Bundesgerichtshof Beschluss, 21. Jan. 2010 - IX ZA 17/08
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
- 1
- Der Beklagten kann nach § 114 Satz 1 ZPO Prozesskostenhilfe nicht bewilligt werden, weil die beabsichtigte Nichtzulassungsbeschwerde keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat.
- 2
- Das Rechtsmittel der Beklagten wäre nach § 544 Abs. 1 Satz 2 ZPO unzulässig. Wiedereinsetzung in die verstrichene Notfrist kann der Beklagten gemäß § 233 ZPO nicht gewährt werden. Die Wiedereinsetzung wäre nur möglich, wenn die Beklagte innerhalb der Rechtsmittelfrist nicht nur Prozesskostenhilfe beantragt, sondern auch alle für die Bewilligung notwendigen Unterlagen beigebracht hätte (BGH, Beschl. v. 24. November 1999 - XII ZB 134/99, NJW-RR 2000, 879; v. 21. Februar 2002 - IX ZA 10/01, NJW 2002, 2180; st. Rspr.). Das hat die Beklagte versäumt.
- 3
- Zwar ist es grundsätzlich zulässig, statt der erneuten Vorlage eines ausgefüllten Vordrucks über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse gemäß § 117 Abs. 2 und 4 ZPO auf einen vorinstanzlich bereits eingereichten Vordruck Bezug zu nehmen, wenn Veränderungen seitdem nicht eingetreten sind und hierauf unmissverständlich hingewiesen worden ist (BGHZ 148, 66, 69; BGH, Beschl. v. 7. Oktober 2004 - V ZA 8/04, juris Rn. 3). In den Verhältnissen der Antragstellerin sind indes entgegen der Erklärung ihres Prozessbevollmächtigten ausweislich der verspätet eingereichten persönlichen Erklärung Veränderungen eingetreten.
- 4
- Die Antragstellerin hat ferner die nach § 117 Abs. 2 ZPO verlangten Belege nicht fristgerecht beigebracht, sondern noch später als die persönliche Erklärung erst am 23. Juni 2008 vorgelegt. Solche Belege sind auch im höheren Rechtszug, gegebenenfalls erneut, beizufügen (vgl. BGHZ 148, 66, 69; BGH, Beschl. v. 16. Dezember 1997 - VI ZB 48/97, NJW 1998, 1230, 1231; v. 24. November 1999, aaO; v. 21. Februar 2002, aaO; v. 9. Oktober 2003 - IX ZA 8/03, ZVI 2003, 600, 601; v. 6. Juli 2006 - IX ZA 10/06 FamRZ 2006, 1522, 1523; st. Rspr.). Da diese Belege vom März 2007 (Einkommensteuerbescheid für 2005) und vom Dezember 2007 (Versicherungsschein) stammen, hätten sie dem Antrag vom 8. Mai 2008 sogleich beigefügt werden können und müssen. Ein Einkommensbeleg für das Jahr 2006, für welches zumindest eine Einkommensteuererklärung der selbständig tätigen Antragstellerin vorgelegt werden konnte, fehlt ganz.
- 5
- Da das Prozesskostenhilfegesuch erst am Tage vor Ablauf der Rechtsmittelfrist eingegangen ist, konnte der Antragstellerin ein Hinweis auf die fehlenden Belege und die möglichen Richtigkeitsbedenken durch den Senat nicht mehr zeitgerecht erteilt werden. Das geht zu ihren Lasten (vgl. BGH, Beschl. v. 7. Oktober 2004 - V ZA 8/04, Rn. 5 f).
Lohmann Pape
Vorinstanzen:
LG Neubrandenburg, Entscheidung vom 10.10.2006 - 4 O 333/05 -
OLG Rostock, Entscheidung vom 04.04.2008 - 5 U 37/08 -
Annotations
(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.
(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.
(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).
(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn
- 1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder - 2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.
(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.
(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.
(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.
(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.
(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.
(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.
(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.
War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.
(1) Der Antrag auf Bewilligung der Prozesskostenhilfe ist bei dem Prozessgericht zu stellen; er kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden. In dem Antrag ist das Streitverhältnis unter Angabe der Beweismittel darzustellen. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Zwangsvollstreckung ist bei dem für die Zwangsvollstreckung zuständigen Gericht zu stellen.
(2) Dem Antrag sind eine Erklärung der Partei über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (Familienverhältnisse, Beruf, Vermögen, Einkommen und Lasten) sowie entsprechende Belege beizufügen. Die Erklärung und die Belege dürfen dem Gegner nur mit Zustimmung der Partei zugänglich gemacht werden; es sei denn, der Gegner hat gegen den Antragsteller nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts einen Anspruch auf Auskunft über Einkünfte und Vermögen des Antragstellers. Dem Antragsteller ist vor der Übermittlung seiner Erklärung an den Gegner Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Er ist über die Übermittlung seiner Erklärung zu unterrichten.
(3) Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz wird ermächtigt, zur Vereinfachung und Vereinheitlichung des Verfahrens durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Formulare für die Erklärung einzuführen. Die Formulare enthalten die nach § 120a Absatz 2 Satz 4 erforderliche Belehrung.
(4) Soweit Formulare für die Erklärung eingeführt sind, muss sich die Partei ihrer bedienen.