Bundesgerichtshof Beschluss, 10. März 2010 - IV ZR 255/08

bei uns veröffentlicht am10.03.2010
vorgehend
Landgericht Berlin, 23 O 97/07, 12.03.2008
Kammergericht, 11 U 15/08, 22.10.2008

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZR 255/08
vom
10. März 2010
in dem Rechtsstreit
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, den Richter Seiffert, die Richterinnen Dr. KessalWulf
, Harsdorf-Gebhardt und den Richter Dr. Karczewski am 10. März
2010 beschlossen:
Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 11. Zivilsenats des Kammergerichts vom 22. Oktober 2008 wird als unzulässig verworfen.
Die Beklagte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Streitwert: 2.000 €

Gründe:


1
I. Die von dem Nachlasspfleger vertretenen Kläger sind die unbekannten Erben der am 17. Januar 1920 geborenen und am 10. Februar 2001 verstorbenen Erblasserin R. W. . Sie fordern von der Beklagten im Rahmen einer Stufenklage Auskunft und Rechnungslegung über die von der Beklagten seit dem Tod der Erblasserin geführten Geschäfte. Die Erblasserin ist die zweite Ehefrau des am 26. Dezember 1972 verstorbenen H. H. W. . Dieser wurde von der Beklagten - seiner Tochter -, einer weiteren Tochter sowie der Erblasserin zu je 1/3 beerbt, wobei die Erblasserin mit ihrem Erbteil als befreite Vorerbin sowie die beiden Töchter als Nacherbinnen eingesetzt wurden.
2
Die Beklagte nahm bereits zu Lebzeiten der Erblasserin auf der Grundlage einer ihr 1980 erteilten Vollmacht deren Angelegenheiten wahr. Mittels dieser Vollmacht nahm sie auch nach dem Tod der Erblasserin Verfügungen über ein auf den Namen der Erblasserin lautendes Girokonto bei der D. Bank vor. Ferner löste sie nach dem Tod der Erblasserin deren Wohnung auf und verwaltete eine im Eigentum der Erblasserin stehende Eigentumswohnung. Die Erblasserin war ferner u.a. Inhaberin eines Wertpapierdepots, welches zur Absicherung der Finanzierung der Wohnung diente.
3
Das Landgericht hat die Beklagte verurteilt, Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen lediglich über das bei der D. Bank geführte Girokonto und die Klage im Übrigen abgewiesen. Auf die beiderseitigen Berufungen der Parteien hat das Berufungsgericht die Beklagte verurteilt , den Klägern über die von ihr seit dem Todestag geführten Geschäfte betreffend den Nachlass der R. W. Auskunft zu erteilen und über die von ihr dabei getätigten Einnahmen und Ausgaben Rechnung zu legen und zwar mit Ausnahme eines Postgirokontos der Erblasserin.
4
Nach Anhörung der Parteien hat das Berufungsgericht entsprechend deren Vortrag den Streitwert auf 2.000 € festgesetzt.
5
Die II. Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20.000 € nicht übersteigt (§ 26 Nr. 8 EGZPO).
6
1. Wird bei einer Stufenklage eine Verurteilung zur Auskunft (gegebenenfalls zusätzlich verbunden mit Rechnungslegung) ausgesprochen , so ist für die Bemessung des Wertes des Beschwerdegegenstandes das Interesse des Rechtsmittelsführers maßgebend, die Auskunft nicht erteilen zu müssen. Abgesehen von dem hier nicht gegebenen Fall eines besonderen Geheimhaltungsinteresses kommt es auf den Aufwand an Zeit und Kosten an, den die Erteilung der geschuldeten Auskunft (und Rechnungslegung) erfordert (BGHZ 164, 63, 65 f.; 128, 85, 87 f.; Senatsbeschlüsse vom 1. Oktober 2008 - IV ZB 27/07 - ZEV 2009, 38 Tz. 4; vom 30. April 2008 - IV ZR 287/07 - FamRZ 2008, 1346 Tz. 5 f.; vom 20. Februar 2008 - IV ZB 14/07 - NJW-RR 2008, 889 Tz. 13 f.). Der eigene Zeitaufwand des Auskunftspflichtigen kann hierbei entsprechend den Regelungen für Zeugen im JVEG bewertet werden, woraus sich maximal 17 Euro/Stunde ergeben (§ 22 JVEG; zur entsprechenden Heranziehung des JVEG vgl. Senatsbeschluss vom 20. Februar 2008 aaO Tz. 14). Kosten für die Hinzuziehung von sachkundigen Hilfspersonen können nur berücksichtigt werden, wenn sie zwangsläufig entstehen, weil der Auskunftspflichtige zu einer sachgerechten Auskunftserteilung allein nicht in der Lage ist (Senatsbeschluss vom 1. Oktober 2008 aaO Tz. 9; BGH, Beschluss vom 31. Januar 2007 - XII ZB 133/06 - FamRZ 2007, 714 Tz. 4). Das kommt nur in Ausnahmefällen in Betracht, etwa bei Angaben zu größeren Unternehmensbeteiligungen für länger zurück liegende Zeiträume (vgl. BGH, Beschlüsse vom 22. April 2009 - XII ZB 49/07 - NJW 2009, 2218 Tz. 14; vom 14. Januar 2009 - XII ZB 146/08 - FamRZ 2009, 594 Tz. 12).
7
2. Auf dieser Grundlage hat die Beklagte nicht glaubhaft gemacht, dass der Wert der Beschwer 20.000 € übersteigt. Das Berufungsgericht hat zunächst mit Beschluss vom 21. Oktober 2008 den Streitwert einheit- lich auf 2.500 € festgesetzt, ohne dass sich hiergegen eine der Parteien gerichtet hat. Mit weiterem Schreiben vom 17. November 2008 hat es die Parteien dann aufgefordert, ergänzend zum Gebührenstreitwert Stellung zu nehmen. Insoweit haben die Kläger mit Schriftsatz vom 1. Dezember 2008 ausgeführt, die von ihnen eingelegte Berufung sei mit 2.000 € zu beziffern. Die Berufung der Beklagten beziehe sich auf die Auskunft insgesamt. Der Kostenaufwand zur Erfüllung der Auskunft werde auf 2.000 € geschätzt. Entsprechend hat die Beklagte dann selbst mit Schriftsatz vom 9. Dezember 2008 ausgeführt, aus ihrer Sicht bestünden keine Bedenken, den Streitwert mit 2.000 € festzusetzen. Ihre Berufung beziehe sich nur auf den Auskunftsanspruch und könne daher auch nicht mit mehr als 2.000 € bewertet werden.
8
der Auf Grundlage dieser einvernehmlichen Festsetzung des Streitwerts auf 2.000 € ist es nicht nachvollziehbar und auch nicht glaubhaft gemacht, wenn die Beklagte mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerdebegründung geltend macht, ihre voraussichtliche Kostenbelastung für die Erteilung der erforderlichen Informationen betrage 25.000 €. Hierzu verweist sie auf ein Schreiben ihrer zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten vom 18. Februar 2009 an sie, in dem derartige Kosten für die Auskunftserteilung genannt werden. Insoweit ist indessen nicht nachvollziehbar , warum die Beklagte einerseits durch ihre zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten mit Schriftsatz vom 9. Dezember 2008 an das Berufungsgericht noch selbst einen Streitwert von 2.000 € angibt, dann aber nur kurze Zeit später in einem Schreiben der Prozessbevollmächtigten vom 18. Februar 2009 ein Kostenaufwand von 25.000 € genannt wird. Auch die dort angeführten Gründe für den Kostenaufwand bezüglich Auskunft und Rechnungslegung sind nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Selbst wenn die Beklagte ausweislich des vorgelegten ärztli- chen Attestes komplexe und juristische Sachverhalte ohne Beistand nicht vollständig erfassen kann, folgt hieraus nicht das Erfordernis, für die Auskunftserteilung und Rechnungslegung vollständig auf anwaltlichen Rat zurückzugreifen und hierfür ein gefordertes Stundenhonorar zwischen 200 € und 300 € zu zahlen. Im Wesentlichen hat die Beklagte die Auskunft selbst aus eigenem Wissen zu erteilen, insbesondere sich dazu zu erklären, welche Verfügungen den Kontobewegungen zugrunde liegen , insbesondere denen, die von den Klägern in einem Handelsbuchauszug der D. Bank für den Zeitraum vom 16. Februar 2001 bis zum 30. September 2002 im Einzelnen aufgelistet wurden. Wieso die Beklagte hier nicht in der Lage sein will, sich jedenfalls an Verfügungen größeren Umfangs zu erinnern, z.B. am 28. März 2001 über 70.000 DM und am 13. Juli 2001 über 50.000 DM, ist nicht dargetan. Im Übrigen muss sie gegebenenfalls mit Hilfe von Unterlagen, die bei ihren früheren Bevollmächtigten sowie bei dem Steuerberater vorhanden sind, die einzelnen von ihr vorgenommenen Verfügungen aufklären. Warum hier allein für den Steuerberater ein Kostenaufwand von 5.000 € netto erforderlich sein soll, erschließt sich nicht.
9
Bezüglich der Auflösung der Wohnung der Erblasserin hat die Beklagte vorgetragen, dort vorgefundene Gegenstände seien, soweit sie nicht innerhalb der Familie Abnehmer gefunden hätten, entsorgt worden. Hier wird die Beklagte im Kreis ihrer Familienangehörigen sowie der Angehörigen der Erblasserin nachzufragen haben, wer welche Gegenstände nach dem Tod der Erblasserin aus der Wohnung erhalten hat. Warum hier ein besonderer Kostenaufwand oder gar eine Reise des Bevollmächtigten zu den Verwandten nach Österreich erforderlich sein soll, ist nicht ersichtlich. Bezüglich der im Eigentum der Erblasserin stehenden Eigentumswohnung hat die Beklagte anzugeben, welche Einnahmen in der Zeit nach dem Erbfall erzielt und wie diese verbucht wurden. Weiter hat die Erblasserin noch mitzuteilen, ob und in welcher Form sie an der Auszahlung einer Steuererstattung an ihre Nichte K. mitgewirkt hat, wobei diese Steuererstattung nach dem Vortrag der Kläger der Erblasserin zugestanden haben soll. Schließlich sind noch Auskünfte zum Depotkonto der Erblasserin bei der D. Bank zu erteilen.
10
Mag diese Auskunftserteilung und Rechnungslegung auch mit einem gewissen Aufwand verbunden sein, so ist jedenfalls nicht glaubhaft gemacht, warum hierfür ein Aufwand für anwaltliche Betreuung von pauschal 15.000 € zuzüglich Mehrwertsteuer, Steuerberaterkosten von 5.000 € netto sowie - nicht näher begründete und aufgeschlüsselte - Detekteikosten von 2.500 € anfallen sollen. Terno Seiffert Kessal-Wulf Harsdorf-Gebhardt Dr.Karczewski
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 12.03.2008 - 23 O 97/07 -
KG Berlin, Entscheidung vom 22.10.2008 - 11 U 15/08 -

