Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Okt. 2012 - IX ZR 10/10
vorgehend
Bundesgerichtshof
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Der Wert des Beschwerdegegenstands wird auf 71.842,47 € festgesetzt.
Gründe:
- 1
- Ein gesetzlicher Grund zur Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2, § 544 ZPO) besteht nicht. Die entscheidungserhebliche Vorfrage, ob der Insolvenzverwalter aufgrund seiner gesetzlichen Ermächtigung zur Verwertung sicherungshalber abgetretener Forderungen (§ 166 Abs. 2 InsO) Dritten eine Einziehungsermächtigung erteilen kann, verleiht der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung. Diese Rechtsfrage ist mit dem Berufungsgericht zu bejahen. Sein Gesetzesverständnis ist auch eindeutig.
- 2
- Das Gesetz selbst bringt im Wortlaut des § 166 Abs. 2 InsO klar zum Ausdruck, dass der Insolvenzverwalter Forderungen, die der Schuldner zur Sicherung eines Anspruchs abgetreten hat, auch in anderer Weise verwerten kann als sie selbst einzuziehen. Nach § 168 Abs. 1 InsO darf der Insolvenzverwalter unter den dort bezeichneten Voraussetzungen sicherungshalber abgetretene Forderungen unter anderem verkaufen (ebenso Lwowski/Tetzlaff in MünchKomm-InsO, 2. Aufl., § 166 Rn. 47 aE; Uhlenbruck, InsO 13. Aufl., § 166 Rn. 13; HK-InsO/Landfermann, 6. Aufl., § 166 Rn. 32 Fn. 60; Flöther in Kübler/ Prütting/Bork, InsO, 2008, § 166 Rn. 23). Denn unter diese Vorschrift fallen nicht nur körperliche Gegenstände (vgl. § 90 BGB), sondern im Einklang mit dem allgemeinen juristischen Gegenstandsbegriff auch Forderungen, nämlich alle Sachen und Rechte, zu deren Verwertung der Insolvenzverwalter nach § 166 InsO berechtigt ist. Die Vorschrift des § 168 Abs. 1 InsO lässt demnach keinen Zweifel daran, dass die Verwertungsermächtigung des Insolvenzverwalters nach § 166 Abs. 2 InsO deutlich weiter geht als eine rechtsgeschäftliche Einziehungsermächtigung, die nach ihrem Zweck einen Forderungsverkauf oder eine Übertragung der Ermächtigung üblicherweise zwar ausschließt, die aber auch rechtsgeschäftlich über die üblichen Grenzen hinaus erweitert werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 11. November 1981 - VIII ZR 269/80, BGHZ 82, 283, 288 ff unter III. 1. und 2.; vom 12. Februar 1998 - I ZR 5/96, NJW 1998, 3205, 3206 unter II. 1. c) aE). Zudem lässt § 168 Abs. 3 Satz 1 InsO erkennen, dass eine andere Verwertungsmöglichkeit als der Selbsteinzug, zu welcher der Insolvenzverwalter ermächtigt ist, nicht allein in der Überlassung des Gegenstandes an den absonderungsberechtigten Gläubiger besteht. Die Vorschrift des § 168 Abs. 3 Satz 2 InsO zeigt ferner, dass für die Auswahl unter mehreren Verwertungsmöglichkeiten der Gesichtspunkt der Kosteneinsparung von Belang sein kann. Muss eine sicherungsabgetretene Forderung - wie hier - im Prozess gegen den Drittschuldner durchgesetzt werden, kann der Insolvenzverwalter sowohl an einem Forderungsverkauf als auch an der Erteilung einer rechtsgeschäftlichen Einziehungsermächtigung Interesse haben, um den Aufwand an Zeit und Kosten für die Durchführung des Rechtsstreits dem Zessionar der Forderung oder dem Drittermächtigten zu überbürden.
- 3
- Der Regelungszusammenhang des Gesetzes gibt so gesehen keinerlei Anhaltspunkt dafür, die Verwertungsermächtigung des § 166 Abs. 2 InsO könne so eng gezogen sein, dass der Insolvenzverwalter mit der rechtsgeschäftlichen Erteilung einer Einziehungsermächtigung an Dritte seine Rechtsmacht überschreitet. Grund dafür, dass diese Frage im Schrifttum nicht behandelt wird, ist infolgedessen allein die Selbstverständlichkeit dieser Lösung. Irgendwelche ernsthaften Zweifel an ihrer Richtigkeit vermag auch die Beschwerde nicht aufzuzeigen.
Grupp Möhring
Vorinstanzen:
LG Stuttgart, Entscheidung vom 21.04.2009 - 9 O 109/08 -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 15.12.2009 - 12 U 90/09 -
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Referenzen - Gesetze
(1) Der Insolvenzverwalter darf eine bewegliche Sache, an der ein Absonderungsrecht besteht, freihändig verwerten, wenn er die Sache in seinem Besitz hat.
