Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Mai 2006 - XI ZB 20/05
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Der Gegenstandswert beträgt 1.100 €.
Gründe:
I.
- 1
- DieRechtsvorgänger in der beklagten Hypothekenbank (im Folgenden : Beklagte) gewährte der Klägerin 1995 ein Darlehen. Im Jahre 2000 bewilligte sie die vorzeitige Ablösung gegen Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung. Sie berechnete die Höhe der Entschädigung nach der so genannten Aktiv-Passiv-Methode und legte dabei als Rendite aus einer laufzeitkongruenten Wiederanlage des frei gewordenen Betrages die Rendite öffentlicher Anleihen zugrunde. Die Klägerin machte mit Schreiben vom 10. Dezember 2004 unter Bezugnahme auf ein Gutachten einer Verbraucherzentrale geltend, die Berechnung sei unzutreffend, bat, ins- besondere auch unter Berücksichtigung der Entscheidung des erkennenden Senats vom 30. November 2004, um Überprüfung und setzte im Hinblick auf die drohende Verjährung eine Frist bis zum 17. Dezember 2004. Die Beklagte erwiderte mit Schreiben vom 23. Dezember 2004, die Umsetzung der Entscheidung vom 30. November 2004 sei noch nicht möglich , weil die schriftlichen Urteilsgründe noch nicht vorlägen. Sie verzichte deshalb bis zum 30. Juni 2005 auf die Einrede der Verjährung und werde noch mitteilen, ob ein Nachberechnungsanspruch bestehe. Ein Anerkenntnis auf Nachberechnung sei damit nicht verbunden. Dieses Schreiben ging der Klägerin am 28. Dezember 2004 zu.
- 2
- Die Klägerin hat mit einem am 27. Dezember 2004 eingegangenen Schriftsatz vom 23. Dezember 2004 Klage auf Rückzahlung eines Teils der Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von 20.855,11 € erhoben. Nach gerichtlicher Veranlassung des schriftlichen Vorverfahrens hat die Beklagte einen Tag nach Ablauf der Frist gemäß § 276 Abs. 1 Satz 1 ZPO mitgeteilt, sie sei bereit, eine Neuberechnung vorzunehmen und einen etwaigen Überschuss auszuzahlen. Entsprechend der Neuberechnung werde sie den Klageantrag gegebenenfalls ganz oder teilweise anerkennen. Sie werde sich gegen die Klage nur verteidigen, soweit diese nach der Neuberechnung unbegründet sei. Derzeit sei eine Neuberechnung noch nicht sinnvoll, weil die Entscheidungsgründe des Urteils vom 30. November 2004 noch nicht vorlägen.
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- 1. März Am 2005 hat die Beklagte einen Betrag in Höhe von 6.837,74 € unter Verwahrung gegen die Kostenlast anerkannt und im Übrigen Klageabweisung beantragt. Die Klägerin hat die Klage daraufhin, soweit sie über den anerkannten Betrag hinausging, zurückgenommen.
II.
- 4
- Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO zulässige (BGH, Beschluss vom 3. März 2004 - IV ZB 21/03, NJW-RR 2004, 999) Rechtsbeschwerde ist unbegründet.
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- 1. Das Oberlandesgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Ein sofortiges Anerkenntnis im Sinne des § 93 ZPO liege nicht vor. Die Beklagte habe zwar keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben. Die Klägerin habe im Schreiben vom 10. Dezember 2004 eine zu knappe Frist gesetzt und die Verjährungsfrist bis zum Jahresende weitergehend ausschöpfen müssen. Außerdem habe sie nur eine Neuberechnung der Vorfälligkeitsentschädigung verlangt und den eingeklagten Betrag vor Klageerhebung nicht geltend gemacht. Die Beklagte habe den Anspruch aber nicht sofort anerkannt. Ein Anerkenntnis erfolge in der Regel nur dann sofort, wenn es spätestens bis zum Ablauf der Frist zur Erklärung über die Verteidigungsbereitschaft gemäß § 276 ZPO erklärt werde. Dies sei hier nicht geschehen. Die Beklagte könne sich nicht darauf berufen, dass sie erst nach Vorlage der schriftlichen Gründe des Urteils vom 30. November 2004 zu einer Neuberechnung der Vorfälligkeitsentschädigung in der Lage gewesen sei. Anders als eine gesetzliche Neuregelung ändere eine neue höchstrichterliche Rechtsprechung die objektive Rechtslage nicht.
- 6
- 2. Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung im Ergebnis stand. Das Berufungsgericht hat der Beklagten gemäß § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO zu Recht die auf ihr Anerkenntnis entfallenden Kosten auferlegt. Die Voraussetzungen, unter denen diese Kosten gemäß § 93 ZPO von der Klägerin zu tragen wären, liegen nicht vor.
