Bundesgerichtshof Urteil, 20. Mai 2003 - XI ZR 50/02

bei uns veröffentlicht am20.05.2003

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 50/02 Verkündet am:
20. Mai 2003
Weber,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
_____________________
AGB Banken (Fassung 1993) Nr. 19 Abs. 3
Ein wichtiger Grund zur fristlosen Kündigung kann in der unmittelbar drohenden
Gefahr der Zahlungsunfähigkeit des Darlehensnehmers liegen.
BGH, Urteil vom 20. Mai 2003 - XI ZR 50/02 - OLG Hamm
LG Münster
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 20. Mai 2003 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe, die
Richter Dr. Joeres, Dr. Wassermann, die Richterin Mayen und den Richter
Dr. Appl

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 31. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 5. November 2001 aufgehoben.
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der 14. Zivilkammer des Landgerichts Münster vom 17. April 1996 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die klagende Bank nimmt den beklagten Arzt auf Rückzahlung von Darlehen in Anspruch.
Die Klägerin gewährte dem Beklagten durch Vertrag vom 9./13. Juni 1993 zur Finanzierung einer Existenzgründung als Facharzt für Nuklearmedizin/Endokrinologie zwei Annuitäten-Darlehen in Höhe von 0,5 Millionen DM und 1,5 Millionen DM mit einer Laufzeit vom 19. Mai 1993 bis zum 30. September 1999 bzw. 2003 zu anfänglichen effektiven Jahreszinsen in Höhe von 7,98% bzw. 8,10%. In den Verträgen heißt es u.a.:
"Wir berechnen Ihnen fest bis zum 30.05.1998 (bzw. 1999) an Zinsen 7,75% (bzw. 7,85%) jährlich auf die jeweilige Inanspruchnahme , worüber Ihnen während der tilgungsfreien Zeit vierteljährliche Abschlußrechnungen zugehen. ... Die Summe aus Darlehenstilgung und Zinsen ist bis zum Ablauf der zuvor genannten Zinsbindungsfrist in vierteljährlichen, gleichbleibenden Beträgen von DM 19.060,00 (bzw. DM 87.850,00), erstmals zum 30.09.1994 zu erbringen. Nach Ablauf der Zinsbindungsfrist und Zinsneufestsetzung werden wir Sie dann über die aktuelle Ratenhöhe verständigen." Ferner vereinbarten die Parteien einen "bis zum Ende der Anlaufphase , längstens bis zum 30. April 1995" befristeten Gewerbekredit in Höhe von 0,5 Millionen DM zu einem Zinssatz von 11,5%. Als Sicherheit wurde unter anderem die Abtretung der Ansprüche des Klägers gegen die Kassenärztliche Vereinigung vereinbart. Nachdem die Praxis am 1. Oktober 1993 eröffnet worden war, ersetzten die Parteien am 27. Mai/13. Juni 1994 den Gewerbekredit durch einen mit 10% zu verzinsenden Betriebsmittelkredit in gleicher Höhe, den der Beklagte "bis auf weiteres" in Anspruch nehmen konnte.
In einem Schreiben vom 4. August 1994 teilte die Klägerin dem Beklagten mit, daß die Praxis sich aus ihrer Sicht nicht entsprechend den Erwartungen entwickelt habe, daß kurzfristig mit einem Liquiditätsengpaß zu rechnen sei, und daß sie Verfügungen außerhalb der getroffenen Kreditabsprachen nicht tolerieren werde. Die Fortführung des Kreditengagements machte sie von mehreren Auflagen abhängig. Unter dem 11. August 1994 erkundigte sich die Klägerin bei der B.bank N., ob diese zur Übernahme einer 80%igen Ausfallbürgschaft für einen zusätzlichen Kredit in Höhe von 0,5 Millionen DM bereit sei. Nachdem die B.bank N. dies abgelehnt und die Klägerin die Einlösung einer Lastschrift zur Begleichung der Praxismiete für den September 1994 verweigert hatte, teilten die vom Beklagten beauftragten Rechtsanwälte der Klägerin am 6. September 1994 mit, daß bei einer endgültigen Zahlungsverweigerung der Praxisbetrieb sofort eingestellt werden müsse. Die Klägerin löste die Lastschrift daraufhin ein, lehnte aber mit Schreiben vom 7. September 1994 die Ausführung weiterer Überweisungen wegen Überschreitung der Kreditlinie ab und bat von weiteren saldoerhöhenden Verfügungen abzusehen. Nachdem sie am 23. September 1994 einen Kontokorrentkredit in Höhe von 20.000 DM gekündigt hatte, kündigte sie am 26. September 1994 gemäß Nr. 19 AGB-Banken und gemäß Nr. 10 der Allgemeinen Bedingungen für gewerbliche Darlehen alle weiteren Kredite mit sofortiger Wirkung. Der Kläger stellte den Praxisbetrieb daraufhin ein.
Nach Verwertung der Sicherheiten beziffert die Klägerin ihre Restforderung auf 1.262.310,98 DM. Der Beklagte rechnet mit Schadensersatzansprüchen wegen unberechtigter Kündigung der Kredite auf.
Das Landgericht hat der Teilklage in Höhe von 1 Million DM nebst Zinsen stattgegeben. Das Berufungsgericht hat sie abgewiesen. Mit der Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist begründet; sie führt zur Zurückweisung der Berufung.

I.


