Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Nov. 2009 - IX ZA 18/09

bei uns veröffentlicht am19.11.2009
vorgehend
Amtsgericht Duisburg, 64 IK 35/08, 11.11.2008
Landgericht Duisburg, 7 T 39/09, 08.04.2009

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZA 18/09
vom
19. November 2009
in dem Insolvenzeröffnungsverfahren
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Ganter und die Richter Prof. Dr. Kayser, Prof. Dr. Gehrlein, Dr. Fischer und
Grupp
am 19. November 2009

beschlossen:
Der Antrag des Schuldners auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Einlegung und Durchführung der Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 7. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg vom 8. April 2009 wird abgelehnt.

Gründe:


1
Die vom Antragsteller beabsichtigte Rechtsbeschwerde bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 114 ZPO), denn sie wäre unzulässig (§ 574 Abs. 2 ZPO).
2
Wird die angefochtene Entscheidung durch mehrere voneinander unabhängige Begründungen getragen, ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn hinsichtlich aller Begründungen die Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO dargelegt werden können (BGH, Beschl. v. 29. September 2005 - IX ZB 430/02, WM 2006, 59, 60; v. 30. März 2006 - IX ZB 171/04, WM 2006, 1409; v. 15. Oktober 2009 - IX ZB 70/09). Daran fehlt es.
3
Das Beschwerdegericht hat einen Grund für die Versagung der Restschuldbefreiung und damit auch für die Versagung der Stundung der Verfahrenskosten darin gesehen, dass der Schuldner im letzten Jahr vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens zumindest grob fahrlässig durch Vermö- gensverschwendung die Befriedigung der Insolvenzgläubiger beeinträchtigt habe (§ 290 Abs. 1 Nr. 4 Fall 2 InsO). Es hat eine solche Verschwendung unabhängig von den Ausgaben, die der Schuldner zur Befriedigung einzelner Gläubiger getätigt hat (vgl. dazu BGH, Beschl. v. 5. März 2009 - IX ZB 141/08, WM 2009, 856), bejaht. Diese Beurteilung hält sich im Rahmen einer vom Tatrichter zu verantwortenden Würdigung, die im Rechtsbeschwerdeverfahren hinzunehmen ist. Grundsatzfragen sind insoweit nicht berührt.
4
Auf die Frage, ob eine Rechtsbeschwerde wegen der weiteren Annahme des Beschwerdegerichts, es liege auch der Versagungsgrund der Gläubigerbeeinträchtigung durch Verfahrensverzögerung vor (§ 290 Abs. 1 Nr. 4 Fall 3 InsO), zulässig wäre, kommt es daneben nicht an.
Ganter Kayser Gehrlein
Fischer Grupp
Vorinstanzen:
AG Duisburg, Entscheidung vom 11.11.2008 - 64 IK 35/08 -
LG Duisburg, Entscheidung vom 08.04.2009 - 7 T 39/09 -

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 574 Rechtsbeschwerde; Anschlussrechtsbeschwerde


(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

Zivilprozessordnung - ZPO | § 114 Voraussetzungen


(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Re

Insolvenzordnung - InsO | § 290 Versagung der Restschuldbefreiung


(1) Die Restschuldbefreiung ist durch Beschluss zu versagen, wenn dies von einem Insolvenzgläubiger, der seine Forderung angemeldet hat, beantragt worden ist und wenn 1. der Schuldner in den letzten fünf Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolv

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS IX ZB 430/02 vom 29. September 2005 in dem Insolvenzverfahren Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO § 574 Abs. 2, § 575 Abs. 3 Nr. 2 Eine kraft Gesetzes statthafte Rechtsbeschwerde ist unzulässig

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(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 430/02
vom
29. September 2005
in dem Insolvenzverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Eine kraft Gesetzes statthafte Rechtsbeschwerde ist unzulässig, wenn mit ihrer Begründung
nur gegen einen von zwei selbständig tragenden Gründen der angefochtenen
Entscheidung die Zulässigkeitsvoraussetzungen dargelegt werden.
BGH, Beschluss vom 29. September 2005 - IX ZB 430/02 - LG Kiel
AG Kiel
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Richter Dr. Ganter,
Raebel, Kayser, Cierniak und die Richterin Lohmann
am 29. September 2005

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 13. Zivilkammer des Landgerichts Kiel vom 5. August 2002 wird auf Kosten des Schuldners als unzulässig verworfen.

Gründe:


I.


Der Schuldner war nach einer Tätigkeit als GmbH-Geschäft sführer seit 1998 arbeitslos und bezog Arbeitslosenhilfe. Am 5. November 1999 eröffnete das Amtsgericht auf den Antrag des Schuldners das Insolvenzverfahren über sein Vermögen wegen Zahlungsunfähigkeit. Im April 2000 nahm der Schuldner unter Begründung eines zweiten Wohnsitzes in Berlin eine selbständige Tätigkeit auf. Das Arbeitsamt gewährte hierfür Überbrückungsgeld auf die Dauer von sechs Monaten (§ 3 Abs. 1 Nr. 4, § 57 SGB III).
Der eingesetzte Treuhänder beanstandete mit seinem Schl ussbericht vom 2. Februar 2001, dass der Schuldner über seine selbständige Tätigkeit noch nicht die angeforderte Rechnung gelegt habe. Am 23. Februar 2001 übersandte der Schuldner dem Treuhänder eine Aufstellung der Einnahmen und
sandte der Schuldner dem Treuhänder eine Aufstellung der Einnahmen und Ausgaben für das Geschäftsjahr 2000, die er aufgrund noch ausstehender Prüfung durch seinen Steuerberater als vorläufig bezeichnete. Diese Rechnung enthielt auch die ausgezahlten und vom Schuldner in das neue Unternehmen eingelegten, jedoch anschließend wieder entnommenen Überbrückungsgelder. Der Treuhänder beanstandete nunmehr diese Entnahmen und regte an, dem Schuldner die beantragte Restschuldbefreiung zu versagen.
Auf Antrag mehrerer Gläubiger hat das Amtsgericht die Versagung der Restschuldbefreiung ausgesprochen, weil durch die Privatentnahmen zum Nachteil der Gläubiger Vermögen verschwendet worden sei (§ 290 Abs. 1 Nr. 4 InsO) und der Schuldner dem Treuhänder nicht laufend und unaufgefordert Rechnung über die Ergebnisse seiner selbständigen Tätigkeit gelegt habe (§ 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO). Mit der hiergegen gerichteten Beschwerde hat der Schuldner die von dem Steuerberater am 17. September 2001 gefertigte Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG vorgelegt, die für das Rumpfgeschäftsjahr 2000 einen vorgetragenen Gewinn von 13.824,56 DM auswies. Der Schuldner hat ferner geltend gemacht, seiner Auskunfts- und Mitwirkungspflicht durch Vorlage der Kontenblätter und der steuerlichen Überschussermittlung genügt zu haben. Zumindest sei ihm wegen seines Verhaltens keine grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen, weil der Treuhänder auf das Schreiben vom 13. Januar 2000 nicht reagiert und vor dem Februar 2001 keine Beanstandungen erhoben habe.
Das Landgericht hat die sofortige Beschwerde des Schuldne rs mit der Begründung zurückgewiesen, dieser habe nach den zutreffenden Ausführungen des Amtsgerichts jedenfalls seine Auskunfts- und Mitwirkungspflichten verletzt. Die Mitteilungen über die Ergebnisse seiner selbständigen Tätigkeit an
den Treuhänder seien verspätet erfolgt. Sie seien auch inhaltlich unzureichend , weil sich aus den eingereichten Kontenblättern und der Gewinnermittlung nicht ergebe, welche Beträge der Schuldner aus welchen Rechtsgeschäften erworben habe.

