Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Apr. 2013 - IX ZR 226/12

bei uns veröffentlicht am11.04.2013
vorgehend
Landgericht Heidelberg, 1 O 165/10, 26.07.2011
Oberlandesgericht Karlsruhe, 1 U 138/11, 29.08.2012

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZR 226/12
vom
11. April 2013
in dem Rechtsstreit
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Richter Vill,
Prof. Dr. Gehrlein, Raebel, Grupp und die Richterin Möhring
am 11. April 2013

beschlossen:
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 29. August 2012 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Der Streitwert wird auf 207.485,39 € festgesetzt.

Gründe:


1
Die Beschwerde deckt keinen Zulassungsgrund auf. Es fehlt bereits an einer ordnungsgemäßen Darlegung, weil die aus Art. 12 GG hergeleiteten Rügen nicht in einen der Zulassungsgründe des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 ZPO eingebunden werden.
2
1. Ohne Erfolg beanstanden die Beklagten, das Gericht sei gehalten gewesen , die Staatsangehörigkeit der Beklagten zu 1 zu erfragen.
3
Diese - offenbar auf § 139 ZPO gestützte - Rüge ist jedenfalls nicht begründet. Für eine etwaige Verletzung der Aufklärungspflicht ist der materiellrechtliche Standpunkt des Vordergerichts ohne Rücksicht auf seine Richtigkeit maßgeblich (BGH, Urteil vom 30. Oktober 1990 - XI ZR 173/89, NJW 1991, 704; vom 14. Oktober 2008 - VI ZR 36/08, NJW 2009, 355 Rn. 7). Danach scheidet ein Verfahrensfehler aus, weil die Staatsangehörigkeit der Beklagten für die materiell-rechtliche Würdigung des Berufungsgerichts ersichtlich ohne Bedeutung war.
4
2. Ein Verstoß gegen Art. 12 Abs. 1 GG ist nach dem Inhalt der geltend gemachten Rüge nicht ersichtlich.
5
Die von der Beschwerde angeführten Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 56, 99, 107; 61, 68, 74) sind auf den Streitfall nicht übertragbar. Vorliegend geht es abweichend von den dort entschiedenen Gestaltungen nicht um die Zulässigkeit einer Vertretung allein durch den Anwalt, der mit einem nicht vertretungsberechtigten Anwalt in einer Sozietät oder Bürogemeinschaft verbunden ist. Vielmehr wird ungeachtet der für den Beklagten nach § 206 Abs. 1 BRAO maßgeblichen Tätigkeitsbeschränkung von der Beschwerde eine gemeinsame Vertretung durch beide Beklagte geltend gemacht. Diese Schlussfolgerung kann der von der Beschwerde angeführten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht entnommen werden.
6
3. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO abgesehen.
Vill Raebel Gehrlein
Grupp Möhring
Vorinstanzen:
LG Heidelberg, Entscheidung vom 26.07.2011 - 1 O 165/10 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 29.08.2012 - 1 U 138/11 -

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 12


(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden. (2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im

Zivilprozessordnung - ZPO | § 139 Materielle Prozessleitung


(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über

Bundesrechtsanwaltsordnung - BRAO | § 206 Ausländische Rechtsanwaltsberufe; Verordnungsermächtigung


(1) Angehörige solcher ausländischer Berufe, die in der Rechtsverordnung nach Absatz 2 aufgeführt sind, dürfen sich zur Erbringung von Rechtsdienstleistungen in der Bundesrepublik Deutschland niederlassen, wenn sie1.nach dem Recht des Herkunftsstaats

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Bundesgerichtshof Urteil, 14. Okt. 2008 - VI ZR 36/08

bei uns veröffentlicht am 14.10.2008

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR 36/08 Verkündet am: 14. Oktober 2008 Böhringer-Mangold, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ:

Referenzen

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.

(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.

(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.

(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.

(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.

7
Maßgeblich für eine etwaige Verletzung der Aufklärungspflicht ist nämlich der materiell-rechtliche Standpunkt des Gerichts ohne Rücksicht auf seine Richtigkeit. Schon im Ansatz verfehlt ist es, eine unrichtige Rechtsansicht des Erstrichters auf dem Umweg über eine angebliche Hinweispflicht gegenüber den Parteien in einen Verfahrensmangel umzudeuten (vgl. BGH, Urteil vom 30. Oktober 1990 - XI ZR 173/89 - NJW 1991, 704). Die Revision weist insoweit selbst darauf hin, dass eine Haftung der Beklagten in den Tatsacheninstanzen außer Streit war. Die Vorinstanzen haben somit ihre klageabweisenden Urteile gerade nicht auf einen Gesichtspunkt gestützt, den die Klägerin erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, oder auf einen Gesichtspunkt, den die Gerichte anders beurteilt haben als beide Parteien (vgl. § 139 Abs. 2 ZPO). Sie haben lediglich eine HWS-Verletzung des Fahrers durch den Verkehrsunfall nicht als erwiesen erachtet. Da die Vorinstanzen mithin von der Schlüssigkeit des Klagevorbringens ausgegangen sind, bestand für sie keine Verpflichtung, über deren Unschlüssigkeit aufzuklären.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.