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Zeugen, denen ein Verdienstausfall entsteht, erhalten eine Entschädigung, die sich nach dem regelmäßigen Bruttoverdienst einschließlich der vom Arbeitgeber zu tragenden Sozialversicherungsbeiträge richtet und für jede Stunde höchstens 25 Euro beträgt

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BESCHLUSS
IV ZB 27/07
vom
1. Oktober 2008
in dem Rechtsstreit
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Seiffert, die Richterin
Dr. Kessal-Wulf und den Richter Dr. Franke
am 1. Oktober 2008

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 7. Dezember 2007 wird auf Kosten der Beklagten als unzulässig verworfen.
Streitwert: 500 €

Gründe:


1
I. Die Klägerin, zweite Ehefrau des am 13. Mai 2006 verstorbenen Erblassers, nimmt die Kinder des Erblassers aus dessen erster Ehe als Erben im Wege der Stufenklage auf Erfüllung eines Vermächtnisses in Anspruch. Das Landgericht hat die Beklagten durch Teilurteil vom 1. Juni 2007 verurteilt, durch Vorlage eines Verzeichnisses Auskunft zu erteilen über den Bestand des in den Nachlass gefallenen Geldvermögens (Bargeld , Guthaben und Wertpapiere) sowie über sämtliche Nachlassverbindlichkeiten - einschließlich Beerdigungskosten - und Nachlassregelungskosten. Gegen dieses Urteil haben die Beklagten form- und fristgerecht Berufung eingelegt und begründet.

2
Das Berufungsgericht hat die Beklagten darauf hingewiesen, es sei nicht ersichtlich, dass der für die Erteilung der Auskünfte erforderliche Aufwand die Berufungssumme des § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO übersteige; die Berufung sei daher unzulässig. Dazu haben beide Parteien Stellung genommen. Durch den angegriffenen Beschluss hat das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingegangene und begründete Rechtsbeschwerde der Beklagten.
3
II. Das nach §§ 574 Abs. 1 Nr. 1, 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthafte Rechtsmittel ist unzulässig. Die Sache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert sie eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 ZPO).
4
Auszugehen ist von der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs , wonach für die Bemessung des Wertes des Beschwerdegegenstandes das Interesse des Rechtsmittelführers maßgebend ist, die Auskunft nicht erteilen zu müssen. Von dem hier nicht gegebenen Fall eines besonderen Geheimhaltungsinteresses abgesehen kommt es also auf den Aufwand an Zeit und Kosten an, den die Erteilung der geschuldeten Auskunft erfordert (BGHZ 128, 85, 87 f.; 164, 63, 65 ff.)
5
1. a) Soweit die Beklagten nach dem landgerichtlichen Urteil verpflichtet sind, Nachlassverbindlichkeiten und Nachlassregelungskosten anzugeben, geht es nach Ansicht des Berufungsgerichts allein um tatsächliche Angaben, die jedenfalls zunächst weder einer anwaltlichen Prüfung noch einer anwaltlichen Bewertung bedürften; Begriffe wie Nachlassverbindlichkeiten und Nachlassregelungskosten seien Allgemeingut und würden deshalb von den Auskunftspflichtigen ohne weiteres richtig verstanden.
6
b) Dem hält die Rechtsbeschwerde entgegen, es müsse verwundern , dass die Bedeutung von Begriffen wie Nachlassverbindlichkeiten und Nachlassregelungskosten als allgemein verständlich angesehen würden, denn sie seien in der juristischen Literatur umstritten und unklar. § 1967 Abs. 2 BGB rechne zu den Nachlassverbindlichkeiten außer den vom Erblasser herrührenden Schulden auch die den Erben als solchen treffenden Verbindlichkeiten, insbesondere aus Pflichtteilsrechten, Vermächtnissen und Auflagen. Ob dazu außer Zahlungsverpflichtungen auch Verpflichtungen zu einem Tun, Dulden oder Unterlassen, zur Herausgabe von Sachen, zur Duldung der Befriedigung, zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung oder zu einer Willenserklärung gehörten, sei fraglich. Im Schrifttum werde allerdings vertreten, dass Verbindlichkeiten aller Art in Betracht kommen (vgl. Lange/Kuchinke, Erbrecht, 5. Aufl. § 47 I 1 S. 1192). Unterschieden werde zwischen Erblasserschulden und Nachlasserbenschulden, für die eine Haftung des Erben auch unabhängig von seiner Erbenstellung in Betracht komme (vgl. Staudinger /Marotzke, BGB [2002] § 1967 Rdn. 5 ff.). Hinsichtlich der den Erben als solchen treffenden Verbindlichkeiten werde weiter differenziert nach Erbfallschulden (etwa aus Pflichtteilen, Vermächtnissen und Auflagen ) und Nachlasskosten- und Erbschaftsverwaltungsschulden (wie Kosten der Eröffnung einer Verfügung von Todes wegen oder der Sicherung des Nachlasses, vgl. Staudinger/Marotzke, aaO § 1967 Rdn. 30 ff., 37 ff.). Unklar sei, was unter Nachlassregelungskosten zu verstehen sei; möglicherweise könne man sie mit den in der juristischen Literatur ver- wendeten Begriffen Nachlasskosten- und Verwaltungsschulden gleichsetzen. Fraglich sei, ob auch die Erbschaftsteuer erfasst werde (vgl. Staudinger/Marotzke, aaO § 1967 Rdn. 33); dass deren Höhe nicht ohne anwaltlichen oder steuerberatenden Beistand ermittelt werden könne, liege auf der Hand.
7
Berufungsgericht Das habe sich nicht die Frage gestellt, ob die Beschwerdeführer überhaupt Umfang und Gegenstand ihrer Auskunftspflicht ohne sachkundige Hilfe ermitteln könnten. Damit liege sowohl ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG als auch gegen Art. 3 Abs. 1 GG vor. Zudem stelle sich die Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, ob dem Auskunftsverpflichteten, wenn der Umfang seiner Verpflichtung mit Rechtsbegriffen beschrieben werde, gestattet sei, sachkundige Hilfspersonen zuzuziehen, oder ob er auf eine Parallelwertung in der Laiensphäre verwiesen sei.
8
c) Damit ist ein Zulassungsgrund (§ 574 Abs. 2 ZPO) nicht dargetan.
9
Wie auch die Beschwerde nicht verkennt, ist grundsätzlich geklärt, dass die Kosten der Hinzuziehung einer sachkundigen Hilfsperson nur dann berücksichtigt werden können, wenn der Auskunftspflichtige selbst zu einer sachgerechten Auskunft nicht in der Lage ist (vgl. BGH, Beschluss vom 25. April 2007 - XII ZB 10/07 - NJW-RR 2007, 1009 Tz. 7 m.w.N.). Aus dem Vorbringen der Beklagten ergibt sich nicht, dass sie ohne sachkundige Beratung überhaupt außer Stande seien, vom Erblasser herrührende oder infolge des Erbfalls entstandene Verbindlichkeiten zu nennen. Im Hinblick auf welche, näher zu bezeichnende Verbindlichkeiten sie im vorliegenden Fall etwa einer sachkundigen Beratung dar- über bedürften, ob diese noch von der titulierten Auskunftspflicht erfasst seien oder nicht, tragen die Beklagten nicht vor. Sie begründen auch nicht, weshalb sie zur Ermittlung der Erbschaftsteuer fachlicher Beratung bedürften. In Anbetracht der für die Beklagten als Kinder des Erblassers hohen Freibeträge (je 205.000 € gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG) liegt nicht auf der Hand, dass sie überhaupt Erbschaftsteuer zu zahlen haben. Es wäre aber Sache der Beklagten als Berufungskläger gewesen, einen die Berufungssumme übersteigenden Wert glaubhaft zu machen (§ 511 Abs. 3 ZPO). Mithin hat das Berufungsgericht im Ergebnis mit Recht in seine Schätzung des für die titulierte Auskunftsverpflichtung benötigten Aufwands keine Anwalts- oder Steuerberatungsgebühren aufgenommen. Auf die von der Rechtsbeschwerde vermisste Klärung des Umfangs einer durch Rechtsbegriffe umschriebenen Auskunftsverpflichtung kam es hier nicht an. Der angegriffene Beschluss beruht insoweit auch nicht auf einer Verletzung von Artt. 103 Abs. 1 oder 3 Abs. 1 GG.
10
im Was Übrigen die in der titulierten Auskunftsverpflichtung genannten Nachlassregulierungskosten betrifft, geht es ersichtlich nicht um einen in der Rechtssprache allgemein gebräuchlichen Begriff, sondern um eine vom Erblasser im notariellen Testament vom 12. Oktober 2004 verwendete Formulierung. Danach erhält die Klägerin als Vermächtnis u.a. das gesamte im Erbfall vorhandene Geldvermögen, "soweit dieses nicht für die Begleichung von Nachlassverbindlichkeiten und Nachlassregulierungskosten einschließlich der Beerdigungskosten benötigt wird". Die Rechtsbeschwerde zeigt auch nicht auf, in Bezug auf welche konkreten Fragen etwa Meinungsverschiedenheiten über die Reichweite des Rechtsbegriffs Nachlassverbindlichkeiten in Rechtsprechung und Literatur bestehen.
11
2. a) Soweit sich die Beklagten zur Begründung einer die Berufungssumme übersteigenden Beschwer auf ihren persönlichen Aufwand bei der Ermittlung des in den Nachlass gefallenen Geldvermögens berufen haben, weil sie bei verschiedenen Kreditinstituten Nachfrage halten müssten, heißt es im angegriffenen Beschluss, die Entstehung von Fremdkosten werde nicht behauptet; der eigene Zeitaufwand könne aber grundsätzlich nicht in Ansatz gebracht werden.
12
b) Damit weicht das Berufungsgericht nach Auffassung der Rechtsbeschwerde von der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ab, wonach für die Bemessung des Wertes des Beschwerdegegenstandes gerade auch auf den Aufwand an Zeit abzustellen ist, den die Erteilung der geschuldeten Auskunft erfordert (BGHZ 128, 85, 87 f.). Es handele sich um einen symptomatischen Rechtsfehler, der die Zulassung der Rechtsbeschwerde zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordere. Der vom Berufungsgericht nicht berücksichtigte Zeitaufwand der Beschwerdeführer zur Einholung von Auskünften bei Kreditinstituten übersteige die Differenz zwischen dem vom Berufungsgericht festgesetzten Gegenstandswert von 500 € und der für die Zulässigkeit der Berufung erforderlichen Summe von weiteren mindestens 100,01 €.
13
c)Auchinsoweit liegt ein Zulassungsgrund nicht vor. Zwar trifft der von der Rechtsbeschwerde angegriffene Satz in der Beschlussbegründung des Berufungsgerichts nicht zu und würde für sich genommen auch in Widerspruch zur ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs stehen. Das Berufungsgericht hat indessen, obwohl die Beklagten - von der Einholung anwaltlichen Rates abgesehen - keinen anderen Aufwand als den von Zeit vorgetragen haben, den Wert ihrer Beschwer immerhin auf 500 € geschätzt. Das kommt in seiner Festsetzung des Streitwerts für das Berufungsverfahren zum Ausdruck, der nur auf einer Schätzung des Wertes des den Beklagten für die Erteilung der Auskunft entstehenden Zeitaufwands beruhen kann. Anders hat auch die Rechtsbeschwerde die Streitwertfestsetzung des Berufungsgerichts nicht verstanden. Danach kann, liest man den angegriffenen Beschluss im Zusammenhang, nicht davon ausgegangen werden, dass nach Meinung des Berufungsgerichts der Zeitaufwand des Auskunftspflichtigen für seine Beschwer überhaupt nicht in Ansatz gebracht werden könne.
14
d) Jedenfalls wäre die Rechtsbeschwerde nicht begründet. Es ist weder dargetan noch ersichtlich, dass die Erteilung der Auskunft hier eine berufstypische Leistung darstellen würde oder einen Verdienstausfall zur Folge hätte. Dann aber ist der Zeitaufwand in Anlehnung an den Stundensatz zu bewerten, den der Auskunftspflichtige als Zeuge im Zivilprozess erhalten würde (Senat, Beschluss vom 17. Dezember 2003 - IV ZR 28/03 - ZEV 2004, 290 unter II 2 b aa; Urteil vom 5. Dezember 2001 - IV ZR 102/01 - ZEV 2002, 194 unter II 1). Dieser beträgt grundsätzlich 3 € pro Stunde; Zeugen, die einen eigenen Haushalt für mehrere Personen führen, erhalten für Nachteile bei der Haushaltsführung 12 € je Stunde (§§ 20, 21 JVEG). Selbst wenn man hier von 12 € ausgeht, liegt dem vom Berufungsgericht festgesetzten Streitwert von 500 € ein Zeitaufwand von mehr als 40 Stunden zugrunde. Einen höheren Aufwand an Zeit oder Kosten haben die Beklagten auch unter Berücksichtigung von Rückfragen bei Kreditinstituten nicht glaubhaft gemacht. Daher ist der angegriffene Beschluss im Ergebnis nicht rechtsfehlerhaft, insbesondere wenn das dem Berufungsgericht von §§ 3, 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO eingeräumte Ermessen berücksichtigt wird (vgl. BGH, Beschluss vom 31. Januar 2007 - XII ZB 133/06 - NJW-RR 2007, 724 Tz. 5).
Terno Dr. Schlichting Seiffert
Dr. Kessal-Wulf Dr. Franke
Vorinstanzen:
LG Wuppertal, Entscheidung vom 01.06.2007 - 2 O 376/06 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 07.12.2007 - I-7 U 131/07 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZB 14/07
vom
20. Februar 2008
in dem Rechtsstreit
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch die Richter
Seiffert, Dr. Schlichting, Wendt, Felsch und Dr. Franke
am 20. Februar 2008