II.


Dagegen wendet sich der Schuldner mit seiner kraft Geset zes statthaften (§ 289 Abs. 2 Satz 1, §§ 6, 7 InsO, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO) Rechtsbeschwerde , die gemäß § 575 Abs. 1 und 2 ZPO auch frist- und formgerecht eingelegt worden ist. Das Rechtsmittel ist jedoch nach § 574 Abs. 2 ZPO unzulässig.
1. Die Rechtsbeschwerde sieht als grundsätzlich die Frage n ach dem Umfang der Auskunfts- und Mitwirkungspflichten des Schuldners gemäß §§ 97, 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO an. Sie meint, dies gelte insbesondere für die Frage, ob die Restschuldbefreiung gemäß § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO auch dann versagt werden müsse, wenn der Schuldner kein Vermögen gegenüber den Insolvenzgläubigern oder dem Treuhänder verheimlicht, sondern es allenfalls unterlassen habe, die Einnahmen und Ausgaben aus einem selbständigen Erwerbsgeschäft im Einzelnen zu erläutern, ohne dass die Gläubiger im Ergebnis beeinträchtigt worden seien.
2. Einen Rechtssatz zum Umfang der Auskunfts- und Mitwirkun gspflichten des Schuldners im vereinfachten Insolvenzverfahren stellt die Beschwerdeentscheidung zwar auf. Es handelt sich hierbei aber nur um eine von zwei selb-
ständig tragenden Begründungen für die Versagung der Restschuldbefreiung gemäß § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO. Denn die Beschwerdeentscheidung wird allein schon durch den vom Landgericht gebilligten Rechtssatz des Amtsgerichts getragen , der Schuldner müsse dem Treuhänder bei Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit während des Insolvenzverfahrens laufend und unaufgefordert Rechnung über die Ergebnisse dieser Tätigkeit legen.
Dieser Rechtssatz bezieht sich nicht auf den Umfang, sondern auf die Art und die zeitgerechte Erteilung der dem Schuldner gesetzlich abverlangten Auskunft. Die von der Rechtsbeschwerde für grundsätzlich erachtete Rechtsfrage nach dem Umfang der Auskunftspflicht kann für die Beschwerdeentscheidung hinweggedacht werden. In einem solchen Fall hätte der Berufungsrichter die Revision nur zuzulassen, wenn sowohl für die eine als auch für die andere Begründung seiner Entscheidung ein Zulassungsgrund bestünde (vgl. BVerwG Buchholz 310 VwGO § 132 Nr. 287; § 132 Nr. 2 Ziff. 1 Nr. 4; Weyreuther, Revisionszulassung und Nichtzulassungsbeschwerde in der Rechtsprechung der obersten Bundesgerichte 1971, Rn. 127 m.w.N.; Kummer, Die Nichtzulassungsbeschwerde 1990 Rn. 101 m.w.N.). Insoweit gelten für die Zulässigkeitsprüfung des Bundesgerichtshofs bei der kraft Gesetzes statthaften Rechtsbeschwerde nach § 574 Abs. 2 ZPO die gleichen Grundsätze wie bei der Zulassung von Revision oder Rechtsbeschwerde durch den judex a quo. Erforderlich war somit, dass die Rechtsbeschwerde gegenüber beiden selbständig tragenden Begründungen des Landgerichts für die Versagung der Restschuldbefreiung gemäß § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO einen Zulässigkeitsgrund geltend machte. Daran fehlt es.
3. Bei der kraft Gesetzes statthaften Rechtsbeschwerde prüf t der Bundesgerichtshof nach § 574 Abs. 2 ZPO ebenso wie bei der Nichtzulassungsbeschwerde nur die Zulässigkeitsvoraussetzungen, welche die Rechtsmittelbegründung nach § 575 Abs. 3 Nr. 2 ZPO schlüssig und substantiiert dargelegt hat (vgl. BGHZ 152, 7, 8 f; 153, 254, 255, sämtlich zur Nichtzulassungsbeschwerde ).
Es kann offen bleiben, ob die Rechtsbeschwerde diesen Anf orderungen genügt, soweit ein Zulassungsgrund im Hinblick auf den Umfang der vom Schuldner zu erteilenden Auskünfte geltend gemacht worden ist. Zur Versäumung einer zeitgerechten Unterrichtung des Treuhänders über die selbständige Tätigkeit des Schuldners und dessen Verpflichtung zu (unaufgefordertem) Bericht, der zweiten Begründung des Landgerichts, rügt die Rechtsbeschwerde nur, der Schuldner habe die Verwaltungsbefugnis des Treuhänders, die sich nach § 292 Abs. 2 InsO beurteilen soll, nicht unterlaufen. Der Schuldner habe seiner Auskunfts- und Mitwirkungspflicht schon durch die Vorlage des Jahresabschlusses genügt; der Mitteilung monatlicher, hier sehr unterschiedlicher Betriebsergebnisse, habe es nicht bedurft. Dies gelte umso mehr, als der Treuhänder auf die Nachfrage des Schuldners, wie in der Angelegenheit zu verfahren sei, nicht reagiert habe.
Mit dieser Begründung zeigt die Rechtsbeschwerde keinen Z ulassungsgrund für den Rechtssatz des Beschwerdegerichts auf, dass der Schuldner bei Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit während des vereinfachten Insolvenzverfahrens dem Treuhänder unaufgefordert und laufend Rechnung über die Ergebnisse dieser Tätigkeit legen müsse und nicht erst - wie geschehen - nach Abschluss des Geschäftsjahres. Die Rechtsbeschwerde beruft sich insoweit
lediglich auf Rechtsfehler, auf die es bei der Prüfung der Zulässigkeit nach § 574 Abs. 2 ZPO hier nicht ankommt.
4. Einer Festsetzung des Wertes für die Rechtsbeschwerde be darf es gemäß GKG-KV Nr. 1823 (Festgebühr) nicht. Die gerichtliche Unterliegensgebühr nach diesem Tatbestand wird durch die entsprechende gerichtliche Entscheidung fällig (§ 6 Abs. 3 GKG n.F., § 61 Abs. 2 GKG a.F.). Die Fortgeltung alten Kostenrechts ist durch § 71 Abs. 3, § 72 Nr. 3 GKG i.d.F. von Artikel 1 des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes vom 5. Mai 2004 (BGBl. I S. 718) nur für solche Kosten bestimmt, die vor dem 1. Juli 2004 fällig geworden sind.
Ganter Raebel Kayser
Cierniak Lohmann

