Bundesgerichtshof Beschluss, 14. Apr. 2005 - V ZB 7/05
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde wird auf Kosten des Schuldners zurückgewiesen.
Der Beschwerdewert beträgt 135.000 €.
Gründe:
I.
Durch Beschluß vom 21. August 2001 ordnete das Amtsgericht die Versteigerung eines Grundstücks an. Im Versteigerungstermin vom 17. Februar 2004 beantragte der Schuldner die einstweilige Einstellung des Verfahrens gem. § 765a ZPO, weil er erkrankt sei. Unter Vorlage des Attestes eines Arztes vom 16. Februar 2004 machte er geltend, während der nächsten Monate krankheitsbedingt nicht verhandlungsfähig zu sein. Auf Bitten des Schuldners veranlaßte der Rechtspfleger die Untersuchung des Schuldners durch den
Landgerichtsarzt. Eine Verhandlungsunfähigkeit des Schuldners bestätigte dieser nicht.
Die Ersteher gaben das höchste Gebot ab. Auf Antrag de r Gläubigerin unterblieb die Entscheidung über den Zuschlag zunächst, weil das Gebot der Ersteher die in § 74a ZVG bestimmte Grenze nicht übersteigt. Termin zur Verkündung einer Entscheidung über den Zuschlag wurde auf den 20. Februar 2004 bestimmt.
In diesem Termin stellte der Schuldner wiederum einen Antrag auf einstweilige Einstellung des Verfahrens und übergab ein ärztliches Attest vom 19. Februar 2004, nach welchem nicht auszuschließen ist, daß eine depressive Erkrankung des Schuldners bei einem Verlust seines (Mit)Eigentums an dem Grundstück zu einer Suizidgefährdung führen könne. Nachdem der Rechtspfleger zu erkennen gegeben hatte, daß er über den Antrag auf Einstellung des Verfahrens nicht durch gesonderten Beschluß entscheiden werde, lehnte der Schuldner den Rechtspfleger wegen der Besorgnis der Befangenheit ab. Der Rechtspfleger verwarf das Ablehnungsgesuch und verkündete im Anschluß hieran den Beschluß, das Grundstück den Erstehern zuzuschlagen. In den Gründen des Beschlusses wies er die Anträge des Schuldners nach § 765a ZPO zurück.
Hiergegen hat der Schuldner sofortige Beschwerde einge legt und den Rechtspfleger erneut als befangen abgelehnt. Das Landgericht hat die sofortige Beschwerde als unbegründet zurückgewiesen. Mit der von dem Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde erstrebt der Schuldner die Aufhebung des Zuschlags.
II.
Das Landgericht meint, den Erstehern sei der Zuschlag zu Recht erteilt worden. Zweifel an der Verhandlungsfähigkeit des Schuldners bestünden nicht. Daß der Rechtspfleger über den gegen ihn gestellten Befangenheitsantrag selbst entschieden habe, sei nicht zu beanstanden, weil der Antrag allein zur Verzögerung des Verfahrens und damit rechtsmißbräuchlich gestellt worden sei. Einer gesonderten Entscheidung über den Einstellungsantrag des Schuldners vor der Verkündung des Zuschlagsbeschlusses habe es nicht bedurft. Von einer ernstlichen Suizidgefährdung des Schuldners sei nicht auszugehen. Daß der Schuldner die Gläubigerin befriedigen könne, sei auszuschließen.
III.
1. Die Rechtsbeschwerde ist zulässig. Der Schuldner war aus wirtschaftlichen Gründen nicht in der Lage, die Beschwerde rechtzeitig zu begründen. Dieses Hindernis ist mit der Gewährung von Prozeßkostenhilfe für den Schuldner entfallen. Innerhalb der damit begonnenen Frist hat der Schuldner rechtzeitig Wiedereinsetzung gegen die Fristversäumung beantragt und die Beschwerde begründet, § 234 Abs. 1 Satz 2 ZPO n.F..
2. Die angefochtene Entscheidung ist frei von Rechtsfehle rn, auf die die Beschwerde gem. § 100 ZVG gestützt werden kann.
a) Der Rechtspfleger durfte über den im Termin vom 20. Februar 2004 gestellten Befangenheitsantrag selbst entscheiden.
