Bundesgerichtshof Beschluss, 24. März 2010 - XII ZB 193/07

bei uns veröffentlicht am24.03.2010
vorgehend
Landgericht Arnsberg, 1 O 353/07, 10.09.2007
Oberlandesgericht Hamm, 29 W 70/07, 30.10.2007

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 193/07
vom
24. März 2010
in dem Vollstreckbarerklärungsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
HUVÜ 73 Artt. 5, 12; AVAG § 12 Abs. 1; ZPO § 767
Hat das in der Bundesrepublik Deutschland zu vollstreckende (hier: türkische) Urteil
nur den Trennungsunterhalt geregelt, ist im Vollstreckbarerklärungsverfahren die
Rechtskraft der Ehescheidung als Einwendung im Sinne von § 767 ZPO zu berücksichtigen
und die Vollstreckbarkeit auf die Zeit bis zur deren Eintritt zu beschränken
(im Anschluss an BGHZ 180, 88).
BGH, Beschluss vom 24. März 2010 - XII ZB 193/07 - OLG Hamm
LG Arnsberg
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 24. März 2010 durch den
Richter Dose, die Richterin Weber-Monecke und die Richter Dr. Klinkhammer,
Schilling und Dr. Günter

beschlossen:
1. Dem Antragsgegner wird als Beschwerdeführer für das Verfahren der Rechtsbeschwerde ratenfreie Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt Dr. von Plehwe beigeordnet. 2. Auf die Rechtsbeschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des 29. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 30. Oktober 2007 unter Zurückweisung der weitergehenden Rechtsbeschwerde teilweise aufgehoben und insgesamt wie folgt neu gefasst: Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Vorsitzenden Richters der 1. Zivilkammer des Landgerichts Arnsberg vom 10. September 2007 unter Zurückweisung der weitergehenden Beschwerde teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst: Der Unterhaltsausspruch in dem Urteil des Familiengerichts Karsiyaka vom 27. Januar 2004 in der Fassung des Berichtigungsvermerks vom 5. Oktober 2005 (Geschäftszeichen 2003/48; Urteilsnummer 2004/46) ist mit der deutschen Vollstreckungsklausel zu versehen, soweit der Antragsgegner zu einem monatlichen Vorsorgeunterhalt in Höhe von 500 Mio. TL (500 YTL) als Trennungsunterhalt für die Zeit vom 8. Juli 2003 (Eingang der Klage vor dem türkischen Familiengericht) bis zum 23. Juli 2003 (rechtskräftige Ehescheidung) verurteilt worden ist. Der weitergehende Antrag wird zurückgewiesen. Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben. Streitwert: 4.680 €

Gründe:

I.

1
Die Parteien streiten um die Vollstreckbarkeit eines Unterhaltsurteils des türkischen Familiengerichts Karsiyaka vom 27. Januar 2004 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 5. Oktober 2005.
2
Die Parteien hatten im April 2002 geheiratet und sich am 6. Mai 2003 endgültig getrennt. Aus ihrer Ehe sind keine gemeinsamen Kinder hervorgegangen. Auf den am 12. Juni 2003 erhobenen Scheidungsantrag der Antragstellerin wurde die Ehe am 23. Juli 2003 rechtskräftig geschieden (Amtsgericht Aachen 27 F 233/03). Zuvor hatte der Antragsgegner am 8. Juli 2003 in der Türkei einen weiteren Scheidungsantrag gestellt. Am 23. Oktober 2003 beantragte die Antragstellerin nachehelichen Ehegattenunterhalt (AG Aachen 27 F 410/03).
3
Am 27. Januar 2004 wies das türkische Familiengericht Karsiyaka den Scheidungsantrag des Antragsgegners mangels hinreichender Scheidungsvoraussetzungen als unbegründet zurück. Zugleich verurteilte es den Antragsgegner , an die Antragstellerin "ab Klagedatum Vorsorgeunterhalt in Höhe von 500.000.000,- Türkische Lira" zu zahlen. Mit Beschluss vom 5. Oktober 2005 wurde das Urteil dahin berichtigt, dass die mit Wirkung vom Klagedatum zu entrichtende vorsorgliche Unterhaltszahlung in Höhe von 500.000.000 TL (500 YTL) eine "monatliche Unterhaltszahlung ist".
4
Mit Urteil vom 15. September 2004 wies das Amtsgericht Aachen die Klage der Antragstellerin auf nachehelichen Ehegattenunterhalt "wegen anderweitiger Rechtshängigkeit" als unbegründet ab. Dabei stützte es sich auf den vorliegenden türkischen Unterhaltstitel.
5
Auf Antrag der Antragstellerin hat der Vorsitzende Richter am Landgericht den türkischen Unterhaltstitel nebst Berichtigungsvermerk für vollstreckbar erklärt. Das Oberlandesgericht hat die gegen diese Entscheidung gerichtete Beschwerde des Antragsgegners zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Antragsgegners, mit der er weiterhin eine vollständige Abweisung des Vollstreckbarkeitsantrags begehrt.

II.