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 16. Mai 2007 wird auf Kosten der Beklagten als unzulässig verworfen.
Streitwert: 300 €

Gründe:


1
I. Die Kläger behaupten, der zunächst durch Erbschein ausgewiesene Vater der Beklagten sei nicht Erbe seiner 1965 verstorbenen Tante (Erblasserin) geworden, sondern deren (von einer anderen Frau schon 1920 adoptierte) nachverstorbene Tochter; diese habe die Kläger als Erben eingesetzt. Zum Nachlass der Erblasserin gehörte ein Anteil am Erlös eines Grundstücks. Davon wurden an den Vater der Beklagten im Dezember 1995 und März 1996 insgesamt 1.448.200,14 DM ausgezahlt. Das Landgericht hat festgestellt, dass der Vater der Beklagten in der Folgezeit jeweils ungefähr die Hälfte dieses Betrages an seine beiden Töchter weitergegeben habe. Die Kläger nehmen die Beklagte im Wege einer auf § 822 BGB gestützten Stufenklage in Anspruch. Das Landgericht hat sie durch Teilurteil verurteilt, Auskunft darüber zu erteilen, "was sie aus dem Nachlass" ihrer Großtante erhalten habe, insbesondere Auskunft darüber zu erteilen, "welchen Betrag sie unentgeltlich" von ihrem Vater aus dessen vermeintlichem Anteil an dem zum Nachlass der Großtante gehörenden Grundstückserlös erhalten habe. Den für die Erteilung dieser Auskunft erforderlichen Aufwand hat das Landgericht auf maximal 600 € geschätzt; es hat die Berufung nicht zugelassen.
2
gegen Die dieses Urteil gerichtete Berufung der Beklagten ist durch den angegriffenen Beschluss als unzulässig verworfen worden, weil der Wert des Beschwerdegegenstands den Betrag von 600 € nicht übersteige (§ 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Beklagten.
3
Das II. Rechtsmittel ist nach §§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthaft, aber nicht zulässig. Die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO, die auch bei einer Rechtsbeschwerde gegen einen die Berufung als unzulässig verwerfenden Beschluss gewahrt sein müssen (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Mai 2006 - XI ZB 45/04 - NJW 2006, 2637 Tz. 5; Senatsbeschluss vom 23. Mai 2007 - IV ZB 48/05 - VersR 2007, 1535 Tz. 5), sind nicht erfüllt. Die Entscheidung des Berufungsgerichts beruht nicht auf einer Verletzung der Hinweispflicht und verstößt daher nicht gegen das Recht der Beklagten auf Gehör vor Gericht (Art. 103 Abs. 1 GG).
4
1. Dass der für den Wert des Beschwerdegegenstands hier maßgebliche Aufwand an Zeit und Kosten der zur Auskunft verurteilten Beklagten (vgl. BGHZ 128, 85 ff.) über 600 € hinausgehe, hat das Berufungsgericht zunächst mit dem Argument in Zweifel gezogen, wenn die Beklagte nichts erhalten habe, könne sie mit minimalem Aufwand die ihr im Teilurteil des Landgerichts aufgegebenen Fragen verneinen. Sie habe sich bisher im Rechtsstreit nicht dazu geäußert, ob sie überhaupt etwas von ihrem Vater aus dem Nachlass der Erblasserin erhalten habe.
5
DiesesProzessverhalt en hat das Landgericht aber dahin gewertet, dass die Beklagte den Vortrag der Kläger, der Vater habe jeweils etwa die Hälfte des erhaltenen Betrages an seine beiden Töchter weitergegeben , nicht bestritten habe. In ihrer Berufungsbegründung hat die Beklagte lediglich geltend gemacht, das Landgericht habe den Einwand der Verjährung zu Unrecht nicht für begründet gehalten, weil die Kläger früher als vom Landgericht angenommen Kenntnis davon erlangt hätten, dass der Vater der Beklagten das Geld an seine Töchter weitergegeben habe. Im Hinblick auf die Zulässigkeit der Berufung hat die Beklagte betont , sie sei nicht etwa - lediglich - dazu verurteilt worden mitzuteilen, ob sie etwas aus dem Nachlass der Erblasserin von ihrem Vater unentgeltlich erhalten habe, sondern was und welchen Betrag. Deshalb bedürfe es einer Überprüfung der Kontoauszüge der Beklagten. Bei dieser Sachlage kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Beklagte die titulierten Auskunftsfragen schlicht hätte verneinen können.
6
2. Das Berufungsgericht hält es weiter nicht für ausgeschlossen, dass das Geld vom Vater bar an die Beklagte weitergegeben worden sei, so dass die nach ihrem Vortrag von ihr bereits vernichteten Kontoauszüge des Jahres 1997 nicht wiederbeschafft zu werden brauchten. Auch insoweit wirke es sich nachteilig für die Beklagte aus, dass sie sich zum Erhalt des Geldes überhaupt nicht geäußert habe. Dem hält die Beschwerde entgegen, jedenfalls fehlten Anhaltspunkte dafür, dass der Vater den gesamten, der Beklagten zugedachten Betrag ihr bar ausgehän- digt und nicht wenigstens teilweise auch überwiesen habe. Eine nur auf Barzahlungen abstellende Auskunft wäre mithin weder vollständig noch sachdienlich. Im Hinblick darauf lässt sich nicht feststellen, dass eine Überprüfung der Kontoauszüge hier überflüssig wäre.
7
3. Weiter meint das Berufungsgericht, die Beklagte habe nicht dargelegt , warum sie die erforderlichen Informationen nicht bei ihrem Vater erfragen könne, der möglicherweise noch über entsprechende Kontoauszüge verfüge und außerdem in einem anderen Verfahren den Klägern gegenüber zur Auskunft über den Verbleib des Nachlasses verurteilt worden sei. Demgegenüber weist die Beschwerde mit Recht darauf hin, dass der am 15. August 1905 geborene, also schon mehr als 100 Jahre alte Vater auch durch das von den Klägern gegen ihn erwirkte Urteil nicht der Beklagten gegenüber zur Auskunft verpflichtet sei. Deshalb kann die Beklagte nicht auf eine Nachfrage bei ihrem Vater verwiesen werden.
8
4. Was die Kosten einer Beschaffung der Kontoauszüge der Beklagten angeht, hat sie eine Bescheinigung der C. vorgelegt. Danach kostet die Nacherstellung von Kontoauszügen, die älter als acht Jahre sind, für den Zeitraum eines ganzen Jahres mindestens 750 €. Außerdem hat die Beklagte vorgetragen, sie sei mittlerweile 70 Jahre alt und könne nacherstellte Kontoauszüge in Form tabellarischer, mit bankinternen Kürzeln versehener Übersichten nicht ohne Unterstützung etwa eines Steuerberaters auswerten. Deshalb belaufe sich ihr Aufwand auf mindestens 1.000 €.
9
