Bundesgerichtshof Beschluss, 14. Feb. 2001 - XII ZB 168/00
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
I.
Mit dem angefochtenen Beschluß wies das Beschwerdegericht den Antrag des Antragsgegners zurück, ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Beschwerde gegen die Entscheidung über den Versorgungsausgleich im Scheidungs(verbund)urteil des Familiengerichts zu gewähren. Dieser Beschluß wurde dem Antragsgegner am 3. August 2000 zugestellt.Hiergegen legte der Antragsgegner mit an das Oberlandesgericht gerichtetem und am 16. August 2000 dort eingegangenem Schriftsatz seines zweitinstanzlichen Verfahrensbevollmächtigten ein als sofortige Beschwerde bezeichnetes Rechtsmittel ein, mit dem er seinen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand weiterverfolgte. Nach Eingang der Akten beim Bundesgerichtshof am 12. September 2000 wurde der Antragsgegner mit Verfügung vom 14. September 2000 auf Bedenken gegen die Zulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen, da die weitere Beschwerde, die gegen Entscheidungen der Oberlandesgerichte über den Versorgungsausgleich und gemäß § 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO auch für die Versagung der Wiedereinsetzung im Versorgungsausgleichsverfahren vorgesehen sei, innerhalb eines Monats seit Zustellung der Entscheidung beim Bundesgerichtshof als Gericht der weiteren Beschwerde durch einen dort zugelassenen Rechtsanwalt habe eingelegt werden müssen. Daraufhin hat der Antragsgegner am 2. Oktober 2000 durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt weitere Beschwerde eingelegt und zugleich beantragt, ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der weiteren Beschwerde zu gewähren. Zur Begründung dieses Antrags macht er geltend, seine zweitinstanzlichen Verfahrensbevollmächtigten hätten die Vorschrift des § 238 Abs. 2 ZPO verkannt, was ihnen indes nicht zum Verschulden gereiche, weil sie der Kommentierung bei Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO 54. Aufl. § 78 Rdn. 4 nebst Hinweis auf OLG Hamm FamRZ 1979, 46 f. entnommen hätten, daß ein Anwaltszwang hier nicht bestehe.
II.
Das Rechtsmittel ist unzulässig, weil es nicht innerhalb der Monatsfrist des § 621 e Abs. 3 ZPO i.V.m. § 516 ZPO bei dem Bundesgerichtshof als dem Gericht der weiteren Beschwerde (§§ 238 Abs. 2 Satz 1, 621 e Abs. 2 und 3 ZPO, § 133 Nr. 2 GVG, § 621 Abs. 1 Nr. 6 ZPO) durch einen bei diesem Gericht zugelassenen Rechtsanwalt (§ 78 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) eingelegt worden ist (vgl. Baumbach/Albers, ZPO 58. Aufl. § 621 e Rdn. 21). Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der weiteren Beschwerde ist dem Antragsgegner nicht zu gewähren. Der Wiedereinsetzungsantrag ist zwar zulässig, weil der gerichtliche Hinweis vom 14. September 2000 ausweislich der Akten erst am darauf folgenden Tag zur Post gegeben wurde und die zweitinstanzlichen Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners somit nicht vor dem 16. September 2000 erreicht haben kann. Das am Montag, dem 2. Oktober 2000 eingegangene Wiedereinsetzungsgesuch wahrte somit die Frist des § 234 ZPO. Ein Wiedereinsetzungsgrund ist jedoch nicht gegeben, weil der Antragsgegner nicht dargelegt und glaubhaft gemacht hat, daß er ohne ein ihm gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnendes Verschulden seiner zweitinstanzlichen Verfahrensbevollmächtigten gehindert war, die Frist zur Einlegung der weiteren Beschwerde einzuhalten (§§ 236 Abs. 2 Satz 1, 233 ZPO). Die Voraussetzungen, unter denen ein Irrtum des Verfahrensbevollmächtigten über die Art und Zulässigkeitsvoraussetzungen des einzulegenden Rechtsmittels ausnahmsweise als unverschuldet angesehen werden kann, liegen nicht vor.Die zweitinstanzlichen Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners hatten sich in der Begründung des zunächst von ihnen eingelegten Rechtsmittels ohnehin in erster Linie mit der Bedeutung der Vorschrift des § 78 Abs. 2 Nr. 1 ZPO auseinanderzusetzen. Die von ihnen zitierte Kommentierung bei Baumbach/Lauterbach/Hartmann weist zunächst darauf hin, daß für die Parteien wegen der Folgesache einer Scheidungssache Anwaltszwang besteht, und zwar auch, soweit