vorgehend
Landgericht Berlin, 37 O 6/07, 11.09.2008
Kammergericht, 26 U 221/08, 27.05.2015

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XI ZR 515/15
vom
12. April 2016
in dem Rechtsstreit
ECLI:DE:BGH:2016:120416BXIZR515.15.0

Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 12. April 2016 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Ellenberger, die Richter Maihold und Dr. Matthias sowie die Richterinnen Dr. Derstadt und Dr. Dauber

beschlossen:
Der Antrag des Klägers zu 144) auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 26. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 27. Mai 2015 wird auf seine Kosten zurückgewiesen. Wert: 76.887,73 €

Gründe:

I.

1
Der Kläger zu 144) (im Folgenden: Antragsteller) hat mit Schriftsatz seines Prozessvertreters vom 27. Juli 2015, eingegangen an diesem Tag, Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt und gleichzeitig Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde beantragt.
2
Das vom Antragsteller angegriffene Urteil des Berufungsgerichts ist dessen zweitinstanzlichem Prozessvertreter am 3. Juni 2015 zugestellt worden. Der Antragsteller macht unter Versicherung an Eides statt geltend, ein Benachrichtigungsschreiben seines Prozessvertreters vom 4. Juni 2015 habe ihn ver- mutlich wegen eines bundesweiten Poststreiks erst am 16. Juli 2015 erreicht. Er habe deswegen seinem Rechtsanwalt erst am 17. Juli 2015 den Auftrag erteilen können, die Einlegung einer Nichtzulassungsbeschwerde zu veranlassen.
3
Zur Begründung seines Wiedereinsetzungsantrags verweist er weiter auf eine eidesstattliche Versicherung seines zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten vom 20. Juli 2015. Danach sei am 23. Juni 2015 an den Antragsteller ein Erinnerungsschreiben versandt und am 29. Juni 2015 versucht worden, mit allen Mandanten, die sich bis zu diesem Zeitpunkt nicht zur Einlegung eines Rechtsmittels geäußert hatten, Kontakt per E-Mail oder Telefon aufzunehmen. Eine Internetrecherche zu der dem zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten unbekannten Telefonnummer des Antragstellers habe allerdings "eine Mehrzahl von Dr. F. L. in H. " ergeben, die im Einzelnen "auf Verdacht abzutelefonieren" der zweitinstanzliche Prozessvertreter mit dem Anwaltsgeheimnis für unvereinbar gehalten habe. Erst am 17. Juli 2015 habe der Antragsteller persönlich in der Kanzlei angerufen und nach fernmündlicher Beratung die Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde und die Stellung eines Wiedereinsetzungsantrags beauftragt.

II.

