Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 7/01
vom
3. Mai 2001
in dem Rechtsstreit
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 3. Mai 2001 durch den Vorsitzenden
Richter Dr. Wenzel und die Richter Schneider, Prof. Dr. Krüger,
Dr. Klein und Dr. Gaier

beschlossen:
Die sofortige Beschwerde gegen den Beschluß des 30. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München, Zivilsenate in Augsburg, vom 20. Dezember 2000 wird auf Kosten der Beklagten zu 1 und 2 zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert für das Verfahren der sofortigen Beschwerde beträgt 354.524,16 DM.

Gründe:

I.

Durch die Vermittlung des Beklagten zu 3 kauften die Kläger von den Beklagten zu 1 und 2, verbunden in einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, eine Eigentumswohnung. Sie verlangen wegen unzutreffender Angaben über die Wirtschaftlichkeit des Objekts von allen drei Beklagten Schadensersatz in Höhe von 354.524,16 DM nebst Zinsen, Zug um Zug gegen Herausgabe des mittelbaren Besitzes an der Eigentumswohnung.
Das der Klage stattgebende Urteil des Landgerichts wurde den Beklagten zu 1 und 2 zu Händen ihres damaligen Prozeßbevollmächtigten am 11. August 2000 zugestellt. Während der Beklagte zu 3, dem das Urteil zu Händen seines Prozeßbevollmächtigten am 14. August 2000 zugestellt worden war, rechtzeitig Berufung einlegte, gingen die Berufungsschriftsätze der Beklagten zu 1 und 2, verbunden mit einem Wiedereinsetzungsantrag gegen die Versäumung der Berufungsfrist, erst am 11. Oktober 2000 bei dem Oberlandesgericht ein.
Zur Begründung des Wiedereinsetzungsgesuchs hat der Beklagte zu 1 vorgetragen, er habe sich Anfang August 2000 auf eine ca. einjährige Auslandsreise begeben. Sein Vater sei mit der Entgegennahme der eingehenden Post beauftragt gewesen, habe mangels Sachkenntnis aber keine Entscheidung über die Frage einer Berufungseinlegung treffen können. Daher habe er den Geschäftsführer der Beklagten zu 2 gebeten, die weitere Prozeßabwicklung , insbesondere auch die Durchführung eines möglichen Berufungsverfahrens , in die Hand zu nehmen. Im übrigen hat er sich die Begründung des Wiedereinsetzungsantrags der Beklagten zu 2 zu eigen gemacht.
Diese hat vorgetragen und durch eidesstattliche Versicherung der Sekretärin ihres Geschäftsführers glaubhaft gemacht, daß es der Sekretärin obgelegen habe, die eingehende Post zu ordnen und für den Geschäftsführer vorzubereiten. So sei diese auch am 21. August 2000 verfahren, dem Tag, an dem der erstinstanzliche Prozeßbevollmächtigte das landgerichtliche Urteil übersandt und um Mitteilung gebeten habe, ob dagegen Berufung eingelegt werden solle. Wegen Umbauarbeiten in den Büroräumen und weil der Geschäftsführer abwesend und sein Büro verschlossen gewesen sei, habe sie die
Post auf einem Sideboard abgelegt, welches dann aber im Zuge der Bauarbeiten abgedeckt worden sei, so daß die Post aus dem Blick und in Vergessenheit geraten sei. Erst am 28. September 2000 sei das Schreiben beim Wiedereinräumen des Büros wiedergefunden worden.
Die Beklagten zu 1 und 2 haben sich ferner auf den Standpunkt gestellt, sie bildeten zusammen mit dem Beklagten zu 3 eine notwendige Streitgenossenschaft , so daß ihnen dessen rechtzeitige Berufungseinlegung zugute komme.
Das Oberlandesgericht hat die Wiedereinsetzungsanträge zurückgewiesen und die Berufung der Beklagten zu 1 und 2 als unzulässig verworfen. Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Beklagten zu 1 und 2, deren Zurückweisung die Kläger beantragen.

II.


