vorgehend
Amtsgericht Überlingen, 5 C 20/07, 30.05.2008
Landgericht Karlsruhe, 11 T 377/08, 12.12.2008

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 11/09
vom
16. Juli 2009
in dem Kostenfestsetzungsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
WEG § 50
Hat der Verwalter einen Rechtsanwalt beauftragt, die beklagten Wohnungseigentümer
in einem Beschlussanfechtungsverfahren zu vertreten, und lassen
sich einzelne dieser Eigentümer, ohne dass dies geboten ist, durch weitere Anwälte
vertreten, sind die Kosten des von dem Verwalter beauftragten Anwalts
vorrangig zu erstatten.
BGH, Beschluss vom 16. Juli 2009 - V ZB 11/09 - LG Karlsruhe
AG Überlingen
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 16. Juli 2009 durch den Vorsitzenden
Richter Prof. Dr. Krüger, die Richter Dr. Klein und Dr. Schmidt-Räntsch, die Richterin
Dr. Stresemann und den Richter Dr. Roth

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 11. Zivilkammer des Landgerichts Karlsruhe vom 12. Dezember 2008 wird auf Kosten der Beklagten zu 11 zurückgewiesen. Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 2.259,33 €.

Gründe:

I.

1
Die drei Kläger sind Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft. Mit der gegen die übrigen Wohnungseigentümer gerichteten Klage wollten sie einen im September 2007 gefassten Beschluss der Gemeinschaft über die Verteilung der Kosten für durchgeführte Wärmeschutzmaßnahmen für ungültig erklären lassen. Ferner beantragten sie, die Beklagten zum Abschluss einer Vereinbarung zu verurteilen, wonach nur Eigentümer, deren Wohnungen von der Wärmedämmung profitierten, mit Kosten zu belasten waren.
2
Die Verwalterin beauftragte im Namen aller elf Beklagten einen Rechtsanwalt mit der Prozessvertretung. Die Beklagten zu 9 bis 11, die die Kosten der Wärmeschutzmaßnahmen zusammen mit der Beklagten zu 7 vorschussweise getragen hatten, ließen sich in dem Verfahren durch einen eigenen Anwalt vertreten. Das Amtsgericht wies die Klage ab und erlegte den Klägern die Verfahrenskosten auf.
3
Beide auf Seiten der Beklagten tätigen Anwälte haben die Festsetzung außergerichtlicher Kosten gegen die Kläger beantragt. Das Amtsgericht hat die Kosten des von der Verwalterin beauftragten Anwalts in Höhe von 3.331,51 € festgesetzt und den weiteren Antrag zurückgewiesen. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde der Beklagten zu 9 bis 11 ist erfolglos geblieben. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Beklagte zu 11 den Antrag weiter, auch die Kosten des zweiten Anwalts in Höhe von 2.259,33 € gegen die Kläger festzusetzen.

II.

4
Das Beschwerdegericht meint, einer Festsetzung der Kosten des Prozessbevollmächtigten der Beklagten zu 9 bis 11 stehe § 50 WEG entgegen. Gründe für eine Einzelvertretung dieser Beklagten lägen nicht vor. Insbesondere hätten sie nicht befürchten müssen, die von ihnen verauslagten Kosten nicht erstattet zu bekommen. Den Klägern sei es nur darum gegangen, den auf sie entfallenen Kostenanteil für die Wärmedämmung auf andere zu verlagern. Mangels Interessenkonflikts könnten die Beklagten lediglich die Kosten eines Prozessbevollmächtigten erstattet verlangen. Dies seien die Kosten des von der Verwalterin beauftragten Anwalts.

III.

