Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Mai 2011 - VI ZR 112/10
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
- 1
- Die gemäß § 321a ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Gehörsrüge ist nicht begründet.
- 2
- Nach Art. 103 Abs. 1 GG sind die Gerichte verpflichtet, das Vorbringen der Parteien zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Die Gerichte brauchen jedoch nicht das Vorbringen der Beteiligten in den Gründen der Entscheidung ausdrücklich zu bescheiden (BVerfGE 96, 205, 216 f.; BGH, Beschluss vom 24. Februar 2005 - III ZR 263/04, NJW 2005, 1432 f.). Nach § 544 Abs. 4 Satz 2 ZPO kann das Revisionsgericht von einer Begründung des Beschlusses , mit dem es über die Nichtzulassungsbeschwerde entscheidet, absehen , wenn diese nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen , unter denen eine Revision zuzulassen ist. Von dieser Möglichkeit hat der Senat Gebrauch gemacht. Bei der Entscheidung über die Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde hat er das mit der Anhörungsrüge des Klägers als übergangen beanstandete Vorbringen in vollem Umfang geprüft, ihm aber keine Gründe für eine Zulassung der Revision entnehmen können.
- 3
- Der Senat hat sich zu den Unterschieden im Verschuldenserfordernis in den §§ 104, 105 SGB VII und in § 110 SGB VII in mehreren Urteilen geäußert (Senat, Urteil vom 11. Februar 2003 - VI ZR 34/02, BGHZ 154, 1, 18 f.; Urteile vom 25. Juli 2008 - VI ZR 212/07, VersR 2008, 1407 Rn. 31 ff. und vom 30. Januar 2001 - VI ZR 49/00, VersR 2001, 985 Rn. 11 ff.). Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der unterschiedlichen Regelungen vermag auch der vorliegende Fall nicht zu begründen.
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- Das Berufungsurteil beruht auch weder auf einer Verletzung des Verfahrensgrundrechts auf rechtliches Gehör noch auf einem Verstoß gegen das Willkürverbot. Die Auffassung des Berufungsgerichts, dass der Beklagte zu 1 lediglich grob fahrlässig und nicht vorsätzlich gehandelt habe, indem er den Kläger trotz seines Körpergewichts von 110 kg Arbeiten auf dem Dach verrichten ließ, ist noch vertretbar und rechtlich nicht zu beanstanden. Gerade der Umstand, dass der Beklagte zu 1 auf einer Vielzahl von Baustellen zusammen mit dem Kläger Dacharbeiten durchgeführt hat, ohne dass es zu einem Unfall gekommen wäre, spricht dafür, dass aufgrund der Üblichkeit des Arbeitseinsatzes des Klägers die damit verbundene Gefahr vom Beklagten zu 1 nicht erkannt worden ist.
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- Zutreffend hat das Berufungsgericht eine Haftung der Beklagten zu 2 wegen Verletzung einer vertraglichen oder einer deliktischen Verkehrssicherungspflicht verneint. Nachdem die Beklagte zu 2 die primäre Verkehrssicherungspflicht auf den Beklagten zu 1 übertragen hatte, war sie für die Absicherung der Baustelle nicht mehr unmittelbar verantwortlich. Anhaltspunkte dafür, dass offensichtliche Sicherheitsmängel auf der Baustelle der Beklagten zu 2 Anlass für ein Eingreifen geben mussten, sind nicht festgestellt. Der Schluss der Nichtzulassungsbeschwerde, dass die Beklagte zu 2 aufgrund der - im Übrigen bestrittenen - Herabsenkung des Lattenpreises davon hätte ausgehen müssen, dass der Beklagte zu 1 minderwertiges Material verwenden würde, ist schon fern liegend. Dass die Beklagte zu 2 im Weiteren daraus auf eine Gefährdung der Arbeitssicherheit schließen musste, überspannt jedenfalls die Anforderungen an den Sorgfaltsmaßstab des Generalunternehmers bei der Beauftragung eines Subunternehmers.
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- In nicht zu beanstandender Weise hat das Berufungsgericht auch die Haftung der Beklagten zu 3 verneint. Selbst wenn der Beklagten zu 3 die eigene Pflicht zur Bestellung eines Sicherungskoordinators nach den §§ 3 ff. Baustellenverordnung als öffentlicher Auftraggeber bekannt gewesen sein müsste, wäre nach den Umständen des Streitfalls ein Ursachenzusammenhang zwischen der Verletzung einer solchen Pflicht und dem Unfall des Klägers nicht gegeben. Die Frage, inwieweit die entsprechenden Vorschriften der Baustellen- verordnung Unfallschutzvorschriften zu Gunsten des einzelnen Arbeitnehmers darstellen, wirft der Streitfall mithin nicht in entscheidungserheblicher Weise auf. Galke Zoll Diederichsen Pauge von Pentz
LG Halle, Entscheidung vom 07.03.2008 - 5 O 532/06 -
OLG Naumburg, Entscheidung vom 18.03.2010 - 4 U 52/08 -
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(1) Auf die Rüge der durch die Entscheidung beschwerten Partei ist das Verfahren fortzuführen, wenn
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ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und - 2.
das Gericht den Anspruch dieser Partei auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
(2) Die Rüge ist innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben; der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Nach Ablauf eines Jahres seit Bekanntgabe der angegriffenen Entscheidung kann die Rüge nicht mehr erhoben werden. Formlos mitgeteilte Entscheidungen gelten mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Die Rüge ist schriftlich bei dem Gericht zu erheben, dessen Entscheidung angegriffen wird. Die Rüge muss die angegriffene Entscheidung bezeichnen und das Vorliegen der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 genannten Voraussetzungen darlegen.