Die Vorschriften über den Ausschluß und die Ablehnung e ines Richters, §§ 41 bis 49 ZPO, finden auf den Rechtspfleger entsprechende Anwendung, § 10 Satz 1 RPflG. Ein Ablehnungsgesuch ist begründet, wenn ein Grund gegeben ist, dessentwegen der Ablehnende von seinem Standpunkt aus nachvollziehbaren Anlaß für die Befürchtung hat, der Rechtspfleger werde nicht unparteiisch sachlich entscheiden (LG Göttingen, Rpfleger 1976, 55). Der abgelehnte Rechtspfleger hat sich bis zur Entscheidung über das Ablehnungsgesuch durch den gem. § 10 Satz 2 RPflG zuständigen Richter gem. § 47 ZPO a.F. grundsätzlich jeder weiteren Tätigkeit in dem Verfahren zu enthalten. Ebenso wie ein abgelehnter Richter kann er über das Gesuch jedoch selbst entscheiden, wenn es als mißbräuchlich zu verwerfen ist (OLG Koblenz, Rpfleger 1985, 368; ferner BVerfGE 11, 1, 5; BGH, Beschl. v. 7. November 1973, VIII ARZ 14/73, NJW 1974, 55 f; Beschl. v. 14. Dezember 1991, I ZB 15/91, NJW 1992, 983, 984; BayObLGZ 93, 9, 10 f). So verhält es sich, wenn das Ablehnungsgesuch lediglich der Verschleppung dient und dies offensichtlich ist (KG MDR 1992, 997; OLG Braunschweig, NJW 1995, 2114; Böttcher, ZVG, 2. Aufl., § 1 Rdn. 16; Stein/Jonas/Bork, ZPO, 22. Aufl., § 42 Rdn. 12; Zöller /Vollkommer, ZPO, 25. Aufl., § 45 Rdn. 4). In diesem Fall gilt § 47 ZPO nicht (BVerwG, NJW 1988, 722; KG FamRZ 1986, 1022).
So liegt es hier: Der Schuldner hat den Rechtspfleger abgelehnt, nachdem deutlich geworden war, daß der Rechtspfleger vor der Entscheidung über den Zuschlag nicht über die von dem Schuldner gestellten Anträge auf einstweilige Einstellung des Verfahrens entscheiden würde. Die von dem Rechtspfleger beabsichtigte Verfahrensweise ist zulässig (Stöber, ZVG, 17. Aufl., Einleitung Anm. 59.4) und wird von der Rechtsbeschwerde auch nicht beanstan-
det. Der Rechtsschutz des Schuldners ist dadurch gewahrt, daß die Zurückweisung des Einstellungsantrags im Rahmen der Anfechtung der Entscheidung über den Zuschlag der Nachprüfung zugänglich ist (vgl. Senat, BGHZ 44, 138 ff). Die erkennbare Absicht des Rechtspflegers, in dieser Weise zu verfahren , erlaubt nicht die Feststellung eines nachvollziehbaren Grundes für die Befürchtung , die Entscheidung über den Einstellungsantrag und den Zuschlag werde nicht unparteiisch erfolgen. Dem entspricht es, daß der Schuldner in seinem Ablehnungsgesuch vom 20. Februar 2004 einen Grund für die Ablehnung des Rechtspflegers auch nicht angegeben hat. Damit ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, daß der Rechtspfleger das Ablehnungsgesuch als rechtsmißbräuchlich und offensichtlich allein als zum Zwecke der Verzögerung des Verfahrens eingelegt gewertet und über die Verwerfung des Gesuchs selbst entschieden hat. Die Verwerfung konnte, wie geschehen, durch einen selbständigen Beschluß oder als Teil der Entscheidung in der Hauptsache erfolgen.