a)DiesesVorbringen hält das Berufungsgericht nicht für glaubhaft gemacht. Was die Notwendigkeit der Zuziehung eines Steuerberaters zur Auswertung angehe, fehle es an jedem Mittel einer Glaubhaftmachung. Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist es auch dem nicht besonders Kundigen mit geringem Aufwand möglich, den nacherstellten Kontoauszügen zumindest den überwiesenen Betrag, den Überweisenden und den Verwendungszweck zu entnehmen. Aus der vorgelegten Bestätigung der C. über den Preis für eine Nacherstellung von Kontoauszügen gehe nicht hervor, dass die Beklagte dort überhaupt eine Kontoverbindung unterhalte. Es könne sich um eine ganz allgemeine Auskunft zu den üblichen Kosten für derartige Leistungen handeln. Der Kostenaufwand von 750 € erscheine sehr hoch gegriffen. Es sei nicht ungewöhnlich , dass langjährigen Kunden Sonderkonditionen eingeräumt würden. Obwohl die Kläger in ihrer Berufungserwiderung auf diesen Gesichtspunkt hingewiesen hätten, habe die Beklagte keine Auskunft vorgelegt, die sich auf eine tatsächlich bestehende Kontoverbindung der Beklagten beziehe.
10
b) Die Beschwerde rügt, dass das Berufungsgericht die Beklagte darauf nicht vor seiner Entscheidung gemäß § 139 ZPO hingewiesen und ihr Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat. Darauf beruht der angegriffene Beschluss jedoch nicht (zu dieser Voraussetzung vgl. BGHZ 151, 221, 227; 154, 154, 165; BGH, Urteil vom 18. Juli 2003 - V ZR 187/02 - NJW 2003, 3205 unter II 1 a bb). Deshalb braucht auch nicht geklärt zu werden, ob das Berufungsgericht im vorliegenden Fall etwa im Hinblick auf die Stellungnahme der Kläger zur Zulässigkeit der Berufung von einem eigenen Hinweis absehen konnte.
11
Die Beklagte hat in der Beschwerde zwar im Wortlaut mitgeteilt, was sie vor dem Berufungsgericht vorgetragen hätte, wenn ihr dazu Gelegenheit gegeben worden wäre. Daraus geht aber nicht hervor, dass die Beklagte überhaupt und insbesondere in dem hier fraglichen Zeitraum ein Konto bei der C. unterhalten hätte. Vielmehr macht die Beklagte geltend, "die Kosten für die Nacherstellung von Kontoauszügen , welche älter als 8 Jahre sind, betragen bei der C. mindestens 750,00 €". Im Hinblick auf die vom Berufungsgericht angesprochenen Sonderkonditionen für langjährige Kunden heißt es lediglich: "Die Klägerin hätte keinen Nachlaß erhalten." Im Folgenden führt die Beklagte hinsichtlich des Betrages von 750 € aus, "die allgemein hohen Kosten für die Nacherstellung von alten Kontoauszügen" ergäben sich daraus, dass in einem "meist" nicht am Ort der angefragten Bank befindlichen Archiv der richtige Mikrofilm ermittelt und mit Hilfe von Lesegeräten durch Bankangestellte durchgesehen werden müsse. Diese Ausführungen besagen nichts zu den konkreten Verhältnissen einer bestimmten Bank.
12
Außerdem bezieht sich die Beklagte zur Glaubhaftmachung ihres neuen Vortrags in der Beschwerdebegründung nur auf das Zeugnis eines Mitarbeiters der C. in B. sowie auf Sachverständigengutachten. Auch der Vortrag zur Notwendigkeit einer Auswertung nacherstellter Kontoauszüge durch einen Steuerberater wird allein durch Bezugnahme auf Sachverständigengutachten belegt. Die Beklagte hat den Wert des Beschwerdegegenstands jedoch nach § 511 Abs. 3 ZPO glaubhaft zu machen. Dazu bedarf es präsenter Beweismittel (§ 294 Abs. 2 ZPO); deren Beibringung ist allein Sache der Partei, der die Last der Glaubhaftmachung obliegt; die Einholung eines Sachverständigengutachtens von Amts wegen kommt nicht in Betracht (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Dezember 1995 - XII ZB 173/95 - FamRZ 1996, 408 unter II 2 b; Urteil vom 20. Oktober 1997 - II ZR 334/96 - NJW-RR 1998, 573 unter 1 a.E.; BGHZ 156, 139, 141). Für die Prüfung der Zulässigkeit einer Berufung ist eine mündliche Verhandlung nicht vorgeschrieben (§ 522 Abs. 1 Satz 3 ZPO). Mithin eignen sich die von der Beklagten in der Beschwerde angeführten Beweismittel, selbst wenn sie den Zeugen und einen Sachverständigen stellen würde, hier von vornherein nicht zur Glaubhaftmachung. Die Beklagte hätte die vom Berufungsgericht geforderte nähere Bankauskunft vorlegen müssen oder aber ein von ihr eingeholtes schriftliches Sachverständigengutachten sowie eine eidesstattliche Versicherung des Zeugen.
13
Danach c) wäre die Entscheidung des Berufungsgerichts, wenn ihm das in der Beschwerdebegründung wörtlich wiedergegebene Vorbringen der Beklagten schon vor seiner Entscheidung vorgelegen hätte, nicht anders ausgefallen. Seine Auffassung, ein 600 € übersteigender Aufwand der Beklagten sei nicht glaubhaft gemacht, ist auch im Übrigen nicht zu beanstanden.
14
Den Wert des zur Auskunftserteilung erforderlichen Aufwands setzt das Berufungsgericht gemäß § 3 ZPO nach freiem Ermessen fest; das Revisionsgericht kann nur prüfen, ob das Berufungsgericht von seinem Ermessen rechtsfehlerhaft Gebrauch gemacht hat (BGH, Beschlüsse vom 9. Juli 2004 - V ZB 6/04 - NJW-RR 2005, 219 unter II 2 c aa; vom 31. Januar 2007 - XII ZB 133/06 - NJW-RR 2007, 724 Tz. 5). Das macht die Beschwerde nicht geltend und ist auch nicht ersichtlich. Die Kläger haben vorgetragen, üblicherweise verlangten Banken für die Nacherstellung von Kontoauszügen maximal 10 € pro Monat. Also wären für die von der Beklagten für erforderlich gehaltene Nacherstellung der Kontoauszüge eines Jahres 120 € anzusetzen. Gegen die Annahme des Berufungsgerichts , die Beklagte sei trotz ihres Alters in der Lage, aus nacherstellten Kontoauszügen jedenfalls den überwiesenen Betrag, den Überweisenden und den Verwendungszweck ohne fremde Hilfe zu entnehmen, bringt die Beschwerde nichts vor. Für diese Arbeit hat das Berufungsgericht einen Zeitaufwand von immerhin 10 Stunden geschätzt und in Anlehnung an §§ 20, 22 JVEG mit insgesamt 170 € bewertet. Unter Berücksichtigung von Fahrt- und Telefonkosten hat es den Aufwand der Beklagten und mithin den Streitwert ihrer Berufung nachvollziehbar auf insgesamt 300 € festgesetzt.
15
Mithin bleibt die Rechtsbeschwerde unabhängig davon, ob das Berufungsgericht seine Hinweispflicht verletzt hat, ohne Erfolg.
Seiffert Dr. Schlichting Wendt
Felsch Dr. Franke
Vorinstanzen:
LG Aachen, Entscheidung vom 22.06.2006 - 12 O 710/04 -
OLG Köln, Entscheidung vom 16.05.2007 - 2 U 94/06 -

