Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Sept. 2011 - V ZB 136/11
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gerichtskosten werden nicht erhoben. Die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen des Betroffenen werden der Stadt K. auferlegt.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 3.000 €.
Gründe:
I.
- 1
- Der Betroffene, ein eritreischer Staatsangehöriger, reiste nach Italien ein und stellte dort 2008 einen Asylantrag. Er verließ Italien und stellte in den Niederlanden zwei Asylanträge. Am 22. November 2010 reiste er aus Frankreich nach Deutschland ein, wurde dort festgenommen, in Zurückschiebungshaft genommen und nach Italien zurückgeschoben. Am 7. März 2011 wurde er im Hauptbahnhof in Koblenz ohne gültige Papiere angetroffen und von Beamten der Bundespolizei festgenommen.
- 2
- Die örtliche Polizeiinspektion der Bundespolizei hat Haft zur Sicherung der Zurückschiebung für die Dauer von drei Monaten beantragt, um "die Formalitäten mit dem zuständigen Partnerstaat Italien" zu klären. Das Amtsgericht hat dem Antrag entsprochen. Die Beteiligte zu 2 hat sich den Antrag der Bundespolizei zu eigen gemacht, ergänzt und darauf hingewiesen, die Zurückschiebung sei für den 10. Mai 2011 vorgesehen. Das Beschwerdegericht hat die Haft bis zum 10. Mai 2011 begrenzt und die Beschwerde im Übrigen zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der Betroffene mit der Rechtsbeschwerde, nach seiner Zurückschiebung am vorgesehenen Tag mit dem Antrag festzustellen, dass ihn die Entscheidungen der Vorinstanzen in seinen Rechten verletzt haben.
II.
- 3
- Das Beschwerdegericht hält die Anordnung der Zurückschiebungshaft für rechtswidrig. Ihr habe kein zulässiger Haftantrag zugrunde gelegen. Der Antrag der Bundespolizei habe zu den Gründen für die beantragte Haftdauer von drei Monaten nur auf "Formalitäten mit dem zuständigen Partnerland Italien" verwiesen. Das genüge den Anforderungen ebenso wenig wie der Hinweis auf den Haftgrund nach § 62 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG. Das bedeute aber nicht, dass die angeordnete Haft nunmehr aufzuheben sei. Der Antragsmangel könne für die Zukunft geheilt werden. Das sei hier eingetreten. Die Beteiligte zu 2 habe sich den Antrag der Bundespolizei zu eigen gemacht, ihn um wesentliche Angaben ergänzt und insbesondere darauf hingewiesen, dass die Abschiebung für den 10. Mai 2011 vorgesehenen und möglich sei. Bis zu diesem Tage sei die Zurückschiebungshaft zu begrenzen, aber auch aufrecht zu erhalten.
III.
- 4
- Diese Erwägung hält im Ergebnis einer rechtlichen Prüfung nicht stand. Auf die mit dem gestellten Feststellungsantrag ohne Zulassung statthafte (vgl.
- 5
- 1. Das Amtsgericht durfte die Zurückschiebungshaft gegen den Betroffenen nicht anordnen, weil es an einem zulässigen Haftantrag fehlte. Dazu wird auf die zutreffenden Gründe der Entscheidung des Beschwerdegerichts Bezug genommen.
- 6
- 2. Auch die Anordnung der Fortdauer der Haft bis zum 10. Mai 2011 durch das Beschwerdegericht verletzt den Betroffenen in seinen Rechten.
- 7
- a) Das ergibt sich allerdings entgegen der Ansicht des Betroffenen nicht schon daraus, dass der Verstoß gegen das Erfordernis eines zulässigen Haftantrags auch für die Zukunft nicht heilbar wäre.