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 171/04
vom
30. März 2006
in dem Verfahren auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Hat das Beschwerdegericht die sofortige Beschwerde gegen einen Eröffnungsbeschluss
als unzulässig verworfen und hilfsweise deren Begründetheit verneint, ist die
Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn hinsichtlich beider Begründungen die Zulässigkeitsvoraussetzungen
des § 574 Abs. 2 ZPO dargelegt werden.
BGH, Beschluss vom 30. März 2006 - IX ZB 171/04 - LG Landshut
AG Landshut
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Richter Dr. Ganter,
Kayser und Vill, die Richterin Lohmann und den Richter Dr. Fischer
am 30. März 2006

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Landshut vom 28. Juni 2004 wird auf Kosten des Schuldners als unzulässig verworfen.
Der Gegenstandswert des Verfahrens der Rechtsbeschwerde wird auf 320.000 Euro festgesetzt.

Gründe:


I.


1
Auf Antrag der (weiteren) Beteiligten zu 2 ist am 8. März 2004 das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners eröffnet worden. Dagegen hat der Schuldner, vertreten durch den Rechtsanwalt Dr. K. , sofortige Beschwerde eingelegt. Diese hat das Landgericht als unzulässig verworfen, weil die dem Rechtsanwalt Dr. K. erteilte Verfahrensvollmacht wegen eines Verstoßes gegen das Verbot, widerstreitende Interessen zu vertreten (§ 43a Abs. 4 BRAO), nichtig sei; selbst wenn die sofortige Beschwerde jedoch zulässig gewesen wäre, wäre sie als unbegründet zurückzuweisen. Mit seiner Rechtsbeschwerde begehrt der Schuldner weiterhin die Abweisung des Insol- venzantrags, hilfsweise die Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht.

II.


