versendung des Schriftsatzes verursacht , weil die von ihm mit dem Absenden der Berufungsschrift beauftragte und bisher stets zuverlässig arbeitende Fachkraft gegen die in der Kanzlei bestehenden klaren Anweisungen zur Versendung fristgebundener Schriftsätze per Telefax verstoßen habe. Nach den Anweisungen sei die Faxnummer, an die der Schriftsatz zu versenden sei, aus einer ständig aktualisierten "Aktenvita" zu ermitteln und per Hand in den Schriftsatz einzufügen. Die Fachkraft habe hingegen weisungswidrig die Telefaxnummer des im Computer und der Akte enthaltenen erstinstanzlichen Gerichts eingefügt. Bei der nach Absendung der Berufungsschrift durchgeführten Sendeberichtskontrolle sei das Versehen nicht bemerkt worden, weil der Sendebericht den Vermerk "ok" ausgewiesen habe. Das Berufungsgericht hat den Antrag des Klägers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand mit der Begründung zurückgewiesen, daß den Prozeßbevollmächtigten des Klägers jedenfalls ein Organisationsverschulden treffe, das für die Versäumung der Berufungsfrist ursächlich geworden sei, weil die behauptete Kontrolle des Sendeberichts als Maßnahme zur Vermeidung der eingetretenen Fristversäumung unzulänglich sei. Bei der Eingabe einer TelefaxEmpfängernummer bestehe eine hohe Verwechslungsgefahr, sei es, daß die Nummer im Telefaxverzeichnis aus der falschen Zeile entnommen werde oder daß - wie hier - die Nummer versehentlich fehlerhaft aus der Akte oder dem Computer entnommen werde. Es müsse deshalb durch eine entsprechende Büroorganisation sichergestellt sein, daß sich die Überprüfung der per Telefax übermittelten Schriftsätze auch auf die Verwendung der zutreffenden Empfängernummer erstrecke. Hierzu reiche es nicht aus, den Sendebericht auf die "OK-Meldung" hin zu überprüfen und die im Sendebericht aufgeführte mit der zuvor eingefügten Empfängernummer zu vergleichen. Denn unterliefen bei der Ermittlung der Faxnummer Fehler, dann setzten sich diese zwangsläufig bei der anschließenden Kontrolle des Sendeberichts fort, wenn die gewählte
Empfängernummer nur mit der zuvor eingefügten Nummer abgeglichen werde. Eine zuverlässige Abschlußkontrolle setze daher voraus, daß die verwendete und im Sendebericht aufgeführte Nummer anhand eines amtlichen Telefaxverzeichnisses oder einer vergleichbar zuverlässigen Aufzeichnung oder Liste überprüft werde. Eine diesen Erfordernissen entsprechende Organisation gebe es in der Kanzlei des Prozeßbevollmächtigten des Klägers offensichtlich nicht. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Klägers, womit er seinen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsfrist weiterverfolgt.

II.

Die nach §§ 574 Abs. 1 Nr. 1, 522 Abs. 1 Satz 4, 238 Abs. 2 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist auch im übrigen zulässig, da die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO vorliegen. Eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs ist zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 ZPO) geboten. Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet. 1. Mit Recht macht die Rechtsbeschwerde geltend, daß das Berufungsgericht die Anforderungen an die Büroorganisation überspannt, indem es verlangt , daß nach Versendung eines fristgebundenen Schriftsatzes über Fax die Kontrolle der verwendeten Faxnummer auf ihre Richtigkeit anhand eines amtlichen Telefaxnummernverzeichnisses oder einer vergleichbar zuverlässigen Liste durchgeführt wird.
a) Ein Rechtsanwalt erfüllt seine Verpflichtung, für eine wirksame Ausgangskontrolle zu sorgen, bei Einsatz eines Telefaxgerätes zwar nur dann, wenn er seinen dafür zuständigen Mitarbeitern die Weisung erteilt, sich nach
der Übermittlung eines Schriftsatzes einen Einzelnachweis ausdrucken zu lassen , auf dieser Grundlage die Vollständigkeit der Übermittlung zu überprüfen und die Notfrist erst nach Kontrolle des Sendeberichts zu löschen (vgl. Senatsbeschluß vom 18. Mai 2004 - VI ZB 12/03 - Umdruck S. 3 m.w.N.). Diese Verpflichtung haben die Prozeßbevollmächtigten des Klägers jedoch nicht verletzt. Die nach der Darstellung im Wiedereinsetzungsgesuch bestehende allgemeine Anweisung, die Faxnummer aus der ständig aktualisierten "Aktenvita" zu entnehmen , per Hand in den Schriftsatz einzufügen und sodann nach der Übertragung des Schriftsatzes per Telefax den Einzelsendebericht ausdrucken zu lassen und diesen zu kontrollieren, genügt den Sorgfaltsanforderungen an eine wirksame Ausgangskontrolle.
