vorgehend
Oberlandesgericht Frankfurt am Main, 15 U 19/07, 13.09.2007
Landgericht Marburg, 2 O 87/06, 13.12.2006

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XI ZR 492/07
vom
10. März 2009
in dem Rechtsstreit
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 10. März 2009 durch
den Vorsitzenden Richter Wiechers, den Richter Dr. Joeres, die Richterin
Mayen und die Richter Dr. Ellenberger und Dr. Matthias

beschlossen:
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin wird das Urteil des 15. Zivilsenats in Kassel des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 13. September 2007 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 12. Oktober 2007 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 200.000 € festgesetzt.

Gründe:


I.


1
Die Parteien streiten um die teilweise Rückzahlung zweier Darlehen nach deren fristloser Kündigung durch die klagende Sparkasse. Die seit den 50er Jahren bestehende Geschäftsbeziehung der S. OHG, später GmbH & Co. KG (nachfol- gend: Schuldnerin) zur Klägerin war seit 2002 gestört. Dies führte am 14. Januar 2003 zu einer fristlosen Kündigung aller bestehenden Kredite durch die Klägerin mit der Begründung, dass sich die wirtschaftliche Situation der Schuldnerin verschlechtert habe und deren Vermögensverhältnisse gefährdet seien. Am 4. November 2003 erklärte sich die Klägerin jedoch bereit, die Zusammenarbeit fortzusetzen, und schloss nach der Umfirmierung der Schuldnerin am 6. Juli 2004 mit dieser einen Kontokorrentkreditvertrag , einen Wechseldiskontkreditvertrag und zwei Tilgungsdarlehensverträge , in die jeweils die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin (nachfolgend: AGB Sparkassen) einbezogen wurden. Als Sicherheiten wurden Grundschulden und persönliche Bürgschaften der Eltern des Geschäftsführers der Schuldnerin vereinbart. Am 5. Oktober 2004 lies die Klägerin eine interne Bilanzbeurteilung erstellen, die zum Ergebnis kam, dass die Schuldnerin nicht in der Lage sei, ihre Zinsverpflichtungen aus ihren Erträgen zu finanzieren; ihre Vermögensund Finanzlage sowie ihre Rentabilität seien unzureichend. In der Folge kam es zu persönlichen Auseinandersetzungen des Vorstandes der Klägerin mit dem Geschäftsführer der Schuldnerin. Mit Schreiben vom 25. Juli 2005, das der Klägerin am 12. September 2005 zuging, teilte dieser der Klägerin mit, dass er die Stellung eines Insolvenzantrages wegen Zahlungsunfähigkeit sorgfältig prüfen werde, wenn die Klägerin nicht kurzfristig auf 30% ihrer Forderungen verzichte. Die Klägerin kündigte daraufhin am 15. September 2005 die Geschäftsverbindung fristlos, stellte sämtliche Kredite fällig und bezifferte die offenen Salden mit insgesamt 793.692,45 €.
2
Die Klägerin hat zunächst die Schuldnerin im Wege einer Teilklage auf Zahlung in Höhe von 200.000 € in Anspruch genommen. Das Land- gericht hat der Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat sie abgewiesen , die Revision nicht zugelassen und seine Entscheidung im Wesentlichen damit begründet, dass die Klägerin ihr Zahlungsbegehren nicht auf die Kündigung vom 15. September 2005 stützen könne, denn ein wichtiger Grund hierfür habe nicht vorgelegen. Eine wesentliche Verschlechterung der Vermögensverhältnisse der Schuldnerin sei nicht hinreichend dargetan. Die Klägerin hat Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt.
3
Während des Beschwerdeverfahrens wurde am 1. Mai 2008 über das Vermögen der Schuldnerin das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt. Die Klägerin hat Forderungen in Höhe von 624.413,05 € zur Tabelle angemeldet; der Beklagte hat diese bestritten. Die Klägerin erstrebt nunmehr die Feststellung der Teilforderung von 200.0000 € zur Tabelle.

II.