es sich um die isolierte Anfechtung einer Folgesache handelt. Letzteres wird indes unter Hinweis auf vier Entscheidungen, die diese Ansicht teilen, und zwei Entscheidungen, die dem entgegenstehen sollen, nämlich OLG Hamm FamRZ 1979, 46 und OLG Bamberg FamRZ 1980, 811, als streitig bezeichnet. Unter diesen Umständen durften die zweitinstanzlichen Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners sich nicht damit begnügen, sich ohne Auseinandersetzung mit der zitierten Rechtsprechung auf die letztgenannte Meinung zu verlassen. Dies gilt um so mehr, als die Entscheidung OLG Hamm FamRZ 1979, 46 f., die sie in der Begründung des von ihnen eingelegten Rechtsmittels selbst zitiert haben, ausdrücklich darauf hinweist, daß Folgesachen von Scheidungssachen dem Anwaltszwang nach § 78 Abs. 2 Nr. 1 ZPO unterliegen. Soweit die weitere Beschwerde sich darauf beruft, daß in dieser Entscheidung sowie in der Entscheidung OLG Bamberg FamRZ 1980, 811 ein Anwaltszwang gleichwohl verneint worden sei, ist darauf hinzuweisen, daß beiden Entscheidungen ein Auskunftsanspruch zur Vorbereitung des Versorgungsausgleichs zugrunde lag, der - im Gegensatz zur Entscheidung über den Versorgungsausgleich selbst - nicht als Folgesache angesehen wurde. Es trifft daher nicht zu, wie die weitere Beschwerde geltend macht, daß diesen Entscheidungen eine Folgesache zugrunde gelegen und das Oberlandesgericht Hamm in einem Leitsatz ausgesprochen habe, daß insoweit kein Anwaltszwang bestehe. Der betreffen-
de Leitsatz lautet: "Die dagegen gerichtete Beschwerde unterliegt nicht dem Anwaltszwang des § 78 Abs. 1 Nr. 2 ZPO, da es sich bei dem Auskunftsanspruch zur Vorbereitung des Versorgungsausgleichs nicht um eine 'Folgesache' handelt." Demgegenüber steht hier außer Zweifel, daß es sich um eine Folgesache handelt, weil der Antragsgegner die im Scheidungsverbund getroffene Entscheidung über den Versorgungsausgleich angreift. Darüber hinaus enthält bereits der angefochtene Beschluß einen ausdrücklichen Hinweis auf den Beschluß des Bundesgerichtshofs vom 20. April 1979 - IV ZB 160/78 - FamRZ 1979, 908 f., dem die zweitinstanzlichen Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners ebenfalls hätten entnehmen können, daß die (weitere) Beschwerde hier von einem bei dem Gericht der (weiteren) Beschwerde zugelassenen Rechtsanwalt einzulegen war. Daß dies gemäß § 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO auch für die Anfechtung einer oberlandesgerichtlichen Entscheidung gilt, durch die ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist des § 621 e Abs. 3 ZPO versagt wird (vgl. Senatsbeschluß vom 15. März 1995 - XII ZB 19/95 - BGHR ZPO § 238 Abs. 2 Beschwerde, weitere 1; Thomas/Putzo, ZPO 22. Aufl. § 238 Rdn. 17), war bei Anwendung der Sorgfalt, die von einem Rechtsanwalt bei der Einlegung eines Rechtsmittels zu fordern ist, ohne weiteres erkennbar. Denn § 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO bestimmt, daß auf die Anfechtung einer die Wiedereinsetzung versagenden Entscheidung die Vorschriften anzuwenden sind, die für die nachgeholte Prozeßhandlung gelten, hier also wegen der Besonderheiten des familiengerichtlichen Verfahrens die §§ 621 e Abs. 2 Satz 2, 78 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 ZPO. Es trifft auch nicht zu, daß in der gesamten Kommentarliteratur ausgeführt sei, daß der die Wiedereinsetzung versagende Beschluß eines Oberlan-
desgerichts stets der sofortigen Beschwerde unterliege. Sämtlichen von der weiteren Beschwerde als Beleg hierfür in Vorauflagen angeführten Kommentaren (Zöller/Greger, ZPO 20. Aufl. § 238 Rdn. 7; Musielak/Grandel ZPO 1. Aufl. § 238 Rdn. 6; Baumbach/Lauterbach/Hartmann ZPO 54. Aufl. § 238 Rdn. 12) ist vielmehr zu entnehmen, daß gegen die Versagung der Wiedereinsetzung das Rechtsmittel zulässig ist, das gegen die Hauptsacheentscheidung gegeben wäre. Blumenröhr Hahne Gerber Sprick Weber-Monecke
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(1) Das Verfahren über den Antrag auf Wiedereinsetzung ist mit dem Verfahren über die nachgeholte Prozesshandlung zu verbinden. Das Gericht kann jedoch das Verfahren zunächst auf die Verhandlung und Entscheidung über den Antrag beschränken.