(2) Der Verwalter darf eine Forderung, die der Schuldner zur Sicherung eines Anspruchs abgetreten hat, einziehen oder in anderer Weise verwerten.
(3) Die Absätze 1 und 2 finden keine Anwendung
- 1.
auf Gegenstände, an denen eine Sicherheit zu Gunsten des Betreibers oder des Teilnehmers eines Systems nach § 1 Abs. 16 des Kreditwesengesetzes zur Sicherung seiner Ansprüche aus dem System besteht, - 2.
auf Gegenstände, an denen eine Sicherheit zu Gunsten der Zentralbank eines Mitgliedstaats der Europäischen Union oder Vertragsstaats des Europäischen Wirtschaftsraums oder zu Gunsten der Europäischen Zentralbank besteht, und - 3.
auf eine Finanzsicherheit im Sinne des § 1 Abs. 17 des Kreditwesengesetzes.
(1) Bevor der Insolvenzverwalter einen Gegenstand, zu dessen Verwertung er nach § 166 berechtigt ist, an einen Dritten veräußert, hat er dem absonderungsberechtigten Gläubiger mitzuteilen, auf welche Weise der Gegenstand veräußert werden soll. Er hat dem Gläubiger Gelegenheit zu geben, binnen einer Woche auf eine andere, für den Gläubiger günstigere Möglichkeit der Verwertung des Gegenstands hinzuweisen.
(2) Erfolgt ein solcher Hinweis innerhalb der Wochenfrist oder rechtzeitig vor der Veräußerung, so hat der Verwalter die vom Gläubiger genannte Verwertungsmöglichkeit wahrzunehmen oder den Gläubiger so zu stellen, wie wenn er sie wahrgenommen hätte.
(3) Die andere Verwertungsmöglichkeit kann auch darin bestehen, daß der Gläubiger den Gegenstand selbst übernimmt. Günstiger ist eine Verwertungsmöglichkeit auch dann, wenn Kosten eingespart werden.
(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).
(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn
- 1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder - 2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.
(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.
(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.
(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.
(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.
(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.
(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.
(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.
(1) Der Insolvenzverwalter darf eine bewegliche Sache, an der ein Absonderungsrecht besteht, freihändig verwerten, wenn er die Sache in seinem Besitz hat.
(2) Der Verwalter darf eine Forderung, die der Schuldner zur Sicherung eines Anspruchs abgetreten hat, einziehen oder in anderer Weise verwerten.
(3) Die Absätze 1 und 2 finden keine Anwendung
- 1.
auf Gegenstände, an denen eine Sicherheit zu Gunsten des Betreibers oder des Teilnehmers eines Systems nach § 1 Abs. 16 des Kreditwesengesetzes zur Sicherung seiner Ansprüche aus dem System besteht, - 2.
auf Gegenstände, an denen eine Sicherheit zu Gunsten der Zentralbank eines Mitgliedstaats der Europäischen Union oder Vertragsstaats des Europäischen Wirtschaftsraums oder zu Gunsten der Europäischen Zentralbank besteht, und - 3.
auf eine Finanzsicherheit im Sinne des § 1 Abs. 17 des Kreditwesengesetzes.
(1) Bevor der Insolvenzverwalter einen Gegenstand, zu dessen Verwertung er nach § 166 berechtigt ist, an einen Dritten veräußert, hat er dem absonderungsberechtigten Gläubiger mitzuteilen, auf welche Weise der Gegenstand veräußert werden soll. Er hat dem Gläubiger Gelegenheit zu geben, binnen einer Woche auf eine andere, für den Gläubiger günstigere Möglichkeit der Verwertung des Gegenstands hinzuweisen.
(2) Erfolgt ein solcher Hinweis innerhalb der Wochenfrist oder rechtzeitig vor der Veräußerung, so hat der Verwalter die vom Gläubiger genannte Verwertungsmöglichkeit wahrzunehmen oder den Gläubiger so zu stellen, wie wenn er sie wahrgenommen hätte.
(3) Die andere Verwertungsmöglichkeit kann auch darin bestehen, daß der Gläubiger den Gegenstand selbst übernimmt. Günstiger ist eine Verwertungsmöglichkeit auch dann, wenn Kosten eingespart werden.
Sachen im Sinne des Gesetzes sind nur körperliche Gegenstände.
(1) Der Insolvenzverwalter darf eine bewegliche Sache, an der ein Absonderungsrecht besteht, freihändig verwerten, wenn er die Sache in seinem Besitz hat.
(2) Der Verwalter darf eine Forderung, die der Schuldner zur Sicherung eines Anspruchs abgetreten hat, einziehen oder in anderer Weise verwerten.