4
Die Revision ist nach § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen, da das angegriffene Urteil den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG verletzt (vgl. Senatsbeschlüsse vom 11. Mai 2004 - XI ZB 39/03, WM 2004, 1407, 1408 f. und vom 18. Januar 2005 - XI ZR 340/03, BGHReport 2005, 939 f.). Aus demselben Grunde ist das angefochtene Urteil gemäß § 544 Abs. 7 ZPO aufzuheben und der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

5
1. Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass sich das Recht der Klägerin zu einer fristlosen Kündigung ihres Kreditengagements aus Nr. 26 Abs. 2 ABG Sparkassen in Verbindung mit §§ 314, 490 BGB ergibt. Danach setzt die fristlose Kündigung einer Geschäftsbeziehung einen wichtigen Grund voraus, aufgrund dessen dem Kündigenden die Fortsetzung der Geschäftsbeziehung nicht zugemutet werden kann, wobei die berechtigten Belange des Darlehensnehmers zu berücksichtigen sind. Für eine Sparkasse ist ein solcher wichtiger Grund gegeben, wenn die Einhaltung der Zahlungsverpflichtungen durch den Darlehensnehmer oder die Durchsetzbarkeit der Ansprüche der Sparkasse auch unter Verwertung etwaiger Sicherheiten gefährdet ist. Dies ist unter anderem der Fall, wenn eine wesentliche Verschlechterung oder erhebliche Gefährdung der Vermögensverhältnisse des Darlehensnehmers oder in der Werthaltigkeit der für das Darlehen gestellten Sicherheiten eintritt, insbesondere, wenn der Kunde die Zahlungen einstellt oder erklärt, sie einstellen zu wollen. In der unmittelbar drohenden Gefahr der Zahlungsunfähigkeit des Darlehensnehmers kann selbst dann ein wichtiger Grund zur fristlosen Kündigung eines Darlehens liegen, wenn die Überschuldung nicht festgestellt ist (BGH, Beschlüsse vom 26. September 1985 - III ZR 213/84, WM 1985, 1493 und vom 21. September 1989 - III ZR 287/88, NJW-RR 1990, 110, 111; Senat, Urteil vom 20. Mai 2003 - XI ZR 50/02, WM 2003, 1416).
6
2.DieNichtzulassungsbeschwerde rügt jedoch zu Recht, dass das Berufungsurteil den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör verletzt hat, soweit es hier die Voraussetzungen einer fristlosen Kündigung verneint hat.