5
1. Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO i.V.m § 43 WEG n.F. statthafte Rechtsbeschwerde ist zulässig, insbesondere genügt die Beschwerdebegründung trotz Fehlens der - erst nach Ablauf der Begründungfrist nachgereichten - Seite 5 den Anforderungen gemäß § 575 Abs. 3 Nr. 1 u. 3a ZPO. Einer Entscheidung über den vorsorglich gestellten Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Begründungsfrist bedarf es daher nicht.
6
2. In der Sache bleibt die Rechtsbeschwerde ohne Erfolg. Das Beschwerdegericht nimmt zutreffend an, dass die Kläger nur die Kosten des von der Verwalterin beauftragten Rechtsanwalts erstatten müssen. Das folgt aus § 50 WEG, wonach den Wohnungseigentümern als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendige Kosten nur die Kosten eines bevollmächtigten Rechtsanwalts zu erstatten sind, wenn nicht aus Gründen , die mit dem Gegenstand des Rechtsstreits zusammenhängen, eine Vertretung durch mehrere bevollmächtigte Rechtsanwälte geboten war.
7
a) Eine Vertretung der beklagten Wohnungseigentümer durch mehrere Anwälte war nicht geboten.
8
aa) Bei einer Beschlussanfechtungsklage im Sinne von § 46 Abs. 1 WEG verfolgen die beklagten Wohnungseigentümer in der Sache dasselbe Ziel, nämlich die Abwehr der von der Klägerseite erhobenen Einwendungen gegen die Wirksamkeit eines von ihnen gefassten Beschlusses. Deshalb ist die Beauftragung eines gemeinsamen Rechtsanwalts grundsätzlich ausreichend.
9
Etwas anderes gilt nicht schon deshalb, weil die beklagten Wohnungseigentümer von dem Beschluss, insbesondere finanziell, in unterschiedlicher Weise betroffen sind. Andernfalls liefe der Zweck der Vorschrift weitgehend leer. Der Gesetzgeber wollte mit der Einführung von § 50 WEG die Kostenerstattungspflicht des Klägers insbesondere in Beschlussanfechtungsverfahren im Regelfall auf die Kosten eines Rechtsanwalts beschränken (BT-Drucks. 16/3843 S. 28). Wäre eine Beauftragung mehrerer Anwälte bereits dann geboten , wenn sich der angefochtene Beschluss auf die einzelnen Wohnungseigentümer unterschiedlich auswirkt oder wenn diese aus nur in ihrer Person liegenden Gründen ein besonderes Interesse an der Aufrechterhaltung des Beschlusses haben, stellte die Mehrfachvertretung nicht die Ausnahme, sondern den Regelfall dar.
10
bb) Mit dem Gegenstand des Rechtsstreits zusammenhängende Gründe, aufgrund derer eine Vertretung der Beklagten zu 9 bis 11 durch einen eigenen Rechtsanwalt geboten war, zeigt die Rechtsbeschwerde nicht auf.
11
(1) Dass einigen Beklagten an einem Erfolg des Klageantrags, den Beschluss für ungültig zu erklären, gelegen gewesen sein soll, ist unerheblich. Da eine Beschlussanfechtungsklage zwingend gegen alle anderen Wohnungseigentümer zu richten ist (§ 46 Abs. 1 Satz 1 WEG), zählen zu den Beklagten immer auch die von der Mehrheit überstimmten Eigentümer, also diejenigen, die sich gegen den Beschluss ausgesprochen haben, diesen aber nicht anfechten. Deren ablehnende Haltung zu dem angefochtenen Beschluss kann daher für sich genommen nicht die Notwendigkeit einer Mehrfachvertretung begründen. Dies gilt hier umso mehr, als der von der Verwalterin beauftragte Anwalt selbstverständlich verpflichtet war, auf eine Abweisung der Klage hinzuwirken, um dem Willen der Mehrheit der Wohnungseigentümer Geltung zu verschaffen.
12