(3) Die Absätze 1 und 2 finden keine Anwendung
- 1.
auf Gegenstände, an denen eine Sicherheit zu Gunsten des Betreibers oder des Teilnehmers eines Systems nach § 1 Abs. 16 des Kreditwesengesetzes zur Sicherung seiner Ansprüche aus dem System besteht, - 2.
auf Gegenstände, an denen eine Sicherheit zu Gunsten der Zentralbank eines Mitgliedstaats der Europäischen Union oder Vertragsstaats des Europäischen Wirtschaftsraums oder zu Gunsten der Europäischen Zentralbank besteht, und - 3.
auf eine Finanzsicherheit im Sinne des § 1 Abs. 17 des Kreditwesengesetzes.
(1) Bevor der Insolvenzverwalter einen Gegenstand, zu dessen Verwertung er nach § 166 berechtigt ist, an einen Dritten veräußert, hat er dem absonderungsberechtigten Gläubiger mitzuteilen, auf welche Weise der Gegenstand veräußert werden soll. Er hat dem Gläubiger Gelegenheit zu geben, binnen einer Woche auf eine andere, für den Gläubiger günstigere Möglichkeit der Verwertung des Gegenstands hinzuweisen.
(2) Erfolgt ein solcher Hinweis innerhalb der Wochenfrist oder rechtzeitig vor der Veräußerung, so hat der Verwalter die vom Gläubiger genannte Verwertungsmöglichkeit wahrzunehmen oder den Gläubiger so zu stellen, wie wenn er sie wahrgenommen hätte.
(3) Die andere Verwertungsmöglichkeit kann auch darin bestehen, daß der Gläubiger den Gegenstand selbst übernimmt. Günstiger ist eine Verwertungsmöglichkeit auch dann, wenn Kosten eingespart werden.
(1) Der Insolvenzverwalter darf eine bewegliche Sache, an der ein Absonderungsrecht besteht, freihändig verwerten, wenn er die Sache in seinem Besitz hat.
(2) Der Verwalter darf eine Forderung, die der Schuldner zur Sicherung eines Anspruchs abgetreten hat, einziehen oder in anderer Weise verwerten.
(3) Die Absätze 1 und 2 finden keine Anwendung
- 1.
auf Gegenstände, an denen eine Sicherheit zu Gunsten des Betreibers oder des Teilnehmers eines Systems nach § 1 Abs. 16 des Kreditwesengesetzes zur Sicherung seiner Ansprüche aus dem System besteht, - 2.
auf Gegenstände, an denen eine Sicherheit zu Gunsten der Zentralbank eines Mitgliedstaats der Europäischen Union oder Vertragsstaats des Europäischen Wirtschaftsraums oder zu Gunsten der Europäischen Zentralbank besteht, und - 3.
auf eine Finanzsicherheit im Sinne des § 1 Abs. 17 des Kreditwesengesetzes.
(1) Bevor der Insolvenzverwalter einen Gegenstand, zu dessen Verwertung er nach § 166 berechtigt ist, an einen Dritten veräußert, hat er dem absonderungsberechtigten Gläubiger mitzuteilen, auf welche Weise der Gegenstand veräußert werden soll. Er hat dem Gläubiger Gelegenheit zu geben, binnen einer Woche auf eine andere, für den Gläubiger günstigere Möglichkeit der Verwertung des Gegenstands hinzuweisen.
(2) Erfolgt ein solcher Hinweis innerhalb der Wochenfrist oder rechtzeitig vor der Veräußerung, so hat der Verwalter die vom Gläubiger genannte Verwertungsmöglichkeit wahrzunehmen oder den Gläubiger so zu stellen, wie wenn er sie wahrgenommen hätte.
(3) Die andere Verwertungsmöglichkeit kann auch darin bestehen, daß der Gläubiger den Gegenstand selbst übernimmt. Günstiger ist eine Verwertungsmöglichkeit auch dann, wenn Kosten eingespart werden.
(1) Der Insolvenzverwalter darf eine bewegliche Sache, an der ein Absonderungsrecht besteht, freihändig verwerten, wenn er die Sache in seinem Besitz hat.
(2) Der Verwalter darf eine Forderung, die der Schuldner zur Sicherung eines Anspruchs abgetreten hat, einziehen oder in anderer Weise verwerten.
(3) Die Absätze 1 und 2 finden keine Anwendung
- 1.
auf Gegenstände, an denen eine Sicherheit zu Gunsten des Betreibers oder des Teilnehmers eines Systems nach § 1 Abs. 16 des Kreditwesengesetzes zur Sicherung seiner Ansprüche aus dem System besteht, - 2.
auf Gegenstände, an denen eine Sicherheit zu Gunsten der Zentralbank eines Mitgliedstaats der Europäischen Union oder Vertragsstaats des Europäischen Wirtschaftsraums oder zu Gunsten der Europäischen Zentralbank besteht, und - 3.
auf eine Finanzsicherheit im Sinne des § 1 Abs. 17 des Kreditwesengesetzes.