7
a) Die tatrichterliche Entscheidung der Frage, ob ein die fristlose Kündigung rechtfertigender wichtiger Grund besteht, unterliegt nur eingeschränkter revisionsrechtlicher Nachprüfung (Senat, BGHZ 154, 146, 153; BGH, Urteil vom 8. Dezember 1994 - II ZR 9/94, WM 1995, 709, 710). Diese ist im Wesentlichen darauf beschränkt, ob das Berufungsgericht den Rechtsbegriff des wichtigen Grundes verkannt hat, ob ihm von der Revision gerügte Verfahrensfehler unterlaufen sind und ob es den Tatsachenstoff vollständig gewürdigt hat (Senat, BGHZ aaO; BGH, Urteil vom 17. Januar 2001 - VIII ZR 186/99, WM 2001, 1031, 1032). Dieser Überprüfung hält das Berufungsurteil nicht stand, weil das Berufungsgericht den von der Klägerin vorgetragenen Tatsachenstoff zum Vorliegen eines wichtigen Grundes nicht vollständig gewürdigt und dadurch deren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt hat.
8
Artikel 103 b) Abs. 1 GG verpflichtet das Gericht, Ausführungen und Anträge der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Das Gebot des rechtlichen Gehörs soll als Prozessgrundrecht sicherstellen, dass gerichtliche Entscheidungen frei von Verfahrensfehlern ergehen, die ihren Grund in unterlassener Kenntnisnahme und Nichtberücksichtigung des Sachvortrags der Parteien haben. In diesem Sinne gebietet Art. 103 Abs. 1 GG in Verbindung mit den Grundsätzen der Zivilprozessordnung die Berücksichtigung erheblichen Vorbringens und der Beweisanträge. Zwar gewährt Art. 103 Abs. 1 GG keinen Schutz dagegen, dass ein Gericht Vorbringen der Beteiligten aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts ganz oder teilweise unberücksichtigt lässt. Die Nichtberücksichtigung eines als erheblich angesehenen Vortrages bzw. Beweisangebots verstößt aber dann gegen Art. 103 Abs. 1 GG, wenn sie im Prozessrecht keine Stütze mehr findet (BVerfGE 50, 32, 36; 60, 250, 252; 65, 305, 307; 69, 141, 144).
9
c) Nach diesen Maßstäben ist Art. 103 Abs. 1 GG hier verletzt. Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 4. Oktober 2006 das ihr am 12. September 2005 zugegangene Schreiben des Geschäftsführers der Schuldnerin vom 25. Juli 2005 vorgelegt, in dem dieser für den Fall, dass die Klägerin nicht kurzfristig auf 30% ihrer Forderungen verzichtet, angedroht hat, prüfen zu wollen, ob die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin erklärt und ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt werden müsse. Die Klägerin hat diese Drohung mit einer Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin ausdrücklich als Beleg dafür vorgetragen, dass sich deren wirtschaftliche Situation seit der Kreditgewährung im Juli 2004 erheblich verschlechtert habe, was die Klägerin zur Kündigung vom 15. September 2005 veranlasst habe. Diesen Vortrag hat die Klägerin in ihren Schriftsätzen vom 24. Juli 2007 und vom 17. August 2007 wiederholt.
10
Wie d) die Nichtzulassungsbeschwerde zu Recht beanstandet, lässt das angefochtene Urteil nicht erkennen, dass das Berufungsgericht dieses Vorbringen der Klägerin sowie den von ihr angetretenen Urkundenbeweis zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat. Das Berufungsgericht stellt vielmehr wiederholt darauf ab, dass die Klägerin eine wesentliche Verschlechterung in den Vermögensverhältnissen der Schuldnerin oder in der Werthaltigkeit der von ihr gestellten Sicherheiten auch im zweiten Rechtszug nicht dargetan habe. Das Schreiben der Schuldnerin vom 25. Juli 2005 ist jedoch durchaus geeignet, die Einschätzung der Klägerin, dass sich die wirtschaftliche Situation der Schuldnerin nachhaltig verschlechtert habe, zu rechtfertigen. Dies ergibt sich nicht nur aus dem Umstand, dass der Geschäftsführer dort von einer "sehr angespannten Liquiditätslage" spricht, sondern auch daraus, dass er von der Klägerin einen kurzfristigen Verzicht auf 30% ihrer Forderungen verlangt und zugleich beansprucht, dass die Klägerin bis zum 30. November 2005 keinerlei Zwangsmaßnahmen gegen die Schuldnerin betreiben solle. Für den Fall, dass die Klägerin bis zum 15. September 2005 dieses Angebot nicht annehme, kündigt der Geschäftsführer an, "sorgfältig prüfen" zu müssen, "ob beim zuständigen Amtsgericht die Zahlungsunfähigkeit zu erklären ist und ein entsprechender Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt werden müsste". Soweit die Beschwerdeerwiderung demgegenüber geltend macht, dass die Insolvenzandrohung nur unter "psychologisch-taktischen Gesichtspunkten" in den Raum gestellt worden sei, um die Bitte um einen Forderungsnachlass zu unterstützen, und erkennbar nicht ernst gemeint gewesen sei, erscheint dies keineswegs so selbstverständlich, dass es eines Eingehens auf den Vortrag der Klägerin durch das Berufungsgericht nicht bedurft hätte.
11
3. Das Übergehen dieses Vortrages und der Beweisantritte der für das Vorliegen eines wichtigen Kündigungsgrundes beweisbelasteten Klägerin verletzt deren Anspruch auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise, denn das Berufungsurteil beruht auf dieser Verletzung. Diese Voraussetzung ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts schon dann erfüllt, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass das Berufungsgericht bei Berücksichtigung des übergangenen Vorbringens anders entschieden hätte (BVerfGE 7, 95, 99; 60, 247, 250; 62, 392, 396; 89, 381, 392 f.). Die Gehörsverletzung führt nach § 543 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO zur Zulassung der Revision, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (BGHZ 154, 288, 296 f.), und rechtfertigt gemäß § 544 Abs. 7 ZPO die Aufhebung des angefochtenen Urteils und die Zurückverweisung der Sache.
12
4. Das Berufungsgericht wird nunmehr das Vorliegen eines wichtigen Kündigungsgrundes unter Berücksichtigung des bislang übergangenen Sachvortrages der Klägerin erneut zu würdigen haben.
Wiechers Joeres Mayen
Ellenberger Matthias
Vorinstanzen:
LG Marburg, Entscheidung vom 13.12.2006 - 2 O 87/06 -
OLG Frankfurt in Kassel, Entscheidung vom 13.09.2007 - 15 U 19/07 -

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Zivilprozessordnung - ZPO | § 544 Nichtzulassungsbeschwerde


(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde). (2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn1.der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Eur

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 314 Kündigung von Dauerschuldverhältnissen aus wichtigem Grund


(1) Dauerschuldverhältnisse kann jeder Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 490 Außerordentliches Kündigungsrecht


(1) Wenn in den Vermögensverhältnissen des Darlehensnehmers oder in der Werthaltigkeit einer für das Darlehen gestellten Sicherheit eine wesentliche Verschlechterung eintritt oder einzutreten droht, durch die die Rückzahlung des Darlehens, auch unter

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Bundesgerichtshof Urteil, 20. Mai 2003 - XI ZR 50/02

bei uns veröffentlicht am 20.05.2003

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XI ZR 50/02 Verkündet am: 20. Mai 2003 Weber, Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja _____

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(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).

