vorgehend
Amtsgericht Saarlouis, 26 C 533/10, 23.02.2011
Landgericht Saarbrücken, 5 S 9/12, 23.03.2012

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZR 99/12
vom
12. Juli 2012
in dem Rechtsstreit
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 12. Juli 2012 durch den Vorsitzenden
Richter Prof. Dr. Krüger, die Richter Dr. Lemke und
Prof. Dr. Schmidt-Räntsch und die Richterinnen Dr. Brückner und Weinland

beschlossen:
Der Antrag der Beklagten, ihr Prozesskostenhilfe für das Revisionsverfahren unter Beiordnung von Rechtsanwalt Dr. Schott zu bewilligen, wird zurückgewiesen.

Gründe:


I.

1
Die Parteien sind Eigentümer aneinandergrenzender, mit Reihenhäusern bebauter Grundstücke, die im Jahr 1957 infolge Aufteilung eines ursprünglich mit Siedlungsgebäuden bebauten Gesamtgrundstücks entstanden. Seit der Aufteilung liegt ein von der Beklagten als Schlafzimmer genutztes Zimmer im Erdgeschoss mit einem Fenster zum Grundstück der Klägerin vollständig auf deren Grundstück und somit innerhalb des Baukörpers des Reihenhauses der Klägerin. Die Zugangstür befindet sich auf der Grundstücksgrenze.
2
Mit der Behauptung, der Zugang zu dem Zimmer sei früher von ihrem heutigen Haus aus erfolgt und erst später - unter Herstellung des Zugangs von dem Haus der Beklagten - zugemauert worden, hat die Klägerin die Herausgabe des Zimmers und die Beseitigung eines Verschlags in dem über dem Zimmer befindlichen Speicher sowie die Erstattung von 489,45 € vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten verlangt. Das Amtsgericht hat die Beklagte zum Abbau des Verschlags verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landgericht auch der Herausgabeklage stattgegeben und die Beklagte zur Zahlung von 489,45 € verurteilt. Dagegen richtet sich die von dem Landgericht zugelassene Revision der Beklagten. Diese beantragt die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Revisionsverfahren.

II.

3
Nach Ansicht des Berufungsgerichts ist die Klägerin Eigentümerin des Zimmers. Das folge aus dem Grundsatz der vertikalen Teilung, weil sich das Zimmer mit den Wänden und dem Boden vollständig auf dem Grundstück der Klägerin befinde. Die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zum Eigengrenzüberbau seien deshalb nicht anzuwenden. Allerdings führte die Anwendung dieser Grundsätze zu demselben Ergebnis. Der Herausgabeanspruch sei weder verjährt noch verwirkt.

III.

4
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist zurückzuweisen, weil das Rechtsmittel keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat. Es wird nach § 552a ZPO zurückzuweisen sein.
5
1. Die Zulassung der Revision in dem Berufungsurteil ist rechtswidrig, weil keiner der in § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO genannten Zulassungsgründe vorliegt.
6
2. Die Ausführungen des Berufungsgerichts sind revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
7
a) Die Beklagte ist nach § 985 BGB zur Herausgabe des Zimmers verpflichtet.
8
aa) Zu Recht hält das Berufungsgericht die zum Eigengrenzüberbau entwickelten Grundsätze für nicht anwendbar. Denn es geht hier nicht - wir dort - um den Fall, dass der Eigentümer zweier aneinandergrenzender Grundstücke mit dem Bau auf einem derselben die Grenze überschreitet und die Grundstücke später in das Eigentum verschiedener Personen gelangen (vgl. Senat, Urteil vom 23. Februar 1990 - V ZR 231/88, BGHZ 110, 298, 300), oder dass ein Grundstück in der Weise aufgeteilt wird, dass aus einem aufstehenden Gebäude zwei selbständige Gebäude entstehen und ein Teil eines Gebäudes in das Nachbargrundstück hineinragt (vgl. Senat, Urteil vom 4. Dezember 1987 - V ZR 274/86, BGHZ 102, 311, 313 ff.).
9
bb) Auch die - von dem Berufungsgericht nicht erwogenen - Grundsätze der Eigentumszuordnung bei verschachtelter Bauweise kommen nicht zur Anwendung. Sie gelten dann, wenn zwei nebeneinander liegende Grundstücke in der Weise bebaut wurden, dass einzelne Geschosse der beiden aufstehenden Gebäude zum Teil in das jeweilige Nachbargrundstück hineinragen (Senat, Urteil vom 15. Februar 2008 - V ZR 222/06, BGHZ 175, 253, 259 f. Rn. 15 f.).
10
cc) Die Grundstückssituation und die bauliche Situation stellen sich hier so dar, dass mit der Teilung des ursprünglichen Grundstücks die Entstehung der Reihenhäuser als wirtschaftlich selbständige Einheiten einherging, ohne dass ein Teil des einen Gebäudes in das Nachbargrundstück hineinragte. Das streitige Zimmer befindet sich mit Wänden und Boden, also insgesamt auf dem der Klägerin gehörenden Grundstück; es ragt deshalb nicht von dem Grundstück der Beklagten dort hinein. In einem solchen Fall ist nach dem Grundsatz der vertikalen Teilung entsprechend dem Gedanken der Regelung in § 94 Abs. 1 BGB jeder Gebäudeteil eigentumsrechtlich dem Grundstück zuzuordnen, auf dem er steht (Senat, Urteil vom 10. Oktober 2003 - V ZR 96/03, WM 2004, 1340, 1341). Demnach ist die Klägerin Eigentümerin des sich vollständig auf ihrem Grundstück befindenden Zimmers.
11
b) Ob die Ansicht des Berufungsgerichts zutrifft, dass bei der Anwendung der zum Eigengrenzüberbau entwickelten Grundsätze die eigentumsrechtliche Zuordnung des Zimmers nicht anders wäre, kann somit offenbleiben.
12
c) Ebenfalls zu Recht sieht das Berufungsgericht den Herausgabeanspruch als unverjährbar an (Senat, Urteil vom 16. März 2007 - V ZR 190/06, NJW 2007, 2183).
13
d) Rechtlich nicht zu beanstanden ist auch die Ansicht des Berufungsgerichts , der Herausgabeanspruch sei nicht verwirkt. Es hat seiner Entscheidung die allgemeinen Grundsätze der Verwirkung und die Besonderheiten bei der Verwirkung eines Herausgabeanspruchs nach § 985 BGB, die der Senat in sei- nem Urteil vom 16. März 2007 dargestellt und herausgearbeitet hat (V ZR 190/06, NJW 2007, 2183 f.), zugrunde gelegt und ist zu dem von dem Revisionsgericht hinzunehmenden Ergebnis gelangt, dass sich für die Beklagte die Herausgabepflicht nicht als schlechthin unerträglich darstellt.
Krüger Lemke Schmidt-Räntsch Brückner Weinland
Vorinstanzen:
AG Saarlouis, Entscheidung vom 23.02.2011 - 26 C 533/10 (11) -
LG Saarbrücken, Entscheidung vom 23.03.2012 - 5 S 9/12 -