2
Die Rechtsbeschwerde ist nach §§ 7, 6, 34 Abs. 2 InsO, § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft. Sie ist jedoch unzulässig. Wenn die angefochtene Entscheidung auf zwei selbstständig tragenden Begründungen beruht, ist die kraft Gesetzes statthafte Rechtsbeschwerde nur dann zulässig, wenn hinsichtlich beider Begründungen die Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO dargelegt werden (BGH, Beschl. v. 29. September 2005 – IX ZB 430/02, WM 2006, 59, 60). Der Frage, ob ein Verstoß gegen das Vertretungsverbot des § 43a Abs. 4 BRAO zur Unwirksamkeit der Prozessvollmacht führt, kommt grundsätzliche Bedeutung zu (vgl. zu § 45 Nr. 4 BRAO a.F. BGH, Urt. v. 19. März 1993 – V ZR 36/92, NJW 1993, 1926; zu § 43a Abs. 4 BRAO einerseits OLG Oldenburg ZMR 2005, 651; OLG Brandenburg OLG-Report 2003, 482; andererseits OLG Saarbrücken OLG-Report 2005, 925, 926 f; zum Fortbestand der Prozessvollmacht eines Anwalts, dessen Zulassung entfallen ist, auch BGH, Beschl. v. 26. Januar 2006 – III ZB 63/05, z.V. in BGHZ bestimmt, S. 9 f des Umdrucks bei Rn. 17). Hinsichtlich der Hilfsbegründung vermag die Rechtsbeschwerde demgegenüber keine Zulässigkeitsgründe aufzuzeigen.
3
1. Der angefochtene Beschluss wird (auch) von der Hilfsbegründung zur fehlenden Begründetheit getragen, obwohl das Landgericht die sofortige Beschwerde als unzulässig verworfen hat.
4
a) Grundsätzlich ist die Zulässigkeit eines Rechtsmittels vor dessen Begründetheit zu prüfen. Im Beschwerdeverfahren gilt dieser Grundsatz (§ 572 Abs. 2 ZPO) jedoch nicht ausnahmslos. Ist eine sofortige Beschwerde jedenfalls unbegründet, hat ihre Zurückweisung keine weitergehenden Folgen als ihre Verwerfung und stehen auch im Übrigen Interessen der Parteien – des Beschwerdeführers oder des Beschwerdegegners – nicht entgegen, kann unabhängig von der Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde eine Sachentscheidung über sie ergehen (OLG Köln NJW 1974, 1515 mit zustimmender Anmerkung Gottwald, NJW 1974, 2241; KG NJW 1976, 2353; OLG Hamm MDR 1979, 943; BFH BStBl. 1977 II S. 313, 314 für den Sonderfall der nicht in materielle Rechtskraft erwachsenden Beschwerdeentscheidung im Armenrechtsverfahren; Albers in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO 64. Aufl. Vor § 567 Rn. 11; FK-InsO/Schmerbach, 4. Aufl. § 6 Rn. 16; HK-ZPO/Kayser, Vor § 511 Rn. 2; MünchKomm-ZPO/Lipp, ZPO 2. Aufl. (Erg.) § 572 Rn. 18; Musielak/Ball, ZPO 4. Aufl. § 572 Rn. 11; Stein/Jonas/Grunsky, ZPO 21. Aufl. § 575 Rn. 1; Wieczorek /Schütze/Gerken, ZPO 3. Aufl. Vor § 511 Rn. 69; Zöller/Gummer, ZPO 25. Aufl. § 572 Rn. 20; a.A. Thomas/Putzo/Reichold, ZPO 27. Aufl. § 572 Rn. 13).
5
b) Die Verwerfung einer sofortigen Beschwerde gegen einen Eröffnungsbeschluss (§§ 27, 34 Abs. 2 InsO) als unzulässig und ihre Zurückweisung als unbegründet unterscheiden sich im Ergebnis nicht. Die Einlegung der sofortigen Beschwerde hat keine aufschiebende Wirkung (§§ 4 InsO, 570 Abs. 1 ZPO). Dabei bleibt es bis zur Rechtskraft der Beschwerdeentscheidung (§ 6 Abs. 3 Satz 1 InsO), unabhängig davon, wie diese begründet worden ist. Wird die sofortige Beschwerde als unzulässig verworfen oder als unbegründet zurückgewiesen , hat dies jeweils zur Folge, dass der Eröffnungsbeschluss weiterhin Bestand hat. Das gilt insbesondere für den Zeitpunkt der Eröffnung (§ 27 Abs. 2 Nr. 3 InsO). Auch die Möglichkeit, gegen die Beschwerdeentscheidung ein Rechtsmittel einzulegen, hängt nicht von der Entscheidungsformel ab. Wird die Erstbeschwerde als unzulässig verworfen, ist die Rechtsbeschwerde im Allge- meinen nicht schon von Gesetzes wegen zulässig; die Vorschrift des § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO ist insoweit nicht entsprechend anwendbar (BGH, Beschl. v. 11. Mai 2005 – XII ZB 189/03, NJW-RR 2005, 1009). In Insolvenzsachen findet die Rechtsbeschwerde sowohl gegen die Verwerfung einer – statthaften – sofortigen Beschwerde als unzulässig als auch gegen deren Zurückweisung als unbegründet statt (§ 7 InsO). Wird der Eröffnungsbeschluss schließlich rechtskräftig , ist er im Rahmen des Insolvenzverfahrens und etwa folgender Prozesse als wirksam anzusehen (BGHZ 113, 216, 218; BGH, Urt. v. 17. Oktober 1985 – III ZR 105/84, ZIP 1986, 319, 322), unabhängig davon, aus welchen Gründen die vom Schuldner eingelegten Rechtsmittel erfolglos geblieben sind. Ein schützenswertes Interesse des Schuldners oder eines anderen Verfahrensbeteiligten daran, dass die Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde vorrangig vor der Begründetheit geprüft wird, ist – von Ausnahmefällen wie demjenigen der fehlenden Prozessfähigkeit des Beschwerdeführers einmal abgesehen (vgl. MünchKomm -ZPO/Lipp, aaO) – also nicht anzuerkennen. Eine Rechtsbeschwerde, die nur mit dem Ziel eingelegt wird, eine Zurückweisung der sofortigen Beschwerde als unzulässig statt als unbegründet zu erreichen, wäre jedenfalls wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig.
6
c) Im vorliegenden Fall hat das Landgericht die Frage der Zulässigkeit nicht offen gelassen. Es hat vielmehr sowohl über die Zulässigkeit als auch über die Begründetheit des Rechtsmittels entschieden. Insoweit besteht kein logischer Vorrang der einen oder der anderen Begründung. Jede der beiden Begründungen trägt folglich die Entscheidung, unabhängig von der jeweils anderen Begründung. Dass das Landgericht auch über die Zulässigkeit entschieden hat, entwertet seine - vollständigen und umfassenden – Ausführungen zur Begründetheit nicht.
7
d) Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde gelten die Ausführungen des Beschwerdegerichts zur Begründetheit auch nicht als "nicht geschrieben", so dass schon aus diesem Grund eine Zurückverweisung erfolgen müsste.
8
aa) Diese Formulierung geht auf die Rechtsprechung des Reichsgerichts zurück, nach der wegen der unterschiedlichen Rechtskraft der jeweiligen Entscheidung nicht offen gelassen werden darf, ob eine Klage als unzulässig oder unbegründet abgewiesen wird (RGZ 105, 196 f). Im seinerzeit entschiedenen Fall hatte das Berufungsgericht die Abweisung der Klage als unzulässig bestätigt , aber auch erläutert, warum die Klage sachlich keine Aussicht auf Erfolg gehabt hätte. Darin sah das Reichsgericht keine Alternativbegründung, sondern lediglich zusätzliche Hinweise, die "als unschädlich zu betrachten und ebenso zu behandeln" seien, "wie wenn sie überhaupt nicht vorhanden wären" (RGZ 105, 196 f).
9
bb) In der späteren Rechtsprechung des Reichsgerichts und in derjenigen des Bundesgerichtshofs sind nicht nur Hilfsbegründungen der Instanzgerichte zu als unzulässig angesehenen Klagen (z.B. BGHZ 11, 222, 227), sondern auch zu als unzulässig verworfenen Berufungen als "nicht geschrieben" behandelt worden (z.B. BGH, Urt. v. 23. Oktober 1998 – LwZR 3/98, NJW 1999, 794, 795). Grund dafür war der von der Zivilprozessordnung in der Fassung vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses vom 27. Juli 2001 (BGBl. I S. 1887) vorgeschriebene Gang des Revisionsverfahrens. Wenn die Revisionsinstanz alten Rechts nicht von vornherein nur wegen der Frage der Zulässigkeit der Berufung eröffnet war (§ 547 ZPO a.F.; vgl. zu früheren Fassungen des § 547 ZPO auch RGZ 96, 74, 75; 133, 301, 302), hatte das Revisionsgericht sich nach der Feststellung eines entscheidungserheblichen Fehlers mit der Frage zu befassen, ob die Feststellungen des Berufungsgerichts eine ersetzende (Sach-) Entscheidung über die Berufung ermöglichte (§§ 563, 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO a.F.; vgl. etwa RGZ 110, 96, 98; BGHZ 4, 58, 60; 46, 281, 284 f; 102, 332, 337; BGH, Urt. v. 7. Juni 1990 – III ZR 216/89, NJW 1990, 2125, 2126; Urt. v. 13. März 1998 – V ZR 190/97, NJW 1998, 2058, 2059; Urt. v. 23. Oktober 1998 – LwZR 3/98, NJW 1999, 794, 795; Urt. v. 19. November 1998 – IX ZR 152/98, NJW 1999, 724, 725). Im Rahmen des § 574 Abs. 2 ZPO in der seit dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung ist demgegenüber nur über die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde zu entscheiden. Eine ersetzende Entscheidung gemäß § 577 Abs. 5 ZPO kommt erst dann in Betracht, wenn die Rechtsbeschwerde zulässig ist. Jedenfalls im vorliegenden Fall der erfolglosen Anfechtung eines Eröffnungsbeschlusses bestehen keine systematischen Bedenken, die Entscheidung des Beschwerdegerichts vollständig – also einschließlich der Hilfsbegründung – zu verwerten, wie es auch in anderen Fällen von Haupt- und Hilfsbegründungen geschieht.
10
2. Hinsichtlich der Hilfsbegründung sind Zulässigkeitsgründe im Sinne von § 574 Abs. 2 ZPO nicht dargetan. Solche sind auch nicht ersichtlich. Insbesondere hat das Landgericht nicht unter Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG entscheidungserhebliches Vorbringen des Schuldners übergangen (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Fall 2 ZPO).
11
a) Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist aber erst dann verletzt, wenn sich im Einzelfall klar ergibt, dass das Gericht dieser Pflicht nicht nachgekommen ist. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass ein Gericht das Vorbringen der Parteien zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat. Es ist dabei nicht verpflichtet , sich mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu befassen. Damit sich ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG feststellen lässt, müssen demnach besondere Umstände deutlich gemacht werden, die zweifelsfrei darauf schließen lassen, dass tatsächliches Vorbringen eines Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder bei der Entscheidung nicht erwogen worden ist (BGHZ 154, 288, 300 f. m.w.N.).
12
b) Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht erfüllt.
13
aa) Das rechtliche Interesse des Gläubigers an der Durchführung eines Insolvenzverfahrens (§ 14 Abs. 1 InsO) folgt regelmäßig aus der ihm zustehenden Forderung. Die von der Rechtsbeschwerde angeführten Indizien, die das Landgericht nicht verwertet haben soll, lassen den Schluss auf etwa mit dem Insolvenzantrag verfolgte verfahrensfremde Zwecke nicht zu. Die weitere Beteiligte zu 2 hat Forderungen gegen den Schuldner in Höhe von 13.322.191,55 Euro angemeldet, zu deren Befriedigung das Insolvenzverfahren durch die Verwertung des gesamten Vermögens des Schuldners (§ 35 InsO) – einschließlich des Erbbaurechts – beitragen soll. Diese Vorgehensweise widerspricht nicht dem Zweck des auf eine gemeinschaftliche Befriedigung aller Gläubiger gerichteten Insolvenzverfahrens (§ 1 Satz 1 InsO).
14
bb) Gleiches gilt für die Frage, ob die Kosten des Insolvenzverfahrens voraussichtlich gedeckt sind (§ 26 InsO). Der vom Landgericht angesetzte "Kostenbeitrag entsprechend § 171 InsO" beruht auf einer zwischen dem Verwalter und der weiteren Beteiligten zu 2 getroffenen Vereinbarung, dass die Masse 2 % des Netto-Verkaufserlöses für das "Objekt A. " erhalten soll. Auf die Voraussetzungen des § 171 InsO kommt es daher nicht an. Hinsichtlich des aus dem Erbbaurecht möglicherweise folgenden Entschädigungsanspruchs haben der Verwalter und die weitere Beteiligte zu 2 vereinbart, dass ein Anteil von 9 % der Netto-Heimfallentschädigung an die Masse auskehrt wird. Ist die Abtretung – wie die Rechtsbeschwerde meint – unwirksam, steht der Anspruch in voller Höhe der Masse zu.
15
c) Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 577 Abs. 6 Satz 3 ZPO abgesehen.
Ganter Kayser Vill Lohmann Fischer
Vorinstanzen:
AG Landshut, Entscheidung vom 08.03.2004 - 4 IN 594/03 -
LG Landshut, Entscheidung vom 28.06.2004 - 32 T 1034/04 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 70/09
vom
15. Oktober 2009
in dem Insolvenzverfahren
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Ganter und die Richter Raebel, Prof. Dr. Kayser, Dr. Pape und Grupp
am 15. Oktober 2009

