Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Jan. 2012 - VIII ZR 63/11

published on 17/01/2012 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Jan. 2012 - VIII ZR 63/11
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Amtsgericht Charlottenburg, 210 C 68/09, 12/10/2009
Landgericht Berlin, 65 S 494/09, 11/01/2011

Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

HINWEISBESCHLUSS
VIII ZR 63/11
vom
17. Januar 2012
in dem Rechtsstreit
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 17. Januar 2012 durch den
Vorsitzenden Richter Ball, die Richterinnen Dr. Milger und Dr. Hessel sowie die
Richter Dr. Schneider und Dr. Bünger beschlossen:
Der Senat beabsichtigt, die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Beklagten durch einstimmigen Beschluss gemäß § 552a ZPO zurückzuweisen, die Revision des Klägers als unzulässig zu verwerfen und seine vorsorglich eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde zurückzuweisen.

Gründe:

1
1. Ein Grund für die Zulassung der Revision besteht nicht. Die vom Berufungsgericht als Zulassungsgrund genannten Rechtsfragen sind nicht grundsätzlicher Natur. Der zeitliche Rahmen, in dem der Mieter die Beseitigung eines Mangels zu veranlassen hat, für den er einen Vorschuss erhalten hat, lässt sich nicht abstrakt festlegen, sondern hängt von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab. Das gleiche gilt für die Beurteilung der weiteren Frage, inwieweit Pflichtverletzungen des Mieters bei der Verwendung des Vorschusses eine fristlose Kündigung nach § 543 Abs. 1 BGB rechtfertigen können.
2
2. Die Revision der Beklagten hat auch keine Aussicht auf Erfolg. Das Berufungsgericht hat zutreffend auf Räumung erkannt. Es hat in dem Verhalten der im Baubereich tätigen Beklagten, Beträge von rund 135.000 € als Vor- schuss für Mangelbeseitigungsarbeiten zu vereinnahmen, diese Arbeiten aber über einen längeren Zeitraum nicht in Angriff zu nehmen, unter den hier vorliegenden und im Berufungsurteil im Einzelnen dargelegten Umständen eine schwerwiegende, die fristlose Kündigung rechtfertigende Verletzung ihrer Pflichten aus dem Mietvertrag gesehen. Einen Rechtsfehler dieser tatrichterlichen Würdigung zeigt die Revision nicht auf.
3
3. Die Revision des Klägers ist unzulässig. Hinsichtlich des Räumungsanspruchs fehlt es bereits an einer Beschwer des Klägers, weil das Berufungsgericht insoweit der Klage stattgegeben hat. Hinsichtlich des Anspruchs auf Zahlung rückständiger Miete ist die Revision unzulässig, weil sie vom Berufungsgericht insoweit nicht zugelassen wurde.
4
Das Berufungsgericht hat die Revision nur beschränkt auf den Räumungsanspruch zugelassen. Die Beschränkung der Zulassung ergibt sich zwar nicht aus dem Tenor des Berufungsurteils, wohl aber - was nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ausreicht (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteil vom 29. Januar 2003 - XII ZR 92/01, BGHZ 153, 358, 360 f. mwN) - aus dessen Gründen. Eine beschränkte Revisionszulassung liegt bereits dann vor, wenn die Rechtsfrage, zu deren Klärung das Berufungsgericht die Revision zugelassen hat, nur für einen selbständig anfechtbaren Teil des Streitgegenstands erheblich ist, weil dann in der Angabe dieses Zulassungsgrundes regelmäßig die eindeutige Beschränkung der Zulassung der Revision auf diesen Anspruch zu sehen ist (vgl. BGH, Urteil vom 29. Januar 2003 - XII ZR 92/01, aaO S. 361 f.). So liegen die Dinge hier. Die vom Berufungsgericht als klärungsbedürftig erachtete Rechtsfrage stellt sich nur im Rahmen des Räumungsanspruchs, nicht aber bei dem daneben vom Kläger erhobenen Anspruch auf Zahlung rückständiger Miete.
5
4. Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist unbegründet, weil die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Zulassung der Revision erfordert. Das Berufungsgericht hat den vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf Zahlung rückständiger Miete mit der Begründung verneint , dass die Miete teilweise aufgrund verschiedener Mängel gemindert gewesen und im Übrigen durch die von den Beklagten erklärte Aufrechnung mit einem Anspruch auf Vorschuss zur Mängelbeseitigung erloschen sei. Entgegen der Auffassung des Klägers hatte das Berufungsgericht keinen Anlass, sich in diesem Zusammenhang damit auseinanderzusetzen, ob dem Kläger ein Anspruch auf Rückzahlung des Vorschusses zusteht, denn einen solchen Anspruch , an dessen Geltendmachung er durch das Berufungsurteil nicht gehindert ist, hat der Kläger im vorliegenden Rechtsstreit nicht geltend gemacht.
6
5. Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses. Ball Dr. Milger Dr. Hessel Dr. Schneider Dr. Bünger Hinweis: Das Revisionsverfahren ist durch Zurückweisungsbeschluss erledigt worden.
Vorinstanzen:
AG Berlin-Charlottenburg, Entscheidung vom 12.10.2009 - 210 C 68/09 -
LG Berlin, Entscheidung vom 11.01.2011 - 65 S 494/09 -
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Das Revisionsgericht weist die von dem Berufungsgericht zugelassene Revision durch einstimmigen Beschluss zurück, wenn es davon überzeugt ist, dass die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nicht vorliegen und die Revision keine Aussicht auf

