Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Feb. 2009 - IX ZB 29/09

published on 18/02/2009 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Feb. 2009 - IX ZB 29/09
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Amtsgericht Darmstadt, 9 IN 828/08, 21/10/2008
Landgericht Darmstadt, 19 T 293/08, 23/12/2008

Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 29/09
vom
18. Februar 2009
in dem Insolvenzantragsverfahren
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Ganter, die Richter Raebel und Vill, die Richterin Lohmann und den Richter
Dr. Pape
am 18. Februar 2009

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 19. Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt vom 23. Dezember 2008 wird als unzulässig verworfen.

Gründe:


1
Die Rechtsbeschwerde ist schon deshalb als unzulässig zu verwerfen, weil sie nicht durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet worden ist (§ 78 Abs. 1 Satz 3 ZPO).
2
Überdies verfügt die Nachlassabteilung des Amtsgerichts Lampertheim nicht über eigene Rechtsfähigkeit, ist daher gemäß § 4 InsO, § 50 Abs. 1 ZPO nicht verfahrensfähig und kann folglich keine wirksamen Anträge als Verfahrensbeteiligter vor den ordentlichen Gerichten stellen. Rechts- und damit verfahrensfähig ist alleine das Land Hessen als Träger dieses Amtsgerichts. Für das Land Hessen ist die Rechtsbeschwerde ersichtlich nicht eingelegt worden. Das Land Hessen wird als Beteiligter an Verfahren vor den ordentlichen Gerichten gemäß Art. 103 Abs. 1 Satz 2 der Verfassung des Landes Hessen, §§ 1, 2 der Anordnung über die Vertretung des Landes Hessen vom 7. Dezember 2007 (StAnz S. 2710) und § 3 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a) der Anordnung über die Vertre- tung des Landes Hessen im Geschäftsbereich des Ministeriums der Justiz vom 30. Juni 2006 (StAnz. S. 2097) durch die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main vertreten, nicht durch den Rechtspfleger eines Amtsgerichts.
3
Entgegen der Meinung des Rechtsbeschwerde führenden Rechtspflegers verleiht ihm § 1960 BGB auch keine eigenen Verfahrensrechte, die er unabhängig von der Rechtsstellung seines Dienstherren gerichtlich verfolgen dürfte , um etwa einen Antrag analog § 317 Abs. 1 InsO zu stellen. Das Nachlassgericht hat gemäß § 1960 Abs. 2 BGB lediglich die Aufgabe der Nachlasssicherung im engeren Sinne. Sobald darüber hinaus die Rechtsverteidigung zugunsten eines Nachlasses erforderlich wird, muss das Nachlassgericht - soweit die weiteren Voraussetzungen gemäß § 1960 Abs. 1 BGB vorliegen - gemäß § 1961 BGB zwingend einen Nachlasspfleger bestellen. § 1846 in Verbindung mit § 1915 Abs. 1 BGB besagt nichts anderes. Auch insoweit hat vorrangig eine Pflegerbestellung zu erfolgen (Bamberger/Roth/Bettin, BGB § 1846 Rn. 4).
Ganter Raebel Vill
Lohmann Pape

Vorinstanzen:
AG Darmstadt, Entscheidung vom 21.10.2008 - 9 IN 828/08 -
LG Darmstadt, Entscheidung vom 23.12.2008 - 19 T 293/08 -
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(1) Vor den Landgerichten und Oberlandesgerichten müssen sich die Parteien durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. Ist in einem Land auf Grund des § 8 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz ein oberstes Landesgericht errichtet, so m

Für das Insolvenzverfahren gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung entsprechend. § 128a der Zivilprozessordnung gilt mit der Maßgabe, dass bei Gläubigerversammlungen sowie sonstigen Versammlungen

(1) Parteifähig ist, wer rechtsfähig ist. (2) Ein Verein, der nicht rechtsfähig ist, kann klagen und verklagt werden; in dem Rechtsstreit hat der Verein die Stellung eines rechtsfähigen Vereins.