- 8
- aa) Richtig daran ist, dass ein unzulässiger Haftantrag und die damit einhergehende Verletzung des Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG in der Beschwerdeinstanz nicht rückwirkend geheilt werden kann (Senat, Beschlüsse vom 29. April 2010 - V ZB 218/09, FGPrax 2010, 210, 211 Rn. 19, vom 21. Oktober 2010 - V ZB 96/10, juris Rn. 14 und vom 7. April 2011 - V ZB 133/10, juris Rn. 7). Das bedeutet aber nicht, dass der Haftantrag nicht mehr ergänzt und auf der Grundlage eines ergänzten Haftantrags die Fortdauer der Haft angeordnet werden dürfte. Der Senat hat das für fehlende Darlegungen zum erforderlichen Einvernehmen der Staatsanwaltschaft entschieden. Dieser Begründungsmangel kann im Beschwerdeverfahren, allerdings nur für die Zukunft, das heißt für den Zeitraum von der Entscheidung des Beschwerdegerichts an, geheilt werden. Dazu muss die den Haftantrag stellende Behörde die Antragsbegründung um die Darlegungen zu dem vorliegenden Einvernehmen ergänzen; ferner muss der Betroffene hierzu in einer Anhörung vor dem Beschwerdegericht Stellung nehmen können (Senat, Beschluss vom 3. Mai 2011 - V ZA 10/11, juris Rn. 11). Das gilt nicht nur für fehlende Angaben zum Einvernehmen der Staatsanwaltschaft , sondern auch für andere Defizite der Antragsbegründung. Das hat das Beschwerdegericht in der Sache richtig gesehen.
- 9
- bb) Entgegen der Ansicht des Betroffenen stellt der so ergänzte Haftantrag keinen inhaltlich neuen Antrag dar, der bei dem Amtsgericht zu stellen wäre und zur Einleitung eines vollständig neuen gerichtlichen Verfahrens führte. Es handelt sich vielmehr um die Fortschreibung des ursprünglichen, wenn auch unzureichenden und darum unzulässigen Haftantrags. Veränderungen erfährt durch die Ergänzung nicht der Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens, sondern die formelle und tatsächliche Grundlage der Beschwerdeentscheidung. Diese Veränderung hat das Beschwerdegericht nach §§ 26, 68 Abs. 3 FamFG zu berücksichtigen.
- 10
- b) Unzutreffend ist indessen die weitere Annahme des Beschwerdegerichts , der unzulässige Haftantrag sei durch die Ergänzung seitens der Beteiligten zu 2 nachträglich zulässig geworden. Das ist nicht der Fall. Der ergänzte Antrag ist zwar dem Vertreter des Betroffenen rechtzeitig vor der Anhörung des Betroffenen in Kopie zugeleitet worden, so dass dieser sich in der Anhörung vor dem Beschwerdegericht dazu äußern konnte. Der Antrag war aber auch nach der Ergänzung nicht ausreichend. Er stammte jetzt von der Beteiligten zu 2 als der zuständigen Behörde. Diese hatte Angaben zur Erforderlichkeit der Freiheitsentziehung gemacht. Ihre Angabe, die "Abschiebung" sei für den 10. Mai 2011 terminiert, genügt indessen den Anforderungen des § 417 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4, 5 FamFG weiterhin nicht. Zu berücksichtigen ist nämlich, dass die Ergänzung eines bislang unzulässigen Antrags nur dann zur Zulässigkeit des Antrags führt, wenn die Ergänzung auch den zwischenzeitlichen Veränderungen des Sachverhalts Rechnung trägt. Denn der ergänzte Antrag bildet die Grundlage für die Anordnung der Fortdauer der Haft und muss nach § 417 Abs. 2 Satz 2 FamFG deren weiter bestehende Erforderlichkeit, Durchführbarkeit und Verhältnismäßigkeit darlegen. Dem genügt die Ergänzung der Beteiligten zu 2 nicht. Die Angabe zur Terminierung der Abschiebung lässt nicht erkennen, was die Kontakte mit den italienischen Behörden ergeben haben. Sie gibt auch keinerlei Aufschluss darüber, ob sich die Beteiligte zu 2 mit dem gebotenen Nachdruck um eine zügige Zurückschiebung bemüht hat. Das war aber nunmehr, nach Ablauf von sieben Wochen Zurückschiebungshaft, im Hinblick auf die Fristen nach Art. 20 der VO (EG) Nr. 343/2003 geboten. Der Betroffene und sein Verfahrensbevollmächtigter zweiter Instanz hatten auch nach der Ergänzung des Antrags durch die Beteiligte zu 2 in den entscheidenden Fragen keine ausreichende Grundlage für eine Stellungnahme.