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 14. Zivilkammer des Landgerichts München I vom 16. Februar 2009 wird auf Kosten der Schuldnerin als unzulässig verworfen.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 5.000 € festgesetzt.

Gründe:


I.


1
Nach Entzug der kassenärztlichen Zulassung im August 2002 beantragte die Schuldnerin, eine Ärztin, Anfang Mai 2003 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen. Das Verfahren, in dem sie Restschuldbefreiung begehrt, wurde am 23. Mai 2003 eröffnet. Kurz vor Verfahrenseröffnung hatte die Schuldnerin eine Arztpraxis gekauft, deren Betrieb sie im Herbst 2003 aufnahm. Eine Information der im Verfahren bestellten Treuhänderin über die neue freiberufliche Tätigkeit erfolgte nicht. Diese erfuhr von der Wiederaufnahme der ärztlichen Tätigkeit erst etwas, als neue Gläubiger der Schuldnerin die Insolvenzmasse in Anspruch nahmen. Die Gläubigerversammlung untersagte der Schuldnerin daraufhin zunächst den Betrieb der Praxis. Später verständigten sich die Beteiligten auf Freigabe des Praxisbetriebs aus dem Insolvenzbeschlag. Im Schlusstermin stellte eine Gläubigerin, die weitere Beteiligte zu 1, unter Bezugnahme auf den Bericht der Treuhänderin vom 31. März 2008 den Antrag, der Schuldnerin die Restschuldbefreiung zu versagen. Diesem Antrag hat das Insolvenzgericht mit Beschluss vom 8. Oktober 2008 entsprochen. Auf Beschwerde der Schuldnerin hat das Landgericht mit Beschluss vom 16. Februar 2009 die Versagung der Restschuldbefreiung bestätigt. Hiergegen wendet sich die Rechtsbeschwerde der Schuldnerin.

II.

