Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Feb. 2016 - V ZB 37/14
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. Februar 2016 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die Richterin Prof. Dr. Schmidt-Räntsch und die Richter Dr. Czub, Dr. Kazele und Dr. Göbel
beschlossen:
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 5.000 €.
Gründe:
I.
- 1
- Der Betroffene, ein eritreischer Staatsangehöriger, wurde am 12. Dezember 2013 in Saarbrücken festgenommen. Er verfügte weder über einen Pass noch ein Visum. Eine Eurodac-Recherche ergab, dass er bereits in Italien einen Asylantrag gestellt hatte. Die beteiligte Behörde verfügte am 13. Dezember 2013 die Zurückschiebung des Betroffenen nach Italien. Am 19. Dezember 2013 wurde ein Wiederaufnahmegesuch an Italien gestellt.
- 2
- Auf Antrag der beteiligten Behörde ordnete das Amtsgericht Saarbrücken im Anschluss an eine im Wege der einstweiligen Anordnung bereits angeordnete Haft mit Beschluss vom 20. Dezember 2013 Haft zur Sicherung der Zurückschiebung bis zum 24. Januar 2014 an. Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Betroffenen wies das Landgericht Saarbrücken zurück. Hiergegen legte der Betroffene Rechtsbeschwerde (V ZB 28/14) ein.
- 3
- Mit Beschluss vom 16. Januar 2014 gab das Amtsgericht Saarbrücken das Verfahren an das Amtsgericht Bingen ab.
- 4
- Auf Antrag der beteiligten Behörde hat das Amtsgericht Bingen am 22. Januar 2014 die Verlängerung der Zurückschiebungshaft bis zum 4. Februar 2014 angeordnet. Nachdem der Betroffene an diesem Tag zurückgeschoben worden ist, hat das Landgericht Mainz seine Beschwerde, die auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des amtsgerichtlichen Beschlusses gerichtet war, mit Beschluss vom 12. Februar 2014 zurückgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt der Betroffene den Feststellungsantrag weiter.
II.
- 5
- Das Beschwerdegericht meint, die Voraussetzungen für die Anordnung einer Haftfortdauer hätten vorgelegen. Insbesondere seien die Haftgründe des § 62 Abs. 3 Nrn. 1 und 5 AufenthG (in der damals geltenden Fassung) gegeben. Die Dublin-III-Verordnung finde keine Anwendung.
III.
- 6
- Die gemäß § 70 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 FamFG statthafte und auch im Übrigen (§ 71 FamFG) zulässige Rechtsbeschwerde ist unbegründet.
- 7
- Entgegen der Ansicht des Betroffenen geht das Beschwerdegericht rechtsfehlerfrei davon aus, dass die Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 (ABl. Nr. L 180, S. 31 - Dublin-III-Verordnung) vorliegend nicht anwendbar ist. Wie der Senat mit Beschluss vom heutigen Tag in der Sache V ZB 28/14, auf dessen Begründung Bezug genommen wird, entschieden hat, findet die in Art. 28 Dublin-III- Verordnung enthaltene Regelung über die Inhaftnahme zum Zwecke der Überstellung nach der Übergangsvorschrift des Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Dublin-IIIVerordnung erst Anwendung, wenn das Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuch ab dem 1. Januar 2014 gestellt worden ist. Hier ist das Wiederaufnahmegesuch an Italien bereits am 19. Dezember 2013 gestellt worden.
- 8
- Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 74 Abs. 7 FamFG).
Vorinstanzen:
AG Bingen am Rhein, Entscheidung vom 22.01.2014 - 110 XIV 2/14 -
LG Mainz, Entscheidung vom 12.02.2014 - 8 T 17/14 -
Annotations
(1) Die Rechtsbeschwerde eines Beteiligten ist statthaft, wenn sie das Beschwerdegericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) Die Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss des Beschwerdegerichts ist ohne Zulassung statthaft in
- 1.
Betreuungssachen zur Bestellung eines Betreuers, zur Aufhebung einer Betreuung, zur Anordnung oder Aufhebung eines Einwilligungsvorbehalts, - 2.
Unterbringungssachen und Verfahren nach § 151 Nr. 6 und 7 sowie - 3.
Freiheitsentziehungssachen.
(4) Gegen einen Beschluss im Verfahren über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung oder eines Arrests findet die Rechtsbeschwerde nicht statt.
(1) Die Rechtsbeschwerde ist binnen einer Frist von einem Monat nach der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses durch Einreichen einer Beschwerdeschrift bei dem Rechtsbeschwerdegericht einzulegen. Die Rechtsbeschwerdeschrift muss enthalten:
- 1.
die Bezeichnung des Beschlusses, gegen den die Rechtsbeschwerde gerichtet wird, und - 2.
die Erklärung, dass gegen diesen Beschluss Rechtsbeschwerde eingelegt werde.
(2) Die Rechtsbeschwerde ist, sofern die Beschwerdeschrift keine Begründung enthält, binnen einer Frist von einem Monat zu begründen. Die Frist beginnt mit der schriftlichen Bekanntgabe des angefochtenen Beschlusses. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.
(3) Die Begründung der Rechtsbeschwerde muss enthalten:
- 1.
die Erklärung, inwieweit der Beschluss angefochten und dessen Aufhebung beantragt werde (Rechtsbeschwerdeanträge); - 2.
die Angabe der Rechtsbeschwerdegründe, und zwar - a)
die bestimmte Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt; - b)
soweit die Rechtsbeschwerde darauf gestützt wird, dass das Gesetz in Bezug auf das Verfahren verletzt sei, die Bezeichnung der Tatsachen, die den Mangel ergeben.
(4) Die Rechtsbeschwerde- und die Begründungsschrift sind den anderen Beteiligten bekannt zu geben.
(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft ist und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.
(2) Ergibt die Begründung des angefochtenen Beschlusses zwar eine Rechtsverletzung, stellt sich die Entscheidung aber aus anderen Gründen als richtig dar, ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.
(3) Der Prüfung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegen nur die von den Beteiligten gestellten Anträge. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf die angefochtene Entscheidung nur geprüft werden, wenn die Mängel nach § 71 Abs. 3 und § 73 Satz 2 gerügt worden sind. Die §§ 559, 564 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.
(4) Auf das weitere Verfahren sind, soweit sich nicht Abweichungen aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts ergeben, die im ersten Rechtszug geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden.
(5) Soweit die Rechtsbeschwerde begründet ist, ist der angefochtene Beschluss aufzuheben.
(6) Das Rechtsbeschwerdegericht entscheidet in der Sache selbst, wenn diese zur Endentscheidung reif ist. Andernfalls verweist es die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und des Verfahrens zur anderweitigen Behandlung und Entscheidung an das Beschwerdegericht oder, wenn dies aus besonderen Gründen geboten erscheint, an das Gericht des ersten Rechtszugs zurück. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Gerichts erfolgen, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde liegt, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.
(7) Von einer Begründung der Entscheidung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.