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Zivilprozessordnung - ZPO | § 552a Zurückweisungsbeschluss


Das Revisionsgericht weist die von dem Berufungsgericht zugelassene Revision durch einstimmigen Beschluss zurück, wenn es davon überzeugt ist, dass die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nicht vorliegen und die Revision keine Aussicht auf

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 985 Herausgabeanspruch


Der Eigentümer kann von dem Besitzer die Herausgabe der Sache verlangen.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 94 Wesentliche Bestandteile eines Grundstücks oder Gebäudes


(1) Zu den wesentlichen Bestandteilen eines Grundstücks gehören die mit dem Grund und Boden fest verbundenen Sachen, insbesondere Gebäude, sowie die Erzeugnisse des Grundstücks, solange sie mit dem Boden zusammenhängen. Samen wird mit dem Aussäen, ei

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Bundesgerichtshof Urteil, 10. Okt. 2003 - V ZR 96/03

bei uns veröffentlicht am 10.10.2003

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 96/03 Verkündet am: 10. Oktober 2003 Kanik Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Bundesgerichtshof Urteil, 15. Feb. 2008 - V ZR 222/06

bei uns veröffentlicht am 15.02.2008

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 222/06 Verkündet am: 15. Februar 2008 Lesniak Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR:

Bundesgerichtshof Urteil, 16. März 2007 - V ZR 190/06

bei uns veröffentlicht am 16.03.2007

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 190/06 Verkündet am: 16. März 2007 Langendörfer-Kunz Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BG

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Das Revisionsgericht weist die von dem Berufungsgericht zugelassene Revision durch einstimmigen Beschluss zurück, wenn es davon überzeugt ist, dass die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nicht vorliegen und die Revision keine Aussicht auf Erfolg hat. § 522 Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

Der Eigentümer kann von dem Besitzer die Herausgabe der Sache verlangen.

15
d) Für den hier vorliegenden Fall des wechselseitigen Überbaus einzelner Geschosse gilt nichts anderes (vgl. Senat, BGHZ 62, 141, 145 f.; 64, 333, 337). Wenn jedes Geschoss insgesamt nach seiner Lage, baulichen Gestaltung und wirtschaftlichen Nutzung eine Einheit mit einem der beiden Gebäude bildet, führt das zu dem Vorrang des in § 93 BGB ebenfalls zum Ausdruck gekommenen Gesichtspunkts der natürlich-wirtschaftlichen Einheit von Gebäuden vor der in § 94 Abs. 1 BGB bestimmten Zuordnung zu dem Grundstückseigentum. Ei- gentümer der Räume in den übergebauten Geschossen ist somit derjenige, dem das Grundstück gehört, auf dem sich das Gebäude befindet, dem die Geschosse bei natürlicher und wirtschaftlicher Betrachtung zuzuordnen sind.

(1) Zu den wesentlichen Bestandteilen eines Grundstücks gehören die mit dem Grund und Boden fest verbundenen Sachen, insbesondere Gebäude, sowie die Erzeugnisse des Grundstücks, solange sie mit dem Boden zusammenhängen. Samen wird mit dem Aussäen, eine Pflanze wird mit dem Einpflanzen wesentlicher Bestandteil des Grundstücks.

(2) Zu den wesentlichen Bestandteilen eines Gebäudes gehören die zur Herstellung des Gebäudes eingefügten Sachen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 96/03 Verkündet am:
10. Oktober 2003
Kanik
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB §§ 93, 94; ZGB DDR §§ 295, 467
Wird ein Grundstück in der Weise geteilt, daß Räume eines aufstehenden Gebäudes
von der Grenze der beiden neu gebildeten Grundstücke durchschnitten werden,
sind diese wesentlicher Bestandteil des Grundstücks, auf dem das Gebäude steht,
welchem die Räume bei natürlicher Betrachtung zuzuordnen sind. Der Wille der
Beteiligten, die von der Grundstücksgrenze durchschnittenen Räume eigentumsmäßig
beiden Grundstücken zuzuordnen, ist demgegenüber unbeachtlich.
BGH, Urt. v. 10. Oktober 2003 - V ZR 96/03 - LG Neubrandenburg
AG Neustrelitz
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 10. Oktober 2003 durch die Richter Tropf, Dr. Klein, Dr. Lemke, Dr. Gaier
und die Richterin Dr. Stresemann für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel der Beklagten werden das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Neubrandenburg vom 4. März 2003 im Kostenpunkt und, soweit es die Klage betrifft, aufgehoben und das Urteil des Amtsgerichts Neustrelitz vom 2. Oktober 2002 abgeändert : Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des ersten Rechtszuges und der Revisionsinstanz trägt der Kläger; die Kosten des Berufungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger verlangt von der Beklagten die Herausgabe von Wohnraumflächen.
Die Parteien sind Eigentümer benachbarter Grundstücke in Mecklenburg -Vorpommern, auf denen ein Haus mit zwei nebeneinander liegenden Wohnungen steht. Ursprünglich befand sich das Gebäude auf einem ungeteil-
ten Grundstück, welches der Mutter der Beklagten gehörte. Von ihr erwarb die Beklagte 1980 eine Grundstückshälfte. In diesem Zusammenhang wurde das Grundstück so geteilt, daß die Grenze im Erdgeschoß und im Obergeschoß je einen Raum durchschneidet. Mit Einverständnis ihrer Mutter nutzte die Beklagte diese Räume und baute sie aus. Nach dem Tod der Mutter ging deren Grundstück mit dem darauf befindlichen Gebäudeteil in das Eigentum einer Erbengemeinschaft über. Sodann erwarb es der Kläger Anfang 2001 im Wege der Zwangsversteigerung.
Der Kläger verlangt von der Beklagten die Herausgabe der bei vertikaler Teilung auf seinem Grundstück befindlichen Raumflächen. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben. Mit ihrer - von dem Landgericht zugelassenen - Revision verfolgt die Beklagte ihr Ziel einer Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe:


I.