Zeugen, denen ein Verdienstausfall entsteht, erhalten eine Entschädigung, die sich nach dem regelmäßigen Bruttoverdienst einschließlich der vom Arbeitgeber zu tragenden Sozialversicherungsbeiträge richtet und für jede Stunde höchstens 25 Euro beträgt. Gefangene, die keinen Verdienstausfall aus einem privatrechtlichen Arbeitsverhältnis haben, erhalten Ersatz in Höhe der entgangenen Zuwendung der Vollzugsbehörde.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 133/06
vom
31. Januar 2007
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Höhe der Beschwer durch eine Verurteilung zur Auskunft.
BGH, Beschluss vom 31. Januar 2007 - XII ZB 133/06 - OLG Karlsruhe
AG Wiesloch
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 31. Januar 2007 durch die
Richter Sprick, Weber-Monecke, Prof. Dr. Wagenitz, Dr. Ahlt und Dose

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 2. Zivilsenats - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 14. Juni 2006 wird auf Kosten des Antragstellers als unzulässig verworfen. Beschwerdewert: 300 €

Gründe:

1
Die Parteien streiten im Wege eines Stufenantrags im Scheidungsverbundverfahren um nachehelichen Ehegattenunterhalt.
2
Durch Teilurteil des Amtsgerichts Wiesloch vom 13. September 2005 wurde der Antragsteller verurteilt, der Antragsgegnerin Auskunft über seine Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit in den Jahren 2002 bis 2004 und über sein Vermögen zum 31. Dezember 2004 zu erteilen und diese Auskünfte zu belegen. Die gegen dieses Urteil gerichtete Berufung des Antragstellers hat das Oberlandesgericht als unzulässig verworfen, weil seine Beschwer 600 € nicht übersteige (§ 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Antragstellers.

II.

3
Die Rechtsbeschwerde ist gemäß §§ 574 Abs. 1 Nr. 1, 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthaft, aber nicht zulässig, weil die Sache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert (§ 574 Abs. 2 ZPO).
4
1. Grundsätzliche Bedeutung ist weder hinsichtlich der Frage gegeben, wie sich die Beschwer eines zur Auskunft verurteilten Beklagten bemisst, noch hinsichtlich der Frage, unter welchen Voraussetzungen die Kosten der Zuziehung einer sachkundigen Hilfsperson bei der Bemessung der Beschwer berücksichtigt werden können. Beides hat der Bundesgerichtshof bereits entschieden (vgl. zuletzt Senatsbeschluss vom 26. Oktober 2005 - XII ZB 25/05 - FamRZ 2006, 33, 34). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist für die Bemessung des Wertes des Beschwerdegegenstandes das Interesse des Rechtsmittelführers maßgebend, die Auskunft nicht erteilen zu müssen. Dabei ist - von dem vorliegend nicht gegebenen Fall eines besonderen Geheimhaltungsinteresses abgesehen (vgl. insoweit Senatsbeschluss vom 10. August 2005 - XII ZB 63/05 - FamRZ 2005, 1986 f. = BGHZ 164, 63, 66 ff.) - auf den Aufwand an Zeit und Kosten abzustellen, den die Erteilung der geschuldeten Auskunft erfordert (Senatsbeschluss vom 3. November 2004 - XII ZB 165/00 - FamRZ 2005, 104; BGHZ - GSZ - 128, 85, 87 f.). Die Kosten der Zuziehung einer sachkundigen Hilfsperson können nur berücksichtigt werden , wenn sie zwangsläufig entstehen, weil der Auskunftspflichtige selbst zu einer sachgerechten Auskunftserteilung nicht in der Lage ist (Senatsurteil vom 11. Juli 2001 - XII ZR 14/00 - FamRZ 2002, 666, 667).
5
Ebenso ist in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bereits grundsätzlich geklärt, dass im Falle einer Verurteilung zur Auskunft der Wert der Beschwer gemäß § 3 ZPO nach billigem Ermessen zu bestimmen ist. Das Rechtsbeschwerdegericht kann die Bemessung der Beschwer nur darauf überprüfen , ob das Berufungsgericht von dem ihm nach § 3 ZPO eingeräumten Ermessen rechtsfehlerhaft Gebrauch gemacht hat, was insbesondere dann der Fall ist, wenn das Gericht bei der Bewertung des Beschwerdegegenstandes maßgebliche Tatsachen verfahrensfehlerhaft nicht berücksichtigt oder etwa erhebliche Tatsachen unter Verstoß gegen seine Aufklärungspflicht (§ 139 ZPO) nicht festgestellt hat (BGH Beschluss vom 28. November 1990 - VIII ZB 27/90 - NJW-RR 1991, 509 und Urteil vom 24. Juni 1999 - IX ZR 351/98 - NJW 1999, 3050 f.). Denn der Sinn des dem Berufungsgericht eingeräumten Ermessens würde verfehlt, wenn das Rechtsbeschwerdegericht berechtigt und verpflichtet wäre, ein vom Berufungsgericht fehlerfrei ausgeübtes Ermessen durch eine eigene Ermessensentscheidung zu ersetzen. Diese Beschränkung begrenzt zugleich die Möglichkeit des Rechtsbeschwerdegerichts, Tatsachen zu berücksichtigten , die erstmals im Verfahren der Rechtsbeschwerde geltend gemacht werden (Senatsbeschluss vom 31. Januar 2001 - XII ZB 121/00 - NJW 2001, 1652 f.).
6
2. Eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts ist entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde auch nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.
7
a) Dieser Zulassungsgrund ist zunächst in Fällen der Divergenz gegeben , wenn also die anzufechtende Entscheidung von der Entscheidung eines höher- oder gleichrangigen Gerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht. Eine Abweichung in diesem Sinne liegt nur vor, wenn die anzufechtende Entscheidung ein und dieselbe Rechtsfrage anders beantwortet als die Ver- gleichsentscheidung, mithin einen Rechtssatz aufstellt, der sich mit einem in der Vergleichsentscheidung aufgestellten und diese tragenden Rechtssatz nicht deckt (BGHZ 154, 288, 292 f.). Solches hat die Rechtsbeschwerde weder substantiiert dargelegt (vgl. BGHZ 152, 7, 8 f.), noch ist dies sonst offenkundig (BGH Beschluss vom 18. März 2004 - V ZR 222/03 - FamRZ 2004, 947, 948).
8
b) Unter dem Gesichtspunkt der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist eine Rechtsbeschwerde ferner dann zulässig, wenn einem Gericht bei der Rechtsanwendung Fehler unterlaufen, die die Wiederholung durch dasselbe Gericht oder die Nachahmung durch andere Gerichte erwarten lassen , und wenn dadurch so schwer erträgliche Unterschiede in der Rechtsprechung zu entstehen oder fortzubestehen drohen, dass eine höchstrichterliche Leitentscheidung notwendig ist. Dabei muss es sich um einen Rechtsfehler von symptomatischer Bedeutung handeln (BGHZ 152, 182, 187). Diese Voraussetzungen sind also nicht schon dann erfüllt, wenn die Entscheidung des Berufungsgerichts , gemessen an der Rechtsprechung des Senats, fehlerhaft ergangen ist (BGHZ 154, 288, 293). Ein schwerer, das Vertrauen der Allgemeinheit in eine funktionierende Rechtsprechung gefährdender Rechtsfehler liegt erst dann vor, wenn das Berufungsgericht bei der Auslegung oder Anwendung von Vorschriften des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts gegen grundlegende , verfassungsrechtlich abgesicherte Gerechtigkeitsanforderungen verstoßen hat und die Entscheidung deswegen von Verfassungs wegen der Korrektur bedarf. Unter diesem Gesichtspunkt ist die Rechtsbeschwerde zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zulässig, wenn die angefochtene Entscheidung auf einer Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes in seiner Ausprägung als Willkürverbot (Art. 3 Abs. 1 GG) oder auf einer Verletzung der Verfahrensgrundrechte des Beschwerdeführers - insbesondere des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) - beruht (BGHZ 154, 288, 296). Auch solches ist hier aber nicht der Fall:
9
aa) Die angefochtene Entscheidung ist insbesondere nicht deswegen willkürlich, weil das Berufungsgericht davon ausgegangen ist, dass der Antragsteller nur das vorzutragen habe, was er bereits für seine Steuererklärung zusammengestellt und angegeben habe. Wegen des Ablaufs der gesetzlichen Frist zur Abgabe der Steuererklärung 2004 am 31. Mai 2005 konnte das Berufungsgericht davon ausgehen, dass der Antragsteller jedenfalls die entsprechenden Unterlagen bereits zusammengestellt und diese seinem Steuerberater übergeben hatte. Dafür spricht hier sogar der eigene Vortrag des Antragstellers, wonach sein Steuerberater den Umfang der erforderlichen Arbeiten schon habe abschätzen können und mit ca. acht Stunden bemessen habe. Diese Einschätzung spricht wiederum für eine ordnungsgemäße Buchführung des Antragstellers , der nach seinem eigenen Vortrag als Repräsentant einer Versicherung Einkommen ausschließlich aus dem Abschluss von Versicherungsverträgen erzielt. Der allgemeine Hinweis der Rechtsbeschwerde, in der Praxis werde die Steuererklärung durch Selbständige regelmäßig nicht schon zum 31. Mai des Folgejahres abgegeben, steht dem nicht entgegen, zumal dies keine zwingenden Rückschlüsse für den hier zu entscheidenden Fall zulässt.
10
bb) Bei seiner Ermessensentscheidung hat das Berufungsgericht den Vortrag des Antragstellers, er sei mangels fachlicher Befähigung nicht zur eigenverantwortlichen Erstellung der Auskunft in der Lage und sein Steuerberater verlange für diese Tätigkeit 690 € brutto, auch nicht übergangen. Vielmehr hat es - unter Berücksichtigung des Inhalts der geschuldeten Auskunft und der beruflichen Qualifikation des Antragstellers - lediglich dessen Fähigkeiten abweichend beurteilt. Weil sich das Berufungsgericht unter Berücksichtigung des Sach- und Streitstands sogar ausdrücklich mit der eigenen Sachkunde des Antragstellers befasst hat, hat es insoweit jedenfalls nicht gegen dessen Anspruch auf rechtliches Gehörs verstoßen.
11
cc) Schließlich hat es das Berufungsgericht auch nicht in vorwerfbarer Weise unterlassen, den Antragsteller auf die Unzulässigkeit seiner Berufung hinzuweisen. Denn schon der Antragsteller selbst hatte in seiner Berufungsbegründung zu den Auskunftskosten als Grundlage seiner Beschwer vorgetragen. Die Antragsgegnerin hatte diese Bewertung allerdings ausdrücklich in Zweifel gezogen und deswegen die Unzulässigkeit der Berufung gerügt. Damit war für den Antragsteller offensichtlich, dass es für die Erfolgsaussicht auf den Wert seiner Beschwer ankam; ein zusätzlicher Hinweis des Berufungsgerichts war in dieser prozessualen Lage entbehrlich.
12
Unabhängig davon wäre auch der weitere Vortrag der Rechtsbeschwerde zum Umfang der für die geschuldete Auskunft erforderlichen Arbeiten nicht geeignet, eine höhere Beschwer zu begründen. Denn der Antragsteller hatte selbst substantiiert vorgetragen, dass die geschuldete Auskunft in acht Stunden erstellt werden kann. Weil er die persönlich geschuldete Leistung - wie vom Berufungsgericht zu Recht ausgeführt (vgl. Senatsbeschluss vom 26. Oktober 2005 aaO) - selbst erbringen kann, erreichen die dafür erforderlichen Kosten die Berufungssumme jedenfalls nicht. Auch insoweit liegt weder ein Ermessensfehlgebrauch des Berufungsgerichts noch ein Verstoß gegen grundlegende Verfahrensrechte des Antragstellers vor.
Sprick Weber-Monecke Wagenitz Ahlt Dose