2
Die statthafte Rechtsbeschwerde (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO, §§ 7, 6 Abs. 1, § 289 Abs. 2 Satz 1 InsO) ist unzulässig (§ 574 Abs. 2 ZPO). Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts.
3
1. Eine Divergenz zu der Rechtsprechung des Senats, nach der die Versagung der Restschuldbefreiung nicht von Amts wegen auf einen anderen Grund gestützt werden darf, als vom Antragsteller geltend gemacht (BGH, Beschl. v. 25. Oktober 2007 - IX ZB 187/03, ZInsO 2007, 1221; v. 12. Februar 2009 - IX ZB 158/08, ZInsO 2009, 684, 685 Rn. 6 m. w. N.), liegt nicht vor. Soweit die Rechtsbeschwerde meint, der Schuldnerin könne die Restschuldbefreiung nicht wegen Verletzung ihrer "Auskunfts- und Mitwirkungspflichten" versagt werden, weil die Gläubigerin nur einen Antrag auf Versagung wegen der Verletzung von "Mitwirkungspflichten" gestellt habe, wird verkannt, dass in der fehlenden Information der Treuhänderin über die Aufnahme einer selbständigen wirtschaftlichen Tätigkeit und der Begründung von Masseverbindlichkeiten ohne Kenntnis der Treuhänderin (auch) eine Verletzung von Mitwirkungspflichten zu sehen ist (vgl. BGH, Beschl. v. 29. September 2005 - IX ZB 430/02, ZInsO 2005, 1162; LG Mönchengladbach ZInsO 2003, 955, 956; LG Münster, Beschl. v. 26. März 2007 - 5 T 990/06 Rn. 17; Braun/Lang, InsO 3. Aufl. § 290 Rn. 23; FK-InsO/Ahrens, 5. Aufl. § 290 Rn. 44, 46a; HmbKomm-InsO/Streck, 3. Aufl. § 290 Rn. 33; MünchKomm-InsO/Stephan, 2. Aufl., § 290 Rn. 72; Wenzel in Kübler/Prütting/Bork, InsO § 290 Rn. 20). Insolvenz- und Beschwerdegericht haben die Versagung also auf den vom Antragsteller angeführten Grund gestützt.
4
2. Gemäß dem Grundsatz, dass eine kraft Gesetzes statthafte Rechtsbeschwerde unzulässig ist, wenn mit ihrer Begründung nicht sämtliche die Entscheidung selbständig tragende Gründe nicht angegriffen werden (BGH, Beschl. v. 29. September 2005 aaO), kommt es auf die weiteren Ausführungen in der Rechtsbeschwerdebegründung damit nicht mehr an. Es kann dahinstehen , ob die Versagung der Restschuldbefreiung auf weitere Gründe hätte gestützt werden können.
5
Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 577 Abs. 6 Satz 3 ZPO abgesehen.
Ganter Raebel Kayser
Pape Grupp
Vorinstanzen:
AG München, Entscheidung vom 08.10.2008 - 1501 IN 1306/03 -
LG München I, Entscheidung vom 16.02.2009 - 14 T 538/09 -

(1) Die Restschuldbefreiung ist durch Beschluss zu versagen, wenn dies von einem Insolvenzgläubiger, der seine Forderung angemeldet hat, beantragt worden ist und wenn

1.
der Schuldner in den letzten fünf Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag wegen einer Straftat nach den §§ 283 bis 283c des Strafgesetzbuchs rechtskräftig zu einer Geldstrafe von mehr als 90 Tagessätzen oder einer Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten verurteilt worden ist,
2.
der Schuldner in den letzten drei Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorsätzlich oder grob fahrlässig schriftlich unrichtige oder unvollständige Angaben über seine wirtschaftlichen Verhältnisse gemacht hat, um einen Kredit zu erhalten, Leistungen aus öffentlichen Mitteln zu beziehen oder Leistungen an öffentliche Kassen zu vermeiden,
3.
(weggefallen)
4.
der Schuldner in den letzten drei Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorsätzlich oder grob fahrlässig die Befriedigung der Insolvenzgläubiger dadurch beeinträchtigt hat, daß er unangemessene Verbindlichkeiten begründet oder Vermögen verschwendet oder ohne Aussicht auf eine Besserung seiner wirtschaftlichen Lage die Eröffnung des Insolvenzverfahrens verzögert hat,
5.
der Schuldner Auskunfts- oder Mitwirkungspflichten nach diesem Gesetz vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt hat,
6.
der Schuldner in der nach § 287 Absatz 1 Satz 3 vorzulegenden Erklärung und in den nach § 305 Absatz 1 Nummer 3 vorzulegenden Verzeichnissen seines Vermögens und seines Einkommens, seiner Gläubiger und der gegen ihn gerichteten Forderungen vorsätzlich oder grob fahrlässig unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht hat,
7.
der Schuldner seine Erwerbsobliegenheit nach § 287b verletzt und dadurch die Befriedigung der Insolvenzgläubiger beeinträchtigt; dies gilt nicht, wenn den Schuldner kein Verschulden trifft; § 296 Absatz 2 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(2) Der Antrag des Gläubigers kann bis zum Schlusstermin oder bis zur Entscheidung nach § 211 Absatz 1 schriftlich gestellt werden; er ist nur zulässig, wenn ein Versagungsgrund glaubhaft gemacht wird. Die Entscheidung über den Versagungsantrag erfolgt nach dem gemäß Satz 1 maßgeblichen Zeitpunkt.

(3) Gegen den Beschluss steht dem Schuldner und jedem Insolvenzgläubiger, der die Versagung der Restschuldbefreiung beantragt hat, die sofortige Beschwerde zu. Der Beschluss ist öffentlich bekannt zu machen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 141/08
vom
5. März 2009
in dem Insolvenzeröffnungsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Der die Restschuldbefreiung ausschließende Versagungsgrund der Verschwendung
liegt ohne Hinzutreten besonderer Unwertmerkmale nicht vor, wenn der Schuldner
nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit einzelne Gläubiger befriedigt.
BGH, Beschluss vom 5. März 2009 - IX ZB 141/08 - LG Rostock
AG Rostock
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Ganter und die Richter Prof. Dr. Gehrlein, Vill, Dr. Fischer und Grupp
am 5. März 2009

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Schuldnerin wird der Beschluss der 2. Zivilkammer des Landgerichts Rostock vom 28. Mai 2008 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Entscheidung an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.
Gerichtskosten für das Rechtsbeschwerdeverfahren sind nicht zu erheben.
Der Gegenstandswert wird auf 5.000 € festgesetzt.

Gründe:


I.