Die zulässige sofortige Beschwerde der Beklagten zu 1 und 2 ist nicht begründet.
Das Berufungsgericht hat die Berufungen der Beklagten zu 1 und 2 zu Recht als unzulässig verworfen (§ 519 b Abs. 1 Satz 2 ZPO), weil sie nicht innerhalb der Monatsfrist (§ 516 ZPO) seit Zustellung des angefochtenen Urteils bei Gericht eingegangen sind.
1. Den Beklagten zu 1 und 2 kommt die rechtzeitige Berufungseinlegung des Beklagten zu 3 nicht zugute. Dies wäre nur unter den Voraussetzungen des § 62 ZPO der Fall, die hier jedoch - wie das Berufungsgericht zutreffend dargelegt hat - nicht vorliegen. Der Umstand, daß die Beklagten zum Schadensersatz Zug um Zug gegen Herausgabe des mittelbaren Besitzes verurteilt worden sind, führt entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer nicht zu einer anderen Beurteilung. Die Zug-um-Zug-Verurteilung hat nur Bedeutung für denjenigen Beklagten, der zum Schadensersatz verurteilt worden ist, bedingt aber nicht eine einheitliche Entscheidung gegenüber allen Beklagten.
2. Nicht zu beanstanden ist auch, daß das Berufungsgericht den Beklagten zu 1 und 2 die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist versagt hat. Die geltend gemachten Gründe schließen ein Verschulden an der Fristversäumung nicht aus (§ 233 ZPO).

a) Wiedereinsetzungsantrag des Beklagten zu 1
Der Beschwerde ist zuzugeben, daß es dem Beklagten zu 1 nicht zum Nachteil gereicht, daß er vor Antritt seiner längeren Auslandsreise nicht vorsorglich Auftrag zur Einlegung der Berufung gegen ein möglicherweise für ihn nachteiliges Urteil erteilt hat. Schon aus Kostengründen muß es der Partei vorbehalten bleiben, über die Einlegung der Berufung erst nach Zustellung des vollständigen Urteils zu entscheiden. Erst dann kann sie sich vernünftigerweise über die Erfolgsaussichten des Rechtsmittels schlüssig werden.
Der Beklagte zu 1 hat aber ein Verschulden an der Fristversäumung deshalb nicht ausgeräumt, weil er nicht dargelegt und glaubhaft gemacht hat,
daß er zumutbare Vorkehrungen getroffen hat um sicherzustellen, daß während seines langen Auslandsaufenthaltes eine sachgerechte und gegebenenfalls fristwahrende Reaktion auf die zu erwartende Entscheidung in dem anhängigen Rechtsstreit in die Wege geleitet würde (vgl. Senat, Beschl. v. 2. April 1998, V ZB 29/97, Umdruck S. 4, unveröffentlicht; BVerfG NJW 1993, 847). Der Beklagte zu 1 wußte aufgrund seiner Teilnahme an der mündlichen Verhandlung vom 2. Juni 2000, daß das Landgericht am 21. Juli 2000 eine Entscheidung verkünden würde. Er mußte damit rechnen, daß diese zu seinen Ungunsten ausgehen könnte, so daß sich die Frage nach der Einlegung eines Rechtsmittels stellen würde, und zwar zu einem Zeitpunkt, da er sich bereits im Ausland aufhalten würde. In dieser Situation muß von einer, zumal rechtlich nicht unerfahrenen, Partei verlangt werden, daß sie zum Schutze der eigenen Interessen naheliegende und zumutbare Anstrengungen unternimmt, um zu vermeiden, daß sie durch ihre Abwesenheit Rechtsnachteile erleidet (vgl. Senat aaO; BGH, Beschl. v. 24. Juli 2000, II ZB 22/99, NJW 2000, 3143).
Der Vortrag des Beklagten zu 1 läßt nicht erkennen, daß die von ihm getroffenen Vorkehrungen den Anforderungen genügten. In der Begründung seines Wiedereinsetzungsgesuchs hat er lediglich angegeben, er habe den Geschäftsführer der Beklagten zu 2 gebeten, sich im gemeinsamen Interesse um die Berufungseinlegung zu kümmern. Dies läßt offen, ob der Geschäftsführer Vollmacht hatte, frei zu entscheiden, ob er gegebenenfalls auch für ihn Berufung einlegen sollte oder ob er mit ihm zuvor Kontakt aufnehmen und die Frage besprechen sollte. Daß auf diese Weise sichergestellt war, daß für ihn rechtzeitig Berufung eingelegt würde, kann dem Vortrag nicht entnommen werden. Zudem fehlt es an einer Glaubhaftmachung.
In einem späteren Schriftsatz - nach Anwaltswechsel - hat er darüber hinaus vortragen lassen, er habe seinen Vater gebeten, die eingehende Post entgegenzunehmen. Dieser sei aber mangels jeglicher Sachkenntnis nicht in der Lage gewesen, über die Frage der Berufungseinlegung eine Entscheidung zu treffen. Abgesehen davon, daß dieser neue Vortrag nach Ablauf der Frist des § 234 Abs. 1 ZPO gebracht worden und daher grundsätzlich nur zu berücksichtigen ist, wenn man darin eine Erläuterung oder Vervollständigung des bisherigen Vorbringens erblicken kann (vgl. BGH, Beschl. v. 20. Mai 1992, XII ZB 43/92, BGHR ZPO § 234 Abs. 1, Begründung 6), so wird nicht erkennbar , inwieweit dies für eine Fristwahrung hätte bedeutsam werden können. Möglicherweise soll diese Darstellung die Angaben des Geschäftsführers der Beklagten zu 2 relativieren, der unter Versicherung an Eides Statt erklärt hat, er würde hinsichtlich der Einlegung eines Rechtsmittels statt des Beklagten zu 1 dessen Vater konsultiert haben, den jener nämlich mit einer Generalvollmacht versehen habe. Das deckt sich gleichwohl nicht mit dem Vortrag des Beklagten zu 1, der seinem Vater solche Entscheidungen gerade nicht zugetraut haben will. Berücksichtigt man diese zum Teil differierenden Angaben, so wird noch deutlicher, daß der Beklagte zu 1 keine klare Regelung für die Zeit seiner Abwesenheit getroffen hat, die geeignet gewesen wäre, Rechtsnachteile zu vermeiden. Soweit die Beschwerde nunmehr versucht, die widersprüchlichen Angaben dadurch zu glätten, daß sie darlegt, der Vater des Beklagten zu 1 habe zwar keine Sachkenntnis gehabt, sei aber, beraten durch den Geschäftsführer der Beklagten zu 2, befugt gewesen, der Einlegung eines Rechtsmittels zuzustimmen, rechtfertigt dies keine andere Bewertung, verstärkt vielmehr die Zweifel an der Richtigkeit des Vortrags insgesamt.