(2) Eine Mehrfachvertretung war entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde auch nicht im Hinblick auf den weiteren, auf Abschluss einer Vereinbarung gerichteten Klageantrag erforderlich, durch den die Kosten der Wärmedämmung auf nur fünf Wohnungseigentümer, darunter die Beklagte zu 11, umgelegt werden sollten. Ein solcher, auf die Ersetzung des angefochtenen Beschlusses gerichteter Antrag erfordert schon deshalb keine Mehrfachvertretung , weil er nach der Eigenart der Beschlussanfechtungsklage in aller Regel ohne Aussicht auf Erfolg ist (vgl. Senat, BGHZ 156, 192, 205 f.). Die Klage gemäß § 46 Abs. 1 WEG hat kassatorischen Charakter; der angefochtene Beschluss wird im Erfolgsfall also nur beseitigt (vgl. Jennißen/Suilmann, WEG, § 46 Rdn. 8). Darüber, was an seine Stelle treten soll, hat nicht das Gericht, sondern die Gemeinschaft der Eigentümer in Ausübung ihres Selbstverwaltungsrechts zu befinden. Bei Anwendung der im Kostenrecht gebotenen typisierenden Betrachtungsweise (vgl. Senat, Beschl. v. 25. Januar 2007, V ZB 85/06, NJW 2007, 2048, 2049) ist es daher sachgerecht, Interessenkonflikte zwischen den beklagten Wohnungseigentümern, die sich bei einer erneuten Befassung mit der in dem angefochtenen Beschluss geregelte Angelegenheit voraussichtlich ergeben werden, im Rahmen von § 50 WEG unberücksichtigt zu lassen.
13
(3) Die Beauftragung eines eigenen Anwalts durch die Beklagte zu 11 war schließlich nicht deshalb geboten, weil sie zusammen mit den Beklagten zu 9 und 10 die Kosten für die - bereits durchgeführte - Wärmedämmung verauslagt hatte. Gegenstand des angefochtenen Beschlusses war nämlich nicht ihr Aufwendungsersatzanspruch gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft, sondern nur der Verteilungsmaßstab für die Sonderumlage, durch die der Gemeinschaft die zur Rückzahlung des Vorschusses notwendigen Mittel zugeführt werden sollte.
14
b) Die Begrenzung der Erstattungspflicht nach § 50 WEG führt hier dazu, dass nur die Kosten des von der Verwalterin beauftragten Rechtsanwalts gegen die Kläger festzusetzen sind.
15
aa) Die Vorschrift enthält allerdings keine Regelung, welche Rechtsanwaltskosten zu erstatten sind, wenn sich die Wohnungseigentümer - wie hier - durch mehrere Rechtsanwälte haben vertreten lassen, ohne dass dies geboten war. In Betracht kommt die vorrangige Erstattung eines "Hauptanwalts" oder, wenn es hieran fehlt, eine Quotelung des Erstattungsanspruchs (vgl. AG Konstanz JurBüro 2008, 596).
16
Eine vorrangige Kostenerstattung ist gerechtfertigt, wenn der Verwalter im Auftrag der Wohnungseigentümer einen Rechtsanwalt mandatiert hat. Dies trägt der gesetzlichen Befugnis des Verwalters gemäß § 27 Abs. 2 Nr. 2 WEG Rechnung, das Beschlussanfechtungsverfahren im Namen aller Wohnungseigentümer mit Wirkung für und gegen sie zu führen (ebenso Jennißen/Suilmann, WEG, § 50 Rdn. 16; Wenzel in Bärmann, WEG, 10. Aufl., § 50 Rdn. 11 a.E.; Spielbauer/Then, WEG, § 50 Rdn. 5; AnwK-BGB/Schultzky, 2. Aufl., § 50 WEG Rdn. 5; Abramenko/Frohne, Handbuch WEG, § 8 Rdn. 203; Drasdo, ZMR 2008, 266, 268; a.A. Hügel/Elzer, Das neue WEG-Recht, § 13 Rdn. 252; Köhler, Das neue WEG, Rdn. 678). Wohnungseigentümer, die einen weiteren Rechtsanwalt mit ihrer Prozessvertretung beauftragen, können dann im Regelfall nicht mit einer Kostenerstattung rechnen. Entsprechendes gilt, wenn die Wohnungseigentümer einen Beschluss über die Beauftragung eines bestimmten Rechtsanwalts fassen (ebenso Erman/Grziwotz, BGB, 12. Aufl., § 50 WEG Rdn. 5). Hier rechtfertigt sich die vorrangige Kostenerstattung aus dem Mehrheitsprinzip (vgl. Abramenko in Riecke/Schmid, Wohnungseigentumsrecht, 2. Aufl., § 50 Rdn. 2).
17
bb) Danach erweist sich die Festsetzung (nur) der Kosten des von der Verwalterin beauftragten Anwalts als richtig. Eine anteilige Erstattung der Kosten des von den Beklagten zu 9 bis 11 beauftragten Anwalts kommt auch nicht unter dem Gesichtspunkt eines nicht verbrauchten Restbetrages in Betracht (vgl. dazu Jennißen/Suilmann, aaO; Spielbauer/Then, aaO), da der nach § 50 WEG erstattungsfähige Höchstbetrag, insbesondere die Mehrvertretungsgebühr (Nr. 1008 VV RVG), erschöpft ist.