1
Die Schuldnerin hat durch Schriftsatz vom 1. November 2007 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen, Restschuldbefreiung und Stundung der Verfahrenskosten beantragt. Der bereits zahlungsunfähigen Schuldnerin stand nach den Feststellungen eines im Eröffnungsverfahren eingesetzten Gutachters aus dem Verkauf eines Grundstücks am 27. April 2007 ein Betrag von 24.221,05 € zur Verfügung. Sie verwendete diese Mittel u.a. zur Tilgung von zwei zu diesem Zeitpunkt noch nicht fälligen Darlehensverbindlichkeiten über jeweils 7.000 €.
2
Amtsgericht Das hat durch Beschluss vom 12. März 2008 den Stundungsantrag zurückgewiesen, weil infolge Vermögensverschwendung der Versagungsgrund des § 290 Abs. 1 Nr. 4 InsO gegeben sei. Das Landgericht hat die von der Schuldnerin dagegen eingelegt e sofortige Beschwerde durch den angefochtenen Beschluss zurückgewiesen. Mit ihrer Rechtsbeschwerde verfolgt die Schuldnerin ihr Stundungsbegehren weiter.

II.


3
Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO, §§ 7, 6 Abs. 1, § 4d Abs. 1 InsO statthafte und auch im Übrigen zulässige (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) Rechtsbeschwerde ist begründet.
4
1. Die Entscheidung des Landgerichts unterliegt bereits von Amts wegen (BGHZ 154, 99, 101; BGH Urt. v. 22. Juni 2007 - V ZR 149/06, NJW-RR 2007, 1412 Rn. 11; MünchKomm-InsO/Ganter, 2. Aufl. § 7 Rn. 86, 89, 96; MünchKomm -ZPO/Wenzel, 3. Aufl. § 547 Rn. 3) der Aufhebung, weil den Mindestanforderungen an die Begründung nicht genügt ist (§ 576 Abs. 3, § 547 Nr. 6 ZPO).
5
Beschlüsse, a) die der Rechtsbeschwerde unterliegen, müssen den maßgeblichen Sachverhalt, über den entschieden wird, wiedergeben und den Streitgegenstand und die Anträge der Parteien in beiden Instanzen erkennen lassen; andernfalls sind sie nicht mit gesetzmäßigen Gründen versehen. Fehlen tatsächliche Feststellungen, so ist das Rechtsbeschwerdegericht zu einer rechtlichen Überprüfung nicht in der Lage. Ausführungen des Beschwerdegerichts, die eine solche Überprüfung nicht ermöglichen, sind keine Gründe im zivilprozessualen Sinne (BGH, Beschl. v. 20. Juni 2002 - IX ZB 56/01, NJW 2002, 2648, 2649; Beschl. v. 12. Juli 2004 - II ZB 3/03, NJW-RR 2005, 78; v. 20. Juni 2006 - VI ZB 75/05, NJW 2006, 2910 Rn. 14). Sind neue rechtliche Gesichtspunkte aufgetreten, muss sich das Beschwerdegericht im Rahmen seiner rechtlichen Würdigung damit auseinandersetzen (BGHZ 156, 216, 219; BGH, Urt. v. 22. Juni 2007, aaO Rn. 10).
6
b) Die Mindestanforderungen an die Darstellung des Sachverhalts und die rechtliche Begründung sind in vorliegender Sache nicht gewahrt, weil sich das Landgericht, ohne auch nur ansatzweise eine eigene gedankliche Durchdringung der tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte erkennen zu lassen, mit einer reinen Bezugnahme auf die erstinstanzliche Entscheidung begnügt hat.
7
aa) Es kann dahinstehen, ob das Beschwerdegericht den Anforderungen an die Darstellung des Sachverhalts und der erstinstanzlichen Anträge durch eine Bezugnahme auf den amtsgerichtlichen Beschluss entsprechen konnte. Denn das Beschwerdegericht hat nicht auf den Erstbeschluss, sondern verfahrensfehlerhaft auf den Antrag der Schuldnerin, wie aus der Verweisung auf die "Antragsgründe" zum Ausdruck kommt, Bezug genommen. Da der Beschluss des Amtsgerichts seinerseits eine eigenständige Sachverhaltsdarstellung und keine Bezugnahme auf Schriftsätze enthält, ist die Verweisung des Beschwerdegerichts auf den Antrag der Schuldnerin zur Sachverhaltsdarstellung ungeeignet. Überdies enthält der Antrag der Schuldnerin keine Angaben zu dem hier maßgeblichen, auf Erkenntnissen des gerichtlichen Gutachters beruhenden Tatsachenkomplex der Verwendung des aus einem Grundstücksverkauf erzielten Erlöses.
8
bb) Ferner hat sich die Schuldnerin in ihrer sofortigen Beschwerde im Einzelnen mit der Rechtsfrage auseinandergesetzt, ob bei Zahlungen des Schuldners auf erfüllbare Forderungen der Tatbestand des § 290 Abs. 1 Nr. 4 InsO gegeben ist. Insoweit hat die Schuldnerin geltend gemacht, eine Verschwendung von Vermögen liege nur vor, wenn Vermögenswerte außerhalb einer sinnvollen und nachvollziehbaren Verhaltensweise verbraucht würde. Diese im Mittelpunkt stehenden neuen rechtlichen Gesichtspunkte hat das Beschwerdegericht ebenfalls verfahrensfehlerhaft nicht gewürdigt.
9
2. Die Zurückverweisung gibt dem Landgericht Gelegenheit, unter Beachtung der nachfolgenden Erwägungen abermals über das Stundungsbegehren der Schuldnerin zu befinden. Auf der Grundlage der amtsgerichtlichen Feststellungen sind die Vordergerichte zu Unrecht unter dem Gesichtspunkt einer Vermögensverschwendung von dem einer Verfahrenskostenstundung entgegenstehenden Versagungsgrund des § 290 Abs. 1 Nr. 4 InsO ausgegangen.
10
a) Der Versagungsgrund des § 290 Abs. 1 Nr. 4 InsO greift insbesondere ein, wenn der Schuldner im letzten Jahr vor dem Eröffnungsantrag die Befriedigung der Gläubiger vorsätzlich oder grob fahrlässig dadurch beeinträchtigt hat, dass er Vermögen verschwendet hat. Eine Verschwendung liegt vor, wenn der Schuldner einen unangemessen luxuriösen Lebensstil führt (BGH, Beschl. v.
9. Dezember 2004 - IX ZB 132/04, ZInsO 2005, 146; BT-Drucks. 12/2443 S. 190). Ebenso verhält es sich, wenn Werte außerhalb einer sinnvollen und nachvollziehbaren Verhaltensweise verbraucht werden oder Ausgaben im Verhältnis zum Gesamtvermögen und dem Einkommen des Schuldners als grob unangemessen und wirtschaftlich nicht nachvollziehbar erscheinen (BGH, Beschl. v. 21. September 2006 - IX ZB 24/06, ZInsO 2006, 1103, 1104 Rn. 9 m.w.N.). Als Verschwendung können ferner Ausgaben von Summen im Rahmen von Glücksspiel (vgl. LG Hagen ZInsO 2007, 387), Wetten oder Differenzgeschäften anzusehen sein (Römermann in Nerlich/Römermann, InsO § 290 Rn. 82). Auch die schenkweise Hergabe von Vermögensgegenständen ohne nachvollziehbaren Anlass kommt als Verschwendung in Betracht (Römermann in Nerlich/Römermann, aaO), wenngleich eine nach § 134 InsO anfechtbare Schenkung für sich genommen nicht ohne weiteres den Versagungsgrund ausfüllt (FK-InsO/Ahrens, 5. Aufl. § 290 Rn. 36). Der Tatbestand des § 290 Abs. 1 Nr. 4 InsO kann schließlich gegeben sein, wenn der Schuldner ohne zwingenden wirtschaftlichen Grund Waren erheblich unter dem Einkaufs-, Gestehungsoder Marktpreis veräußert oder Leistungen weit unter Wert erbringt (FKInsO /Ahrens, aaO; MünchKomm-InsO/Stephan, aaO § 290 Rn. 60).
11
b) Bei dieser Sachlage liegt eine Verschwendung durch die Schuldnerin nicht vor. Die Schuldnerin mag ihren beiden Gläubigern durch die Begleichung noch nicht fälliger Forderungen eine inkongruente Befriedigung gewährt haben, die Veranlassung für eine Deckungs- oder Vorsatzanfechtung bieten kann. Allein die Erfüllung von Verbindlichkeiten kann jedenfalls ohne Hinzutreten besonderer Umstände nicht als Unredlichkeit gewertet werden, die den Versagungsgrund des § 290 Abs. 1 Nr. 4 InsO begründet. Zwar wird vereinzelt eine durch § 290 Abs. 1 Nr. 4 InsO sanktionierte "Kapitalerhaltungspflicht" des Schuldners postuliert, die es ihm verbiete, im Stadium der Zahlungsunfähigkeit einzelne Gläubiger zu befriedigen (AG Hamburg ZInsO 2008, 51, 52; vgl. auch AG Duisburg NZI 2007, 473, 474). Ein solches Verständnis ist jedoch mit dem auf besondere Unwertmerkmale abstellenden Tatbestand der Verschwendung nicht vereinbar. § 290 Abs. 1 Nr. 4 InsO kann nicht die Obliegenheit des Schuldners entnommen werden, sein Vermögen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit bis zur Verfahrenseröffnung zum Zwecke der gleichmäßigen Gläubigerbefriedigung wertmäßig in seinem Bestand zu erhalten (HKInsO /Landfermann, 5. Aufl. § 290 Rn. 20). Eine derartige, zusätzlich mit einem Ersatzanspruch eigener Art (Gehrlein/Witt, GmbH-Recht in der Praxis, 2. Aufl. Kap. 5 Rn. 101) verknüpfte Massesicherungspflicht sehen lediglich § 64 Satz 1 GmbHG, § 92 Abs. 2 Satz 1 AktG, § 99 Satz 1 GenG für die Geschäftsleiter von Kapitalgesellschaften vor.
12
3. Wegen der Begründungsmängel hat der Senat gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG angeordnet, dass Gerichtskosten für das Rechtsbeschwerdeverfahren nicht zu erheben sind.
Ganter Gehrlein Vill
Fischer Grupp

