Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Jan. 2020 - VIII ZR 170/18

bei uns veröffentlicht am28.01.2020
vorgehend
Landgericht Mönchengladbach, 7 O 28/16, 12.05.2017
Oberlandesgericht Düsseldorf, 7 U 134/17, 25.05.2018

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VIII ZR 170/18
vom
28. Januar 2020
in dem Rechtsstreit
ECLI:DE:BGH:2020:280120BVIIIZR170.18.0

Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 28. Januar 2020 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Milger, die Richterin Dr. Fetzer, die Richter Dr. Bünger und Kosziol sowie die Richterin Wiegand

beschlossen:
Die als Gegenvorstellung anzusehende Beschwerde der Beklagten gegen die Streitwertfestsetzung im Senatsbeschluss vom 17. Dezember 2019 wird zurückgewiesen.

Gründe:


I.


1
Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 2. Januar 2020 gegen den mit Beschluss des Senats vom 17. Dezember 2019 auf 62.700 € festgesetzten Wert des Beschwerdeverfahrens "Streitwertbeschwerde" erhoben und eine Herabsetzung des Streitwerts auf 40.000 € beantragt.

II.


2
Die Beschwerde ist als Gegenvorstellung zulässig, aber unbegründet.
3
1. Gegen einen Streitwertbeschluss des Bundesgerichtshofs ist zwar keine Beschwerde zulässig. Statthaft ist aber eine Gegenvorstellung, die in der für eine Beschwerde geltenden Frist des § 68 Abs. 1 Satz 3 GKG eingelegt werden muss (BGH, Beschlüsse vom 7. April 2011 - VII ZR 66/07, juris Rn. 7 mwN; vom 13. November 2019 - IV ZR 178/18, juris Rn. 3). Diese Frist ist hier eingehalten.
4
2. Die Gegenvorstellung ist jedoch unbegründet. Eine Änderung des festgesetzten Streitwerts ist nicht veranlasst, da er mit 62.700 € zutreffend bemessen worden ist.
5
Der Streitwert erhöht sich im Streitfall gemäß § 45 Abs. 3 GKG - ausgehend von der Klageforderung in Höhe von 20.000 € - um 42.700 € auf 62.700 €.
6
a) Die Werterhöhung gemäß § 45 Abs. 3 GKG bemisst sich bei einer hilfsweise erklärten Aufrechnung mit mehreren rechtlich selbstständigen Gegenansprüchen gegen eine bestrittene Klageforderung anhand des Gesamtwerts der rechtskraftfähig aberkannten Gegenforderungen, wenn das Gericht die Klage für begründet, die Gegenforderungen jedoch für unbegründet erachtet (vgl. Senatsbeschluss vom 6. November 1991 - VIII ZR 294/90, NJW-RR 1992, 316 unter 2 [zu § 19 Abs. 3 GKG aF]; OLG Düsseldorf, BauR 2010, 937 Rn. 12). Mehrere nicht verselbstständigte Teilbeträge derselben hilfsweise zur Aufrechnung gestellten Forderung - wie etwa unselbstständige Rechnungsposten eines einheitlichen Vorschussanspruchs - können hingegen nicht in einem Eventualverhältnis zueinander stehen und infolgedessen auch keine mehrfache Werterhöhung gemäß § 45 Abs. 3 GKG auslösen (vgl. BGH, Beschluss vom 1. Februar 1995 - XII ZR 218/94, NJW-RR 1995, 508 unter [II] 2 b [zu § 19 Abs. 3 GKG aF]).
7
b) Danach beträgt die Werterhöhung nach § 45 Abs. 3 GKG im Streitfall 42.700 €.
8
Die Beklagte hat hilfsweise - wegen Nichtabnahme des Recyclers durch die Klägerin - mit folgenden Schadensersatzforderungen aufgerechnet: - 5.000 € Vermittlungsgebühr für den Ersatzverkauf - 15.000 € Differenz zwischen Inzahlungnahme eines anderen Recyclers im Rahmen des Ersatzverkaufs und tatsächlich erzieltem Erlös bei der Weiterveräußerung dieses anderen Recyclers - 10.000 € Wertverlust des Traktors, der im Rahmen des Ersatzverkaufs ebenfalls in Zahlung genommen wurde, bislang jedoch nicht weiterveräußert werden konnte - 12.700 € Kosten der Lagerung des streitgegenständlichen Recyclers vom 1. Juli 2015 bis 4. November 2015 (Zeitpunkt des Ersatzverkaufs)
9
Entgegen der Auffassung der Beklagten handelt es sich hierbei um rechtlich selbstständige Gegenforderungen und nicht etwa um unselbstständige Positionen eines einheitlichen Anspruchs. Zwar stützt die Beklagte die zur Aufrechnung gestellten Schadensersatzansprüche sämtlich auf dieselbe behauptete Pflichtverletzung der Klägerin, namentlich die Nichtabnahme des betreffenden Recyclers. Jedoch leitet sie aus dieser behaupteten Pflichtverletzung unterschiedliche Schadensersatzansprüche aufgrund jeweils verschiedener Lebenssachverhalte (zusätzliche Vermittlungsgebühr, Erlösminderung durch ungünstigen Weiterverkauf bzw. eingetretenen Wertverlust der in Zahlung genommenen Gegenstände, Lagerkosten) ab. Gegenstand der Hilfsaufrechnung sind mithin mehrere Schadensersatzansprüche, die zweifellos in einem Eventualverhältnis zueinander stehen können und deshalb - jeweils - eine entsprechende Streitwerterhöhung auslösen.
10
Über die genannten Gegenforderungen haben beide Vorinstanzen eine rechtskraftfähige Entscheidung getroffen. Die Nichtzulassungsbeschwerde hat das Berufungsurteil auch ausdrücklich in vollem Umfang zur Überprüfung durch die Revisionsinstanz gestellt.
Dr. Milger Dr. Fetzer Dr. Bünger
Kosziol Wiegand
Vorinstanzen:
LG Mönchengladbach, Entscheidung vom 12.05.2017 - 7 O 28/16 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 25.05.2018 - I-7 U 134/17 -