IV.

18
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Krüger Klein Schmidt-Räntsch
Stresemann Roth
Vorinstanzen:
AG Überlingen, Entscheidung vom 30.05.2008 - 5 C 20/07 -
LG Karlsruhe, Entscheidung vom 12.12.2008 - 11 T 377/08 -

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(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer hat ihren allgemeinen Gerichtsstand bei dem Gericht, in dessen Bezirk das Grundstück liegt. Bei diesem Gericht kann auch die Klage gegen Wohnungseigentümer im Fall des § 9a Absatz 4 Satz 1 erhoben werden.

(2) Das Gericht, in dessen Bezirk das Grundstück liegt, ist ausschließlich zuständig für

1.
Streitigkeiten über die Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümer untereinander,
2.
Streitigkeiten über die Rechte und Pflichten zwischen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und Wohnungseigentümern,
3.
Streitigkeiten über die Rechte und Pflichten des Verwalters einschließlich solcher über Ansprüche eines Wohnungseigentümers gegen den Verwalter sowie
4.
Beschlussklagen gemäß § 44.

Fehlt eine nach § 12 erforderliche Zustimmung, so sind die Veräußerung und das zugrundeliegende Verpflichtungsgeschäft unbeschadet der sonstigen Voraussetzungen wirksam, wenn die Eintragung der Veräußerung oder einer Auflassungsvormerkung in das Grundbuch vor dem 15. Januar 1994 erfolgt ist und es sich um die erstmalige Veräußerung dieses Wohnungseigentums nach seiner Begründung handelt, es sei denn, dass eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung entgegensteht. Das Fehlen der Zustimmung steht in diesen Fällen dem Eintritt der Rechtsfolgen des § 878desBürgerlichen Gesetzbuchs nicht entgegen. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend in den Fällen der §§ 30 und 35 des Wohnungseigentumsgesetzes.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 85/06
vom
25. Januar 2007
in dem Kostenfestsetzungsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die bei der Anwendung von § 91 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 ZPO gebotene typisierende
Betrachtungsweise führt dazu, dass die Notwendigkeit einer zweckentsprechenden
Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung zu bejahen ist, wenn eine rechtsunkundige
Partei einen an ihrem Wohn- oder Geschäftssitz ansässigen Rechtsanwalt
mit der Vertretung in einem Prozess beauftragt, der vor einem auswärtigen Gericht
geführt wird.
BGH, Beschl. v. 25. Januar 2007 - V ZB 85/06 - LG Gera
AGStadtroda
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 25. Januar 2007 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, den Richter Dr. Klein, die Richterin
Dr. Stresemann und die Richter Dr. Czub und Dr. Roth

beschlossen:
Auf die Rechtsmittel der Kläger werden der Beschluss der 5. Zivilkammer des Landgerichts Gera vom 29. Dezember 2005 aufgehoben und der Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts Stadtroda vom 4. August 2005 dahin abgeändert, dass die den Klägern von der Beklagten aufgrund des Urteils des Landgerichts Gera vom 22. Juni 2005 zu erstattenden Kosten auf insgesamt 994,92 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 30. Juni 2005 festgesetzt werden. Die Kosten der Rechtsmittelverfahren trägt die Beklagte. Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 290,06 €.

Gründe:


I.


