Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Aug. 2015 - VI ZR 222/14


Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
I.
- 1
- Am 8. November 2004 kam es auf einer Landstraße gegen 4.45 Uhr zu einem Zusammenstoß zwischen einem Rind des Beklagten und dem vom Kläger geführten Fahrzeug. Das Oberlandesgericht hat den Beklagten zu 1 verurteilt , dem Kläger ein Schmerzensgeld in Höhe von 10.000 € zu zahlen, und festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger 50 % der über den Verdienstausfall für den Zeitraum November 2004 bis einschließlich März 2007 hinausgehenden weiteren materiellen Schäden, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind oder noch übergehen, zu ersetzen ebenso wie die künftigen immateriellen Schäden, soweit sie derzeit nicht vorhersehbar, aber in ihrem Eintritt auch nicht gänzlich unwahrscheinlich sind, unter Berücksichtigung eines Mitverursachungsanteils von 50 %. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Die Nichtzulassungsbeschwerde macht geltend, das Berufungsgericht habe entscheidungserhebliches Vorbringen des Klägers zum Verdienstausfall unberücksichtigt gelassen, zu Unrecht ein hälftiges Mitverschulden des Klägers angenommen und bei der Bemessung des Schmerzensgeldes wesentliche Faktoren außer Acht gelassen.
II.
- 2
- Die Nichtzulassungsbeschwerde hat teilweise Erfolg und führt gemäß § 544 Abs. 7 ZPO zur Aufhebung des angegriffenen Beschlusses und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht, soweit der Kläger Ersatz des Verdienstausfalls für den Zeitraum November 2004 bis März 2007 verlangt.
- 3
- 1. Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Das Gebot des rechtlichen Gehörs soll als Prozessgrundrecht sicherstellen, dass die Entscheidung frei von Verfahrensfehlern ergeht, welche ihren Grund in unterlassener Kenntnisnahme und Nichtberücksichtigung des Sachvortrags der Parteien haben. In diesem Sinne gebietet Art. 103 Abs. 1 GG in Verbindung mit den Grundsätzen der Zivilprozessordnung die Berücksichtigung erheblicher Beweisanträge. Die Nichtberücksichtigung eines erheblichen Sachvortragsund Beweisangebots verstößt gegen Art. 103 Abs. 1 GG, wenn sie im Prozessrecht keine Stütze findet (vgl. Senat, Beschluss vom 12. Mai 2009 - VI ZR 275/08, VersR 2009, 1137 Rn. 2 mwN).
- 4
- 2. So verhält es sich im Streitfall. Die Nichtzulassungsbeschwerde beanstandet zu Recht, das Berufungsgericht habe gehörswidrig nicht berücksichtigt, dass der Kläger mit der Berufungsbegründung seinen Verdienstausfall ebenso wie die Abrechnung der B. vom 28. Januar 2013 über die Zahlung von Krankengeld während der Arbeitsunfähigkeit bis zum 31. Mai 2006 noch einmal dargelegt hat. Er hat als Anlage zur Berufungsbegründung auch einen entsprechenden Nachweis der B. und der Verdienstabrechnungen für Januar 2004 bis Juni 2004 sowie für einen Zeitraum vor dem Unfallereignis im November 2004 vorgelegt.
- 5
- Das Berufungsgericht hat auch nicht entschieden, dass der Vortrag des Klägers in der zweiten Instanz gemäß § 531 Abs. 2 ZPO nicht zugelassen wird. Es hat vielmehr ausgeführt, die erstinstanzlichen Darlegungen zur Berechnung des Verdienstausfalls im Zeitraum zwischen dem Unfall und Mai 2006 seien bestritten worden und der Kläger habe gleichwohl Belege nicht vorgelegt und auch sonst keinen Beweis angetreten. Das Landgericht habe deswegen zu Recht angenommen, dass der Verdienstausfall zwar dem Grunde nach zumin- dest für den Zeitraum bis April 2005 in Betracht komme, jedoch für diesen Zeitraum wie insgesamt für den geltend gemachten Zeitraum nicht belegt sei.
- 6
- 3. Im Übrigen war die Nichtzulassungsbeschwerde zurückzuweisen, weil sie nicht aufzeigt, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Von einer näheren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2, 2. Halbsatz ZPO abgesehen. Galke Stöhr von Pentz Offenloch Oehler
LG Kassel, Entscheidung vom 25.09.2012 - 7 O 552/07 -
OLG Frankfurt in Kassel, Entscheidung vom 14.04.2014 - 25 U 159/12 -

moreResultsText

Annotations
(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).
(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn
- 1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder - 2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.
(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.
(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.
(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.
(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.
(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.
(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.
(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.
(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.
(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie
- 1.
einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist, - 2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder - 3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.