6
Die Rechtsbeschwerde ist nach Art. 13 des Haager Übereinkommens über die Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen vom 2. Oktober 1973 (BGBl. 1986 II S. 826; im Folgenden HUVÜ 73) i.V.m. § 15 Abs. 1 des Anerkennungs- und Vollstreckungsausführungsgesetzes vom 3. Dezember 2009 (BGBl. I 2009, 3830; im Folgenden AVAG) und § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft. Die Rechtsbeschwerde ist nach § 574 Abs. 2 ZPO zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zulässig und führt zur Begrenzung der Vollstreckbarkeit auf die Zeit bis zur rechtskräftigen Ehescheidung.
7
1. Zu Recht hat das Oberlandesgericht den Antrag nach den Vorschriften des HUVÜ 73 behandelt, das für die Bundesrepublik Deutschland zum 1. April 1987 in Kraft getreten ist und das auch für die Türkei gilt (vgl. Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 7. Aufl. § 9 Rdn. 226). Nach Art. 13 HUVÜ 73 richtet sich das Verfahren der Anerkennung und Vollstreckung der Entscheidung nach dem Recht des Vollstreckungsstaates, hier also nach dem deutschen Prozessrecht als lex fori. Zur Ausführung zwischenstaatlicher Verträge und zur Durchführung von Verordnungen und Abkommen der Europäischen Gemeinschaft auf dem Gebiet der Anerkennung und Vollstreckung in Zivil- und Handelssachen hat die Bundesrepublik Deutschland das AVAG erlassen , das nach seinem § 1 Abs. 1 Nr. 1 c auch für das HUVÜ 73 gilt.
8
Das Haager Übereinkommen über die internationale Geltendmachung der Unterhaltsansprüche von Kindern und anderen Familienangehörigen vom 23. November 2007 ist hingegen nicht anwendbar, weil es nach seinem Art. 60 erst am Tage des Monats in Kraft tritt, der auf einen Zeitabschnitt von drei Monaten nach der Hinterlegung der zweiten Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunde durch einen Mitgliedstaat folgt. Diese Voraussetzungen liegen noch nicht vor, da bislang lediglich die Vereinigten Staaten von Amerika das Übereinkommen ratifiziert haben. Nach Art. 56 findet das Übereinkommen nur auf solche Ersuchen Anwendung, die nach seinem Inkrafttreten in den beteiligten Ländern eingegangen sind.
9
2. Im Ansatz zu Recht hat das Berufungsgericht die Beschwerde des Antragsgegners zurückgewiesen und die türkische Entscheidung für vollstreckbar erklärt, weil sie lediglich den Anspruch der Antragstellerin auf Trennungsunterhalt erfasst. Deswegen ist die Vollstreckbarkeit aber zugleich auf die Zeit bis zur rechtskräftigen Ehescheidung zu begrenzen.
10
Nach Art. 12 HUVÜ 73 darf eine ausländische Entscheidung im Rahmen der Vollstreckbarerklärung nicht auf ihre Gesetzmäßigkeit nachgeprüft werden, sofern das Übereinkommen nicht etwas anderes bestimmt. Allerdings kann der Unterhaltspflichtige mit seiner Beschwerde nach § 12 Abs. 1 AVAG auch rechtsvernichtende und rechtshemmende Einwendungen im Sinne des § 767 Abs. 1 ZPO gegen den titulierten Anspruch geltend machen, sofern die Rechtskraft des ausländischen Urteils unberührt bleibt und die Gründe, auf denen sie beruhen, erst nach Erlass der ausländischen Entscheidung entstanden sind; ein Verstoß gegen den Grundsatz des Verbots der révision au fond liegt dann nicht vor (Senatsbeschlüsse BGHZ 171, 310 = FamRZ 2007, 989 - Tz. 26 ff. und BGHZ 180, 88 = FamRZ 2009, 858 - Tz. 12 ff.). Das gilt auch, wenn der Unterhaltsschuldner die rechtsvernichtende Einwendung im Sinne des § 767 ZPO vorträgt, der Unterhaltstitel erstrecke sich von vornherein nur auf den Trennungsunterhalt und nicht auf den nachehelichen Unterhalt (vgl. Senatsurteil vom 14. Januar 1981 - IVb ZR 575/80 - FamRZ 1981, 242, 244). Weil der Titel nach der Einwendung des Unterhaltsschuldners dann schon von Beginn an entsprechend begrenzt ist, bedarf es keiner nachträglichen Änderung der Verhältnisse , sondern die rechtskräftige Ehescheidung bringt den Titel zum Erlöschen (vgl. BGHZ 38, 259, 264 f. = WM 1963, 196). Um eine solche Einwendung handelt es sich hier.
11
Darüber hinaus darf eine in der ersten Instanz nach § 6 AVAG ohne Anhörung des Antragsgegners angeordnete Vollstreckbarerklärung im Rechtsmittelverfahren nach § 11 (Beschwerde) und § 15 (Rechtsbeschwerde) AVAG lediglich auf Vollstreckungshindernisse nach Art. 5 HUVÜ 73 überprüft werden. Solche Vollstreckungshindernisse hat das Oberlandesgericht auf der Grundlage des eingeschränkten Inhalts der zu vollstreckenden Entscheidung im Ergebnis zu Recht verneint.
12
a) Einer Vollstreckbarkeit des türkischen Unterhaltstitels in Deutschland steht nicht nach Art. 5 Nr. 3 HUVÜ 73 entgegen, dass zwischen den Parteien ein denselben Gegenstand betreffendes Verfahren vor einem deutschen Gericht anhängig und als erstes eingeleitet worden war. Auch die Rechtskraft des deutschen Urteils über den nachehelichen Unterhalt steht der Vollstreckbarkeit nicht nach Art. 5 Nr. 4 HUVÜ 73 entgegen.
13
aa) Das deutsche Verfahren über einen Anspruch auf nachehelichen Unterhalt ist erst am 23. Oktober 2003 anhängig geworden, als der Scheidungsantrag des Antragsgegners mit dem Unterhaltsantrag der Antragstellerin vor dem türkischen Familiengericht bereits rechtshängig war. Rechtshängig ist das deutsche Unterhaltsverfahren nach Bewilligung der Prozesskostenhilfe erst am 19. Februar 2004 geworden, als das türkische Familiengericht bereits über den dortigen Unterhaltsantrag entschieden hatte.
14
bb) Zudem betrifft der türkische Unterhaltstitel nicht denselben Streitgegenstand wie das deutsche Unterhaltsverfahren, was im Vollstreckbarkeitsverfahren zu berücksichtigen ist. Das deutsche Unterhaltsverfahren betraf ausweislich des vorliegenden Urteils vom 15. September 2004 ausdrücklich nur den nachehelichen Unterhalt für das erste Jahr ab Rechtskraft der Scheidung. Demgegenüber regelt das Urteil des türkischen Familiengerichts lediglich den Trennungsunterhalt bis zur rechtskräftigen Ehescheidung.
15
Die davon abweichende Rechtsauffassung des Amtsgerichts Aachen in dem Urteil vom 15. September 2004, wonach der türkische Unterhaltstitel auch den nachehelichen Unterhalt erfasst, geht an den festgestellten Tatsachen vorbei. Das türkische Familiengericht hatte den Scheidungsantrag des Antragsgegners mit Urteil vom 27. Januar 2004 wegen fehlender Scheidungsvoraussetzungen als unbegründet abgewiesen. Das Urteil ging folglich nicht davon aus, dass in Deutschland bereits ein Scheidungsverfahren rechtshängig gewesen war und zu dem rechtskräftigen Scheidungsurteil vom 23. Juli 2003 geführt hatte. Indem das türkische Familiengericht der Antragstellerin in Unkenntnis der in Deutschland ausgesprochenen Ehescheidung und nach Abweisung des in der Türkei gestellten Scheidungsantrags rückständigen und laufenden Unterhalt zugesprochen hat, hat es lediglich über Trennungsunterhalt entschieden.
16