- 7
- a) Ob nach Veranlassung eines schriftlichen Vorverfahrens (§ 272 Abs. 2, § 276 ZPO) ein Anerkenntnis nur dann sofort erklärt wird, wenn es, anders als im vorliegenden Fall, bereits im ersten Erklärungsschriftsatz erfolgt, wird in Rechtsprechung und Literatur unterschiedlich beurteilt (vgl. Bork, in: Stein/Jonas, ZPO 22. Aufl. § 93 Rdn. 6 m.w.Nachw. zum Meinungsstand; Vossler NJW 2006, 1034, 1035 zur Rechtslage nach der Neufassung des § 307 ZPO durch das Erste Justizmodernisierungsgesetz vom 24. August 2004, BGBl. I S. 2198). Diese Frage braucht nicht entschieden zu werden, weil die Beklagte jedenfalls Anlass zur Klageerhebung gegeben hatte.
- 8
- b) Das vorprozessuale Verhalten eines Beklagten gibt Anlass zur Erhebung der Klage, wenn es vernünftigerweise den Schluss auf die Notwendigkeit eines Prozesses rechtfertigt (BGH, Urteil vom 27. Juni 1979 - VIII ZR 233/78, WM 1979, 884, 885; Zöller/Herget, ZPO 25. Aufl. § 93 Rdn. 3, jeweils m.w.Nachw.). Diesen Schluss durfte die Klägerin berechtigterweise ziehen, weil ihre Forderung gemäß Art. 229 § 6 Abs. 1 und 4 Satz 1 EGBGB mit Ablauf des 31. Dezember 2004 zu verjähren drohte und die Beklagte ihr Schreiben vom 10. Dezember 2004 nicht innerhalb der gesetzten Frist bis zum 17. Dezember 2004 beantwortet hatte. Die Beklagte konnte zwar innerhalb dieser Frist das Schreiben der Klägerin nicht abschließend bearbeiten, weil die Klägerin um Berücksichtigung der Senatsentscheidung vom 30. November 2004 gebeten hatte, deren schriftliche Gründe noch nicht veröffentlicht waren. Sie konnte aber kurzfristig auf die Einrede der Verjährung verzichten und eine Neuberechnung der Vorfälligkeitsentschädigung verbindlich in Aussicht stellen. Hierzu bestand vor allem deshalb Anlass, weil die Beklagte unabhängig von dem Senatsurteil vom 30. November 2004 wissen musste, dass sie die Vorfälligkeitsentschädigung fehlerhaft berechnet hatte. Der Senat hatte bereits durch Urteil vom 7. November 2000 (BGHZ 146, 5, 12) entschieden, dass einer Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung nach der Aktiv-Passiv-Methode die Rendite einer Wiederanlage in Hypothekenpfandbriefen und nicht, wie in der Berechnung der Beklagten, die Rendite von Wertpapieren der öffentlichen Hand zugrunde zu legen ist. Daran hatte sich durch das Urteil des Senats vom 30. November 2004 (BGHZ 161, 196 ff.) nichts geändert. Die Beklagte konnte der Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs vom 30. November 2004 und der anschließenden Berichterstattung in den Medien entnehmen, dass der Senat sich in seinem Urteil vom 30. November 2004 nur gegen eine Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung anhand der Wiederanlagerenditen des so genannten PEX-Index ausgesprochen hatte, den die Beklagte bei ihrer Berechnung ohnehin nicht herangezogen hatte. Selbst wenn sie angesichts des ausdrücklichen Wunsches der Klägerin um Berücksichtigung des Urteils vom 30. November 2004 nicht verpflichtet war, die Neuberechnung bereits vor der Veröffentlichung der schriftlichen Urteilsgründe vorzunehmen, war sie aufgrund der offensichtlichen Unrichtigkeit ihrer bisherigen Berechnung jedenfalls gehalten, auf das Schreiben der Klägerin vom 10. Dezember 2004 sofort, d.h. innerhalb der gesetzten Frist bis zum 17. Dezember 2004, auf die Einrede der Verjährung zu verzichten. Der Klägerin war es nicht zuzumuten, die zur Verjährungsunterbrechung erforderliche Klageerhebung über den 23. Dezember 2004 hinaus bis zum Zugang des Schreibens der Beklagten am 28. Dezember 2004 zurückzustellen.
- 9
- 3. Die Rechtsbeschwerde war demnach als unbegründet zurückzuweisen.
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 15.04.2005 - 4 O 24740/04 -
OLG München, Entscheidung vom 20.06.2005 - 19 W 1464/05 -
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(1) Bestimmt der Vorsitzende keinen frühen ersten Termin zur mündlichen Verhandlung, so fordert er den Beklagten mit der Zustellung der Klage auf, wenn er sich gegen die Klage verteidigen wolle, dies binnen einer Notfrist von zwei Wochen nach Zustellung der Klageschrift dem Gericht schriftlich anzuzeigen; der Kläger ist von der Aufforderung zu unterrichten. Zugleich ist dem Beklagten eine Frist von mindestens zwei weiteren Wochen zur schriftlichen Klageerwiderung zu setzen. Ist die Zustellung der Klage im Ausland vorzunehmen, so beträgt die Frist nach Satz 1 einen Monat. Der Vorsitzende kann in diesem Fall auch eine längere Frist bestimmen.