Vorinstanzen:
AG Wiesloch, Entscheidung vom 13.09.2005 - 2 F 175/04 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 14.06.2006 - 2 UF 233/05 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 49/07
vom
22. April 2009
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zum Wert der Beschwer bei Verurteilung zur Auskunft über größere Gesellschaftsbeteiligungen
für länger zurückliegende Zeiträume.
BGH, Beschluss vom 22. April 2009 - XII ZB 49/07 - OLG Rostock
AG Ludwigslust
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 22. April 2009 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, die Richter Sprick und Prof. Dr. Wagenitz, die
Richterin Dr. Vézina und den Richter Dr. Klinkhammer

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Beklagten wird der Beschluss des 1. Familiensenats des Oberlandesgerichts Rostock vom 27. März 2007 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.

Gründe:


I.

1
Die Parteien, deren Ehe auf den am 23. Dezember 1998 zugestellten Antrag durch Urteil vom 21. September 1999, rechtskräftig seit 9. November 1999, geschieden worden ist, streiten um Zugewinnausgleich.
2
Der im Wege der Stufenklage auf Auskunft in Anspruch genommene Beklagte war an drei im landwirtschaftlichen Bereich tätigen Gesellschaften mit beschränkter Haftung beteiligt, die Eigentümer verschiedener Grundstücke sind und Acker- sowie Grünland bewirtschaften (lt. Feststellungen des Amtsgerichts Bilanzsummen 1998: 12.480.000 €, 1.950.000 € und 900.000 €; Eigenkapital 1998: 2.480.000 €, 420.000 € und 650.000 €). Zum Teil vor Beginn, zum Teil während des vorliegenden Verfahrens I. Instanz legte der Beklagte der Klägerin - neben einem auf den Stichtag bezogenen Vermögensverzeichnis - die Gesellschaftsverträge und die Jahresabschlüsse dieser Gesellschaften für die Jahre 1995/1996 bzw. 1996, 1997 und 1998 vor. Die Gesellschaften hatten in größerem Umfang Sonderabschreibungen vorgenommen und - in Ausübung bilanzieller Wahlrechte - die Werte von Feldbeständen nicht in die Bilanzen eingestellt.
3
Das Amtsgericht - Familiengericht - hat den Beklagten verurteilt, bezogen auf die drei genannten Gesellschaften für die Jahre 1995/1996 bzw. 1996 sowie 1997 und 1998 Auskunft zu erteilen durch die Vorlage "a) einer detaillierten Darstellung der getätigten Sonderabschreibungen ... nach Inventarpositionen bzw. Einzelobjekten,
b) detaillierter Inventarlisten, insbesondere zu Feldbeständen und selbst erzeugten Vorräten,
c) detaillierter Auflistungen der Pachtverträge, aus denen sich insbesondere die Restlaufzeiten, die Modalitäten der Vertragsverlängerung und die Verpflichtung des Pächters bei Vertragsende ergeben,
d) einer detaillierten Aufstellung des Immobilienbesitzes und Angabe der wertbildenden Faktoren der Grundstücke bzw. Grundstücksbeteiligung nach Lage, Größe, Art der aufstehenden Bebauung, Nutzung und zukünftiger Nutzungserwartung und
e) einer Aufstellung der stillen Reserven."
4
Die gegen das Teilurteil eingelegte Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht als unzulässig verworfen, weil der Wert der Beschwer 600 € nicht übersteige. Hiergegen wendet sich der Beklagte mit der Rechtsbeschwerde.

II.