Das Berufungsgericht hat zur Begründung der Klageabweisung im wesentlichen ausgeführt:
Die Klägerin habe die Kredite nicht wirksam gekündigt, weil kein wichtiger Grund im Sinne der Nr. 19 Abs. 3 Satz 2 AGB-Banken, Nr. 10.5 der Allgemeinen Bedingungen für gewerbliche Darlehen vorgelegen habe. Die Vermögenslage des Beklagten habe sich nicht wesentlich verschlechtert. Ihm hätten im Zeitpunkt der Kündigung noch liquide Mittel von mindestens 69.000 DM aus dem Gewerbe- bzw. Betriebsmittelkredit zur Verfügung gestanden. In diesem Betrag seien die Ansprüche des Beklagten gegen die Kassenärztliche Vereinigung aufgrund der Honorarabrechnungen für das zweite und dritte Quartal 1994 enthalten. Daß die Kassenärztliche Vereinigung ihre Leistungen üblicherweise erst drei bis vier Monate nach dem Ende des jeweiligen Quartals erbringe, stehe der
Bewertung der bereits verdienten Honorare als liquider Mittel nicht ent- gegen. Hingegen seien die auf die Annuitätendarlehen für die Zeit vom 9. Juni 1993 bis 26. September 1994 zu entrichtenden Zinsen nicht liquiditätsmindernd zu berücksichtigen. Diese Zinsen seien bis zum 30. September 1994 gestundet worden. Wortlaut und Inhalt des Darlehensvertrages vom 9./13. Juni 1993 sei nicht zu entnehmen, wann sie dem Beklagten hätten belastet werden dürfen. Diese Unklarheit dürfe sich rechtlich nicht zum Nachteil des Beklagten auswirken. Vielmehr sei davon auszugehen, daß der Beklagte die Summe der gestundeten Zinsen zum Ablauf der Geschäftsbeziehung zu entrichten gehabt hätte.
Die Kündigung sei auch vor dem Hintergrund des seit Mitte des Jahres 1994 zu verzeichnenden Anstiegs der Patientenzahlen nicht gerechtfertigt gewesen. Da die Kredite mangels Eigenkapitals des Beklagten nur aus den Praxiseinnahmen zurückgezahlt werden konnten, komme dem Deckungsgleichstand von Einnahmen und Ausgaben maßgebliche Bedeutung zu. Angesichts der im Vertrag vom 9./13. Juni 1993 zum Ausdruck kommenden Prognose habe die Klägerin nicht davon ausgehen dürfen, daß dieser Gleichstand vor dem 30. April 1995 erreicht werde. Aufgrund ihrer vorschnellen Kündigung gehe die Ungewißheit über die weitere Entwicklung der Praxis zu ihren Lasten.
Zudem sei die Kündigung zur Unzeit erfolgt, weil der Beklagte die im Schreiben der Klägerin vom 4. August 1994 zum Ausdruck kommenden Auflagen, soweit sie ihm nach Treu und Glauben abverlangt werden konnten, erfüllt habe.
Schließlich erscheine die Kündigung treuwidrig. Die Parteien seien bei Abschluß des Darlehensvertrages von der gemeinsamen, zur Geschäftsgrundlage erhobenen Vorstellung ausgegangen, daß die Praxis des Beklagten auch bei einem Fortbestand der Ermächtigungen der Klinik für Nuklearmedizin, M., und ihres Leiters zur Patientenversorgung rentabel arbeiten werde. Von dem damit übernommenen Risiko könne die Klägerin sich nicht einseitig lösen, nachdem die fortbestehenden Ermächtigungen sich als erhebliches Hindernis für die Ausnutzung der Kapazitäten der Praxis des Klägers erwiesen hätten.

II.


Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung nicht stand.
Die Klägerin hat gegen den Beklagten gemäß § 607 Abs. 1 BGB a.F. einen fälligen Anspruch auf Zahlung von 1 Million DM, weil sie den Darlehensvertrag mit Schreiben vom 26. September 1994 wirksam gekündigt hat.
1. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts lag ein wichtiger Grund zur fristlosen Kündigung im Sinne der Nr. 19 Abs. 3 Satz 2 AGB-Banken vor, weil eine wesentliche Verschlechterung der Vermögenslage des Beklagten einzutreten drohte und dadurch die Erfüllung seiner Verbindlichkeiten gegenüber der Klägerin gefährdet war.

a) Die tatrichterliche Entscheidung der Frage, ob ein die fristlose Kündigung rechtfertigender wichtiger Grund besteht, unterliegt nur ein-
geschränkter revisionsrechtlicher Nachprüfung (Senat, Urteil vom 11. März 2003 - XI ZR 403/01, WM 2003, 823, 825; zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen). Dieser Überprüfung hält das Berufungsurteil nicht stand, weil das Berufungsgericht rechtsfehlerhaft verkannt hat, daß im Zeitpunkt der Kündigung der Eintritt der Zahlungsunfähigkeit des Beklagten unmittelbar bevorstand.

b) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs berechtigt die unmittelbar drohende Gefahr der Zahlungsunfähigkeit des Darlehensnehmers zur fristlosen Kündigung des Darlehens aus wichtigem Grund (BGH, Beschlüsse vom 26. September 1985 - III ZR 213/84, WM 1985, 1493 und vom 21. September 1989 - III ZR 287/88, NJW-RR 1990, 110, 111). Diese Gefahr bestand am 26. September 1994, weil die flüssigen Zahlungsmittel des Beklagten zur Erfüllung der am 1. Oktober 1994 fälligen Verbindlichkeiten nicht ausreichten.
aa) Bei der Berechnung der liquiden Mittel können, anders als das Berufungsgericht meint, die im zweiten und dritten Quartal 1994 verdienten Honorare des Beklagten in Höhe von 83.439,64 DM nicht berücksichtigt werden, weil der Beklagte Anfang Oktober 1994 noch nicht über sie verfügen konnte. Daß die fehlende Verfügungsmöglichkeit nicht auf mangelnde Solidität oder Leistungsbereitschaft der Kassenärztlichen Vereinigung als Schuldnerin, sondern auf Besonderheiten des von dieser praktizierten Abrechnungsverfahrens zurückzuführen war, ändert nichts daran, daß die Honorare dem Beklagten Anfang Oktober 1994 nicht zur Verfügung standen und zur Erfüllung fälliger Verbindlichkeiten nicht genutzt werden konnten. Diese Beurteilung wird, entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts, durch das Schreiben der Klägerin vom
11. August 1994 an die B.bank N. nicht in Zweifel gezogen, sondern be- stätigt. Die Klägerin geht in einer Anlage zu diesem Schreiben davon aus, daß die liquiditätswirksamen Auswirkungen der gestiegenen Patientenzahlen aufgrund des kassenärztlichen Abrechnungswesens erst im Januar 1995, also nicht bereits im Oktober 1994, zu erwarten seien.
bb) Die auf die Annuitätendarlehen für die Zeit vom 9. Juni 1993 bis zum 26. September 1994 zu entrichtenden Zinsen sind entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts liquiditätsmindernd zu berücksichtigen. Dies gilt unabhängig von der Frage, ob das Berufungsgericht diese Zinsen zu Recht als bis zum 30. September 1994 gestundet angesehen hat. Auch in diesem Fall haben die Zinsen im Zeitpunkt der nur vier Tage vor dem Ende der Stundung erklärten Kündigung zur unmittelbar drohenden Gefahr der Zahlungsunfähigkeit beigetragen.
Die Auffassung des Berufungsgerichts, die Zinsen seien erst zum Ablauf der Geschäftsbeziehung zu entrichten gewesen, ist rechtsfehlerhaft. Das Berufungsgericht hat den Darlehensvertrag vom 9./13. Juni 1993 dahin ausgelegt, daß die Zinsen bis zum 30. September 1994 gestundet waren. Dies bedeutet, daß die Fälligkeit nur bis zu diesem Zeitpunkt hinausgeschoben war (vgl. BGH, Beschluß vom 25. März 1998 - VIII ZR 298/97, WM 1998, 1293). Zudem ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, daß Wortlaut und Inhalt des Darlehensvertrages für die Beantwortung der Frage, wann die gestundeten Zinsen hätten belastet werden dürfen, nicht ergiebig seien. Da somit eine Zeit für die Zahlung dieser Zinsen weder vertraglich bestimmt noch den Umständen zu entnehmen war, waren die Zinsen gemäß § 271 Abs. 1 BGB nach der am 30. September 1994 endenden Stundung sofort zu entrichten.

cc) Die vom Berufungsgericht angenommenen flüssigen Zahlungsmittel vermindern sich mithin um die von der Kassenärztlichen Vereinigung noch nicht ausgezahlten Honorare in Höhe von 83.439,64 DM und die für die Zeit vom 9. Juni 1993 bis 26. September 1994 zu entrichtenden Darlehenszinsen. Da der vom Berufungsgericht beauftragte Sachverständige diese Zinsen bereits liquiditätsmindernd berücksichtigt hat, sind die von ihm ermittelten unverbrauchten Zahlungsmittel in Höhe von 10.028,58 DM nur um die noch nicht ausgezahlten Honorare zu vermindern. Die fälligen Verbindlichkeiten des Beklagten überstiegen seine flüssigen Zahlungsmittel demnach um 73.411,06 DM. Hinzu kamen noch die am 30. September 1994 fälligen Tilgungs- und Zinszahlungen in Höhe von 19.060 DM und 87.850 DM.