Das Berufungsgericht ist der Ansicht, der Kläger könne Herausgabe der auf seinem Grundstücksteil befindlichen Raumflächen, die von der Beklagten genutzt werden, nach § 985 BGB verlangen. Die Beklagte habe kein Recht zum Besitz. Ein Überbau im Sinne des § 912 BGB liege nicht vor, da die Beklagte die Grenze nicht überbaut habe. Eine entsprechende Anwendung von § 912 BGB sei nicht angebracht. Anläßlich der nachträglich erfolgten Aufteilung
und Grenzziehung sei es den Beteiligten ohne weiteres möglich gewesen, den Grenzverlauf innerhalb des Hauses der tatsächlichen Nutzung anzupassen. Da dies unterblieben sei, könne nur gefolgert werden, daß sie eine entsprechende Grenzziehung nicht gewollt hätten. Aus dem Einverständnis ihrer Mutter mit der Nutzung der streitigen Flächen könne die Beklagte gegenüber dem Kläger keine Rechte herleiten. Das Grundstück sei vom Kläger im Wege der Zwangsversteigerung und damit lastenfrei erworben worden.

II.


Die Revision der Beklagten hat Erfolg.
1. Die angefochtene Entscheidung ist allerdings nicht deshalb aufzuheben , weil die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache durch einen Einzelrichter erfolgt ist. Anders als bei Beschlüssen in Beschwerdeverfahren , in denen der Einzelrichter die Rechtsbeschwerde wegen Grundsätzlichkeit zugelassen hat (vgl. BGH, Beschluß v. 13. März 2003, IX ZB 134/02, NJW 2003, 1254), ist der Einzelrichter, dem das Verfahren vom Kollegium übertragen wurde, im Berufungsverfahren der zur Entscheidung befugte gesetzliche Richter (vgl. BGH, Urt. v. 16. Juli 2003, VIII ZR 286/02, NJW 2003, 2900).
2. In der Sache hält das Berufungsurteil einer revisionsrechtlichen Nachprüfung jedoch nicht stand. Dem Kläger steht kein Anspruch auf Herausgabe der streitgegenständlichen Flächen nach § 985 BGB zu, da diese nicht in seinem, sondern im Eigentum der Beklagten stehen.


a) Die Teilung des Grundstücks und der Erwerb der Beklagten haben vor dem 3. Oktober 1990 stattgefunden. Die sachenrechtlichen Wirkungen dieser Maßnahmen sind nach dem in Art. 233 § 2 Abs. 1 EGBGB zum Ausdruck kommenden Grundsatz daher nach dem Recht der DDR zu beurteilen (vgl. Senat , Urt. v. 24. Januar 1997, V ZR 172/95, VIZ 1997, 294).
Wurde ein Grundstück in der Weise aufgeteilt, daß die Grenze der beiden neu gebildeten Grundstücke ein vorhandenes Gebäude durchschneidet, und gelangten die Grundstücke in das Eigentum verschiedener Personen, standen sich bei der Zuordnung des Eigentums nach dem Recht der DDR zwei widerstreitende Prinzipien gegenüber, die in § 295 Abs. 1 ZGB geregelte Bindung des Eigentums am Gebäude an das Eigentum am Grundstück einerseits, und das nach § 467 Abs. 2 und 3 ZGB vorgesehene einheitliche Eigentum an einem Gebäude andererseits. Nach der Rechtsprechung des Senats ist dieser Konflikt auch für Grundstücke in den neuen Bundesländern anhand der für den sogenannten Eigengrenzüberbau entwickelten Grundsätze (vgl. Senat, BGHZ 64, 333; 102, 311; 105, 202, 204; 110, 298, 302) zu lösen (vgl. Senat, Urt. v. 24. Januar 1997, V ZR 172/95, aaO).
In den Fällen des Eigengrenzüberbaus gibt der Senat in ständiger Rechtsprechung dem in § 93 BGB bzw. § 467 Abs. 2 und 3 ZGB geregelten Grundsatz des einheitlichen Eigentums an einer Sache den Vorzug gegenüber der in § 94 BGB bzw. § 295 Abs. 1 ZGB vorgesehenen Bindung des Eigentums an einem Gebäude an das Eigentum am Grundstück. Das bedeutet: Überschreitet der Eigentümer zweier benachbarter Grundstücke mit dem Bau auf einem dieser Grundstücke die Grenze des anderen, so wird der hinüberge-
baute Gebäudeteil nicht Bestandteil des überbauten Grundstücks, sondern das Gebäude bildet, wenn es ein einheitliches Ganzes darstellt, einen wesentlichen Bestandteil desjenigen Grundstücks, von dem aus übergebaut worden ist (Senat , Urt. v. 26. April 1961, V ZR 203/59, LM § 912 BGB Nr. 9; BGHZ 102, 311, 314; Urt. v. 12. Oktober 2001, V ZR 268/00, NJW 2002, 54).
Dasselbe gilt für den Fall der Teilung eines Grundstücks in der Weise, daß ein aufstehendes Gebäude von der Grenze der beiden neu gebildeten Grundstücke durchschnitten wird. Gelangen diese Grundstücke in das Eigentum verschiedener Personen, so ist das Eigentum an dem Gebäude als Ganzem , wenn sich der nach Umfang, Lage und wirtschaftlicher Bedeutung eindeutig maßgebende Teil auf einem der Grundstücke befindet, mit dem Eigentum an diesem Grundstück verbunden (Senat, BGHZ 64, 333; 102, 311; 105, 202, 204; 110, 298, 302). Nur wenn die Grenzziehung zu einer Trennung des Gebäudes in zwei wirtschaftlich selbständige Einheiten führt, kann jeder Gebäudeteil dem Grundstück zugeordnet werden, auf dem er steht (Grundsatz der vertikalen Teilung entsprechend dem Gedanken des § 94 Abs. 1 BGB, vgl. Senat , Urt. v. 12. Oktober 2001, V ZR 268/00, aaO). Ragt jedoch in einem solchen Fall ein Teil des einen Gebäudes in das Nachbargrundstück hinein, so findet auf diesen hineinragenden Teil, auch wenn er nur eines von mehreren Geschossen betrifft, wiederum § 93 BGB Anwendung. Nach dem darin zum Ausdruck gekommenen Gedanken, wirtschaftliche Werte möglichst zu erhalten, werden Räume, die von ihrer Größe, Lage, baulichen Eigenart und wirtschaftlichen Nutzung her einem (selbständigen) Gebäudeteil zugehörig sind, auch eigentumsrechtlich diesem Gebäudeteil zugeordnet, sind also mit dem Eigentum an dem Grundstück verbunden, auf dem sich der maßgebende Teil des Raums befindet.