1
Durch Prozessvergleich hatte sich die Beklagte verpflichtet, nach Zahlung von 7.669,38 € die Eigentumsumschreibung eines Grundstücks auf die Kläger zu veranlassen. Die Kläger erfüllten den Zahlungsanspruch. Die Beklagte kam ihrer Verpflichtung erst nach Mahnungen nach. Da die Beklagte die bei- gefügte Kostenrechnung des Anwalts der Kläger nicht ausglich, klagten die Kläger auf Zahlung der von ihnen verauslagten Kosten, hatten damit im ersten Rechtszug aber nur teilweise Erfolg. Im Berufungsrechtszug vor dem Landgericht Gera ließen sie sich durch einen an ihrem Wohnort (B. ) ansässigen Anwalt vertreten. Die Berufung war erfolgreich. Die Kosten des Verfahrens wurden der Beklagten auferlegt.
2
Im Kostenfestsetzungsverfahren sind Fahrtkosten und Abwesenheitsgelder in Höhe von insgesamt 290,06 € nicht als erstattungsfähig anerkannt worden. Erinnerung und sofortige Beschwerde sind erfolglos geblieben. Mit der von dem Landgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgen die Kläger ihren Festsetzungsantrag weiter, soweit ihm nicht entsprochen worden ist. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

II.

3
Das Beschwerdegericht steht auf dem Standpunkt, die Beauftragung des in B. ansässigen Prozessbevollmächtigten mit der Prozessvertretung vor dem Landgericht Gera sei nicht notwendig gewesen, weil es im Berufungsrechtszug – für die Kläger erkennbar – nur noch um Rechtsfragen gegangen sei. Bei dieser Sachlage hätte sich ein bei dem Prozessgericht ansässiger Rechtsanwalt allein anhand der Verfahrensakten in den Fall einarbeiten können.

III.