IV.
- 11
- Die Kostenentscheidung beruht auf § 81 Abs. 1 Satz 1 und 2, § 83 Abs. 2 und § 430 FamFG, Art. 5 Abs. 5 EMRK analog und § 128c Abs. 3 Satz 2 KostO.
Vorinstanzen:
AG Koblenz, Entscheidung vom 07.03.2011 - 30 XIV 3/11 -
LG Koblenz, Entscheidung vom 09.05.2011 - 2 T 207/11 -
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Annotations
(1) Die Freiheitsentziehung darf das Gericht nur auf Antrag der zuständigen Verwaltungsbehörde anordnen.
(2) Der Antrag ist zu begründen. Die Begründung hat folgende Tatsachen zu enthalten:
- 1.
die Identität des Betroffenen, - 2.
den gewöhnlichen Aufenthaltsort des Betroffenen, - 3.
die Erforderlichkeit der Freiheitsentziehung, - 4.
die erforderliche Dauer der Freiheitsentziehung sowie - 5.
in Verfahren der Abschiebungs-, Zurückschiebungs- und Zurückweisungshaft die Verlassenspflicht des Betroffenen sowie die Voraussetzungen und die Durchführbarkeit der Abschiebung, Zurückschiebung und Zurückweisung.
(3) Tatsachen nach Absatz 2 Satz 2 können bis zum Ende der letzten Tatsacheninstanz ergänzt werden.
(1) Die Abschiebungshaft ist unzulässig, wenn der Zweck der Haft durch ein milderes Mittel erreicht werden kann. Die Inhaftnahme ist auf die kürzest mögliche Dauer zu beschränken. Minderjährige und Familien mit Minderjährigen dürfen nur in besonderen Ausnahmefällen und nur so lange in Abschiebungshaft genommen werden, wie es unter Berücksichtigung des Kindeswohls angemessen ist.
(2) Ein Ausländer ist zur Vorbereitung der Ausweisung oder der Abschiebungsanordnung nach § 58a auf richterliche Anordnung in Haft zu nehmen, wenn über die Ausweisung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a nicht sofort entschieden werden kann und die Abschiebung ohne die Inhaftnahme wesentlich erschwert oder vereitelt würde (Vorbereitungshaft). Die Dauer der Vorbereitungshaft soll sechs Wochen nicht überschreiten. Im Falle der Ausweisung bedarf es für die Fortdauer der Haft bis zum Ablauf der angeordneten Haftdauer keiner erneuten richterlichen Anordnung.
(3) Ein Ausländer ist zur Sicherung der Abschiebung auf richterliche Anordnung in Haft zu nehmen (Sicherungshaft), wenn
- 1.
Fluchtgefahr besteht, - 2.
der Ausländer auf Grund einer unerlaubten Einreise vollziehbar ausreisepflichtig ist oder - 3.
eine Abschiebungsanordnung nach § 58a ergangen ist, diese aber nicht unmittelbar vollzogen werden kann.
(3a) Fluchtgefahr im Sinne von Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 wird widerleglich vermutet, wenn
- 1.
der Ausländer gegenüber den mit der Ausführung dieses Gesetzes betrauten Behörden über seine Identität täuscht oder in einer für ein Abschiebungshindernis erheblichen Weise und in zeitlichem Zusammenhang mit der Abschiebung getäuscht hat und die Angabe nicht selbst berichtigt hat, insbesondere durch Unterdrückung oder Vernichtung von Identitäts- oder Reisedokumenten oder das Vorgeben einer falschen Identität, - 2.
der Ausländer unentschuldigt zur Durchführung einer Anhörung oder ärztlichen Untersuchung nach § 82 Absatz 4 Satz 1 nicht an dem von der Ausländerbehörde angegebenen Ort angetroffen wurde, sofern der Ausländer bei der Ankündigung des Termins auf die Möglichkeit seiner Inhaftnahme im Falle des Nichtantreffens hingewiesen wurde, - 3.
die Ausreisefrist abgelaufen ist und der Ausländer seinen Aufenthaltsort trotz Hinweises auf die Anzeigepflicht gewechselt hat, ohne der zuständigen Behörde eine Anschrift anzugeben, unter der er erreichbar ist, - 4.
der Ausländer sich entgegen § 11 Absatz 1 Satz 2 im Bundesgebiet aufhält und er keine Betretenserlaubnis nach § 11 Absatz 8 besitzt, - 5.
der Ausländer sich bereits in der Vergangenheit der Abschiebung entzogen hat oder - 6.
der Ausländer ausdrücklich erklärt hat, dass er sich der Abschiebung entziehen will.