(3) Dem Gegner ist, soweit erforderlich, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.
(4) Das Gericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rüge an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist erhoben ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rüge als unzulässig zu verwerfen. Ist die Rüge unbegründet, weist das Gericht sie zurück. Die Entscheidung ergeht durch unanfechtbaren Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden.
(5) Ist die Rüge begründet, so hilft ihr das Gericht ab, indem es das Verfahren fortführt, soweit dies auf Grund der Rüge geboten ist. Das Verfahren wird in die Lage zurückversetzt, in der es sich vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung befand. § 343 gilt entsprechend. In schriftlichen Verfahren tritt an die Stelle des Schlusses der mündlichen Verhandlung der Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können.
(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).
(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn
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der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder - 2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.
(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.
(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.
(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.
(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.
(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.
(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.
(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.
(1) Unternehmer sind den Versicherten, die für ihre Unternehmen tätig sind oder zu ihren Unternehmen in einer sonstigen die Versicherung begründenden Beziehung stehen, sowie deren Angehörigen und Hinterbliebenen nach anderen gesetzlichen Vorschriften zum Ersatz des Personenschadens, den ein Versicherungsfall verursacht hat, nur verpflichtet, wenn sie den Versicherungsfall vorsätzlich oder auf einem nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 versicherten Weg herbeigeführt haben. Ein Forderungsübergang nach § 116 des Zehnten Buches findet nicht statt.
(2) Absatz 1 gilt entsprechend für Personen, die als Leibesfrucht durch einen Versicherungsfall im Sinne des § 12 geschädigt worden sind.
(3) Die nach Absatz 1 oder 2 verbleibenden Ersatzansprüche vermindern sich um die Leistungen, die Berechtigte nach Gesetz oder Satzung infolge des Versicherungsfalls erhalten.
(1) Personen, die durch eine betriebliche Tätigkeit einen Versicherungsfall von Versicherten desselben Betriebs verursachen, sind diesen sowie deren Angehörigen und Hinterbliebenen nach anderen gesetzlichen Vorschriften zum Ersatz des Personenschadens nur verpflichtet, wenn sie den Versicherungsfall vorsätzlich oder auf einem nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 versicherten Weg herbeigeführt haben. Satz 1 gilt entsprechend bei der Schädigung von Personen, die für denselben Betrieb tätig und nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 versicherungsfrei sind. § 104 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 und 3 gilt entsprechend.
(2) Absatz 1 gilt entsprechend, wenn nicht versicherte Unternehmer geschädigt worden sind. Soweit nach Satz 1 eine Haftung ausgeschlossen ist, werden die Unternehmer wie Versicherte, die einen Versicherungsfall erlitten haben, behandelt, es sei denn, eine Ersatzpflicht des Schädigers gegenüber dem Unternehmer ist zivilrechtlich ausgeschlossen. Für die Berechnung von Geldleistungen gilt der Mindestjahresarbeitsverdienst als Jahresarbeitsverdienst. Geldleistungen werden jedoch nur bis zur Höhe eines zivilrechtlichen Schadenersatzanspruchs erbracht.
(1) Haben Personen, deren Haftung nach den §§ 104 bis 107 beschränkt ist, den Versicherungsfall vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt, haften sie den Sozialversicherungsträgern für die infolge des Versicherungsfalls entstandenen Aufwendungen, jedoch nur bis zur Höhe des zivilrechtlichen Schadenersatzanspruchs. Statt der Rente kann der Kapitalwert gefordert werden. Das Verschulden braucht sich nur auf das den Versicherungsfall verursachende Handeln oder Unterlassen zu beziehen.
(1a) Unternehmer, die Schwarzarbeit nach § 1 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes erbringen und dadurch bewirken, dass Beiträge nach dem Sechsten Kapitel nicht, nicht in der richtigen Höhe oder nicht rechtzeitig entrichtet werden, erstatten den Unfallversicherungsträgern die Aufwendungen, die diesen infolge von Versicherungsfällen bei Ausführung der Schwarzarbeit entstanden sind. Eine nicht ordnungsgemäße Beitragsentrichtung wird vermutet, wenn die Unternehmer die Personen, bei denen die Versicherungsfälle eingetreten sind, nicht nach § 28a des Vierten Buches bei der Einzugsstelle oder der Datenstelle der Rentenversicherung angemeldet hatten.
(2) Die Sozialversicherungsträger können nach billigem Ermessen, insbesondere unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners, auf den Ersatzanspruch ganz oder teilweise verzichten.