(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder
2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.

(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.

(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.

(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.

(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.

(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.

(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.

(1) Dauerschuldverhältnisse kann jeder Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.

(2) Besteht der wichtige Grund in der Verletzung einer Pflicht aus dem Vertrag, ist die Kündigung erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten Frist oder nach erfolgloser Abmahnung zulässig. Für die Entbehrlichkeit der Bestimmung einer Frist zur Abhilfe und für die Entbehrlichkeit einer Abmahnung findet § 323 Absatz 2 Nummer 1 und 2 entsprechende Anwendung. Die Bestimmung einer Frist zur Abhilfe und eine Abmahnung sind auch entbehrlich, wenn besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die sofortige Kündigung rechtfertigen.

(3) Der Berechtigte kann nur innerhalb einer angemessenen Frist kündigen, nachdem er vom Kündigungsgrund Kenntnis erlangt hat.

(4) Die Berechtigung, Schadensersatz zu verlangen, wird durch die Kündigung nicht ausgeschlossen.

(1) Wenn in den Vermögensverhältnissen des Darlehensnehmers oder in der Werthaltigkeit einer für das Darlehen gestellten Sicherheit eine wesentliche Verschlechterung eintritt oder einzutreten droht, durch die die Rückzahlung des Darlehens, auch unter Verwertung der Sicherheit, gefährdet wird, kann der Darlehensgeber den Darlehensvertrag vor Auszahlung des Darlehens im Zweifel stets, nach Auszahlung nur in der Regel fristlos kündigen.

(2) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag, bei dem der Sollzinssatz gebunden und das Darlehen durch ein Grund- oder Schiffspfandrecht gesichert ist, unter Einhaltung der Fristen des § 488 Abs. 3 Satz 2 vorzeitig kündigen, wenn seine berechtigten Interessen dies gebieten und seit dem vollständigen Empfang des Darlehens sechs Monate abgelaufen sind. Ein solches Interesse liegt insbesondere vor, wenn der Darlehensnehmer ein Bedürfnis nach einer anderweitigen Verwertung der zur Sicherung des Darlehens beliehenen Sache hat. Der Darlehensnehmer hat dem Darlehensgeber denjenigen Schaden zu ersetzen, der diesem aus der vorzeitigen Kündigung entsteht (Vorfälligkeitsentschädigung).

(3) Die Vorschriften der §§ 313 und 314 bleiben unberührt.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 50/02 Verkündet am:
20. Mai 2003
Weber,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
_____________________
AGB Banken (Fassung 1993) Nr. 19 Abs. 3
Ein wichtiger Grund zur fristlosen Kündigung kann in der unmittelbar drohenden
Gefahr der Zahlungsunfähigkeit des Darlehensnehmers liegen.
BGH, Urteil vom 20. Mai 2003 - XI ZR 50/02 - OLG Hamm
LG Münster
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 20. Mai 2003 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe, die
Richter Dr. Joeres, Dr. Wassermann, die Richterin Mayen und den Richter
Dr. Appl

