Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Okt. 2009 - IX ZB 70/09

bei uns veröffentlicht am15.10.2009
vorgehend
Amtsgericht München, 1501 IN 1306/03, 08.10.2008
Landgericht München I, 14 T 538/09, 16.02.2009

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 70/09
vom
15. Oktober 2009
in dem Insolvenzverfahren
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Ganter und die Richter Raebel, Prof. Dr. Kayser, Dr. Pape und Grupp
am 15. Oktober 2009

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 14. Zivilkammer des Landgerichts München I vom 16. Februar 2009 wird auf Kosten der Schuldnerin als unzulässig verworfen.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 5.000 € festgesetzt.

Gründe:


I.


1
Nach Entzug der kassenärztlichen Zulassung im August 2002 beantragte die Schuldnerin, eine Ärztin, Anfang Mai 2003 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen. Das Verfahren, in dem sie Restschuldbefreiung begehrt, wurde am 23. Mai 2003 eröffnet. Kurz vor Verfahrenseröffnung hatte die Schuldnerin eine Arztpraxis gekauft, deren Betrieb sie im Herbst 2003 aufnahm. Eine Information der im Verfahren bestellten Treuhänderin über die neue freiberufliche Tätigkeit erfolgte nicht. Diese erfuhr von der Wiederaufnahme der ärztlichen Tätigkeit erst etwas, als neue Gläubiger der Schuldnerin die Insolvenzmasse in Anspruch nahmen. Die Gläubigerversammlung untersagte der Schuldnerin daraufhin zunächst den Betrieb der Praxis. Später verständigten sich die Beteiligten auf Freigabe des Praxisbetriebs aus dem Insolvenzbeschlag. Im Schlusstermin stellte eine Gläubigerin, die weitere Beteiligte zu 1, unter Bezugnahme auf den Bericht der Treuhänderin vom 31. März 2008 den Antrag, der Schuldnerin die Restschuldbefreiung zu versagen. Diesem Antrag hat das Insolvenzgericht mit Beschluss vom 8. Oktober 2008 entsprochen. Auf Beschwerde der Schuldnerin hat das Landgericht mit Beschluss vom 16. Februar 2009 die Versagung der Restschuldbefreiung bestätigt. Hiergegen wendet sich die Rechtsbeschwerde der Schuldnerin.

II.

2
Die statthafte Rechtsbeschwerde (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO, §§ 7, 6 Abs. 1, § 289 Abs. 2 Satz 1 InsO) ist unzulässig (§ 574 Abs. 2 ZPO). Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts.
3
1. Eine Divergenz zu der Rechtsprechung des Senats, nach der die Versagung der Restschuldbefreiung nicht von Amts wegen auf einen anderen Grund gestützt werden darf, als vom Antragsteller geltend gemacht (BGH, Beschl. v. 25. Oktober 2007 - IX ZB 187/03, ZInsO 2007, 1221; v. 12. Februar 2009 - IX ZB 158/08, ZInsO 2009, 684, 685 Rn. 6 m. w. N.), liegt nicht vor. Soweit die Rechtsbeschwerde meint, der Schuldnerin könne die Restschuldbefreiung nicht wegen Verletzung ihrer "Auskunfts- und Mitwirkungspflichten" versagt werden, weil die Gläubigerin nur einen Antrag auf Versagung wegen der Verletzung von "Mitwirkungspflichten" gestellt habe, wird verkannt, dass in der fehlenden Information der Treuhänderin über die Aufnahme einer selbständigen wirtschaftlichen Tätigkeit und der Begründung von Masseverbindlichkeiten ohne Kenntnis der Treuhänderin (auch) eine Verletzung von Mitwirkungspflichten zu sehen ist (vgl. BGH, Beschl. v. 29. September 2005 - IX ZB 430/02, ZInsO 2005, 1162; LG Mönchengladbach ZInsO 2003, 955, 956; LG Münster, Beschl. v. 26. März 2007 - 5 T 990/06 Rn. 17; Braun/Lang, InsO 3. Aufl. § 290 Rn. 23; FK-InsO/Ahrens, 5. Aufl. § 290 Rn. 44, 46a; HmbKomm-InsO/Streck, 3. Aufl. § 290 Rn. 33; MünchKomm-InsO/Stephan, 2. Aufl., § 290 Rn. 72; Wenzel in Kübler/Prütting/Bork, InsO § 290 Rn. 20). Insolvenz- und Beschwerdegericht haben die Versagung also auf den vom Antragsteller angeführten Grund gestützt.
4
2. Gemäß dem Grundsatz, dass eine kraft Gesetzes statthafte Rechtsbeschwerde unzulässig ist, wenn mit ihrer Begründung nicht sämtliche die Entscheidung selbständig tragende Gründe nicht angegriffen werden (BGH, Beschl. v. 29. September 2005 aaO), kommt es auf die weiteren Ausführungen in der Rechtsbeschwerdebegründung damit nicht mehr an. Es kann dahinstehen , ob die Versagung der Restschuldbefreiung auf weitere Gründe hätte gestützt werden können.
5
Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 577 Abs. 6 Satz 3 ZPO abgesehen.
Ganter Raebel Kayser
Pape Grupp
Vorinstanzen:
AG München, Entscheidung vom 08.10.2008 - 1501 IN 1306/03 -
LG München I, Entscheidung vom 16.02.2009 - 14 T 538/09 -