Annotations

(1) Vor den Landgerichten und Oberlandesgerichten müssen sich die Parteien durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. Ist in einem Land auf Grund des § 8 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz ein oberstes Landesgericht errichtet, so müssen sich die Parteien vor diesem ebenfalls durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. Vor dem Bundesgerichtshof müssen sich die Parteien durch einen bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt vertreten lassen.

(2) Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich als Beteiligte für die Nichtzulassungsbeschwerde durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.

(3) Diese Vorschriften sind auf das Verfahren vor einem beauftragten oder ersuchten Richter sowie auf Prozesshandlungen, die vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vorgenommen werden können, nicht anzuwenden.

(4) Ein Rechtsanwalt, der nach Maßgabe der Absätze 1 und 2 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

Für das Insolvenzverfahren gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung entsprechend. § 128a der Zivilprozessordnung gilt mit der Maßgabe, dass bei Gläubigerversammlungen sowie sonstigen Versammlungen und Terminen die Beteiligten in der Ladung auf die Verpflichtung hinzuweisen sind, wissentliche Ton- und Bildaufzeichnungen zu unterlassen und durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass Dritte die Ton- und Bildübertragung nicht wahrnehmen können.

(1) Parteifähig ist, wer rechtsfähig ist.

(2) Ein Verein, der nicht rechtsfähig ist, kann klagen und verklagt werden; in dem Rechtsstreit hat der Verein die Stellung eines rechtsfähigen Vereins.

(1) Bis zur Annahme der Erbschaft hat das Nachlassgericht für die Sicherung des Nachlasses zu sorgen, soweit ein Bedürfnis besteht. Das Gleiche gilt, wenn der Erbe unbekannt oder wenn ungewiss ist, ob er die Erbschaft angenommen hat.

(2) Das Nachlassgericht kann insbesondere die Anlegung von Siegeln, die Hinterlegung von Geld, Wertpapieren und Kostbarkeiten sowie die Aufnahme eines Nachlassverzeichnisses anordnen und für denjenigen, welcher Erbe wird, einen Pfleger (Nachlasspfleger) bestellen.

(3) Die Vorschrift des § 1958 findet auf den Nachlasspfleger keine Anwendung.

(1) Zum Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über einen Nachlaß ist jeder Erbe, der Nachlaßverwalter sowie ein anderer Nachlaßpfleger, ein Testamentsvollstrecker, dem die Verwaltung des Nachlasses zusteht, und jeder Nachlaßgläubiger berechtigt.

(2) Wird der Antrag nicht von allen Erben gestellt, so ist er zulässig, wenn der Eröffnungsgrund glaubhaft gemacht wird. Das Insolvenzgericht hat die übrigen Erben zu hören.

(3) Steht die Verwaltung des Nachlasses einem Testamentsvollstrecker zu, so ist, wenn der Erbe die Eröffnung beantragt, der Testamentsvollstrecker, wenn der Testamentsvollstrecker den Antrag stellt, der Erbe zu hören.

(1) Bis zur Annahme der Erbschaft hat das Nachlassgericht für die Sicherung des Nachlasses zu sorgen, soweit ein Bedürfnis besteht. Das Gleiche gilt, wenn der Erbe unbekannt oder wenn ungewiss ist, ob er die Erbschaft angenommen hat.

(2) Das Nachlassgericht kann insbesondere die Anlegung von Siegeln, die Hinterlegung von Geld, Wertpapieren und Kostbarkeiten sowie die Aufnahme eines Nachlassverzeichnisses anordnen und für denjenigen, welcher Erbe wird, einen Pfleger (Nachlasspfleger) bestellen.

(3) Die Vorschrift des § 1958 findet auf den Nachlasspfleger keine Anwendung.

Das Nachlassgericht hat in den Fällen des § 1960 Abs. 1 einen Nachlasspfleger zu bestellen, wenn die Bestellung zum Zwecke der gerichtlichen Geltendmachung eines Anspruchs, der sich gegen den Nachlass richtet, von dem Berechtigten beantragt wird.