(2) Auf die Entscheidung über die Zulässigkeit des Antrags und auf die Anfechtung der Entscheidung sind die Vorschriften anzuwenden, die in diesen Beziehungen für die nachgeholte Prozesshandlung gelten. Der Partei, die den Antrag gestellt hat, steht jedoch der Einspruch nicht zu.
(3) Die Wiedereinsetzung ist unanfechtbar.
(4) Die Kosten der Wiedereinsetzung fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.
(1) Der Berufungskläger kann die Berufung bis zur Verkündung des Berufungsurteils zurücknehmen.
(2) Die Zurücknahme ist dem Gericht gegenüber zu erklären. Sie erfolgt, wenn sie nicht bei der mündlichen Verhandlung erklärt wird, durch Einreichung eines Schriftsatzes.
(3) Die Zurücknahme hat den Verlust des eingelegten Rechtsmittels und die Verpflichtung zur Folge, die durch das Rechtsmittel entstandenen Kosten zu tragen. Diese Wirkungen sind durch Beschluss auszusprechen.
In Zivilsachen ist der Bundesgerichtshof zuständig für die Verhandlung und Entscheidung über die Rechtsmittel der Revision, der Sprungrevision, der Rechtsbeschwerde und der Sprungrechtsbeschwerde.
(1) Vor den Landgerichten und Oberlandesgerichten müssen sich die Parteien durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. Ist in einem Land auf Grund des § 8 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz ein oberstes Landesgericht errichtet, so müssen sich die Parteien vor diesem ebenfalls durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. Vor dem Bundesgerichtshof müssen sich die Parteien durch einen bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt vertreten lassen.
(2) Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich als Beteiligte für die Nichtzulassungsbeschwerde durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.
(3) Diese Vorschriften sind auf das Verfahren vor einem beauftragten oder ersuchten Richter sowie auf Prozesshandlungen, die vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vorgenommen werden können, nicht anzuwenden.
(4) Ein Rechtsanwalt, der nach Maßgabe der Absätze 1 und 2 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.
(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde einzuhalten.
(2) Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Hindernis behoben ist.
(3) Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.
(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.
(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.
(1) Die Form des Antrags auf Wiedereinsetzung richtet sich nach den Vorschriften, die für die versäumte Prozesshandlung gelten.
(2) Der Antrag muss die Angabe der die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen enthalten; diese sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Prozesshandlung nachzuholen; ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.
(1) Vor den Landgerichten und Oberlandesgerichten müssen sich die Parteien durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. Ist in einem Land auf Grund des § 8 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz ein oberstes Landesgericht errichtet, so müssen sich die Parteien vor diesem ebenfalls durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. Vor dem Bundesgerichtshof müssen sich die Parteien durch einen bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt vertreten lassen.
(2) Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich als Beteiligte für die Nichtzulassungsbeschwerde durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.
(3) Diese Vorschriften sind auf das Verfahren vor einem beauftragten oder ersuchten Richter sowie auf Prozesshandlungen, die vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vorgenommen werden können, nicht anzuwenden.
(4) Ein Rechtsanwalt, der nach Maßgabe der Absätze 1 und 2 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.
(1) Das Verfahren über den Antrag auf Wiedereinsetzung ist mit dem Verfahren über die nachgeholte Prozesshandlung zu verbinden. Das Gericht kann jedoch das Verfahren zunächst auf die Verhandlung und Entscheidung über den Antrag beschränken.
(2) Auf die Entscheidung über die Zulässigkeit des Antrags und auf die Anfechtung der Entscheidung sind die Vorschriften anzuwenden, die in diesen Beziehungen für die nachgeholte Prozesshandlung gelten. Der Partei, die den Antrag gestellt hat, steht jedoch der Einspruch nicht zu.
(3) Die Wiedereinsetzung ist unanfechtbar.
(4) Die Kosten der Wiedereinsetzung fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.