vorgehend
Amtsgericht München, 121, 01.07.33281
Oberlandesgericht München, 22 AR 341/11, 06.09.2011

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VII ZA 15/11
vom
9. Februar 2012
in Sachen
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 9. Februar 2012 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kniffka und die Richter Dr. Kuffer, Dr. Eick,
Halfmeier und Prof. Leupertz

beschlossen:
Das Ablehnungsgesuch des Antragstellers gegen den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kniffka und die Richter Bauner, Dr. Eick, Halfmeier und Prof. Leupertz wegen Besorgnis der Befangenheit wird als unzulässig zurückgewiesen. Die als Anhörungsrüge aufzufassende sofortige Beschwerde des Antragstellers vom 22. Oktober 2011 gegen den Beschluss des Senats vom 12. Oktober 2011 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Gründe:

I.

1
Der Senat ist in der eingangs genannten Besetzung zur Entscheidung über das Ablehnungsgesuch berufen. Bei eindeutig unzulässigen oder rechtsmissbräuchlichen Ablehnungsgesuchen sind die abgelehnten Richter an der weiteren Mitwirkung nicht gehindert. In diesen Fällen entscheidet - abweichend vom Wortlaut des § 45 Abs. 1 ZPO - das Gericht unter Mitwirkung der abgelehnten Richter (BGH, Beschlüsse vom 28. April 2011 - V ZR 8/10,Rn. 2 juris; vom 22. Oktober 2009 - I ZB 85/08, Rn. 3 juris; BVerfG, NJW 2007, 3771, 3772; NJW-RR 2008, 72, 73).
2
Ein offenbar grundloses, weil nur pauschales Ablehnungsgesuch ist eindeutig unzulässig (Zöller/Vollkommer, ZPO, 29. Aufl., § 45 Rn. 4; BVerwG, NJW 1997, 3327 f.). Ein solches liegt vor, wenn der Ablehnungsgrund nicht durch nachvollziehbaren Bezug zum konkreten Rechtsstreit wenigstens ansatzweise substantiiert worden ist; Wertungen ohne Tatsachensubstanz genügen hierfür nicht (BVerwG, aaO). So liegt der Fall hier. Der Antragsteller macht zur Begründung des Ablehnungsgesuchs die Besorgnis der Befangenheit der namentlich genannten Richter, die den Beschluss vom 12. Oktober 2011 gefasst haben , geltend, weil diese mit Absicht und Vorsatz willkürlich gegen das Gebot der Gleichbehandlung und den allgemeinen Justizgewährleistungsanspruch des Grundgesetzes verstoßen hätten. Diese pauschale Behauptung ist ohne jede Tatsachensubstanz und daher von vornherein ungeeignet, eine Besorgnis der Befangenheit der genannten Richter aufzuzeigen. Damit ist eine weitere Prüfung des geltend gemachten Ablehnungsgrundes weder nötig noch überhaupt möglich. In derartigen Fällen, in denen ein Eingehen auf den Verfahrensgegenstand entbehrlich ist, können die abgelehnten Richter die Entscheidung selbst treffen (BVerfG, NJW 2007, 3771, 3772 f.). In diesen Fällen erübrigt sich auch die Abgabe einer dienstlichen Äußerung gemäß § 44 Abs. 3 ZPO (Zöller/ Vollkommer, ZPO, 29. Aufl., § 44 Rn. 4).

II.

3
Die vom Antragsteller erhobene nicht statthafte sofortige Beschwerde gegen den Beschluss vom 12. Oktober 2011 ist zu seinen Gunsten als Anhörungsrüge gemäß § 321a ZPO aufzufassen. Sie ist zulässig, aber unbegründet.
Der Senat hat das Vorbringen zur Kenntnis genommen, jedoch aus Rechtsgründen nicht für durchgreifend erachtet.
Kniffka Kuffer Eick Halfmeier Leupertz
Vorinstanzen:
AG München - 121 C 33281/07 -
OLG München, Entscheidung vom 06.09.2011 - 22 AR 341/11 -

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Feb. 2012 - VII ZA 15/11

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Feb. 2012 - VII ZA 15/11

Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Feb. 2012 - VII ZA 15/11 zitiert 4 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 321a Abhilfe bei Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör


(1) Auf die Rüge der durch die Entscheidung beschwerten Partei ist das Verfahren fortzuführen, wenn1.ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und2.das Gericht den Anspruch dieser Partei auf rechtliches G

Zivilprozessordnung - ZPO | § 44 Ablehnungsgesuch


(1) Das Ablehnungsgesuch ist bei dem Gericht, dem der Richter angehört, anzubringen; es kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden. (2) Der Ablehnungsgrund ist glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides statt darf die Partei nic