Der türkische Unterhaltstitel wirkt auch nicht als solcher über den nachehelichen Unterhalt über die Rechtskraft der Ehescheidung fort. Das ergibt sich aus dem vom türkischen Familiengericht angewandten türkischen Unterhaltsrecht , das - ebenso wie das deutsche Recht (vgl. insoweit Senatsurteil vom 14. Januar 1981 - IVb ZR 575/80 - FamRZ 1981, 242, 243 f.; Senatsbeschluss vom 21. April 1999 - XII ZB 158/98 - FamRZ 1999, 1497 und Wendl/Pauling aaO § 4 Rdn. 14) - zwischen Trennungsunterhalt und nachehelichem Unterhalt unterscheidet. Nach Art. 186 Abs. 3 türkisches ZGB (im Folgenden: ZGB) tragen die Ehegatten gemeinsam, ein jeder nach seinen Kräften, unter Einsatz von Arbeit und Vermögen zu den Ausgaben der Lebensgemeinschaft bei. Das gilt auch für die Trennungszeit der Parteien (Rumpf IPRax 1983, 114, 115). Bei begründeter Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft regelt der Richter nach Art. 197 Abs. 2 ZGB auf Antrag eines Ehegatten den Unterhaltsbeitrag eines Ehegatten an den anderen (vgl. Wendl/Dose aaO § 9 Rdn. 195). Demgemäß hat das türkische Familiengericht hier trotz Abweisung des Scheidungsantrags der Antragstellerin einen "Vorsorgeunterhalt" zugesprochen. Dabei handelt es sich nicht um nachehelichen Unterhalt, der sich im weitesten Sinne aus materiellem Schadensersatz (Art. 174 Abs. 1 ZGB), immateriellem Schadensersatz zur Genugtuung (Art. 174 Abs. 2 ZGB) und - falls der Schadensersatz nicht ausreicht - aus Bedürftigkeitsunterhalt (Art. 175 ZGB) zusammensetzt (Wendl/Dose aaO § 9 Rdn. 197 ff.). Dafür, dass der türkische Unterhaltstitel trotz gleichzeitiger Abweisung des Scheidungsantrags des Antragsgegners auch einen solchen Schadensersatz oder Bedürftigkeitsunterhalt umfasst, ist nichts ersichtlich. Insbesondere ist der zugesprochene Unterhalt auch weder als materieller oder immaterieller Schadensersatz noch als nachehelicher Bedürftigkeitsunterhalt bezeichnet worden. Auch die vom Amtsgericht Aachen zitierte Vorschrift des § 169 ZGB lässt einstweilige Maßnahmen zum Unterhalt während der Trennungszeit lediglich für die Dauer des Scheidungsverfahrens und nicht für die nacheheliche Zeit zu.
17
Hinzu kommt, dass das Amtsgericht Aachen in dem Urteil vom 15. September 2004 keine Entscheidung in der Sache getroffen hat. Zwar hat es den Antrag auf nachehelichen Unterhalt als unbegründet zurückgewiesen und zur Begründung auf die Rechtshängigkeit des türkischen Verfahrens mit der dort erstinstanzlich ergangenen Entscheidung abgestellt. Damit hat das Amtsgericht den Antrag der Antragstellerin auf nachehelichen Unterhalt in der Sache aber nicht als unbegründet, sondern als unzulässig abgewiesen, weil die von ihm angenommene Rechtshängigkeit vor den türkischen Gerichten ein Prozesshindernis darstellt, das zur Unzulässigkeit der Klage über denselben Streitgegenstand führt (Zöller/Greger ZPO 28. Aufl. § 261 Rdn. 8).
18
b) Auf der Grundlage des sehr eingeschränkten Regelungsumfangs verstößt die zu vollstreckende Entscheidung auch nicht gegen den deutschen ordre public, sodass auch ein Vollstreckungshindernis nach Art. 5 Nr. 1 HUVÜ 73 ausscheidet.
19
aa) Die Anerkennung oder Vollstreckung der Entscheidung darf lediglich in den in Art. 5 HUVÜ 73 genannten besonders gravierenden Fällen versagt werden, wobei nicht jeder Verstoß gegen Vorschriften des Vollstreckungsstaates zwingend zu einer Verletzung dessen ordre public führt. Selbst eine Verletzung des verfassungsrechtlich geschützten Grundsatzes des rechtlichen Ge- hörs zieht nicht zwingend einen Verstoß gegen den verfahrensrechtlichen ordre public im Sinne des Art. 5 Nr. 1 HUVÜ 73 nach sich. Denn der Grundsatz des rechtlichen Gehörs ist dadurch gewährleistet, dass das verfahrenseinleitende Schriftstück ordnungsgemäß und so rechtzeitig zugestellt worden sein muss, dass der Beklagte sich hinreichend verteidigen konnte. Ihm muss also ausreichend Zeit verbleiben, um seine Verteidigung vorzubereiten und die zur Vermeidung einer Versäumnisentscheidung erforderlichen Schritte einzuleiten (EuGHE 1981, 1573, 1608 f.). Darüber hinaus greift der Vorbehalt des ordre public nur in Ausnahmefällen ein. Die Vollstreckbarerklärung kann insbesondere nicht schon deshalb versagt werden, weil die ausländische Entscheidung in einem Verfahren erlassen worden ist, das von zwingenden Vorschriften des deutschen Prozessrechts abweicht. Ein Versagungsgrund ist vielmehr nur dann gegeben, wenn das Urteil des ausländischen Gerichts aufgrund eines Verfahrens ergangen ist, das von den Grundsätzen des deutschen Verfahrensrechts in einem solchen Maße abweicht, dass es nicht als in einem geordneten rechtsstaatlichen Verfahren ergangen angesehen werden kann (EuGH Urteil vom 11. Mai 2000 - C-38/98 - NJW 2000, 2185; Senatsbeschlüsse vom 26. August 2009 - XII ZB 169/07 - FamRZ 2000, 1816 Tz. 25 und vom 21. März 1990 - XII ZB 71/89 - FamRZ 1990, 868 Tz. 12).
20
Das ist hier nicht der Fall. Beide Parteien waren an dem türkischen Verfahren beteiligt und hatten rechtliches Gehör.
21
bb) Auch der Umstand, dass die Ehe der Parteien bereits vor dem Verhandlungstermin des türkischen Gerichts durch ein deutsches Gericht geschieden war, kann keinen entscheidungsrelevanten Verstoß gegen den deutschen ordre public begründen, da der zu vollstreckende Unterhaltstitel nicht auf der fehlerhaften Abweisung des weiteren Scheidungsantrags als unbegründet beruht. Weil sich der türkische Unterhaltstitel auf rückwirkenden und laufenden Trennungsunterhalt beschränkt, ist er von dem Titel über den Scheidungsantrag unabhängig (zu Fällen, in denen der zu vollstreckende Unterhaltstitel auf dem Statusurteil beruht vgl. Senatsbeschluss vom 26. August 2009 - XII ZB 169/07 - FamRZ 2000, 1816 Tz. 13; Senatsurteil vom 14. Februar 2007 - XII ZR 163/05 - FamRZ 2007, 717 Tz. 17 f. und BGHZ 164, 19, 21 f. = FamRZ 1975, 273, 274).
22
cc) Schließlich verstößt der türkische Unterhaltstitel auch sonst nicht gegen den deutschen ordre public. Das türkische Familiengericht hat lediglich über den Anspruch auf Trennungsunterhalt entschieden und diesen im Hinblick auf den gewöhnlichen Aufenthalt der Antragstellerin in der Türkei zu Recht gemäß Art. 4 des Haager Übereinkommens über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht vom 2. Oktober 1973 (HUÜ 73) nach türkischem Recht beurteilt.
23
Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist der Titel über den Trennungsunterhalt auch hinreichend bestimmt. Ausweislich des Urteils vom 27. Januar 2004 in Verbindung mit dem Berichtigungsvermerk vom 5. Oktober 2005 schuldet der Antragsgegner monatlichen Trennungsunterhalt in Höhe von 500 YTL mit Wirkung vom Klagedatum, also ab dem 8. Juli 2003. Weil sich das Urteil auf den Trennungsunterhalt beschränkt, schuldet der Antragsgegner daraus aber lediglich Unterhalt bis zur rechtskräftigen Ehescheidung am 23. Juli 2003. Auf diesen Gegenstand der türkischen Entscheidung ist die Vollstreckbarkeit deswegen ausdrücklich zu beschränken. Dose Weber-Monecke Klinkhammer Schilling Günter
Vorinstanzen:
LG Arnsberg, Entscheidung vom 10.09.2007 - 1 O 353/07 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 30.10.2007 - 29 W 70/07 -