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 31. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 5. November 2001 aufgehoben.
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der 14. Zivilkammer des Landgerichts Münster vom 17. April 1996 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die klagende Bank nimmt den beklagten Arzt auf Rückzahlung von Darlehen in Anspruch.
Die Klägerin gewährte dem Beklagten durch Vertrag vom 9./13. Juni 1993 zur Finanzierung einer Existenzgründung als Facharzt für Nuklearmedizin/Endokrinologie zwei Annuitäten-Darlehen in Höhe von 0,5 Millionen DM und 1,5 Millionen DM mit einer Laufzeit vom 19. Mai 1993 bis zum 30. September 1999 bzw. 2003 zu anfänglichen effektiven Jahreszinsen in Höhe von 7,98% bzw. 8,10%. In den Verträgen heißt es u.a.:
"Wir berechnen Ihnen fest bis zum 30.05.1998 (bzw. 1999) an Zinsen 7,75% (bzw. 7,85%) jährlich auf die jeweilige Inanspruchnahme , worüber Ihnen während der tilgungsfreien Zeit vierteljährliche Abschlußrechnungen zugehen. ... Die Summe aus Darlehenstilgung und Zinsen ist bis zum Ablauf der zuvor genannten Zinsbindungsfrist in vierteljährlichen, gleichbleibenden Beträgen von DM 19.060,00 (bzw. DM 87.850,00), erstmals zum 30.09.1994 zu erbringen. Nach Ablauf der Zinsbindungsfrist und Zinsneufestsetzung werden wir Sie dann über die aktuelle Ratenhöhe verständigen." Ferner vereinbarten die Parteien einen "bis zum Ende der Anlaufphase , längstens bis zum 30. April 1995" befristeten Gewerbekredit in Höhe von 0,5 Millionen DM zu einem Zinssatz von 11,5%. Als Sicherheit wurde unter anderem die Abtretung der Ansprüche des Klägers gegen die Kassenärztliche Vereinigung vereinbart. Nachdem die Praxis am 1. Oktober 1993 eröffnet worden war, ersetzten die Parteien am 27. Mai/13. Juni 1994 den Gewerbekredit durch einen mit 10% zu verzinsenden Betriebsmittelkredit in gleicher Höhe, den der Beklagte "bis auf weiteres" in Anspruch nehmen konnte.
In einem Schreiben vom 4. August 1994 teilte die Klägerin dem Beklagten mit, daß die Praxis sich aus ihrer Sicht nicht entsprechend den Erwartungen entwickelt habe, daß kurzfristig mit einem Liquiditätsengpaß zu rechnen sei, und daß sie Verfügungen außerhalb der getroffenen Kreditabsprachen nicht tolerieren werde. Die Fortführung des Kreditengagements machte sie von mehreren Auflagen abhängig. Unter dem 11. August 1994 erkundigte sich die Klägerin bei der B.bank N., ob diese zur Übernahme einer 80%igen Ausfallbürgschaft für einen zusätzlichen Kredit in Höhe von 0,5 Millionen DM bereit sei. Nachdem die B.bank N. dies abgelehnt und die Klägerin die Einlösung einer Lastschrift zur Begleichung der Praxismiete für den September 1994 verweigert hatte, teilten die vom Beklagten beauftragten Rechtsanwälte der Klägerin am 6. September 1994 mit, daß bei einer endgültigen Zahlungsverweigerung der Praxisbetrieb sofort eingestellt werden müsse. Die Klägerin löste die Lastschrift daraufhin ein, lehnte aber mit Schreiben vom 7. September 1994 die Ausführung weiterer Überweisungen wegen Überschreitung der Kreditlinie ab und bat von weiteren saldoerhöhenden Verfügungen abzusehen. Nachdem sie am 23. September 1994 einen Kontokorrentkredit in Höhe von 20.000 DM gekündigt hatte, kündigte sie am 26. September 1994 gemäß Nr. 19 AGB-Banken und gemäß Nr. 10 der Allgemeinen Bedingungen für gewerbliche Darlehen alle weiteren Kredite mit sofortiger Wirkung. Der Kläger stellte den Praxisbetrieb daraufhin ein.
Nach Verwertung der Sicherheiten beziffert die Klägerin ihre Restforderung auf 1.262.310,98 DM. Der Beklagte rechnet mit Schadensersatzansprüchen wegen unberechtigter Kündigung der Kredite auf.
Das Landgericht hat der Teilklage in Höhe von 1 Million DM nebst Zinsen stattgegeben. Das Berufungsgericht hat sie abgewiesen. Mit der Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist begründet; sie führt zur Zurückweisung der Berufung.

I.