c) Der im Zeitpunkt der Kündigung am 26. September 1994 unmittelbar bevorstehende Eintritt der Zahlungsunfähigkeit des Beklagten gefährdete die Erfüllung seiner Verbindlichkeiten gegenüber der Klägerin. Der Eintritt der Zahlungsunfähigkeit mußte zur sofortigen Einstellung des Praxisbetriebes führen und entzog dem Beklagten mit den Praxiseinnahmen die einzige Möglichkeit, seine Verbindlichkeiten zu erfüllen.
2. Der seit Mitte des Jahres 1994 zu verzeichnende Anstieg der Patientenzahlen ändert entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts an dem vorliegenden Kündigungsgrund nichts. Nach den Ausführungen des vom Berufungsgericht beauftragten Sachverständigen reichte die Auslastung der Praxis trotz der gestiegenen Patientenzahl auch im August und September 1994, also unmittelbar vor der Kündigung, nicht aus, um die Praxis rentabel zu führen. Die weitere Entwicklung der Praxis
war, wie das Berufungsgericht aufgrund des Sachverständigengutachtens annimmt, ungewiß. Diese Ungewißheit ist nicht auf die Kündigung der Klägerin zurückzuführen. Der Beklagte hätte die Praxis auch ohne Kreditkündigung schließen müssen, weil seine liquiden Mittel zur Bezahlung der laufenden Praxisausgaben, insbesondere der Raummiete und der Personalkosten, nicht ausreichten. Eine Verpflichtung der Klägerin zur Gewährung weiteren Kredits bestand nicht und wird vom Beklagten auch nicht substantiiert geltend gemacht. Vor diesem Hintergrund war die Klägerin entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung auch nicht gehalten, die Kündigung entsprechend der Befristung des Gewerbekredits "bis zum Ende der Anlaufphase, längstens bis zum 30. April 1995" zurückzustellen.
3. Die Kündigung ist auch nicht wegen Verstoßes gegen das Verbot einer Kündigung zur Unzeit unwirksam. Abgesehen davon, daß ein solcher Verstoß nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung führt (vgl. Bunte, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch 2. Aufl. § 24 Rdn. 19; Palandt/Putzo, BGB 62. Aufl. § 627 Rdn. 7), hat die Klägerin nicht zur Unzeit gekündigt. Sie hat dem Beklagten in ihrem Schreiben vom 4. August 1994 ausdrücklich mitgeteilt, daß sie eine Überschreitung der vereinbarten Kreditlinie nicht zulassen werde, und daß die notwendige Liquidität von ihm oder von Dritten einzubringen sei. Ihre Bereitschaft, das Kreditengagement unter bestimmten Voraussetzungen fortzuführen, galt nur für den Fall fortbestehender Liquidität. Das Recht der Klägerin zur fristlosen Kündigung wegen eingetretener oder unmittelbar bevorstehender Zahlungsunfähigkeit wird dadurch nicht berührt.
4. Die Kündigung verstößt auch nicht gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB). Die Auffassung des Berufungsgerichts, die Parteien hätten die gemeinsame Erwartung, die Praxis werde auch bei fortbestehender Konkurrenz der Klinik für Nuklearmedizin rentabel arbeiten, zur Geschäftsgrundlage erhoben, entbehrt jeden tatsächlichen Anhaltspunktes. Banken sind grundsätzlich nicht verpflichtet, sich um den Verwendungszweck eines Darlehens zu kümmern und Kreditnehmer vor diesbezüglichen Risiken zu warnen (vgl. Senat, Urteil vom 28. Januar 1997 - XI ZR 22/96, WM 1997, 662). Daß die Klägerin im vorliegenden Fall das Risiko der konkurrenzbedingten Unrentabilität der Praxis gemeinsam mit dem Beklagten übernehmen und auf ihr Recht zur Kreditkündigung wegen einer in Folge der Unrentabilität eintretenden Zahlungsunfähigkeit verzichten wollte, ist vom Berufungsgericht nicht festgestellt und von den Parteien nicht vorgetragen worden.

III.


Das Urteil des Berufungsgerichts war daher aufzuheben (§ 564 Abs. 1 ZPO a.F.). Da weitere Feststellungen nicht zu treffen sind, konnte der Senat in der Sache selbst entscheiden (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO a.F.) und die landgerichtliche Entscheidung wieder herstellen.
Nobbe Joeres Wassermann
Mayen Appl

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 20. Mai 2003 - XI ZR 50/02

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 20. Mai 2003 - XI ZR 50/02

Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Urteil, 20. Mai 2003 - XI ZR 50/02 zitiert 8 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 564 Keine Begründung der Entscheidung bei Rügen von Verfahrensmängeln


Die Entscheidung braucht nicht begründet zu werden, soweit das Revisionsgericht Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Dies gilt nicht für Rügen nach § 547.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 565 Anzuwendende Vorschriften des Berufungsverfahrens


Die für die Berufung geltenden Vorschriften über die Anfechtbarkeit der Versäumnisurteile, über die Verzichtsleistung auf das Rechtsmittel und seine Zurücknahme, über die Rügen der Unzulässigkeit der Klage und über die Einforderung, Übersendung und Z

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 271 Leistungszeit


(1) Ist eine Zeit für die Leistung weder bestimmt noch aus den Umständen zu entnehmen, so kann der Gläubiger die Leistung sofort verlangen, der Schuldner sie sofort bewirken. (2) Ist eine Zeit bestimmt, so ist im Zweifel anzunehmen, dass der Gläu

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 607 Vertragstypische Pflichten beim Sachdarlehensvertrag


(1) Durch den Sachdarlehensvertrag wird der Darlehensgeber verpflichtet, dem Darlehensnehmer eine vereinbarte vertretbare Sache zu überlassen. Der Darlehensnehmer ist zur Zahlung eines Darlehensentgelts und bei Fälligkeit zur Rückerstattung von Sache

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bundesgerichtshof Urteil, 20. Mai 2003 - XI ZR 50/02 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Urteil, 20. Mai 2003 - XI ZR 50/02 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 11. März 2003 - XI ZR 403/01

bei uns veröffentlicht am 11.03.2003

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XI ZR 403/01 Verkündet am: 11. März 2003 Herrwerth, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja _______
3 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 20. Mai 2003 - XI ZR 50/02.

Bundesgerichtshof Beschluss, 10. März 2009 - XI ZR 492/07

bei uns veröffentlicht am 10.03.2009

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XI ZR 492/07 vom 10. März 2009 in dem Rechtsstreit Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 10. März 2009 durch den Vorsitzenden Richter Wiechers, den Richter Dr. Joeres, die Richterin Mayen und die Richter Dr. El

Bundesgerichtshof Urteil, 02. März 2004 - XI ZR 288/02

bei uns veröffentlicht am 02.03.2004

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XI ZR 288/02 Verkündet am: 2. März 2004 Herrwerth, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ____

Bundesgerichtshof Urteil, 06. Juli 2004 - XI ZR 254/02

bei uns veröffentlicht am 06.07.2004

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XI ZR 254/02 Verkündet am: 6. Juli 2004 Herrwerth, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein ________________

Referenzen

(1) Durch den Sachdarlehensvertrag wird der Darlehensgeber verpflichtet, dem Darlehensnehmer eine vereinbarte vertretbare Sache zu überlassen. Der Darlehensnehmer ist zur Zahlung eines Darlehensentgelts und bei Fälligkeit zur Rückerstattung von Sachen gleicher Art, Güte und Menge verpflichtet.