b) Die angefochtene Entscheidung weist auch insoweit kein en Rechtsfehler auf, als das Beschwerdegericht die einstweilige Einstellung des Verfahrens abgelehnt hat. Daß der Einstellungsantrag vom 20. Februar auf das ärztliche Attest vom 19. Februar 2004 Bezug nimmt, ändert hieran entgegen der Meinung der Rechtsbeschwerde nichts. Der Schuldner hat schon im Termin vom 17. Februar 2004 das Attest eines Arztes vorgelegt, nach welchem er auf Monate nicht verhandlungsfähig sei. Die Untersuchung durch den Landgerichtsarzt bestätigte das nicht. Eine Suizidgefährdung für den Fall des Verlustes seines Miteigentums an dem Grundstück hat er gegenüber dem Landgerichtsarzt nicht geltend gemacht. Auch nach dem Attest vom 19. Februar 2004
besteht keine aktuelle Suizidgefahr. Mit einer solchen Gefahr ist nach dem Attest vielmehr nur "eventuell zu rechnen". Auch bei der im Hinblick auf die Möglichkeit einer Gefährdung des Lebens des Schuldners gebotenen besonders sorgsamen Abwägung (BVerfGE 52, 214, 220) bedeutet es im Hinblick hierauf keinen Rechtsfehler, daß das Beschwerdegericht über den Einstellungsantrag zum Nachteil des Schuldners entschieden hat, ohne zuvor ein Sachverständigengutachten zu dieser Frage einzuholen.
IV.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Wenzel Krüger Klein Zoll Stresemann
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Für die Ausschließung und Ablehnung des Rechtspflegers sind die für den Richter geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden. Über die Ablehnung des Rechtspflegers entscheidet der Richter.
(1) Ein abgelehnter Richter hat vor Erledigung des Ablehnungsgesuchs nur solche Handlungen vorzunehmen, die keinen Aufschub gestatten.
(2) Wird ein Richter während der Verhandlung abgelehnt und würde die Entscheidung über die Ablehnung eine Vertagung der Verhandlung erfordern, so kann der Termin unter Mitwirkung des abgelehnten Richters fortgesetzt werden. Wird die Ablehnung für begründet erklärt, so ist der nach Anbringung des Ablehnungsgesuchs liegende Teil der Verhandlung zu wiederholen.
(1) Auf Antrag des Schuldners kann das Vollstreckungsgericht eine Maßnahme der Zwangsvollstreckung ganz oder teilweise aufheben, untersagen oder einstweilen einstellen, wenn die Maßnahme unter voller Würdigung des Schutzbedürfnisses des Gläubigers wegen ganz besonderer Umstände eine Härte bedeutet, die mit den guten Sitten nicht vereinbar ist. Es ist befugt, die in § 732 Abs. 2 bezeichneten Anordnungen zu erlassen. Betrifft die Maßnahme ein Tier, so hat das Vollstreckungsgericht bei der von ihm vorzunehmenden Abwägung die Verantwortung des Menschen für das Tier zu berücksichtigen.
(2) Eine Maßnahme zur Erwirkung der Herausgabe von Sachen kann der Gerichtsvollzieher bis zur Entscheidung des Vollstreckungsgerichts, jedoch nicht länger als eine Woche, aufschieben, wenn ihm die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 glaubhaft gemacht werden und dem Schuldner die rechtzeitige Anrufung des Vollstreckungsgerichts nicht möglich war.
(3) In Räumungssachen ist der Antrag nach Absatz 1 spätestens zwei Wochen vor dem festgesetzten Räumungstermin zu stellen, es sei denn, dass die Gründe, auf denen der Antrag beruht, erst nach diesem Zeitpunkt entstanden sind oder der Schuldner ohne sein Verschulden an einer rechtzeitigen Antragstellung gehindert war.
(4) Das Vollstreckungsgericht hebt seinen Beschluss auf Antrag auf oder ändert ihn, wenn dies mit Rücksicht auf eine Änderung der Sachlage geboten ist.
(5) Die Aufhebung von Vollstreckungsmaßregeln erfolgt in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 und des Absatzes 4 erst nach Rechtskraft des Beschlusses.
(1) Bleibt das abgegebene Meistgebot einschließlich des Kapitalwertes der nach den Versteigerungsbedingungen bestehenbleibenden Rechte unter sieben Zehnteilen des Grundstückswertes, so kann ein Berechtigter, dessen Anspruch ganz oder teilweise durch das Meistgebot nicht gedeckt ist, aber bei einem Gebot in der genannten Höhe voraussichtlich gedeckt sein würde, die Versagung des Zuschlags beantragen. Der Antrag ist abzulehnen, wenn der betreibende Gläubiger widerspricht und glaubhaft macht, daß ihm durch die Versagung des Zuschlags ein unverhältnismäßiger Nachteil erwachsen würde.
(2) Der Antrag auf Versagung des Zuschlags kann nur bis zum Schluß der Verhandlung über den Zuschlag gestellt werden; das gleiche gilt von der Erklärung des Widerspruchs.