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(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

Zivilprozessordnung - ZPO | § 577 Prüfung und Entscheidung der Rechtsbeschwerde


(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rechtsbeschwerde a

Insolvenzordnung - InsO | § 6 Sofortige Beschwerde


(1) Die Entscheidungen des Insolvenzgerichts unterliegen nur in den Fällen einem Rechtsmittel, in denen dieses Gesetz die sofortige Beschwerde vorsieht. Die sofortige Beschwerde ist bei dem Insolvenzgericht einzulegen. (2) Die Beschwerdefrist beginn

Insolvenzordnung - InsO | § 290 Versagung der Restschuldbefreiung


(1) Die Restschuldbefreiung ist durch Beschluss zu versagen, wenn dies von einem Insolvenzgläubiger, der seine Forderung angemeldet hat, beantragt worden ist und wenn 1. der Schuldner in den letzten fünf Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolv

Insolvenzordnung - InsO | § 289 Einstellung des Insolvenzverfahrens


Im Fall der Einstellung des Insolvenzverfahrens kann Restschuldbefreiung nur erteilt werden, wenn nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit die Insolvenzmasse nach § 209 verteilt worden ist und die Einstellung nach § 211 erfolgt.

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(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Die Entscheidungen des Insolvenzgerichts unterliegen nur in den Fällen einem Rechtsmittel, in denen dieses Gesetz die sofortige Beschwerde vorsieht. Die sofortige Beschwerde ist bei dem Insolvenzgericht einzulegen.

(2) Die Beschwerdefrist beginnt mit der Verkündung der Entscheidung oder, wenn diese nicht verkündet wird, mit deren Zustellung.

(3) Die Entscheidung über die Beschwerde wird erst mit der Rechtskraft wirksam. Das Beschwerdegericht kann jedoch die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung anordnen.

Im Fall der Einstellung des Insolvenzverfahrens kann Restschuldbefreiung nur erteilt werden, wenn nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit die Insolvenzmasse nach § 209 verteilt worden ist und die Einstellung nach § 211 erfolgt.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 187/03
vom
25. Oktober 2007
in dem Verbraucherinsolvenzverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Das Insolvenzgericht darf die Entscheidung über die Versagung der Restschuldbefreiung
nicht von Amts wegen auf andere als die vom Antragsteller geltend gemachten
Versagungsgründe stützen, selbst wenn diese erst nach dem Schlusstermin bekannt
geworden sind.
BGH, Beschluss vom 25. Oktober 2007 - IX ZB 187/03 - LG Mönchengladbach
AG Mönchengladbach
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Fischer, die Richter Raebel, Vill, Cierniak und die Richterin Lohmann
am 25. Oktober 2007

beschlossen:
Der Schuldner wird in die versäumte Frist zur Begründung seiner Rechtsbeschwerde wieder eingesetzt.
Auf die Rechtsbeschwerde des Schuldners wird der Beschluss des Landgerichts Mönchengladbach vom 10. Juli 2003 aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Landgericht zurückverwiesen.
Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 5.000 € festgesetzt.

Gründe:


I.