b) Wiedereinsetzungsantrag der Beklagten zu 2
Die Beklagte zu 2 war ebenfalls nicht ohne ihr Verschulden verhindert, die Berufungsfrist einzuhalten (§ 233 ZPO).
Fernliegend sind die von der Beschwerde angestellten Überlegungen, die Beklagte zu 2 habe, auch ohne einen ausdrücklichen Auftrag erteilt zu haben , davon ausgehen dürfen, daß ihr Prozeßbevollmächtigter von sich aus gegen das Urteil Berufung einlegen werde. Sie teilt auch nicht einmal mit, ob er hierzu überhaupt bevollmächtigt gewesen wäre.
Ohne Erfolg wendet sie sich ferner gegen die Bejahung eines Organisationsverschuldens der Beklagten zu 2. Angesichts der von der Sekretärin des Geschäftsführers der Beklagten zu 2 geschilderten Umstände des Umbaus in den Büroräumen war der (zeitweilige) Verlust wichtiger Post nahezu vorprogrammiert. Jedenfalls bestand die naheliegende Gefahr, der der Geschäftsführer der Beklagten zu 2 nicht Rechnung getragen hat. Das Büro der Sekretärin wurde vergrößert, eine Wand wurde versetzt. Sie konnte das Zimmer nicht voll nutzen, teilweise nicht einmal betreten. Ferner war sie während der Abwesenheit des Geschäftsführers zusätzlich mit der Organisation des Umbaus betraut und mußte Probleme mit Handwerkern klären. Daß infolgedessen eine geordnete Arbeit nicht möglich war, lag auf der Hand. Angesichts dessen hätte es einer klaren Anweisung bedurft, wie mit eingehender Post zu verfahren sei, insbesondere mit solcher, deren Bearbeitung fristgebunden war. Daran fehlte es.
In der Begründung des Wiedereinsetzungsgesuchs werden Anweisungen des Geschäftsführers nicht dargelegt. Die Begründung nimmt vielmehr Bezug auf die eidesstattliche Versicherung der Sekretärin des Geschäftsführers zu 2, die anschaulich schildert, daß am Empfang aufgrund von herumstehenden Möbeln aus den ausgeräumten Büros kein Platz zum Öffnen der Post gewesen sei und daß sie deshalb die Post in ihr eigenes Büro mitgenommen habe (das sie aber zeitweilig gar nicht nutzen konnte). Eine Verteilung der Post war auch nicht regelmäßig möglich, weil der Geschäftsführer nicht ständig im Hause und während seiner Abwesenheit sein Büro nicht zugänglich war. Für eine Zwischenablage gab es offensichtlich keine rechte Möglichkeit, so daß ein Sideboard auf dem Gang hierzu dienen mußte, das aber auch von den Umbaumaßnahmen in Mitleidenschaft gezogen wurde.
Erstmals in einem Schriftsatz vom 13. November 2000, und damit verspätet (§ 234 Abs. 1 ZPO), trägt die Beklagte zu 2 vor, der Geschäftsführer habe seiner Sekretärin die Anweisung gegeben, die Post "zunächst während seiner Abwesenheit in ihrem Büro zu ordnen und ihm dann persönlich während seiner Anwesenheit auszuhändigen". Abgesehen davon, daß dieser neue Vortrag keine Berücksichtigung finden kann (vgl. nur BGH, Beschl. v. 20. Mai 1992, XII ZB 43/92, BGHR ZPO § 234 Abs. 1, Begründung 6; Beschl. v. 8. April 1997, VI ZB 8/97, BGHR ZPO § 234 Abs. 1, Begründung 7; Beschl. v. 27. Februar 1997, I ZB 50/96, BGHR ZPO § 234 Abs. 1, Begründung 8), da es sich hierbei nicht um eine bloße Klarstellung oder Vervollständigung bislang lückenhaften und der Aufklärung nach § 139 ZPO bedürftigen Vortrags gehandelt hat (dazu BGH, Beschl. v. 6. Mai 1999, VII ZB 6/99, BGHR ZPO § 234 Abs. 1, Begründung 10 m.w.N.), ist er auch nicht glaubhaft gemacht. Weder die Sekretärin noch der Geschäftsführer selbst erwähnen eine dahingehende An-
weisung; die Schilderung der Sekretärin steht ihr - wie dargestellt - sogar entgegen. Im übrigen wäre eine solche Anweisung angesichts der besonderen Umstände auch nicht ausreichend gewesen, weil sie der Sekretärin letztlich nichts Verläßliches an die Hand gegeben hätte, um in der bestehenden Unordnung die Übersicht zu behalten.