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Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 68 Beschwerde gegen die Festsetzung des Streitwerts


(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Geri

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 45 Klage und Widerklage, Hilfsanspruch, wechselseitige Rechtsmittel, Aufrechnung


(1) In einer Klage und in einer Widerklage geltend gemachte Ansprüche, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, werden zusammengerechnet. Ein hilfsweise geltend gemachter Anspruch wird mit dem Hauptanspruch zusammengerechnet, soweit eine

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 19 Kostenansatz


(1) Außer in Strafsachen und in gerichtlichen Verfahren nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten werden angesetzt: 1. die Kosten des ersten Rechtszugs bei dem Gericht, bei dem das Verfahren im ersten Rechtszug anhängig ist oder zuletzt anhängig war,

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(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.

(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

(1) In einer Klage und in einer Widerklage geltend gemachte Ansprüche, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, werden zusammengerechnet. Ein hilfsweise geltend gemachter Anspruch wird mit dem Hauptanspruch zusammengerechnet, soweit eine Entscheidung über ihn ergeht. Betreffen die Ansprüche im Fall des Satzes 1 oder 2 denselben Gegenstand, ist nur der Wert des höheren Anspruchs maßgebend.

(2) Für wechselseitig eingelegte Rechtsmittel, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, ist Absatz 1 Satz 1 und 3 entsprechend anzuwenden.

(3) Macht der Beklagte hilfsweise die Aufrechnung mit einer bestrittenen Gegenforderung geltend, erhöht sich der Streitwert um den Wert der Gegenforderung, soweit eine der Rechtskraft fähige Entscheidung über sie ergeht.

(4) Bei einer Erledigung des Rechtsstreits durch Vergleich sind die Absätze 1 bis 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Außer in Strafsachen und in gerichtlichen Verfahren nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten werden angesetzt:

1.
die Kosten des ersten Rechtszugs bei dem Gericht, bei dem das Verfahren im ersten Rechtszug anhängig ist oder zuletzt anhängig war,
2.
die Kosten des Rechtsmittelverfahrens bei dem Rechtsmittelgericht.
Dies gilt auch dann, wenn die Kosten bei einem ersuchten Gericht entstanden sind.

(2) In Strafsachen und in gerichtlichen Verfahren nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten, in denen eine gerichtliche Entscheidung durch die Staatsanwaltschaft zu vollstrecken ist, werden die Kosten bei der Staatsanwaltschaft angesetzt. In Jugendgerichtssachen, in denen eine Vollstreckung einzuleiten ist, werden die Kosten bei dem Amtsgericht angesetzt, dem der Jugendrichter angehört, der die Vollstreckung einzuleiten hat (§ 84 des Jugendgerichtsgesetzes); ist daneben die Staatsanwaltschaft Vollstreckungsbehörde, werden die Kosten bei dieser angesetzt. Im Übrigen werden die Kosten in diesen Verfahren bei dem Gericht des ersten Rechtszugs angesetzt. Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens vor dem Bundesgerichtshof werden stets bei dem Bundesgerichtshof angesetzt.

(3) Hat die Staatsanwaltschaft im Fall des § 25a des Straßenverkehrsgesetzes eine abschließende Entscheidung getroffen, werden die Kosten einschließlich derer, die durch einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung entstanden sind, bei ihr angesetzt.