b) Hiervon abzuweichen besteht für den vorliegenden Fall kein Anlaß.
aa) Ohne Erfolg macht der Revisionsbeklagte geltend, die vorstehenden Grundsätze seien nach den tatsächlichen Gegebenheiten nicht einschlägig, weil die herausverlangten Flächen im Zeitpunkt der Teilung noch zu der sich auf seinem Grundstück befindlichen Wohnung gehört hätten, und von der Beklagten erst seit einem Umbau in den Neunziger Jahren genutzt würden. Seiner Gegenrüge stehen die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil entgegen. Danach ist das Gebäude "durch die einverständliche Grenzziehung in der beschriebenen Weise aufgeteilt worden", nämlich so, daß die von der Beklagten genutzten Raumteile auf dem Grundstück des Klägers liegen (Seite 4 des Berufungsurteils). Auch bei seiner nachfolgenden Argumentation, den Beteiligten sei es bei der Aufteilung und Grenzziehung ohne weiteres möglich gewesen, den Grenzverlauf innerhalb des Hauses der tatsächlichen Nutzung anzupassen, geht das Berufungsgericht ersichtlich davon aus, daß die streitgegenständlichen Flächen bereits vor der Teilung des Grundstücks als zu der von der Beklagten bewohnten Haushälfte zugehörig genutzt worden sind. Eine etwaige Unrichtigkeit dieser Feststellung hätte im Berichtigungsverfahren nach § 320 ZPO behoben werden müssen. Da ein solches nicht durchgeführt wurde, ist der vom Berufungsgericht zugrunde gelegte Sachverhalt für das weitere Verfahren bindend (§ 314 ZPO).
bb) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts steht der Anwendung der zum Eigengrenzüberbau entwickelten Grundsätze nicht entgegen, daß die Beteiligten eine "Verzahnung" der Eigentumsabgrenzung innerhalb des Hauses möglicherweise nicht gewollt haben.

Die Annahme, aus der der tatsächlichen Nutzung des Hauses nicht entsprechenden Grundstücksteilung können nur gefolgert werden, daß eine solche nicht gewollt gewesen sei, ist schon in tatsächlicher Hinsicht fehlerhaft. Das Berufungsgericht hätte - da Feststellungen zum Vorgang der Grundstücksteilung , den daran Beteiligten und ihren Absichten nicht getroffen worden sind -, die naheliegende Möglichkeit in Erwägung ziehen müssen, daß der Konflikt zwischen dem gewählten Grenzverlauf und der räumlichen Einheit der vorhandenen Wohnungen bei der Teilung nicht erkannt oder angesichts der einverständlichen Nutzung des Hauses jedenfalls nicht als regelungsbedürftig angesehen worden ist.
In rechtlicher Hinsicht hat das Berufungsgericht verkannt, daß ein etwaiger Wille der Beteiligten, die streitgegenständlichen Flächen im Eigentum der Mutter der Beklagten zu belassen, folgenlos geblieben wäre, da er der sachenrechtlichen Rechtslage widersprochen hätte. Ebensowenig wie die Absicht des Überbauenden, das Gebäude eigentumsmäßig zwei Grundstücken zuzuordnen , die Eigentumslage beeinflußt (vgl. Senat, Urt. v. 2. Juni 1989, V ZR 167/88, NJW-RR 1989, 1039), ist im Zusammenhang mit der Aufteilung eines Grundstücks, durch die ein aufstehendes Gebäude von der Grundstücksgrenze durchschnitten wird, der Wille der Beteiligten von Bedeutung, Räume eigentumsmäßig zu teilen, die mit einem Gebäude oder Gebäudeteil ein einheitliches Ganzes bilden. Eine Vereinbarung dieses Inhalts widerspräche der sachenrechtlichen Rechtslage und wäre daher unwirksam (vgl. Senat, Urt. v. 12. Oktober 2001, V ZR 268/00, aaO). Die vom Senat anerkannte Möglichkeit, die Rechtsfolgen eines Überbaus durch Rechtsgeschäft in gewissem Umfang abweichend von den gesetzlichen Regelungen zu bestimmen (vgl. Senat, Urt.
v. 13. Juli 1966, V ZR 8/64, BB 1966, 961), steht hierzu nicht in Widerspruch. Gemeint sind Rechtsgeschäfte über die Duldungspflicht des Nachbarn (§ 912 BGB), nicht aber Vereinbarungen, die auf eine Änderung der aus § 93 BGB bzw. § 467 Abs. 2 u. 3 ZGB folgenden, grundsätzlich zwingenden eigentumsrechtlichen Zuordnung abzielen.
Die vom Berufungsgericht unterstellte Absicht der Beteiligten, das Eigentum am Gebäude nach dem Verlauf der Grundstücksgrenze aufzuteilen, ist daher unbeachtlich. Die streitgegenständlichen Flächen sind vielmehr wesentlicher Bestandteil des Grundstücks, auf dem das Gebäude steht, welchem sie von der Größe, der Lage, ihrer baulichen Eigenart und wirtschaftlichen Nutzung her zugehörig sind (sog. Stammgrundstück, vgl. Senat, BGHZ 110, 298, 302 f.). Das ist das Grundstück der Beklagten.

c) An dieser Rechtslage hat sich nichts dadurch geändert, daß der Kläger das Grundstück, in welches die Flächen hineinragen, im Wege der Zwangsversteigerung erworben hat. Der Ersteher erwirbt durch den Zuschlag das Eigentum an dem versteigerten Grundstück und an dessen wesentlichen Bestandteilen (§§ 90, 55 Abs. 1, 20 Abs. 2 ZVG, § 1120 BGB). Auf Gebäudeteile , die wesentliche Bestandteile eines anderen Grundstücks sind, erstreckt sich die Zwangsversteigerung dagegen nicht, mögen sie auch auf dem versteigerten Grundstück stehen (vgl. Stöber, Zwangsversteigerungsgesetz, 17. Aufl., § 55 Anm. 6.3 u. 6.4). Auf eine Anmeldung der Rechte des Nachbarn an dem überstehenden Gebäudeteil kommt es dabei nicht an.

III.



Da ein Herausgabeanspruch des Klägers aus § 985 BGB nicht besteht, war die Klage unter Aufhebung der Urteile der Vorinstanzen abzuweisen (§ 563 Abs. 3 ZPO).

IV.