(2) Die Vorschriften dieses Titels finden keine Anwendung auf die Überlassung von Geld.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 403/01 Verkündet am:
11. März 2003
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
_____________________
AGB Sparkassen Nr. 26 Abs. 1

a) Sparkassen sind als Anstalten des öffentlichen Rechts im Bereich staatlicher
Daseinsvorsorge unmittelbar an die Grundrechte (Art. 1-19 GG) gebunden.

b) Die ohne sachgerechten Grund erklärte Kündigung eines Girovertrages
durch eine Sparkasse gemäß Nr. 26 Abs. 1 AGB Sparkassen verstößt
gegen das in Art. 3 Abs. 1 GG zum Ausdruck kommende Willkürverbot
und ist gemäß § 134 BGB nichtig.

c) Eine Sparkasse kann ihren Girovertrag mit einer politischen Partei nicht
mit der Begründung, diese verfolge verfassungsfeindliche Ziele, kündigen
, solange das Bundesverfassungsgericht die Verfassungswidrigkeit
der Partei nicht festgestellt hat.
BGH, Urteil vom 11. März 2003 - XI ZR 403/01 - OLG Dresden
LG Leipzig
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 11. März 2003 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe, die
Richter Dr. Bungeroth, Dr. Joeres, die Richterin Mayen und den Richter
Dr. Appl

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 15. November 2001 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger, der Landesverband S. der NPD, nimmt die beklagte Sparkasse auf Fortführung eines Girokontos, hilfsweise auf Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung des Girovertrages und der Rechtswidrigkeit der Auflösung des Kontos, in Anspruch.
Der Kläger ließ am 23. März 1999 ein Girokonto bei der Beklagten eröffnen. Am 21. August 2000 berichtete das ARD-Magazin "Report" im Zusammenhang mit der öffentlichen Diskussion über einen Verbotsantrag gegen die NPD über Geschäfte dieser Partei mit Kreditinstituten. Die Beklagte kündigte am 22. August 2000 unter Bezugnahme auf Nr. 26 Abs. 1 ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen ohne Angabe von Grün-
den die Geschäftsbeziehung mit dem Kläger. In einem als "Offener Brief" bezeichneten Schreiben vom 29. August 2000 teilte der Kläger der Beklagten u.a. mit, daß er diese Handlungsweise weder vergessen noch akzeptieren werde und mit juristischen Mitteln dagegen vorgehen wolle. In dem daraufhin eingeleiteten Verfahren auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung machten die Prozeßbevollmächtigten des Klägers geltend, die Kündigung sei sittenwidrig und verstoße gegen mehrere Straftatbestände. Wegen dieser Äußerungen erklärte die Beklagte am 26. und 27. September 2000 die fristlose Kündigung. Am 9. April 2001 stellte sie die Fortführung des Kontos vorübergehend ein.
Die Beklagte hat die ordentliche Kündigung mit einer verfassungsfeindlichen Zielsetzung der NPD und des Klägers begründet, auf den Verbotsantrag der Bundesregierung vom 29. Januar 2001 verwiesen und geltend gemacht, die Fortführung des Kontos sei ihr wegen eines drohenden Imageschadens nicht zumutbar.
Das Landgericht hat die Beklagte zur Fortführung des Kontos verurteilt. Das Berufungsgericht (WM 2002, 486 = NJW 2002, 757) hat den Hauptantrag der Klage abgewiesen und auf den Hilfsantrag festgestellt, daß der Girovertrag durch die Kündigungen vom 22. August 2000 sowie vom 26. und 27. September 2000 nicht beendet worden ist und daß die Auflösung des Girokontos rechtswidrig war. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf vollständige Abweisung der Klage weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist nicht begründet.

I.


Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit es der Klage stattgegeben hat, im wesentlichen ausgeführt:
Der Kläger habe ein rechtliches Interesse an der Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigungen und der Rechtswidrigkeit der Kontoauflösung.
Die ordentliche Kündigung vom 22. August 2000 sei als unzulässige Rechtsausübung im Sinne des § 242 BGB unwirksam, weil sie allein wegen der politischen Zielsetzung des Klägers ausgesprochen worden sei. Bei der Anwendung des § 242 BGB sei die mittelbare Drittwirkung der Grundrechte zu berücksichtigen. Die Beklagte könne sich zwar auf die durch Art. 2 Abs. 1 GG gewährleistete Privatautonomie berufen. Diese werde jedoch durch die Grundrechte des Klägers gemäß Art. 5 Abs. 1, 9 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 21 Abs. 1 GG und sein Recht auf Chancengleichheit gemäß Art. 3 Abs. 1, 21 Abs. 1 GG begrenzt. Bei der Abwägung dieser Grundrechtspositionen gebühre der Freiheit der politischen Betätigung der Vorrang. Die Betätigung des Klägers als politischer Partei vollziehe sich außerhalb des Giroverhältnisses der Parteien. Der Kläger sei auf das Girokonto essentiell angewiesen, um seine Aufgaben erfüllen zu können. Die Beklagte nehme als Anstalt des öffentlichen
Rechts Aufgaben der öffentlichen Daseinsvorsorge wahr und dürfe die Geschäftsbeziehung zum Kläger nicht allein wegen dessen politischen Standorts kündigen. Die verfassungsfeindliche Ausrichtung des Klägers sei wegen des Parteienprivilegs gemäß Art. 21 Abs. 2 GG belanglos, solange das Bundesverfassungsgericht die NPD nicht für verfassungswidrig erklärt habe. Auf einen Imageschaden könne die Beklagte sich nicht berufen, weil die bloße Führung eines Girokontos auf Guthabenbasis in der Öffentlichkeit nicht als Förderung der politischen Ziele des Kontoinhabers verstanden werde.
Die ordentliche Kündigung vom 22. August 2000 sei auch deshalb unwirksam, weil dem Kläger der Abschluß eines neuen Girovertrages mit einem anderen Kreditinstitut nicht möglich und der Beklagten die Aufrechterhaltung der Geschäftsverbindung zumutbar sei. Der Kläger habe Schreiben zahlreicher Kreditinstitute vorgelegt, die den Abschluß eines Girovertrages abgelehnt hätten. Daß der Kläger über ein anderes Girokonto verfüge, sei nicht ersichtlich. Die Beklagte habe die Geschäftsbeziehung zum Kläger erst am 23. März 1999 aufgenommen, als die politischen Aktivitäten des Klägers bereits Gegenstand öffentlicher Diskussionen gewesen seien.
Die außerordentlichen Kündigungen vom 26. und 27. September 2000 seien unwirksam, weil kein wichtiger Grund zur Kündigung vorliege. Das Schreiben des Klägers vom 29. August 2000 sei nicht als verhüllte Drohung zu verstehen. Der Vorwurf, die Beklagte habe gegen Straftatbestände verstoßen, sei als Wahrnehmung prozessualer Rechte gemäß § 193 StGB gerechtfertigt.

II.


Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung im Ergebnis stand.
1. Der Kläger hat, wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei angenommen hat und die Revision nicht in Zweifel zieht, ein rechtliches Interesse im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO an den mit dem Hilfsantrag begehrten Feststellungen.
2. Der Feststellungsantrag ist auch in der Sache begründet.