III.


Die Kostentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Wenzel Schneider Krüger
Klein Gaier

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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Zivilprozessordnung - ZPO | § 139 Materielle Prozessleitung


(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über

Zivilprozessordnung - ZPO | § 233 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand


War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wieder

Zivilprozessordnung - ZPO | § 234 Wiedereinsetzungsfrist


(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschw

Zivilprozessordnung - ZPO | § 516 Zurücknahme der Berufung


(1) Der Berufungskläger kann die Berufung bis zur Verkündung des Berufungsurteils zurücknehmen. (2) Die Zurücknahme ist dem Gericht gegenüber zu erklären. Sie erfolgt, wenn sie nicht bei der mündlichen Verhandlung erklärt wird, durch Einreichung

Zivilprozessordnung - ZPO | § 62 Notwendige Streitgenossenschaft


(1) Kann das streitige Rechtsverhältnis allen Streitgenossen gegenüber nur einheitlich festgestellt werden oder ist die Streitgenossenschaft aus einem sonstigen Grund eine notwendige, so werden, wenn ein Termin oder eine Frist nur von einzelnen Strei

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Bundesgerichtshof Beschluss, 03. Mai 2001 - V ZB 7/01 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).

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Bundesgerichtshof Beschluss, 24. Juli 2000 - II ZB 22/99

bei uns veröffentlicht am 24.07.2000

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS II ZB 22/99 vom 24. Juli 2000 in Sachen Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO § 233 I Zur schuldhaften Versäumung der Berufungsfrist durch eine Prozeßpartei, die in Kenntnis des bereits drei Wochen.

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(1) Der Berufungskläger kann die Berufung bis zur Verkündung des Berufungsurteils zurücknehmen.