Die Kostenentscheidung folgt für den ersten Rechtszug und die Revisionsinstanz aus § 91 Abs. 1 ZPO. Die Kosten des Berufungsverfahrens sind im Hinblick auf die erfolglos gebliebene Widerklage gegeneinander aufgehoben worden (§ 92 Abs. 1 ZPO).
Tropf Klein Lemke
Gaier Stresemann

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 190/06 Verkündet am:
16. März 2007
Langendörfer-Kunz
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Der Herausgabeanspruch des eingetragenen Eigentümers eines Grundstücks kann
nur dann verwirkt sein, wenn die Herausgabe für den Besitzer schlechthin unerträglich
ist.
BGH, Urt. v. 16. März 2007 - V ZR 190/06 - LG Halle
AG Sangerhausen
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 16. März 2007 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, den Richter
Dr. Klein, die Richterin Dr. Stresemann und die Richter Dr. Czub und
Dr. Roth

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Kläger wird das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Halle vom 28. Juli 2006 aufgehoben.
Die Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts Sangerhausen vom 17. August 2005 wird zurückgewiesen , soweit über die Klage entschieden worden ist.
Im Übrigen wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Die Beklagten tragen die Kosten des Revisionsverfahrens.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Parteien sind Nachbarn. Den Beklagten gehört das Grundstück Flur 4, Flurstück 330/79, K. str. 13, in R. . Sie besitzen das mit Notarvertrag vom 13. Juli 1978 von ihnen gekaufte Grundstück seit dem 11. März 1978 und wurden am 21. August 1978 als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen.
2
Das Grundstück grenzt an seiner nördlichen Seite an das Flurstück 330/78. Das 58 qm große Flurstück 330/78 ist auf Blatt 1780 des Grundbuchs unter Nr. 2 gebucht. Das seinerzeit unter Treuhandverwaltung stehende, im Grundbuch als K. str. 6 bezeichnete Flurstück war mit einer Scheune bebaut (im Folgenden: Scheunengrundstück). Seit der Übergabe ihres Grundstücks nutzen es die Beklagten als Zugang zu dem Hof auf ihrem Grundstück. 1980 bauten sie die Scheune zu einer Garage um.
3
1985 wurden das Scheunengrundstück und das als Nr. 1 auf demselben Grundbuchblatt gebuchte, ebenfalls als K. str. 6 bezeichnete Grundstück enteignet. Den Klägern wurde ein Nutzungsrecht zum Bau eines Einfamilienhauses auf den Grundstücken verliehen. Mit Vertrag vom 30. September 1990 kauften sie die Grundstücke von der Gemeinde R. . Sie wurden am 28. Juli 1992 in das Grundbuch eingetragen.
4
Im Mai 2002 machten sie gegenüber den Beklagten ihr Eigentum an dem Scheunengrundstück geltend. Mit der am 26. März 2003 erhobenen Klage verlangen sie dessen Räumung und Herausgabe. Die Beklagten haben die Einrede der Verjährung erhoben, die Verwirkung der geltend gemachten Ansprüche eingewandt und im Wege der Hilfswiderklage die Bestellung eines Wege- und Überfahrtsrechts an dem Scheunengrundstück gemäß § 116 SachenRBerG verlangt. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Mit der von dem Landgericht zugelassenen Revision erstreben die Kläger die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


I.


5
Das Landgericht meint, der von den Klägern geltend gemachte Anspruch auf Herausgabe des Grundstücks unterliege als Anspruch aus dem im Grundbuch eingetragenen Eigentum der Kläger zwar nicht der Verjährung, er sei jedoch verwirkt. Zumindest ab 1960 sei die Scheune als Bestandteil des später von den Beklagten erworbenen Grundstücks genutzt worden, ohne dass dies beanstandet worden sei. Die Beklagten hätten, ohne dass ihnen ein Vorwurf zu machen sei, gemeint, die Scheune sei Bestandteil ihres Grundstücks. So sei es ihnen verkauft worden. Der Wert der Scheune sei in das zur Ermittlung des Kaufpreises für das Grundstück erstellte Gutachten einbezogen worden. Im Vertrauen auf den Erwerb der Scheune hätten die Beklagten die Geltendmachung von Ansprüchen wegen des ausgebliebenen Erwerbs der Scheune unterlassen , diese zu einer Garage umgebaut und sich bei der Gemeinde R. nicht um einen Erwerb des Scheunengrundstücks bemüht. Auch die Kläger hätten ihr Eigentum nicht sogleich nach dem Erwerb des Scheunengrundstücks gegenüber den Beklagten geltend gemacht, sondern bis zur Erhebung der Klage noch bis zu der 2002 vorgenommen Vermessung der Grundstücke der Parteien zugewartet, durch die alle Beteiligten Klarheit über die Eigentumsverhältnisse gewonnen hätten.

II.