Das Berufungsgericht hat zur Begründung der Klageabweisung im wesentlichen ausgeführt:
Die Klägerin habe die Kredite nicht wirksam gekündigt, weil kein wichtiger Grund im Sinne der Nr. 19 Abs. 3 Satz 2 AGB-Banken, Nr. 10.5 der Allgemeinen Bedingungen für gewerbliche Darlehen vorgelegen habe. Die Vermögenslage des Beklagten habe sich nicht wesentlich verschlechtert. Ihm hätten im Zeitpunkt der Kündigung noch liquide Mittel von mindestens 69.000 DM aus dem Gewerbe- bzw. Betriebsmittelkredit zur Verfügung gestanden. In diesem Betrag seien die Ansprüche des Beklagten gegen die Kassenärztliche Vereinigung aufgrund der Honorarabrechnungen für das zweite und dritte Quartal 1994 enthalten. Daß die Kassenärztliche Vereinigung ihre Leistungen üblicherweise erst drei bis vier Monate nach dem Ende des jeweiligen Quartals erbringe, stehe der
Bewertung der bereits verdienten Honorare als liquider Mittel nicht ent- gegen. Hingegen seien die auf die Annuitätendarlehen für die Zeit vom 9. Juni 1993 bis 26. September 1994 zu entrichtenden Zinsen nicht liquiditätsmindernd zu berücksichtigen. Diese Zinsen seien bis zum 30. September 1994 gestundet worden. Wortlaut und Inhalt des Darlehensvertrages vom 9./13. Juni 1993 sei nicht zu entnehmen, wann sie dem Beklagten hätten belastet werden dürfen. Diese Unklarheit dürfe sich rechtlich nicht zum Nachteil des Beklagten auswirken. Vielmehr sei davon auszugehen, daß der Beklagte die Summe der gestundeten Zinsen zum Ablauf der Geschäftsbeziehung zu entrichten gehabt hätte.
Die Kündigung sei auch vor dem Hintergrund des seit Mitte des Jahres 1994 zu verzeichnenden Anstiegs der Patientenzahlen nicht gerechtfertigt gewesen. Da die Kredite mangels Eigenkapitals des Beklagten nur aus den Praxiseinnahmen zurückgezahlt werden konnten, komme dem Deckungsgleichstand von Einnahmen und Ausgaben maßgebliche Bedeutung zu. Angesichts der im Vertrag vom 9./13. Juni 1993 zum Ausdruck kommenden Prognose habe die Klägerin nicht davon ausgehen dürfen, daß dieser Gleichstand vor dem 30. April 1995 erreicht werde. Aufgrund ihrer vorschnellen Kündigung gehe die Ungewißheit über die weitere Entwicklung der Praxis zu ihren Lasten.
Zudem sei die Kündigung zur Unzeit erfolgt, weil der Beklagte die im Schreiben der Klägerin vom 4. August 1994 zum Ausdruck kommenden Auflagen, soweit sie ihm nach Treu und Glauben abverlangt werden konnten, erfüllt habe.
Schließlich erscheine die Kündigung treuwidrig. Die Parteien seien bei Abschluß des Darlehensvertrages von der gemeinsamen, zur Geschäftsgrundlage erhobenen Vorstellung ausgegangen, daß die Praxis des Beklagten auch bei einem Fortbestand der Ermächtigungen der Klinik für Nuklearmedizin, M., und ihres Leiters zur Patientenversorgung rentabel arbeiten werde. Von dem damit übernommenen Risiko könne die Klägerin sich nicht einseitig lösen, nachdem die fortbestehenden Ermächtigungen sich als erhebliches Hindernis für die Ausnutzung der Kapazitäten der Praxis des Klägers erwiesen hätten.

II.


Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung nicht stand.
Die Klägerin hat gegen den Beklagten gemäß § 607 Abs. 1 BGB a.F. einen fälligen Anspruch auf Zahlung von 1 Million DM, weil sie den Darlehensvertrag mit Schreiben vom 26. September 1994 wirksam gekündigt hat.
1. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts lag ein wichtiger Grund zur fristlosen Kündigung im Sinne der Nr. 19 Abs. 3 Satz 2 AGB-Banken vor, weil eine wesentliche Verschlechterung der Vermögenslage des Beklagten einzutreten drohte und dadurch die Erfüllung seiner Verbindlichkeiten gegenüber der Klägerin gefährdet war.

a) Die tatrichterliche Entscheidung der Frage, ob ein die fristlose Kündigung rechtfertigender wichtiger Grund besteht, unterliegt nur ein-
geschränkter revisionsrechtlicher Nachprüfung (Senat, Urteil vom 11. März 2003 - XI ZR 403/01, WM 2003, 823, 825; zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen). Dieser Überprüfung hält das Berufungsurteil nicht stand, weil das Berufungsgericht rechtsfehlerhaft verkannt hat, daß im Zeitpunkt der Kündigung der Eintritt der Zahlungsunfähigkeit des Beklagten unmittelbar bevorstand.

b) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs berechtigt die unmittelbar drohende Gefahr der Zahlungsunfähigkeit des Darlehensnehmers zur fristlosen Kündigung des Darlehens aus wichtigem Grund (BGH, Beschlüsse vom 26. September 1985 - III ZR 213/84, WM 1985, 1493 und vom 21. September 1989 - III ZR 287/88, NJW-RR 1990, 110, 111). Diese Gefahr bestand am 26. September 1994, weil die flüssigen Zahlungsmittel des Beklagten zur Erfüllung der am 1. Oktober 1994 fälligen Verbindlichkeiten nicht ausreichten.
aa) Bei der Berechnung der liquiden Mittel können, anders als das Berufungsgericht meint, die im zweiten und dritten Quartal 1994 verdienten Honorare des Beklagten in Höhe von 83.439,64 DM nicht berücksichtigt werden, weil der Beklagte Anfang Oktober 1994 noch nicht über sie verfügen konnte. Daß die fehlende Verfügungsmöglichkeit nicht auf mangelnde Solidität oder Leistungsbereitschaft der Kassenärztlichen Vereinigung als Schuldnerin, sondern auf Besonderheiten des von dieser praktizierten Abrechnungsverfahrens zurückzuführen war, ändert nichts daran, daß die Honorare dem Beklagten Anfang Oktober 1994 nicht zur Verfügung standen und zur Erfüllung fälliger Verbindlichkeiten nicht genutzt werden konnten. Diese Beurteilung wird, entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts, durch das Schreiben der Klägerin vom
11. August 1994 an die B.bank N. nicht in Zweifel gezogen, sondern be- stätigt. Die Klägerin geht in einer Anlage zu diesem Schreiben davon aus, daß die liquiditätswirksamen Auswirkungen der gestiegenen Patientenzahlen aufgrund des kassenärztlichen Abrechnungswesens erst im Januar 1995, also nicht bereits im Oktober 1994, zu erwarten seien.
bb) Die auf die Annuitätendarlehen für die Zeit vom 9. Juni 1993 bis zum 26. September 1994 zu entrichtenden Zinsen sind entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts liquiditätsmindernd zu berücksichtigen. Dies gilt unabhängig von der Frage, ob das Berufungsgericht diese Zinsen zu Recht als bis zum 30. September 1994 gestundet angesehen hat. Auch in diesem Fall haben die Zinsen im Zeitpunkt der nur vier Tage vor dem Ende der Stundung erklärten Kündigung zur unmittelbar drohenden Gefahr der Zahlungsunfähigkeit beigetragen.
Die Auffassung des Berufungsgerichts, die Zinsen seien erst zum Ablauf der Geschäftsbeziehung zu entrichten gewesen, ist rechtsfehlerhaft. Das Berufungsgericht hat den Darlehensvertrag vom 9./13. Juni 1993 dahin ausgelegt, daß die Zinsen bis zum 30. September 1994 gestundet waren. Dies bedeutet, daß die Fälligkeit nur bis zu diesem Zeitpunkt hinausgeschoben war (vgl. BGH, Beschluß vom 25. März 1998 - VIII ZR 298/97, WM 1998, 1293). Zudem ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, daß Wortlaut und Inhalt des Darlehensvertrages für die Beantwortung der Frage, wann die gestundeten Zinsen hätten belastet werden dürfen, nicht ergiebig seien. Da somit eine Zeit für die Zahlung dieser Zinsen weder vertraglich bestimmt noch den Umständen zu entnehmen war, waren die Zinsen gemäß § 271 Abs. 1 BGB nach der am 30. September 1994 endenden Stundung sofort zu entrichten.

cc) Die vom Berufungsgericht angenommenen flüssigen Zahlungsmittel vermindern sich mithin um die von der Kassenärztlichen Vereinigung noch nicht ausgezahlten Honorare in Höhe von 83.439,64 DM und die für die Zeit vom 9. Juni 1993 bis 26. September 1994 zu entrichtenden Darlehenszinsen. Da der vom Berufungsgericht beauftragte Sachverständige diese Zinsen bereits liquiditätsmindernd berücksichtigt hat, sind die von ihm ermittelten unverbrauchten Zahlungsmittel in Höhe von 10.028,58 DM nur um die noch nicht ausgezahlten Honorare zu vermindern. Die fälligen Verbindlichkeiten des Beklagten überstiegen seine flüssigen Zahlungsmittel demnach um 73.411,06 DM. Hinzu kamen noch die am 30. September 1994 fälligen Tilgungs- und Zinszahlungen in Höhe von 19.060 DM und 87.850 DM.