a) Die Kündigung vom 22. August 2000 verstößt gegen das in Art. 3 Abs. 1 GG zum Ausdruck kommende Willkürverbot und ist gemäß § 134 BGB nichtig (vgl. zur Anwendbarkeit des § 134 BGB auf Grundrechtsverstöße : BGHZ 65, 284, 287; MünchKomm/Mayer-Maly/ Armbrüster, BGB 4. Aufl. § 134 Rdn. 33).
aa) Das Vertragsverhältnis zwischen den Parteien unterliegt, anders als das Berufungsgericht meint, nicht nur einer mittelbaren Drittwirkung der Grundrechte. Die Beklagte ist vielmehr unmittelbar an die Grundrechte gebunden (vgl. Boemke JuS 2001, 444, 446; Brömmelmeyer WuB I A 3 Nr. 26 AGB-Sparkassen 1993 - 1.02), ohne selbst grundrechtsfähig zu sein (BVerfGE 75, 192, 197).
Gemäß Art. 1 Abs. 3 GG binden die Grundrechte die vollziehende Gewalt als unmittelbar geltendes Recht. Sparkassen sind als Anstalten
des öffentlichen Rechts im Bereich staatlicher Daseinsvorsorge Teil der vollziehenden Gewalt (BVerfGE 75, 192, 197 ff.; BGH, Urteil vom 10. März 1983 - 4 StR 375/82, NJW 1983, 2509, 2511; BVerwGE 41, 195, 196 f.; NRWVerfGH NVwZ 1987, 211, 212; BayVerfGH DVBl. 1986, 39, 41). Der Auftrag der Beklagten zur Daseinsvorsorge ergibt sich aus § 2 Abs. 1 Satz 1 SächsSparkG. Danach haben Sparkassen die Aufgabe, in ihrem Geschäftsbereich die Versorgung mit geld- und kreditwirtschaftlichen Leistungen sicherzustellen. Dazu gehört auch die Eröffnung der Teilnahme am bargeldlosen Zahlungsverkehr durch die Führung von Girokonten.
Daß die Beklagte ihre Aufgaben der Daseinsvorsorge mit Mitteln des Privatrechts erfüllt und der Girovertrag zwischen den Parteien privatrechtlicher Natur ist, ändert an der unmittelbaren Grundrechtsbindung der Beklagten nichts. Die öffentliche Hand ist auch dann unmittelbar an die Grundrechte gebunden, wenn sie öffentliche Aufgaben in privatrechtlichen Rechtsformen wahrnimmt (BGHZ 29, 76, 80; 33, 230, 233; 36, 91, 95 f.; 37, 1, 27; 52, 325, 328; 65, 284, 287; 91, 84, 96 f.).
bb) Die Kündigung vom 22. August 2000 ist mit Art. 3 Abs. 1 GG nicht vereinbar.
(1) Die Grundrechtsverletzung ergibt sich allerdings nicht bereits aus einem Verstoß gegen das durch Art. 3 GG in Verbindung mit Art. 21 GG gewährleistete Recht politischer Parteien auf Chancengleichheit (vgl. BVerfGE 104, 14, 19 f. m.w.Nachw.). Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 ParteiG sollen alle Parteien gleich behandelt werden, wenn ein Träger öffentlicher Gewalt politischen Parteien Einrichtungen zur Verfügung stellt oder
andere öffentliche Leistungen gewährt. Dies gilt auch für die Eröffnung der Teilnahme am bargeldlosen Zahlungsverkehr aufgrund eines Girovertrages (OVG Hamburg, Beschluß vom 16. September 2002 - 1 Bs 243/02, Umdr. S. 10). Ein Anspruch auf Gleichbehandlung setzt aber voraus, daß eine bestimmte Leistung einer anderen Partei tatsächlich erbracht wird. Daran fehlt es hier. Das Berufungsgericht hat nicht festgestellt , daß die Beklagte ein Girokonto für eine andere politische Partei führt. Der Kläger hat dies auch nicht geltend gemacht.
(2) Auch eine Ungleichbehandlung des Klägers im Verhältnis zu anderen Girokunden der Beklagten verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. § 5 Abs. 1 Satz 1 ParteiG bindet Träger öffentlicher Gewalt nicht in der Entscheidung, ob sie für politische Parteien bestimmte Leistungen erbringen wollen. Da die Beklagte gemäß § 5 SächsSpkVO nur gegenüber natürlichen Personen verpflichtet ist, unter bestimmten Voraussetzungen Girokonten zu führen, ist sie nicht gehindert, diesen Personenkreis und andere Personen, zu denen auch politische Parteien zählen, ungleich zu behandeln.
(3) Der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG erschöpft sich nicht in dem Verbot einer ungerechtfertigten Ungleichbehandlung verschiedener Personen oder Personengruppen, sondern bringt als fundamentales Rechtsprinzip ein Willkürverbot zum Ausdruck (BVerfGE 55, 72, 89; 78, 232, 248; 99, 367, 388; 105, 73, 110; jeweils m.w.Nachw.). Das Willkürverbot ist verletzt, wenn sich bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz beherrschenden Gedanken ein sachgerechter Grund für eine Maßnahme der öffentlichen Gewalt nicht finden läßt (BVerfGE 55, 72,
89 f.; 78, 232, 248). Gemessen hieran hat die Beklagte mit der Kündi- gung vom 22. August 2000 Art. 3 Abs. 1 GG verletzt.
(a) Die Beklagte kann sich zur Rechtfertigung der Kündigung nicht auf eine verfassungsfeindliche Zielsetzung des Klägers berufen. Dem steht die Sperrwirkung des Art. 21 Abs. 2 Satz 2 GG entgegen. Nach dieser Bestimmung entscheidet über die Verfassungswidrigkeit einer Partei das Bundesverfassungsgericht. Hierbei handelt es sich nicht um eine bloße Zuständigkeitsregelung, sondern - in Verbindung mit Art. 21 Abs. 1 GG - um eine Privilegierung der politischen Parteien gegenüber anderen Vereinigungen und Verbänden. Bis zu einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts kann deshalb niemand die Verfassungswidrigkeit einer Partei rechtlich geltend machen (BVerfGE 12, 296, 304; 40, 287, 291). Die Partei soll in ihren politischen Aktivitäten von jeder rechtlichen Behinderung frei sein, solange sie mit allgemein erlaubten Mitteln arbeitet (BVerfGE 13, 123, 126; 39, 334, 357; 40, 287, 291; 47, 130, 139; BVerfG NJW 2001, 2076, 2077).
Die Kündigung vom 22. August 2000 stellt eine unzulässige rechtliche Behinderung dar. Sie greift zwar nicht unmittelbar in die politische Tätigkeit des Klägers ein, beeinträchtigt seine Betätigungsfreiheit aber wesentlich. Der Kläger ist bei seiner Arbeit auf die Teilnahme am bargeldlosen Zahlungsverkehr angewiesen. Anders kann er Zahlungen von existentieller Bedeutung, nämlich die staatliche Teilfinanzierung (§ 19 Abs. 1 Satz 2 ParteiG), nicht entgegennehmen. Auch die Begleichung von Mieten, Telefongebühren oder von Rechnungen im Zusammenhang mit Parteiveranstaltungen ist in weitem Umfang ohne Girokonto praktisch nicht durchführbar.

Ob eine rechtlich erhebliche Behinderung des Klägers ausgeschlossen wäre, wenn er ein Girokonto bei einem anderen Kreditinstitut unterhielte oder eröffnen könnte, bedarf keiner Entscheidung. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei festgestellt, daß dies nicht der Fall ist. Anders als die Revision meint, kann eine unzulässige rechtliche Behinderung auch nicht mit der Begründung verneint werden, der Kläger könne ein Treuhandkonto, etwa seines Prozeßbevollmächtigten, in Anspruch nehmen.
(b) Die Beklagte kann die Kündigung nicht mit einem Imageschaden rechtfertigen, der nach ihrer Darstellung bei Fortführung der Geschäftsverbindung mit dem Kläger droht. Ein solcher Schaden ist nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht zu erwarten. Zudem befürchtet die Beklagte diesen Schaden allein aufgrund einer Verfassungsfeindlichkeit des Klägers, die, wie dargelegt, vor einer entsprechenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts rechtlich nicht geltend gemacht werden kann.
(c) Auch die Forderung des Klägers nach "Überwindung der kapitalistischen Zinswirtschaft" ist kein begründeter Anlaß für eine Kündigung. Sie ist Teil der mit allgemein erlaubten Mitteln arbeitenden parteioffiziellen Tätigkeit, die wegen der Sperrwirkung des Art. 21 Abs. 2 Satz 2 GG nicht zum Anlaß rechtlicher Sanktionen genommen werden darf (vgl. BVerfGE 40, 287, 291). Einen Verstoß gegen die allgemeinen Strafgesetze, der eine andere Beurteilung rechtfertigen würde, hat die Beklagte nicht dargetan. Anhaltspunkte dafür, daß die Guthaben auf dem Girokonto für verbotene oder strafbare Aktivitäten genutzt werden, oder
daß die für den Kläger handelnden Personen Straftaten begangen haben , sind nicht vorgetragen.