6
Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
7
1. Der Anspruch des eingetragenen Eigentümers auf Herausgabe des Grundstücks unterliegt gemäß § 902 Abs. 1 BGB nicht der Verjährung. Ebenso verhielt es sich gemäß § 479 Abs. 1 ZGB während der Dauer der Geltung des Zivilgesetzbuchs in der DDR mit dem § 985 BGB entsprechenden Anspruch aus § 33 Abs. 2 ZGB. Der von den Klägern geltend gemachte Herausgabeanspruch ist daher nicht verjährt. Ebenso wenig ist er verwirkt.
8
a) Die Verwirkung eines Anspruchs ist ein Fall der unzulässigen Rechtsausübung. Sie schließt die illoyal verspätete Geltendmachung eines Rechts aus. Dabei kommt es nicht auf den Willen des Berechtigten an. Verwirkung kann auch gegen den Willen des Berechtigten eintreten, da die an Treu und Glauben ausgerichtete objektive Beurteilung, nicht aber der Willensentschluss des Berechtigten entscheidend ist. Verwirkung kann daher selbst dann eintreten, wenn der Berechtigte keine Kenntnis von seiner Berechtigung hat (BGHZ 25, 47, 53). Notwendig für die Verwirkung ist jedoch immer, dass sich der Verpflichtete mit Rücksicht auf das Verhalten des Berechtigten darauf eingerichtet hat, dass dieser das ihm zustehende Recht nicht mehr geltend machen werde, dass es mit Treu und Glauben nicht zu vereinbaren ist, dass der Berechtigte später doch mit dem ihm zustehenden Recht hervortritt (RGZ 158, 100, 107 f.) und dass unter diesem Gesichtspunkt die Leistung für den Verpflichteten unzumutbar ist (BGHZ 25, 47, 52).
9
b) Entscheidend sind dabei die Umstände des Einzelfalls (Soergel/Teichmann , BGB, 12. Aufl., § 242 Rdn. 316), wobei der Art und der Bedeutung des Rechts, um dessen Verwirkung es geht, besondere Bedeutung zukommt (Erman /Hohloch, BGB, 11. Aufl. § 242 Rdn. 124). Soweit dem Anspruch des Eigentümers auf Herausgabe der Einwand der Verwirkung entgegen gehalten wird, ist bei der gebotenen Würdigung zu berücksichtigen, dass dieser Anspruch Kernbestandteil des Eigentums ist und seine Verwirkung deshalb nur in Ausnahmefällen angenommen werden kann (MünchKomm-BGB/Roth, 4. Aufl., Bd. 2a, § 242 Rdn. 300). Die Verneinung des Herausgabeanspruchs bedeutet wirtschaftlich die Enteignung des Eigentümers. Das Rechtsverhältnis zwischen dem Eigentümer und dem nichtberechtigten Besitzer ist durch §§ 987 ff. BGB in einer Weise geregelt, die die Interessen und den Schutz von Eigentümer und Besitzer gegeneinander abwägt und grundsätzlich keiner Korrektur durch die Verneinung des Anspruchs aus § 985 BGB bedarf. Dem Irrtum des Eigentümers über den Umfang seines Eigentums kann grundsätzlich auch keine andere Bedeutung zukommen als dem entsprechenden Irrtum des Besitzers. Der Irrtum des Eigentümers ist ebenso wenig rechtsvernichtend, wie der Irrtum des Besitzers rechtsbegründend wirkt.
10
Soweit es um die Verwirkung des Herausgabeanspruchs aus dem in das Grundbuch eingetragenen Eigentum geht, ist darüber hinaus zu berücksichtigen , dass die Ansprüche aus dem eingetragenen Eigentum nach der ausdrücklichen Entscheidung des Gesetzgebers in § 902 Abs. 1 BGB als unverjährbar ausgestaltet sind und die Verwirkung des Herausgabeanspruchs das Eigentum als "Rechtskrüppel" (vgl. Staudinger/Gursky, BGB [2002], § 902 Rdn. 1) zurücklässt , das gegen die Eintragung im Grundbuch noch nicht einmal im Wege der Ersitzung nach § 900 Abs. 1 BGB erstarken kann. Für die Verneinung des Herausgabeanspruchs des im Grundbuch eingetragenen Eigentümers unter dem Gesichtspunkt der Verwirkung folgt daraus, dass eine Verwirkung nur ange- nommen werden kann, wenn sich die Verpflichtung zur Herausgabe für den Besitzer als schlechthin unerträglich darstellt.
11
c) So verhält es sich hier nicht. Zu dieser Festsstellung ist der Senat in der Lage, weil weiterer Vortrag der Beklagten nicht in Betracht kommt.
12
Die Herausgabe des Grundstücks beeinträchtigt die Beklagten nicht in unerträglicher Weise. Ob die Scheune, wie das Berufungsgericht festgestellt hat, seit 1960 als Bestandteil des Grundstücks der Beklagten genutzt worden ist, oder ob, wie die Beklagten behaupten, eine solche Nutzung schon seit 1937 stattgefunden hat, ist im Rahmen der Würdigung der Situation der Beklagten ohne Bedeutung. Der Wert der Scheune ist mit 450 M/DDR und damit mit einem objektiv geringen Betrag in den Kaufpreis für ihr Grundstück eingeflossen. Auf die Nutzung des Gebäudes als Scheune haben die Beklagten keinen nachhaltigen Wert gelegt, sondern die Scheune schon bald nach deren vermeintlichem Erwerb zu einer Garage umgebaut und diese mehr als zwanzig Jahre genutzt. Ob die Kosten für den Umbau nach dem Recht der früheren DDR von den Klägern zu erstatten sind, kann dahin gestellt bleiben. Auch wenn die Beklagten den Irrtum über die Größe ihres Grundstücks früher erkannt und sich um einen Erwerb des Scheunengrundstücks bemüht hätten, hätten sie dieses nicht unentgeltlich erwerben können. Eine Veräußerung des Grundstücks an die Beklagten durch den Rat der Gemeinde R. als Treuhänder der Eigentümer durfte nur durch einen Verkauf zum Verkehrswert erfolgen. Nachdem das Grundstück in Volkseigentum überführt und den Klägern ein Nutzungsrecht an ihm verliehen worden war, kam sein Verkauf an die Beklagten nicht mehr in Betracht. Die zwischen der Aufklärung des Irrtums der Parteien und der gerichtlichen Geltendmachung des Herausgabeanspruchs durch die Kläger verstrichene Zeit ist so kurz, dass ihr keine Bedeutung zukommt.
13
d) Sofern die Beklagten zur Bewirtschaftung ihres Grundstücks auf einen Zugang über das Scheunengrundstück angewiesen sind, können sie von den Klägern gemäß § 116 Abs. 1 SachenRBerG die Bewilligung einer entsprechenden Dienstbarkeit verlangen. Dieser Anspruch ist Gegenstand der hilfsweise erhobenen Widerklage.
14
2. Der geltend gemachte Anspruch auf Räumung der Garage folgt aus § 1004 Abs. 1 BGB. Für diesen Anspruch gilt § 902 Abs. 1 BGB nicht (Senat, BGHZ 60, 235, 238).
15
Gegenstand des Räumungsanspruchs ist der Anspruch auf Entfernung der beweglichen Sachen, die von den Beklagten oder auf ihre Veranlassung in die Garage verbracht worden sind. Soweit dies nach dem Wiederinkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs in der früheren DDR geschehen ist, ist der Anspruch der Kläger schon deshalb nicht verjährt, weil der Anspruch aus § 1004 Abs. 1 BGB der regelmäßigen Verjährung unterliegt (BGHZ 98, 235, 241; 125, 56, 63), die bis zum Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes geltende 30jährige Verjährungsfrist am 1. Januar 2002 nicht abgelaufen war und die seither geltende kürzere Frist bei Zustellung der Klage nicht verstrichen war, Art 229 Abs. 1 EGBGB.
16
Ob § 479 Abs. 1 ZGB auf den Anspruch aus § 33 Abs. 1 ZGB Anwendung findet, bedarf keiner Entscheidung. Dass einzelne Gegenstände, die heute noch in der Garage sind, schon vor dem 3. Oktober 1990 dorthin gebracht worden sind, tragen die Kläger nicht vor.
17
Für eine Verwirkung des Räumungsanspruchs ist nichts ersichtlich.

III.


