Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Apr. 2002 - V ZR 308/01
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
I.
Die Beklagte ist durch das angefochtene Urteil zur Räumung und Herausgabe des von ihr bewohnten, dem Kläger gehörenden Hauses verurteilt worden. Mit der Revision erstrebt sie die Klageabweisung und beantragt, die Zwangsvollstreckung aus diesem Urteil gemäß § 719 Abs. 2 ZPO einstweilen einzustellen.
II.
Der Antrag ist nicht begründet.
Die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung nach § 719 Abs. 2 ZPO setzt u.a. voraus, daß die Vollstreckung dem Schuldner einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde. Dabei muß der Nachteil durch die Voll-
streckung, nicht etwa schon durch die Tatsache des Titels selbst, eintreten (vgl. MünchKomm-ZPO/Krüger, 2. Aufl., § 707 Rdn. 17 m.w.N.). Daran fehlt es nach dem eigenen Vortrag der Beklagten.
Sie macht nämlich, gestützt auf eine ärztliche Bescheinigung, geltend, mit der Nennung konkreter Räumungsabsichten habe sich bei ihr eine gedankliche Fixierung und Identifizierung mit der von ihr als zutiefst ungerecht empfundenen Auseinandersetzung mit zwei Söhnen und deren Vater, ihrem geschiedenen Mann, entwickelt, die zu einer konkreten Suizidgefahr geführt habe. Sie sehe den Verlust des Hauses als endgültigen Verlust und endgültige Niederlage an. Daraus wird deutlich, daû der Grund für den geltend gemachten Nachteil nicht die vorläufige Vollstreckung ist, sondern das Urteil selbst, das die Beklagte nicht akzeptieren kann.
Unabhängig davon scheitert der Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung aber auch daran, daû die Revision keine Aussicht auf
Erfolg bietet. Die Rügen der Revision gegen die Beweiswürdigung des Berufungsurteils greifen nicht durch.
Wenzel Tropf Krüger Lemke Gaier
Annotations
(1) Wird gegen ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil der Einspruch oder die Berufung eingelegt, so gelten die Vorschriften des § 707 entsprechend. Die Zwangsvollstreckung aus einem Versäumnisurteil darf nur gegen Sicherheitsleistung eingestellt werden, es sei denn, dass das Versäumnisurteil nicht in gesetzlicher Weise ergangen ist oder die säumige Partei glaubhaft macht, dass ihre Säumnis unverschuldet war.
(2) Wird Revision gegen ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil eingelegt, so ordnet das Revisionsgericht auf Antrag an, dass die Zwangsvollstreckung einstweilen eingestellt wird, wenn die Vollstreckung dem Schuldner einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde und nicht ein überwiegendes Interesse des Gläubigers entgegensteht. Die Parteien haben die tatsächlichen Voraussetzungen glaubhaft zu machen.
(3) Die Entscheidung ergeht durch Beschluss.