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Annotations

Das Revisionsgericht weist die von dem Berufungsgericht zugelassene Revision durch einstimmigen Beschluss zurück, wenn es davon überzeugt ist, dass die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nicht vorliegen und die Revision keine Aussicht auf Erfolg hat. § 522 Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(1) Jede Vertragspartei kann das Mietverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich fristlos kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Ein wichtiger Grund liegt insbesondere vor, wenn

1.
dem Mieter der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache ganz oder zum Teil nicht rechtzeitig gewährt oder wieder entzogen wird,
2.
der Mieter die Rechte des Vermieters dadurch in erheblichem Maße verletzt, dass er die Mietsache durch Vernachlässigung der ihm obliegenden Sorgfalt erheblich gefährdet oder sie unbefugt einem Dritten überlässt oder
3.
der Mieter
a)
für zwei aufeinander folgende Termine mit der Entrichtung der Miete oder eines nicht unerheblichen Teils der Miete in Verzug ist oder
b)
in einem Zeitraum, der sich über mehr als zwei Termine erstreckt, mit der Entrichtung der Miete in Höhe eines Betrages in Verzug ist, der die Miete für zwei Monate erreicht.
Im Falle des Satzes 1 Nr. 3 ist die Kündigung ausgeschlossen, wenn der Vermieter vorher befriedigt wird. Sie wird unwirksam, wenn sich der Mieter von seiner Schuld durch Aufrechnung befreien konnte und unverzüglich nach der Kündigung die Aufrechnung erklärt.

(3) Besteht der wichtige Grund in der Verletzung einer Pflicht aus dem Mietvertrag, so ist die Kündigung erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten angemessenen Frist oder nach erfolgloser Abmahnung zulässig. Dies gilt nicht, wenn

1.
eine Frist oder Abmahnung offensichtlich keinen Erfolg verspricht,
2.
die sofortige Kündigung aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen gerechtfertigt ist oder
3.
der Mieter mit der Entrichtung der Miete im Sinne des Absatzes 2 Nr. 3 in Verzug ist.

(4) Auf das dem Mieter nach Absatz 2 Nr. 1 zustehende Kündigungsrecht sind die §§ 536b und 536d entsprechend anzuwenden. Ist streitig, ob der Vermieter den Gebrauch der Mietsache rechtzeitig gewährt oder die Abhilfe vor Ablauf der hierzu bestimmten Frist bewirkt hat, so trifft ihn die Beweislast.