(3) Wird der Zuschlag gemäß Absatz 1 versagt, so ist von Amts wegen ein neuer Versteigerungstermin zu bestimmen. Der Zeitraum zwischen den beiden Terminen soll, sofern nicht nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalles etwas anderes geboten ist, mindestens drei Monate betragen, darf aber sechs Monate nicht übersteigen.
(4) In dem neuen Versteigerungstermin darf der Zuschlag weder aus den Gründen des Absatzes 1 noch aus denen des § 85a Abs. 1 versagt werden.
(5) Der Grundstückswert (Verkehrswert) wird vom Vollstreckungsgericht, nötigenfalls nach Anhörung von Sachverständigen, festgesetzt. Der Wert der beweglichen Gegenstände, auf die sich die Versteigerung erstreckt, ist unter Würdigung aller Verhältnisse frei zu schätzen. Der Beschluß über die Festsetzung des Grundstückswertes ist mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar. Der Zuschlag oder die Versagung des Zuschlags können mit der Begründung, daß der Grundstückswert unrichtig festgesetzt sei, nicht angefochten werden.
(1) Auf Antrag des Schuldners kann das Vollstreckungsgericht eine Maßnahme der Zwangsvollstreckung ganz oder teilweise aufheben, untersagen oder einstweilen einstellen, wenn die Maßnahme unter voller Würdigung des Schutzbedürfnisses des Gläubigers wegen ganz besonderer Umstände eine Härte bedeutet, die mit den guten Sitten nicht vereinbar ist. Es ist befugt, die in § 732 Abs. 2 bezeichneten Anordnungen zu erlassen. Betrifft die Maßnahme ein Tier, so hat das Vollstreckungsgericht bei der von ihm vorzunehmenden Abwägung die Verantwortung des Menschen für das Tier zu berücksichtigen.
(2) Eine Maßnahme zur Erwirkung der Herausgabe von Sachen kann der Gerichtsvollzieher bis zur Entscheidung des Vollstreckungsgerichts, jedoch nicht länger als eine Woche, aufschieben, wenn ihm die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 glaubhaft gemacht werden und dem Schuldner die rechtzeitige Anrufung des Vollstreckungsgerichts nicht möglich war.
(3) In Räumungssachen ist der Antrag nach Absatz 1 spätestens zwei Wochen vor dem festgesetzten Räumungstermin zu stellen, es sei denn, dass die Gründe, auf denen der Antrag beruht, erst nach diesem Zeitpunkt entstanden sind oder der Schuldner ohne sein Verschulden an einer rechtzeitigen Antragstellung gehindert war.
(4) Das Vollstreckungsgericht hebt seinen Beschluss auf Antrag auf oder ändert ihn, wenn dies mit Rücksicht auf eine Änderung der Sachlage geboten ist.
(5) Die Aufhebung von Vollstreckungsmaßregeln erfolgt in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 und des Absatzes 4 erst nach Rechtskraft des Beschlusses.
(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde einzuhalten.
(2) Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Hindernis behoben ist.
(3) Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.
(1) Die Beschwerde kann nur darauf gestützt werden, daß eine der Vorschriften der §§ 81, 83 bis 85a verletzt oder daß der Zuschlag unter anderen als den der Versteigerung zugrunde gelegten Bedingungen erteilt ist.
(2) Auf einen Grund, der nur das Recht eines anderen betrifft, kann weder die Beschwerde noch ein Antrag auf deren Zurückweisung gestützt werden.
(3) Die im § 83 Nr. 6, 7 bezeichneten Versagungsgründe hat das Beschwerdegericht von Amts wegen zu berücksichtigen.
Für die Ausschließung und Ablehnung des Rechtspflegers sind die für den Richter geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden. Über die Ablehnung des Rechtspflegers entscheidet der Richter.
(1) Ein abgelehnter Richter hat vor Erledigung des Ablehnungsgesuchs nur solche Handlungen vorzunehmen, die keinen Aufschub gestatten.
(2) Wird ein Richter während der Verhandlung abgelehnt und würde die Entscheidung über die Ablehnung eine Vertagung der Verhandlung erfordern, so kann der Termin unter Mitwirkung des abgelehnten Richters fortgesetzt werden. Wird die Ablehnung für begründet erklärt, so ist der nach Anbringung des Ablehnungsgesuchs liegende Teil der Verhandlung zu wiederholen.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)