Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Juni 2007 - KVZ 35/06

bei uns veröffentlicht am19.06.2007
vorgehend
Oberlandesgericht Düsseldorf, 3 Kart 284/06, 02.11.2006

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
KVZ 35/06
vom
19. Juni 2007
in der energiewirtschaftsrechtlichen Verwaltungssache
Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs hat am 19. Juni 2007 durch den Präsidenten
des Bundesgerichtshofs Prof. Dr. Hirsch, den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Bornkamm und die Richter Dr. Raum, Prof. Dr. Meier-Beck und
Dr. Strohn

beschlossen:
Die Nichtzulassungsbeschwerde gegen den Beschluss des 3. Kartellsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 2. November 2006 wird auf Kosten der Beschwerdeführerin zurückgewiesen.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.000 € festgesetzt.

Gründe:


1
I. Die Beschwerdeführerin ist ein Energieversorgungsunternehmen, das aufgrund einer Datenabfrage der Bundesnetzagentur zur Durchführung eines Vergleichsverfahrens unternehmensbezogene Daten übermittelt hat. Sie hat die Auffassung vertreten, die Bundesnetzagentur habe von ihr übermittelte Daten, bei denen es sich um Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse gehandelt habe, unbefugt an Dritte weitergegeben. Sie hat beim Oberlandesgericht Beschwerde erhoben mit dem Antrag, die Bundesnetzagentur zu verurteilen, der Beschwerdeführerin Auskunft darüber zu geben, wem sie welche Daten, die das Unternehmen der Beschwerdeführerin betreffen, wann und in welcher Form übergeben habe.
2
Das Oberlandesgericht hat die Beschwerde als unzulässig verworfen. Mit der Nichtzulassungsbeschwerde erstrebt die Beschwerdeführerin die Zulassung der Rechtsbeschwerde.

3
II. Die Nichtzulassungsbeschwerde bleibt ohne Erfolg. Mit Recht hat das Oberlandesgericht die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen. Die Voraussetzungen des § 86 Abs. 2 EnWG liegen im Streitfall nicht vor. Die Rechtsbeschwerde nötigt weder zur Entscheidung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung noch ist eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.
4
1. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin wirft der Streitfall keine Fragen von grundsätzlicher Bedeutung auf (§ 86 Abs. 2 Nr. 1 EnWG). Das Begehren der Beschwerdeführerin ist – wie das Beschwerdegericht zutreffend angenommen hat – auf ein allgemeines (schlicht-hoheitliches) Verwaltungshandeln der Bundesnetzagentur gerichtet. Es geht also nicht um eine Entscheidung der Bundesnetzagentur , die mit Hilfe einer Anfechtungsbeschwerde angegriffen (§ 75 Abs. 1 EnWG) oder mit Hilfe einer Verpflichtungsbeschwerde herbeigeführt werden soll (§ 75 Abs. 3 EnWG). Auch wenn das Energiewirtschaftsgesetz eine allgemeine Leistungsbeschwerde nicht ausdrücklich nennt, ist sie doch – ebenso wie im Kartellverwaltungsverfahren (vgl. dazu BGHZ 117, 209, 210 f. – Unterlassungsbeschwerde , m.w.N.) – immer dann statthaft, wenn nur durch sie ein lückenloser Rechtsschutz gewährleistet werden könnte (vgl. Salje, Energiewirtschaftsgesetz , § 75 Rdn. 19). Dies ist zu bejahen, wenn das begehrte Verwaltungshandeln – wie etwa im Falle der Geltendmachung eines Anspruchs, mit dem die Folgen eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes beseitigt werden sollen – in unmittelbarem Zusammenhang mit einer Entscheidung steht, die im Wege der Anfechtungsbe- schwerde angefochten oder im Wege der Verpflichtungsbeschwerde herbeigeführt werden könnte.
5
Im Streitfall liegen diese Voraussetzungen nicht vor. Die von der Beschwerdeführerin begehrte Auskunft steht insbesondere nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Bescheid der Bundesnetzagentur, mit dem die fraglichen Daten erhoben worden sind. Diese Entscheidung hat die Beschwerdeführerin nicht angefochten ; sie beruft sich auch im vorliegenden Verfahren nicht darauf, dass die begehrte Auskunft der Beseitigung der Folgen eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes diente. Ungeachtet der Frage, ob das Gesetz – etwa das Informationsfreiheitsgesetz (IFG) oder das Bundesdatenschutzgesetz – der Beschwerdeführerin ein Recht einräumt, von der Beschwerdegegnerin die begehrte Auskunft zu erlangen, ist für dieses Begehren nicht die besondere Zuständigkeit des Oberlandesgerichts nach § 75 Abs. 4 EnWG begründet. Vielmehr kann die Beschwerdeführerin dieses Begehren nur im Wege der allgemeinen Leistungsklage vor dem Verwaltungsgericht verfolgen.
6
2. Auch zur Fortbildung des Rechts kommt eine Zulassung der Rechtsbeschwerde nicht in Betracht (§ 86 Abs. 2 Nr. 2 Fall 1 EnWG). Ob die von der Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang angeführte Frage nach der Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch einer höchstrichterlichen Entscheidung bedarf, kann offen bleiben. Denn jedenfalls wäre der Bundesgerichtshof für die Beantwortung dieser Frage aus den unter II 1 angeführten Gründen nicht zuständig.