b) Der Senat setzt sich mit dieser Auffassung nicht in Widerspruch zu den Anforderungen im Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 30. März 1995 - 2 AZR 1020/94 – BAGE 79, 379, 381 ff., wonach die Kontrollanweisung des Rechtsanwalts dahin gehen müsse, auch die Richtigkeit der Empfängernummer abschließend zu kontrollieren. Die Rechtsbeschwerde weist mit Recht darauf hin, daß in dem dem Bundesarbeitsgericht zur Entscheidung vorliegenden Fall der das Faxgerät bedienende Mitarbeiter aus einem amtlichen TelefaxVerzeichnis eine falsche Nummer ausgewählt hatte. Auch der Bundesgerichtshof hat es für erforderlich gehalten, daß bei der Ausgangskontrolle die im Sendebericht wiedergegebene Empfängernummer daraufhin überprüft wird, ob es sich hierbei um die richtige Empfängernummer handelt, wenn das Risiko eines Versehens bei der Ermittlung der Empfängernummer besonders hoch ist, weil z.B. die Empfängernummer von Fall zu Fall aus gedruckten Listen oder elektronischen Dateien herausgesucht werden muß und an einem und demselben Ort mehrere Empfänger in Betracht kommen (vgl. Senatsbeschluß vom 18. Mai 2004 - VI ZB 12/03 - z.V.b.; BGH, Beschluß vom 24. April 2002 - AnwZ 7/01 -
BRAK-Mitt. 2002, 171; offengelassen im Beschluß vom 12. März 2002 - IX ZR 220/01 - VersR 2002, 1577, 1578). Im vorliegenden Fall kann von einer hohen Verwechslungsgefahr bei der "Erstermittlung" der richtigen Telefaxnummer jedoch nicht ausgegangen werden. Wird die Empfängernummer nicht aus einem amtlichen Verzeichnis oder einer Liste, sondern aus dem konkreten Aktenvorgang entnommen, ist eine Verwechslungsgefahr denkbar gering. In einem solchen Fall reicht es deshalb aus, mögliche Eingabefehler zu korrigieren, indem die gewählte Empfängernummer mit der zuvor eingefügten Nummer abgeglichen wird. 2. Mit Recht weist die Rechtsbeschwerde darauf hin, daß im vorliegenden Fall ein etwaiger organisatorischer Fehler im Zusammenhang mit der Ausgangskontrolle außerdem nicht ursächlich geworden wäre für die Versäumung der Berufungsfrist. Die Fristversäumnis ist vielmehr darauf zurückzuführen, daß die Fachangestellte nach der Darstellung des instanzgerichtlichen Prozeßbevollmächtigten des Klägers bereits die Weisung mißachtet hat, den Schriftsatz an die aus der "Aktenvita" zu entnehmenden Faxnummer zu senden. Der hiermit begangene Fehler setzte sich bei der anschließenden Überprüfung des Sendeberichts fort, ohne daß dies durch die von dem Prozeßbevollmächtigten angeordnete Ausgangskontrolle verhindert werden konnte. Die abschließende Kontrolle der eingegebenen Telefax-Nummer dient insbesondere der Beseitigung von Fehlern, die dadurch entstehen, daß der die Nummer im dafür vorhandenen Verzeichnis Ablesende in eine falsche Zeile gerät. Eine Verwechslung des Gerichts, wie sie hier unterlaufen ist, läßt sich aber, worauf die Rechtsbeschwerde zutreffend hinweist, durch einen weiteren Vergleich mit der von der Büroangestellten weisungswidrig benutzten Fundstelle der Nummer gerade nicht vermeiden. Denn wenn die Fachkraft die Weisung mißachtet hat, die Nummer aus der "Aktenvita“ zu entnehmen und handschriftlich einzufügen,
liegt ein klarer Verstoß gegen die Weisung vor, der für die Fristversäumnis ursächlich war. Anerkanntermaßen darf ein Rechtsanwalt darauf vertrauen, daß sein sonst zuverlässiges Personal seine Weisungen befolgt (vgl. BGH, Beschluß vom 5. Februar 1992 - XII ZB 92/91 - NJW 1992, 2488, 2489; vom 10. Februar 1982 - VIII ZR 76/81 - NJW 1982, 2670; vom 10. Juni 1998 - XII ZB 47/98 –VersR 1999, 643). Ein konkretes Einzelverschulden des Personals ist ihm und damit auch dem Kläger nicht anzulasten. 3. An einer Entscheidung über den Wiedereinsetzungsantrag ist der Senat aber dadurch gehindert, daß eine hinreichende Glaubhaftmachung fehlt. Das mit dem Wiedereinsetzungsantrag zur Begründung der unverschuldeten Fristversäumnis behauptete weisungswidrige Verhalten der Büroangestellten stellt einen Vorgang dar, der sich der eigenen Wahrnehmung des Rechtsanwalts H. entzieht. Die zugleich eingereichte Versicherung an Eides statt stellt insoweit keine hinreichende Glaubhaftmachung dar (vgl. Zöller/Greger ZPO 24. Aufl. § 294 Rdn. 3 m.w.N.). Das Berufungsgericht hatte keine Veranlassung , dem nachzugehen, da es nach seiner Auffassung auf das weisungswidrige Verhalten der Büroangestellten nicht ankam. Ist ein Organisationsverschulden
jedoch zu verneinen, ist aufzuklären, ob die Fristversäumnis auf dem behaupteten Verhalten der Büroangestellten beruht. Da die Glaubhaftmachung im Verfahren über den Antrag noch erfolgen kann (§ 236 Abs. 2 Satz 1 ZPO), ist die Sache zur neuen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Müller Greiner Diederichsen Pauge Zoll