(2) Die Zurücknahme ist dem Gericht gegenüber zu erklären. Sie erfolgt, wenn sie nicht bei der mündlichen Verhandlung erklärt wird, durch Einreichung eines Schriftsatzes.

(3) Die Zurücknahme hat den Verlust des eingelegten Rechtsmittels und die Verpflichtung zur Folge, die durch das Rechtsmittel entstandenen Kosten zu tragen. Diese Wirkungen sind durch Beschluss auszusprechen.

(1) Kann das streitige Rechtsverhältnis allen Streitgenossen gegenüber nur einheitlich festgestellt werden oder ist die Streitgenossenschaft aus einem sonstigen Grund eine notwendige, so werden, wenn ein Termin oder eine Frist nur von einzelnen Streitgenossen versäumt wird, die säumigen Streitgenossen als durch die nicht säumigen vertreten angesehen.

(2) Die säumigen Streitgenossen sind auch in dem späteren Verfahren zuzuziehen.

War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZB 22/99
vom
24. Juli 2000
in Sachen
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur schuldhaften Versäumung der Berufungsfrist durch eine Prozeßpartei,
die in Kenntnis des bereits drei Wochen zurückliegenden Verkündungstermins
für längere Zeit in das Ausland reist.
BGH, Beschluß vom 24. Juli 2000 - II ZB 22/99 - OLG München
LG München I
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 24. Juli 2000 durch den Vorsitzenden
Richter Dr. h.c. Röhricht und die Richter Prof. Dr. Henze,
Prof. Dr. Goette, Dr. Kurzwelly und die Richterin Münke

beschlossen:
Die sofortige Beschwerde gegen den Beschluß des 19. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 22. November 1999 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Streitwert: 60.000,-- DM.

Gründe:


I. Das Schlußurteil des Landgerichts München I vom 11. August 1999, durch das die Widerklage der Beklagten auf Auskunft und Zahlung der sich daraus ergebenden Überschußanteile in Zusammenhang mit der Beendigung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechtes zwischen den Parteien abgewiesen worden ist, wurde den erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten der Beklagten am 26. August 1999 zugestellt. Diese übersandten der Beklagten unter ihrer M.er Wohnadresse am 22. September 1999 eine Urteilsausfertigung; zugleich erteilten sie ihr in einem Begleitschreiben eine Rechtsmittelbelehrung mit Berechnung der Berufungsfrist und wiesen darauf hin, daß sie ein Rechtsmittel für aussichtslos hielten und es daher nur bei schriftlicher Weisung bis zum 27. September 1999 einlegen würden. Die seit dem 2. September 1999 nach U. v erreiste Beklagte nahm hiervon erst bei ihrer Rückkehr am
10. Oktober 1999 Kenntnis. Die von ihr sodann veranlaßte Berufung ging am 18. Oktober 1999 bei Gericht ein. Mit dem gleichzeitig eingereichten Wiedereinsetzungsgesuch macht die Beklagte geltend, unverschuldet die Berufungseinlegungsfrist versäumt zu haben. Wegen eines am 22. Juli 1999 in U. erlittenen schweren Verkehrsunfalls habe sie sich zunächst dort und anschließend vom 15. August bis 1. September 1999 in M. in stationärer Krankenhausbehandlung befunden; am 2. September 1999 sei sie wieder nach U. gefahren, wo sie sich wegen der Unfallfolgen – unvorhergesehen - erneut in ärztliche Behandlung habe begeben müssen, so daß sie nicht vor dem 10. Oktober 1999 reisefähig gewesen sei. Das Oberlandesgericht hat das Wiedereinsetzungsgesuch durch Beschluß vom 22. November 1999 zurückgewiesen. Dagegen wendet sich die Beklagte mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten sofortigen Beschwerde.
II. Das Rechtsmittel der Beklagten hat keinen Erfolg.
Das Oberlandesgericht hat die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist zu Recht versagt. Der Sachvortrag der Beklagten ergibt nicht, daß sie ohne ihr Verschulden gehindert war, die Berufungsfrist einzuhalten (§ 233 ZPO).
Der Beklagten war nach dem rechtkräftigen Teilurteil zur Klage das fortgeschrittene Stadium des Prozesses hinsichtlich der Widerklage bekannt. Nach der Beweisaufnahme durch den beauftragten Richter war in der abschließenden mündlichen Verhandlung vom 28. Juli 1999 vor der Kammer des Landgerichts Verkündungstermin auf den 11. August 1999 anberaumt worden. Selbst wenn die Beklagte in der Schlußverhandlung nicht persönlich anwesend war, so hat sie doch - nach dem unbestrittenen Klägervortrag - das entspre-
chende Terminsprotokoll mit dem darin ausgewiesenen Verkündungstermin noch vor ihrer erneuten Abreise ins Ausland am 2. September 1999 zur Kenntnisnahme erhalten. Deshalb mußte sie damit rechnen, daß am 11. August 1999 ein - für sie möglicherweise negatives - Urteil ergangen und ihren Prozeßbevollmächtigten alsbald danach zugestellt worden war. Die offenbar im Umgang mit den Gerichten nicht unerfahrene Beklagte hat noch vor ihrer Abreise nach U. am 2. September 1999 dem Landgericht per Fax und Brief eine Stellungnahme in einer Kostenfestsetzungssache bezüglich des landgerichtlichen Teilurteils zukommen lassen. Daher hätte es bei sorgfältiger Beachtung ihrer eigenen prozessualen Belange nahegelegen, sich noch vor der Abreise bei ihren Prozeßbevollmächtigten nach dem für sie wesentlichen Ergebnis des Verkündungstermins vom 11. August 1999 zu erkundigen. Wenn sie aber ohne eine solche - schon zu diesem Zeitpunkt naheliegende - Nachfrage ins Ausland verreiste, so mußte sie zumindest sicherstellen, daß sie für ihre Anwälte erreichbar blieb, oder rechtzeitig von sich aus in der Folgezeit mit ihnen Kontakt wegen der verkündeten Entscheidung und des Laufes der Rechtsmittelfrist aufnehmen (Sen.Beschl. v. 19. Dezember 1994 - II ZR 174/94, VersR 1995, 810, 811 m.w.N.). Dies galt um so mehr, als nach Aktenlage ihre erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten offensichtlich nicht ohne ausdrückliche schriftliche Ermächtigung zur Veranlassung der Einlegung der Berufung im Falle eines die Widerklage abweisenden Urteils bevollmächtigt waren, die Beklagte mithin nicht davon ausgehen konnte, diese würden das Erforderliche von sich aus ohne erneute Rücksprache veranlassen. Daß der Beklagten eine telefonische oder telegrafische Kontaktaufnahme zu ihren erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten vor Ablauf der Berufungsfrist aus U. nicht möglich gewesen wäre, ist weder dargetan noch sonst ersichtlich. Die von der Beklagten vorgetragene Reiseunfähigkeit bis zum 10. Oktober 1999 infolge einer Kniegelenksentzündung mit entsprechender Bewegungseinschränkung hinderte ledig-
lich die vorzeitige Heimkehr, nicht jedoch die zumutbare Erkundigung bei ihren Rechtsanwälten. Der Beklagten war es sogar bei früherer Gelegenheit, als sie sich unmittelbar nach dem erlittenen Verkehrsunfall schwerverletzt in ärztlicher Behandlung in U. befand, ohne weiteres möglich, telefonisch Kontakt mit der Geschäftsstelle des Landgerichts aufzunehmen, um eine Fristverlängerung zur Stellungnahme in der bereits erwähnten Kostenfestsetzungssache zu erreichen. Dann konnte von ihr erst recht erwartet werden, daß sie sich rechtzeitig über den Inhalt der Entscheidung vom 11. August 1999 und eine etwaige Rechtsmittelfrist bei ihren Rechtsanwälten telefonisch oder telegrafisch erkundigte. Blieb sie - wie geschehen - statt dessen untätig, so wendete sie nicht die Sorgfalt auf, die man verständigerweise von ihr erwarten konnte. Damit trifft sie ein Verschulden, das eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ausschließt (Sen. aaO, S. 611; vgl. auch BGH, Beschl. v. 20. März 1991 - XII ZB 129/90, VersR 1992, 119).
Röhricht Henze Goette
Kurzwelly Münke

(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde einzuhalten.

(2) Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Hindernis behoben ist.

(3) Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.

War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.

(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde einzuhalten.

(2) Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Hindernis behoben ist.

(3) Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.

(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.

(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.

(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.

(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.

(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.

(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde einzuhalten.

(2) Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Hindernis behoben ist.

(3) Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)