(2) Mit der Aufforderung ist der Beklagte über die Folgen einer Versäumung der ihm nach Absatz 1 Satz 1 gesetzten Frist sowie darüber zu belehren, dass er die Erklärung, der Klage entgegentreten zu wollen, nur durch den zu bestellenden Rechtsanwalt abgeben kann. Die Belehrung über die Möglichkeit des Erlasses eines Versäumnisurteils nach § 331 Abs. 3 hat die Rechtsfolgen aus den §§ 91 und 708 Nr. 2 zu umfassen.
(3) Der Vorsitzende kann dem Kläger eine Frist zur schriftlichen Stellungnahme auf die Klageerwiderung setzen.
(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn
- 1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.
Hat der Beklagte nicht durch sein Verhalten zur Erhebung der Klage Veranlassung gegeben, so fallen dem Kläger die Prozesskosten zur Last, wenn der Beklagte den Anspruch sofort anerkennt.
(1) Bestimmt der Vorsitzende keinen frühen ersten Termin zur mündlichen Verhandlung, so fordert er den Beklagten mit der Zustellung der Klage auf, wenn er sich gegen die Klage verteidigen wolle, dies binnen einer Notfrist von zwei Wochen nach Zustellung der Klageschrift dem Gericht schriftlich anzuzeigen; der Kläger ist von der Aufforderung zu unterrichten. Zugleich ist dem Beklagten eine Frist von mindestens zwei weiteren Wochen zur schriftlichen Klageerwiderung zu setzen. Ist die Zustellung der Klage im Ausland vorzunehmen, so beträgt die Frist nach Satz 1 einen Monat. Der Vorsitzende kann in diesem Fall auch eine längere Frist bestimmen.
(2) Mit der Aufforderung ist der Beklagte über die Folgen einer Versäumung der ihm nach Absatz 1 Satz 1 gesetzten Frist sowie darüber zu belehren, dass er die Erklärung, der Klage entgegentreten zu wollen, nur durch den zu bestellenden Rechtsanwalt abgeben kann. Die Belehrung über die Möglichkeit des Erlasses eines Versäumnisurteils nach § 331 Abs. 3 hat die Rechtsfolgen aus den §§ 91 und 708 Nr. 2 zu umfassen.
(3) Der Vorsitzende kann dem Kläger eine Frist zur schriftlichen Stellungnahme auf die Klageerwiderung setzen.
(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.
(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn
- 1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder - 2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.
Hat der Beklagte nicht durch sein Verhalten zur Erhebung der Klage Veranlassung gegeben, so fallen dem Kläger die Prozesskosten zur Last, wenn der Beklagte den Anspruch sofort anerkennt.
(1) Der Rechtsstreit ist in der Regel in einem umfassend vorbereiteten Termin zur mündlichen Verhandlung (Haupttermin) zu erledigen.
(2) Der Vorsitzende bestimmt entweder einen frühen ersten Termin zur mündlichen Verhandlung (§ 275) oder veranlasst ein schriftliches Vorverfahren (§ 276).
(3) Die Güteverhandlung und die mündliche Verhandlung sollen so früh wie möglich stattfinden.
(4) Räumungssachen sind vorrangig und beschleunigt durchzuführen.
(1) Bestimmt der Vorsitzende keinen frühen ersten Termin zur mündlichen Verhandlung, so fordert er den Beklagten mit der Zustellung der Klage auf, wenn er sich gegen die Klage verteidigen wolle, dies binnen einer Notfrist von zwei Wochen nach Zustellung der Klageschrift dem Gericht schriftlich anzuzeigen; der Kläger ist von der Aufforderung zu unterrichten. Zugleich ist dem Beklagten eine Frist von mindestens zwei weiteren Wochen zur schriftlichen Klageerwiderung zu setzen. Ist die Zustellung der Klage im Ausland vorzunehmen, so beträgt die Frist nach Satz 1 einen Monat. Der Vorsitzende kann in diesem Fall auch eine längere Frist bestimmen.
(2) Mit der Aufforderung ist der Beklagte über die Folgen einer Versäumung der ihm nach Absatz 1 Satz 1 gesetzten Frist sowie darüber zu belehren, dass er die Erklärung, der Klage entgegentreten zu wollen, nur durch den zu bestellenden Rechtsanwalt abgeben kann. Die Belehrung über die Möglichkeit des Erlasses eines Versäumnisurteils nach § 331 Abs. 3 hat die Rechtsfolgen aus den §§ 91 und 708 Nr. 2 zu umfassen.
(3) Der Vorsitzende kann dem Kläger eine Frist zur schriftlichen Stellungnahme auf die Klageerwiderung setzen.
Erkennt eine Partei den gegen sie geltend gemachten Anspruch ganz oder zum Teil an, so ist sie dem Anerkenntnis gemäß zu verurteilen. Einer mündlichen Verhandlung bedarf es insoweit nicht.