4
1. Die nach § 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige (§ 575 ZPO) Rechtsbeschwerde ist begründet.
5
a) Der angefochtene Beschluss unterliegt der Aufhebung. Die Erstattungsfähigkeit der in Streit befindlichen Kosten hängt davon ab, ob es für die Kläger notwendig war, in zweiter Instanz einen Rechtsanwalt mit der Prozessvertretung zu beauftragen, der nicht am Ort des Prozessgerichts ansässig ist (§ 91 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts ist diese Frage zu bejahen.
6
Es entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass es sich im Allgemeinen um notwendige Kosten einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung handelt, wenn eine vor einem auswärtigen Gericht klagende oder beklagte Partei einen an ihrem Wohn- oder Geschäftssitz ansässigen Rechtsanwalt mit der Vertretung beauftragt (BGH, Beschl. v. 18. Dezember 2003, I ZB 18/03, NJW-RR 2004, 856; Beschl. v. 6. Mai 2004, I ZB 27/03, NJW-RR 2004, 1500 m.w.N.). Die Erstattungsfähigkeit ist lediglich zu verneinen, wenn schon im Zeitpunkt der Beauftragung des Rechtsanwalts zweifelsfrei feststeht, dass ein Mandantengespräch für die Prozessführung nicht erforderlich ist (vgl. BGH, Beschl. v. 18. Dezember 2003, aaO). Davon, dass diese Grundsätze gleichermaßen für die erste wie für die zweite Instanz gelten (BGH, Beschl. v. 6. Mai 2004, aaO), geht das Beschwerdegericht zutreffend aus, meint aber zu Unrecht, die Notwendigkeit der Einschaltung eines nicht am Ort des Prozessgerichts ansässigen Anwalts sei schon dann zu verneinen, wenn nur noch um Rechtsfragen gestritten werde und dies für die Partei erkennbar sei.
7
Das Beschwerdegericht übersieht, dass bei der Prüfung, ob eine Rechtsverfolgungs - oder Rechtsverteidigungsmaßnahme notwendig ist im Sinne von § 91 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 ZPO, eine typisierende Betrachtungsweise geboten ist (BGH, Beschl. v. 12. Dezember 2002, I ZB 29/02, NJW 2003, 901, 902; Beschl. v. 13. September 2005, X ZB 30/04, NJW-RR 2005, 1662). Bei dem Kostenfestsetzungsverfahren handelt es sich um ein Massenverfahren, das einer zügigen und möglichst unkomplizierten Abwicklung bedarf. Der Gerechtigkeitsgewinn , der bei einer übermäßig differenzierenden Betrachtung im Einzelfall zu erzielen ist, steht in keinem Verhältnis zu den sich einstellenden Nachteilen , wenn in nahezu jedem Einzelfall darüber gestritten werden kann, ob die Kosten einer bestimmten Rechtsverfolgungs- oder Rechtsverteidigungsmaßnahme zu erstatten sind (BGH, Beschl. v. 13. September 2005, aaO, m.w.N.). Vor diesem Hintergrund hat der Bundesgerichtshof die Notwendigkeit der Beauftragung eines am Wohn- oder Geschäftssitz einer Partei ansässigen Anwalts grundsätzlich verneint, wenn es sich bei der Partei um einen als Rechtsanwalt zugelassenen Insolvenzverwalter (BGH, Beschl. v. 13. Juni 2006, IX ZB 44/04, NZI 2006, 524 m.w.N.), einen Verband zur Förderung gewerblicher Interessen (BGH, Beschl. v. 18. Dezember 2003, I ZB 18/03, NJW-RR 2004, 856), einen Verbraucherverband (BGH, Beschl. v. 21. September 2005, IV ZB 11/04, NJW 2006, 301, 303) oder um ein gewerbliches Unternehmen handelt, das über eine eigene, die Sache bearbeitende Rechtsabteilung verfügt (vgl. BGH, Beschl. v. 10. April 2003 - I ZB 36/02, NJW 2003, 2027 f.; Beschl. v. 18. Dezember 2003, aaO). In all diesen Konstellationen ist bei typisierender Betrachtung davon auszugehen , dass die Partei in der Regel auch ohne ein persönliches Gespräch für eine sachgerechte Unterrichtung ihres Prozessbevollmächtigten Sorge tragen kann. Das lässt sich für rechtsunkundige Parteien indessen nicht sagen. Das gilt umso mehr, als die Trennlinie zwischen Tatsachenvortrag und Rechtsauffassungen , wobei Letztere wiederum einen Tatsachenkern enthalten können, nur unter Berücksichtigung des wechselseitigen Parteivorbringens im Einzelfall gezogen werden kann und sich das Erfordernis weiteren tatsächlichen Vorbringens zudem auch unter einem neuen rechtlichen Gesichtspunkt ergeben kann, der bislang nicht bedacht worden ist. Mit solchen Erwägungen ist eine nicht häufig mit Rechtsfragen befasste Partei aber regelmäßig überfordert. Vor diesem Hintergrund verbietet sich eine Gleichstellung mit den bislang von dem Bundesgerichtshof anerkannten Ausnahmekonstellationen. Ob eine andere Beurteilung angezeigt ist, wenn das fehlende Erfordernis eines persönlichen Mandantengesprächs auch einer rechtsunkundigen Partei gleichsam ins Auge springen muss, braucht nicht entschieden zu werden. Ein solcher Fall liegt hier nicht vor.
8
b) Nach allem kann der angefochten Beschluss keinen Bestand haben. Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden, weil sie entscheidungsreif ist im Sinne von § 577 Abs. 5 Satz 1 ZPO. Da die Notwendigkeit der Einschaltung des B. Anwalts bei der gebotenen typisierenden Betrachtungsweise nicht zu verneinen ist, sind auch die geltend gemachten Fahrtkosten und Abwesenheitsgelder festzusetzen. Das führt zu dem tenorierten Betrag.
9
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
Krüger Klein Stresemann
Czub Roth
Vorinstanzen:
AG Stadtroda, Entscheidung vom 13.01.2005 - 2 C 553/04 -
LG Gera, Entscheidung vom 29.12.2005 - 5 T 551/05 -

(1) Der Verwalter ist gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer berechtigt und verpflichtet, die Maßnahmen ordnungsmäßiger Verwaltung zu treffen, die

1.
untergeordnete Bedeutung haben und nicht zu erheblichen Verpflichtungen führen oder
2.
zur Wahrung einer Frist oder zur Abwendung eines Nachteils erforderlich sind.

(2) Die Wohnungseigentümer können die Rechte und Pflichten nach Absatz 1 durch Beschluss einschränken oder erweitern.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)