4
Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 233 ZPO gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde ist zurückzuweisen, weil nicht feststeht, dass der Kläger ohne Verschulden seines zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten, das ihm nach § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnen ist, gehindert war, das Rechtsmittel rechtzeitig einzulegen.
5
1. Der zweitinstanzliche Prozessbevollmächtigte des Antragstellers ist allerdings zutreffend davon ausgegangen, dass wegen des angelaufenen Poststreiks das im allgemeinen gerechtfertigte Vertrauen in eine fristgemäße Briefbeförderung gestört war und deswegen gesteigerte Sorgfaltsanforderungen bestanden (vgl. BVerfG NJW 1995, 1210, 1211 f.; BGH, Urteile vom 9. Dezember 1992 - VIII ZB 30/92, NJW 1993, 1332 und vom 25. Januar 1993 - II ZB 18/92, NJW 1993, 1333, 1334). Er war deswegen, wie er richtig erkannt hat, gehalten, sich rechtzeitig vor Ablauf der Beschwerdefrist bei dem Antragsteller auf anderem Wege zu erkundigen, ob dieser das Mitteilungsschreiben vom 4. Juni 2015 oder das Erinnerungsschreiben vom 23. Juni 2015 erhalten hat.
6
2. Der Antragsteller hat aber nicht nach § 236 Abs. 2 Satz 1 ZPO glaubhaft gemacht, dass eine telefonische Benachrichtigung am 29. Juni 2015 ohne ein Verschulden seines zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten unterblieben ist.
7
a) Dafür reichen pauschale Hinweise - wie hier auf eine nicht weiter spezifizierte "Internet-Recherche" - nicht aus (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 17. Mai 2004 - II ZB 22/03, NJW 2004, 2525, 2526). Dabei bleibt vorliegend etwa offen, welche Suchsoftware und welche Suchkriterien eingesetzt worden sind. Insbesondere lässt sich die Darstellung des zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten , die Suche habe eine "Mehrzahl von Dr. F. L. in H. " ergeben, bei Nutzung allgemein üblicher Suchmaschinen und Verwendung des vollen Namens sowie der vollen Adresse des Antragsstellers nicht nachvollziehen.
8
b) Jedenfalls ist nicht dargetan, dass der zweitinstanzliche Prozessbevollmächtigte unverschuldet nicht in der Lage war, die Telefonnummer des Antragstellers anhand der dafür allgemein verfügbaren Telefonbücher und -verzeichnisse zu ermitteln. Weder trägt der Antragsteller vor noch ist sonst ersichtlich , dass es dessen zweitinstanzlichem Prozessbevollmächtigten nicht möglich war, etwa der Online-Ausgabe des örtlichen Telefonbuchs für H. die private Telefonnummer des Antragstellers zu entnehmen. Dabei besteht auch keine Verwechslungsgefahr, da der Anschlussinhaber in diesem Telefonverzeichnis mit vollem Namen und der - hier dem zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten bekannten - Privatadresse genannt ist. Ebenso fehlt eine Darlegung , weshalb der zweitinstanzliche Prozessbevollmächtigte des Antragstellers gehindert war, in dem weiteren, von der Deutsche Telekom Medien GmbH herausgegebenen, online abrufbaren Telefonverzeichnis "Das Telefonbuch" die Telefonnummer des Antragstellers unter dessen vollem Namen und korrekter Anschrift aufzufinden.
9
c) Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 233 ZPO kommt danach nicht in Betracht. Wäre der Antragsteller am 29. Juni 2015, als dessen zweitinstanzlicher Prozessbevollmächtigter die Nachforschung nach dessen Telefonnummer aufgab, tatsächlich telefonisch erreicht worden, hätte er an diesem oder - wie später tatsächlich geschehen - am Folgetag den Auftrag zur Einlegung des Rechtsmittels erteilen können.
Ellenberger Maihold Matthias Derstadt Dauber

Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 11.09.2008 - 37 O 6/07 -
KG Berlin, Entscheidung vom 27.05.2015 - 26 U 221/08 -

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 85 Wirkung der Prozessvollmacht


(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie

Zivilprozessordnung - ZPO | § 233 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand


War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wieder

Zivilprozessordnung - ZPO | § 236 Wiedereinsetzungsantrag


(1) Die Form des Antrags auf Wiedereinsetzung richtet sich nach den Vorschriften, die für die versäumte Prozesshandlung gelten. (2) Der Antrag muss die Angabe der die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen enthalten; diese sind bei der Antragste

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Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Mai 2004 - II ZB 22/03

bei uns veröffentlicht am 17.05.2004

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS II ZB 22/03 vom 17. Mai 2004 in der Rechtsbeschwerdesache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO § 233 Fe a) Wird ein Wiedereinsetzungsantrag auf die unerwartet lange Dauer einer Telefaxübermittlung gest

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War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.

(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.

(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.

(1) Die Form des Antrags auf Wiedereinsetzung richtet sich nach den Vorschriften, die für die versäumte Prozesshandlung gelten.

(2) Der Antrag muss die Angabe der die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen enthalten; diese sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Prozesshandlung nachzuholen; ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZB 22/03
vom
17. Mai 2004
in der Rechtsbeschwerdesache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Wird ein Wiedereinsetzungsantrag auf die unerwartet lange Dauer einer Telefaxübermittlung
gestützt, hat das Gericht die zum Vergleich vorgelegten
Sendeberichte zu würdigen (vgl. BGH, Beschl. v. 1. Februar 2001 - V ZB
33/00, NJW-RR 2001, 916).

b) Ein auf einen vorübergehenden "Computer-Defekt" oder "Computer-Absturz"
gestützter Wiedereinsetzungsantrag bedarf näherer Darlegungen zur Art des
Defekts und seiner Behebung.
BGH, Beschluß vom 17. Mai 2004 - II ZB 22/03 - OLG München
LG München I
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 17. Mai 2004 durch
die Richter Prof. Dr. Goette, Kraemer, Münke, Dr. Strohn und Caliebe

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Klägers wird der Beschluß des 23. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 23. Juli 2003 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.