Zivilprozessordnung - ZPO | § 45 Entscheidung über das Ablehnungsgesuch


(1) Über das Ablehnungsgesuch entscheidet das Gericht, dem der Abgelehnte angehört, ohne dessen Mitwirkung. (2) Wird ein Richter beim Amtsgericht abgelehnt, so entscheidet ein anderer Richter des Amtsgerichts über das Gesuch. Einer Entscheidung b

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Feb. 2012 - VII ZA 15/11 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Feb. 2012 - VII ZA 15/11 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Okt. 2009 - I ZB 85/08

bei uns veröffentlicht am 22.10.2009

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS I ZB 85/08 vom 22. Oktober 2009 in dem Zwangsvollstreckungsverfahren Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 22. Oktober 2009 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und die Richter Pokrant, Prof. Dr. Bü

Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Apr. 2011 - V ZR 8/10

bei uns veröffentlicht am 28.04.2011

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS V ZR 8/10 vom 28. April 2011 in dem Rechtsstreit Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 28. April 2011 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die Richter Dr. Lemke und Prof. Dr. Schmidt-Räntsch, die Ric
2 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Feb. 2012 - VII ZA 15/11.

Bundesgerichtshof Beschluss, 24. März 2015 - VIII ZB 91/14

bei uns veröffentlicht am 24.03.2015

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS VIII ZB 91/14 vom 24. März 2015 in dem Rechtsstreit Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 24. März 2015 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Milger, die Richterin Dr. Hessel sowie die Richter Dr. Achilles, Dr.

Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Apr. 2017 - VIII ZB 9/17

bei uns veröffentlicht am 25.04.2017

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS VIII ZB 9/17 vom 25. April 2017 in dem Rechtsstreit ECLI:DE:BGH:2017:250417BVIIIZB9.17.0 Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. April 2017 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Milger, die Richterin Dr. H

Referenzen

(1) Über das Ablehnungsgesuch entscheidet das Gericht, dem der Abgelehnte angehört, ohne dessen Mitwirkung.

(2) Wird ein Richter beim Amtsgericht abgelehnt, so entscheidet ein anderer Richter des Amtsgerichts über das Gesuch. Einer Entscheidung bedarf es nicht, wenn der abgelehnte Richter das Ablehnungsgesuch für begründet hält.

(3) Wird das zur Entscheidung berufene Gericht durch Ausscheiden des abgelehnten Mitglieds beschlussunfähig, so entscheidet das im Rechtszug zunächst höhere Gericht.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZR 8/10
vom
28. April 2011
in dem Rechtsstreit
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 28. April 2011 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die Richter Dr. Lemke und Prof.
Dr. Schmidt-Räntsch, die Richterin Dr. Stresemann und den Richter
Dr. Czub

beschlossen:
Das Ablehnungsgesuch des Klägers gegen den V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs, namentlich den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die Richter Dr. Lemke und Prof. Dr. Schmidt-Räntsch, die Richterin Dr. Stresemann und den Richter Dr. Czub, wegen Besorgnis der Befangenheit wird als unzulässig zurückgewiesen.

Gründe:

I.

1
Der Senat hat mit Beschluss vom 2. Dezember 2010 den Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe mangels hinreichender Erfolgsaussicht der von dem Kläger beabsichtigten Rechtsverfolgung zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluss hat der Kläger - gleichzeitig mit einer Anhörungsrüge nach § 321a ZPO - mit einem Schriftsatz seines zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten ein Ablehnungsgesuch gegen den V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs, namentlich gegen die an der Beschlussfassung beteiligten Richter, vorgebracht, das er mit einem weiteren Schriftsatz begründet hat.

II.