18
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. An einer den Rechtsstreit abschließenden Entscheidung ist der Senat gehindert, weil das Berufungsgericht über die Widerklage - aus seiner Sicht folgerichtig - nicht entschieden hat. Dies ist nachzuholen, (vgl. BGH, Urt. v. 6. März 1996, VIII ZR 12/94, NJW 1996, 2165, 2167).
Krüger Klein Stresemann
Czub Roth
Vorinstanzen:
AG Sangerhausen, Entscheidung vom 17.08.2005 - 1 C 157/03 (II) -
LG Halle, Entscheidung vom 28.07.2006 - 1 S 153/05 -

Der Eigentümer kann von dem Besitzer die Herausgabe der Sache verlangen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 190/06 Verkündet am:
16. März 2007
Langendörfer-Kunz
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Der Herausgabeanspruch des eingetragenen Eigentümers eines Grundstücks kann
nur dann verwirkt sein, wenn die Herausgabe für den Besitzer schlechthin unerträglich
ist.
BGH, Urt. v. 16. März 2007 - V ZR 190/06 - LG Halle
AG Sangerhausen
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 16. März 2007 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, den Richter
Dr. Klein, die Richterin Dr. Stresemann und die Richter Dr. Czub und
Dr. Roth

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Kläger wird das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Halle vom 28. Juli 2006 aufgehoben.
Die Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts Sangerhausen vom 17. August 2005 wird zurückgewiesen , soweit über die Klage entschieden worden ist.
Im Übrigen wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Die Beklagten tragen die Kosten des Revisionsverfahrens.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Parteien sind Nachbarn. Den Beklagten gehört das Grundstück Flur 4, Flurstück 330/79, K. str. 13, in R. . Sie besitzen das mit Notarvertrag vom 13. Juli 1978 von ihnen gekaufte Grundstück seit dem 11. März 1978 und wurden am 21. August 1978 als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen.
2
Das Grundstück grenzt an seiner nördlichen Seite an das Flurstück 330/78. Das 58 qm große Flurstück 330/78 ist auf Blatt 1780 des Grundbuchs unter Nr. 2 gebucht. Das seinerzeit unter Treuhandverwaltung stehende, im Grundbuch als K. str. 6 bezeichnete Flurstück war mit einer Scheune bebaut (im Folgenden: Scheunengrundstück). Seit der Übergabe ihres Grundstücks nutzen es die Beklagten als Zugang zu dem Hof auf ihrem Grundstück. 1980 bauten sie die Scheune zu einer Garage um.
3
1985 wurden das Scheunengrundstück und das als Nr. 1 auf demselben Grundbuchblatt gebuchte, ebenfalls als K. str. 6 bezeichnete Grundstück enteignet. Den Klägern wurde ein Nutzungsrecht zum Bau eines Einfamilienhauses auf den Grundstücken verliehen. Mit Vertrag vom 30. September 1990 kauften sie die Grundstücke von der Gemeinde R. . Sie wurden am 28. Juli 1992 in das Grundbuch eingetragen.
4
Im Mai 2002 machten sie gegenüber den Beklagten ihr Eigentum an dem Scheunengrundstück geltend. Mit der am 26. März 2003 erhobenen Klage verlangen sie dessen Räumung und Herausgabe. Die Beklagten haben die Einrede der Verjährung erhoben, die Verwirkung der geltend gemachten Ansprüche eingewandt und im Wege der Hilfswiderklage die Bestellung eines Wege- und Überfahrtsrechts an dem Scheunengrundstück gemäß § 116 SachenRBerG verlangt. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Mit der von dem Landgericht zugelassenen Revision erstreben die Kläger die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


I.


5
Das Landgericht meint, der von den Klägern geltend gemachte Anspruch auf Herausgabe des Grundstücks unterliege als Anspruch aus dem im Grundbuch eingetragenen Eigentum der Kläger zwar nicht der Verjährung, er sei jedoch verwirkt. Zumindest ab 1960 sei die Scheune als Bestandteil des später von den Beklagten erworbenen Grundstücks genutzt worden, ohne dass dies beanstandet worden sei. Die Beklagten hätten, ohne dass ihnen ein Vorwurf zu machen sei, gemeint, die Scheune sei Bestandteil ihres Grundstücks. So sei es ihnen verkauft worden. Der Wert der Scheune sei in das zur Ermittlung des Kaufpreises für das Grundstück erstellte Gutachten einbezogen worden. Im Vertrauen auf den Erwerb der Scheune hätten die Beklagten die Geltendmachung von Ansprüchen wegen des ausgebliebenen Erwerbs der Scheune unterlassen , diese zu einer Garage umgebaut und sich bei der Gemeinde R. nicht um einen Erwerb des Scheunengrundstücks bemüht. Auch die Kläger hätten ihr Eigentum nicht sogleich nach dem Erwerb des Scheunengrundstücks gegenüber den Beklagten geltend gemacht, sondern bis zur Erhebung der Klage noch bis zu der 2002 vorgenommen Vermessung der Grundstücke der Parteien zugewartet, durch die alle Beteiligten Klarheit über die Eigentumsverhältnisse gewonnen hätten.

II.