Gründe:


I. Die von dem Kläger einzuhaltende Berufungsbegründungsfrist lief am 3. März 2003 ab. Die letzte, u.a. die Unterschrift des Prozeßbevollmächtigten des Klägers enthaltende Seite der per Fax an das Oberlandesgericht übermittelten Berufungsbegründung wurde nach den automatischen Aufzeichnungen des Empfangsgerätes, das über eine funkgesteuerte Zeitmessung verfügt, am 4. März 2003 00.01 Uhr empfangen und elektronisch abgespeichert. Die Übertragungszeit für 34 Seiten betrug nach dem Sendebericht des Klägers 17,51 Min., nach den Aufzeichnungen des Empfangsgeräts 17,55 Min., bei einer Übertragungsgeschwindigkeit von 9.600 Baud. Kurz darauf wurden 2 von bisher fehlenden 5 Seiten der insgesamt 39 seitigen Berufungsbegründung
nachübermittelt und von dem Empfangsgerät um 00.05 Uhr abgespeichert. Der Kläger meint, der Text der nur knapp halbseitig beschriebenen S. 39 mit der Unterschrift müsse von dem Empfangsgerät vor 00.00 Uhr empfangen worden sein. Hilfsweise hat der Kläger, der Rechtsanwalt ist, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und dazu vorgetragen, er habe die Berufungsbegründung am 3. März vor 24.00 Uhr in der Kanzlei seines Prozeßbevollmächtigten selbst "(fertig-)geschrieben". Dieser habe sie nach Prüfung unterzeichnet. Sie habe wegen eines "nicht nachvollziehbaren Computerdefektes (Abstürzen der Anlage)" erst um 23.40 Uhr mit ca. 1,5 Std. Verspätung ausgedruckt werden können. Der Defekt der seit mindestens 1,5 Jahren störungsfrei arbeitenden Computeranlage sei nicht vorhersehbar gewesen. Im übrigen hätten der Kläger und sein Prozeßbevollmächtigter aufgrund ihrer bisherigen, durch vorgelegte Sendeberichte belegten Erfahrungen darauf vertraut, daß nicht nur ca. 2, sondern knapp 4 Seiten/Min. "durchgefaxt" werden könnten. Mit der ungewöhnlich langen Übertragungsdauer hätten sie nicht rechnen müssen. Die Richtigkeit dieses Vortrags haben beide anwaltlich versichert.
Das Berufungsgericht hat die Berufungsbegründung für verspätet erachtet und die Berufung des Klägers unter Zurückweisung seines Wiedereinsetzungsantrages als unzulässig verworfen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Klägers.
II. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß §§ 238 Abs. 2, 522 Abs. 1 Satz 4, 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft und auch im übrigen gemäß § 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zulässig, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
1. Soweit das Berufungsgericht den Eingang der Berufungsbegründung für verspätet erachtet hat, wird dies von dem Beschwerdeführer nicht gemäß § 575 Abs. 3 Nr. 2, 3 ZPO gerügt. Eine Prüfung von Amts wegen findet insoweit in vorliegenden Rechtsbeschwerdeverfahren nicht statt, weil dessen Gegenstand allein die gegen den Verwerfungsbeschluß des Berufungsgerichts erhobenen Rügen sind (vgl. BGH, Beschl. v. 18. September 2003 - IX ZB 40/03, Umdr. S. 6, 7). Im übrigen ist die angefochtene Entscheidung in diesem Punkt auch nicht zu beanstanden, weil der Kläger den von ihm zu führenden Nachweis des rechtzeitigen Eingangs seiner Berufungsbegründung mit der die Unterschrift seines Prozeßbevollmächtigten enthaltenden letzten Seite nicht geführt hat und eine Störung des Empfangsgerätes oder eine im technischen Verantwortungsbereich der Empfangsstelle liegende Ungenauigkeit der Zeitmessung nicht ersichtlich ist (vgl. BGH, Beschl. v. 4. Mai 1994 - XII ZB 21/94, WM 1994, 1349). Daß gemäß der vorliegenden Praxis des Oberlandesgerichts München der Zeitpunkt des nächtlichen Eingangs von Faxsendungen wegen der Verwendung eines mit Faxkarte ausgestatteten PC nicht nach demjenigen ihres Ausdrucks, sondern ihrer elektronischen Speicherung bestimmt wird und der Ausdruck regelmäßig erst am nächsten Morgen erfolgt, gereicht dem Kläger jedenfalls nicht zum Nachteil.