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 24. März 2010 - XII ZB 193/07

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 24. März 2010 - XII ZB 193/07

Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Beschluss, 24. März 2010 - XII ZB 193/07 zitiert 7 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 574 Rechtsbeschwerde; Anschlussrechtsbeschwerde


(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

Zivilprozessordnung - ZPO | § 767 Vollstreckungsabwehrklage


(1) Einwendungen, die den durch das Urteil festgestellten Anspruch selbst betreffen, sind von dem Schuldner im Wege der Klage bei dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges geltend zu machen. (2) Sie sind nur insoweit zulässig, als die Gründe, auf

Anerkennungs- und Vollstreckungsausführungsgesetz - AVAG 2001 | § 15 Statthaftigkeit und Frist


(1) Gegen den Beschluss des Beschwerdegerichts findet die Rechtsbeschwerde nach Maßgabe des § 574 Absatz 1 Nummer 1, Absatz 2 der Zivilprozessordnung statt. (2) Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats einzulegen. (3) Die Rechtsbeschwerdefri

Anerkennungs- und Vollstreckungsausführungsgesetz - AVAG 2001 | § 12 Einwendungen gegen den zu vollstreckenden Anspruch im Beschwerdeverfahren


(1) Der Verpflichtete kann mit der Beschwerde, die sich gegen die Zulassung der Zwangsvollstreckung aus einer Entscheidung richtet, auch Einwendungen gegen den Anspruch selbst insoweit geltend machen, als die Gründe, auf denen sie beruhen, erst nach

Anerkennungs- und Vollstreckungsausführungsgesetz - AVAG 2001 | § 6 Verfahren


(1) Das Gericht entscheidet ohne Anhörung des Verpflichteten. (2) Die Entscheidung ergeht ohne mündliche Verhandlung. Jedoch kann eine mündliche Erörterung mit dem Antragsteller oder seinem Bevollmächtigten stattfinden, wenn der Antragsteller oder d

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bundesgerichtshof Beschluss, 24. März 2010 - XII ZB 193/07 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Beschluss, 24. März 2010 - XII ZB 193/07 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Aug. 2009 - XII ZB 169/07

bei uns veröffentlicht am 26.08.2009

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XII ZB 169/07 vom 26. August 2009 in dem Vollstreckbarerklärungsverfahren Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja Brüssel I-VO (EGVVO) Artt. 34 Nr. 1, 45; HUVÜ 73 Artt. 5 Nr. 1, 12; ZPO § 329 Abs. 1 a) Hat

Referenzen

(1) Der Verpflichtete kann mit der Beschwerde, die sich gegen die Zulassung der Zwangsvollstreckung aus einer Entscheidung richtet, auch Einwendungen gegen den Anspruch selbst insoweit geltend machen, als die Gründe, auf denen sie beruhen, erst nach dem Erlass der Entscheidung entstanden sind.

(2) Mit der Beschwerde, die sich gegen die Zulassung der Zwangsvollstreckung aus einem gerichtlichen Vergleich oder einer öffentlichen Urkunde richtet, kann der Verpflichtete die Einwendungen gegen den Anspruch selbst ungeachtet der in Absatz 1 enthaltenen Beschränkung geltend machen.

(1) Einwendungen, die den durch das Urteil festgestellten Anspruch selbst betreffen, sind von dem Schuldner im Wege der Klage bei dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges geltend zu machen.

(2) Sie sind nur insoweit zulässig, als die Gründe, auf denen sie beruhen, erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung, in der Einwendungen nach den Vorschriften dieses Gesetzes spätestens hätten geltend gemacht werden müssen, entstanden sind und durch Einspruch nicht mehr geltend gemacht werden können.

(3) Der Schuldner muss in der von ihm zu erhebenden Klage alle Einwendungen geltend machen, die er zur Zeit der Erhebung der Klage geltend zu machen imstande war.

(1) Gegen den Beschluss des Beschwerdegerichts findet die Rechtsbeschwerde nach Maßgabe des § 574 Absatz 1 Nummer 1, Absatz 2 der Zivilprozessordnung statt.

(2) Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats einzulegen.

(3) Die Rechtsbeschwerdefrist ist eine Notfrist und beginnt mit der Zustellung des Beschlusses (§ 13 Absatz 3).

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Der Verpflichtete kann mit der Beschwerde, die sich gegen die Zulassung der Zwangsvollstreckung aus einer Entscheidung richtet, auch Einwendungen gegen den Anspruch selbst insoweit geltend machen, als die Gründe, auf denen sie beruhen, erst nach dem Erlass der Entscheidung entstanden sind.

(2) Mit der Beschwerde, die sich gegen die Zulassung der Zwangsvollstreckung aus einem gerichtlichen Vergleich oder einer öffentlichen Urkunde richtet, kann der Verpflichtete die Einwendungen gegen den Anspruch selbst ungeachtet der in Absatz 1 enthaltenen Beschränkung geltend machen.