7
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 90 Satz 2 EnWG.

Hirsch Bornkamm Raum
Meier-Beck Strohn

Vorinstanz:

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(1) Gegen die in der Hauptsache erlassenen Beschlüsse der Oberlandesgerichte findet die Rechtsbeschwerde an den Bundesgerichtshof statt, wenn das Oberlandesgericht die Rechtsbeschwerde zugelassen hat. (2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn

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(1) Gegen die in der Hauptsache erlassenen Beschlüsse der Oberlandesgerichte findet die Rechtsbeschwerde an den Bundesgerichtshof statt, wenn das Oberlandesgericht die Rechtsbeschwerde zugelassen hat.

(2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn

1.
eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden ist oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs erfordert.

(3) Über die Zulassung oder Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde ist in der Entscheidung des Oberlandesgerichts zu befinden. Die Nichtzulassung ist zu begründen.

(4) Einer Zulassung zur Einlegung der Rechtsbeschwerde gegen Entscheidungen des Beschwerdegerichts bedarf es nicht, wenn einer der folgenden Mängel des Verfahrens vorliegt und gerügt wird:

1.
wenn das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2.
wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3.
wenn einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4.
wenn ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat,
5.
wenn die Entscheidung auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder
6.
wenn die Entscheidung nicht mit Gründen versehen ist.

(1) Gegen Entscheidungen der Regulierungsbehörde ist die Beschwerde zulässig. Sie kann auch auf neue Tatsachen und Beweismittel gestützt werden.

(2) Die Beschwerde steht den am Verfahren vor der Regulierungsbehörde Beteiligten zu.

(3) Die Beschwerde ist auch gegen die Unterlassung einer beantragten Entscheidung der Regulierungsbehörde zulässig, auf deren Erlass der Antragsteller einen Rechtsanspruch geltend macht. Als Unterlassung gilt es auch, wenn die Regulierungsbehörde den Antrag auf Erlass der Entscheidung ohne zureichenden Grund in angemessener Frist nicht beschieden hat. Die Unterlassung ist dann einer Ablehnung gleich zu achten.

(4) Über die Beschwerde entscheidet ausschließlich das für den Sitz der Regulierungsbehörde zuständige Oberlandesgericht, in den Fällen des § 51 ausschließlich das für den Sitz der Bundesnetzagentur zuständige Oberlandesgericht, und zwar auch dann, wenn sich die Beschwerde gegen eine Verfügung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie richtet. § 36 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.

(1) Gegen die in der Hauptsache erlassenen Beschlüsse der Oberlandesgerichte findet die Rechtsbeschwerde an den Bundesgerichtshof statt, wenn das Oberlandesgericht die Rechtsbeschwerde zugelassen hat.

(2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn

1.
eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden ist oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs erfordert.

(3) Über die Zulassung oder Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde ist in der Entscheidung des Oberlandesgerichts zu befinden. Die Nichtzulassung ist zu begründen.

(4) Einer Zulassung zur Einlegung der Rechtsbeschwerde gegen Entscheidungen des Beschwerdegerichts bedarf es nicht, wenn einer der folgenden Mängel des Verfahrens vorliegt und gerügt wird:

1.
wenn das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2.
wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3.
wenn einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4.
wenn ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat,
5.
wenn die Entscheidung auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder
6.
wenn die Entscheidung nicht mit Gründen versehen ist.

Im Beschwerdeverfahren und im Rechtsbeschwerdeverfahren kann das Gericht anordnen, dass die Kosten, die zur zweckentsprechenden Erledigung der Angelegenheit notwendig waren, von einem Beteiligten ganz oder teilweise zu erstatten sind, wenn dies der Billigkeit entspricht. Hat ein Beteiligter Kosten durch ein unbegründetes Rechtsmittel oder durch grobes Verschulden veranlasst, so sind ihm die Kosten aufzuerlegen. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes vom 5. Mai 2004 (BGBl. I S. 718, 788), das zuletzt durch Artikel 24 Absatz 8 des Gesetzes vom 25. Juni 2021 (BGBl. I S. 2154) geändert worden ist, bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern. Im Übrigen gelten die Vorschriften der Zivilprozessordnung über das Kostenfestsetzungsverfahren und die Zwangsvollstreckung aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen entsprechend.