1
Über das Vermögen des Schuldners wurde auf seinen Antrag am 9. Oktober 2001 das vereinfachte Insolvenzverfahren eröffnet und die Prüfung der angemeldeten Forderungen sowie später die Durchführung des Schlusstermins im schriftlichen Verfahren angeordnet. Nach dem Bericht des Treuhänders betrug der Vermögensbestand des Schuldners 648,11 €. Pfändbare Arbeitsein- künfte waren nicht vorhanden. Die weiteren Beteiligten zu 2 widersprachen mit anwaltlichem Schriftsatz vom 19. Juli 2002, der am 22. Juli 2002 bei Gericht einging, der vom Schuldner erstrebten Restschuldbefreiung. Im Schlusstermin vom 23. Juli 2002 wurden nach dem Protokoll des Rechtspflegers weitere Versagungsanträge nicht gestellt. In der anwaltlichen Stellungnahme des Schuldners vom 12. August 2002 zu dem schriftsätzlichen Versagungsantrag der weiteren Beteiligten zu 2 ließ er dem Insolvenzgericht auch mitteilen, im laufenden Jahr durch Tennisunterricht 300 € eingenommen zu haben. Daraufhin hat das Amtsgericht dem Schuldner nach § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO die Restschuldbefreiung versagt, weil er in grob fahrlässiger Verletzung seiner Mitwirkungs- und Auskunftspflicht dem Treuhänder die Unterrichtseinkünfte verschwiegen habe. Die hiergegen erhobene sofortige Beschwerde des Schuldners hat das Landgericht zurückgewiesen.

II.


2
Die Rechtsbeschwerde des Schuldners ist nach der ihm gemäß §§ 233, 234 ZPO zu gewährenden Wiedereinsetzung in die abgelaufene Begründungsfrist zulässig und begründet.
3
Beschwerdeentscheidung Die kann bereits aus verfahrensrechtlichen Gründen keinen Bestand haben. Ein auf § 290 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 InsO gestützter Versagungsantrag ist nur zulässig, wenn er von einem Gläubiger im Schlusstermin oder in dem entsprechenden schriftlichen Verfahren gestellt wird (BGH, Beschl. v. 18. Mai 2006 - IX ZB 103/05, ZInsO 2006, 647). Daran ändert nichts, wenn das zur Begründung eines späteren Antrags herangezogene Fehlverhalten des Schuldners erst nach dem Schlusstermin bekannt geworden ist (BGH, aaO). Bis zu dieser Verfahrenszäsur muss der Versagungsgrund geltend gemacht sein; ein späteres Nachschieben von Gründen ist unzulässig (vgl. BGHZ 156, 139, 142 f; BGH, Beschl. v. 5. April 2006 - IX ZB 227/04, ZVI 2006, 596, 597). Hier wie in der Wohlverhaltensphase verbietet die Gläubigerautonomie des Verfahrens der Restschuldbefreiung insbesondere, dass das Gericht seine Versagungsentscheidung von Amts wegen auf Umstände stützt, die der Gläubiger zur Begründung seines Versagungsantrags nicht geltend gemacht hat (mit Bezug auf § 296 InsO vgl. BGH, Beschl. v. 8. Februar 2007 - IX ZB 88/06, NZI 2007, 297).
4
Das Beschwerdegericht hat dem Schuldner hier nach § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO wie bereits das Amtsgericht von Amts wegen ein Fehlverhalten vorgeworfen , auf welches sich die weiteren Beteiligten zu 2 in Ihrem Versagungsantrag nicht berufen haben. Dieses Verhalten ist überhaupt erst durch die Offenbarung des Schuldners nach dem Schlusstermin bekannt geworden. Es ist nicht einmal festgestellt, dass der Schuldner die Unterrichtseinkünfte bereits vor dem Schlusstermin vom 23. Juli 2002 bezogen hatte. Die Restschuldbefreiung durfte dem Schuldner danach mit dieser Begründung nicht versagt werden.