(1) Einwendungen, die den durch das Urteil festgestellten Anspruch selbst betreffen, sind von dem Schuldner im Wege der Klage bei dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges geltend zu machen.

(2) Sie sind nur insoweit zulässig, als die Gründe, auf denen sie beruhen, erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung, in der Einwendungen nach den Vorschriften dieses Gesetzes spätestens hätten geltend gemacht werden müssen, entstanden sind und durch Einspruch nicht mehr geltend gemacht werden können.

(3) Der Schuldner muss in der von ihm zu erhebenden Klage alle Einwendungen geltend machen, die er zur Zeit der Erhebung der Klage geltend zu machen imstande war.

(1) Das Gericht entscheidet ohne Anhörung des Verpflichteten.

(2) Die Entscheidung ergeht ohne mündliche Verhandlung. Jedoch kann eine mündliche Erörterung mit dem Antragsteller oder seinem Bevollmächtigten stattfinden, wenn der Antragsteller oder der Bevollmächtigte hiermit einverstanden ist und die Erörterung der Beschleunigung dient.

(3) Im ersten Rechtszug ist die Vertretung durch einen Rechtsanwalt nicht erforderlich.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 169/07
vom
26. August 2009
in dem Vollstreckbarerklärungsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Brüssel I-VO (EGVVO) Artt. 34 Nr. 1, 45; HUVÜ 73 Artt. 5 Nr. 1, 12; ZPO § 329
Abs. 1

a) Hat ein ausländisches Gericht in einem Statusverfahren die Vaterschaft ohne
Einholung eines Sachverständigengutachtens und nur gestützt auf die Aussage
einer Zeugin vom Hörensagen festgestellt, obwohl der Antragsgegner
jeden geschlechtlichen Verkehr mit der Mutter geleugnet und angeboten hatte
, an der Erstellung eines von ihm angeregten Vaterschaftsgutachtens mitzuwirken
, kann diese Entscheidung wegen eines Verstoßes gegen den verfahrensrechtlichen
ordre public nicht in der Bundesrepublik Deutschland anerkannt
werden (Abgrenzung zu den Senatsurteilen vom 9. April 1986
- IVb ZR 28/85 - FamRZ 1986, 665, 667 und vom 22. Januar 1997 - XII ZR
207/95 - FamRZ 1997, 490, 491 f.).

b) Hat das ausländische Gericht neben der Vaterschaftsfeststellung zugleich
eine Unterhaltspflicht ausgesprochen, ist die Entscheidung wegen dieses
Verstoßes gegen den verfahrensrechtlichen ordre public nicht in der Bundesrepublik
Deutschland für vollstreckbar zu erklären (im Anschluss an BGHZ
64, 19, 22 = FamRZ 1975, 273, 274 und das Senatsurteil vom 14. Februar
2007 - XII ZR 163/05 - FamRZ 2007, 717).
BGH, Beschluss vom 26. August 2009 - XII ZB 169/07 - OLG Köln
LG Köln
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 26. August 2009 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, die Richterin Dr. Vézina und die Richter Dose,
Dr. Klinkhammer und Schilling

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Antragsgegners werden der Beschluss der Vorsitzenden Richterin der 3. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 16. Januar 2007 im Ausspruch zur Vollstreckbarkeit des Urteils des Amtsgerichts M. (Ziff. 1 des Tenors) und der Beschluss des 16. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 17. September 2007 aufgehoben. Der Antrag, das Urteil des Amtsgerichts M. hinsichtlich der laufenden Unterhaltspflicht des Antragsgegners in Höhe von monatlich 500 PLN ab dem 21. April 2004 für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland für vollstreckbar zu erklären, wird abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens hat der Antragsteller zu tragen. Streitwert: 1.821 €.

Gründe:

I.

1
Die Parteien streiten um die Vollstreckbarkeit der Unterhaltspflicht des Antragsgegners aus dem Urteil des polnischen Amtsgerichts M. vom 3. Februar 2005.
2
Der am 1. August 1999 nichtehelich geborene Antragsteller lebt in Polen bei seiner Großmutter mütterlicherseits, die mit Beschluss des polnischen Amtsgerichts M. vom 16. April 2004 zu seiner rechtlichen Pflegerin bestellt worden ist. Die Mutter des Antragstellers ist seit dem Jahre 2003 unbekannten Aufenthalts. Ein Antrag auf Namenswechsel des minderjährigen Kindes wurde abgewiesen.
3
Die Klage des Antragstellers auf Feststellung der Vaterschaft und auf Zahlung von Kindesunterhalt wurde dem in der Bundesrepublik Deutschland wohnenden Antragsgegner am 16. Juli 2004 im Wege der Rechtshilfe zugestellt. Zur Zustellung im Ausland sieht das polnische Zivilverfahrensgesetzbuch vom 17. November 1964 (im Folgenden: ZVGB) in Art. 1135 folgende Regelung vor (zitiert nach Bergmann/Ferid/Gralla Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht Länderabschnitt Polen Stand 1. Oktober 2007 S. 89): "Art. 1135 § 1 Eine im Ausland wohnhafte Person ist verpflichtet, wenn sie nicht einen in Polen wohnhaften Bevollmächtigten zur Führung einer Rechtssache bestellt hat, einen Zustellungsbevollmächtigten in Polen zu benennen. § 2 Wird ein Zustellungsbevollmächtigter nicht benannt, so verbleiben die für die Partei bestimmten gerichtlichen Schriftstücke in den Akten der Sache mit der Wirkung der Zustellung. Die Partei ist hierüber bei der ersten Zusendung zu belehren. Die Partei muss auch über die Möglichkeit zur Ein- reichung einer Erwiderung auf den das Verfahren einleitenden Schriftsatz und schriftliche Erklärungen belehrt werden sowie darüber, wer zum Bevollmächtigten bestellt werden kann."
4
Mit der Zustellung der Klageschrift wurde dem Antragsgegner folgende Belehrung übersandt: "Belehrung Betreffend Ladungen lt. Mustern 8, 9, 10 und 11 1. Falls die im Ausland wohnhaften Parteien bzw. Teilnehmer des Verfahrens keinen in Polen wohnhaften Verfahrensbevollmächtigten bestellen, sollen sie innerhalb eines Monats ab Zustellung der vorliegenden Ladung dem Gericht den Vor-, Zunamen und die Adresse des Zustellungsbevollmächtigten mitteilen. Jede in Polen wohnhafte, volljährige und geschäftsfähige Person kann zustellungsbevollmächtigt werden. Nach erfolglosem Ablauf der vorgegebenen Frist werden die an die Parteien bzw. Teilnehmer des Verfahrens gerichteten Schriftstücke gem. Art. 1135 der Zivilverfahrensordnung den Akten der Sache mit Zustellungswirkung beigefügt..."
5
Der Antragsgegner hat keinen Verfahrensbevollmächtigten und auch keinen Zustellungsbevollmächtigten in Polen benannt. In der Folgezeit sind ihm deswegen weder weitere Mitteilungen oder Ladungen, noch die Entscheidung des Amtsgerichts zugestellt noch sonst übersandt worden.
6
Auf Antrag des polnischen Amtsgerichts wurde der Antragsgegner am 20. Dezember 2004 durch das Amtsgericht G. im Wege der Rechtshilfe vernommen. Er räumte ein, die Mutter des Klägers vor vielen Jahren in K. kennen gelernt und ihr eine Übernachtungsmöglichkeit in seiner Wohnung eingeräumt zu haben. Er habe mit der Mutter des Klägers allerdings nie geschlechtlich verkehrt. Sie selbst habe ihm gegenüber eingeräumt, in einem Bordell gearbeitet zu haben, wobei es möglicherweise zu der Empfängnis gekommen sei. Als die Mutter des Antragstellers später in hochschwangerem Zustand bei ihm erschienen sei, habe er diese ins Krankenhaus gebracht, wo sie entbunden habe. Um zu vermeiden, dass aufgrund irgendwelcher Angaben, möglicherweise falscher Aussagen der Kindesmutter, in Polen seine Vaterschaft festgestellt werde, regte er ausdrücklich an, nicht ohne Einholung eines Gutachtens in der Sache zu entscheiden. Er sei bereit, sich hier in Deutschland entsprechenden Untersuchungen zu unterziehen.
7
Nach Rückkehr der Akten wurde die Großmutter des Antragstellers im Verhandlungstermin vom 3. Februar 2005 vom polnischen Amtsgericht angehört. Danach sei die Mutter des Antragstellers seit mehreren Jahren nach Deutschland gereist, um dort zu arbeiten. Von dort habe sie geschrieben, dass sie schwanger sei und bei dem Antragsgegner wohne. Als der Antragsteller 16 Monate alt gewesen sei, sei sie mit ihm nach Polen zurückgekehrt und habe ihr gegenüber den Antragsgegner "entschlossen" als Vater des Kindes benannt. Sie wisse allerdings nicht, ob der Vorwurf des Antragsgegners, die Mutter des Antragstellers sei der Prostitution nachgegangen, richtig sei.
8
Im Anschluss an die Vernehmung der Großmutter des Antragstellers wurde die Sache "für klar erklärt", ein Urteil verkündet und mündlich begründet. In dem Urteil vom 3. Februar 2005 wurde festgestellt, dass der Antragsgegner Vater des Antragstellers sei. Er wurde unter Abweisung der weitergehenden Klage verurteilt, an den Antragsteller monatlichen Unterhalt in Höhe von 500 PLN, beginnend ab dem 21. April 2004, zu zahlen. Eine schriftliche Begründung des Urteils liegt nicht vor. Das Urteil ist seit dem 25. Februar 2005 rechtskräftig und vollstreckbar.
9
Mit Schriftsatz vom 9. Januar 2007 hat der Antragsteller Prozesskostenhilfe für einen Antrag auf Vollstreckbarerklärung der Unterhaltspflicht aus dem Urteil des Amtsgerichts M. vom 3. Februar 2005 in Deutschland beantragt. Den zugleich begründeten Vollstreckbarkeitsantrag hat er lediglich für den Fall der Bewilligung der Prozesskostenhilfe erhoben und dazu in den Gründen ausgeführt: "Da alle Ansprüche ausschließlich nur im Rahmen gewährter Prozesskostenhilfe geltend gemacht werden, wird gebeten, diesen Antrag auf Vollstreckbarerklärung so lange als Entwurf zu behandeln, bis die beantragte Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlungen gewährt worden ist."
10
Mit Beschluss vom 16. Januar 2007 erklärte das Landgericht K. die Unterhaltspflicht aus dem Urteil des Amtsgerichts M. vom 3. Februar 2005 für in der Bundesrepublik Deutschland vollstreckbar. Zugleich bewilligte es dem Antragsteller für das Verfahren ratenlose Prozesskostenhilfe. Das Oberlandesgericht hat die Beschwerde des Antragsgegners gegen diesen Beschluss zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Antragsgegners , mit der er seinen Abweisungsantrag weiter verfolgt.