2
1. Der Senat ist in der eingangs genannten Besetzung zur Entscheidung über das Ablehnungsgesuch berufen. Bei eindeutig unzulässigen oder rechtsmissbräuchlichen Ablehnungsgesuchen sind die abgelehnten Richter an der weiteren Mitwirkung nicht gehindert. In diesen Fällen entscheidet - abweichend vom Wortlaut des § 45 Abs. 1 ZPO - das Gericht unter Mitwirkung der abgelehnten Richter (BGH, Beschluss vom 22. Oktober 2009 - I ZB 85/08, Rn. 3 juris; BVerfG, NJW 2007, 3771, 3772; NJW-RR 2008, 72, 73).
3
2. Eindeutig unzulässig ist die Ablehnung eines gesamten Spruchkörpers eines Gerichts, weil nach § 42 ZPO nur der einzelne Richter, nicht aber das Gericht als solches oder eine Gerichtsabteilung abgelehnt werden kann (BGH, Beschlüsse vom 7. November 1973 - VIII ARZ 14/73, NJW 1974, 55, 56 und vom 4. Februar 2002 - II ARZ 1/01, NJW-RR 2002, 789).
4
Das ist der Inhalt des Ablehnungsgesuchs des Klägers. Nach dem Antragswortlaut wird der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs abgelehnt. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass darin die fünf Mitglieder des Senats namentlich benannt worden sind, die den mit der Anhörungsrüge zur Überprüfung gestellten Beschluss unterzeichnet haben. Diese Bezeichnung der Senatsmitglieder ist auch unter Berücksichtigung des Gebots, das Ablehnungsgesuch vollständig zu erfassen und gegebenenfalls wohlwollend auszulegen (BVerfG, NJW 2007, 3771, 3773; NJW-RR 2008, 72, 74), nicht als eine zulässige Ablehnung einzelner Richter zu interpretieren. Nach der Antragsbegründung soll der abgelehnte Senat aufgrund der Vorbefassung und der Ausführungen in seiner Entscheidung in der Parallelsache der Tochter des Klägers gegen die Beklagte in dieser Sache nicht mehr entscheiden, weil der Kläger Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Senats in dem vorliegenden Anhö- rungsverfahren hat. Es benennt auch keine konkreten, auf eine Befangenheit der einzelnen Mitglieder des Senats hinweisende Anhaltspunkte (vgl. BFH, Beschluss vom 20. November 2009 - III S 20/09, Rn. 4 juris). Krüger Lemke Schmidt-Räntsch Stresemann Czub
Vorinstanzen:
LG Bochum, Entscheidung vom 16.08.2007 - 1 O 31/06 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 02.12.2009 - I-31 U 143/07 -
3
In klaren Fällen eines unzulässigen oder missbräuchlich angebrachten Ablehnungsgesuchs sind die abgelehnten Richter nicht an weiterer Mitwirkung gehindert (BVerfG, Kammerbeschl. v. 20.7.2007 - 1 BvR 2228/06, NJW 2007, 3771, 3772 f.). Die Ablehnungsgesuche sind offensichtlich unzulässig, weil sie erst nach abschließender Erledigung des Rechtsbeschwerdeverfahrens durch unanfechtbare Entscheidung eingereicht wurden. Zu diesem Zeitpunkt ist ein Ablehnungsgesuch nicht mehr zulässig (vgl. BGHZ 141, 90, 93; Zöller/Vollkommer , ZPO, 27. Aufl., § 42 Rdn. 4). Das Rechtsbeschwerdeverfahren, auf das allein sich die Ablehnungsgesuche der Schuldnerin beziehen können, war mit dem Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 11. Dezember 2008 unanfechtbar beendet. Die Feststellung dieses Sachverhalts setzt keine Beurteilung des eigenen Verhaltens durch die abgelehnten Richter voraus. Sie ist deshalb keine Entscheidung in eigener Sache und kann unter Mitwirkung der abgelehnten Richter erfolgen.

(1) Das Ablehnungsgesuch ist bei dem Gericht, dem der Richter angehört, anzubringen; es kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

(2) Der Ablehnungsgrund ist glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides statt darf die Partei nicht zugelassen werden. Zur Glaubhaftmachung kann auf das Zeugnis des abgelehnten Richters Bezug genommen werden.

(3) Der abgelehnte Richter hat sich über den Ablehnungsgrund dienstlich zu äußern.

(4) Wird ein Richter, bei dem die Partei sich in eine Verhandlung eingelassen oder Anträge gestellt hat, wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt, so ist glaubhaft zu machen, dass der Ablehnungsgrund erst später entstanden oder der Partei bekannt geworden sei. Das Ablehnungsgesuch ist unverzüglich anzubringen.

(1) Auf die Rüge der durch die Entscheidung beschwerten Partei ist das Verfahren fortzuführen, wenn

1.
ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und
2.
das Gericht den Anspruch dieser Partei auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
Gegen eine der Endentscheidung vorausgehende Entscheidung findet die Rüge nicht statt.

(2) Die Rüge ist innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben; der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Nach Ablauf eines Jahres seit Bekanntgabe der angegriffenen Entscheidung kann die Rüge nicht mehr erhoben werden. Formlos mitgeteilte Entscheidungen gelten mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Die Rüge ist schriftlich bei dem Gericht zu erheben, dessen Entscheidung angegriffen wird. Die Rüge muss die angegriffene Entscheidung bezeichnen und das Vorliegen der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 genannten Voraussetzungen darlegen.

(3) Dem Gegner ist, soweit erforderlich, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

(4) Das Gericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rüge an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist erhoben ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rüge als unzulässig zu verwerfen. Ist die Rüge unbegründet, weist das Gericht sie zurück. Die Entscheidung ergeht durch unanfechtbaren Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden.

(5) Ist die Rüge begründet, so hilft ihr das Gericht ab, indem es das Verfahren fortführt, soweit dies auf Grund der Rüge geboten ist. Das Verfahren wird in die Lage zurückversetzt, in der es sich vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung befand. § 343 gilt entsprechend. In schriftlichen Verfahren tritt an die Stelle des Schlusses der mündlichen Verhandlung der Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können.