6
Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
7
1. Der Anspruch des eingetragenen Eigentümers auf Herausgabe des Grundstücks unterliegt gemäß § 902 Abs. 1 BGB nicht der Verjährung. Ebenso verhielt es sich gemäß § 479 Abs. 1 ZGB während der Dauer der Geltung des Zivilgesetzbuchs in der DDR mit dem § 985 BGB entsprechenden Anspruch aus § 33 Abs. 2 ZGB. Der von den Klägern geltend gemachte Herausgabeanspruch ist daher nicht verjährt. Ebenso wenig ist er verwirkt.
8
a) Die Verwirkung eines Anspruchs ist ein Fall der unzulässigen Rechtsausübung. Sie schließt die illoyal verspätete Geltendmachung eines Rechts aus. Dabei kommt es nicht auf den Willen des Berechtigten an. Verwirkung kann auch gegen den Willen des Berechtigten eintreten, da die an Treu und Glauben ausgerichtete objektive Beurteilung, nicht aber der Willensentschluss des Berechtigten entscheidend ist. Verwirkung kann daher selbst dann eintreten, wenn der Berechtigte keine Kenntnis von seiner Berechtigung hat (BGHZ 25, 47, 53). Notwendig für die Verwirkung ist jedoch immer, dass sich der Verpflichtete mit Rücksicht auf das Verhalten des Berechtigten darauf eingerichtet hat, dass dieser das ihm zustehende Recht nicht mehr geltend machen werde, dass es mit Treu und Glauben nicht zu vereinbaren ist, dass der Berechtigte später doch mit dem ihm zustehenden Recht hervortritt (RGZ 158, 100, 107 f.) und dass unter diesem Gesichtspunkt die Leistung für den Verpflichteten unzumutbar ist (BGHZ 25, 47, 52).
9
b) Entscheidend sind dabei die Umstände des Einzelfalls (Soergel/Teichmann , BGB, 12. Aufl., § 242 Rdn. 316), wobei der Art und der Bedeutung des Rechts, um dessen Verwirkung es geht, besondere Bedeutung zukommt (Erman /Hohloch, BGB, 11. Aufl. § 242 Rdn. 124). Soweit dem Anspruch des Eigentümers auf Herausgabe der Einwand der Verwirkung entgegen gehalten wird, ist bei der gebotenen Würdigung zu berücksichtigen, dass dieser Anspruch Kernbestandteil des Eigentums ist und seine Verwirkung deshalb nur in Ausnahmefällen angenommen werden kann (MünchKomm-BGB/Roth, 4. Aufl., Bd. 2a, § 242 Rdn. 300). Die Verneinung des Herausgabeanspruchs bedeutet wirtschaftlich die Enteignung des Eigentümers. Das Rechtsverhältnis zwischen dem Eigentümer und dem nichtberechtigten Besitzer ist durch §§ 987 ff. BGB in einer Weise geregelt, die die Interessen und den Schutz von Eigentümer und Besitzer gegeneinander abwägt und grundsätzlich keiner Korrektur durch die Verneinung des Anspruchs aus § 985 BGB bedarf. Dem Irrtum des Eigentümers über den Umfang seines Eigentums kann grundsätzlich auch keine andere Bedeutung zukommen als dem entsprechenden Irrtum des Besitzers. Der Irrtum des Eigentümers ist ebenso wenig rechtsvernichtend, wie der Irrtum des Besitzers rechtsbegründend wirkt.
10
Soweit es um die Verwirkung des Herausgabeanspruchs aus dem in das Grundbuch eingetragenen Eigentum geht, ist darüber hinaus zu berücksichtigen , dass die Ansprüche aus dem eingetragenen Eigentum nach der ausdrücklichen Entscheidung des Gesetzgebers in § 902 Abs. 1 BGB als unverjährbar ausgestaltet sind und die Verwirkung des Herausgabeanspruchs das Eigentum als "Rechtskrüppel" (vgl. Staudinger/Gursky, BGB [2002], § 902 Rdn. 1) zurücklässt , das gegen die Eintragung im Grundbuch noch nicht einmal im Wege der Ersitzung nach § 900 Abs. 1 BGB erstarken kann. Für die Verneinung des Herausgabeanspruchs des im Grundbuch eingetragenen Eigentümers unter dem Gesichtspunkt der Verwirkung folgt daraus, dass eine Verwirkung nur ange- nommen werden kann, wenn sich die Verpflichtung zur Herausgabe für den Besitzer als schlechthin unerträglich darstellt.
11
c) So verhält es sich hier nicht. Zu dieser Festsstellung ist der Senat in der Lage, weil weiterer Vortrag der Beklagten nicht in Betracht kommt.
12
Die Herausgabe des Grundstücks beeinträchtigt die Beklagten nicht in unerträglicher Weise. Ob die Scheune, wie das Berufungsgericht festgestellt hat, seit 1960 als Bestandteil des Grundstücks der Beklagten genutzt worden ist, oder ob, wie die Beklagten behaupten, eine solche Nutzung schon seit 1937 stattgefunden hat, ist im Rahmen der Würdigung der Situation der Beklagten ohne Bedeutung. Der Wert der Scheune ist mit 450 M/DDR und damit mit einem objektiv geringen Betrag in den Kaufpreis für ihr Grundstück eingeflossen. Auf die Nutzung des Gebäudes als Scheune haben die Beklagten keinen nachhaltigen Wert gelegt, sondern die Scheune schon bald nach deren vermeintlichem Erwerb zu einer Garage umgebaut und diese mehr als zwanzig Jahre genutzt. Ob die Kosten für den Umbau nach dem Recht der früheren DDR von den Klägern zu erstatten sind, kann dahin gestellt bleiben. Auch wenn die Beklagten den Irrtum über die Größe ihres Grundstücks früher erkannt und sich um einen Erwerb des Scheunengrundstücks bemüht hätten, hätten sie dieses nicht unentgeltlich erwerben können. Eine Veräußerung des Grundstücks an die Beklagten durch den Rat der Gemeinde R. als Treuhänder der Eigentümer durfte nur durch einen Verkauf zum Verkehrswert erfolgen. Nachdem das Grundstück in Volkseigentum überführt und den Klägern ein Nutzungsrecht an ihm verliehen worden war, kam sein Verkauf an die Beklagten nicht mehr in Betracht. Die zwischen der Aufklärung des Irrtums der Parteien und der gerichtlichen Geltendmachung des Herausgabeanspruchs durch die Kläger verstrichene Zeit ist so kurz, dass ihr keine Bedeutung zukommt.
13
d) Sofern die Beklagten zur Bewirtschaftung ihres Grundstücks auf einen Zugang über das Scheunengrundstück angewiesen sind, können sie von den Klägern gemäß § 116 Abs. 1 SachenRBerG die Bewilligung einer entsprechenden Dienstbarkeit verlangen. Dieser Anspruch ist Gegenstand der hilfsweise erhobenen Widerklage.
14
2. Der geltend gemachte Anspruch auf Räumung der Garage folgt aus § 1004 Abs. 1 BGB. Für diesen Anspruch gilt § 902 Abs. 1 BGB nicht (Senat, BGHZ 60, 235, 238).
15
Gegenstand des Räumungsanspruchs ist der Anspruch auf Entfernung der beweglichen Sachen, die von den Beklagten oder auf ihre Veranlassung in die Garage verbracht worden sind. Soweit dies nach dem Wiederinkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs in der früheren DDR geschehen ist, ist der Anspruch der Kläger schon deshalb nicht verjährt, weil der Anspruch aus § 1004 Abs. 1 BGB der regelmäßigen Verjährung unterliegt (BGHZ 98, 235, 241; 125, 56, 63), die bis zum Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes geltende 30jährige Verjährungsfrist am 1. Januar 2002 nicht abgelaufen war und die seither geltende kürzere Frist bei Zustellung der Klage nicht verstrichen war, Art 229 Abs. 1 EGBGB.
16
Ob § 479 Abs. 1 ZGB auf den Anspruch aus § 33 Abs. 1 ZGB Anwendung findet, bedarf keiner Entscheidung. Dass einzelne Gegenstände, die heute noch in der Garage sind, schon vor dem 3. Oktober 1990 dorthin gebracht worden sind, tragen die Kläger nicht vor.
17
Für eine Verwirkung des Räumungsanspruchs ist nichts ersichtlich.

III.


18
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. An einer den Rechtsstreit abschließenden Entscheidung ist der Senat gehindert, weil das Berufungsgericht über die Widerklage - aus seiner Sicht folgerichtig - nicht entschieden hat. Dies ist nachzuholen, (vgl. BGH, Urt. v. 6. März 1996, VIII ZR 12/94, NJW 1996, 2165, 2167).
Krüger Klein Stresemann
Czub Roth
Vorinstanzen:
AG Sangerhausen, Entscheidung vom 17.08.2005 - 1 C 157/03 (II) -
LG Halle, Entscheidung vom 28.07.2006 - 1 S 153/05 -