II.

11
Die Rechtsbeschwerde ist nach §§ 1 Abs. 1 Nr. 1 c und Nr. 2 b, 15 Abs. 1 AVAG i.V.m. § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft. Sie ist nach § 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO auch zulässig, weil sie zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist. Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet und führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidungen und zur Abweisung des Antrags auf Vollstreckbarerklärung.
12
1. Im Ansatzpunkt zu Recht ist das Oberlandesgericht allerdings davon ausgegangen, dass die Anerkennung und Vollstreckung des polnischen Urteils über Kindesunterhalt hier ausnahmsweise von der Anerkennungsfähigkeit der zugleich getroffenen Vaterschaftsfeststellung abhängt.
13
Nach ständiger Rechtsprechung des Senats hängt die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Unterhaltstitels allerdings nur dann von einer Statusentscheidung ab, wenn der Unterhaltstitel auf dieser Statusentscheidung beruht. Das ist zwar hinsichtlich eines Scheidungsurteils nicht der Fall, weil die Unterhaltspflicht für ein Kind unabhängig von der Ehescheidung der Eltern besteht (Senatsurteil vom 14. Februar 2007 - XII ZR 163/05 - FamRZ 2007, 717 Tz. 17 f.). Schafft die Statusentscheidung aber erst das Eltern -Kind-Verhältnis als Grundlage der Unterhaltspflicht, kann der Unterhaltstitel nur dann vollstreckt werden, wenn auch die Statusentscheidung nicht gegen den verfahrensrechtlichen ordre public verstößt. Insoweit ist über die Vaterschaft dann als Vorfrage in dem Vollstreckbarkeitsverfahren hinsichtlich des Unterhaltsanspruchs mit zu entscheiden (BGHZ 64, 19, 22 = FamRZ 1975, 273, 274).
14
Allerdings darf die zu vollstreckende ausländische Entscheidung sowohl nach Art. 36 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 22. Dezember 2000 (EuGVVO = Brüssel I-VO), als auch nach Art. 12 des Haager Übereinkommens über die Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen vom 2. Oktober 1973 (HUVÜ 73) nicht in der Sache selbst nachgeprüft werden. Während Art. 27 Nr. 4 des Luganer Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 10. September 1988 (LugÜ) noch ausdrücklich einen Verstoß gegen Vorschriften des internati- onalen Privatrechts im Rahmen einer Vorfrage als Anerkennungshindernis bezeichnet , werden diese Entscheidungen jetzt unmittelbar durch Art. 33 Brüssel I-VO bzw. Art. 4 HUVÜ 73 anerkannt (Martiny FamRZ 2008, 1681, 1686). Im Hinblick auf das Verbot der révision au fond darf die Vorfrage der Abstammung nur noch bei besonders gravierenden Verstößen gegen den ordre public überprüft werden (vgl. auch OLG Hamm FamRZ 2006, 968; 2004, 719 und IPRspr 2004, 403 sowie Geimer IPRax 2004, 419, 420). Diese Voraussetzungen liegen hier jedoch vor.
15
a) Die Vollstreckbarkeit des polnischen Titels auf Kindesunterhalt richtet sich nach den Vorschriften der Brüssel I-VO. Gemäß Art. 1 Abs. 3 der Brüssel I-VO ist diese seit dem Beitritt Polens zur Europäischen Union zum 1. Mai 2004 auch im Verhältnis der Bundesrepublik Deutschland zu Polen anwendbar (vgl. Bergmann/Ferid/Gralla Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht Länderabschnitt Polen Stand 1. Oktober 2007 S. 18 und 21).
16
Zwar ist eine Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen über Unterhaltspflichten im Verhältnis der Bundesrepublik Deutschland zu Polen auch nach dem Haager Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen vom 2. Oktober 1973 (HUVÜ 73) möglich. Dieses Übereinkommen bleibt von der Brüssel I-VO nach dessen Art. 71 Abs. 1 auch unberührt. In jedem Fall können daneben aber die Bestimmungen der Brüssel I-VO über das Verfahren zur Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen angewandt werden (Art. 23 HUVÜ 73; vgl. auch Heiderhoff IPRax 2004, 99, 100 f. und Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis § 9 Rdn. 226 f.).
17
Die weiteren Einzelheiten des Anerkennungsverfahrens richten sich nach den Vorschriften des Gesetzes zur Ausführung zwischenstaatlicher Verträge und zur Durchführung von Verordnungen der Europäischen Gemeinschaft auf dem Gebiet der Anerkennung und Vollstreckung in Zivil- und Handelssachen (Anerkennungs- und Vollstreckungsausführungsgesetz; im Folgenden: AVAG).
18
b) Auf die hier als Vorfrage zu klärende Anerkennungsfähigkeit des Vaterschaftsfeststellungsurteils sind allerdings weder die Brüssel I-VO noch das HUVÜ 73 anwendbar. Nach Art. 1 Abs. 2 a der Brüssel I-VO ist diese ausdrücklich nicht auf Entscheidungen über den Personenstand anwendbar. Auch das HUVÜ 73 ist nach dessen Art. 1 Abs. 1 lediglich auf Entscheidungen über Unterhaltspflichten anwendbar. Die Anerkennung der polnischen Vaterschaftsfeststellung richtet sich somit nach dem autonomen innerstaatlichen Recht in § 328 ZPO (vgl. Geimer IPRax 2004, 419). Im Rahmen des Vollstreckbarkeitsverfahrens kann die Anerkennung eines als Vorfrage erheblichen Statusurteils aber nur bei besonders gravierenden Verstößen im Sinne der Versagungsgründe des § 328 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 ZPO abgelehnt werden. Auf die verbürgte Gegenseitigkeit i.S. des § 328 Abs. 1 Nr. 5 ZPO kommt es hier allerdings nicht an, weil die Anerkennung eines ausländischen Urteils zur Feststellung des Bestehens eines Eltern-Kind-Verhältnisses betroffen ist (§ 328 Abs. 2 i.V.m. § 640 Abs. 1 ZPO).
19
2. Das Landgericht hatte zwar verfahrenswidrig über einen bedingten und daher unzulässigen Antrag entschieden, dies ist aber im Beschwerdeverfahren geheilt worden.
20
Mit Schriftsatz vom 9. Januar 2007 hatte der Antragsteller Prozesskostenhilfe für ein Vollstreckbarkeitsverfahren begehrt und ausdrücklich darauf hingewiesen , dass die zugleich beantragte und begründete Vollstreckbarerklärung des polnischen Unterhaltstitels bis zur Bewilligung der beantragten Prozesskostenhilfe als Entwurf behandelt werden solle. Damit lag zunächst lediglich eine bedingte Klage vor. Nach Art. 40 Abs. 1 der Brüssel I-VO ist für den Vollstreckbarkeitsantrag das Recht des Vollstreckungsstaats maßgebend. Gleiches gilt für die Vollstreckung nach dem HUVÜ 73 und die Anerkennung nach § 328 ZPO. Danach ist der Antrag als eine ein beschränktes Erkenntnisverfahren einleitende Prozesshandlung allerdings bedingungsfeindlich (vgl. BGH Urteil vom 10. Juli 2003 - IX ZR 113/01 - NJW-RR 2003, 1558 f. Tz. 10 m.w.N.). Der hier unter der Voraussetzung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe bedingt erhobene Vollstreckbarkeitsantrag war somit zunächst unzulässig.
21
Gleichwohl ist die Beschwerdeentscheidung nicht schon deswegen aufzuheben. Denn der Antragsteller hat jedenfalls durch seinen Antrag auf Zurückweisung der Beschwerde des Antragsgegners, der nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auslegungsfähig ist, nach Bewilligung der Prozesskostenhilfe einen unbedingten Antrag auf Vollstreckbarerklärung (vgl. Artt. 38 Abs. 1, 39 Abs. 1 Brüssel I-VO; Art. 13 HUVÜ; § 4 Abs. 1, 2 AVAG) gestellt , über den das Beschwerdegericht in der Sache entscheiden durfte. Dem steht auch nicht entgegen, dass dem Antragsteller durch diese Sachentscheidung des Beschwerdegerichts eine Instanz verloren gegangen ist. Nachdem der Antragsgegner bereits beteiligt wurde, ist dem Antragsteller an einer schnellstmöglichen Entscheidung über den Vollstreckbarkeitsantrag gelegen. Weil in Verfahren nach der Brüssel I-VO oder dem HUVÜ 73 erstinstanzlich über den Vollstreckbarkeitsantrag ohne Anhörung des Antragsgegners entschieden wird (Art. 41 Brüssel I-VO und § 6 AVAG) und dieser eventuelle Einwendungen erst im Beschwerdeverfahren vorbringen kann, ist auch er durch den Verlust der ersten Instanz nicht beschwert.
22
3. Die Rechtsbeschwerde hat gleichwohl Erfolg und die Sache ist aus anderen Gründen zur Endentscheidung reif (§ 577 Abs. 5 ZPO). Denn die Rechtsbeschwerde rügt zu Recht, dass das dem polnischen Urteil zugrunde liegende Verfahren gegen den verfahrensrechtlichen ordre public nach Art. 34 Nr. 1 der Brüssel I-VO und Art. 5 Nr. 1 HUVÜ sowie nach § 328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO verstößt.
23
a) Zwar dürfen die Behörden und Gerichte des Vollstreckungsstaates nach Art. 31 Abs. 3 der Brüssel I-VO und nach Art. 12 HUVÜ 73 die zu vollstreckende Entscheidung grundsätzlich nicht auf ihre Gesetzmäßigkeit nachprüfen. Die Anerkennung oder Vollstreckung der Entscheidung darf lediglich versagt werden, wenn einer der in den Artt. 22 bis 24 der Brüssel I-VO bzw. in Art. 5 HUVÜ 73 genannten und besonders gravierenden Verfahrensverstöße vorliegt. Dabei führt selbst eine Verletzung des verfassungsrechtlich geschützten Grundsatzes des rechtlichen Gehörs noch nicht stets zu einem Verstoß gegen den verfahrensrechtlichen ordre public im Sinne dieser Vorschriften.
24
aa) Wie im Rahmen des früheren Brüsseler EWG-Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 27. September 1968 in der Fassung des 4. Beitrittsübereinkommens vom 29. November 1996 (EuGVÜ; BGBl. II 1998 S. 1412; vgl. insoweit Senatsbeschluss vom 21. März 1990 - XII ZB 71/89 - FamRZ 1990, 868, 869) und der Brüssel I-VO ist der Grundsatz des rechtlichen Gehörs auch im Rahmen der Vollstreckbarkeit nach dem HUVÜ 73 insoweit gewährleistet, als das verfahrenseinleitende Schriftstück ordnungsgemäß und so rechtzeitig zugestellt worden sein muss, dass der Beklagte sich hinreichend verteidigen konnte. Dem Beklagten muss ausreichend Zeit verbleiben, um seine Verteidigung vorzubereiten und die zur Vermeidung einer Versäumnisentscheidung erforderlichen Schritte einzuleiten (vgl. EuGHE 1981, 1573, 1608 f.).