(4) Die Dokumentenpauschale sowie die Auslagen für die Versendung von Akten werden bei der Stelle angesetzt, bei der sie entstanden sind.

(5) Der Kostenansatz kann im Verwaltungsweg berichtigt werden, solange nicht eine gerichtliche Entscheidung getroffen ist. Ergeht nach der gerichtlichen Entscheidung über den Kostenansatz eine Entscheidung, durch die der Streitwert anders festgesetzt wird, kann der Kostenansatz ebenfalls berichtigt werden.

(1) In einer Klage und in einer Widerklage geltend gemachte Ansprüche, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, werden zusammengerechnet. Ein hilfsweise geltend gemachter Anspruch wird mit dem Hauptanspruch zusammengerechnet, soweit eine Entscheidung über ihn ergeht. Betreffen die Ansprüche im Fall des Satzes 1 oder 2 denselben Gegenstand, ist nur der Wert des höheren Anspruchs maßgebend.

(2) Für wechselseitig eingelegte Rechtsmittel, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, ist Absatz 1 Satz 1 und 3 entsprechend anzuwenden.

(3) Macht der Beklagte hilfsweise die Aufrechnung mit einer bestrittenen Gegenforderung geltend, erhöht sich der Streitwert um den Wert der Gegenforderung, soweit eine der Rechtskraft fähige Entscheidung über sie ergeht.

(4) Bei einer Erledigung des Rechtsstreits durch Vergleich sind die Absätze 1 bis 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Außer in Strafsachen und in gerichtlichen Verfahren nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten werden angesetzt:

1.
die Kosten des ersten Rechtszugs bei dem Gericht, bei dem das Verfahren im ersten Rechtszug anhängig ist oder zuletzt anhängig war,
2.
die Kosten des Rechtsmittelverfahrens bei dem Rechtsmittelgericht.
Dies gilt auch dann, wenn die Kosten bei einem ersuchten Gericht entstanden sind.

(2) In Strafsachen und in gerichtlichen Verfahren nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten, in denen eine gerichtliche Entscheidung durch die Staatsanwaltschaft zu vollstrecken ist, werden die Kosten bei der Staatsanwaltschaft angesetzt. In Jugendgerichtssachen, in denen eine Vollstreckung einzuleiten ist, werden die Kosten bei dem Amtsgericht angesetzt, dem der Jugendrichter angehört, der die Vollstreckung einzuleiten hat (§ 84 des Jugendgerichtsgesetzes); ist daneben die Staatsanwaltschaft Vollstreckungsbehörde, werden die Kosten bei dieser angesetzt. Im Übrigen werden die Kosten in diesen Verfahren bei dem Gericht des ersten Rechtszugs angesetzt. Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens vor dem Bundesgerichtshof werden stets bei dem Bundesgerichtshof angesetzt.

(3) Hat die Staatsanwaltschaft im Fall des § 25a des Straßenverkehrsgesetzes eine abschließende Entscheidung getroffen, werden die Kosten einschließlich derer, die durch einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung entstanden sind, bei ihr angesetzt.

(4) Die Dokumentenpauschale sowie die Auslagen für die Versendung von Akten werden bei der Stelle angesetzt, bei der sie entstanden sind.

(5) Der Kostenansatz kann im Verwaltungsweg berichtigt werden, solange nicht eine gerichtliche Entscheidung getroffen ist. Ergeht nach der gerichtlichen Entscheidung über den Kostenansatz eine Entscheidung, durch die der Streitwert anders festgesetzt wird, kann der Kostenansatz ebenfalls berichtigt werden.

(1) In einer Klage und in einer Widerklage geltend gemachte Ansprüche, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, werden zusammengerechnet. Ein hilfsweise geltend gemachter Anspruch wird mit dem Hauptanspruch zusammengerechnet, soweit eine Entscheidung über ihn ergeht. Betreffen die Ansprüche im Fall des Satzes 1 oder 2 denselben Gegenstand, ist nur der Wert des höheren Anspruchs maßgebend.

(2) Für wechselseitig eingelegte Rechtsmittel, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, ist Absatz 1 Satz 1 und 3 entsprechend anzuwenden.

(3) Macht der Beklagte hilfsweise die Aufrechnung mit einer bestrittenen Gegenforderung geltend, erhöht sich der Streitwert um den Wert der Gegenforderung, soweit eine der Rechtskraft fähige Entscheidung über sie ergeht.

(4) Bei einer Erledigung des Rechtsstreits durch Vergleich sind die Absätze 1 bis 3 entsprechend anzuwenden.