b) Die fristlosen Kündigungen vom 26. und 27. September 2000 sind unwirksam, weil, wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei erkannt hat, kein wichtiger Grund im Sinne der Nr. 26 Abs. 2 Satz 1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten vorliegt.
aa) Ob ein bestimmtes Verhalten als ein die fristlose Kündigung rechtfertigender wichtiger Grund zu werten ist, ist weitgehend eine Tatsachenfrage (BGH, Urteil vom 8. Dezember 1994 - II ZR 9/94, WM 1995, 709, 710). Die revisionsrechtliche Nachprüfung dieser Entscheidung ist im wesentlichen darauf beschränkt, ob das Berufungsgericht den Rechtsbegriff des wichtigen Grundes verkannt hat, ob ihm von der Revision gerügte Verfahrensfehler unterlaufen sind und ob es den Tatsachenstoff vollständig gewürdigt hat (BGH, Urteil vom 17. Januar 2001 - VIII ZR 186/99, WM 2001, 1031, 1032).
bb) Dieser Überprüfung hält das Berufungsurteil stand. Das Berufungsgericht ist rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, daß ein wichtiger Grund zur Kündigung nur vorliegt, wenn bei einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles und einer Abwägung der Interessen beider Vertragsparteien dem Kündigenden die Fortsetzung der Geschäftsbeziehung nicht zugemutet werden kann (BGH, Urteile vom 6. März 1986 - III ZR 245/84, WM 1986, 605, 606 und vom 9. November 1992 - II ZR 234/91, WM 1992, 2142, 2143; Bunte, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch 2. Aufl. § 24 Rdn. 28; jeweils m.w.Nachw.). Diese Voraussetzungen hat das Berufungsgericht unter vollständiger Würdi-
gung der von der Beklagten vorgetragenen Tatsachen rechtsfehlerfrei verneint.
(1) Das Berufungsgericht hat in dem Schreiben des Klägers vom 29. August 2000 zu Recht keine verhüllte Drohung gesehen. Die Äußerung , der Kläger werde die Handlungsweise der Beklagten nicht vergessen , steht in unmittelbarem Sachzusammenhang mit der Ankündigung, er werde mit juristischen Mitteln gegen die Kündigung vorgehen. Die Androhung wirtschaftlicher Sanktionen oder körperlicher Gewalt kommt darin nicht zum Ausdruck.
(2) Die vom Kläger im vorausgegangenen Verfahren der einstweiligen Verfügung vertretene Auffassung, die Kündigung vom 22. August 2000 verstoße gegen die guten Sitten sowie gegen Straftatbestände und sei deshalb nichtig, war, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, gemäß § 193 StGB gerechtfertigt und stellt deshalb ebenfalls keinen wichtigen Grund zur Kündigung dar.
cc) Die fristlosen Kündigungen vom 26. und 27. September 2000 bleiben auch dann unwirksam, wenn sie gemäß § 140 BGB in ordentliche Kündigungen gemäß Nr. 26 Abs. 1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten umgedeutet werden. Das Verhalten des Klägers, in dem die Beklagte einen wichtigen Grund zur Kündigung sieht, ist, wie dargelegt, rechtlich nicht zu beanstanden und stellt insbesondere unter Berücksichtigung des Umstands, daß der Kläger lediglich auf vertragswidriges Verhalten der Beklagten reagiert hat, keinen sachgerechten Grund zur Kündigung des Girovertrages dar.

c) Da die Kündigungen der Beklagten unwirksam sind, hat das Berufungsgericht zu Recht festgestellt, daß die Auflösung des Girokontos rechtswidrig war.

III.


Die Revision der Beklagten war daher als unbegründet zurückzuweisen.
Nobbe Bungeroth Joeres
Mayen Appl

(1) Ist eine Zeit für die Leistung weder bestimmt noch aus den Umständen zu entnehmen, so kann der Gläubiger die Leistung sofort verlangen, der Schuldner sie sofort bewirken.

(2) Ist eine Zeit bestimmt, so ist im Zweifel anzunehmen, dass der Gläubiger die Leistung nicht vor dieser Zeit verlangen, der Schuldner aber sie vorher bewirken kann.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Die Entscheidung braucht nicht begründet zu werden, soweit das Revisionsgericht Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Dies gilt nicht für Rügen nach § 547.

Die für die Berufung geltenden Vorschriften über die Anfechtbarkeit der Versäumnisurteile, über die Verzichtsleistung auf das Rechtsmittel und seine Zurücknahme, über die Rügen der Unzulässigkeit der Klage und über die Einforderung, Übersendung und Zurücksendung der Prozessakten sind auf die Revision entsprechend anzuwenden. Die Revision kann ohne Einwilligung des Revisionsbeklagten nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung des Revisionsbeklagten zur Hauptsache zurückgenommen werden.