25
Darüber hinaus greift der Vorbehalt des ordre public aber nur in Ausnahmefällen ein. Die Vollstreckbarerklärung kann insbesondere nicht schon deshalb versagt werden, weil die ausländische Entscheidung in einem Verfahren erlassen worden ist, das von zwingenden Vorschriften des deutschen Prozessrechts abweicht. Ein Versagungsgrund ist vielmehr nur dann gegeben, wenn das Urteil des ausländischen Gerichts aufgrund eines Verfahrens ergangen ist, das von den Grundsätzen des deutschen Verfahrensrechts in einem solchen Maße abweicht, dass es nicht als in einem geordneten rechtsstaatlichen Verfahren ergangen angesehen werden kann (EuGH Urteil vom 11. Mai 2000 - C-38/98 - veröffentlicht bei Juris; Senatsbeschluss vom 21. März 1990 - XII ZB 71/89 - FamRZ 1990, 868, 869 Tz. 12).
26
Der Schutz des rechtlichen Gehörs erstreckt sich also nicht auf eine bestimmte verfahrensrechtliche Ausgestaltung. Bei der Anwendung jener Verfahrensbestimmung zur Konkretisierung des gemäß Art. 23 Ziff. a Brüssel I-VO bzw. Art. 5 Nr. 1 HUVÜ 73 maßgeblichen verfahrensrechtlichen ordre public ist vielmehr auf die Grundsätze abzustellen, die Art. 103 Abs. 1 GG schützen will. Dies ist einmal das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit, das grundsätzlich verbietet, eine Entscheidung zu treffen, bevor der Betroffene Gelegenheit zur Äußerung hatte. Ferner verlangt das Gebot der Achtung der Menschenwürde, dass ein Beteiligter in der Lage sein muss, auf den Verfahrensablauf aktiv Einfluss zu nehmen (BVerfGE 63, 332, 337 und BGHZ 118, 312, 321 jeweils m.w.N.; Rauscher/Leible Europäisches Zivilprozessrecht Bd. 1 Art. 34 Brüssel I-VO Rdn. 13 ff.; Kropholler Europäisches Zivilprozessrecht 7. Aufl. Art. 34 EuGVVO Rdn. 13 ff.).
27
Darüber hinaus hat in erster Linie jede Partei selbst nach besten Kräften für ihre eigene ordnungsgemäße Vertretung in einem ihr bekannten Gerichtsverfahren zu sorgen (BGHZ 141, 286, 297 f.). Der Grundsatz des rechtlichen Gehörs gilt also nicht unabhängig von der Verfahrensart und nicht ohne Einschränkung in jedem Fall. Vielmehr tritt der Grundsatz, dass rechtliches Gehör vor der Entscheidung zu gewähren ist, zurück, wenn sich aus dem Zweck und der Besonderheit einzelner Verfahren zwingend Beschränkungen ergeben, wie z.B. bei der Zwangsvollstreckung von Forderungen (§ 834 ZPO), im Arrestverfahren (§ 921 ZPO) oder bei Erlass eines Haftbefehls (§ 114 a StPO). Ferner kann auch nach deutschem Prozessrecht eine Partei durch eigenes schuldhaftes Verhalten den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verlieren, etwa nach §§ 296, 530 f. ZPO, wenn sie Angriffs- oder Verteidigungsmittel später als möglich vorbringt. Ihr Vorbringen kann dann unter bestimmten Voraussetzungen zurückgewiesen werden. Art. 103 Abs. 1 GG ist ferner nicht verletzt, wenn der Beteiligte gemäß § 177 GVG wegen eines die Ordnung störenden Verhaltens aus dem Sitzungszimmer entfernt werden muss und deshalb kein rechtliches Gehör mehr finden konnte; er hat dann die an sich gegebene Gelegenheit zur Äußerung durch sein eigenes Verhalten verloren (BGHZ 48, 327, 332). Entsprechend sehen auch das HUVÜ 73 und die Brüssel I-VO nach dem zu ihrer Ausführung erlassenen § 6 AVAG in erster Instanz des Vollstreckbarkeitsverfahrens keine vorherige Anhörung des Schuldners vor. Dieser kann Einwände erst mit seinem Rechtsmittel vorbringen.
28
bb) Hinzu kommt, dass der Ablauf des ausländischen Verfahrens im Rahmen des - hier relevanten - ordre public nur unter Berücksichtigung des Systems und der Struktur des ausländischen Rechts gemessen werden kann. Dabei ist allerdings zu beachten, dass die Feststellung der Vaterschaft auch nach polnischem Recht lediglich durch Anerkennung der Vaterschaft oder durch Gerichtsurteil erfolgen kann (Art. 72 des polnischen Familien- und Vormundschaftsgesetzbuches vom 25. Februar 1964, im Folgenden: FVGB). Die gerichtliche Feststellung der Vaterschaft setzt voraus, dass diese im Wege der Beweisaufnahme geklärt wird, wobei eine Vaterschaftsvermutung gegen den Mann besteht, der der Mutter des Kindes nicht früher als 300 Tage und nicht später als 180 Tage vor der Geburt des Kindes beigewohnt hat (Artt. 84 ff., 85 § 1 FVGB). Ein einheitlicher Maßstab, wie ein Gericht seine Überzeugung von der Vaterschaft gewinnen muss, lässt sich dafür nicht aufstellen. Vielmehr kommt es darauf an, ob die Art und Weise, wie der ausländische Richter im Einzelfall verfahren ist, den Prinzipien zuwiderläuft, auf denen Art. 103 Abs. 1 GG beruht. Auch insoweit ist also auf die Grundwerte abzustellen, die Art. 103 Abs. 1 GG schützen will (BGHZ 48, 327, 332 f.).
29
Das Gebot der Achtung der Menschenwürde ist allerdings auch im Verfahren der gerichtlichen Vaterschaftsfeststellung verletzt, wenn einem Verfahrensbeteiligten nicht die Rolle eines Verfahrenssubjekts eingeräumt würde, das aktiv die Gestaltung des Verfahrens beeinflussen kann, sondern nur die Rolle eines - passiven - Verfahrensobjekts, mit dem im gerichtlichen Verfahren etwas geschieht (BGHZ 118, 312, 321 und 48, 327, 333). Schließlich schützt der ordre public auch vor willkürlichen Entscheidungen, die in dem Vortrag der Beteiligten und den weiteren Feststellungen keine Grundlage finden.
30
cc) Auf dieser rechtlichen Grundlage hat der Senat bereits wiederholt entschieden, dass ein die Anerkennung eines ausländischen Urteils ausschließender Verstoß gegen den verfahrensrechtlichen ordre public nicht vorliegt, wenn das ausländische Gericht allein aufgrund der Aussage der Mutter eine Vaterschaft festgestellt hat, weil eine Begutachtung des mutmaßlichen Vaters nicht möglich war (Senatsurteile vom 9. April 1986 - IVb ZR 28/85 - FamRZ 1986, 665, 667 und vom 22. Januar 1997 - XII ZR 207/95 - FamRZ 1997, 490, 491 f.). Zwar wird sich eine Vaterschaftsfeststellung allein aufgrund der Aussage der Kindesmutter, sie habe in der gesetzlichen Empfängniszeit mit keinem anderen Mann Geschlechtsverkehr gehabt, nach deutschem Recht in der Regel verbieten. Andererseits ist aber auch im deutschen Statusverfahren die Aussage der Kindesmutter unbeschadet der verfeinerten Methoden naturwissenschaftlicher Begutachtung als Beweismittel weiterhin von Bedeutung. Wenn eine ausländische Entscheidung der Aussage der Kindesmutter mangels abweichender Anhaltspunkte sogar so viel Gewicht beimisst, dass es sie als Grundlage einer Vaterschaftsfeststellung ausreichen lässt, gerät allein dies noch nicht in unerträglichen Gegensatz zu den Grundsätzen des deutschen Verfahrensrechts. Auch nach deutschem Recht ist eine Vaterschaftsfeststellung allein aufgrund der Aussage der Kindesmutter jedenfalls dann denkbar, wenn der als Vater in Anspruch genommene Mann die medizinische Begutachtung vereitelt (Senatsurteil vom 9. April 1986 - IVb ZR 27/85 - FamRZ 1986, 663, 664 f.). Das gilt insbesondere dann, wenn der Vater eingeräumt hatte, mit der Mutter während der Empfängniszeit Geschlechtsverkehr gehabt zu haben (Senatsurteil vom 22. Januar 1997 - XII ZR 207/95 - FamRZ 1997, 490 Tz. 29; vgl. auch OLG Düsseldorf FamRZ 1998, 694).
31
b) Auch auf dieser rechtlichen Grundlage ist vorliegend allerdings von einem so gravierenden Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs in seiner Ausprägung als Willkürverbot auszugehen, dass eine Vollstreckung des polnischen Unterhaltstitels gegen den verfahrensrechtlichen ordre public verstoßen würde. Denn das polnische Gericht hat seine Statusentscheidung auf eine Aussage vom Hörensagen gestützt, statt das angebotene unmittelbare Beweismittel des Sachverständigengutachtens einzuholen und die Aussage des Antragsgegners zur Kenntnis zu nehmen. Der Entscheidung ist deswegen die Vollstreckbarkeit in der Bundesrepublik Deutschland zu versagen.
32
aa) Umstände, die auf der Grundlage der bisherigen Senatsrechtsprechung eine Vaterschaft des Antragsgegners mit der im Statusverfahren gebotenen Sicherheit begründen könnten, sind auch sonst nicht ersichtlich. Im Gegensatz zu den genannten früheren Fällen hat die Mutter des Antragstellers hier keine eigene Aussage abgegeben. Sie ist vielmehr unbekannten Aufenthalts. Die Großmutter des Antragstellers, die vom polnischen Amtsgericht vernommen worden ist, konnte zur Empfängnis und zur Abstammung des Antragstellers keine eigenen unmittelbaren Tatsachen bekunden. Auch zur Vaterschaftsvermutung des Art. 85 § 1 FVGB ist ihre Aussage unerheblich, zumal sie keine konkreten Fälle der Beiwohnung schildern konnte. Ihre Aussage beschränkt sich allein auf die Wiedergabe einer pauschalen Äußerung der nicht erreichbaren Kindesmutter zur Vaterschaft des Antragsgegners, mithin auf eine Aussage vom Hörensagen.
33
Dem steht die Aussage des Antragsgegners im Rahmen seiner Rechtshilfevernehmung vor dem Amtsgericht Gummersbach am 20. Dezember 2004 entgegen. Der Antragsgegner hat darin nicht bestritten, dass er die Kindesmutter in Deutschland kennen gelernt hatte und in seiner Wohnung übernachten ließ. Einen Geschlechtsverkehr mit der Kindesmutter hat er allerdings entschieden bestritten. Hinzu kommt, dass der Antragsgegner eine weitere plausible Möglichkeit der Abstammung behauptet hat, zumal die Kindesmutter nach seiner Aussage der Prostitution nachgegangen ist und ihm gegenüber eine mögliche Empfängnis in diesem Zusammenhang offenbart habe. Diesem Vortrag zum Mehrverkehr durch Prostitutionsausübung hat auch die Großmutter mütterlicherseits nicht widersprechen können.