5
1. Die gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist nach § 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zulässig, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert. Die angefochtene Entscheidung verletzt das Verfahrensgrundrecht des Beklagten auf wirkungsvollen Rechtsschutz, weil sie den Wert des Beschwerdegegenstandes ermessensfehlerhaft unter der Berufungsgrenze des § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO festsetzt und dem Beklagten dadurch den Zugang zur Berufungsinstanz in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht zu rechtfertigender Weise verwehrt (BGHZ 151, 221, 226 f.).
6
2. Die Rechtsbeschwerde hat auch in der Sache Erfolg; sie führt zur Aufhebung und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
7
a) Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Auffassung, der Wert der Beschwer betrage weniger als 600 €, im Wesentlichen Folgendes ausgeführt: Die Beschwer des Beklagten sei mit dem Aufwand an Zeit und Kosten anzusetzen, der ihm durch das Erteilen der Auskunft erwachse. Sollte der Beklagte, wie von ihm ursprünglich dargelegt, den Auskunftsanspruch mit den von ihm übermittelten Unterlagen bereits erfüllt haben, sei dieser Aufwand schon deshalb gering, weil der Beklagte die frühere Auskunft nur durch Fertigung und Übersendung von Ablichtungen wiederholen müsste. Im Übrigen sei die Beschwer auch deshalb unterhalb des Wertes von 600 € anzunehmen, weil der Beklagte nur die Sonderabschreibungen aufzulisten sowie eine nach den Gegenständen Inventar, Pachtverträge und Immobilien aufgegliederte Zusammenstellung vorzulegen habe. Die "Aufstellung der stillen Reserven", zu welcher der Beklagte verurteilt sei, sei "verständig zu lesen" und demgemäß so zu verstehen, dass der Beklagte in der Bilanz enthaltene Posten zu beschreiben habe, deren Zeitwert er als höher als in der Bilanz ausgewiesen annehme. Für die dem Beklagten danach aufgegebenen Tätigkeiten bedürfe es keiner besonderen Sachkunde, welche die Hilfe eines Steuerberaters erforderlich mache.
8
b) Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
9
Zu Recht und in Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, auch des Senats, ist das Oberlandesgericht allerdings davon ausgegangen, dass sich die Beschwer einer zur Auskunft verurteilten Partei nach deren Interesse richtet, die Auskunft nicht erteilen zu müssen. Für die Bewertung dieses Interesses kommt es, soweit ein besonderes Geheimhaltungsinteresse nicht zu erkennen ist, auf den Zeit- und Arbeitsaufwand an, den die sorgfältige Erteilung der geschuldeten Auskunft verursacht (BGH - GSZ - 128, 85, 87 ff. = FamRZ 1995, 349, 350; vgl. etwa Senatsbeschlüsse vom 14. Januar 2009 - XII ZB 146/08 - FamRZ 2009, 594, 595 und vom 28. Januar 2009 - XII ZB 121/08 - FamRZ 2009, 595, 596). Die Kosten der Zuziehung einer sachkundigen Hilfsperson können dabei nur dann berücksichtigt werden, wenn sie zwangsläufig entstehen, weil der Auskunftspflichtige zu einer sachgerechten Auskunftserteilung allein nicht in der Lage ist (vgl. etwa Senatsbeschluss vom 26. Oktober 2005 - XII ZB 25/05 - FamRZ 2006, 33, 34).
10
In dem so gezogenen Rahmen hat das Berufungsgericht im Falle der Einlegung eines Rechtsmittels gegen die Verurteilung zur Auskunftserteilung den Wert der Beschwer gemäß §§ 2, 3 ZPO nach freiem Ermessen festzusetzen. Die Bewertung des Berufungsgerichts kann vom Senat nur daraufhin überprüft werden, ob das Berufungsgericht die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten oder sein Ermessen fehlerhaft ausgeübt hat (vgl. etwa Senatsbeschluss vom 3. November 2004 - XII ZB 165/00 - FamRZ 2005, 104, 105). Beides ist hier Fall.
11
aa) Eine Ermessensüberschreitung liegt insoweit vor, als das Berufungsgericht den Wert der Beschwer bereits deshalb mit weniger als 600 € bewerten will, weil der Beklagte - wie er ursprünglich dargelegt habe - die Auskunft bereits erteilt habe und er deshalb die erteilte Auskunft nur wiederholen müsse. Der Beklagte hat in I. Instanz geltend gemacht, seine Auskunftspflicht bezüglich seiner Gesellschaftsbeteiligungen durch die - bereits erfolgte - Vorlage der Gesellschaftsverträge und der Jahresabschlüsse für 1995/1996 bzw. 1996 sowie für 1997 und 1998 erfüllt zu haben. Diese Rechtsauffassung hat das Amtsgericht im angefochtenen Teilurteil wie auch in zwei diesem vorausgegangenen Hinweisbeschlüssen zurückgewiesen. Vor diesem Hintergrund überschreitet eine Bewertung des Beschwerdegegenstands, die den Beklagten unter Hinweis auf seine früher geäußerte Rechtsauffassung darauf verweist, seine in erster Instanz erteilte Auskunft lediglich zu wiederholen und so seinen bewertungserheblichen Aufwand auf Ablichtungen und Porti zu beschränken, den von § 3 ZPO gezogenen Ermessensrahmen. Dies gilt um so mehr, als auch das Berufungsgericht selbst in seinem begründeten Vergleichsvorschlag (vom 21. Dezember 2006) nicht nur den Tenor des amtsgerichtlichen Urteils in einem deutlich weitergehenden Sinne verstanden, sondern den Beklagten auch zu einer weitergehenden Auskunft für verpflichtet gehalten hat.
12
bb) Ermessensfehlerhaft sind die zusätzlichen Überlegungen, auf die das Berufungsgericht seine Auffassung stützt, der Wert der Beschwer erreiche die Berufungssumme nicht. Seine Erwägungen lassen wesentlichen Tatsachenstoff außer Betracht.
13
Das Berufungsgericht geht davon aus, dass es dem Beklagten ohne weiteres und aus eigener Sachkunde möglich sei, Listen über Sonderabschreibungen , Unternehmensinventar, Pachtverträge und Immobilien der Gesellschaften, an denen er beteiligt war, zu erstellen. Dabei ist davon auszugehen, dass sich - auch nach Auffassung des Berufungsgerichts - die entsprechenden Daten nicht bereits aus den Jahresabschlüssen ergeben; denn anderenfalls wäre die dem Beklagten im amtsgerichtlichen Urteil, aber auch in dem begründeten Vergleichsvorschlag des Berufungsgerichts aufgegebene Auflistung dieser Umstände entbehrlich und nicht mehr Gegenstand der Auskunftspflicht.
14
Bei dieser Beurteilung lässt das Berufungsgericht indes unberücksichtigt, dass die vom Beklagten geforderten Feststellungen auf die Bilanzjahre 1995/ 1996 bzw. 1996 sowie 1997 und 1998 bezogen sein sollen - mithin auf einen Zeitpunkt, der bei Einlegung des Rechtsmittels (Mai 2005) zum Teil über zehn Jahre zurücklag. Es ist nicht ersichtlich, wie der Beklagte auch bei grundsätzlicher Mitwirkungsbereitschaft der Gesellschaften dieser Aufgabe ohne sachkundigen Beistand - etwa des Steuerberaters dieser Gesellschaften - verantwortlich nachkommen soll. Nicht in die Erwägungen einbezogen wird vom Berufungsgericht auch der Umstand, dass die von den Gesellschaften betriebenen Unternehmen - mit einem Bilanzvolumen von zum Teil mehreren Millionen Euro - einen beachtlichen Geschäftsumfang aufweisen und dem Beklagten jeweils "detaillierte" Angaben zu allen Positionen abverlangt werden. So sollen die Inventarlisten u. a. Angaben über die (in den Jahresabschlüssen nicht ausgewiesenen ) "Feldbestände und selbst erzeugten Vorräte" machen. Die Aufstellung des Immobilienbestandes soll sich zu den "wertbildenden" Faktoren wie "Lage, Größe, Art der aufstehenden Bebauung, Nutzung und zukünftige Nutzungserwartung" verhalten. Wie ein Laie eine solche - zudem auf länger zurückliegende Zeiträume bezogene - Aufschlüsselung ohne fachkundige Hilfe verantwortlich bewirken soll, erschließt sich aus dem angefochtenen Beschluss nicht und ist auch sonst nicht ersichtlich.
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Ermessensfehlerhaft ist auch die Annahme, die Verurteilung, eine "Aufstellung der stillen Reserven" zu fertigen, sei bei verständiger Lesart dahin zu verstehen, dass der Beklagte lediglich "in der Bilanz enthaltene Posten zu beschreiben" habe, deren Zeitwert er - der Beklagte - höher als in der Bilanz ausgewiesen annehme; auch in diesem Falle gehe es mithin nur um eine Auflistung bestimmter Gegenstände mit der Angabe ihrer wertbildenden Eigenschaften. Der - auch im Vergleichsvorschlag des Berufungsgerichts verwandte - Begriff der "stillen Reserve" ist, wie das Berufungsgericht nicht verkennt, fest umrissen. Schon deshalb kann er nicht im Sinne einer "verständigen" Interpretation des angefochtenen Urteils subjektiviert und auf bloße - nach Grund und Höhe nicht näher bestimmte - "Annahmen" des Beklagten über etwaige Divergenzen von Bilanz- und Zeitwert einzelner Wirtschaftsgüter reduziert werden. Schon im Hinblick auf die Nachteile, die sich bei einem - entgegen der Interpretation des Oberlandesgerichts - strikten Verständnis des amtsgerichtlichen Urteils aus dessen Vollstreckung ergeben können, ist es dem Beklagten nicht zumutbar, bei der ihm aufgegebenen Aufstellung stiller Reserven auf eine Hinzuziehung fachlicher Hilfe - etwa des für die Jahresabschlüsse der Gesellschaften verantwortlichen Steuerberaters - zu verzichten. Jedenfalls kann dem Beklagten nicht angesonnen werden, sich - im Vertrauen auf die vom Berufungsgericht für "verständig" erachtete Interpretation und ohne Inanspruchnahme anwaltlichen Rates - bei der Erfüllung des Urteils auf die Formulierung wertbildender Faktoren bei einzelnen Wirtschaftsgütern zu beschränken und in der Folge die Risiken einer unrichtigen oder unvollständigen eidesstattlichen Versicherung hinzunehmen. Kosten, die aufgrund der danach gebotenen Inanspruchnahme fachlicher Hilfe oder anwaltlicher Beratung anfallen, sind somit für die dem Beklagten aufgegebene Auskunft unerlässlich; das Oberlandesgericht durfte sie bei der Bemessung des Wertes der Beschwer des Beklagten deshalb nicht unberücksichtigt lassen (zur Berücksichtigung der für die Abwehr von Vollstreckungsversuchen anfallenden Kosten vgl. Senatsurteil vom 10. Dezember 2008 - XII ZR 108/05 - FamRZ 2009, 495, 496).
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Unberücksichtigt gelassen hat das Oberlandesgericht auch die Schwierigkeiten , die sich für den Beklagten aus dem Umstand ergeben können, dass er - nach seinem unbestrittenen Vortrag in der zweiten Instanz - inzwischen nicht mehr Gesellschafter der genannten Gesellschaften ist. Dieser Umstand ist für die Bemessung des Wertes seiner Beschwer zwar nur insoweit erheblich, als er in dem für die Wertbemessung maßgebenden Zeitpunkt der Berufungseinlegung bereits eingetreten war (Senatsurteil vom 10. Dezember 2008 - XII ZR 108/05 - FamRZ 2009, 495, 496). Ob dies der Fall war, hätte das Berufungsgericht bei der Wertermittlung allerdings aufklären müssen (§ 139 ZPO). Dass das Berufungsgericht entsprechende Feststellungen nicht getroffen hat, begründet ebenfalls einen Ermessensfehler (vgl. Senatsbeschluss vom 31. Januar 2007 - XII ZB 133/06 - FamRZ 2007, 714).
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3. Der angefochtene Beschluss kann nach allem nicht bestehen bleiben. Der Senat vermag in der Sache nicht abschließend zu entscheiden. Die Sache war daher an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen. Hahne Sprick Wagenitz Vézina Klinkhammer
Vorinstanzen:
AG Ludwigslust, Entscheidung vom 21.04.2005 - 5 F 516/02 -
OLG Rostock, Entscheidung vom 27.03.2007 - 10 UF 96/05 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 146/08
vom
14. Januar 2009
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Beschwer eines zur Auskunft über sein Endvermögen verurteilten Ehegatten
, der u.a. Angaben über Firmenbeteiligungen zu machen hat, die sich auf
einen zwischen zwei Bilanzstichtagen liegenden Zeitpunkt beziehen.
BGH, Beschluss vom 14. Januar 2009 - XII ZB 146/08 - OLG Köln
AG Köln
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 14. Januar 2009 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, die Richterinnen Weber-Monecke und
Dr. Vézina und die Richter Dose und Dr. Klinkhammer

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Beklagten wird der Beschluss des 25. Zivilsenats - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Köln vom 27. Juni 2008 aufgehoben. Die Sache wird zur weiteren Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen. Beschwerdewert: bis 1.500 €.