(3b) Konkrete Anhaltspunkte für Fluchtgefahr im Sinne von Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 können sein:
- 1.
der Ausländer hat gegenüber den mit der Ausführung dieses Gesetzes betrauten Behörden über seine Identität in einer für ein Abschiebungshindernis erheblichen Weise getäuscht und hat die Angabe nicht selbst berichtigt, insbesondere durch Unterdrückung oder Vernichtung von Identitäts- oder Reisedokumenten oder das Vorgeben einer falschen Identität, - 2.
der Ausländer hat zu seiner unerlaubten Einreise erhebliche Geldbeträge, insbesondere an einen Dritten für dessen Handlung nach § 96, aufgewandt, die nach den Umständen derart maßgeblich sind, dass daraus geschlossen werden kann, dass er die Abschiebung verhindern wird, damit die Aufwendungen nicht vergeblich waren, - 3.
von dem Ausländer geht eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben Dritter oder bedeutende Rechtsgüter der inneren Sicherheit aus, - 4.
der Ausländer ist wiederholt wegen vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu mindestens einer Freiheitsstrafe verurteilt worden, - 5.
der Ausländer hat die Passbeschaffungspflicht nach § 60b Absatz 3 Satz 1 Nummer 1, 2 und 6 nicht erfüllt oder der Ausländer hat andere als die in Absatz 3a Nummer 2 genannten gesetzlichen Mitwirkungshandlungen zur Feststellung der Identität, insbesondere die ihm nach § 48 Absatz 3 Satz 1 obliegenden Mitwirkungshandlungen, verweigert oder unterlassen und wurde vorher auf die Möglichkeit seiner Inhaftnahme im Falle der Nichterfüllung der Passersatzbeschaffungspflicht nach § 60b Absatz 3 Satz 1 Nummer 1, 2 und 6 oder der Verweigerung oder Unterlassung der Mitwirkungshandlung hingewiesen, - 6.
der Ausländer hat nach Ablauf der Ausreisefrist wiederholt gegen eine Pflicht nach § 61 Absatz 1 Satz 1, Absatz 1a, 1c Satz 1 Nummer 3 oder Satz 2 verstoßen oder eine zur Sicherung und Durchsetzung der Ausreisepflicht verhängte Auflage nach § 61 Absatz 1e nicht erfüllt, - 7.
der Ausländer, der erlaubt eingereist und vollziehbar ausreisepflichtig geworden ist, ist dem behördlichen Zugriff entzogen, weil er keinen Aufenthaltsort hat, an dem er sich überwiegend aufhält.
(4) Die Sicherungshaft kann bis zu sechs Monaten angeordnet werden. Sie kann in Fällen, in denen die Abschiebung aus von dem Ausländer zu vertretenden Gründen nicht vollzogen werden kann, um höchstens zwölf Monate verlängert werden. Eine Verlängerung um höchstens zwölf Monate ist auch möglich, soweit die Haft auf der Grundlage des Absatzes 3 Satz 1 Nummer 3 angeordnet worden ist und sich die Übermittlung der für die Abschiebung erforderlichen Unterlagen oder Dokumente durch den zur Aufnahme verpflichteten oder bereiten Drittstaat verzögert. Die Gesamtdauer der Sicherungshaft darf 18 Monate nicht überschreiten. Eine Vorbereitungshaft ist auf die Gesamtdauer der Sicherungshaft anzurechnen.
(4a) Ist die Abschiebung gescheitert, bleibt die Anordnung bis zum Ablauf der Anordnungsfrist unberührt, sofern die Voraussetzungen für die Haftanordnung unverändert fortbestehen.