34
Schließlich hat der Antragsgegner im Rahmen seiner Rechtshilfevernehmung ausdrücklich angeregt, über den Antrag des Kindes nicht ohne Einholung eines Gutachtens zu entscheiden. Auch hat er sich eindeutig zur Mitwirkung an der Erstellung eines solchen Gutachtens einverstanden erklärt.
35
bb) Wenn das polnische Amtsgericht lediglich aufgrund der Aussage der Großmutter, einer Zeugin vom Hörensagen, und ohne weitere Ermittlungen zu einer Feststellung der Vaterschaft des Antragsgegners gelangt ist, obwohl die Einholung eines Gutachtens möglich gewesen wäre, liegt darin ein Verstoß, der den Grundsätzen des deutschen Verfahrensrechts in einem solchen Maße widerspricht , dass die Entscheidung nicht als in einem geordneten rechtsstaatlichen Verfahren ergangen angesehen werden kann.
36
Die Entscheidung verstößt gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs, weil sie die Aussage des Antragsgegners in seiner Rechtshilfevernehmung nicht zur Kenntnis nimmt und sich damit als willkürlich darstellt. Nach den vom polnischen Amtsgericht im Rahmen seiner Ermittlungen erhobenen Beweisen konnte es nicht von einem Beweis der Abstammung des Antragstellers vom Antragsgegner ausgehen. Die Großmutter des Antragstellers hat lediglich eine pauschale Aussage vom Hörensagen abgegeben, die für sich genommen kaum Beweiswert hat. Entscheidend ist aber, dass es im Statusverfahren die substantiierte Aussage des Antragsgegners und insbesondere seine als Antrag aufzunehmende Anregung zur Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht berücksichtigt hat (zum Ermittlungsgrundsatz im polnischen Verfahrensrecht vgl. Gralla in: Gralla/Leonhardt Das Unterhaltsrecht in Osteuropa S. 137 f.; zum "obersten Grundsatz der objektiven Wahrheit" vgl. Gralla JOR 1969 1. Halbjahr S. 213). Dieser Fehler im Erkenntnisverfahren erschöpft sich auch nicht in einer fehlerhaften Beweisaufnahme. Im Hinblick auf den eingeschränkten Beweiswert der Aussage der Großmutter des Antragstellers und die widersprechende substantiierte Aussage des Antragsgegners sind dessen Vortrag und Beweisangebot offensichtlich unberücksichtigt geblieben. Das kann auch unter Beachtung des hohen Maßstabs des verfahrensrechtlichen ordre public nicht hingenommen werden.
37
Das polnische Urteil ist auch nicht in zulässiger Weise allein auf den Vortrag des Antragstellers gestützt. Der besonderen Bedeutung des Ermittlungsgrundsatzes im Statusverfahren mit Rechtsfolgen für und gegen jedermann ist das Amtsgericht zwar dadurch nachgekommen, dass es den Antragsgegner im Wege der Rechtshilfe in Deutschland angehört hat. Nach der Rechtshilfevernehmung des Antragsgegners durfte es dessen Aussage aber nicht unbeachtet lassen. Entsprechend ist das Urteil vom 3. Februar 2005 im Hinblick auf die besondere Bedeutung des Statusverfahrens auch nicht als Versäumnisurteil ergangen. Es ist mit Gründen versehen, wenngleich diese - ausweislich des Protokolls vom 3. Februar 2005 - lediglich mündlich verkündet worden sind. Dies entspricht trotz der Säumnis des Antragsgegners der besonderen Bedeutung des Statusverfahrens mit der inter-omnes-Wirkung des Feststellungsurteils.
38
cc) Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Entscheidung ohne schriftliche Gründe ergangen ist. Allein darin liegt zwar noch kein Verstoß gegen den ordre public. Die Prüfung des ausländischen Urteils auf seine Vereinbarkeit mit dem ordre public wird dadurch allerdings erschwert, so dass eine Unsicherheit zu Lasten des Vollstreckungsgläubigers geht (Zöller/Geimer ZPO 27. Aufl. § 328 Rdn. 257 m.w.N.). Der Antragsteller hat auch nicht die Möglichkeit genutzt, im Rahmen des Vollstreckbarkeitsverfahrens gemäß Art. 1144 ZVGB eine nachträgliche Begründung zu beantragen.
39
dd) Der Umstand, dass der Antragsgegner kein Rechtsmittel gegen das amtsgerichtliche Urteil eingelegt hat, steht seinem Einwand eines Verstoßes gegen den verfahrensrechtlichen ordre public hier ausnahmsweise nicht entgegen.
40
Grundsätzlich ist die Rüge eines Verstoßes gegen den verfahrensrechtlichen ordre public zwar dann ausgeschlossen, wenn der Antragsgegner des Vollstreckbarkeitsverfahrens im Erkenntnisverfahren nicht alle nach dem Recht des Erststaates statthaften, zulässigen und zumutbaren Rechtsmittel ausgeschöpft hat (vgl. Geimer in: Geimer/Schütze Europäisches Zivilverfahrensrecht 2. Aufl. Art. 34 EuGVVO Rdn. 57; Kropholler Europäisches Zivilprozessrecht 7. Aufl. Art. 34 EuGVVO Rdn. 42; Zöller/Geimer ZPO 27. Aufl. § 328 Rdn. 237; Schlosser EU-Zivilprozessrecht 3. Aufl. Artt. 34 - 36 EuGVVO Rdn. 4; Geimer IPRax 2004, 419, 420). Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass dem Schuldner im Vollstreckbarkeitsverfahren keine Verfahrensrüge zustehen soll, die er mit einem Rechtsmittel im Erkenntnisverfahren hätte vorbringen können und auf die er in Kenntnis des ausländischen Titels verzichtet hatte.
41
Hier hatte der Antragsgegner allerdings keine Kenntnis von der mit der Appelation anfechtbaren (vgl. Bergmann/Ferid/Gralla Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht Länderabschnitt Polen Stand 1. Oktober 2007 S. 32 a) amtsgerichtlichen Entscheidung. Denn weil er weder einen Prozessbevollmächtigten noch einen Zustellungsbevollmächtigten benannt hatte, wurde er an dem weiteren Verfahren - bis auf seine Rechtshilfevernehmung - nicht mehr beteiligt. Weil er hier auf eine Fortsetzung der Beweisaufnahme durch Einholung eines Sachverständigengutachtens vertrauen durfte, hat er durch seine Untätigkeit nicht auf die Rüge eines ihm bekannten Verfahrensverstoßes verzichtet. Zwar sieht Art. 1135 § 2 ZVGB für eine im Ausland wohnende Person die Verpflichtung vor, in Ermangelung eines Prozessbevollmächtigten einen Zustellungsbevollmächtigten in Polen zu benennen. Kommt er dem nicht nach, verbleiben die für ihn bestimmten gerichtlichen Schriftstücke mit der Wirkung der Zustellung in den Gerichtsakten, worüber die Partei bei der ersten Zustellung zu belehren ist. Zugleich ist die Prozesspartei aber auch über die Möglichkeit zur Einreichung einer Erwiderung auf den das Verfahren einleitenden Schriftsatz und zu weiteren schriftlichen Erklärungen zu belehren.
42
Art. 1135 § 2 ZVGB beschneidet das durch Art. 103 Abs. 1 GG gewährleistete rechtliche Gehör nicht unerheblich. Zwar sieht auch die deutsche Verfahrensvorschrift des § 184 ZPO die Verpflichtung einer ausländischen Prozesspartei vor, einen Zustellungsbevollmächtigten zu benennen. Wird ein Zustellungsbevollmächtigter entgegen dieser Verpflichtung nicht benannt, können spätere Zustellungen bis zur nachträglichen Benennung allerdings nur dadurch bewirkt werden, dass das Schriftstück unter der Anschrift der Partei zur Post gegeben wird (§ 184 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Das Schriftstück gilt dann zwei Wochen nach Aufgabe zur Post als zugestellt (§ 184 Abs. 2 Satz 1 ZPO), wenn das Gericht keine längere Frist bestimmt. Auch nach deutschem Recht ist auf diese Rechtsfolgen hinzuweisen. Allerdings enthält die Vorschrift damit lediglich eine Zustellungsfiktion, zumal die Schriftsätze weiterhin der Prozesspartei übersandt werden. Die nach polnischem Recht bewirkte Zustellung durch Verbleib der Schriftstücke in der Prozessakte geht weit darüber hinaus.
43
Entscheidend ist in dem hier vorliegenden Einzelfall aber, dass der Antragsgegner auf der Grundlage seiner Aussage und des Angebots zur Mitwirkung an einer Begutachtung unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Amtsermittlung noch nicht mit einer abschließenden Entscheidung des polnischen Gerichts rechnen musste. Selbst wenn ihm die unterlassene Übersendung der Schriftstücke im Anschluss an seine Rechtshilfevernehmung wegen der fehlenden Angabe eines Zustellungsbevollmächtigten in Polen zuzurechnen wäre, durfte er zunächst auf eine Begutachtung im Rahmen der von Amts wegen durchzuführenden Beweisaufnahme und auf eine spätere Möglichkeit der Teilnahme am Verfahren auf der Grundlage des Ergebnisses des Sachverständigengutachtens vertrauen. Auch das Unterbleiben eines rechtzeitigen Rechtsmittels durch den Antragsgegner ist deswegen auf die vorzeitige Entscheidung und somit auf den Verstoß des polnischen Amtsgerichts gegen den verfahrensrechtlichen ordre public zurückzuführen und steht der Ablehnung der Vollstreckbarkeit somit nicht entgegen.
44
ee) Der Verstoß gegen den verfahrensrechtlichen ordre public ist schließlich auch für die zu vollstreckende Entscheidung kausal geworden. Denn wenn das polnische Amtsgericht den Vortrag des Antragsgegners in seinem Statusverfahren zur Kenntnis genommen hätte, hätte es nicht ohne Verstoß gegen das Willkürverbot abschließend entscheiden dürfen, sondern ein Sachverständigengutachten einholen müssen. Ob dieses Gutachten schließlich für oder gegen eine Vaterschaft des Antragsgegners spricht, kann vorab nicht beurteilt werden; die Unsicherheit steht dem Verstoß gegen den verfahrensrechtlichen ordre public deswegen nicht entgegen.
Hahne Vézina Dose Klinkhammer Schilling
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 16.01.2007 - 3 O 11/07 -
OLG Köln, Entscheidung vom 17.09.2007 - 16 W 8/07 -