Gründe:

I.

1
Der im Wege der Stufenklage auf Auskunft und Zugewinnausgleich in Anspruch genommene Beklagte wurde durch Teilurteil des Amtsgerichts verurteilt , der Klägerin durch Vorlage eines vollständigen und geordneten Bestandsverzeichnisses Auskunft zu erteilen über alle Aktiva und Passiva seines Endvermögens zum 10. Februar 2006 sowie die Auskunft hinsichtlich der Unternehmen und Unternehmensbeteiligungen durch Vorla- ge der geschlossenen Gesellschaftsverträge und der Bilanzen mit Gewinn - und Verlustrechnungen für die Jahre 2001 bis 2005 zu belegen.
2
Zur Begründung führte das Amtsgericht aus, der von den Parteien geschlossene Ehevertrag, durch den u.a. Gütertrennung vereinbart worden war, sei unwirksam, da die Gesamtheit der einzelnen Regelungen die Klägerin in unangemessener Weise benachteilige, so dass ungeachtet der in den Vertrag aufgenommenen salvatorischen Klausel von einer Sittenwidrigkeit (§ 138 BGB) des gesamten Vertrages auszugehen sei.
3
Die gegen das Teilurteil eingelegte Berufung des Beklagten verwarf das Oberlandesgericht als unzulässig, weil der Wert der Beschwer 600 € nicht übersteige. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Beklagten, mit der er die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses erstrebt.

II.

4
1. Die gemäß §§ 574 Abs. 1 Nr. 1, 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist nach § 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zulässig, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert. Die angefochtene Entscheidung verletzt den Anspruch des Beklagten auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG; vgl. BGHZ 154, 288, 296).
5
2. Die Rechtsbeschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Die Beschwer des Beklagten ist mit mehr als 600 € zu bewerten.
6
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner gegenteiligen Auffassung im Wesentlichen ausgeführt: Der Wert der Beschwer sei nach dem Inte- resse des Beklagten zu bemessen, die Auskunft nicht erteilen zu müssen. Ohne Belang sei dabei, ob die Verurteilung zu Recht erfolgt sei. Das Abwehrinteresse bemesse sich nach dem Aufwand an Zeit und Kosten, den die Erfüllung des titulierten Anspruchs erfordere, wobei ein gegebenenfalls vorhandenes Geheimhaltungsinteresse zusätzlich zu berücksichtigen sei. Nach dem Vorbringen des Beklagten lägen die zu überlassenden Bilanzen nebst Gewinn- und Verlustrechnungen vor; es sei auch bereits eine Zusammenstellung der Strukturen der im Besitz des Beklagten befindlichen Firmenanteile erfolgt. Zwar werde geltend gemacht, die erstellten Übersichten machten nur einen Teil der zu erteilenden Auskunft aus. Es fehle aber jeglicher Anhalt dafür, aus welchen Gründen die Erfüllung der Ausgleichspflicht bezüglich des nicht dargelegten restlichen Teils Kosten von mehr als 600 € verursache. Ein besonderes Geheimhaltungsinteresse sei jedenfalls nicht substantiiert dargelegt worden.
7
3. Gegen diese Beurteilung wendet die Rechtsbeschwerde ein, das Berufungsgericht habe maßgeblichen Vortrag des Beklagten nicht berücksichtigt. Die Besonderheit des vorliegenden Falles liege darin, dass der Beklagte über umfangreiches Vermögen verfüge, nämlich 11 direkte und/oder indirekte Firmenbeteiligungen , Grundbesitz - teils als Sonderbetriebsvermögen, teils als Privatvermögen - sowie weitere Vermögenswerte in Form von Forderungen und Bankguthaben. Andererseits sei er mit Verbindlichkeiten belastet. Die Erfüllung der Auskunftspflicht erfordere, dass der Beklagte in erheblichem Umfang Aufstellungen anzufertigen und Unterlagen beizubringen habe. Die bereits überreichte Vermögensübersicht stelle keine Erfüllung des Auskunftsanspruchs dar, weil diese in wesentlichen Punkten ergänzungsbedürftig sei.
8
Diesem Einwand ist der Erfolg nicht zu versagen.
9
4. a) Zu Recht und in Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, auch des Senats, ist das Oberlandesgericht allerdings davon ausgegangen, dass sich die Beschwer einer zur Auskunft verurteilten Partei nach deren Interesse richtet, die Auskunft nicht erteilen zu müssen. Für die Bewertung dieses Abwehrinteresses kommt es, soweit ein besonderes Geheimhaltungsinteresse nicht zu erkennen ist, auf den Zeit- und Arbeitsaufwand an, den die sorgfältige Erteilung der geschuldeten Auskunft verursacht (BGH - GSZ - 128, 85, 87 f.; Senatsbeschluss vom 16. April 2008 - XII ZB 192/06 - FamRZ 2008, 1336 m.w.N.). Zutreffend ist weiterhin, dass der Wert des Beschwerdegegenstandes nur nach dem Interesse zu bemessen ist, die restliche Auskunft nicht erteilen zu müssen. Für die Zulässigkeit eines Rechtsmittels ist grundsätzlich der Zeitpunkt seiner Einlegung maßgebend (Senatsbeschlüsse vom 8. Juli 1987 - IVb ZB 73/87 - FamRZ 1988, 156; vom 27. November 1991 - XII ZB 102/91 - FamRZ 1992, 425, 426; Senatsurteile vom 7. April 2002 - XII ZR 267/01 - FUR 2002, 423 und vom 10. Dezember 2008 - XII ZR 108/05 - zur Veröffentlichung bestimmt).
10
b) Die weitere Annahme des Berufungsgerichts, es fehlten Anhaltspunkte dafür, dass der restliche Teil der Auskunft mit Kosten von mehr als 600 € verbunden sei, ist indessen nicht gerechtfertigt.
11
Der Beklagte hat nach dem Teilurteil Auskunft über alle Aktiva und Passiva seines Endvermögens zum 10. Februar 2006 zu erteilen. Die von seinem Steuerberater angefertigte Übersicht verhält sich dagegen zu dem Vermögen des Beklagten zum 31. Dezember 2006. Dadurch ist die Auskunftspflicht auch nicht teilweise erfüllt worden. Anhaltspunkte dafür, dass das Amtsgericht entgegen der Formulierung im Tenor des Teilurteils die Auskunftspflicht auch für die Vermögensaufstellung auf vollständige Geschäftsjahre bezogen hat, sind nicht ersichtlich. Vielmehr unterscheidet sich die Auskunftspflicht, die auf dem Stich- tag der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags (10. Februar 2006) bezogen ist, insofern von der Belegpflicht, die die Bilanzen nebst Gewinn- und Verlustrechnungen für vollständige Geschäftsjahre umfasst. Diese Differenzierung hat aber notwendigerweise zur Folge, dass der Beklagte die zusammenzustellenden Vermögenswerte nicht ohne weiteres den Bilanzen entnehmen kann, weil die Angaben für einen zwischen zwei Bilanzstichtagen liegenden Zeitpunkt zu machen sind.
12
Dass der Beklagte angesichts des Umfangs seiner Firmenbeteiligungen und seines sonstigen Vermögens - die Aktiva sind zum 31. Dezember 2006 mit mehr als 30 Mio. € beziffert worden - für die danach geschuldete Auskunft, wie er geltend macht, sachkundiger Hilfe, nämlich derjenigen eines Steuerberaters oder Wirtschaftsprüfers bedarf, liegt auf der Hand. Nach dem weiteren Vortrag des Beklagten hat sein Steuerberater nach einer zweistündigen Vorbesprechung für die bisher gefertigte Zusammenstellung der Unterlagen weitere fünf Stunden benötigt. Entsprechender Zeit- und Kostenaufwand fällt zumindest für die teilweise noch nicht erteilte Auskunft an. Selbst wenn für den Steuerberater nicht ein Stundensatz von 200 €, sondern mit der Rechtsbeschwerde lediglich ein solcher von 150 € angesetzt wird, übersteigt die Beschwer bereits den Betrag von 600 €. Dazu kommt noch der Aufwand für das Anfertigen von Kopien von 55 Bilanzen nebst Gewinn- und Verlustrechnungen (5 Jahre x 11 Firmenbeteiligungen ) sowie von 11 Gesellschaftsverträgen. Darüber hinaus ist auch der eigene Zeiteinsatz des Beklagten zu bewerten (vgl. BGH Urteil vom 7. März 2001 - IV ZR 155/00 - BGHR ZPO § 3 Rechtsmittelinteresse 47; Senatsbeschluss vom 21. Juni 2000 - XII ZB 12/97 - FamRZ 2001, 1213, 1214).
13
Insgesamt kann es danach nicht zweifelhaft sein, dass die für die Zulässigkeit der Berufung erforderliche Beschwer erreicht ist, ohne dass es noch darauf ankommt, ob ein besonderes Geheimhaltungsinteresse des Beklagten vorliegt. Hahne Weber-Monecke Frau Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Vézina ist krankheitshalber an der Unterschrift verhindert. Hahne Dose Klinkhammer
Vorinstanzen:
AG Köln, Entscheidung vom 08.02.2008 - 313 F 338/05 -
OLG Köln, Entscheidung vom 27.06.2008 - 25 UF 44/08 -