(5) Die für den Haftantrag zuständige Behörde kann einen Ausländer ohne vorherige richterliche Anordnung festhalten und vorläufig in Gewahrsam nehmen, wenn
- 1.
der dringende Verdacht für das Vorliegen der Voraussetzungen nach Absatz 3 Satz 1 besteht, - 2.
die richterliche Entscheidung über die Anordnung der Sicherungshaft nicht vorher eingeholt werden kann und - 3.
der begründete Verdacht vorliegt, dass sich der Ausländer der Anordnung der Sicherungshaft entziehen will.
(6) Ein Ausländer kann auf richterliche Anordnung zum Zwecke der Abschiebung für die Dauer von längstens 14 Tagen zur Durchführung einer Anordnung nach § 82 Absatz 4 Satz 1, bei den Vertretungen oder ermächtigten Bediensteten des Staates, dessen Staatsangehörigkeit er vermutlich besitzt, persönlich zu erscheinen, oder eine ärztliche Untersuchung zur Feststellung seiner Reisefähigkeit durchführen zu lassen, in Haft genommen werden, wenn er
- 1.
einer solchen erstmaligen Anordnung oder - 2.
einer Anordnung nach § 82 Absatz 4 Satz 1, zu einem Termin bei der zuständigen Behörde persönlich zu erscheinen,
(1) Die Freiheit der Person kann nur auf Grund eines förmlichen Gesetzes und nur unter Beachtung der darin vorgeschriebenen Formen beschränkt werden. Festgehaltene Personen dürfen weder seelisch noch körperlich mißhandelt werden.
(2) Über die Zulässigkeit und Fortdauer einer Freiheitsentziehung hat nur der Richter zu entscheiden. Bei jeder nicht auf richterlicher Anordnung beruhenden Freiheitsentziehung ist unverzüglich eine richterliche Entscheidung herbeizuführen. Die Polizei darf aus eigener Machtvollkommenheit niemanden länger als bis zum Ende des Tages nach dem Ergreifen in eigenem Gewahrsam halten. Das Nähere ist gesetzlich zu regeln.
(3) Jeder wegen des Verdachtes einer strafbaren Handlung vorläufig Festgenommene ist spätestens am Tage nach der Festnahme dem Richter vorzuführen, der ihm die Gründe der Festnahme mitzuteilen, ihn zu vernehmen und ihm Gelegenheit zu Einwendungen zu geben hat. Der Richter hat unverzüglich entweder einen mit Gründen versehenen schriftlichen Haftbefehl zu erlassen oder die Freilassung anzuordnen.
(4) Von jeder richterlichen Entscheidung über die Anordnung oder Fortdauer einer Freiheitsentziehung ist unverzüglich ein Angehöriger des Festgehaltenen oder eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen.
Das Gericht hat von Amts wegen die zur Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen erforderlichen Ermittlungen durchzuführen.
(1) Hält das Gericht, dessen Beschluss angefochten wird, die Beschwerde für begründet, hat es ihr abzuhelfen; anderenfalls ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Das Gericht ist zur Abhilfe nicht befugt, wenn die Beschwerde sich gegen eine Endentscheidung in einer Familiensache richtet.
(2) Das Beschwerdegericht hat zu prüfen, ob die Beschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen.
(3) Das Beschwerdeverfahren bestimmt sich im Übrigen nach den Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug. Das Beschwerdegericht kann von der Durchführung eines Termins, einer mündlichen Verhandlung oder einzelner Verfahrenshandlungen absehen, wenn diese bereits im ersten Rechtszug vorgenommen wurden und von einer erneuten Vornahme keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten sind.
(4) Das Beschwerdegericht kann die Beschwerde durch Beschluss einem seiner Mitglieder zur Entscheidung als Einzelrichter übertragen; § 526 der Zivilprozessordnung gilt mit der Maßgabe entsprechend, dass eine Übertragung auf einen Richter auf Probe ausgeschlossen ist. Zudem kann das Beschwerdegericht die persönliche Anhörung des Kindes durch Beschluss einem seiner Mitglieder als beauftragtem Richter übertragen, wenn es dies aus Gründen des Kindeswohls für sachgerecht hält oder das Kind offensichtlich nicht in der Lage ist, seine Neigungen und seinen Willen kundzutun. Gleiches gilt für die Verschaffung eines persönlichen Eindrucks von dem Kind.