Vorinstanzen:
AG Rostock, Entscheidung vom 12.03.2008 - 60 IN 432/07 -
LG Rostock, Entscheidung vom 28.05.2008 - 2 T 125/08 -

(1) Die Restschuldbefreiung ist durch Beschluss zu versagen, wenn dies von einem Insolvenzgläubiger, der seine Forderung angemeldet hat, beantragt worden ist und wenn

1.
der Schuldner in den letzten fünf Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag wegen einer Straftat nach den §§ 283 bis 283c des Strafgesetzbuchs rechtskräftig zu einer Geldstrafe von mehr als 90 Tagessätzen oder einer Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten verurteilt worden ist,
2.
der Schuldner in den letzten drei Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorsätzlich oder grob fahrlässig schriftlich unrichtige oder unvollständige Angaben über seine wirtschaftlichen Verhältnisse gemacht hat, um einen Kredit zu erhalten, Leistungen aus öffentlichen Mitteln zu beziehen oder Leistungen an öffentliche Kassen zu vermeiden,
3.
(weggefallen)
4.
der Schuldner in den letzten drei Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorsätzlich oder grob fahrlässig die Befriedigung der Insolvenzgläubiger dadurch beeinträchtigt hat, daß er unangemessene Verbindlichkeiten begründet oder Vermögen verschwendet oder ohne Aussicht auf eine Besserung seiner wirtschaftlichen Lage die Eröffnung des Insolvenzverfahrens verzögert hat,
5.
der Schuldner Auskunfts- oder Mitwirkungspflichten nach diesem Gesetz vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt hat,
6.
der Schuldner in der nach § 287 Absatz 1 Satz 3 vorzulegenden Erklärung und in den nach § 305 Absatz 1 Nummer 3 vorzulegenden Verzeichnissen seines Vermögens und seines Einkommens, seiner Gläubiger und der gegen ihn gerichteten Forderungen vorsätzlich oder grob fahrlässig unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht hat,
7.
der Schuldner seine Erwerbsobliegenheit nach § 287b verletzt und dadurch die Befriedigung der Insolvenzgläubiger beeinträchtigt; dies gilt nicht, wenn den Schuldner kein Verschulden trifft; § 296 Absatz 2 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(2) Der Antrag des Gläubigers kann bis zum Schlusstermin oder bis zur Entscheidung nach § 211 Absatz 1 schriftlich gestellt werden; er ist nur zulässig, wenn ein Versagungsgrund glaubhaft gemacht wird. Die Entscheidung über den Versagungsantrag erfolgt nach dem gemäß Satz 1 maßgeblichen Zeitpunkt.

(3) Gegen den Beschluss steht dem Schuldner und jedem Insolvenzgläubiger, der die Versagung der Restschuldbefreiung beantragt hat, die sofortige Beschwerde zu. Der Beschluss ist öffentlich bekannt zu machen.