c) Der im Zeitpunkt der Kündigung am 26. September 1994 unmittelbar bevorstehende Eintritt der Zahlungsunfähigkeit des Beklagten gefährdete die Erfüllung seiner Verbindlichkeiten gegenüber der Klägerin. Der Eintritt der Zahlungsunfähigkeit mußte zur sofortigen Einstellung des Praxisbetriebes führen und entzog dem Beklagten mit den Praxiseinnahmen die einzige Möglichkeit, seine Verbindlichkeiten zu erfüllen.
2. Der seit Mitte des Jahres 1994 zu verzeichnende Anstieg der Patientenzahlen ändert entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts an dem vorliegenden Kündigungsgrund nichts. Nach den Ausführungen des vom Berufungsgericht beauftragten Sachverständigen reichte die Auslastung der Praxis trotz der gestiegenen Patientenzahl auch im August und September 1994, also unmittelbar vor der Kündigung, nicht aus, um die Praxis rentabel zu führen. Die weitere Entwicklung der Praxis
war, wie das Berufungsgericht aufgrund des Sachverständigengutachtens annimmt, ungewiß. Diese Ungewißheit ist nicht auf die Kündigung der Klägerin zurückzuführen. Der Beklagte hätte die Praxis auch ohne Kreditkündigung schließen müssen, weil seine liquiden Mittel zur Bezahlung der laufenden Praxisausgaben, insbesondere der Raummiete und der Personalkosten, nicht ausreichten. Eine Verpflichtung der Klägerin zur Gewährung weiteren Kredits bestand nicht und wird vom Beklagten auch nicht substantiiert geltend gemacht. Vor diesem Hintergrund war die Klägerin entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung auch nicht gehalten, die Kündigung entsprechend der Befristung des Gewerbekredits "bis zum Ende der Anlaufphase, längstens bis zum 30. April 1995" zurückzustellen.
3. Die Kündigung ist auch nicht wegen Verstoßes gegen das Verbot einer Kündigung zur Unzeit unwirksam. Abgesehen davon, daß ein solcher Verstoß nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung führt (vgl. Bunte, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch 2. Aufl. § 24 Rdn. 19; Palandt/Putzo, BGB 62. Aufl. § 627 Rdn. 7), hat die Klägerin nicht zur Unzeit gekündigt. Sie hat dem Beklagten in ihrem Schreiben vom 4. August 1994 ausdrücklich mitgeteilt, daß sie eine Überschreitung der vereinbarten Kreditlinie nicht zulassen werde, und daß die notwendige Liquidität von ihm oder von Dritten einzubringen sei. Ihre Bereitschaft, das Kreditengagement unter bestimmten Voraussetzungen fortzuführen, galt nur für den Fall fortbestehender Liquidität. Das Recht der Klägerin zur fristlosen Kündigung wegen eingetretener oder unmittelbar bevorstehender Zahlungsunfähigkeit wird dadurch nicht berührt.
4. Die Kündigung verstößt auch nicht gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB). Die Auffassung des Berufungsgerichts, die Parteien hätten die gemeinsame Erwartung, die Praxis werde auch bei fortbestehender Konkurrenz der Klinik für Nuklearmedizin rentabel arbeiten, zur Geschäftsgrundlage erhoben, entbehrt jeden tatsächlichen Anhaltspunktes. Banken sind grundsätzlich nicht verpflichtet, sich um den Verwendungszweck eines Darlehens zu kümmern und Kreditnehmer vor diesbezüglichen Risiken zu warnen (vgl. Senat, Urteil vom 28. Januar 1997 - XI ZR 22/96, WM 1997, 662). Daß die Klägerin im vorliegenden Fall das Risiko der konkurrenzbedingten Unrentabilität der Praxis gemeinsam mit dem Beklagten übernehmen und auf ihr Recht zur Kreditkündigung wegen einer in Folge der Unrentabilität eintretenden Zahlungsunfähigkeit verzichten wollte, ist vom Berufungsgericht nicht festgestellt und von den Parteien nicht vorgetragen worden.

III.


Das Urteil des Berufungsgerichts war daher aufzuheben (§ 564 Abs. 1 ZPO a.F.). Da weitere Feststellungen nicht zu treffen sind, konnte der Senat in der Sache selbst entscheiden (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO a.F.) und die landgerichtliche Entscheidung wieder herstellen.
Nobbe Joeres Wassermann
Mayen Appl

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).

(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder
2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.

(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.

(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.

(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.

(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.

(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.

(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.