(5) Absatz 3 Satz 2 und Absatz 4 Satz 1 finden keine Anwendung, wenn die Beschwerde ein Hauptsacheverfahren betrifft, in dem eine der folgenden Entscheidungen in Betracht kommt:
- 1.
die teilweise oder vollständige Entziehung der Personensorge nach den §§ 1666 und 1666a des Bürgerlichen Gesetzbuchs, - 2.
der Ausschluss des Umgangsrechts nach § 1684 des Bürgerlichen Gesetzbuchs oder - 3.
eine Verbleibensanordnung nach § 1632 Absatz 4 oder § 1682 des Bürgerlichen Gesetzbuchs.
(1) Die Freiheitsentziehung darf das Gericht nur auf Antrag der zuständigen Verwaltungsbehörde anordnen.
(2) Der Antrag ist zu begründen. Die Begründung hat folgende Tatsachen zu enthalten:
- 1.
die Identität des Betroffenen, - 2.
den gewöhnlichen Aufenthaltsort des Betroffenen, - 3.
die Erforderlichkeit der Freiheitsentziehung, - 4.
die erforderliche Dauer der Freiheitsentziehung sowie - 5.
in Verfahren der Abschiebungs-, Zurückschiebungs- und Zurückweisungshaft die Verlassenspflicht des Betroffenen sowie die Voraussetzungen und die Durchführbarkeit der Abschiebung, Zurückschiebung und Zurückweisung.
(3) Tatsachen nach Absatz 2 Satz 2 können bis zum Ende der letzten Tatsacheninstanz ergänzt werden.
(1) Das Gericht kann die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen den Beteiligten ganz oder zum Teil auferlegen. Es kann auch anordnen, dass von der Erhebung der Kosten abzusehen ist. In Familiensachen ist stets über die Kosten zu entscheiden.
(2) Das Gericht soll die Kosten des Verfahrens ganz oder teilweise einem Beteiligten auferlegen, wenn
- 1.
der Beteiligte durch grobes Verschulden Anlass für das Verfahren gegeben hat; - 2.
der Antrag des Beteiligten von vornherein keine Aussicht auf Erfolg hatte und der Beteiligte dies erkennen musste; - 3.
der Beteiligte zu einer wesentlichen Tatsache schuldhaft unwahre Angaben gemacht hat; - 4.
der Beteiligte durch schuldhaftes Verletzen seiner Mitwirkungspflichten das Verfahren erheblich verzögert hat; - 5.
der Beteiligte einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einem kostenfreien Informationsgespräch über Mediation oder über eine sonstige Möglichkeit der außergerichtlichen Konfliktbeilegung nach § 156 Absatz 1 Satz 3 oder einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einer Beratung nach § 156 Absatz 1 Satz 4 nicht nachgekommen ist, sofern der Beteiligte dies nicht genügend entschuldigt hat.
(3) Einem minderjährigen Beteiligten können Kosten in Kindschaftssachen, die seine Person betreffen, nicht auferlegt werden.
(4) Einem Dritten können Kosten des Verfahrens nur auferlegt werden, soweit die Tätigkeit des Gerichts durch ihn veranlasst wurde und ihn ein grobes Verschulden trifft.
(5) Bundesrechtliche Vorschriften, die die Kostenpflicht abweichend regeln, bleiben unberührt.
(1) Wird das Verfahren durch Vergleich erledigt und haben die Beteiligten keine Bestimmung über die Kosten getroffen, fallen die Gerichtskosten jedem Teil zu gleichen Teilen zur Last. Die außergerichtlichen Kosten trägt jeder Beteiligte selbst.
(2) Ist das Verfahren auf sonstige Weise erledigt oder wird der Antrag zurückgenommen, gilt § 81 entsprechend.
Wird ein Antrag der Verwaltungsbehörde auf Freiheitsentziehung abgelehnt oder zurückgenommen und hat das Verfahren ergeben, dass ein begründeter Anlass zur Stellung des Antrags nicht vorlag, hat das Gericht die Auslagen des Betroffenen, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig waren, der Körperschaft aufzuerlegen, der die Verwaltungsbehörde angehört.