2. Das Berufungsgericht meint, die für die Faxübermittlung benötigte Zeit von 17,55 Min. sei für den Kläger oder dessen Prozeßbevollmächtigten vorhersehbar gewesen und ergebe daher keinen Wiedereinsetzungsgrund i.S. von § 233 ZPO. Die Sendezeit hänge von der Zahl der übermittelten Signale, d.h. der Schriftzeichen, ab. Die vorgetragene Differenz von 2 gegenüber 3 Seiten /Min. (= Minimaldifferenz) halte sich im erwartbaren Variationsbereich und sei als Sicherheitskarenz zu berücksichtigen gewesen.
Diese Begründung steht mit den im Beschluß des Bundesgerichtshofs vom 1. Februar 2001 (V ZB 33/00, NJW-RR 2001, 916) aufgestellten Grundsätzen nicht in Einklang und verkürzt den Anspruch des Klägers auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG), was die Rechtsbeschwerde nach § 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO eröffnet (vgl. BGHZ 151, 221; BGH, Beschl. v. 30. April 2003 - V ZB 71/02, NJW 2003, 2388). Abgesehen davon, daß der Kläger eine Differenz von mehr als 1 Seite/Min. geltend gemacht hat, hätte das Berufungsgericht nach dem Beschluß vom 1. Februar 2001 aaO prüfen müssen , ob die mit dem Wiedereinsetzungsantrag und später zur Glaubhaftmachung (§ 236 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 ZPO) vorgelegten Sendeberichte nach Art und Empfänger der Sendungen mit der hier maßgeblichen Sendung vergleichbar sind. Den Ausführungen des Berufungsgerichts ist nicht zu entnehmen, worauf sich seine Annahme stützt, die vorgetragene Differenz von 2 zu ca. 3,5 Seiten/Min. (75 %) halte sich im vorhersehbaren Variationsbereich (vgl. auch BVerfG, Beschl. v. 25. September 2000 - 1 BvR 2104/99, NJW 2001, 1566 f.). Dies hängt, wie bei dem erkennenden Senat gerichtsbekannt ist, nicht nur von der Anzahl der übermittelten (mit den Schriftzeichen nicht identischen) Signale, sondern auch von der zu erwartenden Übertragungsgeschwindigkeit ab. Andererseits schließt das nicht aus, daß bei der Faxübermittlung eine gewisse Zeitreserve einzukalkulieren ist (vgl. BVerfG, Beschl. v. 19. November 1999 - 2 BvR 565/98, NJW 2000, 574).
Eine eigene Sachentscheidung hierüber ist dem Senat verwehrt, weil es dazu noch tatrichterlicher Feststellungen bedarf (§ 577 Abs. 4 ZPO).
3. Zugunsten des Klägers zu entscheiden (§ 577 Abs. 5 ZPO) ist die Sache nicht schon im Hinblick auf den von ihm zusätzlich geltend gemachten Wiedereinsetzungsgrund des "plötzlichen Abstürzens der Computeranlage".
Das Berufungsgericht hat das Vorbringen des Klägers hierzu im Ergebnis zu Recht für nicht hinreichend erachtet, um eine Wiedereinsetzung gemäß § 233 ZPO zu rechtfertigen. Darin liegt - entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde - keine Divergenz gegenüber dem Beschluß des Bundesgerichtshofs vom 4. Mai 1994 (XII ZB 21/94, NJW 1994, 2097 f. zu 4). Denn dort konnte offenbleiben , ob ein entsprechender Sachvortrag ausreicht, weil er zum einen verspätet vorgebracht (§§ 234 Abs. 1, 236 Abs. 2 ZPO) und zum anderen nicht glaubhaft gemacht (§ 236 Abs. 2 ZPO) war. Das Berufungsgericht vermißt zu Recht den Vortrag der näheren Umstände des angeblichen Computerdefekts. Insbesondere fehlt jeglicher Vortrag dazu, wann, wie oder bei welcher Verrichtung sich der "nicht nachvollziehbare" Computerdefekt bemerkbar machte und wie es dennoch gelang, ihn nach 1,5 Std. bis 23.40 Uhr wieder zu beheben. Unklar ist weiter, ob mit dem "Abstürzen" ein (teilweiser) Verlust des bisher geschriebenen Textes verbunden war oder z.B. schlicht die Druckerfunktion nicht in Gang gesetzt werden konnte. In diesem Zusammenhang wäre gerade auch Vortrag dazu erforderlich gewesen, ob der Kläger und/oder sein Prozeßbevollmächtigter in die Bedienung des Computers und des Druckers so eingeübt waren , daß sie diese bei ihrer nächtlichen Arbeit ohne Schreibkraft sicher bedienen konnten.
4. Nach allem hängt die Entscheidung der Sache davon ob, ob der Kläger unter den gegebenen Umständen noch mit einer fristgerechten Faxübermittlung rechnen durfte (vgl. oben 2). Zu weiterer Aufklärung dieser Frage ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO).
Goette Kraemer Münke Strohn Caliebe

War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.