5
Das Beschwerdegericht wird sich nach der Zurückverweisung nunmehr mit den Vorwürfen auseinanderzusetzen haben, mit denen die weiteren Beteiligten zu 2 ihren Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung gerechtfertigt haben.
Fischer Raebel Vill
Cierniak Lohmann
Vorinstanzen:
AG Mönchengladbach, Entscheidung vom 09.05.2003 - 19 K 67/00 -
LG Mönchengladbach, Entscheidung vom 10.07.2003 - 5 T 270/03 -
6
Das Nachschieben einer Begründung ist - auch wenn der Antragsteller erst nach dem Schlusstermin von einem Versagungsgrund Kenntnis erlangt hat - unzulässig. Das Gericht darf die Versagung nicht von Amts wegen auf andere Gründe stützen, als die vom Antragsteller geltend gemachten (BGHZ 156, 139, 142 f; BGH, Beschl. v. 5. April 2006 - IX ZB 227/04, ZVI 2006, 596, 597; BGH, Beschl. v. 18. Mai 2006 - IX ZB 103/05, ZInsO 2006, 647, 648; BGH, Beschl. v. 8. Februar 2007 - IX ZB 88/06, ZInsO 2007, 322, 323; BGH, Beschl. v. 25. Oktober 2007 - IX ZB 187/03, ZInsO 2007, 1221; BGH, Beschl. v. 23. Oktober 2008 - IX ZB 53/08, ZInsO 2008, 1272 Rn. 9).

(1) Die Restschuldbefreiung ist durch Beschluss zu versagen, wenn dies von einem Insolvenzgläubiger, der seine Forderung angemeldet hat, beantragt worden ist und wenn

1.
der Schuldner in den letzten fünf Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag wegen einer Straftat nach den §§ 283 bis 283c des Strafgesetzbuchs rechtskräftig zu einer Geldstrafe von mehr als 90 Tagessätzen oder einer Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten verurteilt worden ist,
2.
der Schuldner in den letzten drei Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorsätzlich oder grob fahrlässig schriftlich unrichtige oder unvollständige Angaben über seine wirtschaftlichen Verhältnisse gemacht hat, um einen Kredit zu erhalten, Leistungen aus öffentlichen Mitteln zu beziehen oder Leistungen an öffentliche Kassen zu vermeiden,
3.
(weggefallen)
4.
der Schuldner in den letzten drei Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorsätzlich oder grob fahrlässig die Befriedigung der Insolvenzgläubiger dadurch beeinträchtigt hat, daß er unangemessene Verbindlichkeiten begründet oder Vermögen verschwendet oder ohne Aussicht auf eine Besserung seiner wirtschaftlichen Lage die Eröffnung des Insolvenzverfahrens verzögert hat,
5.
der Schuldner Auskunfts- oder Mitwirkungspflichten nach diesem Gesetz vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt hat,
6.
der Schuldner in der nach § 287 Absatz 1 Satz 3 vorzulegenden Erklärung und in den nach § 305 Absatz 1 Nummer 3 vorzulegenden Verzeichnissen seines Vermögens und seines Einkommens, seiner Gläubiger und der gegen ihn gerichteten Forderungen vorsätzlich oder grob fahrlässig unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht hat,
7.
der Schuldner seine Erwerbsobliegenheit nach § 287b verletzt und dadurch die Befriedigung der Insolvenzgläubiger beeinträchtigt; dies gilt nicht, wenn den Schuldner kein Verschulden trifft; § 296 Absatz 2 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(2) Der Antrag des Gläubigers kann bis zum Schlusstermin oder bis zur Entscheidung nach § 211 Absatz 1 schriftlich gestellt werden; er ist nur zulässig, wenn ein Versagungsgrund glaubhaft gemacht wird. Die Entscheidung über den Versagungsantrag erfolgt nach dem gemäß Satz 1 maßgeblichen Zeitpunkt.

(3) Gegen den Beschluss steht dem Schuldner und jedem Insolvenzgläubiger, der die Versagung der Restschuldbefreiung beantragt hat, die sofortige Beschwerde zu. Der Beschluss ist öffentlich bekannt zu machen.

(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(2) Der Prüfung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegen nur die von den Parteien gestellten Anträge. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf die angefochtene Entscheidung nur geprüft werden, wenn die Mängel nach § 575 Abs. 3 und § 574 Abs. 4 Satz 2 gerügt worden sind. § 559 gilt entsprechend.

(3) Ergibt die Begründung der angefochtenen Entscheidung zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

(4) Wird die Rechtsbeschwerde für begründet erachtet, ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen. § 562 Abs. 2 gilt entsprechend. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Gerichts erfolgen, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde liegt, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(5) Das Rechtsbeschwerdegericht hat in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung der Entscheidung nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Rechts auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist. § 563 Abs. 4 gilt entsprechend.

(6) Die Entscheidung über die Rechtsbeschwerde ergeht durch Beschluss. § 564 gilt entsprechend. Im Übrigen kann von einer Begründung abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.